Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 27. Juli 2006 - 18 K 2636/06

bei uns veröffentlicht am27.07.2006

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der zu erwartenden Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.02.2005 in Gestalt der Bescheide des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.05.2006 (Anordnung des Sofortvollzugs) und vom 26.06.2006 (Widerspruchsbescheid) wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag ist zulässig (§ 80 Abs. 5 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bzw. § 80 Abs. 5 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. 12 LVwVG) und begründet.
Das Interesse des Antragstellers, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens der in den angefochtenen Bescheiden unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 3.000,-- EUR verfügten Untersagung der Vermittlung von Sportwetten keine Folge leisten zu müssen, überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit, denn derzeit bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung.
Der Antragsteller hat den Antrag zutreffend gegen die Antragsgegnerin als Ausgangsbehörde gerichtet, obwohl der Sofortvollzug durch das Regierungspräsidium Stuttgart als Widerspruchsbehörde angeordnet wurde (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 80 Rdnr. 140 m.w.N.). Wie im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 26.06.2006 zutreffend ausgeführt, ist Rechtsgrundlage für Maßnahmen gegen gewerbliche Spielvermittler im Sinne von § 14 des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland vom 18.12.2003 (- LottStV -, in Baden-Württemberg veröffentlicht durch Gesetz vom 09.06.2004, GBl. Seite 274) § 12 Abs. 1 LottStV, soweit sie der Durchsetzung des in §§ 5, 6 LottStV vereinbarten und in Baden-Württemberg durch das Gesetz über staatliche Lotterien, Wetten und Ausspielungen vom 14.12.2004 (GBl. S. 894) - StLG - sowie das Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland vom 28.07.2005 (GBl. S. 586) - AGLottStV - umgesetzten staatlichen Monopols für die Durchführung von Glücksspielen dienen. Die nach Inkrafttreten des AGLottStV weiter bestehende Zuständigkeit der Antragsgegnerin und des Regierungspräsidiums Stuttgart ergibt sich aus dessen § 5, der als Übergangsvorschrift bestimmt, dass bei Inkrafttreten des Gesetzes anhängige Verwaltungsverfahren von der nach bisherigem Recht zuständigen Behörde fortgeführt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 - (NJW 2006, 1261) zur Rechtslage im Freistaat Bayern festgestellt, dass ein staatliches Monopol für Sportwetten mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar ist, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist, und dass das in Bayern errichtete staatliche Wettmonopol in seiner gegenwärtigen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellt, weil die Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischen Spielverhalten nicht hinreichend gewährleistet ist. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch nicht die Nichtigkeit der Rechtslage in Bayern festgestellt, sondern dem Bundes- oder Landesgesetzgeber eine Frist zur verfassungskonformen Neuregelung bis zum 31.12.2007 mit der Maßgabe eingeräumt, dass während der Übergangszeit die bisherige Rechtslage anwendbar bleibt und das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Unternehmen und deren Vermittlung weiterhin als verboten angesehen werden darf. Allerdings müsse in der Übergangszeit damit begonnen werden, das bestehende Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten. Bis zu einer Neuregelung seien eine Erweiterung des Angebots staatlicher Wettveranstaltungen sowie eine gezielt zum Wetten auffordernde Werbung untersagt. Für die weitergehende Prüfung der Vereinbarkeit des staatlichen Wettmonopols mit den Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts hat sich das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich für nicht zuständig erklärt, inhaltlich aber ausgeführt, die Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts an die Rechtfertigung eines Staatsmonopols liefen den vom Europäischen Gerichtshof in dessen Urteil vom 06.11.2003 - C-243/01 - (-Gambelli-, NVwZ 2004, 87) formulierten Vorgaben parallel. Die Anforderungen des Gemeinschaftsrechts entsprächen damit denen des Grundgesetzes.
Die Rechtslage in Baden-Württemberg fußt auf den Regelungen des LottStV und enthält im StLG und AGLottStV keine weitergehenden Bestimmungen zur Sicherstellung des vom Bundesverfassungsgericht geforderten Schutzzwecks. Damit erweist sich auch die Rechtslage in Baden-Württemberg als verfassungswidrig. Die sich danach stellende Frage, ob die derzeitige tatsächliche Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols in Baden-Württemberg den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Übergangszeit bis zum 31.12.2007 entspricht, ist streitig. Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat mit Beschluss vom 17.07.2006 - 4 K 2657/06 - ausgeführt, der aktuelle Vollzug im Land gehe nach wie vor über eine neutrale staatliche Glückspiel-Information hinaus und habe unverändert werbenden Charakter. Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht Freiburg mit Beschluss vom 19.07.2006 - 4 K 1003/06 - entschieden, das Finanzministerium Baden-Württemberg habe am 07.04.2006 einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorgestellt, der die Einschränkung des Wettangebots, des Vertriebs und der Werbung sowie Maßnahmen zur Suchtprävention vorsehe, und setze diese Maßnahmen derzeit um. Damit könne der Vorwurf eines erheblichen Verstoßes gegen die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Übergangszeit nicht aufrecht erhalten werden, zumal nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts bereits der Beginn der Ausrichtung des staatlichen Wettmonopols an dem Ziel der Bekämpfung der Wettsucht und der Begrenzung der Wettleidenschaft genüge.
Die streitige Frage der derzeitigen Anwendbarkeit der vom Bundesverfassungsgericht bestimmten Übergangsregelung nach nationalem Recht kann vorliegend offen bleiben, denn nach Auffassung der Kammer ist jedenfalls sehr zweifelhaft, ob auch hinsichtlich des Verstoßes der in Baden-Württemberg das staatliche Wettmonopol begründenden Vorschriften gegen das Gemeinschaftsrecht eine vergleichbare Übergangsregelung dahingehend Anwendung finden kann, dass trotz Unvereinbarkeit des Rechtslage mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit weiterhin das Staatsmonopol sofort vollziehbar durchgesetzt werden kann.
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 06.11.2003 (a.a.O.) zu einem vergleichbaren Staatsmonopol für Glückspiele in Italien entschieden, dass zum einen ein Verstoß gegen die nach Art. 43 EGV geschützte Niederlassungsfreiheit hinsichtlich der in anderen EU-Mitgliedstaaten ansässigen Wettveranstalter und zum anderen ein Eingriff in den freien Dienstleistungsverkehr (Art. 49 EGV) hinsichtlich der in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Leistungserbringer sowie der im jeweiligen Staat ansässigen Vermittler und der dortigen Empfänger der Dienstleistungen vorliegen. Eine Beschränkung sei nur aus den in Art. 45 und 46 EGV vorgesehenen Ausnahmeregelungen zulässig und komme nur in Betracht, wenn das Staatsmonopol geeignet und erforderlich sei, um die mit Spielen und Wetten einhergehenden sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen und für die Gesellschaft zu bekämpfen. Da die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts denen des Grundgesetzes entsprechen (BVerfG, Urteil vom 28.03.2006, aaO), ist festzustellen, dass die derzeitige Rechtslage in Baden-Württemberg gegen Art. 43 und 49 EGV verstößt, da sie von ihrer Ausgestaltung her den Zielen nicht ausreichend Rechnung trägt, die sie rechtfertigen könnten. Die Kammer geht dabei davon aus, dass im Falle der vom Antragsteller vermittelten Sportwetten die dem in Österreich ansässigen Veranstalter erteilte Konzession in Deutschland nicht gilt (so aber VG Gießen, Urteil vom 21.11.2005 - 10 E 872/05 -). Der Europäische Gerichtshof ist in seinem Urteil vom 06.11.2003 (aaO) der gegenteiligen Auffassung des Generalanwalts vom 13.03.2003 (C-243/01, Nr. 118, der sich im Übrigen im Verfahren C-338/04 u.a. der Generalanwalt in seinem Schlussantrag vom 16.05.2006, Nr. 130, angeschlossen hat) offensichtlich nicht gefolgt. Denn sonst hätte die Entscheidung sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung anders ausfallen müssen (so zu Recht die 4. Kammer des beschließenden Gerichts in ihrem Beschluss vom 17.07.2006).
Den EG-Rechtsnormen kommt gegenüber gültigem nationalen Recht Anwendungsvorrang zu, wobei als gültiges nationales Recht vorliegend auch das vom Bundesverfassungsgericht definierte Übergangsrecht anzusehen ist. Vorrangiges EG-Recht führt zwar nicht zur Nichtigkeit entgegenstehender nationaler Bestimmungen, zwingt aber Gerichte und Verwaltungsbehörden dazu, sie insoweit nicht anzuwenden, als der Konflikt mit EG-Recht auftritt. Einer vorherigen Beseitigung dieser Bestimmungen auf gesetzgeberischem Wege oder durch ein irgendwie geartetes verfassungsrechtliches Verfahren bedarf es nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 09.03.1978 - Rs 106/77 -, Slg. 1978, I - 629; Jarass/ Belijin , Die Bedeutung von Vorrang und Durchführung des EG-Rechts für die nationale Rechtssetzung und Rechtsanwendung, NVwZ 2004, 1 ff., m.w.N.; Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 163). Anders als § 95 Abs. 3 BVerfGG in der durch die Rechtsprechung des BVerfG vorgenommenen Auslegung kennt das Gemeinschaftsrecht keine Übergangsregelung in dem Sinne, dass eine an sich verfassungswidrige Norm für einen Übergangszeitraum weiterhin Geltung hat. Andererseits hat der Europäische Gerichtshof schon verschiedentlich entsprechende Übergangsregelungen getroffen (vgl. z.B. Urteil vom 30.05.2006 - C-317/04 und C-318/04 - sowie die zusammenfassende Darstellung im Schlussantrag der Generalstaatsanwältin vom 14.03.2006, Nr. 130 ff, im Verfahren C-475/03, in dem es um die Frage geht, unter welchen Umständen und wie die Wirkungen einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs zeitlich beschränkt werden können). Die Kammer hat aber erhebliche Bedenken dagegen, dass Gerichte der Mitgliedsstaaten Voraussetzungen und Dauer einer europarechtlichen Übergangsregelung jeweils - und möglicherweise unterschiedlich - im Einzelfall festlegen (ebenso die 4. Kammer des beschließenden Gerichts im Beschluss vom 17.07.2006; VG Arnsberg, Beschluss vom 23.05.2006 - 1 L 384/06 -; VG Minden, Beschluss vom 26.06.2006 - 3 L 249/06 -; vgl. auch den zitierten Schlussantrag der Generalanwältin vom 14.03.2006 - C-475/03 -, Nr. 150, der fordert, dass der EuGH jede Entscheidung über die Beschränkung der zeitlichen Wirkung eines seiner Urteile als Einzelfallentscheidung in Ansehung der jeweiligen Umstände zu treffen habe). Soweit ersichtlich hat der Europäische Gerichtshof bisher Übergangsregelungen auch stets selbst getroffen bzw. die Beteiligten darauf hingewiesen, wie sie ihre für eine Übergangsregelung vorgetragenen Interessen auf andere Weise ausreichend geltend machen können (vgl. Jarass/ Belijin , a.a.O., Seite 5, und die dort unter Fußnote 60 genannten Entscheidungen). Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 28.06.2006 - 4 B 961/06 - (ihm folgend auch VG Freiburg, a.a.O.), auch im Hinblick auf den Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften sei eine Übergangsregelung nach denselben zeitlichen wie materiellen Maßstäben angezeigt, wie sie das Bundesverfassungsgericht unter dem Gesichtspunkt des Art. 12 Abs. 1 GG angenommen habe, überzeugt deshalb nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat sich ausdrücklich nicht mit dem Gewicht der Interessen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit befasst und insofern auch nicht geprüft, ob die für eine unterstellt zulässige Übergangsregelung erforderliche schwerwiegende Gefahr (vgl. den Schlussantrag der Generalanwältin vom 14.03.2006, aaO, Nr. 153) in einer den Anforderungen des EuGH-Urteils vom 13.11.2003 - C-42/02 - (-Lindman-, Slg. 2003, I-13519) genügenden Weise dargelegt worden ist. In dieser Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof darauf hingewiesen, dass die von einem Mitgliedstaat für die Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit geltend gemachten Rechtfertigungsgründe (Gegenstand war die steuerliche Benachteiligung finnischer Steuerpflichtiger bei der Teilnahme an einer in einem anderen Mitgliedsstaat stattfindenden Lotterie) von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und zur Verhältnismäßigkeit der von diesem Staat erlassenen beschränkenden Maßnahme begleitet werden müssen. Nach dem vom Finanzministerium Baden-Württemberg am 07.04.2006 vorgestellten Maßnahmenkatalog (Pressemitteilung Nr. 42/2006) ist erst vorgesehen, einer Forschungseinrichtung den Auftrag zu erteilen, sich dezidiert mit dem Suchtpotential der einzelnen Spielangebote, der Werbung und der Vertriebswege zu befassen.
Letztlich kann die Frage, ob die Verwaltungsgericht befugt sind, eine europarechtliche Übergangsregelung entsprechend der vom Bundesverfassungsgericht hinsichtlich des Grundgesetzverstoßes getroffenen Maßstäben vorzuschreiben, offen und ihre Beantwortung der Hauptsacheentscheidung vorbehalten bleiben. Denn jedenfalls sind die hiergegen bestehenden Bedenken der Kammer so groß, dass allenfalls von einer offenen Rechtslage gesprochen werden kann. Die danach vorliegend zu treffende Interessenabwägung hat zugunsten der Aussetzungsinteressen des Antragstellers zu erfolgen.
10 
Auch wenn der Antragsteller seine Gewerbetätigkeit erst im September 2004 aufgenommen hat und ihm das Risiko hinsichtlich ihrer Legalität zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen sein musste, ist zu berücksichtigen, dass er sich möglicherweise auf Art. 49 EGV berufen kann und der Sofortvollzug der angefochtenen Verfügung seine derzeitige Existenzgrundlage gefährdet. Demgegenüber ist das von der Antragsgegnerin angeführte Gefährdungspotential der Vermittlung privater Glückspiele dadurch relativiert, dass die staatlichen Veranstalter seit Jahren und jedenfalls bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 massiv um Teilnehmer geworben haben und die Bekämpfung einer Suchtgefahr in diesem Zeitraum offensichtlich keine absolute Priorität genossen hat. Belastbare Fakten für die Gefahren, die aus der beanstandeten gewerblichen Tätigkeit des Antragstellers resultieren, liegen wohl nicht vor bzw. sind in diesem Verfahren nicht dargelegt worden. Wie ausgeführt will das Finanzministerium Baden-Württemberg eine entsprechende Untersuchung erst jetzt in Auftrag geben. Hinzuweisen ist auch auf die vom Bundesverfassungsgericht unter Hinweis auf eine Untersuchung aus dem Jahr 2004 getroffene Feststellung, dass bei weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten nach derzeitigem Kenntnisstand an Automaten spielen, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürfen. An zweiter Stelle in der Statistik folgen Casino-Spiele. Alle andere Glückspielformen tragen gegenwärtig deutlich weniger zu problematischem und pathologischem Spielverhalten bei. Das Suchtpotential von Sportwetten mit festen Gewinnquoten kann danach derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden, wenn auch nach ersten Untersuchungen das Suchtpotential von Sportwetten nicht zu vernachlässigen ist. Vor diesem Hintergrund überwiegt nach Auffassung der Kammer das Interesse des Antragstellers, bis zur Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache vom Vollzug verschont zu bleiben. Sollte die zu erwartende Neuregelung des staatlichen Glückspiel-Monopols vorher folgen, steht es dem Antragsgegner frei, eine Abänderung der vorliegenden Entscheidung zu beantragen.
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Nach den vorstehenden Ausführungen kann auch die Vollziehbarkeit der unselbständigen Zwangsmittelandrohung keinen Bestand haben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Die Kammer orientiert sich dabei an der für eine Gewerbeuntersagung geltenden Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs 2004 und hält wegen des vorläufigen Charakters der vorliegenden Entscheidung eine Halbierung dieses Werts für angemessen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 95


(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 30.05.2006 eingelegten Widerspruchs wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

 
Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO bzw. nach § 80 Abs. 5, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
Im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens der angegriffenen Verfügung keine Folge leisten zu müssen, und dem öffentlichen Interesse, diese sogleich vollziehen zu können. Dabei kommt jedenfalls im Falle einer - hier formell ordnungsgemäß begründeten -  behördlichen Anordnung der Vollziehung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO den voraussichtlichen Erfolgsaussichten eine wesentliche, aber nicht allein ausschlaggebende Bedeutung zu.
Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung der Antragsgegnerin vom 30.05.2006, mit der diese dem Antragsteller die weitere Ausübung der gewerblichen Tätigkeit „Vermittlung von Oddsetwetten“ untersagt (Ziffer 1), eine Abwicklungsfrist bis 16.06.2006 eingeräumt (Ziffer 2) und ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500, -- EUR angedroht hat (Ziffer 4).
Dies ergibt sich aus Folgendem:
Das Gericht geht mit der Antragsgegnerin und der, soweit ersichtlich, übereinstimmenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa OVG Münster, B.v. 28.06.2006 - 4 B 961/06 - juris) davon aus, dass es sich bei den hier in Frage stehenden Wettveranstaltungen um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland vom 18.12.2003 (LottStV) handelt, weil selbst im Falle eines bei den Spielteilnehmern unterstellten einschlägigen Sachverstandes gleichwohl die Entscheidung über den Gewinn zumindest überwiegend vom Zufall abhängt, ganz abgesehen davon, dass dieser Sachverstand gar nicht bei allen Teilnehmern vorausgesetzt werden kann. Allerdings ist entgegen der Annahme der Antragsgegnerin der Antragsteller nicht Veranstalter des Glücksspiels im Sinne der §§ 6 ff. LottStV und des § 284 StGB. Er ist lediglich Vermittler nach § 14 LottStV und unterliegt, wie sich insbesondere auch aus § 14 Abs. 3 LottStV unschwer erschließt, anders als der Veranstalter keiner Erlaubnispflicht. Veranstalter sind vielmehr ausschließlich die in Großbritannien und Österreich niedergelassenen Unternehmen, die über das Internet die einschlägigen Wettveranstaltungen anbieten. Veranstalter wäre der Antragsteller allenfalls dann, wenn die Spielinteressenten gegen ihn unmittelbar eigene Ansprüche erwerben würden (vgl. BGH, U.v. 18.01.1977 - 1 StR 643/76 - juris; Bahr, Glücks- und Gewinnspielrecht, 2005, S. 71 Rn. 287), was hier jedoch nicht der Fall ist. Unter der noch zu erörternden Voraussetzung, dass das Glücksspiel ohne die erforderliche Erlaubnis betrieben wird, würde der Antragsteller zumindest hierzu strafrechtlich relevante Beihilfe im Sinne von § 27 StGB leisten (vgl. etwa OVG Münster, B.v. 28.06.2006).
Ausgehend hiervon wäre die Antragsgegnerin nach § 12 Abs. 1 LottStV (als gegenüber den §§ 1, 3 bwPolG spezialgesetzlicher lotterierechtlicher Generalklausel) grundsätzlich ermächtigt und befugt, auch gegenüber dem Antragsteller dessen Tätigkeit zu unterbinden, um sicherzustellen, dass „unerlaubtes Glücksspiel“ unterbleibt. Die Antragsgegnerin wäre hierfür auch aufgrund der Übergangsbestimmung des § 5 Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland vom 28.07.2005 (AGLottStV) als Ortspolizeibehörde zuständig, weil sie bereits vor Inkrafttreten des AGLottStV, nämlich unter dem 16.12.2004, den Antragsteller zu einer in Betracht gezogenen Untersagung angehört hatte. Dass die angegriffene Verfügung erst unter dem 30.05.2006 erlassen wurde, steht dem nicht entgegen. Das Verfahren war zu keinem Zeitpunkt in der Folgezeit (formlos) eingestellt worden. Der „Stillstand“ des Verfahrens lag ersichtlich auch darin begründet, dass eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts abgewartet wurde, die dann erst am 28.03.2006 erging. Diese zeitlichen Abläufe erlauben auch nicht die Annahme, dass - etwa unter dem Gesichtspunkt einer Verwirkung - die Vorschrift des § 5 AGLottStV nicht mehr zur Anwendung kommen kann.
Das Gericht hat aber gegenwärtig erheblich Zweifel daran, dass vorliegend von einem „unerlaubten“ Glücksspiel ausgegangen werden kann. Dieses folgt zunächst schon aus nationalen verfassungsrechtlichen Aspekten. Selbst wenn davon auszugehen ist, dass die in Großbritannien bzw. Österreich ansässigen Veranstalter dort ordnungsgemäß konzessioniert wurden, fehlt ihnen allerdings an sich die nach § 6 LottStV erforderliche Erlaubnis. Da diese Wetten nach einem bestimmten Plan durchgeführt werden (vgl. § 3 Abs. 3 LottStV) handelt es sich insoweit auch um eine genehmigungsbedürftige Lotterie. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01 - NJW 2006, 1261) das Gesetz des Freistaates Bayern vom 29.04.1999 ausdrücklich für verfassungswidrig erklärt, weil dieses das dort eingerichtete Monopol weder gesetzlich noch nach dem Verwaltungsvollzug konsequent am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren ausgerichtet hatte. Nur unter Beachtung strikter Vorgaben wurde dies für eine Übergangszeit bis 31.12.2007 hingenommen. Gegenstand der Entscheidung war zwar nicht der LottStV. Nach Überzeugung der Kammer genügt aber auch dieser - von den unverbindlichen Programmsätzen des § 1 LottStV abgesehen - nicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherstellung einer hinreichend effektiven Suchtbekämpfung und wäre daher in einem Hauptsacheverfahren auf eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG ebenfalls zu beanstanden mit der Folge, dass keine gültige Erlaubnispflicht bestünde.
Jedenfalls aber genügt auch der aktuelle Vollzug nicht den strikten Anforderungen des Urteils vom 28.03.2006, in dem u.a. auch für die Übergangszeit bestimmt wurde, dass die Werbung der Monopolbetriebe sich zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Wetten zu beschränken hat.
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Ein Blick auf den Internetauftritt der „Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg“ (http://lotto-bw.de) vom heutigen Tag zeigt - immerhin 3 ½ Monate nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - auf der Eingangsseite das im folgenden wiedergegebene Bild:
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Zwar wird hierin auf die Suchtgefahren und Jugendschutz hingewiesen und darauf, dass Lotto nur ein Spiel sei, gleichwohl wird nach wie vor auf eine mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht zu vereinbarenden Art und Weise, die geeignet ist, den Interessenten „den Mund wässrig zu machen“, auf hohe Gewinnmöglichkeiten hingewiesen, was nichts mit einer neutralen Information über das Spiel und seinen bloßen Ablauf zu tun hat. Es wird dabei insbesondere durch Verweis auf verschiedene tatsächlich erzielte Gewinne einzelner Teilnehmer der Eindruck erweckt, dass es für jeden ein Leichtes sei, auch zu diesen Glücklichen zu zählen, wenn man sich nur aktiv und mit einem die Gewinnchancen möglichst erhöhenden großen Einsatz am Spiel beteiligt. Dieses eine glückliche Welt vermittelnde Bild setzt sich auf den jeweils angebotenen Links konsequent fort.
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Unter diesen Voraussetzungen kann aber ein entsprechender im LottStV enthaltener Erlaubnisvorbehalt, geschweige denn die Fortführung eines Monopols keinen Bestand haben.
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Auch gemeinschaftsrechtlich bestehen nach Auffassung der Kammer aus den gleichen Gründen erhebliche Bedenken, dass der Erlaubnisvorbehalt oder gar eine Monopolisierung unter Berücksichtigung der Vorgaben des EuGH in seinem Urteil vom 06.11.2003 (C-243/01 - Gambelli) Bestand haben kann, wenn man zutreffend mit dem Bundesverfassungsgericht von einer Parallelität des verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Prüfungsmaßstabs ausgeht.
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Allerdings teilt die Kammer nicht die unter Berufung auf den Schlussantrag des Generalanwalts vom 16.05.2006 (C-338/04 u.a. Ziffer 128 ff.) geäußerte Auffassung des Antragstellers, dass die den Veranstaltern in Großbritannien und Österreich erteilten Konzessionen grenzüberschreitend auch für das Bundesgebiet Geltung beanspruchen würden und der Schaffung eines nationalen Erlaubniserfordernisses entgegenstünden. Dies mag vielleicht für eine Prüfung der allgemeinen Anforderungen an die erforderliche gewerberechtliche Zuverlässigkeit der Fall sein, was aber dahin stehen kann. Würde solches auch in Bezug auf eine nationale Politik der Suchtbekämpfung nach Maßgabe der Anforderungen der „Gambelli-Entscheidung“ gelten, so wäre diese Entscheidung in jeder Hinsicht obsolet, was aber nicht angenommen werden kann, weil der EuGH in dieser Entscheidung von einer jeweils existierenden Konzessionierung in einem Mitgliedstaat ausgegangen sein muss und gleichwohl unter allerdings engen Voraussetzungen nationale Vorbehalte und Sonderwege nach Maßgabe nationalen Verfahrensrechts zugelassen hatte.
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Bedenken ergeben sich aber unter einem anderen gemeinschaftsrechtlichen Aspekt. Unbestreitbar erfüllen die gegenwärtige Rechtslage in der Bundesrepublik wie auch der Gesetzesvollzug nicht die vom EuGH aufgestellten Anforderungen mit der Folge, dass grundsätzlich die hier in Rede stehenden nationalen Regelungen wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts keine Anwendung finden können. Es kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen unter Umständen dieser Anwendungsvorrang - etwa parallel zu den Übergangsbestimmungen des Bundesverfassungsgerichts - zeitlich und vorübergehend zurücktreten kann bzw. muss. Diese Frage ist nicht abschließend geklärt und u.a. Gegenstand eines weiteren Vorlageverfahrens (vgl. den Schlussantrag der Generalanwältin in der Rs. C-475/03 v. 14.03.2006 Ziffer 146 ff.). Es spricht in diesem Zusammenhang aber einiges dafür, dass derartige Übergangsregelungen - nicht anders als im Falle des Bundesverfassungsgerichts - nur vom EuGH getroffen werden können. Aber selbst wenn man hier anderer Auffassung sein wollte, so müssen derartige vorübergehend von nationalen Organen festgelegten Fälle der Nichtanwendung des Gemeinschaftsrechts absoluten Ausnahmecharakter haben (vgl. hierzu im Ausgangspunkt OVG Münster, B.v. 28.06.2006; vgl. auch Schlussantrag vom 14.03.2006 Ziffer 153 zu den Voraussetzungen einer zeitlichen Limitierung durch den EuGH selbst). Anders als das OVG Münster im Beschluss vom 28.06.2006 sieht die Kammer die Voraussetzungen für einen solchen Ausnahmefall als nicht gegeben an, zumal dann, wenn, wie gezeigt, weiter in unzulässiger und unvertretbarer Weise geworben wird. Denn es darf nicht übersehen werden, dass in der jüngsten Vergangenheit immerhin über längere Zeit der aktuelle Zustand unter aktiver Beteiligung der in staatlicher Regie betriebenen Monopolunternehmen hingenommen wurde, ohne dass es, soweit ersichtlich, zu völlig unzuträglichen Verhältnissen gekommen wäre, die eine schwere Beeinträchtigung des Allgemeinwohls zur Folge gehabt hätten und weiter hätten, wenn die ohnehin anstehende Entscheidung des Gesetzgebers zu einer Neuordnung des Glückspiel- und Lotteriewesens abgewartet würde.
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Unter Berücksichtigung dessen und vor diesem Hintergrund muss bei zumindest offenen Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren auch die Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers ausgehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber verschiedene rechtlich gleichermaßen zulässige Optionen zur Beseitigung des verfassungs- und gemeinschaftswidrigen Zustands offen stehen, wozu auch eine der Rechtslage in anderen Mitgliedstaaten vergleichbare weitergehende Liberalisierung des Lotteriewesens zählt.
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Ist hiernach die Grundverfügung nicht mehr vollziehbar, so kann auch die Vollziehung der unselbstständigen Zwangsmittelandrohung keinen Bestand haben. Die Kammer kann daher die Frage offen lassen, ob die dem Antragsteller eingeräumte Abwicklungsfrist von zwei Wochen (die Zustellung erfolgte am 02.02.2006) nicht unangemessen kurz gesetzt wurde.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.