Tenor

Es wird festgestellt, dass die Mitteilung des Beklagten vom 3. April 2018, die Voraussetzungen für die Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen seien bei dem Kläger nicht erfüllt, rechtswidrig ist.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil gegen ihn insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Referent der Landtagsfraktion „Die Linke“ und begehrt vom Beklagten die Erteilung einer Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen.

2

Seitens der Fraktion „Die Linke“ wurde der Beklagte um die Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung der Stufe Ü2 für den Kläger gebeten, da der Kläger den Abgeordneten Ritter bei der Arbeit im seit dem 24. Mai 2018 tätigen Untersuchungsausschuss „Aufklärung der NSU-Aktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern“ unterstützen sollte, in deren Verlauf unter anderem die Vorlage von als „geheim“ eingestuften Dokumenten zu erwarten sei. Der Kläger hatte schon zuvor die Arbeit der Fraktion im Unterausschuss „Aufklärung der NSU-Aktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern“ begleitet.

3

Nach Einleitung des Verfahrens durch den Beklagten gab der Kläger eine Sicherheitserklärung für die erweiterte Sicherheitsüberprüfung ab und bat den Beklagten im Anschluss daran um ein Gespräch, im Rahmen dessen er eröffnete, Mitglied des Vereins „Rote Hilfe e.V.“ zu sein.

4

Auf die Übersendung der Sicherheitserklärung des Klägers durch den Beklagten hin teilte die Verfassungsschutzabteilung des Ministeriums für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern als mitwirkende Stelle mit, die Sicherheitsüberprüfung habe Umstände ergeben, die im Hinblick auf die sicherheitsempfindliche Tätigkeit des Klägers ein Sicherheitsrisiko darstellten. Seit dem Frühjahr 2013 führe das Landeskriminalamt B-Stadt Ermittlungen gegen den Kläger wegen des Verdachts, an der Vorbereitung eines Brandanschlags beteiligt gewesen zu sein. Es seien zudem Ermittlungen wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs gegen den Kläger eingeleitet worden, nachdem dieser im Juni 2016 in A-Stadt als Teil einer Gruppe von 21 Personen, die dem linksextremistischen Spektrum zugeordnet worden seien, an einer Auseinandersetzung mit einer Gruppe des rechten Spektrums teilgenommen habe. Darüber hinaus gehöre der Kläger einer linksex-tremistischen Gruppierung in A-Stadt an, die eine Nichtanerkennung des staatlichen Gewaltmonopols zeige, oder unterstütze diese zumindest aktiv. Weiterhin teilte das Innenministerium mit, über die dargestellten Erkenntnisse hinaus lägen noch weitere Erkenntnisse vor, die aufgrund von Geheimschutzvorschriften den Verschlussgraden „VS-vertraulich“ und höher unterlägen. Aufgrund der Aktivitäten des Klägers seien daher Zweifel an seinem Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung begründet.

5

Mit Schreiben vom 2. Januar 2018 teilte der Beklagte dem Kläger das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung mit und gab ihm Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.

6

In seinem Schreiben vom 29. Januar 2018 teilte der Kläger daraufhin mit, die im Schreiben des Innenministeriums erwähnten Ermittlungsverfahren seien mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer linksextremistischen Gruppierung in A-Stadt weise er von sich. Sofern weitere Erkenntnisse vorlägen, die aus Geheimhaltungsgründen aber nicht konkret benannt werden dürften, könnten ihm diese auch nicht entgegengehalten werden.

7

Unter Verweis auf die Stellungnahme des Klägers bat der Beklagte das Innenministerium um eine erneute Bewertung der Sicherheitsüberprüfung. Daraufhin teilte das Innenministerium mit, das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung habe weiterhin Bestand und bezog sich dabei ausdrücklich auf die zwei bereits erwähnten Ermittlungsverfahren, die Erkenntnisse unter Verschluss und die Mitgliedschaft des Klägers im Verein „Rote Hilfe e.V.“. Bei der Sicherheitsüberprüfung gehe es nicht um die zweifelsfreie Feststellung strafrechtlicher Schuld, sondern um die Feststellung von Sicherheitsrisiken.

8

Mit Schreiben vom 3. April 2018 teilte der Beklagte dem Kläger mit, die Voraussetzungen für die Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen seien bei ihm nicht erfüllt. Er stützte sich dabei auf die gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren, die weiteren unter Verschluss gehaltenen Erkenntnisse des Innenministeriums sowie auf die Mitgliedschaft des Klägers im Verein „Rote Hilfe e.V.“. Da der Verein vom Verfassungsschutz des Bundes und der Länder als linksextremistische Vereinigung geführt werde und der Kläger diesen durch seine Mitgliedschaft unterstütze, lasse er durch aktives Tun seine Gegnerschaft zur freiheitlich demokratischen Grundordnung erkennen und sei damit ungeeignet, Zugang zu im staatlichen Interesse geheim zu haltenden Informationen zu erhalten. Der Beklagte führte weiter aus, dass bereits jeder einzelne dieser Punkte für sich ausreiche, um darin hinreichende Anhaltspunkte für ein Sicherheitsrisiko zu erkennen.

9

Am 30. April 2018 erhob der Kläger die vorliegende Klage und stellte gleichzeitig einen Eilantrag (Az. 1 B 867/18 SN). Er ist der Ansicht, allein aus seiner Mitgliedschaft im Verein „Rote-Hilfe e.V.“ könne kein Sicherheitsrisiko im Sinne des SÜG M-V abgeleitet werden. Hierin liege ein ungerechtfertigter Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit wie auch in die Vereinigungsfreiheit. Die gegen ihn geführten und bereits vor Einleitung der Sicherheitsüberprüfung eingestellten Ermittlungsverfahren könnten nur dann sicherheitsbehördliche Bedenken tragen, wenn er diesbezüglich falsche Angaben gemacht hätte, was aber nicht der Fall sei. Der Kläger meint zudem, mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellte Ermittlungsverfahren ohne gerichtliche Feststellungen könnten nicht ohne weiteres als Begründung für ein Sicherheitsrisiko herangezogen werden. Vielmehr müsse die Behörde eigene Feststellungen in Bezug auf die Ermittlungsverfahren treffen, an denen es vorliegend fehle. Zudem könne nur ein dringender Tatverdacht Zweifel an der sicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit einer Person begründen.

10

Der Kläger beantragt,

11

festzustellen, dass die Mitteilung des Beklagten vom 3. April 2018, wonach in seinem Falle die Voraussetzungen für die Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen einschließlich VS-GEHEIM nicht erfüllt seien, rechtswidrig ist.

12

Der Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er ist der Ansicht, die gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren begründeten durchaus Zweifel an dessen Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger zufällig von diesen Ermittlungsverfahren erfasst worden sei, sondern vielmehr zumindest eine ideelle Billigung und Unterstützung der in das Blickfeld der Strafverfolgungsbehörden geratenen Handlungen durch den Kläger festgestellt werden könne. Die im Strafrecht geltende Unschuldsvermutung könne zudem nicht auf sicherheitsrechtliche Erwägungen in Bezug auf den Zugang zu geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten übertragen werden, denn hier gelte, dass im Zweifel das staatliche Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen habe.

15

Der Eilantrag des Klägers wurde mit Beschluss vom 18. Juni 2018 abgelehnt, da die Kammer die Voraussetzungen für die damit beantragte Vorwegnahme der Hauptsache nicht als gegeben ansah.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage ist zulässig und begründet.

18

Statthafte Klageart ist vorliegend die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO, da die angegriffene Mitteilung des Beklagten, die Voraussetzungen für die Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen lägen in Bezug auf den Kläger nicht vor, keinen Verwaltungsakt darstellt. Denn die Feststellung eines Sicherheitsrisikos ist nach ihrem objektiven Sinngehalt nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, da sie ausschließlich dem Zweck dient, den Schutz geheimhaltungsbedürftiger Umstände zu gewährleisten (vgl. zum Sicherheitsüberprüfungsgesetz des Bundes [SÜG], welches zum ganz überwiegenden Teil mit dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern [SÜG M-V] übereinstimmt, BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1989 – 6 A 2/87 –, Rn. 25, juris; BVerwG, Urteil vom 31. März 2011 – 2 A 3/09 –, juris; VG B-Stadt, Urteil vom 31. Mai 2016 – 4 K 295.14 –, Rn. 20, juris; VG B-Stadt, Urteil vom 10. Januar 2017 – 4 K 214.14 –, juris).

19

Auch ein berechtigtes Interesse des Klägers an der baldigen Feststellung nach § 43 Abs. 1 VwGO ist gegeben. Dies kann jedes als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein (vgl. W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 43 Rn. 23), worunter auch nachteilige Auswirkungen für die Dienstausübung und den beruflichen Werdegang fallen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. März 2011 – 2 A 3/09 –, Rn. 15, juris; VG B-Stadt, Urteil vom 31. Mai 2016 – 4 K 295.14 –, Rn. 20, juris). Der Kläger ist durch die Feststellung eines in seiner Person liegenden Sicherheitsrisikos auch in Zukunft für seinen Arbeitgeber nur eingeschränkt einsetzbar und kann vor allem in seinem bisherigen Aufgabenbereich nicht mehr tätig werden, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass er sich durch seine frühere Tätigkeit für die Fraktion „Die Linke“ im Unterausschuss „Aufklärung der NSU-Aktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern“ in diesem Bereich besondere Kenntnisse angeeignet hat.

20

Die Klage ist begründet, da die Mitteilung des Beklagten vom 3. April 2018, die Voraussetzungen für eine Ermächtigung des Klägers zum Umgang mit Verschlusssachen bis einschließlich „VS-GEHEIM“ lägen nicht vor, rechtswidrig war. Die Entscheidung nach § 14 Abs. 3 i. V. m. § 5 SÜG M-V, in der Person des Klägers liege ein Sicherheitsrisiko, ist rechtsfehlerhaft.

21

Der Begriff des Sicherheitsrisikos überlässt als unbestimmter Rechtsbegriff der Verwaltung einen Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. m. w. N. Warg, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 1 SÜG, Rn. 22; BVerwG, Beschluss vom 8. November 1994 - 1 WB 64.94 –, Rn. 8, juris; Beschluss vom 26. Februar 2014 - BVerwG 6 C 3.13 -, Rn. 29, juris; BVerwG, Beschluss vom 17. September 2015 – 2 A 9/14 –, juris). Die gerichtliche Überprüfung der behördlichen Ausfüllung des Beurteilungsspielraums beschränkt sich darauf, ob die mitwirkende bzw. zuständige Stelle von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. m. w. N. Warg, in: Schenke/Graulich/Ruthig, a.a.O., § 1 SÜG, Rn. 22).

22

Sicherheitsrisiken sind nach § 5 Abs. 1 SÜG M-V solche Umstände, die es aus Gründen des staatlichen Geheimschutzes verbieten, eine Person mit sicherheitsempfindlicher Tätigkeit zu betrauen. Erkenntnisse sind sicherheitserheblich, wenn sich aus ihnen ein Anhaltspunkt für ein Sicherheitsrisiko ergibt. Die Beurteilung ist auf den Einzelfall abzustellen. Ein Sicherheitsrisiko liegt gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 SÜG M-V vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte (1.) Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit oder (2.) eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- oder Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, oder (3.) Zweifel am Bekenntnis des Betroffenen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung begründen. Tatsächliche Anhaltspunkte sind dabei Tatsachen, die auf das Vorliegen von Sicherheitsrisiken schließen lassen (vgl. Warg, in: Schenke/Graulich/Ruthig, a.a.O., § 5 SÜG, Rn. 3). Mit dem Abstellen auf Zweifel am Bekenntnis des Betroffenen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und am jederzeitigen Eintreten hierfür wird Personen, die eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausüben, eine dem Beamtenrecht entnommene Verfassungstreue abverlangt. Sie fordert die Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, d.h. seiner freiheitlichen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung zu identifizieren und aktiv dafür einzutreten (vgl. Warg, in: Schenke/Graulich/Ruthig, a.a.O., § 5 SÜG Rn. 36). Die betroffene Person hat sich daher von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 – 2 BvL 13/73 –, Rn. 42, juris; VG B-Stadt, Urteil vom 31. Mai 2016 – 4 K 295.14 –, Rn. 49, juris).

23

Vorliegend ist die Einschätzung des Geheimschutzbeauftragten des Beklagten, der von ihm zugrunde gelegte Sachverhalt biete hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Zweifel am Bekenntnis des Klägers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und am jederzeitigen Eintreten hierfür, rechtsfehlerhaft. Bei seiner Beurteilung hat er den anzuwendenden Begriff der tatsächlichen Anhaltspunkte und den sich daraus ergebenden gesetzlichen Rahmen verkannt. Denn weder in der bloßen (einfachen) Mitgliedschaft des Klägers im Verein „Rote Hilfe e.V.“ noch in den gegen ihn durchgeführten Ermittlungsverfahren und auch nicht in den unter Verschluss gehaltenen weiteren sicherheitserheblichen Erkenntnissen der mitwirkenden Behörde liegen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die beurteilungsfehlerfrei Zweifel an seinem Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung begründen.

24

Der Beklagte konnte sich bei der Annahme tatsächlicher Anhaltspunkte nicht (allein) auf die Vereinsmitgliedschaft des Klägers stützen. Zwar konnte er bei seiner Entscheidung auf die Einschätzungen des Verfassungsschutzes des Bundes und des Landes Mecklenburg-Vorpommern zurückgreifen, die beide in ihren Verfassungsschutzberichten aus dem Jahr 2017 den Verein „Rote Hilfe e.V.“ als linksextremistische Organisation aufführen, die linksextremistische Straf- und Gewalttäter unterstützt und versucht, die Sicherheits- und Justizbehörden sowie die rechtsstaatliche Demokratie zu diskreditieren. Denn die politische Ausrichtung des Vereins, dem der Kläger angehört und von dem er sich auch nicht distanziert hat, steht im engen Zusammenhang mit dem zu beurteilenden Bekenntnis des Klägers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und seinem Eintreten hierfür. Der hinsichtlich der Einordnung des Vereins ausschließliche Verweis auf die Bewertung des Verfassungsschutzes ist dabei unproblematisch möglich, da es gerade die Aufgabe des Verfassungsschutzes ist, die Aktivitäten möglicherweise verfassungsfeindlicher Organisationen zu bewerten und hierüber zu informieren (vgl. Warg, in: Schenke/Graulich/Ruthig, a.a.O., § 5 SÜG, Rn. 39).

25

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich das Gericht anschließt, darf der Geheimschutzbeauftragte aber allein aus der Mitgliedschaft des Betroffenen in einer bestimmten Organisation nicht ohne eigene Ermittlungen den Schluss ziehen, dass in der Person des Betroffenen zwangsläufig ein Sicherheitsrisiko besteht. Vielmehr hat er unter Berücksichtigung der Zweifel an der Organisation zu prüfen, ob die Tätigkeit des Betroffenen in dieser Organisation von solchem Gewicht ist, dass die Zweifel an der betreffenden Organisation zugleich Zweifel in Bezug auf die Person des Betroffenen begründen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 1998 – 1 WB 86/97 –, Rn. 10, juris). In dem vom Bundesverwaltungsgericht zu entscheidenden Fall war einem Soldaten wegen seiner Mitgliedschaft in der Partei „Die Republikaner“ der Zugang zu Dokumenten unter Verschluss versagt worden. Das Gericht beanstandete diese Entscheidung deshalb nicht, weil der Kläger unter anderem den Kreisverband der Partei mit aufgebaut hatte, dann in herausgehobener Funktion auch als Kreisvorsitzender für diese tätig war und schließlich sogar als deren Direktkandidat für den Landtag nominiert wurde. Vorliegend hat der Geheimschutzbeauftragte indes keinerlei Feststellungen zur Stellung des Klägers im Verein „Rote Hilfe e.V.“ angestellt und es ist auch nicht anderweitig bekannt geworden, dass der Kläger eine über die bloße Mitgliedschaft hinausgehende Funktion im Verein innehat.

26

Ebenso wenig konnte sich der Geheimschutzbeauftragte bei der Annahme tatsächlicher Anhaltspunkte allein auf die gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren stützen. Diese waren, wie der Kläger wahrheitsgemäß ausgeführt hat, mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Es lagen damit keine tatsächlichen Feststellungen von Strafgerichten vor, auf die sich die ablehnende Entscheidung des Beklagten hätte stützen können. In derartigen Fällen hat der Geheimschutzbeauftragte eigene Feststellungen zu den Erkenntnissen der Ermittlungsverfahren im Rahmen seiner Sachverhaltsermittlung zu treffen (ständige Rechtsprechung des BVerwG, vgl. nur Beschluss vom 26. Juni 2007 - 1 WB 59.06 – und Beschluss vom 28. Februar 2012 - 1 WB 28/11 -, Rn. 32, beide zitiert nach juris). Im letztgenannten Fall hatte das Bundesverwaltungsgericht über die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in der Person eines Soldaten zu entscheiden, gegen den unter anderem in der Zeit zwischen 2005 und 2008 vier Ermittlungsverfahren geführt worden waren. Das Bundesverwaltungsgericht sah die Feststellung eines Sicherheitsrisikos durch den Geheimschutzbeauftragten deshalb nicht als rechtsfehlerhaft an, weil er bei der Sachverhaltserfassung zutreffend die gegen den Antragsteller geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren dokumentiert und im Einzelnen festgehalten hatte, dass und unter welchen Voraussetzungen sie eingestellt worden waren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2012, a.a.O., Rn. 28, juris). Der Geheimschutzbeauftragte hatte dabei unter anderem die Tatsache berücksichtigt, dass der Antragsteller in einem Fall die Begehung der Tat eingeräumt hatte, woraufhin das Verfahren vor dem Jugendgericht eingestellt worden war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2012, a.a.O., Rn. 33, juris). Derartige eigene Feststellungen zu den gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren fehlen vorliegend. Der Geheimschutzbeauftragte des Beklagten hat in seinem Bescheid vom 3. April 2018 lediglich konstatiert, die in den Ermittlungsverfahren getroffenen Feststellungen hätten sicherheitsrechtlich eine Bedeutung. Zwar hat der Beklagte in seiner Klageerwiderung den ihm vom Innenministerium mitgeteilten Gegenstand der Ermittlungsverfahren wiedergegeben und geäußert, die gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren begründeten durchaus Zweifel an dessen Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger zufällig von diesen Ermittlungsverfahren erfasst worden sei, sondern vielmehr zumindest eine ideelle Billigung und Unterstützung der in das Blickfeld der Strafverfolgungsbehörden geratenen Handlungen durch den Kläger festgestellt werden könne. Auch diese Ausführungen stellen jedoch keine (eigenen) Feststellungen zum Gegenstand der Ermittlungsverfahren, sondern lediglich Mutmaßungen dar. Daher kann auch dahinstehen, wie es sich auswirkt, dass letztere Ausführungen nicht durch den Geheimschutzbeauftragten selbst, sondern erst im Rahmen der Klageerwiderung durch den Direktor des Beklagten erfolgten.

27

Letztlich konnte sich der Beklagte bei der Annahme tatsächlicher Anhaltspunkte für Zweifel am Bekenntnis oder am jederzeitigen Eintreten des Klägers für die freiheitliche demokratische Grundordnung auch nicht auf sicherheitserhebliche Erkenntnisse berufen, die nach Bewertung der mitwirkenden Behörde im Hinblick auf die sicherheitsempfindliche Tätigkeit ebenfalls ein Sicherheitsrisiko darstellen, jedoch nicht vorgehalten werden konnten. Zwar kann er – anders als der Kläger meint – aus derlei Erkenntnissen, die auch dem Betroffenen aus Gründen des Geheimschutzes nicht offenbart werden müssen, grundsätzlich durchaus Schlussfolgerungen für die Sicherheitsüberprüfung ziehen und muss seine Entscheidung dann unter Verweis auf den Geheimschutz auch nicht näher begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 - 2 A 2/16 -, Rn. 17 ff., juris). Dies ist jedoch vorliegend nicht geschehen, denn der Geheimschutzbeauftragte hat selbst keine Einsicht in die unter Verschluss gehaltenen Akten des Innenministeriums genommen und auch keine eigenen Ermittlungen zu dessen Erkenntnissen angestellt. Stattdessen hat er die Einschätzung der mitwirkenden Behörde „blind“ übernommen.

28

Sind danach die vom Beklagten für die Annahme eines Sicherheitsrisikos herangezogenen einzelnen Aspekte jeweils für sich genommen nicht hinreichend, gilt dies auch in ihrer Gesamtheit. Der Umstand, dass teils der rechtliche Bedeutungsgehalt der hier maßgeblichen „tatsächlichen Anhaltspunkte“ verkannt worden ist, teils aber auch eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung festzustellen ist, schließt eine solche zusammenfassende Bewertung aus.

29

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht aufgrund von § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

30

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des Bundesnachrichtendienstes (BND), es liege ein Sicherheitsrisiko vor, das ihre weitere Tätigkeit beim BND ausschließe.

2

Die Klägerin ist Bundesbeamtin im Amt einer Regierungsoberinspektorin (Besoldungsgruppe A 10); sie ist seit Januar 2003 beim BND tätig. Im Dezember 2007 leitete der Präsident des BND ein behördliches Disziplinarverfahren gegen die Klägerin ein, das zur Erhebung der Disziplinarklage führte. Er warf ihr vor, von März 2006 bis Oktober 2007 habe ein Arbeitskollege, der Vater ihres 2004 geborenen Sohnes, in einer Vielzahl von Fällen jeweils in Absprache mit der Klägerin deren Arbeitszeitkarte gestempelt, obwohl sie noch nicht oder nicht mehr im Dienst gewesen sei (erster Anschuldigungspunkt), sie habe von September 2005 bis Oktober 2007 in einer Vielzahl von Fällen private Abwesenheitszeiten während der Arbeitszeit pflichtwidrig nicht auf ihrer Arbeitszeitkarte dokumentiert (zweiter Anschuldigungspunkt) und von September 2007 bis Januar 2008 den ihr für dienstliche Internetrecherchen zur Verfügung gestellten Personalcomputer pflichtwidrig für private Zwecke genutzt (dritter Anschuldigungspunkt).

3

Auf die Disziplinarklage hat der Senat durch Urteil vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - die Dienstbezüge der Klägerin des vorliegenden Verfahrens um ein Zehntel für die Dauer von zwei Jahren gekürzt. Der Senat hat den Nachweis eines schuldhaften Verhaltens der Klägerin in Bezug auf den dritten Anschuldigungspunkt nicht als erbracht angesehen. Er hat davon abgesehen, die Klägerin wegen der nachgewiesenen vorsätzlichen Pflichtenverstöße in Bezug auf den ersten und zweiten Anschuldigungspunkt in das Amt einer Regierungsinspektorin (Besoldungsgruppe A 9) zurückzustufen, weil ihr mildernde Umstände von einigem Gewicht zugute zu halten seien. Sie habe sich während der Tatzeiten in einer schwierigen Lebenssituation befunden, weil sie mit der Aufgabe, als alleinerziehende Mutter Kinderbetreuung und Beruf in Einklang zu bringen, völlig überfordert gewesen sei und ihre Dienstvorgesetzten kein Verständnis für ihre Lage aufgebracht hätten. Hinzu komme, dass der BND die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen Belastungen unnötig erhöht habe. Er habe den Vortrag der Klägerin über ihre schwierige Lebenssituation im behördlichen Disziplinarverfahren übergangen und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Disziplinarklageverfahren an dem überzogenen Antrag festgehalten, sie aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

4

Nach Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens hat der Geheimschutzbeauftragte des BND der Klägerin durch Schreiben vom 20. Februar 2008 mit sofortiger Wirkung den Sicherheitsbescheid vom 24. Oktober 2002 und damit den Zugang zu Verschlusssachen bis einschließlich "streng geheim" entzogen. Die zugrunde liegende Annahme, die Klägerin biete keine Gewähr für die zuverlässige Wahrnehmung sicherheitsempfindlicher Tätigkeiten, ist vor allem auf die Arbeitszeitkartenmanipulationen gestützt worden. Darüber hinaus ist der Klägerin angelastet worden, am 7. Januar 2008 den dienstlichen Personalcomputer für private Zwecke benutzt sowie mehrfach gegen die Verbote verstoßen zu haben, im Dienst ein privates Handy mitzuführen und bei Verlassen des Dienstgebäudes dienstliche Schlüssel mitzunehmen. Das Schreiben vom 20. Februar 2008 wurde der Klägerin am 21. Februar 2008 zugestellt. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war ihm nicht beigefügt.

5

Am 27. Januar 2009 hat die Klägerin Klage gegen die Entziehung des Sicherheitsbescheides erhoben. Sie macht geltend, diese Maßnahme sei unverhältnismäßig. Sie habe sich während der Arbeitszeitkartenmanipulationen aufgrund ihrer schwierigen Lebenslage in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Sie habe ihr Fehlverhalten eingeräumt, bereue es und versichere, ihren Dienst künftig untadelig zu versehen.

6

Nach der Mitteilung des BND, er halte die Klage für unzulässig, weil die Klägerin nicht innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Schreibens vom 20. Februar 2008 Widerspruch eingelegt habe, hat die Klägerin dies durch Schreiben vom 24. März 2009 nachgeholt.

7

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des Bundesnachrichtendienstes vom 20. Februar 2008 rechtswidrig ist.

8

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Sie hält die Klage für unzulässig, weil kein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden sei. Dieser Mangel könne nach Ablauf der Jahresfrist für die Erhebung des Widerspruchs nicht mehr geheilt werden. Die Klageerhebung sei nicht geeignet, die Widerspruchsfrist zu wahren. Die Entscheidung vom 20. Februar 2008 sei rechtmäßig, weil die vorsätzlichen Pflichtenverstöße der Klägerin, die zu ihrer disziplinarrechtlichen Verurteilung geführt hätten, erhebliche Sicherheitsbedenken begründeten.

10

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Gerichtsakte sowie die dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

11

Der Senat entscheidet über die Klage gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz.

12

1. Die Klage ist zulässig.

13

a. Der Betroffene kann gegen die Entscheidung, in seiner Person liege ein Sicherheitsrisiko im Sinne des § 5 Abs. 1 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes vom 20. April 1994 - SÜG - (BGBl I S. 867) vor, Rechtsschutz durch Erhebung einer Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO in Anspruch nehmen.

14

Eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO mit dem Ziel der Aufhebung der Entscheidung kommt nicht in Betracht, weil das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung keinen Verwaltungsakt darstellt. Diese Maßnahme ist nach ihrem objektiven Sinngehalt nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, wie dies die Begriffsbestimmung des § 35 Satz 1 VwVfG als Merkmal eines Verwaltungsaktes verlangt. Die Sicherheitsüberprüfung dient ausschließlich dem Zweck, den Schutz geheimhaltungsbedürftiger Umstände zu gewährleisten. Die Auswirkungen einer negativen Entscheidung für den Betroffenen sind nicht Gegenstand der Prüfung und demzufolge nicht Regelungsinhalt der abschließenden Entscheidung (vgl. unter 2.a.).

15

Die nachteiligen Folgen, die das negative Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung regelmäßig für die Dienstausübung und den beruflichen Werdegang nach sich zieht, begründen ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, ob diese Entscheidung rechtmäßig ist (Urteil vom 15. Februar 1989 - BVerwG 6 C 2.87 - BVerwGE 81, 258 <262> = Buchholz 236.1 § 59 SG Nr. 2). Der Betroffene muss diese Entscheidung nur hinnehmen, wenn ein Sicherheitsrisiko im Sinne von § 5 Abs. 1 SÜG vorliegt. Anderenfalls hat er ein Recht auf die Feststellung, dass keine Bedenken gegen seine Verwendung für sicherheitsempfindliche Tätigkeiten bestehen. Hat die Feststellungsklage Erfolg, ist eine erneute negative Entscheidung bei gleichbleibender Sachlage ausgeschlossen (Urteil vom 15. Februar 1989 a.a.O. <262 f.>).

16

b. Auch die Klage eines Beamten auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung, es liege ein Sicherheitsrisiko vor, ist ohne vorheriges Widerspruchsverfahren zulässig.

17

Nach § 126 Abs. 3 Satz 1 BRRG gelten für Klagen nach Absatz 1, d.h. für Klagen der Beamten aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Leistungs- und Feststellungsklagen die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung, d.h. auch die Vorschriften über das Vorverfahren. Daher muss jeder Klage eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis ein Widerspruchsverfahren vorausgehen. Diese Vorschriften des Kapitels II des Beamtenrechtsrahmengesetzes gelten fort (§ 63 Abs. 3 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG - vom 17. Juni 2008, BGBl I S. 1010).

18

Eine Klage aus dem Beamtenverhältnis im Sinne von § 126 Abs. 1 BRRG liegt vor, wenn das Klagebegehren nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Rechtsgrundsätzen zu beurteilen ist. Der geltend gemachte Anspruch muss seine Rechtsgrundlage im Beamtenrecht haben (Urteil vom 22. Februar 1996 - BVerwG 2 C 12.94 - BVerwGE 100, 280 <283> = Buchholz 237.6 § 86 NdsLBG Nr. 4 und Beschluss vom 27. Januar 2005 - BVerwG 2 B 94.04 - Buchholz 230 § 126 BRRG Nr. 22 S. 7).

19

Bei der Klage eines Beamten mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit des negativen Ergebnisses einer Sicherheitsüberprüfung festzustellen, handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Denn die Regelungen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes, nach denen dieses Klagebegehren zu beurteilen ist, gehören nicht dem Beamtenrecht an. Das Gesetz beansprucht nicht nur für Beamte Geltung, sondern sieht eine Sicherheitsüberprüfung für jede Person vor, die von einer Behörde oder einer sonstigen Stelle des Bundes mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (§ 1 Abs. 1 und 2, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG). Auch dient die Sicherheitsüberprüfung ausschließlich der Gefahrenabwehr. Sie soll die Preisgabe geheimhaltungsbedürftiger Umstände verhindern.

20

c. Ungeachtet dessen könnte der Klägerin bei Notwendigkeit eines Widerspruchsverfahrens nicht entgegen gehalten werden, ihr Widerspruch sei wegen Versäumung der Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO unzulässig.

21

Entgegen der Auffassung des BND finden die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung über den Lauf der Widerspruchsfrist (§ 70 Abs. 1 Satz 1 und § 70 Abs. 2, § 58 Abs. 2 VwGO) keine Anwendung auf Widersprüche von Beamten, die gemäß § 126 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 BRRG einer allgemeinen Leistungsklage oder einer Feststellungsklage aus dem Beamtenverhältnis vorgeschaltet sind. Denn der Lauf dieser Fristen wird nur durch die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts in Gang gesetzt. Daher kann ein sog. Feststellungswiderspruch nur dann als verspätet verworfen werden, wenn der Beamte bei der Erhebung die Widerspruchsbefugnis verwirkt hat. Dies ist anzunehmen, wenn er innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen bei vernünftiger Betrachtung etwas zur Wahrung der Rechtsstellung unternommen zu werden pflegt. Die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO bietet hierfür eine zeitliche Orientierung, ihre Einhaltung stellt aber keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Widerspruchs dar (Urteil vom 13. November 1975 - BVerwG 2 C 16.72 - BVerwGE 49, 351 <357 f.> = Buchholz 237.1 Art. 118 BayBG Nr. 1).

22

Danach wäre der Widerspruch der Klägerin nicht verwirkt gewesen. Durch die Klageerhebung innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe der Entscheidung vom 20. Februar 2008 hat die Klägerin gegenüber dem BND rechtzeitig zu erkennen gegeben, dass sie diese Maßnahme nicht hinnehmen will. Sie ist ersichtlich davon ausgegangen, dass es nicht erforderlich war, zunächst Widerspruch einzulegen. Darüber musste sich auch der BND bei verständiger Würdigung des klägerischen Vorgehens im Klaren sein. Nichtsdestotrotz hat er der Klägerin seine Rechtsauffassung, die Zulässigkeit des Widerspruchs hänge von der Einhaltung der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO ab, bis zu deren Ablauf nicht mitgeteilt. Vielmehr hat er danach geltend gemacht, die Klage sei nunmehr unzulässig geworden. Dieses Verhalten genügt den Anforderungen nicht, die die Fürsorgepflicht an den Dienstherrn stellt.

23

2. Die Klage ist auch begründet. Die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des BND vom 20. Februar 2008, die Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit durch die Klägerin stelle ein Sicherheitsrisiko dar, ist jedenfalls durch das Disziplinarurteil des Senats vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - rechtswidrig geworden.

24

a. Das Sicherheitsüberprüfungsgesetz regelt die Voraussetzungen und das Verfahren zur Überprüfung einer Person, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll oder bereits betraut worden ist (§ 1 Abs. 1 SÜG). Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt aus, wer entweder Zugang zu den in § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SÜG aufgeführten Verschlusssachen hat oder ihn sich verschaffen kann oder in einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle des Bundes oder in einem Teil von ihr tätig ist, die nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 Nr. 3 SÜG zum Sicherheitsbereich erklärt worden ist. Hierzu zählt der BND, sodass jede Tätigkeit im Dienst dieser Behörde als sicherheitsempfindlich gilt.

25

Tätigkeiten, die von § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SÜG erfasst werden, dürfen nur Personen übertragen werden, deren vorherige Sicherheitsüberprüfung nach Maßgabe der §§ 7 f. SÜG ein positives Ergebnis erbracht hat. Die Prüfung endet mit der Entscheidung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, das einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit des Betroffenen entgegensteht (§ 14 Abs. 3 Satz 1 SÜG). Eine negative Entscheidung ist ihm mitzuteilen (§ 14 Abs. 4 SÜG). Werden sicherheitserhebliche Erkenntnisse über eine positiv überprüfte Person nachträglich bekannt oder erweisen sich Erkenntnisse als unrichtig, so ist aufgrund einer Wiederholungsüberprüfung eine neue Entscheidung über das Bestehen eines Sicherheitsrisikos zu treffen (vgl. § 16 Abs. 1 und 2 SÜG).

26

Ist eine Behörde umfassend zum Sicherheitsbereich erklärt, wie dies beim BND der Fall ist, können Personen bei negativem Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung dort nicht eingesetzt werden. Ein dort tätiger Beamter muss dann in einen Verwaltungsbereich versetzt werden, bei dem Tätigkeiten ohne Sicherheitsüberprüfung möglich sind.

27

b. Den materiellen Maßstab für die Sicherheitsüberprüfung gibt § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 SÜG vor. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG liegt ein Sicherheitsrisiko vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen. Danach hat die zuständige Stelle eine Prognose darüber zu treffen, ob die überprüfte Person geheimhaltungsbedürftige Umstände an Unbefugte preisgeben könnte.

28

Eine negative Prognose kann nur auf feststehende Tatsachen gestützt werden. Belastende Tatsachenbehauptungen, deren Richtigkeit nicht erwiesen ist, können nicht herangezogen werden, um ein Sicherheitsrisiko im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG zu begründen. Ein derartiges Risiko ist bereits dann anzunehmen, wenn die verständige Würdigung der feststehenden Tatsachen ernstliche Zweifel daran ergibt, dass der Betroffene die Pflicht zur Geheimhaltung strikt beachten würde. Demnach führt die Sicherheitsüberprüfung zu einem positiven Ergebnis, wenn der Betroffene Gewähr für die Beachtung der Geheimhaltungsregeln bietet (stRspr; vgl. nur Urteil vom 15. Februar 1989 a.a.O. <263 f.>; Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 14).

29

Eine Abwägung mit schutzwürdigen Belangen der überprüften Personen sieht das Regelungsprogramm des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes nicht vor. Daher dürfen die Folgen eines negativen Ergebnisses nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Sie bleiben bei der Beurteilung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, außer Betracht. Dies betrifft vor allem Einschränkungen der dienstlichen Verwendbarkeit und die sich daraus ergebenden Nachteile für das berufliche Fortkommen sowie Auswirkungen einer notwendig werdenden Versetzung oder Umsetzung auf die private Lebensführung.

30

Eine disziplinarrechtlich bedeutsame Verletzung von Dienstpflichten, die keinen inhaltlichen Bezug zu Geheimhaltungsregeln aufweisen, rechtfertigt nicht ohne Weiteres den Schluss, der Beamte stelle ein Sicherheitsrisiko im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG dar. Die Sicherheitsüberprüfung dient der Wahrung der Geheimhaltung; sie soll die Preisgabe geheimhaltungsbedürftiger Umstände verhindern. Daher bedarf die Besorgnis, der Beamte werde womöglich geheimhaltungsbedürftige Umstände preisgeben, bei einem Fehlverhalten, das damit nicht in Zusammenhang steht, der besonderen Begründung. Ob ein derartiges Fehlverhalten die Prognose zulässt, an der zuverlässigen Einhaltung der Geheimhaltungsregeln bestünden ernstliche Zweifel, kann nur aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Dabei sind die Bedeutung der verletzten Dienstpflicht für die Dienstausübung, Dauer und Häufigkeit des Fehlverhaltens sowie dessen Auswirkungen, etwa die Höhe des entstandenen Vermögensschadens, ebenso in die Überlegungen einzubeziehen wie die Persönlichkeit des Beamten, dessen dienstliche Stellung und der Inhalt der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. Ein Sicherheitsrisiko liegt vor, wenn die Gesamtwürdigung den Schluss zulässt, der Beamte biete nicht unter allen Umständen Gewähr für die Beachtung ihm obliegender Dienstpflichten. Eine derartige generell ungünstige Prognose erstreckt sich auch auf die Pflicht zur Geheimhaltung. Sie wird umso eher gerechtfertigt sein, je gravierender die Pflichtenverstöße nach Schwere, Auswirkungen und dienstlicher Stellung zu Buche schlagen und je bedeutsamer die Beachtung der Geheimhaltungsregeln nach dienstlicher Stellung und Tätigkeitsbereich des Betroffenen ist.

31

Davon unabhängig liegt ein Sicherheitsrisiko nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Geheimdienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, begründen. Der Betroffene muss als Angriffsobjekt fremder Dienste in Frage kommen, weil er zur Verletzung der Verschwiegenheitspflicht genötigt werden kann (Urteil vom 15. Februar 1989 a.a.O. <263 f.>). Allerdings wird ein derartiges Risiko in aller Regel nicht mehr bestehen, wenn das zugrunde liegende Fehlverhalten - wie im vorliegenden Fall - dem Dienstherrn vollständig bekannt, insbesondere disziplinarrechtlich geahndet worden ist.

32

c. Die Entscheidung, ob ein Sicherheitsrisiko im Sinne des § 5 Abs. 1 SÜG vorliegt, stellt eine Maßnahme dar, von der dauerhaft rechtliche Wirkungen ausgehen. Dies folgt aus dem Zweck der Sicherheitsüberprüfung als Mittel der vorbeugenden Gefahrenabwehr, der insbesondere in der Regelung des § 16 SÜG über behördliche Unterrichtungspflichten zum Ausdruck kommt. Danach ist eine Wiederholungsüberprüfung stets dann geboten, wenn sich nachträglich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich die sicherheitserhebliche Tatsachengrundlage geändert hat oder bislang unrichtig bewertet worden ist. Daher muss die Prognose, wie sich der Betroffene bei Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit verhalten würde, stets den jeweils aktuellen sicherheitserheblichen Erkenntnissen angepasst werden.

33

Eine erneute Prüfung wird erforderlich, wenn ein Sicherheitsrisiko im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG aufgrund eines Fehlverhaltens ohne inhaltlichen Bezug zu Geheimhaltungsregeln angenommen worden ist, aufgrund dessen das Verwaltungsgericht später rechtskräftig eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme verhängt oder bestätigt hat. Einem derartigen Ausspruch liegt zwangsläufig die prognostische Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG zugrunde, der Beamte werde die Maßregelung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zum Anlass nehmen, sich künftig generell pflichtgemäß zu verhalten (Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 26; vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 18 und vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - Rn. 33 ).

34

Von einer derartigen disziplinarrechtlichen Prognose geht zwar keine rechtliche Bindungswirkung für die nach einem anderen Maßstab zu treffende Prognose nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG aus. Die dem Urteilsausspruch zugrunde liegenden Sachverhaltsfeststellungen und -würdigungen stellen aber neue sicherheitserhebliche Erkenntnisse im Sinne des § 5 Abs. 2 SÜG dar, die nicht in das negative Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung eingeflossen sind. Da dieses Ergebnis dauerhaft Rechtswirkung entfaltet, kann es nicht unverändert Bestand haben. Vielmehr muss die zuständige Stelle auf der Grundlage der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts eine neue sicherheitsrechtliche Beurteilung vornehmen. Sie muss ihre nunmehr überholte sicherheitsrechtliche Prognose im Hinblick auf die positive disziplinarrechtliche Prognose des Verwaltungsgerichts überdenken. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Würdigung des Verwaltungsgerichts. Die zuständige Stelle muss sich darüber klar werden, welche Bedeutung diesen Erwägungen für die Prognose gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG zukommt.

35

Dabei reicht es nicht aus, wenn die zuständige Stelle erklärt, sie halte in Ansehung der Gründe des Disziplinarurteils daran fest, dass ein Sicherheitsrisiko vorliege. Hat etwa das Verwaltungsgericht den Beamten von einem Vorwurf freigestellt, auf die die Annahme eines Sicherheitsrisikos gestützt ist, weil es den Nachweis eines schuldhaften Pflichtenverstoßes nicht als erbracht angesehen hat, so darf die zuständige Stelle hiervon nur aufgrund einer eigenverantwortlichen Beweiswürdigung abweichen. Dies setzt in vielen Fällen eine eigene Beweisaufnahme voraus.

36

d. Der zuständigen Stelle steht bei der Entscheidung, ob ein Sicherheitsrisiko gemäß § 5 Abs. 1 SÜG vorliegt, kein Beurteilungsspielraum zu. Vielmehr unterliegt die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der inhaltlich uneingeschränkten Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte. Die Gerichte sind weder an den von der Behörde festgestellten Sachverhalt noch an deren Prognose gebunden. Dies folgt aus dem Gebot des wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

37

Dieses Grundrecht überträgt den Gerichten bei der Rechtmäßigkeitskontrolle behördlicher Entscheidungen regelmäßig die Letztentscheidungsbefugnis für die Auslegung und Anwendung der maßgebenden Rechtsnormen sowie für die Feststellung und Würdigung des im Einzelfall entscheidungserheblichen Sachverhalts. Ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung mit der Folge einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte muss im Gesetz angelegt sein und der besonderen Komplexität oder Dynamik der geregelten Materie Rechnung tragen. Es reicht nicht aus, dass eine rechtliche Würdigung auf der Grundlage eines komplexen Sachverhalts, etwa aufgrund unübersichtlicher und sich häufig ändernder Verhältnisse, zu treffen ist. Hinzu kommen muss, dass die Gerichte bei der Aufgabe, die entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände eigenverantwortlich festzustellen und rechtlich zu bewerten, auch dann an Grenzen stoßen, wenn sie im gebotenen Umfang auf die Sachkunde der Verwaltung zurückgreifen oder sich auf andere Weise sachverständiger Hilfe bedienen (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 33.08 - BVerwGE 134, 108 = Buchholz 240 § 58a BBesG Nr. 2 m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).

38

Diese Voraussetzungen für die Anerkennung eines Beurteilungsspielraums sind bei Entscheidungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG nicht erfüllt (vgl. aber Beschlüsse vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 14 und vom 1. Februar 2011 - BVerwG 1 WB 40.10 - Rn. 21). Wie dargelegt erfordert die Beurteilung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, entsprechend dem Regelungszweck eine Prognose des künftigen Verhaltens der überprüften Person bei (weiterer) Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. Es kommt darauf an, ob aufgrund der feststehenden Tatsachen auf ernstliche Zweifel an der Beachtung der Geheimhaltungspflicht geschlossen werden kann. Für derartige Gefahrenprognosen im Bereich des Ordnungsrechts, bei denen die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts im weiteren Verlauf zu beurteilen ist, wird ein behördlicher Beurteilungsspielraum im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG allgemein nicht anerkannt (vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, § 114 Rn. 318; Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, K 151 ff. m.N. zur Rechtsprechung).

39

e. Nach alledem hat die Feststellungsklage schon deshalb Erfolg, weil die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des BND vom 20. Februar 2008 als Maßnahme mit Dauerwirkung aufgrund des Disziplinarurteils vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - überholt und daher nachträglich rechtswidrig geworden ist. Der Senat hat die Arbeitszeitkartenmanipulationen der Klägerin, auf die die Entscheidung hauptsächlich gestützt ist, durch eine Kürzung der Dienstbezüge geahndet. Dieser pflichtenmahnenden Disziplinarmaßnahme liegt zwangsläufig eine noch positive Prognose über das künftige dienstliche Verhalten der Klägerin zugrunde. Wie dargelegt hat ihr rechtskräftiger Ausspruch den sicherheitserheblichen Erkenntnisstand verändert, sodass eine neue Beurteilung des Sicherheitsrisikos im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG erforderlich ist. Daher ist die Erklärung des BND in dem Schriftsatz vom 15. März 2011, man halte an der sicherheitsrechtlichen Prognose fest, rechtlich nicht haltbar. Vielmehr hätte der Geheimschutzbeauftragte des BND das Disziplinarurteil zum Anlass nehmen müssen, die Entscheidung vom 20. Februar 2008 aufzuheben und eine erneute Wiederholungsüberprüfung der Klägerin vorzunehmen. Für diese Prüfung weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

40

Der Geheimschutzbeauftragte darf sich nicht ohne eigene Sachverhaltsaufklärung durch eine erschöpfende Beweisaufnahme unter Beachtung des Rechts der Klägerin auf Beweisteilhabe über die Würdigung des Senats hinwegsetzen, der Klägerin könne die schuldhafte unbefugte Nutzung des dienstlichen Personalcomputers zu privaten Zwecken nicht nachgewiesen werden.

41

Die nachgewiesenen Arbeitszeitkartenmanipulationen der Klägerin lassen für sich genommen noch nicht den Schluss zu, es bestünden dauerhafte, nicht auszuräumende Zweifel an ihrer sicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit. Diese Pflichtenverstöße weisen keinen Bezug zu geheimhaltungsbedürftigen Umständen auf. Vor allem aber ist das Fehlverhalten der Klägerin nach den Feststellungen in dem Urteil vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sie als alleinstehende Mutter mit der Bewältigung von Kinderbetreuung und Beruf überfordert war. Daraus folgt, dass die Dienstpflichtverletzungen trotz ihrer Dauer und Häufigkeit nicht den vom Geheimschutzbeauftragten des BND gezogenen Schluss tragen, die Klägerin sei auch künftig in Konfliktsituationen generell bereit, dienstliche Bestimmungen oder gar die Rechtsordnung insgesamt zu missachten.

42

Das unbefugte Mitführen des Handys und die Mitnahme dienstlicher Schlüssel erreichen auch in der Gesamtheit schwerlich das Gewicht, um daraus ein Sicherheitsrisiko im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG herleiten zu können. Darüber hinaus kann der Senat diese Vorwürfe nicht nachvollziehen, weil sie in den Gründen der Entscheidung vom 20. Februar 2008 völlig pauschal gehalten sind.

43

3. Die Rechtsauffassungen des Senats zur gerichtlichen Nachprüfung von Entscheidungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG und zur Auslegung dieser Regelung begründen keine Abweichung im Sinne von § 11 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 VwGO von der Rechtsprechung des 1. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts. Die Klage hat bereits deshalb Erfolg, weil die zur Überprüfung stehende Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des BND vom 20. Februar 2008 bereits aufgrund des Disziplinarurteils vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - rechtswidrig geworden ist. Diese rechtliche Erwägung trägt den Urteilsausspruch selbstständig, sodass es auf die Auffassung des Senats zu den genannten Rechtsfragen nicht entscheidungserheblich ankommt (vgl. Urteile vom 29. August 1963 - BVerwG 8 C 79.62 - BVerwGE 16, 273 <276 f.> = Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 6; vom 6. Februar 1975 - BVerwG 2 C 68.73 - BVerwGE 47, 330 <363 f.> = Buchholz 232 § 7 BBG Nr. 3 und vom 31. Oktober 1990 - BVerwG 4 C 7.88 - BVerwGE 87, 62 <66 f.> = Buchholz 406.401 § 29 BNatSchG Nr. 2).

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Aufwendungen der Klägerin für ein Vorverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung nicht notwendig waren (§ 162 Abs. 1 VwGO). Wie unter 1. dargelegt, hat die Klägerin ohne vorheriges Vorverfahren Feststellungsklage erheben können.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des Bundesnachrichtendienstes (BND), es liege ein Sicherheitsrisiko vor, das ihre weitere Tätigkeit beim BND ausschließe.

2

Die Klägerin ist Bundesbeamtin im Amt einer Regierungsoberinspektorin (Besoldungsgruppe A 10); sie ist seit Januar 2003 beim BND tätig. Im Dezember 2007 leitete der Präsident des BND ein behördliches Disziplinarverfahren gegen die Klägerin ein, das zur Erhebung der Disziplinarklage führte. Er warf ihr vor, von März 2006 bis Oktober 2007 habe ein Arbeitskollege, der Vater ihres 2004 geborenen Sohnes, in einer Vielzahl von Fällen jeweils in Absprache mit der Klägerin deren Arbeitszeitkarte gestempelt, obwohl sie noch nicht oder nicht mehr im Dienst gewesen sei (erster Anschuldigungspunkt), sie habe von September 2005 bis Oktober 2007 in einer Vielzahl von Fällen private Abwesenheitszeiten während der Arbeitszeit pflichtwidrig nicht auf ihrer Arbeitszeitkarte dokumentiert (zweiter Anschuldigungspunkt) und von September 2007 bis Januar 2008 den ihr für dienstliche Internetrecherchen zur Verfügung gestellten Personalcomputer pflichtwidrig für private Zwecke genutzt (dritter Anschuldigungspunkt).

3

Auf die Disziplinarklage hat der Senat durch Urteil vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - die Dienstbezüge der Klägerin des vorliegenden Verfahrens um ein Zehntel für die Dauer von zwei Jahren gekürzt. Der Senat hat den Nachweis eines schuldhaften Verhaltens der Klägerin in Bezug auf den dritten Anschuldigungspunkt nicht als erbracht angesehen. Er hat davon abgesehen, die Klägerin wegen der nachgewiesenen vorsätzlichen Pflichtenverstöße in Bezug auf den ersten und zweiten Anschuldigungspunkt in das Amt einer Regierungsinspektorin (Besoldungsgruppe A 9) zurückzustufen, weil ihr mildernde Umstände von einigem Gewicht zugute zu halten seien. Sie habe sich während der Tatzeiten in einer schwierigen Lebenssituation befunden, weil sie mit der Aufgabe, als alleinerziehende Mutter Kinderbetreuung und Beruf in Einklang zu bringen, völlig überfordert gewesen sei und ihre Dienstvorgesetzten kein Verständnis für ihre Lage aufgebracht hätten. Hinzu komme, dass der BND die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen Belastungen unnötig erhöht habe. Er habe den Vortrag der Klägerin über ihre schwierige Lebenssituation im behördlichen Disziplinarverfahren übergangen und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Disziplinarklageverfahren an dem überzogenen Antrag festgehalten, sie aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

4

Nach Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens hat der Geheimschutzbeauftragte des BND der Klägerin durch Schreiben vom 20. Februar 2008 mit sofortiger Wirkung den Sicherheitsbescheid vom 24. Oktober 2002 und damit den Zugang zu Verschlusssachen bis einschließlich "streng geheim" entzogen. Die zugrunde liegende Annahme, die Klägerin biete keine Gewähr für die zuverlässige Wahrnehmung sicherheitsempfindlicher Tätigkeiten, ist vor allem auf die Arbeitszeitkartenmanipulationen gestützt worden. Darüber hinaus ist der Klägerin angelastet worden, am 7. Januar 2008 den dienstlichen Personalcomputer für private Zwecke benutzt sowie mehrfach gegen die Verbote verstoßen zu haben, im Dienst ein privates Handy mitzuführen und bei Verlassen des Dienstgebäudes dienstliche Schlüssel mitzunehmen. Das Schreiben vom 20. Februar 2008 wurde der Klägerin am 21. Februar 2008 zugestellt. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war ihm nicht beigefügt.

5

Am 27. Januar 2009 hat die Klägerin Klage gegen die Entziehung des Sicherheitsbescheides erhoben. Sie macht geltend, diese Maßnahme sei unverhältnismäßig. Sie habe sich während der Arbeitszeitkartenmanipulationen aufgrund ihrer schwierigen Lebenslage in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Sie habe ihr Fehlverhalten eingeräumt, bereue es und versichere, ihren Dienst künftig untadelig zu versehen.

6

Nach der Mitteilung des BND, er halte die Klage für unzulässig, weil die Klägerin nicht innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Schreibens vom 20. Februar 2008 Widerspruch eingelegt habe, hat die Klägerin dies durch Schreiben vom 24. März 2009 nachgeholt.

7

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des Bundesnachrichtendienstes vom 20. Februar 2008 rechtswidrig ist.

8

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Sie hält die Klage für unzulässig, weil kein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden sei. Dieser Mangel könne nach Ablauf der Jahresfrist für die Erhebung des Widerspruchs nicht mehr geheilt werden. Die Klageerhebung sei nicht geeignet, die Widerspruchsfrist zu wahren. Die Entscheidung vom 20. Februar 2008 sei rechtmäßig, weil die vorsätzlichen Pflichtenverstöße der Klägerin, die zu ihrer disziplinarrechtlichen Verurteilung geführt hätten, erhebliche Sicherheitsbedenken begründeten.

10

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Gerichtsakte sowie die dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

11

Der Senat entscheidet über die Klage gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz.

12

1. Die Klage ist zulässig.

13

a. Der Betroffene kann gegen die Entscheidung, in seiner Person liege ein Sicherheitsrisiko im Sinne des § 5 Abs. 1 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes vom 20. April 1994 - SÜG - (BGBl I S. 867) vor, Rechtsschutz durch Erhebung einer Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO in Anspruch nehmen.

14

Eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO mit dem Ziel der Aufhebung der Entscheidung kommt nicht in Betracht, weil das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung keinen Verwaltungsakt darstellt. Diese Maßnahme ist nach ihrem objektiven Sinngehalt nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, wie dies die Begriffsbestimmung des § 35 Satz 1 VwVfG als Merkmal eines Verwaltungsaktes verlangt. Die Sicherheitsüberprüfung dient ausschließlich dem Zweck, den Schutz geheimhaltungsbedürftiger Umstände zu gewährleisten. Die Auswirkungen einer negativen Entscheidung für den Betroffenen sind nicht Gegenstand der Prüfung und demzufolge nicht Regelungsinhalt der abschließenden Entscheidung (vgl. unter 2.a.).

15

Die nachteiligen Folgen, die das negative Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung regelmäßig für die Dienstausübung und den beruflichen Werdegang nach sich zieht, begründen ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, ob diese Entscheidung rechtmäßig ist (Urteil vom 15. Februar 1989 - BVerwG 6 C 2.87 - BVerwGE 81, 258 <262> = Buchholz 236.1 § 59 SG Nr. 2). Der Betroffene muss diese Entscheidung nur hinnehmen, wenn ein Sicherheitsrisiko im Sinne von § 5 Abs. 1 SÜG vorliegt. Anderenfalls hat er ein Recht auf die Feststellung, dass keine Bedenken gegen seine Verwendung für sicherheitsempfindliche Tätigkeiten bestehen. Hat die Feststellungsklage Erfolg, ist eine erneute negative Entscheidung bei gleichbleibender Sachlage ausgeschlossen (Urteil vom 15. Februar 1989 a.a.O. <262 f.>).

16

b. Auch die Klage eines Beamten auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung, es liege ein Sicherheitsrisiko vor, ist ohne vorheriges Widerspruchsverfahren zulässig.

17

Nach § 126 Abs. 3 Satz 1 BRRG gelten für Klagen nach Absatz 1, d.h. für Klagen der Beamten aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Leistungs- und Feststellungsklagen die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung, d.h. auch die Vorschriften über das Vorverfahren. Daher muss jeder Klage eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis ein Widerspruchsverfahren vorausgehen. Diese Vorschriften des Kapitels II des Beamtenrechtsrahmengesetzes gelten fort (§ 63 Abs. 3 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG - vom 17. Juni 2008, BGBl I S. 1010).

18

Eine Klage aus dem Beamtenverhältnis im Sinne von § 126 Abs. 1 BRRG liegt vor, wenn das Klagebegehren nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Rechtsgrundsätzen zu beurteilen ist. Der geltend gemachte Anspruch muss seine Rechtsgrundlage im Beamtenrecht haben (Urteil vom 22. Februar 1996 - BVerwG 2 C 12.94 - BVerwGE 100, 280 <283> = Buchholz 237.6 § 86 NdsLBG Nr. 4 und Beschluss vom 27. Januar 2005 - BVerwG 2 B 94.04 - Buchholz 230 § 126 BRRG Nr. 22 S. 7).

19

Bei der Klage eines Beamten mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit des negativen Ergebnisses einer Sicherheitsüberprüfung festzustellen, handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Denn die Regelungen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes, nach denen dieses Klagebegehren zu beurteilen ist, gehören nicht dem Beamtenrecht an. Das Gesetz beansprucht nicht nur für Beamte Geltung, sondern sieht eine Sicherheitsüberprüfung für jede Person vor, die von einer Behörde oder einer sonstigen Stelle des Bundes mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (§ 1 Abs. 1 und 2, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG). Auch dient die Sicherheitsüberprüfung ausschließlich der Gefahrenabwehr. Sie soll die Preisgabe geheimhaltungsbedürftiger Umstände verhindern.

20

c. Ungeachtet dessen könnte der Klägerin bei Notwendigkeit eines Widerspruchsverfahrens nicht entgegen gehalten werden, ihr Widerspruch sei wegen Versäumung der Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO unzulässig.

21

Entgegen der Auffassung des BND finden die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung über den Lauf der Widerspruchsfrist (§ 70 Abs. 1 Satz 1 und § 70 Abs. 2, § 58 Abs. 2 VwGO) keine Anwendung auf Widersprüche von Beamten, die gemäß § 126 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 BRRG einer allgemeinen Leistungsklage oder einer Feststellungsklage aus dem Beamtenverhältnis vorgeschaltet sind. Denn der Lauf dieser Fristen wird nur durch die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts in Gang gesetzt. Daher kann ein sog. Feststellungswiderspruch nur dann als verspätet verworfen werden, wenn der Beamte bei der Erhebung die Widerspruchsbefugnis verwirkt hat. Dies ist anzunehmen, wenn er innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen bei vernünftiger Betrachtung etwas zur Wahrung der Rechtsstellung unternommen zu werden pflegt. Die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO bietet hierfür eine zeitliche Orientierung, ihre Einhaltung stellt aber keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Widerspruchs dar (Urteil vom 13. November 1975 - BVerwG 2 C 16.72 - BVerwGE 49, 351 <357 f.> = Buchholz 237.1 Art. 118 BayBG Nr. 1).

22

Danach wäre der Widerspruch der Klägerin nicht verwirkt gewesen. Durch die Klageerhebung innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe der Entscheidung vom 20. Februar 2008 hat die Klägerin gegenüber dem BND rechtzeitig zu erkennen gegeben, dass sie diese Maßnahme nicht hinnehmen will. Sie ist ersichtlich davon ausgegangen, dass es nicht erforderlich war, zunächst Widerspruch einzulegen. Darüber musste sich auch der BND bei verständiger Würdigung des klägerischen Vorgehens im Klaren sein. Nichtsdestotrotz hat er der Klägerin seine Rechtsauffassung, die Zulässigkeit des Widerspruchs hänge von der Einhaltung der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO ab, bis zu deren Ablauf nicht mitgeteilt. Vielmehr hat er danach geltend gemacht, die Klage sei nunmehr unzulässig geworden. Dieses Verhalten genügt den Anforderungen nicht, die die Fürsorgepflicht an den Dienstherrn stellt.

23

2. Die Klage ist auch begründet. Die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des BND vom 20. Februar 2008, die Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit durch die Klägerin stelle ein Sicherheitsrisiko dar, ist jedenfalls durch das Disziplinarurteil des Senats vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - rechtswidrig geworden.

24

a. Das Sicherheitsüberprüfungsgesetz regelt die Voraussetzungen und das Verfahren zur Überprüfung einer Person, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll oder bereits betraut worden ist (§ 1 Abs. 1 SÜG). Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt aus, wer entweder Zugang zu den in § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SÜG aufgeführten Verschlusssachen hat oder ihn sich verschaffen kann oder in einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle des Bundes oder in einem Teil von ihr tätig ist, die nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 Nr. 3 SÜG zum Sicherheitsbereich erklärt worden ist. Hierzu zählt der BND, sodass jede Tätigkeit im Dienst dieser Behörde als sicherheitsempfindlich gilt.

25

Tätigkeiten, die von § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SÜG erfasst werden, dürfen nur Personen übertragen werden, deren vorherige Sicherheitsüberprüfung nach Maßgabe der §§ 7 f. SÜG ein positives Ergebnis erbracht hat. Die Prüfung endet mit der Entscheidung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, das einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit des Betroffenen entgegensteht (§ 14 Abs. 3 Satz 1 SÜG). Eine negative Entscheidung ist ihm mitzuteilen (§ 14 Abs. 4 SÜG). Werden sicherheitserhebliche Erkenntnisse über eine positiv überprüfte Person nachträglich bekannt oder erweisen sich Erkenntnisse als unrichtig, so ist aufgrund einer Wiederholungsüberprüfung eine neue Entscheidung über das Bestehen eines Sicherheitsrisikos zu treffen (vgl. § 16 Abs. 1 und 2 SÜG).

26

Ist eine Behörde umfassend zum Sicherheitsbereich erklärt, wie dies beim BND der Fall ist, können Personen bei negativem Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung dort nicht eingesetzt werden. Ein dort tätiger Beamter muss dann in einen Verwaltungsbereich versetzt werden, bei dem Tätigkeiten ohne Sicherheitsüberprüfung möglich sind.

27

b. Den materiellen Maßstab für die Sicherheitsüberprüfung gibt § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 SÜG vor. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG liegt ein Sicherheitsrisiko vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen. Danach hat die zuständige Stelle eine Prognose darüber zu treffen, ob die überprüfte Person geheimhaltungsbedürftige Umstände an Unbefugte preisgeben könnte.

28

Eine negative Prognose kann nur auf feststehende Tatsachen gestützt werden. Belastende Tatsachenbehauptungen, deren Richtigkeit nicht erwiesen ist, können nicht herangezogen werden, um ein Sicherheitsrisiko im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG zu begründen. Ein derartiges Risiko ist bereits dann anzunehmen, wenn die verständige Würdigung der feststehenden Tatsachen ernstliche Zweifel daran ergibt, dass der Betroffene die Pflicht zur Geheimhaltung strikt beachten würde. Demnach führt die Sicherheitsüberprüfung zu einem positiven Ergebnis, wenn der Betroffene Gewähr für die Beachtung der Geheimhaltungsregeln bietet (stRspr; vgl. nur Urteil vom 15. Februar 1989 a.a.O. <263 f.>; Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 14).

29

Eine Abwägung mit schutzwürdigen Belangen der überprüften Personen sieht das Regelungsprogramm des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes nicht vor. Daher dürfen die Folgen eines negativen Ergebnisses nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Sie bleiben bei der Beurteilung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, außer Betracht. Dies betrifft vor allem Einschränkungen der dienstlichen Verwendbarkeit und die sich daraus ergebenden Nachteile für das berufliche Fortkommen sowie Auswirkungen einer notwendig werdenden Versetzung oder Umsetzung auf die private Lebensführung.

30

Eine disziplinarrechtlich bedeutsame Verletzung von Dienstpflichten, die keinen inhaltlichen Bezug zu Geheimhaltungsregeln aufweisen, rechtfertigt nicht ohne Weiteres den Schluss, der Beamte stelle ein Sicherheitsrisiko im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG dar. Die Sicherheitsüberprüfung dient der Wahrung der Geheimhaltung; sie soll die Preisgabe geheimhaltungsbedürftiger Umstände verhindern. Daher bedarf die Besorgnis, der Beamte werde womöglich geheimhaltungsbedürftige Umstände preisgeben, bei einem Fehlverhalten, das damit nicht in Zusammenhang steht, der besonderen Begründung. Ob ein derartiges Fehlverhalten die Prognose zulässt, an der zuverlässigen Einhaltung der Geheimhaltungsregeln bestünden ernstliche Zweifel, kann nur aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Dabei sind die Bedeutung der verletzten Dienstpflicht für die Dienstausübung, Dauer und Häufigkeit des Fehlverhaltens sowie dessen Auswirkungen, etwa die Höhe des entstandenen Vermögensschadens, ebenso in die Überlegungen einzubeziehen wie die Persönlichkeit des Beamten, dessen dienstliche Stellung und der Inhalt der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. Ein Sicherheitsrisiko liegt vor, wenn die Gesamtwürdigung den Schluss zulässt, der Beamte biete nicht unter allen Umständen Gewähr für die Beachtung ihm obliegender Dienstpflichten. Eine derartige generell ungünstige Prognose erstreckt sich auch auf die Pflicht zur Geheimhaltung. Sie wird umso eher gerechtfertigt sein, je gravierender die Pflichtenverstöße nach Schwere, Auswirkungen und dienstlicher Stellung zu Buche schlagen und je bedeutsamer die Beachtung der Geheimhaltungsregeln nach dienstlicher Stellung und Tätigkeitsbereich des Betroffenen ist.

31

Davon unabhängig liegt ein Sicherheitsrisiko nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Geheimdienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, begründen. Der Betroffene muss als Angriffsobjekt fremder Dienste in Frage kommen, weil er zur Verletzung der Verschwiegenheitspflicht genötigt werden kann (Urteil vom 15. Februar 1989 a.a.O. <263 f.>). Allerdings wird ein derartiges Risiko in aller Regel nicht mehr bestehen, wenn das zugrunde liegende Fehlverhalten - wie im vorliegenden Fall - dem Dienstherrn vollständig bekannt, insbesondere disziplinarrechtlich geahndet worden ist.

32

c. Die Entscheidung, ob ein Sicherheitsrisiko im Sinne des § 5 Abs. 1 SÜG vorliegt, stellt eine Maßnahme dar, von der dauerhaft rechtliche Wirkungen ausgehen. Dies folgt aus dem Zweck der Sicherheitsüberprüfung als Mittel der vorbeugenden Gefahrenabwehr, der insbesondere in der Regelung des § 16 SÜG über behördliche Unterrichtungspflichten zum Ausdruck kommt. Danach ist eine Wiederholungsüberprüfung stets dann geboten, wenn sich nachträglich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich die sicherheitserhebliche Tatsachengrundlage geändert hat oder bislang unrichtig bewertet worden ist. Daher muss die Prognose, wie sich der Betroffene bei Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit verhalten würde, stets den jeweils aktuellen sicherheitserheblichen Erkenntnissen angepasst werden.

33

Eine erneute Prüfung wird erforderlich, wenn ein Sicherheitsrisiko im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG aufgrund eines Fehlverhaltens ohne inhaltlichen Bezug zu Geheimhaltungsregeln angenommen worden ist, aufgrund dessen das Verwaltungsgericht später rechtskräftig eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme verhängt oder bestätigt hat. Einem derartigen Ausspruch liegt zwangsläufig die prognostische Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG zugrunde, der Beamte werde die Maßregelung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zum Anlass nehmen, sich künftig generell pflichtgemäß zu verhalten (Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 26; vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 18 und vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - Rn. 33 ).

34

Von einer derartigen disziplinarrechtlichen Prognose geht zwar keine rechtliche Bindungswirkung für die nach einem anderen Maßstab zu treffende Prognose nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG aus. Die dem Urteilsausspruch zugrunde liegenden Sachverhaltsfeststellungen und -würdigungen stellen aber neue sicherheitserhebliche Erkenntnisse im Sinne des § 5 Abs. 2 SÜG dar, die nicht in das negative Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung eingeflossen sind. Da dieses Ergebnis dauerhaft Rechtswirkung entfaltet, kann es nicht unverändert Bestand haben. Vielmehr muss die zuständige Stelle auf der Grundlage der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts eine neue sicherheitsrechtliche Beurteilung vornehmen. Sie muss ihre nunmehr überholte sicherheitsrechtliche Prognose im Hinblick auf die positive disziplinarrechtliche Prognose des Verwaltungsgerichts überdenken. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Würdigung des Verwaltungsgerichts. Die zuständige Stelle muss sich darüber klar werden, welche Bedeutung diesen Erwägungen für die Prognose gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG zukommt.

35

Dabei reicht es nicht aus, wenn die zuständige Stelle erklärt, sie halte in Ansehung der Gründe des Disziplinarurteils daran fest, dass ein Sicherheitsrisiko vorliege. Hat etwa das Verwaltungsgericht den Beamten von einem Vorwurf freigestellt, auf die die Annahme eines Sicherheitsrisikos gestützt ist, weil es den Nachweis eines schuldhaften Pflichtenverstoßes nicht als erbracht angesehen hat, so darf die zuständige Stelle hiervon nur aufgrund einer eigenverantwortlichen Beweiswürdigung abweichen. Dies setzt in vielen Fällen eine eigene Beweisaufnahme voraus.

36

d. Der zuständigen Stelle steht bei der Entscheidung, ob ein Sicherheitsrisiko gemäß § 5 Abs. 1 SÜG vorliegt, kein Beurteilungsspielraum zu. Vielmehr unterliegt die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der inhaltlich uneingeschränkten Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte. Die Gerichte sind weder an den von der Behörde festgestellten Sachverhalt noch an deren Prognose gebunden. Dies folgt aus dem Gebot des wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

37

Dieses Grundrecht überträgt den Gerichten bei der Rechtmäßigkeitskontrolle behördlicher Entscheidungen regelmäßig die Letztentscheidungsbefugnis für die Auslegung und Anwendung der maßgebenden Rechtsnormen sowie für die Feststellung und Würdigung des im Einzelfall entscheidungserheblichen Sachverhalts. Ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung mit der Folge einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte muss im Gesetz angelegt sein und der besonderen Komplexität oder Dynamik der geregelten Materie Rechnung tragen. Es reicht nicht aus, dass eine rechtliche Würdigung auf der Grundlage eines komplexen Sachverhalts, etwa aufgrund unübersichtlicher und sich häufig ändernder Verhältnisse, zu treffen ist. Hinzu kommen muss, dass die Gerichte bei der Aufgabe, die entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände eigenverantwortlich festzustellen und rechtlich zu bewerten, auch dann an Grenzen stoßen, wenn sie im gebotenen Umfang auf die Sachkunde der Verwaltung zurückgreifen oder sich auf andere Weise sachverständiger Hilfe bedienen (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 33.08 - BVerwGE 134, 108 = Buchholz 240 § 58a BBesG Nr. 2 m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).

38

Diese Voraussetzungen für die Anerkennung eines Beurteilungsspielraums sind bei Entscheidungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG nicht erfüllt (vgl. aber Beschlüsse vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 14 und vom 1. Februar 2011 - BVerwG 1 WB 40.10 - Rn. 21). Wie dargelegt erfordert die Beurteilung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, entsprechend dem Regelungszweck eine Prognose des künftigen Verhaltens der überprüften Person bei (weiterer) Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. Es kommt darauf an, ob aufgrund der feststehenden Tatsachen auf ernstliche Zweifel an der Beachtung der Geheimhaltungspflicht geschlossen werden kann. Für derartige Gefahrenprognosen im Bereich des Ordnungsrechts, bei denen die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts im weiteren Verlauf zu beurteilen ist, wird ein behördlicher Beurteilungsspielraum im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG allgemein nicht anerkannt (vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, § 114 Rn. 318; Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, K 151 ff. m.N. zur Rechtsprechung).

39

e. Nach alledem hat die Feststellungsklage schon deshalb Erfolg, weil die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des BND vom 20. Februar 2008 als Maßnahme mit Dauerwirkung aufgrund des Disziplinarurteils vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - überholt und daher nachträglich rechtswidrig geworden ist. Der Senat hat die Arbeitszeitkartenmanipulationen der Klägerin, auf die die Entscheidung hauptsächlich gestützt ist, durch eine Kürzung der Dienstbezüge geahndet. Dieser pflichtenmahnenden Disziplinarmaßnahme liegt zwangsläufig eine noch positive Prognose über das künftige dienstliche Verhalten der Klägerin zugrunde. Wie dargelegt hat ihr rechtskräftiger Ausspruch den sicherheitserheblichen Erkenntnisstand verändert, sodass eine neue Beurteilung des Sicherheitsrisikos im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG erforderlich ist. Daher ist die Erklärung des BND in dem Schriftsatz vom 15. März 2011, man halte an der sicherheitsrechtlichen Prognose fest, rechtlich nicht haltbar. Vielmehr hätte der Geheimschutzbeauftragte des BND das Disziplinarurteil zum Anlass nehmen müssen, die Entscheidung vom 20. Februar 2008 aufzuheben und eine erneute Wiederholungsüberprüfung der Klägerin vorzunehmen. Für diese Prüfung weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

40

Der Geheimschutzbeauftragte darf sich nicht ohne eigene Sachverhaltsaufklärung durch eine erschöpfende Beweisaufnahme unter Beachtung des Rechts der Klägerin auf Beweisteilhabe über die Würdigung des Senats hinwegsetzen, der Klägerin könne die schuldhafte unbefugte Nutzung des dienstlichen Personalcomputers zu privaten Zwecken nicht nachgewiesen werden.

41

Die nachgewiesenen Arbeitszeitkartenmanipulationen der Klägerin lassen für sich genommen noch nicht den Schluss zu, es bestünden dauerhafte, nicht auszuräumende Zweifel an ihrer sicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit. Diese Pflichtenverstöße weisen keinen Bezug zu geheimhaltungsbedürftigen Umständen auf. Vor allem aber ist das Fehlverhalten der Klägerin nach den Feststellungen in dem Urteil vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sie als alleinstehende Mutter mit der Bewältigung von Kinderbetreuung und Beruf überfordert war. Daraus folgt, dass die Dienstpflichtverletzungen trotz ihrer Dauer und Häufigkeit nicht den vom Geheimschutzbeauftragten des BND gezogenen Schluss tragen, die Klägerin sei auch künftig in Konfliktsituationen generell bereit, dienstliche Bestimmungen oder gar die Rechtsordnung insgesamt zu missachten.

42

Das unbefugte Mitführen des Handys und die Mitnahme dienstlicher Schlüssel erreichen auch in der Gesamtheit schwerlich das Gewicht, um daraus ein Sicherheitsrisiko im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG herleiten zu können. Darüber hinaus kann der Senat diese Vorwürfe nicht nachvollziehen, weil sie in den Gründen der Entscheidung vom 20. Februar 2008 völlig pauschal gehalten sind.

43

3. Die Rechtsauffassungen des Senats zur gerichtlichen Nachprüfung von Entscheidungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG und zur Auslegung dieser Regelung begründen keine Abweichung im Sinne von § 11 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 VwGO von der Rechtsprechung des 1. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts. Die Klage hat bereits deshalb Erfolg, weil die zur Überprüfung stehende Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des BND vom 20. Februar 2008 bereits aufgrund des Disziplinarurteils vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - rechtswidrig geworden ist. Diese rechtliche Erwägung trägt den Urteilsausspruch selbstständig, sodass es auf die Auffassung des Senats zu den genannten Rechtsfragen nicht entscheidungserheblich ankommt (vgl. Urteile vom 29. August 1963 - BVerwG 8 C 79.62 - BVerwGE 16, 273 <276 f.> = Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 6; vom 6. Februar 1975 - BVerwG 2 C 68.73 - BVerwGE 47, 330 <363 f.> = Buchholz 232 § 7 BBG Nr. 3 und vom 31. Oktober 1990 - BVerwG 4 C 7.88 - BVerwGE 87, 62 <66 f.> = Buchholz 406.401 § 29 BNatSchG Nr. 2).

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Aufwendungen der Klägerin für ein Vorverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung nicht notwendig waren (§ 162 Abs. 1 VwGO). Wie unter 1. dargelegt, hat die Klägerin ohne vorheriges Vorverfahren Feststellungsklage erheben können.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes liegt ein Sicherheitsrisiko vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Folgendes begründen:

1.
Zweifel an der Zuverlässigkeit der betroffenen Person bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit,
2.
eine besondere Gefährdung der betroffenen Person, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, bei möglichen Anbahnungs- oder Werbungsversuchen
a)
ausländischer Nachrichtendienste,
b)
von Vereinigungen im Sinne der §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches oder
c)
extremistischer Organisationen, die Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes verfolgen,
oder
3.
Zweifel am Bekenntnis der betroffenen Person zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung.
Ein Sicherheitsrisiko kann auch auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 im Hinblick auf die mitbetroffene Person vorliegen.

(2) Eine Erkenntnis ist sicherheitserheblich, wenn sich aus ihr ein Anhaltspunkt für ein Sicherheitsrisiko ergibt.

(1) Dieses Gesetz regelt die Voraussetzungen und das Verfahren zur Überprüfung einer Person, die von der zuständigen Stelle mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (Sicherheitsüberprüfung) oder bereits betraut worden ist (Wiederholungsüberprüfung), sowie den Schutz von Verschlusssachen.

(2) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt aus, wer

1.
Zugang zu Verschlußsachen hat oder ihn sich verschaffen kann, die STRENG GEHEIM, GEHEIM ODER VS-VERTRAULICH eingestuft sind,
2.
Zugang zu Verschlußsachen über- oder zwischenstaatlicher Einrichtungen und Stellen hat oder ihn sich verschaffen kann, wenn die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, nur sicherheitsüberprüfte Personen hierzu zuzulassen,
3.
in einer Behörde oder einer sonstigen öffentlichen Stelle des Bundes oder in einem Teil von ihr tätig ist, die auf Grund des Umfanges und der Bedeutung dort anfallender Verschlußsachen von der jeweils zuständigen obersten Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat als Nationale Sicherheitsbehörde zum Sicherheitsbereich erklärt worden ist,
4.
nach anderen Vorschriften einer Sicherheitsüberprüfung unterliegt, soweit auf dieses Gesetz verwiesen wird.

(3) Verpflichten sich Stellen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Stellen anderer Staaten durch Übereinkünfte, bei Personen, die Zugang zu Verschlußsachen ausländischer Staaten haben oder sich verschaffen können, zuvor Sicherheitsüberprüfungen nach deutschem Recht durchzuführen, ist in diesen Übereinkünften festzulegen, welche Verschlußsachengrade des Vertragspartners Verschlußsachengraden nach diesem Gesetz vergleichbar sind. Derartige Festlegungen müssen sich im Rahmen der Bewertungen dieses Gesetzes halten und insbesondere den Maßstäben des § 4 entsprechen.

(4) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt auch aus, wer an einer sicherheitsempfindlichen Stelle innerhalb einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung oder wer innerhalb einer besonders sicherheitsempfindlichen Stelle des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung ("Militärischer Sicherheitsbereich") beschäftigt ist oder werden soll (vorbeugender personeller Sabotageschutz). Ziel des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes ist es, potenzielle Saboteure (Innentäter) von sicherheitsempfindlichen Stellen fernzuhalten, um den Schutz der in Absatz 5 Satz 1 und 2 genannten Schutzgüter sicherzustellen.

(5) Lebenswichtig sind solche Einrichtungen,

1.
deren Beeinträchtigung auf Grund der ihnen anhaftenden betrieblichen Eigengefahr die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung erheblich gefährden kann oder
2.
die für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind und deren Beeinträchtigung erhebliche Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung und somit Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung entstehen lassen würde.
Verteidigungswichtig sind außerhalb des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung solche Einrichtungen, die der Herstellung oder Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft dienen und deren Beeinträchtigung auf Grund
1.
fehlender kurzfristiger Ersetzbarkeit die Funktionsfähigkeit, insbesondere die Ausrüstung, Führung und Unterstützung der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie der Zivilen Verteidigung, oder
2.
der ihnen anhaftenden betrieblichen Eigengefahr die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung
erheblich gefährden kann. Sicherheitsempfindliche Stelle ist die kleinste selbständig handelnde Organisationseinheit innerhalb einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung, die vor unberechtigtem Zugang geschützt ist und von der im Falle der Beeinträchtigung eine erhebliche Gefahr für die in den Sätzen 1 und 2 genannten Schutzgüter ausgeht.

Gründe

I

1

Der Kläger begehrt seine Ernennung zum Regierungsinspektoranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf und seine Einstellung in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes im Bundesnachrichtendienst (BND).

2

Nachdem der Kläger das Auswahlverfahren für eine Zulassung zum Vorbereitungsdienst auf einem vorderen Listenplatz erfolgreich absolviert hatte, teilte ihm der Personalbereich des BND unter dem 2. April 2014 mit, dass - vorbehaltlich weiterer Voraussetzungen - eine Einstellung des Klägers beabsichtigt sei. Sodann erhielt der Kläger unter dem 27. August 2014 die Mitteilung des Personalbereichs des BND, dass nicht alle am Verfahren beteiligten Stellen im BND seiner Einstellung zugestimmt hätten. Auf zunächst telefonische, dann schriftliche Nachfrage wurde ihm - ohne nähere Begründung - bedeutet, dass gegen ihn Sicherheitsbedenken i.S.v. § 5 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) bestünden.

3

Der Kläger hat Widerspruch erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel seiner Einstellung beim BND beantragt. Den Eilantrag hat er im Erörterungstermin vor dem Vorsitzenden des Senats am 14. Oktober 2014 zurückgenommen. In diesem Termin hat der Sitzungsvertreter der Beklagten erklärt, dass diese zum Schutz der Auskunftspersonen und Erkenntnisquellen sowie aus prinzipiellen Gründen des Schutzes des Verfahrens der Erkenntnisgewinnung des BND nicht bereit sei, die Anhaltspunkte offenzulegen, aufgrund derer sie ein Sicherheitsrisiko in einer Tätigkeit des Klägers beim BND sehe.

4

In dem daraufhin ergangenen zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2014 hat die Beklagte ausgeführt, der BND sei gegenüber Einstellungsbewerbern nicht verpflichtet, seine ablehnende Entscheidung zu begründen und das Sicherheitsrisiko näher zu erläutern.

5

Mit seiner am 6. November 2014 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Einstellungsbegehren weiter. Die Ablehnung seiner Bewerbung sei bereits wegen der unterbliebenen Anhörung sowie wegen der fehlenden Begründung des vom BND angenommenen Sicherheitsrisikos rechtswidrig. Aufgrund des gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verbürgten effektiven Rechtsschutzes müsse es einem Bewerber beim BND möglich sein, eine ablehnende Einstellungsentscheidung wenigstens im Großen und Ganzen so überprüfen zu können, dass er über die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes sachgerecht entscheiden könne.

6

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn zum nächstmöglichen Termin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Regierungsinspektoranwärter zu ernennen und in den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst im Bundesnachrichtendienst einzustellen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Sie verteidigt ihre ablehnende Haltung, dem Kläger die von ihr gesehenen Anhaltspunkte für die Annahme eines Sicherheitsrisikos zu eröffnen. Würde bekannt, wie der BND bei Einstellungsbewerbern deren sicherheitsrechtliche Eignung überprüfe, würde es ausländischen Nachrichtendiensten erleichtert, Personen in den BND einzuschleusen, und der BND könnte in der Folge nicht mehr auf die bisherigen Ermittlungsmethoden zurückgreifen. Die damit verbundene Einschränkung effektiven Rechtsschutzes sei gerechtfertigt; Letzterer werde im Rahmen eines ggf. durchzuführenden "in-camera"-Verfahrens gemäß § 99 Abs. 2 VwGO in gebotenem Maße gewahrt.

II

9

Gemäß § 86 Abs. 1 und § 99 Abs. 1 VwGO ist der Beklagten die (vollständige) Vorlage derjenigen Aktenbestandteile aufzugeben, aus denen sich die von ihr gesehenen tatsächlichen Anhaltspunkte für ein Sicherheitsrisiko i.S.v. § 5 und § 14 Abs. 3 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes - Sicherheitsüberprüfungsgesetzes - (SÜG) vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011, BGBl. I S. 2576) bei einer Tätigkeit des Klägers beim BND ergeben. Die Vorlage dieser Aktenbestandteile ist für eine Entscheidung im vorliegenden Verfahren entscheidungserheblich, weil der Senat nur so über das Rechtsschutzbegehren des Klägers - zumindest hinsichtlich des Neubescheidungsbegehrens (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) - befinden kann. Im Einzelnen:

10

Der Kläger kann aus Art. 33 Abs. 2 GG beanspruchen, dass über seine Bewerbung, ihn unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Regierungsinspektoranwärter zu ernennen und in den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst im BND einzustellen, nur unter Beachtung der in dieser Vorschrift für allein maßgeblich erklärten Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung entschieden wird (stRspr; vgl. etwa Urteile vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 10 und vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 15 m.w.N.). Zur Eignung in diesem Sinne zählt auch die sicherheitsrechtliche Eignung (BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2011 - 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 Rn. 27).

11

Der BND als eine im Kernbereich nachrichtendienstlicher Tätigkeiten operierende Behörde ist durch Gesetz insgesamt zum Sicherheitsbereich erklärt worden (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 und § 10 Nr. 3 SÜG; dazu BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 - 2 A 1.12 - ZBR 2014, 416 Rn. 33). Daher ist es grundsätzlich unbedenklich, wenn durch das Sicherheitsüberprüfungsgesetz im Einzelnen näher bestimmt wird, dass mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nur Personen betraut werden dürfen (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 SÜG), die sich erfolgreich einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen haben (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SÜG), d.h. bei denen kein Sicherheitsrisiko i.S.v. § 5 Abs. 1 SÜG festgestellt worden ist (BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1989 - 6 A 2.87 - BVerwGE 81, 258 <260 ff.> und vom 31. März 2011 - 2 A 3.09 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 24 Rn. 24 ff.). Da somit keine Verwendung für Mitarbeiter beim BND ohne Sicherheitsüberprüfung möglich ist, bewirkt die Feststellung eines Sicherheitsrisikos bei Einstellungsbewerbern für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes im BND einen generellen Eignungsmangel.

12

Ein Sicherheitsrisiko liegt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 SÜG vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen (Nr. 1), eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, begründen (Nr. 2) oder Zweifel am Bekenntnis des Betroffenen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung begründen (Nr. 3).

13

Die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung über das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos i.S.d. §§ 5 und 14 SÜG unterliegt gerichtlicher Kontrolle (1.), jedoch erfolgt diese wegen des der Beklagten insoweit eingeräumten Beurteilungsspielraums nur in eingeschränktem Umfang (2.). Entgegen der Ansicht des Klägers leidet die ablehnende Entscheidung der Beklagten weder an einem Anhörungs- noch an einem Begründungsmangel (3.). Eine Überprüfung, ob die Beklagte bei der Annahme eines Sicherheitsrisikos i.S.v. § 5 SÜG im Falle des Klägers von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, ist dem Senat nur möglich, wenn er Kenntnis von denjenigen bislang nicht vorgelegten Aktenbestandteilen hat, aus denen die Beklagte ein solches Sicherheitsrisiko herleitet (4).

14

1. Der Schutz nachrichtendienstlicher Tätigkeit geht nicht so weit, dass die Entscheidung über die sicherheitsrechtliche Eignung i.S.v. §§ 5 und 14 SÜG einer gerichtlichen Kontrolle gänzlich entzogen wäre; dies wäre mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbar.

15

a) Gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG steht jedem, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt zu sein, der Rechtsweg offen. Damit wird sowohl der Zugang zu den Gerichten als auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes garantiert. Aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, das angegriffene Verwaltungshandeln in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <20> m.w.N.).

16

Allerdings ergibt sich die materiell geschützte Rechtsposition nicht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG selbst, sondern wird darin vorausgesetzt (BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 u.a. - BVerfGE 84, 34 <49>). Neben den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen bestimmt das jeweilige Fachrecht, welche Rechte der Einzelne geltend machen kann. Der Gesetzgeber befindet unter Beachtung der Grundrechte darüber, unter welchen Voraussetzungen dem Bürger ein Recht zustehen kann und welchen Inhalt es haben soll (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2005 - 2 BvR 2236/04 - BVerfGE 113, 273 <310>).

17

Beruht die Entscheidung der Verwaltung auf der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, ist deren Konkretisierung grundsätzlich Sache der Gerichte, die die Rechtsanwendung der Exekutive uneingeschränkt nachzuprüfen haben. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes schließt indes durch den Gesetzgeber eröffnete Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume, die die Durchführung der Rechtskontrolle durch die Gerichte einschränken, nicht aus. Gerichtliche Kontrolle kann nicht weiter reichen als die materielle Bindung der Instanz, deren Entscheidung überprüft werden soll; sie endet deshalb dort, wo das materielle Recht in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise das Entscheidungsverhalten nicht vollständig determiniert und der Verwaltung einen Einschätzungs- oder Beurteilungsspielraum belässt (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2006 - 1 BvR 2530/04 - BVerfGE 116, 1 <18>). Ob eine behördliche Letztentscheidungsbefugnis besteht, muss sich ausdrücklich aus dem Gesetz ergeben oder durch Auslegung hinreichend deutlich zu ermitteln sein (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <20, 22>). Das gilt erst recht, wenn - darüber hinausgehend - eine gerichtliche Kontrolle des Verwaltungshandelns gänzlich ausgeschlossen sein soll.

18

b) Hiervon ausgehend kann weder der Verfassung noch dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz entnommen werden, dass der zuständigen Stelle bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos gemäß §§ 5 und 14 SÜG ein behördliches Letztentscheidungsrecht unter Ausschluss jeglicher gerichtlicher Kontrolle eingeräumt werden sollte.

19

Eine solche Exemtion, d.h. eine gänzliche Herausnahme der Sicherheitsüberprüfung von gerichtlicher Kontrolle, durch die Verfassung selbst existiert nicht. Wo das Grundgesetz eine Ausnahme von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG für notwendig erachtet hat, ist dies in der Verfassung ausdrücklich geregelt (vgl. Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG für die Einrichtung der sog. G 10-Kommission und Art. 44 Abs. 4 Satz 1 GG für Beschlüsse eines Untersuchungsausschusses). Die dem in Art. 45d GG vorgesehenen Gremium (Parlamentarisches Kontrollgremium) zugewiesene Aufgabe der Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes betrifft eben diese Tätigkeit selbst und nicht die - auch für weitere Bereiche der Verwaltung einschließlich der Bundeswehr vorgeschriebene - Sicherheitsüberprüfung gemäß §§ 5 und 14 SÜG.

20

Auch dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz selbst kann - ausdrücklich oder durch Auslegung - eine solche Exemtion nicht entnommen werden. Indem § 5 Abs. 1 SÜG die Parameter für ein Sicherheitsrisiko bestimmt, bringt das Gesetz vielmehr zum Ausdruck, dass die zuständige Stelle kein freies Entscheidungsrecht besitzt, sondern ihre Prüfung und Entscheidung gesetzlich determiniert ist. Die in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SÜG vorgegebenen unbestimmten Rechtsbegriffe unterliegen daher gerichtlicher Überprüfung und sind in der Rechtsprechung durch zahlreiche Entscheidungen konkretisiert worden.

21

2. Allerdings ist der Umfang dieser gerichtlichen Kontrolle wegen des der Beklagten insoweit eingeräumten Beurteilungsspielraums eingeschränkt.

22

a) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes schließt - wie dargestellt - eine Bindung der rechtsprechenden Gewalt an tatsächliche oder rechtliche Feststellungen und Wertungen seitens anderer Gewalten nicht aus, wenn dem materiellen Recht ausdrücklich oder im Wege der Auslegung mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden kann, dass es der Verwaltung einen Einschätzungs- oder Beurteilungsspielraum belässt (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <22> m.w.N.). Solche Einschätzungs- und Beurteilungsspielräume der Verwaltung sind von den Gerichten vielfach und in verschiedenen Rechtsgebieten anerkannt worden. Maßgeblich dafür waren wiederum unterschiedliche - teils miteinander kombinierte - Gründe und Kriterien (vgl. etwa die Zusammenstellung bei Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 59 ff.). So ist ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum der Verwaltung angenommen worden bei Verwaltungsentscheidungen, bei denen auch politische Vorgaben und Bewertungen von Bedeutung sind, etwa im Bereich der Außenpolitik (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1981 - 7 C 60.79 - BVerwGE 62, 11 <15 f.> und Beschluss vom 6. März 1997 - 3 B 178.96 - Buchholz 11 Art. 32 GG Nr. 2 S. 1), oder wenn die Entscheidung Ausdruck und Ergebnis einer komplexen Abwägung verschiedener Belange ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 6 C 42.06 - BVerwGE 130, 39 Rn. 28 ff. ), wenn die Entscheidung eine prognostische Risikobewertung erfordert (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300 <316> ) oder wenn die Entscheidung maßgeblich von fachspezifischen, besondere Sachkunde oder Erfahrungen voraussetzenden Wertungen bestimmt wird (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 64 ff. ).

23

b) Ein derartiger Beurteilungsspielraum ist auch bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos i.S.v. §§ 5 und 14 Abs. 3 SÜG anzuerkennen.

24

Hierfür spricht zunächst schon im Ausgangspunkt, dass die sicherheitsrechtliche Eignung für die hier streitige Einstellung beim BND ein Teilaspekt der (umfassend verstandenen) dienstrechtlichen Eignung i.S.v. Art. 33 Abs. 2 GG ist. Mit den dort genannten Kriterien der "Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung" wird dem Dienstherrn ein prognostisches Urteil über einen allein nach diesen Kriterien zu bewertenden Bewerber um ein öffentliches Amt zugewiesen, das einer gerichtlichen Kontrolle nur in eingeschränktem Umfang zugänglich ist (stRspr; vgl. nur BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>; Kammerbeschlüsse vom 29. Mai 2002 - 2 BvR 732/99 - NVwZ 2002, 1368 und vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 - BVerfGK 18, 423 <427>; vgl. zur abweichenden Lage bei der einer Sachverständigenbeurteilung zugänglichen gesundheitlichen Eignung BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 24 ff.).

25

Für die Annahme eines derartigen Beurteilungsspielraums auch bei der Sicherheitsüberprüfung nach §§ 5 und 14 Abs. 3 SÜG sprechen zudem sowohl der Wortlaut des Gesetzes als auch Inhalt und Charakter der Entscheidung.

26

Das Gesetz weist der zuständigen Stelle die Bewertung der über die zu überprüfende Person gewonnenen Erkenntnisse auf Grund einer am Zweck der Sicherheitsüberprüfung orientierten Gesamtwürdigung des Einzelfalles zu (§ 14 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SÜG). Für die hiernach zu treffende umfassende Würdigung aller Belange enthält das Gesetz eine Vorrangklausel, derzufolge im Zweifel das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen hat (§ 14 Abs. 3 Satz 3 SÜG). Damit räumt das Gesetz der zuständigen Stelle bei der Prüfung und Abwägung der Zweifel eine fachliche Einschätzungsprärogative ein, welches Gewicht den staatlichen Sicherheitsinteressen - bezogen auf die jeweils in Rede stehende sicherheitsempfindliche Tätigkeit - im Verhältnis zu anderen Belangen beizumessen ist. Diese fachliche Einschätzungsprärogative ist vornehmlich geprägt durch Aspekte der inneren und äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 4 Abs. 2 SÜG), der Herstellung und Erhaltung ihrer Verteidigungsbereitschaft (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 SÜG) und ihrer Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SÜG). Diese Aspekte betreffen angesichts ihrer ständigen Wandelbarkeit und Abhängigkeit von (sicherheits- und verteidigungs-)politischen Rahmenbedingungen Sachbereiche von hoher Komplexität und besonderer Dynamik, bei deren Überprüfung die Gerichte an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stoßen. Das rechtfertigt es, dem zuständigen und mit einer speziellen fachlichen Expertise ausgestatteten Teil der Exekutive einen Beurteilungsspielraum einzuräumen (Beschluss vom 21. Juli 2011 - 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 Rn. 32 m.w.N.). Die staatlichen Gerichte verfügen nicht über die Sachkompetenz, diese Frage anders oder besser als die Exekutive zu beurteilen. Deren Einschätzungen werden vielfach einer Beweiserhebung, etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, nicht zugänglich sein.

27

Dies wird besonders augenfällig, je mehr in die Sicherheitsüberprüfung auch politische Einschätzungen einfließen, etwa wenn die ablehnende Entscheidung darauf beruht, dass der zu Überprüfende, sein Ehegatte oder Lebenspartner aus einem Staat stammen oder dorthin Beziehungen haben, bei denen nach Feststellung des Bundesministeriums des Innern als Nationale Sicherheitsbehörde besondere Sicherheitsrisiken zu besorgen sind (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG). Welche Staaten dies jeweils aktuell sind, unterliegt ständiger Änderung und wechselnder (sicherheits-)politischer Einschätzung.

28

Auch die in § 5 Abs. 1 SÜG genannten materiellen Kriterien enthalten mit den Tatbestandsmerkmalen der tatsächlichen "Anhaltspunkte" und "Zweifel" Parameter, die nicht auf objektiv feststehende Tatsachen abstellen, sondern - dahinter zurückbleibend - Bewertungen ausreichen lassen, die von subjektiven Einschätzungen abhängen.

29

Die Annahme eines dergestalt begründeten Beurteilungsspielraums bedeutet nicht, dass der Verwaltung insoweit Freiräume ohne gerichtliche Kontrolle zugebilligt würden. Auch die Überprüfung behördlicher Einschätzungsprärogativen ist wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz, nämlich bezogen auf die Einhaltung der (oben dargestellten) rechtlichen Grenzen des behördlichen Einschätzungsspielraums, und genügt damit den verfassungsrechtlichen Erfordernissen (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2005 - 2 BvR 2236/04 - BVerfGE 113, 273 <310>; BVerwG, Urteile vom 19. März 1998 - 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <266 f.> und vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 67, jeweils m.w.N.). Das dokumentiert nicht zuletzt die Rechtsprechung des 1. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts, die trotz des eingeschränkten Kontrollmaßstabs Sicherheitsüberprüfungsentscheidungen bei Soldaten vielfach beanstandet hat (vgl. etwa Beschluss vom 21. Juli 2011 - 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 Rn. 34, vgl. ferner die Darstellung der umfangreichen Kasuistik bei Deiseroth, juris-Praxis-Report BVerwG 9/2008 zu BVerwG 1 WB 59.06, sub C.). Der Prüfungsmaßstab bei der gerichtlichen Kontrolle behördlicher Einschätzungsprärogativen trägt lediglich in Ansatz und Umfang den Sachgegebenheiten Rechnung, die sich aus der jeweiligen materiellen Rechtslage ergeben.

30

Soweit der Senat zuletzt angenommen hat, die Entscheidung gemäß §§ 5 und 14 Abs. 3 SÜG unterliege voller gerichtlicher Nachprüfung (BVerwG, Urteil vom 31. März 2011 - 2 A 3.09 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 24 Rn. 36 ff.), hält er daran nicht mehr fest. Die dort gegebene Begründung, es handele sich um eine - wie auch sonst gerichtlich überprüfbare - Prognose im Bereich der Gefahrenabwehr, reicht für sich nicht aus und wird - wie dargestellt - dem wertenden, auf besonderer Sachkunde beruhenden, ein Sicherheitsrisiko abschätzenden und dabei auch politische Vorgaben und Einschätzungen einschließenden Charakter der Entscheidung nicht gerecht. Vielmehr folgt der Senat der ständigen Rechtsprechung des 1. Wehrdienstsenats, der seit jeher einen Beurteilungsspielraum der zuständigen Stelle annimmt (BVerwG, Beschlüsse vom 12. Januar 1983 - 1 WB 60.79 - BVerwGE 76, 52 <53>, vom 11. März 2008 - 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 24 und vom 21. Juli 2011 - 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 Rn. 24 ff.; ebenso der 6. Senat, Urteil vom 15. Februar 1989 - 6 A 2.87 - BVerwGE 81, 258 <264> und zuvor auch der 2. Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2009 - 2 VR 6.09 - juris Rn. 15 f.).

31

Hiernach ist die gerichtliche Kontrolle auf das - auch sonst in Fällen eines Beurteilungs- oder Einschätzungsspielraums anerkannte - Prüfprogramm beschränkt, nämlich ob die zuständige Stelle von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 Rn. 24 ff. und zuletzt vom 21. Mai 2015 - 1 WB 54.14 - DokBer 2015, 233 Rn. 31).

32

3. Mit Blick auf die zuletzt angesprochene Einhaltung von Verfahrensvorschriften ist die im Streitfall ergangene abschließende Entscheidung über die Sicherheitsüberprüfung des Klägers gemäß §§ 5 und 14 Abs. 3 SÜG - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht deshalb rechtlich zu beanstanden, weil sie ohne Anhörung des Klägers ergangen ist und ihm gegenüber auch nicht (näher) begründet worden ist. Von beiden Erfordernissen ist die Beklagte befreit.

33

a) Zwar ist dem Betroffenen vor Ablehnung der Zulassung zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit grundsätzlich Gelegenheit zu geben, sich persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG). Die Anhörung unterbleibt jedoch gemäß § 6 Abs. 1 Satz 4 SÜG, wenn sie einen erheblichen Nachteil für die Sicherheit des Bundes oder eines Landes zur Folge hätte, insbesondere bei Sicherheitsüberprüfungen der Bewerber bei den Nachrichtendiensten des Bundes. Hiernach sieht das Gesetz für die hier gegebene Fallkonstellation ausdrücklich vor, dass der BND von der Pflicht zur Anhörung des Betroffenen befreit ist. Hintergrund dieser gesetzlichen Festlegung ist, dass gegnerische Dienste versuchen, durch gesteuerte Bewerbungen nachrichtendienstlich verstrickter Personen den Erkenntnisstand der deutschen Nachrichtendienste bzw. deren Einstellungspraxis auszuforschen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum SÜG, BT-Drs. 12/4891 S. 21; Denneborg, Kommentar zum Sicherheitsüberprüfungsrecht, Stand: Juni 2015, § 6 SÜG Rn. 11; Warg, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 6 SÜG Rn. 17).

34

b) Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, ihre Entscheidung, dass sie in der Person des Klägers ein Sicherheitsrisiko i.S.v. §§ 5 und 14 Abs. 3 SÜG sieht, näher zu begründen. Dies folgt aus Systematik sowie Sinn und Zweck der insoweit zu betrachtenden Vorschriften:

35

Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 SÜG unterrichtet die mitwirkende Behörde die zuständige Stelle schriftlich unter Darlegung der Gründe und ihrer Bewertung, wenn sie zu dem Ergebnis kommt, dass ein Sicherheitsrisiko vorliegt. Dem Betroffenen dagegen wird gemäß § 14 Abs. 4 SÜG nur mitgeteilt, dass seine Betrauung mit der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit abgelehnt wird. Aus dieser differenzierenden Regelung muss geschlossen werden, dass eine nähere Begründung des Ergebnisses der Sicherheitsüberprüfung dem Betroffenen gegenüber nicht erforderlich ist. Für diese Auslegung spricht auch die Ausnahme von der Anhörungspflicht bei Bewerbungen bei den Nachrichtendiensten des Bundes (§ 6 Abs. 1 Satz 4 SÜG). Der damit verfolgte Zweck, eine Ausforschung des Erkenntnisstandes des BND bzw. dessen Einstellungspraxis zu vermeiden (s.o. Rn. 33), würde unterlaufen und wäre nicht zu erreichen, wenn im Rahmen der Begründung der ablehnenden Mitteilung an den Bewerber diesem letztlich doch diejenigen Erkenntnisse für die Annahme eines Sicherheitsrisikos bekannt würden, deren Offenlegung mit der Ausnahme von der Anhörungspflicht gerade vermieden werden soll.

36

Für dieses Ergebnis spricht auch die Regelung über den eingeschränkten Auskunftsanspruch und die Befreiung von der Angabe einer Begründung für die Auskunftsverweigerung gemäß § 23 Abs. 3 und 4 SÜG: Gemäß § 23 Abs. 1 SÜG hat die zuständige oder mitwirkende Stelle einem Betroffenen unentgeltlich Auskunft zu erteilen, welche Daten über ihn im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung gespeichert wurden. Die Auskunftserteilung unterbleibt gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 2 SÜG, soweit die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und deswegen das Interesse des Anfragenden an der Auskunftserteilung zurücktreten muss. Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 SÜG keiner Begründung, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesem Fall sind die Gründe der Auskunftsverweigerung aktenkundig zu machen (§ 23 Abs. 4 Satz 2 SÜG) und die anfragende Person auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass sie sich an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann (§ 23 Abs. 4 Satz 3 SÜG). Dass der Betroffene nach diesen Bestimmungen keinen Anspruch auf eine Begründung über die Auskunftsverweigerung hat, bestätigt als gesetzgeberische Wertung auch im vorliegenden Zusammenhang, dass ein Bewerber beim BND keinen Anspruch auf eine (nähere) Begründung des negativen Ergebnisses seiner Sicherheitsüberprüfung hat.

37

4. Zum oben (Rn. 31) dargestellten gerichtlichen Prüfprogramm gehört weiter, ob die zuständige Stelle in tatsächlicher Hinsicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 Rn. 24 ff. und zuletzt vom 21. Mai 2015 - 1 WB 54.14 - DokBer 2015, 233 Rn. 31). Ob dies der Fall ist, kann der Senat auf der Grundlage der ihm derzeit von der Beklagten vorgelegten Akten nicht entscheiden.

38

Im Streitfall macht der Kläger geltend, dass es an "tatsächlichen Anhaltspunkten" i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SÜG fehle, die Zweifel an seiner Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen könnten. Der Kläger kann sich seine Ablehnung nicht erklären. Da die Beklagte sich weigert, ihre Annahme auch nur ansatzweise offen zu legen, ist es ihm - mangels jeglichen Anhaltspunktes - nicht möglich, die gegen ihn angeführten Sicherheitsbedenken ggf. richtigzustellen oder zu widerlegen. Dies betrifft den Kern seines Anspruchs auf gerichtlichen Rechtsschutz zur Durchsetzung seines subjektiven Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG.

39

a) Aus den bislang dem Gericht vorgelegten Akten lässt sich nicht entnehmen, worin die "tatsächlichen Anhaltspunkte" liegen, aus denen die Beklagte ihre Sicherheitsbedenken gegen den Kläger herleitet. Es handelt sich um unvollständige, zusammengestellte Aktenheftungen, die ersichtlich - neben einzelnen Schwärzungen (Beiakte I, blauer Hefter, Bl. 59) - die über den Kläger gesammelten Erkenntnisse nicht vollständig enthalten. Letzteres zeigt sich u.a. an "geweissten", aus leeren Blättern bestehenden Seiten (vgl. Beiakte 1, orange-farbener Hefter, Bl. 73 bis 84). Soweit sich aus den Heftungen der Beiakte II ergibt, dass gegen den Kläger in der Vergangenheit drei staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren anhängig waren, die sämtlich gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sind, ist weder von der Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich, dass allein in diesem Umstand die Annahme eines Sicherheitsrisikos in Bezug auf die Person des Klägers gesehen worden ist.

40

b) Der Senat benötigt die Vorlage der vollständigen, um die im Tenor bezeichneten Bestandteile ergänzten Verwaltungsvorgänge für die Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren des Klägers. Dem steht nicht entgegen, dass der Erfolg des auf Ernennung zum Regierungsinspektoranwärter und Einstellung beim BND gerichteten Verpflichtungsantrags noch von weiteren Voraussetzungen (außer einem positiven Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung) abhängt, z.B. vom Vorhandensein einer besetzbaren Planstelle. Jedenfalls für die Entscheidung über das in dem Verpflichtungsantrag (mit-)enthaltene Begehren, im Falle fehlender Spruchreife die Beklagte zu verpflichten, über seine Bewerbung auf Einstellung beim BND unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), bedarf der Senat der Kenntnis der angeforderten Aktenbestandteile.

41

c) Die Beklagte beruft sich für ihre bisherige Weigerung, ihre Sicherheitsbedenken in Bezug auf die Person des Klägers offenzulegen, unter anderem auf die bereits erwähnte Regelung, wonach die Offenlegung von über einen Bewerber im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung gespeicherten Daten unterbleibt, wenn dies dem Wohl des Bundes i.S.v. § 23 Abs. 3 Nr. 2 SÜG Nachteile bereiten würde. Damit macht die Beklagte der Sache nach fachgesetzliche Geheimhaltungsgründe geltend, die deckungsgleich sind mit den Kriterien, die eine Verweigerung der Aktenvorlage gemäß § 99 Abs. 2 VwGO rechtfertigen können. Sollte die Beklagte bei ihrer Weigerung bleiben, ihre Sicherheitsbedenken in Bezug auf die Person des Klägers offenzulegen, wird sie eine § 99 Abs. 2 VwGO genügende (Ermessens-)Entscheidung über die Verweigerung der Aktenvorlage und deren Umfang zu treffen haben.

42

d) Sollte die Beklagte eine Sperrentscheidung gemäß § 99 Abs. 2 VwGO treffen, ist auch diese Erklärung dem Gericht innerhalb der im Tenor gesetzten Frist vorzulegen, damit das Verfahren vor dem Fachsenat gemäß § 189 VwGO eingeleitet werden kann.

(1) Dieses Gesetz regelt die Voraussetzungen und das Verfahren zur Überprüfung einer Person, die von der zuständigen Stelle mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (Sicherheitsüberprüfung) oder bereits betraut worden ist (Wiederholungsüberprüfung), sowie den Schutz von Verschlusssachen.

(2) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt aus, wer

1.
Zugang zu Verschlußsachen hat oder ihn sich verschaffen kann, die STRENG GEHEIM, GEHEIM ODER VS-VERTRAULICH eingestuft sind,
2.
Zugang zu Verschlußsachen über- oder zwischenstaatlicher Einrichtungen und Stellen hat oder ihn sich verschaffen kann, wenn die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, nur sicherheitsüberprüfte Personen hierzu zuzulassen,
3.
in einer Behörde oder einer sonstigen öffentlichen Stelle des Bundes oder in einem Teil von ihr tätig ist, die auf Grund des Umfanges und der Bedeutung dort anfallender Verschlußsachen von der jeweils zuständigen obersten Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat als Nationale Sicherheitsbehörde zum Sicherheitsbereich erklärt worden ist,
4.
nach anderen Vorschriften einer Sicherheitsüberprüfung unterliegt, soweit auf dieses Gesetz verwiesen wird.

(3) Verpflichten sich Stellen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Stellen anderer Staaten durch Übereinkünfte, bei Personen, die Zugang zu Verschlußsachen ausländischer Staaten haben oder sich verschaffen können, zuvor Sicherheitsüberprüfungen nach deutschem Recht durchzuführen, ist in diesen Übereinkünften festzulegen, welche Verschlußsachengrade des Vertragspartners Verschlußsachengraden nach diesem Gesetz vergleichbar sind. Derartige Festlegungen müssen sich im Rahmen der Bewertungen dieses Gesetzes halten und insbesondere den Maßstäben des § 4 entsprechen.

(4) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt auch aus, wer an einer sicherheitsempfindlichen Stelle innerhalb einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung oder wer innerhalb einer besonders sicherheitsempfindlichen Stelle des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung ("Militärischer Sicherheitsbereich") beschäftigt ist oder werden soll (vorbeugender personeller Sabotageschutz). Ziel des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes ist es, potenzielle Saboteure (Innentäter) von sicherheitsempfindlichen Stellen fernzuhalten, um den Schutz der in Absatz 5 Satz 1 und 2 genannten Schutzgüter sicherzustellen.

(5) Lebenswichtig sind solche Einrichtungen,

1.
deren Beeinträchtigung auf Grund der ihnen anhaftenden betrieblichen Eigengefahr die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung erheblich gefährden kann oder
2.
die für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind und deren Beeinträchtigung erhebliche Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung und somit Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung entstehen lassen würde.
Verteidigungswichtig sind außerhalb des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung solche Einrichtungen, die der Herstellung oder Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft dienen und deren Beeinträchtigung auf Grund
1.
fehlender kurzfristiger Ersetzbarkeit die Funktionsfähigkeit, insbesondere die Ausrüstung, Führung und Unterstützung der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie der Zivilen Verteidigung, oder
2.
der ihnen anhaftenden betrieblichen Eigengefahr die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung
erheblich gefährden kann. Sicherheitsempfindliche Stelle ist die kleinste selbständig handelnde Organisationseinheit innerhalb einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung, die vor unberechtigtem Zugang geschützt ist und von der im Falle der Beeinträchtigung eine erhebliche Gefahr für die in den Sätzen 1 und 2 genannten Schutzgüter ausgeht.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes liegt ein Sicherheitsrisiko vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Folgendes begründen:

1.
Zweifel an der Zuverlässigkeit der betroffenen Person bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit,
2.
eine besondere Gefährdung der betroffenen Person, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, bei möglichen Anbahnungs- oder Werbungsversuchen
a)
ausländischer Nachrichtendienste,
b)
von Vereinigungen im Sinne der §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches oder
c)
extremistischer Organisationen, die Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes verfolgen,
oder
3.
Zweifel am Bekenntnis der betroffenen Person zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung.
Ein Sicherheitsrisiko kann auch auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 im Hinblick auf die mitbetroffene Person vorliegen.

(2) Eine Erkenntnis ist sicherheitserheblich, wenn sich aus ihr ein Anhaltspunkt für ein Sicherheitsrisiko ergibt.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.