Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 01. Sept. 2016 - 6 B 2385/16 SN

bei uns veröffentlicht am01.09.2016

Tenor

1. Die Antragsgegnerin zu 1. wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller zu 1. vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache im Schuljahr 2016/2017 an der G-Schule in G-Stadt in die Eingangsklasse aufzunehmen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Gerichtskosten tragen die Antragsteller sowie die Antragsgegnerin zu 1. jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu 2. tragen die Antragsteller. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller trägt die Antragsgegnerin zu 1. zur Hälfte. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

1. Der mit Schriftsatz vom 19. August 2016 gestellte Antrag der Antragsteller,

2

die Antragsgegnerin zu 1. im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, den Antragsteller zu 1. vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens in die Eingangsklasse der G-Schule in G-Stadt aufzunehmen,

3

hat Erfolg.

4

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

5

Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn die Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Nach § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO sind der Grund, weshalb die einstweilige Anordnung ergehen soll, und der durch die einstweilige Anordnung zu schützende Anspruch glaubhaft zu machen, d.h. mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit darzutun.

6

Dem Wesen und Zweck einer einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und den Antragstellern nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was sie nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen könnten. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gilt das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung jedoch dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h., wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für die Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht.

7

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

8

Der am X.X.2010 geborene Antragsteller zu 1. einerseits, für den im Verwaltungsverfahren seine Eltern handeln (vgl. hierzu auch VG Schwerin, Beschl. v. 06. Mai 2015, Az. 6 B 394/14, m.w.N.), andererseits seine Eltern, die ebenfalls Antragsteller sind, haben den geltend gemachten Anordnungsanspruch bezogen auf die Aufnahme in die Eingangsklasse glaubhaft gemacht.

9

Der gegenüber der aufnehmenden Schule (vgl. hierzu auch OVG M-V, Beschl. v. 31. Juli 2013, Az. 2 M 152/13, juris) geltend gemachte Aufnahmeanspruch ergibt sich bei summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache aus § 45 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 SchulG M-V i.V.m. § 46 Abs. 3 SchulG M-V.

10

Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 SchulG M-V besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Aufnahme in eine Schule nach Wahl der Erziehungsberechtigten, wenn entsprechende Aufnahmekapazitäten vorhanden sind. Nach § 45 Abs. 1 Satz 3 SchulG M-V besteht im Primarbereich, um den es hier ausschließlich geht, ein Anspruch auf Aufnahme allerdings nur an der örtlich zuständigen Schule.

11

Die Rechtslage ändert sich jedoch dann, wenn der Träger der zuständigen Schule dem Schüler den Besuch einer anderen als der örtlichen zuständigen Schule nach § 46 Abs. 3 SchulG M-V gestattet. Eine derartige Gestattung hat die Gemeinde M als Träger der für den Antragsteller zu 1. örtlich zuständigen Schule mit Schreiben vom 25. Juli 2016 zwar nicht erteilt. Sie hätte aber aller Voraussicht nach erteilt werden müssen, sodass die fehlende Gestattung dem Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung in dieser Fallkonstellation nicht entgegensteht.

12

Eine Gestattung ist ein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG M-V. Für die Annahme eines solchen fehlt es hier schon an einer Regelung. Mit Schreiben vom 25. Juli 2016 wollte die Gemeinde M gegenüber den Antragstellern nicht verbindlich und unmittelbar eine Rechtsfolge nach außen setzen (vgl. Kopp/Ramsauer, 16. Auflage 2015, § 35 Rn. 88), indem sie dem Antragsteller zu 1. den Besuch einer örtlich nicht zuständigen Schule erlaubt. Vielmehr ging sie – wenn auch in rechtsirriger Weise – unmissverständlich und eindeutig davon aus, dass es für den Besuch der G-Schule (Wunschschule) durch den Antragsteller zu 1. keiner „Ausnahmegenehmigung“ bedürfe, da es sich dabei um eine Schule mit einem besonderem Ausbildungsprofil handele. Sie wollte damit insoweit gerade keine Rechtsfolge nach außen setzen, sondern lediglich eine Mitteilung über die ihrer Auffassung nach geltenden Rechtslage machen. Diese Einschätzung widerspricht jedoch der Rechtslage, weil Profillinien einzelner Schulen die örtliche Zuständigkeit einer Schule nicht begründen können.

13

Im Rahmen des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dieses Schreiben aber insofern zu berücksichtigen, als dass der Antrag der Antragsteller auf Gestattung einer Beschulung an der Wunschschule damit bislang unbeschieden ist, aber eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Gemeinde M den Besuch der G-Schule gestatten wird. Hierfür spricht zunächst die offene Formulierung des vorgenannten Schreibens, welches vermittelt, dass sie – sofern nötig – eine Gestattung erteilen würde. Darüber hinaus dürfte das der Gemeinde M in § 46 Abs. 3 SchulG M-V eingeräumte Ermessen mit hoher Wahrscheinlichkeit dahingehend auf null reduziert sein, dass allein eine Gestattung ermessensfehlerfrei wäre. Die Antragsteller können sich im vorliegenden Fall aller Voraussicht nach nicht nur einen wichtigen Grund im Sinne von § 46 Abs. 3 SchulG M-V, sondern auch einen Härtefall im Sinne von § 45 Abs. 3 Satz 3 SchulG M-V geltend machen.

14

Zwar bedeutet die in der Gestattung nach § 46 Abs. 3 SchulG M-V liegende Anerkennung eines wichtigen Grundes für den Besuch der Wunschschule nicht automatisch auch die Anerkennung eines Härtefalls (vgl. zu alledem OVG Greifswald, Beschl. v. 31. Juli 2013, Az. 2 M 151/13, juris Rn. 7; VG Schwerin, Beschl. v. 17. Juli 2013, Az 6 B 350/13). Im umgekehrten Fall dürfte jedoch die Annahme eines Härtefalls grundsätzlich dazu führen, dass auch ein wichtiger Grund im Sinne von § 46 Abs. 3 SchulG M-V vorliegt und sich das Ermessen derart verdichtet, dass nur noch die Gestattung in Betracht käme.

15

Einen solchen Härtefall haben die Antragsteller glaubhaft gemacht. Ob ein Härtefall bereits anzunehmen ist, wenn – wie hier – die Wunschschule schon von Geschwisterkindern besucht wird, kann dahinstehen. Jedenfalls ist ein Härtefall glaubhaft gemacht worden. Ein solcher ergibt sich aus den geltend gemachten gesundheitlichen Belastungen der Antragstellerin zu 2. Sie hat durch Vorlage eines ärztlichen Attestes vom 25. Juli 2016 und die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie bereits an Erschöpfungszuständen leidet, welche bei zusätzlichen Belastungen in ein Burn-Out-Syndrom umzuschlagen drohen. Weiter wird ihr eine schwere Asthma-Erkrankung bescheinigt, die sich bei hoher Belastung weiter zu verschlechtern droht. Die Antragstellerin zu 2. hat glaubhaft vorgetragen, dass eine räumliche und pädagogische Trennung des Antragstellers zu 1. von den beiden älteren Kindern für sie einen zusätzlichen Kräfteeinsatz bedeuten würde, der von ihr derzeit nicht aufzubringen ist (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall OVG Greifswald, Beschl. v. 31. Juli 2013, Az. 2 M 152/13). Weiter wird die Situation dadurch verschärft, dass der Antragsteller zu 3. bei der Berufsfeuerwehr tätig ist und dort im Schichtsystem – regelmäßig auch nachts – arbeitet, so dass er die Antragstellerin zu 2. bei der Kinderbetreuung nur sehr eingeschränkt unterstützen kann.

16

Ist eine Gestattung zu erteilen, wird der Schüler im einstweiligen Rechtschutzverfahren so zu behandeln sein, als sei die betreffende Schule für ihn örtlich zuständig, womit er an der Wunschschule auch noch endgültig aufgenommen werden kann. Er darf den ortsansässigen Schülern gegenüber mithin einstweilen nicht nachrangig behandelt werden. Daher steht den Antragstellern ein vorläufiger Anspruch auf Aufnahme des Antragstellers zu 1. durch die Wunschschule als einer anderen (örtlich unzuständigen) Schule des Primarbereiches nach Maßgabe entsprechender Aufnahmekapazitäten zur Seite. Wären diese ausgeschöpft, würden überdies die auswärtigen, aber über eine Gestattung über § 46 Abs. 3 SchulG M-V verfügenden Schüler auch von vornherein am Härtefallauswahlverfahren nach § 45 Abs. 3 Satz 3, letzter Halbsatz SchulG M-V beteiligt werden müssen (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 31. Juli 2013, Az. 2 M 151/13, juris Rn. 7; VG Schwerin, Beschl. v. 17. Juli 2013, Az 6 B 350/13).

17

Hier besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass – jenseits der festgesetzten – die tatsächlichen Aufnahmekapazitäten der Antragsgegnerin zu 1. nicht vollständig ausgeschöpft sind.

18

Die Festsetzung der Aufnahmekapazität an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen bestimmt sich nach der Verordnung zur Festsetzung der Aufnahmekapazität an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen (Schulkapazitätsverordnung - SchulKapVO M-V) vom 26. Januar 2010 (GVOBl. M-V 2010, S. 122). Aus der Grundsatzregelung in § 1 Abs. 2 SchulKapVO M-V ergibt sich, dass sich die Aufnahmekapazität nach objektiven Kriterien bemisst und im Hinblick auf den Anspruch auf schulische Bildung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SchulG M-V erst dann für eine Schule überschritten wird, wenn nach Ausschöpfung der verfügbaren Mittel unter den personellen, sächlichen und fachspezifischen Gegebenheiten durch die Aufnahme eines weiteren Schülers die Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Schule nicht mehr gesichert ist (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 05. August 2002, Az. 2 M 101/02, juris Leitsatz; VG Schwerin, Beschl. v. 08. August 2014, Az. 6 B 707/14). Daraus folgt, dass die Aufnahme über die festgesetzte Kapazität hinaus zu erfolgen hat, solange die Funktionsfähigkeit der Schule und damit der Bildungsanspruch der bisher aufgenommenen Schüler (noch) nicht beeinträchtigt wird. Nach den gesetzlichen Vorgaben geht der Aufnahmeanspruch nämlich nur bei Überschreitung der tatsächlichen, nicht aber der festgesetzten Kapazität unter (so wohl auch OVG Greifswald, Beschl. v. 31. Juli 2013, Az. 2 M 152/13, juris Rn. 7). Bleibt die festgesetzte Kapazität hinter der tatsächlichen Kapazität zurück, so verkürzt der Schulträger den Zugangsanspruch anderer (nicht aufgenommener) Bewerber und muss diese zusätzlich aufnehmen, und zwar bis an die Grenze der Funktionsfähigkeit der Schule (vgl. zu alledem VG Schwerin, Beschl. v. 08. August 2014, a.a.O.).

19

Den Antragsgegnern ist es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass bei zusätzlicher Aufnahme des Antragstellers zu 1. die Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Wunschschule in der Klassenstufe 1 nicht mehr gesichert wäre. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Schulträger mit Bescheid vom 18. Februar 2016 die Aufnahmekapazität für die Wunschschule auf 61 Schüler in der Klassenstufe 1 festgesetzt hat, die Antragsgegnerin zu 1. jedoch im Rahmen der Klageerwiderung vom 09. August 2016 zum Parallelverfahren 6 B 2202/16 SN (Beschluss vom heutigen Tage) selbst mitgeteilt hat, dass am 11. Juli 2016 mit der Landrätin des Schulträgers telefonisch vereinbart wurde, „insgesamt 66 Schüler und somit über Kapazität alle Schüler mit Wohnsitz in G-Stadt“ aufzunehmen. Mit Schriftsatz vom 30. August 2016 hat wiederum die Antragsgegnerin zu 1. mitgeteilt, dass in die Klassenstufe 1 bislang lediglich 65 Schüler aufgenommen wurden. Damit verbleibt ein weiterer Platz für den Antragsteller zu 1., ohne dass die Grenze der Funktionsfähigkeit der Schule überschritten werden würde.

20

Die Antragsteller haben auch den Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Entscheidung ist eilbedürftig. Eine Entscheidung in der Hauptsache würde voraussichtlich zu spät kommen, um dem Antragsteller zu 1. eine Aufnahme an der Wunschschule im neuen Schuljahr 2016/2017 zu ermöglichen. Das Recht des Antragstellers zu 1. wäre deshalb bei einem Abwarten der Hauptsacheentscheidung zumindest teilweise endgültig vereitelt. Deshalb ist hier auch die Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise gerechtfertigt.

21

Ohne Erfolg bleibt der Antrag, soweit er sich gegen den Antragsgegner zu 2. richtet. Aus welchem Grund hier der Antragsgegner zu 2. überhaupt – und dies auch nur hinsichtlich der Kosten – in den Antrag einbezogen wurde, ist nicht ersichtlich.

22

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO.

23

2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 GKG. Eine Reduzierung des Auffangstreitwerts kommt wegen der (zumindest in erheblichem Umfang) begehrten Vorwegnahme der Hauptsache ebenso wenig in Betracht (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 21. August 2015, Az. 2 M 297/15; Beschl. v. 31. Juli 2013, Az. 2 M 152/13) wie eine Erhöhung des Streitwertes wegen der Mehrzahl der Antragsteller und Antragsgegner.

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

1. Der Antragsgegner zu 1. wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin im laufenden Schuljahr 2013/14 vorläufig an der Förderschule … in X-Stadt aufzunehmen.

Der Antragsgegner zu 2. wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig die Beschulung an der vorgenannten Förderschule zu ermöglichen.

Im Übrigen werden die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner zu 2. jeweils zur Hälfte.

2. Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die zuletzt mit Schriftsatz vom 23. April 2014 gestellten Anträge der Antragstellerin,

2
1. den Antragsgegner zu 1. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig an der Förderschule …, X-Stadt, im laufenden Schuljahr 2013/14 aufzunehmen und dort bis zum Ende der 6. Klasse zu beschulen, hilfsweise, im laufenden Schuljahr 2013/14 aufzunehmen,
3
2. den Antragsgegner zu 2. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dieser Aufnahme nicht entgegen zu wirken,
4

haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

5

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn die Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Nach § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO sind der Grund, weshalb die einstweilige Anordnung ergehen soll, und der durch die einstweilige Anordnung zu schützende Anspruch glaubhaft zu machen, d.h. mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit darzutun.

6

Dem Wesen und Zweck einer einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gilt das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung jedoch dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h., wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht.

7

Diese Voraussetzungen sind hier teilweise erfüllt.

8

Die 2003 geborene Antragstellerin, für die im Verwaltungsverfahren ihre Eltern handeln (vgl. hierzu auch VG Schwerin, Beschl. v. 26.01.2010 - 6 B 1142/09 -), hat die erforderlichen Anordnungsansprüche in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang glaubhaft gemacht.

9

Der gegenüber dem Antragsgegner zu 1. als Schulträger (vgl. hierzu auch OVG Greifswald, Beschl. v. 31.07.2013 – 2 M 152/13 –, juris) geltend gemachte Aufnahmeanspruch ergibt sich aus § 36 Abs. 1 Satz 1, § 34 Abs. 5 Satz 1 SchulG M-V in Verbindung mit § 13 Abs. 1 der Verordnung zur Ausgestaltung der sonderpädagogischen Förderung (Förderverordnung Sonderpädagogik - FöSoVO) vom 2. September 2009 (GVOBl. M-V S. 562).

10

Aus diesen Vorschriften folgt, dass die Entscheidung, ob ein Schüler eine allgemeine Schule oder eine Förderschule und - im zweiten Fall - welche Förderschule er besucht, die Erziehungsberechtigten zu treffen haben, soweit dem nicht zwingende Gründe entgegen stehen (vgl. hierzu auch Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl., Rn. 720). Bei der Frage nach solchen Gründen ist im Hinblick auf sonderpädagogischen Förderbedarf insbesondere das durch § 34 Abs. 4 bis 6 SchulG M-V vorgegebene Verfahren zu beachten. Auch der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern hat die Pflicht zum Besuch einer (bestimmten) Förderschule durch einen Anspruch auf sonderpädagogische Förderung ersetzt und die Entscheidung über den Schulbesuch weitestgehend den Erziehungsberechtigten überlassen (vgl. § 34 Abs. 5 Satz 1 SchulG M-V; vgl. auch Rux/Niehues, a.a.O., Rn. 722). Sonderpädagogische Förderung dient der Herstellung und Unterstützung von förderlichen Entwicklungsbedingungen, und zwar grundsätzlich unabhängig vom Förderort (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 FöSoVO), über den nach § 5 Abs. 8 Satz 1 FöSoVO die Erziehungsberechtigten entscheiden. Eine von deren Wunsch abweichende Entscheidung der Schulbehörde bedarf einer gesetzlichen Grundlage wie etwa § 34 Abs. 5 Satz 3 SchulG M-V. Das darin vorgesehene Entscheidungsrecht wird der Schulbehörde - ebenso wie das „Widerspruchsrecht“ nach § 34 Abs. 5 Satz 2 SchulG M-V - allerdings nur für den Fall zustehen, dass sich die Erziehungsberechtigten - abweichend von der behördlichen Förderempfehlung - für eine allgemeine Schule, d.h. für integrativen Unterricht an der Regelschule, anstatt für eine Förderschule entscheiden (vgl. VG Schwerin, Beschl. v. 22.01.2014 - 6 B 782/13 -, juris, Beschl. v. 26.01.2010 - 6 B 1142/09 - und Beschl. v. 30.01.2013 - 6 B 877/12 -).

11

Danach steht der Antragstellerin nach derzeitigem Erkenntnisstand der gegen den Antragsgegner zu 1. geltend gemachte Aufnahmeanspruch zwar nicht in dem zeitlichen Umfang entsprechend dem Hauptantrag („bis zum Ende der 6. Klasse“), jedoch im Sinne des diesbezüglichen Hilfsantrags zu.

12

Zunächst sind die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Satz 1 SchulG M-V für den Besuch einer Förderschule aller Voraussicht nach erfüllt. Bei der Antragstellerin, die (nach vorangegangenem Besuch der Diagnoseförderklassen 0 bis 2) mit Beginn des Schuljahres 2013/2014 zunächst die Jahrgangsstufe 3 auf der Grundschule in X-Stadt besuchte, hat der Diagnostische Dienst (des Antragsgegners zu 2., d.h. der zuständigen Schulbehörde) für den Zeitraum bis zum Ende der 6. Klasse sonderpädagogischen Förderbedarf im Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung festgestellt (Gutachten vom 11.09.2013) und eine Empfehlung ausgesprochen für den weiteren Besuch der Grundschule verbunden mit einer entsprechenden Förderung (vgl. auch Schreiben des Antragsgegners zu 2. vom 11.09.2013). Nach der Empfehlung des Sonderpädagogischen Förderzentrums der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Y vom 12. Dezember 2013 wird zudem sonderpädagogischer Förderbedarf im Schwerpunkt Lernen vermutet. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten und die Empfehlung Bezug genommen. Verwiesen wird ferner auf die Stellungnahme des … Klinikums - Akademisches Lehrkrankenhaus der Medizinischen Fakultät der Universität … - vom 24. Januar 2014, das sich für eine Beschulung auf der von der Zwillingsschwester besuchten Förderschule in X-Stadt zum Zwecke der Stabilisierung und Reifung der Antragstellerin ausspricht, bis die Möglichkeit bestehe, an die zuständige Grundschule oder Regionale Schule zurückzukehren. Mit Schreiben vom 18. Februar 2014 teilte der Antragsgegner zu 2. den Eltern der Antragstellerin mit, dass letztere Schülerin der Grundschule in X-Stadt bleibe, jedoch teilweise an der Förderschule in X-Stadt, einer Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen, beschult und zusätzlich durch einen Integrationshelfer begleitet werde.

13

Danach ist die Antragstellerin jedenfalls auf Grund von Beeinträchtigungen ihrer emotionalen und sozialen Entwicklung, des Erlebens und der Selbststeuerung in ihren Bildungs-, Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten so eingeschränkt, dass sie im Unterricht der allgemeinen Schule auch mit Hilfe anderer Unterstützungssysteme nicht hinreichend gefördert werden kann (vgl. § 13 Abs. 1 FöSoVO). Davon ausgehend ist der Wunsch der Eltern der Antragstellerin gerade auch im Hinblick auf das Kindeswohl und die Gewährleistung einer hinreichenden Förderung vertretbar, dass die Antragstellerin die Förderschule … in X-Stadt besucht. Damit erhält der in § 34 Abs. 1 SchulG M-V geregelte Anspruch der Antragstellerin auf sonderpädagogische Förderung die von ihr und ihren Eltern gewünschte Konkretisierung (vgl. hierzu auch VG Schwerin, Beschl. v. 26.01.2010 - 6 B 1142/09 -). Mit der Entscheidung wirken die Erziehungsberechtigten zugleich auf den nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V im Rahmen des Schulunterrichts gebotenen Ausgleich von individuellen Benachteiligungen hin.

14

Der Maßgeblichkeit der vorgenannten Entscheidung steht aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles nicht entgegen, dass die Wunschschule keine für den Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung ausgewiesene Förderschule ist. Auch der Antragsgegner zu 2. hat nicht den Besuch einer Förderschule mit einem entsprechenden Schwerpunkt empfohlen. Vielmehr sieht er im Anschluss an die sog. Helferkonferenz vom 4. Februar 2014 die Fördermöglichkeiten für die Antragstellerin in einem Zusammenwirken der Wunschschule (Förderschule im Schwerpunkt Lernen) mit der Grundschule unter Hinzuziehung eines Integrationshelfers. Dabei hat er sich für eine Teilnahme der Antragstellerin am Unterricht an der Förderschule im Schwerpunkt Lernen ausgesprochen. Der Grundschule, auf der die Antragstellerin im laufenden Schuljahr aufgrund ihrer Fehlzeiten in die Jahrgangsstufe 2 zurückgestuft wurde, sollte der Blockunterricht (Fachunterricht) vorbehalten bleiben. Zu berücksichtigen ist hier zudem, dass bei der Antragstellerin zwischenzeitlich ein zusätzlicher Förderbedarf im Schwerpunkt Lernen entstanden sein könnte. Eine weitere Besonderheit des vorliegenden Einzelfalles liegt in den vermuteten Gründen für den festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf im Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung, nämlich als hochbedrohlich wahrgenommene und nicht verarbeitete Trennungssituationen in der Vergangenheit und daraus resultierende massive Verlustängste, wobei gerade auch die wohl schon symbiotische Beziehung zur Zwillingsschwester Halt und Sicherheit vermittelte. Dementsprechend trägt gerade auch die zumindest vorübergehende Beschulung der Antragstellerin an der Wunschschule (Förderschule im Schwerpunkt Lernen), die ihre Zwillingsschwester seit Beginn des Schuljahres 2013/2014 besucht, dem Förderbedarf im Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung Rechnung. Dies gilt umso mehr, als der Integrationshelfer auch den Besuch der Förderschule in X-Stadt begleiten kann.

15

Aus alledem folgt im Rahmen der hier allein möglichen summarischen Prüfung, dass der Beschulungswunsch der (durch ihre Eltern - als Erziehungsberechtigte – handelnden) Antragstellerin in der Weise vertretbar ist, dass ihm seine Maßgeblichkeit nach § 34 Abs. 5 Satz 1 SchulG M-V, § 5 Abs. 8 Satz 1 FöSoVO nicht abgesprochen werden kann. Dies gilt umso mehr, als jedenfalls im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon ausgegangen werden muss, dass der vom Antragsgegner zu 2. empfohlene Verbleib der Antragstellerin auf der Grundschule unter gleichzeitiger Beschulung auf der Förderschule in X-Stadt, der nach den damaligen Erkenntnissen eine weitestgehende Förderung der Antragstellerin gewährleistet hätte, mangels Integration in der erstgenannten Schule als gescheitert angesehen werden muss und die Antragstellerin sich deshalb zum Schulbesuch nicht mehr in der Lage sieht (wohl aufgrund einer Schulverweigerung aus ausgeprägter Angst insbesondere vor einer Trennung von der Zwillingsschwester, welche seit Beginn des Schuljahres 2013/2014 die Wunschschule der Antragstellerin besucht).

16

Dementsprechend haben sich die Eltern der Antragstellerin insbesondere im Hinblick auf deren notwendige Entlastung, Stabilisierung und Reifung in vertretbarer Weise für die Beschulung auf der Förderschule in X-Stadt ausgesprochen, was nach § 34 Abs. 5 Satz 1 SchulG M-V maßgeblich ist. Da hier insbesondere auf der Grundlage der Einschätzung des Antragsgegners zu 2. für die Antragstellerin die Möglichkeit naheliegt, nach einer solchen Phase an die allgemeine Schule zurückzukehren, kommt im Rahmen einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung, die Antragstellerin auf der Förderschule „bis zum Ende der 6. Klasse“ zu beschulen, nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht in Betracht. Vielmehr werden die Eltern der Antragstellerin im Interesse des Kindeswohls und der möglichst weitgehenden Nutzung der zur Verfügung stehenden Förderungs- und Bildungsmöglichkeiten immer wieder zu prüfen haben, ab welchem Zeitpunkt und unter Inanspruchnahme welcher Fördermöglichkeiten der Antragstellerin ein Wechsel auf die allgemeine Schule (Grundschule oder später Regionale Schule) zugetraut werden kann. Auch sollten sie dabei möglichst frühzeitig eine langsame schrittweise Ablösung der Antragstellerin von der Schwester bezogen auf den Schulbesuch in den Blick nehmen. Ein erster Schritt wäre insoweit, dass die beiden auf der Förderschule in verschiedenen Klassen beschult werden.

17

Soweit in dem Schreiben des Antragsgegners zu 2. vom 18. Februar 2014 ein Verwaltungsakt zu sehen sein sollte, würde dies an der rechtlichen Betrachtung schon deshalb nichts ändern, weil dem dagegen (vorsorglich) erhobenen Widerspruch aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zukäme.

18

Da die Voraussetzungen für die vom Antragsgegner zu 2. auch gegenüber dem Antragsgegner zu 1. eingenommene ablehnende Haltung im Hinblick auf die Aufnahme an der Wunschschule nicht vorliegen, hat die Antragstellerin gegen diesen einen entsprechenden Mitwirkungsanspruch (vgl. zur Frage der Notwendigkeit parallelen gerichtlichen Eilrechtsschutzes gegenüber der zuständigen Schulbehörde auch OVG Greifswald, Beschl. v. 31.07.2013 – 2 M 152/13 –, juris; VG Schwerin, Beschl. v. 22.01.2014 - 6 B 782/13 -, juris).

19

Die Antragstellerin hat auch den Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eine zeitnahe Hauptsacheentscheidung wird nicht mehr möglich sein, und bei einer Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes drohen ihr wegen der erheblichen und zu beträchtlichen Fehlzeiten führenden Schwierigkeiten auf der Grundschule in X-Stadt schwerwiegende Nachteile in der weiteren Schulausbildung.

20

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 VwGO. Mit der gegenüber dem Antragsgegner zu 1. eingenommenen Haltung, dass die zumindest vorübergehende Beschulung der Antragstellerin auf der Förderschule in X-Stadt abzulehnen sei, sind die durch die notwendige Einbeziehung des Schulträgers (vgl. hierzu OVG Greifswald, Beschl. v. 31.07.2013, a.a.O.) entstandenen Kosten vom Antragsgegner zu 2. verschuldet worden.

21

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 GKG. Eine Reduzierung des Auffangstreitwerts kommt wegen der mit dem Hauptantrag bis zum Ende der 6. Klasse begehrten Entscheidung und der damit nahezu vollständigen Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin – 6. Kammer – vom 18.07.2013 wird teilweise geändert.

Die Antragsgegnerin zu 2. wird verpflichtet, den Antragsteller zu 1. vorläufig und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Aufnahme in die Eingangsklasse 1 an der Jenaplanschule „Peter Petersen“ im Schuljahr 2013/2014 aufzunehmen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 2. tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragsteller, ein sechsjähriges Kind und dessen Eltern, begehren die vorläufige Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Jenaplanschule „Peter Petersen“ der Antragsgegnerin zu 2. (im Folgenden: „Wunschschule“).

2

Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung durch Beschluss vom 18.07.2013 abgelehnt.

3

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen den Antragsgegner zu 1. richtet. Er hat zwar durch Bescheid vom 21.05.2013, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 28.06.2013, den Antragsteller zu 1. einer anderen Schule zugewiesen. Diese Maßnahme ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern des beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens 6 A 1060/13. In Bezug auf dieses Klageverfahren bedürfen die Antragsteller nach eigener in der Beschwerdebegründung zum Ausdruck gebrachter Einschätzung keines gerichtlichen Eilrechtsschutzes, weil den von ihnen eingelegten Rechtsmitteln bereits aufschiebende Wirkung zukomme. Außerdem besteht – worauf noch einzugehen ist – der von den Antragstellern geltend gemachte Aufnahmeanspruch (nur) gegenüber der Schule bzw. deren Träger, hier also der Antragsgegnerin zu 2. Ob diese sich im Aufnahmeverfahren durch den Antragsgegner zu 1. vertreten lassen kann, spielt für die Frage seiner Passivlegitimation keine Rolle. Im hier vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist im Übrigen eine Vertretung nicht angezeigt worden.

4

Soweit sich die Beschwerde gegen die Antragsgegnerin zu 2. richtet, ist sie dagegen erfolgreich. Das Beschwerdevorbringen führt zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung, weil die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorliegen.

5

Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Wunschschule glaubhaft gemacht.

6

Für die Beurteilung der Rechtslage ist auszugehen von § 45 Abs. 1 SchulG M-V. Die Vorschrift begründet unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch des Schülers gegen die Schule bzw. ihren Träger auf Aufnahme in die örtlich zuständige Schule (vgl. Beschluss des Senats vom 29.11.2004 – 2 M 224 bis 231/04 – und vom 05.08.2002 – 2 M 101/02 –). Im vorliegenden Verfahren geht es um die Aufnahme in eine örtlich zuständige Schule. Dies hat auch bereits das Verwaltungsgericht festgestellt; insoweit ist die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung von keiner Seite in Zweifel gezogen worden. Eingeschränkt wird der Anspruch allerdings, wie sich aus § 45 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SchulG M-V ergibt, durch das Vorhandensein „entsprechender Aufnahmekapazitäten“. Übersteigt die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität der Schule, werden die Anmeldungen nach der Entfernung vom gewöhnlichen Aufenthaltsort zur Schule verteilt; dabei sind Härtefälle angemessen zu berücksichtigen.

7

Ob im vorliegenden Fall – wie die Antragsteller meinen – schon keine Überschreitung der tatsächlichen Aufnahmekapazitäten vorliegt, kann auf sich beruhen; jedenfalls haben die Antragsteller einen Härtefall glaubhaft gemacht, der hier nicht angemessen berücksichtigt worden ist. Ein Härtefall liegt dann vor, wenn die Verweigerung des Besuchs der Wunschschule für den Schüler oder dessen Eltern mit außergewöhnlichen schweren Belastungen verbunden ist. Ob dies im Einzelfall zu bejahen ist, unterliegt der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung, weil es sich bei der Härtefallklausel um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.2001 – 1 C 19/01 –, Rn. 13 m.w.N., zit. nach Juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 02.08.2012 – 3 B 214/12 –, Rn. 28, zit. nach Juris). Ob ein Härtefall bereits dann anzunehmen ist, wenn – wie hier – die Wunschschule bereits von einem Geschwisterkind besucht wird (vgl. OVG des Saarlandes, a.a.O., Rn. 16), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls ist ein Härtefall im vorliegenden Verfahren anzunehmen wegen der geltend gemachten gesundheitlichen Belastungen insbesondere der Antragstellerin zu 2. Sie hat glaubhaft vorgetragen, angesichts von zwei weiteren Kindern im Alter von 11 Monaten und 3 Jahren ohnehin an der Grenze ihrer physischen und psychischen Leistungsfähigkeit zu sein. In einem ärztlichen Attest (ohne Datum, aber nach dem 17.04.2013 erteilt) wird ihr eine „massive und bedrohliche Burnout-Symptomatik“ bescheinigt. Eine räumliche und pädagogische Trennung der beiden älteren Kinder werde einen zusätzlichen Kräfteeinsatz bedeuten, der derzeit nicht aufzubringen sei. In einem weiteren Attest (vom 06.05.2013) bescheinigt ein Kinderarzt, dass der Antragsteller zu 1. bereits an mehreren Projekten der Klasse seines Bruders teilgenommen habe. Wenn er „seine Schule“ nicht mehr besuchen könne, werde dies auch bei ihm „einen erheblichen Leidensdruck“ auslösen.

8

Danach erweist sich die Verneinung eines Härtefalls im Sinne von § 45 Abs. 3 letzter Halbsatz SchulG M-V als fehlerhaft. Es trifft nicht zu, dass Eltern im Allgemeinen vergleichbaren Belastungen ausgesetzt sind. Der Antragsgegnerin zu 2. kann auch nicht in ihrer Auffassung gefolgt werden, die Antragsteller zu 2. und 3. hätten die jetzt bestehenden Probleme selbst zu vertreten, indem sie den älteren Bruder des Antragstellers zu 1. nicht in einer näher gelegenen Schule angemeldet hätten. Dieser Vorwurf ist hier jedenfalls deshalb nicht gerechtfertigt, weil es sich bei der Wunschschule um eine Schule mit besonderem pädagogischen Konzept handelt. Die Frage, ob es sinnvoll ist, Schüler – wie dies allem Anschein nach geschehen und im Grundsatz wohl durch § 45 Abs. 3 Satz 3 SchulG M-V vorgegeben ist – in eine solche Schule ausschließlich nach der Entfernung zum Wohnsitz aufzunehmen, sei hier nur am Rande aufgeworfen.

9

Auch den Anordnungsgrund haben die Antragsteller glaubhaft gemacht. Zumindest der Antragstellerin zu 2. drohen irreparable Nachteile, wenn sie den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten müsste. Auf die Ausführungen zum Anordnungsanspruch kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 2, 159 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG.

11

Der Beschluss ist gemäß §§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin – 6. Kammer - vom 18.07.2013 wird teilweise geändert.

Die Antragsgegnerin zu 2. wird verpflichtet, den Antragsteller zu 1. vorläufig und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Aufnahme in die Eingangsklasse der Jenaplanschule „Peter Petersen“ im Schuljahr 2013/2014 aufzunehmen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 2. tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragsteller, ein 7-jähriges Kind und dessen Eltern, begehren die vorläufige Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Jenaplanschule „Peter Petersen“ der Antragsgegnerin zu 2. (im Folgenden: Wunschschule).

2

Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung durch Beschluss vom 18.07.2013 abgelehnt.

3

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen den Antragsgegner zu 1. richtet. Er hat zwar durch Bescheid vom 21.05.2013, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 25.06.2013, den Antragsteller zu 1. einer anderen Schule zugewiesen. Diese Maßnahme ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern des derzeit beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens 6 A 1048/13. In Bezug auf dieses Klageverfahren bedürfen die Antragsteller nach eigener in der Beschwerdebegründung zum Ausdruck gebrachter Einschätzung keines gerichtlichen Eilrechtsschutzes, weil den von ihnen eingelegten Rechtsmitteln bereits aufschiebende Wirkung zukomme. Außerdem besteht – worauf noch einzugehen ist - der von den Antragstellern geltend gemachte Aufnahmeanspruch (nur) gegenüber der Schule bzw. deren Träger, hier also der Antragsgegnerin zu 2.. Ob diese sich im Aufnahmeverfahren durch den Antragsgegner zu 1. vertreten lassen kann, spielt für die Frage der Passivlegitimation keine Rolle. Im hier vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist im Übrigen eine Vertretung nicht angezeigt worden.

4

Soweit sich die Beschwerde gegen die Antragsgegnerin zu 2. richtet, ist sie dagegen erfolgreich. Das Beschwerdevorbringen führt zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung, weil die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorliegen.

5

Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Wunschschule glaubhaft gemacht.

6

Für die Beurteilung der Rechtslage ist auszugehen von der Vorschrift des § 45 Abs. 1 SchulG M-V, die ihrem Wortlaut nach, soweit es um den Primarbereich geht, allerdings nur Ansprüche gegenüber der örtlich zuständigen Schule normiert (vgl. Beschl. des Senats von heute – 2 M 152/13 -). Dem Verwaltungsgericht ist jedoch im Ansatz in seiner Auffassung zu folgen, dass sich die Rechtslage ändert, wenn der Träger der zuständigen Schule den Besuch einer anderen als der örtlichen zuständigen Schule nach § 46 Abs. 3 SchulG M-V gestattet. Eine solche Gestattung hat im vorliegenden Verfahren der Träger der für den Antragsteller zu 1. örtlich zuständigen Schule durch Bescheid vom 27.09.2012 ausdrücklich „zum Besuch“ der Wunschschule erteilt.

7

Nicht zu folgen ist dem Verwaltungsgericht in seiner Auffassung, dass der auswärtige Bewerber die so verbesserte Rechtsposition vollständig einbüßt, wenn die Aufnahmekapazität der Wunschschule nicht ausreicht, um allen Anmeldungen entsprechen zu können. Zwar dürfte er in der Regel das Nachsehen haben, wenn die Auswahl nach dem Prinzip der geringeren Entfernung (vgl. § 45 Abs. 3 Satz 3 SchulG M-V) erfolgt. Es gibt aber keinen Grund, nur die im Einzugsbereich der Wunschschule wohnenden Bewerber, nicht aber die auswärtigen, die aber über eine Gestattung über § 46 Abs. 3 SchulG M-V verfügen, am Härtefallauswahlverfahren zu beteiligen. Es erschiene widersprüchlich, wenn der Härtefall bei der Entscheidung nach § 46 Abs. 3 SchulG M-V berücksichtigt, bei der Entscheidung nach § 45 Abs. 3 letzter Halbsatz SchulG M-V aber ignoriert würde. Allerdings - insoweit ist den Antragsgegnern zu folgen – bedeutet die in der Gestattung nach § 46 Abs. 3 liegende Anerkennung eines wichtigen Grundes für den Besuch der Wunschschule nicht automatisch auch die Anerkennung eines Härtefalls. Eine besondere Härte wird zwar zugleich einen wichtigen Grund darstellen; aber nicht jeder wichtige Grund muss zugleich ein Härtefall sein. Mit der Anerkennung des wichtigen Grundes sind die dabei berücksichtigten Umstände aber nicht verbraucht; sie sind erneut zu berücksichtigen, wenn es um die Frage geht, ob ein Härtefall vorliegt.

8

Im vorliegenden Fall haben die Antragsteller einen Härtefall im Sinne von § 45 Abs. 3 letzter Halbsatz SchulG M-V glaubhaft gemacht. Ein Härtefall liegt vor, wenn die Verweigerung des Besuchs der Wunschschule für den Schüler oder dessen Eltern mit außergewöhnlichen schweren Belastungen verbunden ist (vgl. Beschl. des Senats von heute im Verfahren 2 M 152/13 -). Dies ist hier zu bejahen. Der Antragsteller zu 1. leidet an Chronischer Subileus bei CIPO mit einer GdB von 80 sowie Pflegestufe II, was u.a. zur Folge hat, dass seine Blase etwa 4mal pro Tag fachkundig katheterisiert werden muss. Die Auffassung der Antragsteller, dass die für den Antragsteller zu 1. örtlich zuständige Schule seiner Behinderung nicht gerecht werden könne, findet eine Bestätigung in der Stellungnahme der Schule vom 24.05.2013. Darin heißt es u.a., dass die für den Antragsteller zu 1. erforderlichen speziellen Bedingungen nicht gegeben seien. Die Schule verfüge über keine behindertengerechten Toiletten, keinen Fahrstuhl und keinen extra Sanitärraum. Soweit die Antragsgegner meinen, die Schule sei in der Lage, kurzfristig für Abhilfe zu sorgen, steht dies im Widerspruch zu der zum Teil bereits wiedergegebenen Stellungnahme vom 24.05.2013. Darin heißt es außerdem, es sei ein Schulersatzneubau „für 2014/2015 geplant“; für das kommende Schuljahr noch Umbauarbeiten vorzunehmen, wäre auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht umsetzbar.

9

Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob sich die Rechtsposition des Antragstellers zu 1. auch deshalb verbessert, weil seine Wunschschule ihn für das Schuljahr 2012/2013 nach § 43 Abs. 2 SchulG M-V zurückgestellt hat. Auch wenn darin wohl nicht schon die Begründung eines Schulrechtsverhältnisses für das Schuljahr 2013/2014 oder die verbindliche Zusage der Annahme einer zukünftigen Anmeldung für das Schuljahr 2013/2014 zu sehen sein sollte, dürfte aber wohl jedenfalls ein Vertrauensschutztatbestand im Hinblick auf die Berücksichtigung der Anmeldung geschaffen worden sein.

10

Auch den Anordnungsgrund haben die Antragsteller glaubhaft gemacht. Dem Antragsteller zu 1. drohen irreparable Nachteile, wenn er den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten müsste. Auf die Ausführungen zum Anordnungsanspruch kann zur Vermeidung von Widerholungen verwiesen werden.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 2, 159 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52, 53 Abs. 2 GKG.

12

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin – 6. Kammer – vom 18.07.2013 wird teilweise geändert.

Die Antragsgegnerin zu 2. wird verpflichtet, den Antragsteller zu 1. vorläufig und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Aufnahme in die Eingangsklasse 1 an der Jenaplanschule „Peter Petersen“ im Schuljahr 2013/2014 aufzunehmen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 2. tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragsteller, ein sechsjähriges Kind und dessen Eltern, begehren die vorläufige Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Jenaplanschule „Peter Petersen“ der Antragsgegnerin zu 2. (im Folgenden: „Wunschschule“).

2

Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung durch Beschluss vom 18.07.2013 abgelehnt.

3

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen den Antragsgegner zu 1. richtet. Er hat zwar durch Bescheid vom 21.05.2013, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 28.06.2013, den Antragsteller zu 1. einer anderen Schule zugewiesen. Diese Maßnahme ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern des beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens 6 A 1060/13. In Bezug auf dieses Klageverfahren bedürfen die Antragsteller nach eigener in der Beschwerdebegründung zum Ausdruck gebrachter Einschätzung keines gerichtlichen Eilrechtsschutzes, weil den von ihnen eingelegten Rechtsmitteln bereits aufschiebende Wirkung zukomme. Außerdem besteht – worauf noch einzugehen ist – der von den Antragstellern geltend gemachte Aufnahmeanspruch (nur) gegenüber der Schule bzw. deren Träger, hier also der Antragsgegnerin zu 2. Ob diese sich im Aufnahmeverfahren durch den Antragsgegner zu 1. vertreten lassen kann, spielt für die Frage seiner Passivlegitimation keine Rolle. Im hier vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist im Übrigen eine Vertretung nicht angezeigt worden.

4

Soweit sich die Beschwerde gegen die Antragsgegnerin zu 2. richtet, ist sie dagegen erfolgreich. Das Beschwerdevorbringen führt zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung, weil die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorliegen.

5

Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Wunschschule glaubhaft gemacht.

6

Für die Beurteilung der Rechtslage ist auszugehen von § 45 Abs. 1 SchulG M-V. Die Vorschrift begründet unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch des Schülers gegen die Schule bzw. ihren Träger auf Aufnahme in die örtlich zuständige Schule (vgl. Beschluss des Senats vom 29.11.2004 – 2 M 224 bis 231/04 – und vom 05.08.2002 – 2 M 101/02 –). Im vorliegenden Verfahren geht es um die Aufnahme in eine örtlich zuständige Schule. Dies hat auch bereits das Verwaltungsgericht festgestellt; insoweit ist die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung von keiner Seite in Zweifel gezogen worden. Eingeschränkt wird der Anspruch allerdings, wie sich aus § 45 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SchulG M-V ergibt, durch das Vorhandensein „entsprechender Aufnahmekapazitäten“. Übersteigt die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität der Schule, werden die Anmeldungen nach der Entfernung vom gewöhnlichen Aufenthaltsort zur Schule verteilt; dabei sind Härtefälle angemessen zu berücksichtigen.

7

Ob im vorliegenden Fall – wie die Antragsteller meinen – schon keine Überschreitung der tatsächlichen Aufnahmekapazitäten vorliegt, kann auf sich beruhen; jedenfalls haben die Antragsteller einen Härtefall glaubhaft gemacht, der hier nicht angemessen berücksichtigt worden ist. Ein Härtefall liegt dann vor, wenn die Verweigerung des Besuchs der Wunschschule für den Schüler oder dessen Eltern mit außergewöhnlichen schweren Belastungen verbunden ist. Ob dies im Einzelfall zu bejahen ist, unterliegt der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung, weil es sich bei der Härtefallklausel um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.2001 – 1 C 19/01 –, Rn. 13 m.w.N., zit. nach Juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 02.08.2012 – 3 B 214/12 –, Rn. 28, zit. nach Juris). Ob ein Härtefall bereits dann anzunehmen ist, wenn – wie hier – die Wunschschule bereits von einem Geschwisterkind besucht wird (vgl. OVG des Saarlandes, a.a.O., Rn. 16), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls ist ein Härtefall im vorliegenden Verfahren anzunehmen wegen der geltend gemachten gesundheitlichen Belastungen insbesondere der Antragstellerin zu 2. Sie hat glaubhaft vorgetragen, angesichts von zwei weiteren Kindern im Alter von 11 Monaten und 3 Jahren ohnehin an der Grenze ihrer physischen und psychischen Leistungsfähigkeit zu sein. In einem ärztlichen Attest (ohne Datum, aber nach dem 17.04.2013 erteilt) wird ihr eine „massive und bedrohliche Burnout-Symptomatik“ bescheinigt. Eine räumliche und pädagogische Trennung der beiden älteren Kinder werde einen zusätzlichen Kräfteeinsatz bedeuten, der derzeit nicht aufzubringen sei. In einem weiteren Attest (vom 06.05.2013) bescheinigt ein Kinderarzt, dass der Antragsteller zu 1. bereits an mehreren Projekten der Klasse seines Bruders teilgenommen habe. Wenn er „seine Schule“ nicht mehr besuchen könne, werde dies auch bei ihm „einen erheblichen Leidensdruck“ auslösen.

8

Danach erweist sich die Verneinung eines Härtefalls im Sinne von § 45 Abs. 3 letzter Halbsatz SchulG M-V als fehlerhaft. Es trifft nicht zu, dass Eltern im Allgemeinen vergleichbaren Belastungen ausgesetzt sind. Der Antragsgegnerin zu 2. kann auch nicht in ihrer Auffassung gefolgt werden, die Antragsteller zu 2. und 3. hätten die jetzt bestehenden Probleme selbst zu vertreten, indem sie den älteren Bruder des Antragstellers zu 1. nicht in einer näher gelegenen Schule angemeldet hätten. Dieser Vorwurf ist hier jedenfalls deshalb nicht gerechtfertigt, weil es sich bei der Wunschschule um eine Schule mit besonderem pädagogischen Konzept handelt. Die Frage, ob es sinnvoll ist, Schüler – wie dies allem Anschein nach geschehen und im Grundsatz wohl durch § 45 Abs. 3 Satz 3 SchulG M-V vorgegeben ist – in eine solche Schule ausschließlich nach der Entfernung zum Wohnsitz aufzunehmen, sei hier nur am Rande aufgeworfen.

9

Auch den Anordnungsgrund haben die Antragsteller glaubhaft gemacht. Zumindest der Antragstellerin zu 2. drohen irreparable Nachteile, wenn sie den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten müsste. Auf die Ausführungen zum Anordnungsanspruch kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 2, 159 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG.

11

Der Beschluss ist gemäß §§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin – 6. Kammer - vom 18.07.2013 wird teilweise geändert.

Die Antragsgegnerin zu 2. wird verpflichtet, den Antragsteller zu 1. vorläufig und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Aufnahme in die Eingangsklasse der Jenaplanschule „Peter Petersen“ im Schuljahr 2013/2014 aufzunehmen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 2. tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragsteller, ein 7-jähriges Kind und dessen Eltern, begehren die vorläufige Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Jenaplanschule „Peter Petersen“ der Antragsgegnerin zu 2. (im Folgenden: Wunschschule).

2

Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung durch Beschluss vom 18.07.2013 abgelehnt.

3

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen den Antragsgegner zu 1. richtet. Er hat zwar durch Bescheid vom 21.05.2013, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 25.06.2013, den Antragsteller zu 1. einer anderen Schule zugewiesen. Diese Maßnahme ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern des derzeit beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens 6 A 1048/13. In Bezug auf dieses Klageverfahren bedürfen die Antragsteller nach eigener in der Beschwerdebegründung zum Ausdruck gebrachter Einschätzung keines gerichtlichen Eilrechtsschutzes, weil den von ihnen eingelegten Rechtsmitteln bereits aufschiebende Wirkung zukomme. Außerdem besteht – worauf noch einzugehen ist - der von den Antragstellern geltend gemachte Aufnahmeanspruch (nur) gegenüber der Schule bzw. deren Träger, hier also der Antragsgegnerin zu 2.. Ob diese sich im Aufnahmeverfahren durch den Antragsgegner zu 1. vertreten lassen kann, spielt für die Frage der Passivlegitimation keine Rolle. Im hier vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist im Übrigen eine Vertretung nicht angezeigt worden.

4

Soweit sich die Beschwerde gegen die Antragsgegnerin zu 2. richtet, ist sie dagegen erfolgreich. Das Beschwerdevorbringen führt zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung, weil die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorliegen.

5

Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Wunschschule glaubhaft gemacht.

6

Für die Beurteilung der Rechtslage ist auszugehen von der Vorschrift des § 45 Abs. 1 SchulG M-V, die ihrem Wortlaut nach, soweit es um den Primarbereich geht, allerdings nur Ansprüche gegenüber der örtlich zuständigen Schule normiert (vgl. Beschl. des Senats von heute – 2 M 152/13 -). Dem Verwaltungsgericht ist jedoch im Ansatz in seiner Auffassung zu folgen, dass sich die Rechtslage ändert, wenn der Träger der zuständigen Schule den Besuch einer anderen als der örtlichen zuständigen Schule nach § 46 Abs. 3 SchulG M-V gestattet. Eine solche Gestattung hat im vorliegenden Verfahren der Träger der für den Antragsteller zu 1. örtlich zuständigen Schule durch Bescheid vom 27.09.2012 ausdrücklich „zum Besuch“ der Wunschschule erteilt.

7

Nicht zu folgen ist dem Verwaltungsgericht in seiner Auffassung, dass der auswärtige Bewerber die so verbesserte Rechtsposition vollständig einbüßt, wenn die Aufnahmekapazität der Wunschschule nicht ausreicht, um allen Anmeldungen entsprechen zu können. Zwar dürfte er in der Regel das Nachsehen haben, wenn die Auswahl nach dem Prinzip der geringeren Entfernung (vgl. § 45 Abs. 3 Satz 3 SchulG M-V) erfolgt. Es gibt aber keinen Grund, nur die im Einzugsbereich der Wunschschule wohnenden Bewerber, nicht aber die auswärtigen, die aber über eine Gestattung über § 46 Abs. 3 SchulG M-V verfügen, am Härtefallauswahlverfahren zu beteiligen. Es erschiene widersprüchlich, wenn der Härtefall bei der Entscheidung nach § 46 Abs. 3 SchulG M-V berücksichtigt, bei der Entscheidung nach § 45 Abs. 3 letzter Halbsatz SchulG M-V aber ignoriert würde. Allerdings - insoweit ist den Antragsgegnern zu folgen – bedeutet die in der Gestattung nach § 46 Abs. 3 liegende Anerkennung eines wichtigen Grundes für den Besuch der Wunschschule nicht automatisch auch die Anerkennung eines Härtefalls. Eine besondere Härte wird zwar zugleich einen wichtigen Grund darstellen; aber nicht jeder wichtige Grund muss zugleich ein Härtefall sein. Mit der Anerkennung des wichtigen Grundes sind die dabei berücksichtigten Umstände aber nicht verbraucht; sie sind erneut zu berücksichtigen, wenn es um die Frage geht, ob ein Härtefall vorliegt.

8

Im vorliegenden Fall haben die Antragsteller einen Härtefall im Sinne von § 45 Abs. 3 letzter Halbsatz SchulG M-V glaubhaft gemacht. Ein Härtefall liegt vor, wenn die Verweigerung des Besuchs der Wunschschule für den Schüler oder dessen Eltern mit außergewöhnlichen schweren Belastungen verbunden ist (vgl. Beschl. des Senats von heute im Verfahren 2 M 152/13 -). Dies ist hier zu bejahen. Der Antragsteller zu 1. leidet an Chronischer Subileus bei CIPO mit einer GdB von 80 sowie Pflegestufe II, was u.a. zur Folge hat, dass seine Blase etwa 4mal pro Tag fachkundig katheterisiert werden muss. Die Auffassung der Antragsteller, dass die für den Antragsteller zu 1. örtlich zuständige Schule seiner Behinderung nicht gerecht werden könne, findet eine Bestätigung in der Stellungnahme der Schule vom 24.05.2013. Darin heißt es u.a., dass die für den Antragsteller zu 1. erforderlichen speziellen Bedingungen nicht gegeben seien. Die Schule verfüge über keine behindertengerechten Toiletten, keinen Fahrstuhl und keinen extra Sanitärraum. Soweit die Antragsgegner meinen, die Schule sei in der Lage, kurzfristig für Abhilfe zu sorgen, steht dies im Widerspruch zu der zum Teil bereits wiedergegebenen Stellungnahme vom 24.05.2013. Darin heißt es außerdem, es sei ein Schulersatzneubau „für 2014/2015 geplant“; für das kommende Schuljahr noch Umbauarbeiten vorzunehmen, wäre auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht umsetzbar.

9

Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob sich die Rechtsposition des Antragstellers zu 1. auch deshalb verbessert, weil seine Wunschschule ihn für das Schuljahr 2012/2013 nach § 43 Abs. 2 SchulG M-V zurückgestellt hat. Auch wenn darin wohl nicht schon die Begründung eines Schulrechtsverhältnisses für das Schuljahr 2013/2014 oder die verbindliche Zusage der Annahme einer zukünftigen Anmeldung für das Schuljahr 2013/2014 zu sehen sein sollte, dürfte aber wohl jedenfalls ein Vertrauensschutztatbestand im Hinblick auf die Berücksichtigung der Anmeldung geschaffen worden sein.

10

Auch den Anordnungsgrund haben die Antragsteller glaubhaft gemacht. Dem Antragsteller zu 1. drohen irreparable Nachteile, wenn er den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten müsste. Auf die Ausführungen zum Anordnungsanspruch kann zur Vermeidung von Widerholungen verwiesen werden.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 2, 159 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52, 53 Abs. 2 GKG.

12

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin – 6. Kammer – vom 18.07.2013 wird teilweise geändert.

Die Antragsgegnerin zu 2. wird verpflichtet, den Antragsteller zu 1. vorläufig und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Aufnahme in die Eingangsklasse 1 an der Jenaplanschule „Peter Petersen“ im Schuljahr 2013/2014 aufzunehmen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 2. tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragsteller, ein sechsjähriges Kind und dessen Eltern, begehren die vorläufige Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Jenaplanschule „Peter Petersen“ der Antragsgegnerin zu 2. (im Folgenden: „Wunschschule“).

2

Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung durch Beschluss vom 18.07.2013 abgelehnt.

3

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen den Antragsgegner zu 1. richtet. Er hat zwar durch Bescheid vom 21.05.2013, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 28.06.2013, den Antragsteller zu 1. einer anderen Schule zugewiesen. Diese Maßnahme ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern des beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens 6 A 1060/13. In Bezug auf dieses Klageverfahren bedürfen die Antragsteller nach eigener in der Beschwerdebegründung zum Ausdruck gebrachter Einschätzung keines gerichtlichen Eilrechtsschutzes, weil den von ihnen eingelegten Rechtsmitteln bereits aufschiebende Wirkung zukomme. Außerdem besteht – worauf noch einzugehen ist – der von den Antragstellern geltend gemachte Aufnahmeanspruch (nur) gegenüber der Schule bzw. deren Träger, hier also der Antragsgegnerin zu 2. Ob diese sich im Aufnahmeverfahren durch den Antragsgegner zu 1. vertreten lassen kann, spielt für die Frage seiner Passivlegitimation keine Rolle. Im hier vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist im Übrigen eine Vertretung nicht angezeigt worden.

4

Soweit sich die Beschwerde gegen die Antragsgegnerin zu 2. richtet, ist sie dagegen erfolgreich. Das Beschwerdevorbringen führt zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung, weil die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorliegen.

5

Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Wunschschule glaubhaft gemacht.

6

Für die Beurteilung der Rechtslage ist auszugehen von § 45 Abs. 1 SchulG M-V. Die Vorschrift begründet unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch des Schülers gegen die Schule bzw. ihren Träger auf Aufnahme in die örtlich zuständige Schule (vgl. Beschluss des Senats vom 29.11.2004 – 2 M 224 bis 231/04 – und vom 05.08.2002 – 2 M 101/02 –). Im vorliegenden Verfahren geht es um die Aufnahme in eine örtlich zuständige Schule. Dies hat auch bereits das Verwaltungsgericht festgestellt; insoweit ist die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung von keiner Seite in Zweifel gezogen worden. Eingeschränkt wird der Anspruch allerdings, wie sich aus § 45 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SchulG M-V ergibt, durch das Vorhandensein „entsprechender Aufnahmekapazitäten“. Übersteigt die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität der Schule, werden die Anmeldungen nach der Entfernung vom gewöhnlichen Aufenthaltsort zur Schule verteilt; dabei sind Härtefälle angemessen zu berücksichtigen.

7

Ob im vorliegenden Fall – wie die Antragsteller meinen – schon keine Überschreitung der tatsächlichen Aufnahmekapazitäten vorliegt, kann auf sich beruhen; jedenfalls haben die Antragsteller einen Härtefall glaubhaft gemacht, der hier nicht angemessen berücksichtigt worden ist. Ein Härtefall liegt dann vor, wenn die Verweigerung des Besuchs der Wunschschule für den Schüler oder dessen Eltern mit außergewöhnlichen schweren Belastungen verbunden ist. Ob dies im Einzelfall zu bejahen ist, unterliegt der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung, weil es sich bei der Härtefallklausel um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.2001 – 1 C 19/01 –, Rn. 13 m.w.N., zit. nach Juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 02.08.2012 – 3 B 214/12 –, Rn. 28, zit. nach Juris). Ob ein Härtefall bereits dann anzunehmen ist, wenn – wie hier – die Wunschschule bereits von einem Geschwisterkind besucht wird (vgl. OVG des Saarlandes, a.a.O., Rn. 16), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls ist ein Härtefall im vorliegenden Verfahren anzunehmen wegen der geltend gemachten gesundheitlichen Belastungen insbesondere der Antragstellerin zu 2. Sie hat glaubhaft vorgetragen, angesichts von zwei weiteren Kindern im Alter von 11 Monaten und 3 Jahren ohnehin an der Grenze ihrer physischen und psychischen Leistungsfähigkeit zu sein. In einem ärztlichen Attest (ohne Datum, aber nach dem 17.04.2013 erteilt) wird ihr eine „massive und bedrohliche Burnout-Symptomatik“ bescheinigt. Eine räumliche und pädagogische Trennung der beiden älteren Kinder werde einen zusätzlichen Kräfteeinsatz bedeuten, der derzeit nicht aufzubringen sei. In einem weiteren Attest (vom 06.05.2013) bescheinigt ein Kinderarzt, dass der Antragsteller zu 1. bereits an mehreren Projekten der Klasse seines Bruders teilgenommen habe. Wenn er „seine Schule“ nicht mehr besuchen könne, werde dies auch bei ihm „einen erheblichen Leidensdruck“ auslösen.

8

Danach erweist sich die Verneinung eines Härtefalls im Sinne von § 45 Abs. 3 letzter Halbsatz SchulG M-V als fehlerhaft. Es trifft nicht zu, dass Eltern im Allgemeinen vergleichbaren Belastungen ausgesetzt sind. Der Antragsgegnerin zu 2. kann auch nicht in ihrer Auffassung gefolgt werden, die Antragsteller zu 2. und 3. hätten die jetzt bestehenden Probleme selbst zu vertreten, indem sie den älteren Bruder des Antragstellers zu 1. nicht in einer näher gelegenen Schule angemeldet hätten. Dieser Vorwurf ist hier jedenfalls deshalb nicht gerechtfertigt, weil es sich bei der Wunschschule um eine Schule mit besonderem pädagogischen Konzept handelt. Die Frage, ob es sinnvoll ist, Schüler – wie dies allem Anschein nach geschehen und im Grundsatz wohl durch § 45 Abs. 3 Satz 3 SchulG M-V vorgegeben ist – in eine solche Schule ausschließlich nach der Entfernung zum Wohnsitz aufzunehmen, sei hier nur am Rande aufgeworfen.

9

Auch den Anordnungsgrund haben die Antragsteller glaubhaft gemacht. Zumindest der Antragstellerin zu 2. drohen irreparable Nachteile, wenn sie den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten müsste. Auf die Ausführungen zum Anordnungsanspruch kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 2, 159 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG.

11

Der Beschluss ist gemäß §§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin – 6. Kammer – vom 18.07.2013 wird teilweise geändert.

Die Antragsgegnerin zu 2. wird verpflichtet, den Antragsteller zu 1. vorläufig und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Aufnahme in die Eingangsklasse 1 an der Jenaplanschule „Peter Petersen“ im Schuljahr 2013/2014 aufzunehmen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 2. tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragsteller, ein sechsjähriges Kind und dessen Eltern, begehren die vorläufige Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Jenaplanschule „Peter Petersen“ der Antragsgegnerin zu 2. (im Folgenden: „Wunschschule“).

2

Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung durch Beschluss vom 18.07.2013 abgelehnt.

3

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen den Antragsgegner zu 1. richtet. Er hat zwar durch Bescheid vom 21.05.2013, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 28.06.2013, den Antragsteller zu 1. einer anderen Schule zugewiesen. Diese Maßnahme ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern des beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens 6 A 1060/13. In Bezug auf dieses Klageverfahren bedürfen die Antragsteller nach eigener in der Beschwerdebegründung zum Ausdruck gebrachter Einschätzung keines gerichtlichen Eilrechtsschutzes, weil den von ihnen eingelegten Rechtsmitteln bereits aufschiebende Wirkung zukomme. Außerdem besteht – worauf noch einzugehen ist – der von den Antragstellern geltend gemachte Aufnahmeanspruch (nur) gegenüber der Schule bzw. deren Träger, hier also der Antragsgegnerin zu 2. Ob diese sich im Aufnahmeverfahren durch den Antragsgegner zu 1. vertreten lassen kann, spielt für die Frage seiner Passivlegitimation keine Rolle. Im hier vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist im Übrigen eine Vertretung nicht angezeigt worden.

4

Soweit sich die Beschwerde gegen die Antragsgegnerin zu 2. richtet, ist sie dagegen erfolgreich. Das Beschwerdevorbringen führt zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung, weil die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorliegen.

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Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Aufnahme des Antragstellers zu 1. in die Wunschschule glaubhaft gemacht.

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Für die Beurteilung der Rechtslage ist auszugehen von § 45 Abs. 1 SchulG M-V. Die Vorschrift begründet unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch des Schülers gegen die Schule bzw. ihren Träger auf Aufnahme in die örtlich zuständige Schule (vgl. Beschluss des Senats vom 29.11.2004 – 2 M 224 bis 231/04 – und vom 05.08.2002 – 2 M 101/02 –). Im vorliegenden Verfahren geht es um die Aufnahme in eine örtlich zuständige Schule. Dies hat auch bereits das Verwaltungsgericht festgestellt; insoweit ist die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung von keiner Seite in Zweifel gezogen worden. Eingeschränkt wird der Anspruch allerdings, wie sich aus § 45 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SchulG M-V ergibt, durch das Vorhandensein „entsprechender Aufnahmekapazitäten“. Übersteigt die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität der Schule, werden die Anmeldungen nach der Entfernung vom gewöhnlichen Aufenthaltsort zur Schule verteilt; dabei sind Härtefälle angemessen zu berücksichtigen.

7

Ob im vorliegenden Fall – wie die Antragsteller meinen – schon keine Überschreitung der tatsächlichen Aufnahmekapazitäten vorliegt, kann auf sich beruhen; jedenfalls haben die Antragsteller einen Härtefall glaubhaft gemacht, der hier nicht angemessen berücksichtigt worden ist. Ein Härtefall liegt dann vor, wenn die Verweigerung des Besuchs der Wunschschule für den Schüler oder dessen Eltern mit außergewöhnlichen schweren Belastungen verbunden ist. Ob dies im Einzelfall zu bejahen ist, unterliegt der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung, weil es sich bei der Härtefallklausel um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.2001 – 1 C 19/01 –, Rn. 13 m.w.N., zit. nach Juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 02.08.2012 – 3 B 214/12 –, Rn. 28, zit. nach Juris). Ob ein Härtefall bereits dann anzunehmen ist, wenn – wie hier – die Wunschschule bereits von einem Geschwisterkind besucht wird (vgl. OVG des Saarlandes, a.a.O., Rn. 16), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls ist ein Härtefall im vorliegenden Verfahren anzunehmen wegen der geltend gemachten gesundheitlichen Belastungen insbesondere der Antragstellerin zu 2. Sie hat glaubhaft vorgetragen, angesichts von zwei weiteren Kindern im Alter von 11 Monaten und 3 Jahren ohnehin an der Grenze ihrer physischen und psychischen Leistungsfähigkeit zu sein. In einem ärztlichen Attest (ohne Datum, aber nach dem 17.04.2013 erteilt) wird ihr eine „massive und bedrohliche Burnout-Symptomatik“ bescheinigt. Eine räumliche und pädagogische Trennung der beiden älteren Kinder werde einen zusätzlichen Kräfteeinsatz bedeuten, der derzeit nicht aufzubringen sei. In einem weiteren Attest (vom 06.05.2013) bescheinigt ein Kinderarzt, dass der Antragsteller zu 1. bereits an mehreren Projekten der Klasse seines Bruders teilgenommen habe. Wenn er „seine Schule“ nicht mehr besuchen könne, werde dies auch bei ihm „einen erheblichen Leidensdruck“ auslösen.

8

Danach erweist sich die Verneinung eines Härtefalls im Sinne von § 45 Abs. 3 letzter Halbsatz SchulG M-V als fehlerhaft. Es trifft nicht zu, dass Eltern im Allgemeinen vergleichbaren Belastungen ausgesetzt sind. Der Antragsgegnerin zu 2. kann auch nicht in ihrer Auffassung gefolgt werden, die Antragsteller zu 2. und 3. hätten die jetzt bestehenden Probleme selbst zu vertreten, indem sie den älteren Bruder des Antragstellers zu 1. nicht in einer näher gelegenen Schule angemeldet hätten. Dieser Vorwurf ist hier jedenfalls deshalb nicht gerechtfertigt, weil es sich bei der Wunschschule um eine Schule mit besonderem pädagogischen Konzept handelt. Die Frage, ob es sinnvoll ist, Schüler – wie dies allem Anschein nach geschehen und im Grundsatz wohl durch § 45 Abs. 3 Satz 3 SchulG M-V vorgegeben ist – in eine solche Schule ausschließlich nach der Entfernung zum Wohnsitz aufzunehmen, sei hier nur am Rande aufgeworfen.

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Auch den Anordnungsgrund haben die Antragsteller glaubhaft gemacht. Zumindest der Antragstellerin zu 2. drohen irreparable Nachteile, wenn sie den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten müsste. Auf die Ausführungen zum Anordnungsanspruch kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 2, 159 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG.

11

Der Beschluss ist gemäß §§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.