Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 08. Okt. 2009 - 1 A 1122/08

published on 08/10/2009 00:00
Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 08. Okt. 2009 - 1 A 1122/08
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Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des den Beschluss der Beklagten vom 30. Juli 2008 bekannt gebenden Bescheides vom 31. Juli 2008 verpflichtet, die Wahl zum Bürgermeister der Stadt Ludwigslust vom 18. Mai/1. Juni 2008 für ungültig zu erklären und anzuordnen, dass die Wahl im gesamten Wahlgebiet zu wiederholen ist.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, ausgenommen die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die von der Beigeladenen selbst zu tragen sind.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann vom Vollstreckungsschuldner abgewendet werden durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der Wahl des Bürgermeisters in der Stadt Ludwigslust vom 18. Mai 2008 einschließlich der zugehörigen Stichwahl vom 1. Juni 2008, aus der die Beigeladene als Wahlsiegerin hervorgegangen ist. Der Kläger meint, dass sowohl bei der Vorbereitung der Wahl wie auch beim eigentlichen Wahlakt Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, die das Ergebnis der Wahl beeinflusst haben können.

2

So hatten bei einer abendlichen Veranstaltung der Fraktion Die Linke am 28. April 2008 in den Räumlichkeiten "Alter Forsthof" in Ludwigslust zum Thema "Stadtentwicklung" in Form einer Podiumsdiskussion sowohl die Beigeladene als auch städtische Mitarbeiter teilgenommen. Über diese Veranstaltung ist auch in der örtlichen Presse berichtet worden.

3

Im Vorfeld der Hauptwahl erschien Anfang Mai 2008 eine Wahlbroschüre der Beigeladenen in einer Auflage von 6.500 Stück, die an alle Haushalte im Gebiet der Stadt Ludwigslust verteilt wurde. Auf einem dieser Wahlbroschüre enthaltenen Einlegeblatt gab - neben den Vorsitzenden der Fraktionen der Stadtvertretung Bündnis90/Grüne/Ländlicher Raum, SPD und Die Linke, die jeweils eigene Texte verfassten - auch der damalig amtierende Bürgermeister Zimmermann eine Wahlempfehlung zugunsten der Beigeladenen ab, die wie folgt lautete:

4

" Liebe Wählerinnen und Wähler,

mir fällt die Entscheidung zu den 4 Bürgermeisterkandidaten gar nicht schwer. Ich habe meine langjährige 1. Stellvertreterin und Kämmerin seit meinem Amtsantritt 1990, selbst zu dieser Kandidatur ermutigt, weil ich sie für fähig und geeignet halte, die Verwaltung gut zu steuern, eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Stadtvertretung zu pflegen und unsere Stadt gut und würdig nach außen zu vertreten. An der gesunden Finanzlage unserer Stadt hat sie wesentlichen Anteil, bei wichtigen Entscheidungen zur Stadtentwicklung jedoch auch Mut zum Risiko gezeigt. Sie kennt gut die sozialen und finanziellen Probleme vieler Bürger. Nicht wenige haben sie in Gesprächen und Verhandlungen als offen, sehr sensibel und vertrauenswürdig kennen gelernt. Ich bin mir sicher - sie ist die beste Wahl für unser schönes Ludwigslust.

gez. Hans Jürgen Zimmermann
Bürgermeister der Stadt Ludwigslust"

5

Dem Text war ein Foto beigefügt, das den Bürgermeister - augenscheinlich bei der Bearbeitung eines Schriftstücks - an einem Schreibtisch sitzend zeigt.

6

Bei der Hauptwahl am 18. Mai 2008 erhielt die Beigeladene, die sich mit Unterstützung der in der Wahlbroschüre für sie werbenden Fraktionen als Einzelbewerberin zur Wahl gestellt hatte, von 5.440 gültigen Stimmen 2.515 Stimmen (46,23 %). Auf den ebenfalls als Einzelbewerber kandidierenden Kläger entfielen 1.350 Stimmen (24,82 %). Die beiden übrigen Kandidaten hatten geringere Stimmenanteile. Bei dieser Hauptwahl hatten 774 Wahlberechtigte per Briefwähler teilgenommen.

7

Eine Sonderausgabe des Ludwigsluster Stadtanzeigers zur Bürgermeister-Stichwahl enthielt neben der Wahlbekanntmachung u.a. den in Frage-Antwort-Form gehaltenen Hinweis, dass nicht im Wahllokal gewählt werden könne, wenn man bei der Hauptwahl Briefwähler gewesen sei. Briefwahlunterlagen würden hier von Amts wegen zugeschickt. Es könne dann auch nur auf diesem Wege gewählt werden.

8

Am 29. Mai 2008 veröffentlichten namentlich genannte Angehörige der Fraktion Bündnis90/Die Grünen/Ländlicher Raum, darunter die Herren Friel und Jauert, im Regional-Express der Schweriner Volkszeitung einen Wahlanzeige zugunsten der Beigeladenen. In diesem Wahlaufruf ist u.a. an die Möglichkeit der Briefwahl erinnert worden.

9

Die Stichwahl am 1. Juni 2008 ging zugunsten der Beigeladenen aus. Sie erhielt 51,43 % der gültigen Stimmen, der Kläger lediglich 48,57 %. Bei einer Gesamtzahl gültiger Stimmen von 4.549 betrug die Differenz zwischen den beiden Kandidaten 130 Stimmen. Die Zahl der Briefwähler war bei ansonsten sinkender Wahlbeteiligung auf 936 angestiegen.

10

Nach öffentlicher Bekanntgabe des zuvor vom Gemeindewahlausschuss festgestellten Wahlergebnisses am 20. Juni 2008 legte der Kläger mit Schreiben vom 30. Juni 2008 gegen die Gültigkeit der Wahl Einspruch ein. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass der amtierende Bürgermeister in der Wahlbroschüre der Beigeladenen seine Pflicht zu neutralem Verhalten verletzt habe. Die Werbung für die Beigeladene habe die Bürgermeisterwahl unzulässig beeinflusst. Zwar sei es einem Bürgermeister nicht untersagt, Wahlwerbung für einen Kandidaten zu betreiben. Dann müsse er aber als Bürger und nicht in amtlicher Funktion handeln. Für den unbefangenen Leser der Beilage zur Wahlbroschüre müsse jedoch der Eindruck entstehen, dass der Bürgermeister in amtlicher Funktion Wahlwerbung für die Beigeladene betrieben habe, um die Wahlberechtigten zu einer Stimmabgabe zu ihren Gunsten zu bewegen. Durch den Wahlaufruf im Regional Express vom 29. Mai 2008 sei ebenfalls das Neutralitätsverbot verletzt worden. Der Ortsteilvertreter Friel und der Bürgermeister der Gemeinde Kummer, Jauert, hätten hier augenscheinlich ihre amtliche Stellung ausgenutzt, um Stimmen für die Beigeladene zu gewinnen. Der erinnernde Hinweis auf die Möglichkeit der Briefwahl stimme bedenklich, weil im Endeffekt das Ergebnis der Stichwahl durch gerade diese Briefwahl bestimmt worden sei. Erschreckend sei auch gewesen, dass zwei Tage vor der Stichwahl an allen Schulen eine SMS mit diffamierenden Inhalt über den Kläger verschickt worden sei. Insoweit habe er Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Weiterer Grund für den Einspruch sei schließlich, dass die Gegenkandidatin mit Hilfe von Mitarbeitern der Stadtverwaltung Wahlkampf betrieben habe. So seien bei der Veranstaltung der Fraktion Die Linke am 28. April 2008 Angehörige der Stadtverwaltung zu ihrer Unterstützung zugegen gewesen. Sowohl der Aufruf des Bürgermeisters in amtlicher Funktion als auch die Wahlwerbung mit Unterstützung gemeindlichen Personals seien als unzulässige Wahlbeeinflussung zu werten. Es sei nicht fernliegend, dass er, der Unterlegene, ohne diese Wahlfehler die Mehrheit erlangt hätte.

11

Die Beklagte beschloss in ihrer Sitzung vom 30. Juli 2008, u.a. den Wahleinspruch des Klägers, aber auch die Einsprüche anderer Personen zurückzuweisen und die Wahl für gültig zu erklären. Sie folgte damit der gleichlautenden Empfehlung ihres Wahlprüfungsausschusses vom 21. Juli 2008.

12

Mit Bescheid vom 31. Juli 2008 erklärte die Beklagte dem Kläger gegenüber die Wahl gemäß § 71 KWG M-V i.V.m. § 65 KWO M-V für gültig. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass die Verwendung der Amtsbezeichnung des damaligen Bürgermeisters in dem Beiblatt zur Wahlbroschüre der Beigeladenen auf Grund des objektiven Gesamteindruckes als nicht erheblich in dem Sinne gesehen werde, dass die Wahl wegen der Verletzung von Wahlgrundsätzen wiederholt werden müsse. Dazu hätte der Bürgermeister, wie mit dem Einspruch ausdrücklich gerügt worden sei, in amtlicher Eigenschaft eine Wahlempfehlung abgeben müssen. Gerade dieses sei nach dem Gesamteindruck des Druckerzeugnisses aber nicht der Fall. Eine Neutralitätsverletzung der Stadtvertreter Friel und Jauert durch die Veröffentlichung im Regional Express liege ebenfalls nicht vor. Beide hätten wie jeder andere auch das Recht, sich privat politisch zu betätigen und zu äußern. Ihre Meinungsäußerung im Rahmen einer Zeitungsanzeige lasse vernünftige Zweifel am privaten Charakter der Äußerung schlicht nicht zu. Die hinsichtlich der Briefwahl vorgetragenen Bedenken seien in keiner Weise untermauert worden. Die insgesamt gegenüber der Hauptwahl in der Stichwahl etwas niedrigere Wahlbeteiligung und der Anstieg des Briefwähleranteiles sei damit zu erklären, dass die Urnenwähler der Hauptwahl ihre Termin- und Freizeitplanungen offenbar nicht auf eine Stichwahl ausgerichtet hätten, daneben würden ohnehin gerade Wähler von der Briefwahlmöglichkeit Gebrauch machen, die wirklich wählen wollten. Der Vorgang um eine SMS-Nachricht möge strafrechtlich relevant sein, eine Wirkung auf das Wahlverfahren oder das Wahlergebnis sei aber nicht ersichtlich. Die Rüge des Einsatzes gemeindlichen Personals für Wahlkampfzwecke der gewählten Mitbewerberin sei unsubstantiiert geblieben. Es seien weder Beweise vorgelegt noch glaubhafte Hinweise geliefert worden. Es sei nichts ersichtlich, was über das Recht - auch - der Mitarbeiter der Stadtverwaltung zu politischer Betätigung und freier Meinungsäußerung in ihrer Freizeit hinausgehe. Der Bescheid ist den Angaben des Klägers zufolge am 5. August 2008 zugestellt worden; der Rückschein des Einschreibens befindet sich nicht bei den Verwaltungsvorgängen.

13

Mit seiner unter dem 4. September 2008 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass aus seiner Sicht im Vorfeld beider Wahlgänge Unregelmäßigkeiten zu verzeichnen gewesen seien, die die Möglichkeit einer Wahlbeeinflussung im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 2 KWG M-V begründen würden. Er wiederholt und vertieft insoweit zum einen sein vorprozessuales Vorbringen in tatsächlicher wie auch rechtlicher Hinsicht und führt ergänzend weiter aus:

14

Um den 4. Mai 2008 seien der Beigeladenen Anschlagskästen der Stadt Ludwigslust - jedenfalls im Ortsteil Kummer (Mäthus) - für Wahlwerbung zur Verfügung gestellt worden, ohne dass anderen Bewerbern die Möglichkeit einer solchen Nutzung eingeräumt worden sei. Auch hierin werde auf Grund der darin liegenden Verletzung der Pflicht zur Neutralität und der Chancengleichheit eine Unregelmäßigkeit im Sinne des Gesetzes gesehen.

15

Am 24. Mai 2008 sei eine Sonderausgabe des Amtsblattes des Beklagten erschienen, in der insbesondere auf die Möglichkeit und die Form der Briefwahl hingewiesen worden sei. Dies habe offenbar bewirkt, dass trotz im Übrigen sinkender Wahlbeteiligung die Anzahl der Briefwähler angestiegen sei. Dieser Anstieg sei offenbar in großem Ausmaß ausschließlich der Beigeladenen zu Gute gekommen. So habe die Beigeladene im ersten Wahlgang 422 der gültigen 782 (53,95 %) Briefwahlstimmen auf sich vereinigen können und im zweiten Wahlgang 555 der gültigen 938 (59,17 %) Stimmen. Insbesondere der rechtlich nicht haltbare Hinweis, dass Briefwähler der Hauptwahl an der Stichwahl ebenfalls nur im Wege der Briefwahl teilnehmen können, stelle eine Unregelmäßigkeit dar. Die Unrichtigkeit dieses Hinweises ergebe sich aus § 21 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 21 Abs. 3 KWO. Von Amts wegen werde auch zur Stichwahl ein Wahlschein mit Briefwahlunterlagen zugestellt. Unter Vorlage dieses Wahlscheines sei der Wähler sodann berechtigt, sein Stimmrecht auch im Wahllokal auszuüben, da ein Zurückweisungsgrund nach § 43 Abs. 7 KWO nicht vorliege.

16

Außerdem sei der Beigeladenen gestattet worden, Wahlkampfveranstaltungen im Rathaus abzuhalten, wie ein Zeitungsartikel vom 16. Januar 2008 in der Zeitung SVZ belege. Diese Erlaubnis sei nur der Beigeladenen gewährt worden.

17

Ferner habe der damalige Bürgermeister entgegen der gängigen Praxis sich nicht mehr zusammen mit dem Präsidenten der Stadtvertretung, Herr Schapper, der auch als Bürgermeister kandidiert habe, zu Geburtstagsbesuchen bei Senioren begeben. Begründung sei gewesen, dass dies in anderen Kommunen ebenso gehandhabt werde. Der damalige Bürgermeister habe sich bei diesen Terminen dann umfangreich durch seine erste Stellvertreterin, die Beigeladene, vertreten lassen. Ein weiteres Beispiel für eine unzulässige Wahlbeeinflussung sei, dass sich der damalige Bürgermeister Zimmermann bei der feierlichen Eröffnung des Mehrgenerationenhauses im Ludwigsluster "Zebef" am 29. Mai 2008 deutlich und öffentlich für seine Kandidatin eingesetzt habe. An dieser Veranstaltung hätten etwa 100 Personen teilgenommen. Sinngemäß habe Herr Zimmermann geäußert: "Ich wünsche mir deshalb auch, und das habe ich in letzter Zeit auch schon mehrfach an anderen Stellen zum Ausdruck gebracht, dass sie meine Nachfolgerin im Amt des Bürgermeisters wird...".

18

Die vorprozessual wie auch im Klageverfahren dargestellten Unregelmäßigkeiten seien auch geeignet gewesen, die Möglichkeit einer Beeinflussung der Wahl i.S.d. § 71 Abs. 1 Nr. 2 KWG zu begründen. Der Kläger führt unter Hinweis auf obergerichtliche Rechtsprechung aus, diese sei bereits dann gegeben, wenn nach der Lebenserfahrung eine konkrete Möglichkeit bestehe, dass der in Rede stehende Verstoß für das Ergebnis der Wahl von entscheidendem Einfluss gewesen sein könnte. Eine solche Möglichkeit liege insbesondere dann vor, wenn eine Verletzung der Neutralitätspflicht durch gemeindliche Organe gegeben sei, da solche Äußerungen stets geeignet seien, den Wählerwillen zu beeinflussen. Dies sei hier der Fall.

19

Der Kläger beantragt,

20

die Beklagte unter Aufhebung des den Beschluss der Stadtvertretung bekannt gebenden Bescheides vom 31. Juli 2008 über die Gültigkeit der Wahl des Bürgermeisters der Stadt Ludwigslust zu verpflichten, die Wahl zum Bürgermeister der Stadt Ludwigslust vom 18. Mai/ 01. Juni 2008 für ungültig zu erklären und anzuordnen, dass die Wahl im Wahlgebiet zu wiederholen ist,

21

hilfsweise,

22

festzustellen, dass die Wahl zum Bürgermeister der Stadt Ludwigslust ungültig war und zugleich anzuordnen, dass die Wahl im Wahlgebiet zu wiederholen ist.

23

Die Beklagte beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Sie tritt dem Klagevorbringen in tatsächlicher wie auch rechtlicher Hinsicht entgegen. Sie ist zunächst der Ansicht, dass es sich bei § 43 KWG M-V um eine Präklusionsvorschrift handele, so dass sich der Prozessstoff eigentlich auf die Einwendungen des Klägers aus der Einspruchsschrift beschränken müsse. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass es im Vorfeld und bei der Durchführung der Wahl keine Unregelmäßigkeiten gegeben habe, erst recht nicht um solche, die Einfluss auf das Wahlergebnis hätten haben können. Insoweit wiederholt und vertieft sie die Begründung des angegriffenen Bescheids.

26

Zu den einzelnen Punkten des Vorbringens der Gegenseite führt sie ergänzend Folgendes aus: Bei der Veranstaltung vom 28. April 2008 habe es sich um ein sog. "Einwohnerforum" gehandelt, das von der Fraktion "Die Linke" in der Stadtvertretung Ludwigslust abgehalten worden sei. Es habe sich nicht um eine Wahlkampfveranstaltung der Beigeladenen, sondern um eine Informationsveranstaltung dieser Fraktion gehandelt. Bedienstete der Stadtverwaltung seien nicht in Dienstgeschäften anwesend gewesen. Auch habe der Bauamtsleiter Leopold seine Teilnahme an der Veranstaltung nicht als Dienstzeit abgerechnet.

27

Keinem Kandidaten, auch nicht der Beigeladenen, seien Aushangkästen der Stadt Ludwigslust zur Verfügung gestellt worden. Bei dem benannten Anschlagskasten handele es sich um einen Informationskasten der ehemaligen Gemeinde Kummer, der nicht mehr amtlich genutzt werde. In diesem Kasten würden seit Jahren von Vereinen, die im Ortsteil Kummer tätig seien, und auch von Privatpersonen Mitteilungen jeglicher Art ausgehängt werden. Wie in Kummer allgemein bekannt sei, liege der Schlüssel für den Aushangkasten oben auf dem Kasten, so dass er von jedermann für Aushänge jeder Art genutzt werden könne.

28

Der private Charakter der Wahlbroschüre der Beigeladenen sei als solche eindeutig erkennbar gewesen; dies beziehe sich auch auf die darin enthaltene Unterstützung der Beigeladenen durch den damaligen Bürgermeister, der in nicht-amtlicher Eigenschaft aufgetreten sei und sein ihm wie jedem Bürger zustehendes Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen habe. Dass er seine Amtsbezeichnung verwendet habe, sei beamtenrechtlich zulässig und bedeute nicht, dass es sich hier um eine amtliche Äußerung gehandelt habe. Es habe auch keinerlei Verwechslungsgefahr mit dem amtlichen Mitteilungsblatt der Stadt Ludwigslust bestanden, wie dies der Kläger andeuten wolle. Das Foto des damaligen Bürgermeisters Zimmermann in der Broschüre zeige diesen in der Tat in seinem Amtszimmer. Die Vermutung, es sei von einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung aufgenommen, sei aber eine reine Hypothese. Der Beklagten sei hierüber nichts bekannt.

29

Sie, die Beklagte, könne in den Ergebnissen der Briefwahl nichts erkennen, was daran, wie der Kläger meine, "äußerst widersprüchlich" oder "äußerst auffällig" sei. Dass das Ergebnis der Briefwahl vom Ergebnis der Urnenwahl abweiche, sei durchaus nicht ungewöhnlich und dürfte darauf zurückzuführen sein, dass bestimmte Wählerkreise, nämlich vor allem ältere Wähler, verstärkt von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch machen. Zwar sei zuzugestehen, dass die Hinweise zur Briefwahl im Rahmen der Stichwahl zumindest ungenau gewesen seien. Wolle man hieraus eine Unregelmäßigkeit ableiten, treffe dies allerdings beide Wahlbewerber.

30

Die Beigeladene hat sich zum Verfahren nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

31

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren mit ihrem wesentlichen Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

I.

32

Die Klage ist zulässig. Gegenstand der Klage ist gemäß § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 sowie § 71 KWG M-V richtigerweise der den Beschluss der Stadtvertretung über die Gültigkeit der Wahl und die Zurückweisung der Wahleinsprüche bekannt gebende Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2008. Soweit § 45 Abs. 1 und 2 KWG M-V den Eindruck erwecken, Gegenstand der Klage müsse ein von der zuzustellenden Wahlprüfungsentscheidung zu unterscheidender Beschluss der Vertretung sein, ist ein solches Verständnis der Norm nicht zwingend. Bei verständiger Würdigung bedarf es nämlich immer einer Umsetzung des Beschlusses der Vertretung in Form eines mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen schriftlichen Verwaltungsaktes, der vom Vorsitzenden der Vertretung zu unterzeichnen und demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, zuzustellen ist (vgl. Glaser, Kommentar zum Kommunalwahlgesetz, 3. Aufl. 2009, Erl. zu §§ 45, 46). Gibt es aber einen solchen die Wahlprüfungsentscheidung der Gemeindevertretung bekannt gebenden Bescheid, spricht alles dafür, diesen zum Gegenstand der Klage zu machen. § 45 Abs. 2 KWG M-V steht einem solchen Verständnis nach Auffassung der Kammer nicht entgegen.

33

Die Klage ist dementsprechend auch als Verpflichtungsklage statthaft. Zutreffend hat der Kläger deshalb seinen (Haupt-) Antrag unter Berücksichtigung der materiellrechtlichen Vorschrift des § 71 Abs. 1 Nr. 2 KWG M-V darauf gerichtet, den durch Bescheid vom 31. Juli 2008 bekannt gegebenen Beschluss der beklagten Stadtvertretung über die Gültigkeit der Wahl aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Wahl vom 18. Mai/1. Juni 2008 zum Bürgermeister der Stadt Ludwigslust für ungültig zu erklären und anzuordnen, dass die Wahl im gesamten Wahlgebiet zu wiederholen ist.

34

Die Verpflichtungsklage ist auch im Übrigen zulässig. Der Kläger ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO befugt, gegen den Einspruchsbescheid der Beklagten gerichtlich vorzugehen, denn nach § 70 Abs. 1 KWG M-V steht auch einem nicht wahlberechtigten Bewerber das Recht zu, gegen die Gültigkeit der Wahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters Einspruch zu erheben. Das Recht, sodann als Beteiligter des Wahlprüfungsverfahrens Klage zu erheben, ergibt sich aus § 56 Abs. 1 i.V.m. § 45 Abs. 2 KWG M-V. Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es hier nicht, da eine gesetzliche Ausnahme vom Erfordernis der Nachprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren vorliegt (§ 68 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt., Abs. 2 VwGO). Diese findet sich in § 56 Abs. 1 i.V.m. § 45 Abs. 2 KWG M-V. Danach steht den Beteiligten die Klage unmittelbar nach Zustellung der Entscheidung über den Einspruch und die Gültigkeit der Wahl zu. Die in § 45 Abs. 2 KWG M-V genannte Klagefrist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung hat der Kläger vorliegend ebenfalls eingehalten. Die Klage ist auch gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zu Recht gegen die Stadtvertretung, vertreten durch ihren Präsidenten, gerichtet worden, um deren Wahlprüfungsentscheidung es hier geht und unter deren Briefkopf - ebenfalls zu Recht - der hier streitgegenständliche Bescheid gefertigt worden ist.

II.

35

Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid vom 31. Juli 2008, mit dem der die Gültigkeit der Wahl feststellende und den Einspruch des Klägers zurückweisende Beschluss der Stadtvertretung vom 30. Juli 2008 bekannt gegeben worden ist, ist ebenso wie der Beschluss selbst rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

36

Der Kläger hat gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 2 KWG M-V einen Anspruch darauf, dass die Beklagte auf seinen (zulässigen) Wahleinspruch hin die Wahl des Bürgermeisters der Stadt Ludwigslust für ungültig erklärt und zugleich anordnet, dass die Wahl im gesamten Wahlgebiet zu wiederholen ist.

37

Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 KWG M-V kann auch seitens eines nicht wahlberechtigten Mitbewerbers gegen die Gültigkeit einer Wahl eines hauptamtlichen Bürgermeister Einspruch erhoben werden (Wahleinspruch). Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KWG M-V wird der Wahleinspruch zurückgewiesen und die Wahl für gültig erklärt, wenn kein Rechtsverstoß nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KWG M-V festzustellen ist. In welcher Weise die Vertretung ansonsten zu entscheiden hat, ergibt sich abhängig von der Art des Rechtsverstoßes aus § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KWG M-V. Nach der hier allein in Betracht zu ziehenden Alternative des §71 Abs. 1 Nr. 2 b) Satz 1 KWG M-V ist die Wahl im gesamten Wahlgebiet der Entscheidung entsprechend zu wiederholen, wenn bei der Vorbereitung der Wahl oder bei der Wahlhandlung Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, die das Wahlergebnis beeinflusst haben können und sich auf mehr als die Hälfte der Wahlbezirke erstrecken. Soweit § 71 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 KWG M-V bestimmt, dass das Wahlergebnis durch den Wahlausschuss neu festzustellen ist, bezieht sich dies bei verständiger Würdigung dagegen auf die zunächst durchzuführende Wiederholungswahl und ist auch deswegen nicht Gegenstand der von der Vertretung im Falle eines erfolgreichen Einspruchs zu treffenden Entscheidung. Angesichts der im Vergleich zu den übrigen Ziffern des § 71 Abs. 1 KWG M-V unklaren Formulierung hält es die Kammer allerdings für sachgerecht, im Falle des § 71 Abs. 1 Nr. 2 KWG M-V zusätzlich die Ungültigkeit der Wahl festzustellen. Dies ergibt sich im Übrigen sinngemäß aus der Eingangsformulierung des § 71 Abs. 1 KWG M-V, wo es heißt, dass die Vertretung "über die Gültigkeit der Wahl" und über die Einsprüche (...) zu beschließen habe.

38

Die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 Nr. 2 b) KWG M-V liegen hier vor. Es sind Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung der Wahl vorgekommen, die das Wahlergebnis beeinflusst haben können. Diese Unregelmäßigkeiten erstrecken sich auch auf das gesamte Wahlgebiet.

39

Ein solcher zum Erfolg der vorliegenden Klage führender Rechtsverstoß liegt bereits allein deshalb vor, weil der damalige Bürgermeister Zimmermann durch seine in der Wahlbroschüre der Beigeladenen veröffentlichte Wahlempfehlung gegen das einem Amtsträger im Wahlkampf obliegende Neutralitätsgebot verstoßen und dadurch in unzulässiger Weise auf das Wahlergebnis Einfluss genommen hat. Die Kammer braucht deshalb der Frage nicht weiter nachgehen, ob auch noch weitere der vom Kläger bereits in seinem vorprozessualen Wahleinspruch aufgeführten Gründe eine Unregelmäßigkeit im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 2 KWG M-V darstellen. Soweit das Klagevorbringen in tatsächlicher Hinsicht über den Einspruch des Klägers hinausgeht und zusätzliche Ereignisse benennt, die aus seiner Sicht ebenso als Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl zu werten sind, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass diese "neuen" Wahlanfechtungsgründe ohnehin nicht hätten berücksichtigt werden können. Denn nach § 71 i.V.m. § 43 Abs. 1 KWG M-V unterliegen die Gründe, derentwegen Einspruch erhoben wird, einer Ausschlussfrist. Damit soll im Interesse der Zügigkeit des Wahlprüfungsverfahrens nach Ablauf einer Zwei-Wochen-Frist sichergestellt sein, dass die zur Klärung der Gültigkeit einer Wahl dienenden Tatsachen innerhalb dieser Frist angebracht worden sind. Es muss für die Wahlprüfungsorgane nach Ablauf der Frist deutlich werden, welche Aspekte sie im Hinblick auf die Einwendungen des Wahlberechtigten zu überprüfen haben (vgl. OVG Greifswald, Urteil v. 28. November 1996 - 1L 145/96 -, Der Überblick 1997, 73).

40

Unregelmäßigkeiten im Wahlverfahren liegen u.a. vor, wenn den Bestimmungen des Kommunalwahlgesetzes oder der zur Ausführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oder allgemeinen Wahlgrundsätzen zuwider gehandelt wird. Hierunter fällt bei der gebotenen verfassungskonformen weiten Auslegung des Wahlfehlertatbestandes auch die unzulässige Wahlbeeinflussung durch einen kommunalen Amtsträger, denn diese verletzt die den gemeindlichen Organen im Kommunalkampf auferlegte Neutralitätspflicht, nicht parteiergreifend einzuwirken und dadurch die Chancengleichheit der anderen Wahlbewerber zu verletzen (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Februar 2001 - 2 BvF 1/00 -, BVerfGE 103, 111 ff; BVerwG, Urteil vom 8 April 2003 - 8 C 14/02-, BVerwGE 118, 101 ff; Hess. VGH, Urteil vom 22. September 2005 - 8 UE 609/05 -, NVwZ 2006, 610 ff).

41

Das KWG M-V enthält selbst keine Definition der unzulässigen Beeinflussung des Wählerwillens. Lediglich § 29 KWG M-V normiert die unzulässige Wahlwerbung, bezieht sich aber nur auf den Ort der Wahlhandlung (Wahlraum) bzw. die Veröffentlichung von Wählerbefragungen. Der Inhalt des Begriffs ist daher aus dem Zweck des Wahlprüfungsverfahrens zu gewinnen, das dem objektiven Schutz des Wahlrechts dient.

42

Verfassungsrechtlicher Anknüpfungspunkt sind Art. 20 Abs. 1 und 2 sowie Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Beeinflussung einer Wahl ist unzulässig, wenn die Grundsätze der Freiheit oder Gleichheit der Wahl verletzt werden. Organe der Kommunal- oder Gemeindeverwaltung verstoßen gegen die Grundsätze der Freiheit und Gleichheit der Wahl, wenn sie die Wahl in erheblicher Weise beeinflussen. Der Prozess der Willensbildung des Volkes muss staatsfrei und unbeeinflusst von Amtsträgern verlaufen. Aus dem Grundsatz der Freiheit der Wahl und dem Recht der Parteien auf Chancengleichheit wird das Verbot hergeleitet, den Wahlkampf durch offene oder versteckte Wahlwerbung annehmende Öffentlichkeitsarbeit etwa der Regierung oder amtlicher Stellen zu beeinflussen. Eine Wahl ist dann ungültig, wenn Träger öffentlicher Gewalt im Vorfeld in erheblichem Maße parteiergreifend auf die Bildung des Wählerwillens einwirken. Außerhalb dieses Bereiches erheblicher Verletzungen der Freiheit und der Gleichheit der Wahl führt das Einwirken von Parteien, einzelnen Wahlbewerbern, gesellschaftlichen Gruppen oder sonstigen Dritten auf die Bildung des Wählerwillens nicht zur Ungültigkeit einer Wahl (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Februar 2001, a.a.O.).

43

Die durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich gebotene und durch das KWG M-V geschützte Freiheit der Wahl setzt auch voraus, dass sich der Wähler über Ziele und Verhalten der Wahlbewerber frei von Manipulationen informieren kann. Nur Wahlen, die ohne Verstoß gegen das Gebot strikter staatlicher und gemeindlicher Neutralität und ohne Verletzung der Integrität der Willensbildung des Volkes und der Wahlbürger erfolgt sind, können demokratische Legitimation verleihen. Auch ein Bürgermeister darf deshalb in amtlicher Eigenschaft keine Empfehlung aussprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 - 8C5/96- NVwZ 1997, 1220, 1221; Urteil vom 8. April 2003, a.a.O.; Hess.VGH, Urteile vom 25. Februar 1999 - 8 UE 4368/98 -, Juris, sowie vom 22. September 2005 a.a.O.). Inhaber öffentlicher Ämter sind aber auch nicht gehindert, die ihnen obliegenden Aufgaben weiter "normal" auszuüben. Es besteht grundsätzlich keine Verpflichtung, wegen einer Wahl anders zu verfahren, als wenn die Wahl nicht stattfinden würde (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 29. Februar 2008 - 2 O 141/07-, NordÖR 2008, 190). Die Grenzen für die zulässige Betätigung kommunaler Organe im Wahlkampf sind überschritten, wenn diese die Kraft des Amtes gegebenen Einflussmöglichkeiten in einer Weise nutzen, die mit ihrer der Allgemeinheit verpflichtenden Aufgabe unvereinbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 2003, a.a.O.). Damit ist allerdings Wahlkampf von Amtsinhabern als Privatpersonen nicht ausgeschlossen, weil auch sie sich wie andere Wahlbewerber auf die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen können. Das Recht als Bürger, sich im Wahlkampf zu äußern und zu beteiligen besteht, findet aber seine Grenze in der dem Amtsträger obliegenden Neutralitätspflicht. Wenn Amtsinhaber im Wahlkampf von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch machen und sie ihr Amt erkennbar werden lassen, müssen private und amtliche Äußerungen hinreichend sicher unterscheidbar sein (vgl. Oebbecke, Amtliche Äußerungen im Bürgermeisterwahlkampf, NVwZ 2007, 30ff.). Auch für Bürgermeister ist unbestritten, dass Amtsinhaber als Privatpersonen Wahlkampf machen dürfen; sie können sich dabei wie jeder andere auf die Meinungsfreiheit berufen. Weil auch Amtsinhabern im Wahlkampf "kein Maulkorb verpasst" wird und sie nicht zu verleugnen brauchen, dass sie ein politisches Amt innehaben, sind private und amtliche Äußerungen nicht immer leicht zu unterscheiden (vgl. Oebbecke a.a.O.). Vom Grundrecht der Meinungsfreiheit ist eine Meinungsäußerung aber dann nicht mehr gedeckt, wenn damit bewusst ein Bezug zu den von ihm wahrgenommenen Amt hergestellt wird und die mit dem Amt verbundene Einflussmöglichkeit auf den Wähler genutzt werden soll. Obgleich bei den Wahlen im kommunalen Bereich nicht selten - wie hier - unabhängige Kandidaten sich zur Wahl stellen, ist der Wahlkampf dennoch häufig durch die Parteien geprägt.

44

Durch die Direktwahl des Bürgermeisters oder des Landrats hat diese Wahl auch an parteipolitischer Bedeutung erheblich gewonnen, so dass hier von Parteien und Persönlichkeiten Einfluss genommen wird, wenn Wahlkampf und Überzeugungsarbeit effektiv geleistet werden soll. Je mehr die Führungspositionen in Gemeinden und Kreisverwaltungen Gegenstand von Wahlen sind, desto mehr wird auch der parteipolitische Einfluss zunehmen, den es nicht zu verhindern, sondern zu begrenzen gilt, soweit Amtsträger sich an Wahlkämpfen beteiligen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997, a.a.O.; OVG Lüneburg vom 26. März 2008 - 10 LC 203/07-, NdsRpfl 2008, 195; VG Oldenburg, Urteil vom 3. Juli 2007 -1 A5389/06-, Juris).

45

Die sich daraus ergebenden Grenzen für die zulässige Betätigung eines Bürgermeisters im Kommunalwahlkampf sind überschritten, wenn ein Bürgermeister das ihm aufgrund seiner amtlichen Tätigkeit zufallende Gewicht und die ihm kraft seines Amtes gegebenen Einflussmöglichkeiten in einer Weise nutzt, die mit seiner der Allgemeinheit verpflichteten Aufgabe unvereinbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997, a.a.O.).

46

So verhält es sich hier. Der Wahlaufruf des damaligen Bürgermeisters Zimmermann in der Wahlbroschüre der Beigeladenen stellt sich als Verletzung der Neutralitätspflicht und damit als Unregelmäßigkeit im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 2 KWG M-V dar.

47

Die äußere Gestaltung der gesamten Wahlbroschüre deutet allein allerdings noch nicht darauf hin, dass hier eine Verletzung der Neutralitätspflicht vorliegen könnte. Weder die Aufmachung noch das Layout lassen eine Verwechslung mit dem amtlichen Stadtanzeiger der Stadt Ludwigslust aufkommen. Die Broschüre war im Gegensatz zum Stadtanzeiger farbig gestaltet und besaß ein deutlich anderes Schriftbild. Hierdurch war für den Leser leicht erkennbar, dass es sich bei der Wahlbroschüre nicht etwa um eine Ausgabe des amtlichen Stadtanzeigers handelt.

48

Auch in der Veröffentlichung des Fotos des damaligen Bürgermeisters Zimmermann erkennt die Kammer bei isolierter Betrachtung noch keinen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht. Zwar ist Herr Zimmermann ersichtlich in einem Arbeitszimmer - tatsächlich ist es das Dienstzimmer des Bürgermeisters gewesen - abgelichtet worden, dieses war aber für den unbefangenen Betrachter nicht erkennbar und letztlich auch nicht von entscheidender Bedeutung.

49

Maßgeblich ist vielmehr der konkrete Inhalt des Wahlaufrufs und dessen Unterzeichnung unter Angabe des aktuellen konkret-funktionellen Amtes durch den Bürgermeister der Stadt Ludwigslust, der zur Überzeugung der Kammer als ein eindeutiger Verstoß gegen die Neutralitätspflicht zu werten ist. In diesem Wahlaufruf beruft er sich nämlich bei verständiger Würdigung gezielt auf Eindrücke, Kenntnisse und Erfahrungen, die er ausschließlich in seiner amtlichen Eigenschaft als Bürgermeister erworben hat, wenn er u.a. ausführt, dass er die Beigeladene seit vielen Jahren als "meine langjährige 1. Stellvertreterin und Kämmerin" kenne, die er "selbst zur Kandidatur ermutigt" habe, weil er sie "sie für fähig und geeignet halte", die "Verwaltung gut zu steuern". Damit argumentiert der damalige Bürgermeister mit einer speziellen Beurteilungskompetenz, die aufgrund seiner Tätigkeit nur er besitzen kann, und mithin als ein aufgrund seiner Sachnähe besonders kundiger und Vertrauen erweckender Amtsträger zugunsten der Beigeladenen, die er während seiner und ihrer Dienstzeit kennengelernt hat. Es handelt sich eben gerade nicht um eine bloße Meinungsäußerung eines Bürgers, der die Beigeladene in ihrer Tätigkeit bei der Stadtverwaltung von außen beobachtet, sich bei dieser Gelegenheit ein Bild von ihrer Eignung gemacht hat und für sie werbend freundliche Worte findet. Dass die vom Bürgermeister gewählten Formulierungen sehr subjektiv gehalten sind ("ich habe...selbst...ermutigt....ich halte sie für fähig..."), bedeutet allein deshalb nicht, dass es sich hier um eine vom Amt losgelöste persönliche Einschätzung der Beigeladenen handelt, die als zulässige private Meinungsäußerung gewertet werden könnte.

50

Für die Entscheidung der Kammer, den Wahlaufruf des damaligen Bürgermeisters als unzulässige amtliche Wahlbeeinflussung zu werten, ist auch von besonderer Bedeutung, dass er seine Unterschrift ausdrücklich mit der Angabe seines konkret-funktionellen Amtes als "Bürgermeister der Stadt Ludwigslust" verbunden hat. Bereits dieser Umstand ist geeignet, die im Wahlkampf verbreitete Äußerung zugunsten der Beigeladenen als Unregelmäßigkeit im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 2 KWG M-V zu werten (vgl. Hess.VGH, Urteil vom 22. September 2005, a.a.O.). Mit dem Einwand, es handele sich hier um eine bloße Amtsbezeichnung, die Wahlbeamte gemäß § 94 Abs. 2 Satz 1 LBG M-V auch außerhalb des Dienstes führen dürften, kann die Beklagte nicht gehört werden. Zum einen enthält § 94 Abs. 2 Satz 1 LBG M-V allenfalls eine Aussage zu den allgemeinen dienstrechtlichen Befugnissen eines Beamten, nicht aber zu den Auswirkungen, die dieses Verhalten in anderem Sachzusammenhang haben kann, sowie zu den speziellen Grenzen, deren Einhaltung das Wahlrecht den Amtsträgern auferlegt. Zum anderen vermag die Kammer vorliegend gerade nicht erkennen, dass der Bürgermeister als Privatperson "außerhalb des Dienstes" tätig werden wollte und auch tätig geworden ist. Ob es zu beanstanden gewesen wäre, wenn die Unterschrift auf dem Wahlaufruf lediglich mit der Angabe des abstrakt-funktionellen Amtes "Bürgermeister" verbunden gewesen wäre, kann dahin stehen, weil der Fall so nicht liegt. Mit dem Zusatz "der Stadt Ludwigslust" hat der damalige Bürgermeister auf seine konkrete amtliche Funktion hingewiesen und diese als Grundlage seiner Wahlempfehlung herausgestellt.

51

Im Ergebnis handelt es sich hier - entsprechend dem in den oben zitierten Judikaten entwickelten Maßstab - um einen gravierenden, mit der Inanspruchnahme amtlicher Autorität verbundenen und deshalb unzulässigen Eingriff in den Wahlkampf.

52

Dieser als Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung der Wahl zu qualifizierende Rechtsverstoß konnte auch das Wahlergebnis zu beeinflussen, wie es § 71 Abs. 1 Nr. 2 KWG M-V verlangt. Nicht jede Unregelmäßigkeit führt danach zur Wiederholung einer Wahl. Vielmehr bedarf es der zusätzlichen Feststellung, dass der Fehler auf das Wahlergebnis Einfluss haben konnte. Diese Erheblichkeitsklausel dient dem Ziel, die Wahl möglichst aufrecht zu erhalten. Rechtsverstöße, die nicht eine konkrete Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses begründen, werden in Kauf genommen, weil die Wählerschaft im Rahmen des Vertretbaren vor unnötigen Belastungen mit Neuwahlen sowie Gemeinden und Landkreise vor dem damit verbundenen Aufwand bewahrt werden soll. Maßgebend ist mithin, ob nach der Lebenserfahrung und den Umständen des Einzelfalls bei realistischer Betrachtungsweise eine konkrete oder greifbar nahe Möglichkeit besteht, dass der Wahlfehler Einfluss auf das Ergebnis hatte (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 28. November 1996 - 1 L 145/96 -, Der Überblick 1997, 73, 74).

53

Im vorliegenden Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Auswirkungen einer unzulässigen Beeinflussung des Wählerwillens letztlich nie hinreichend sicher quantifizierbar sind. Es muss daher ausreichen, wenn die Beeinflussung des Wahlergebnisses bei lebensnaher Betrachtung möglich erscheint bzw. umgekehrt nicht ausgeschlossen werden kann. Dies ist hier der Fall. Bei realistischer Betrachtungsweise ist eine solche Möglichkeit, dass der unzulässige Wahlaufruf Einfluss auf das Ergebnis hatte, ohne Weiteres anzunehmen, denn der Wahlaufruf weist einen zeitlichen, räumlichen und sachlichen Zusammenhang zur angefochtenen Wahl auf; hinzu kommt, dass der Wahlausgang am Ende äußerst knapp war.

54

Die Wahlbroschüre ist Anfang Mai 2008 und damit im unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Hauptwahl am 18. Mai 2008 erschienen. Hier kann sicher nicht ausgeschlossen werden, dass der unzulässige Wahlaufruf Auswirkungen auf das Wahlergebnis hatte. Schon wegen der engen zeitlichen Abfolge ist dies aber auch für das Ergebnis der Stichwahl anzunehmen. Hier erreichte die Beigeladene bei insgesamt 4.548 gültigen Stimmen zudem lediglich einen Stimmenvorsprung von 130 Stimmen. Erst recht in Anbetracht dieses knappen Ergebnisses der Stichwahl gibt es keine tragfähige Begründung für die Annahme, die Möglichkeit eines Einflusses auf das Wahlergebnis sei auszuschließen.

55

Da die hier festgestellte Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung der Wahl angesichts der Verbreitung der Wahlbroschüre an alle Haushalte das gesamte Wahlgebiet betraf, ist neben der Feststellung der Ungültigkeit der Wahl auch anzuordnen, dass die Wahl im gesamten Wahlgebiet zu wiederholen ist.

56

Zur Klarstellung sei ausgeführt, dass die von der Kammer getroffene Entscheidung nicht etwa gemäß § 72 Nr. 2 KWG M-V dazu führt, dass die Beigeladene ihre Rechtsstellung bereits verlieren wird, wenn die Feststellung der Ungültigkeit der Wahl bestandskräftig geworden ist; vielmehr ergibt sich diese Rechtsfolge erst mit der Neufeststellung des Wahlergebnisses der durchzuführenden Wiederholungswahl (§ 72 Nr. 3 iVm. § 71 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 KWG M-V).

III.

57

Da die Klage Erfolg hat, sind die Kosten des gerichtlichen Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO von der Beklagten zu tragen. Eine Ausnahme betrifft etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 29/02/2008 00:00

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 2. Kammer - vom 01.11.2007 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
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Annotations

(1) Soweit nach § 32 das Betreiben von Bankgeschäften oder das Erbringen von Finanzdienstleistungen einer Erlaubnis bedarf, dürfen Eintragungen in öffentliche Register nur vorgenommen werden, wenn dem Registergericht die Erlaubnis nachgewiesen ist.

(2) Führt ein Unternehmen eine Firma oder einen Zusatz zur Firma, deren Gebrauch nach den §§ 39 bis 41 unzulässig ist, hat das Registergericht das Unternehmen zur Unterlassung des Gebrauchs der Firma oder des Zusatzes zur Firma durch Festsetzung von Ordnungsgeld anzuhalten; § 392 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt entsprechend. § 395 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bleibt unberührt.

(3) Die Bundesanstalt ist berechtigt, in Verfahren des Registergerichts, die sich auf die Eintragung oder Änderung der Rechtsverhältnisse oder der Firma von Kreditinstituten oder Unternehmen beziehen, die nach den §§ 39 bis 41 unzulässige Bezeichnungen verwenden, Anträge zu stellen und die nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zulässigen Rechtsmittel einzulegen.

(1) Wenn die Vermögens-, Finanz- oder Ertragsentwicklung eines Instituts oder andere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass das Institut

1.
die Anforderungen der Artikel 92 bis 386 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 oder des § 10 Absatz 3 und 4,
2.
die Anforderungen der Artikel 412 und 413 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 oder des § 11,
3.
die Anforderungen des § 6c,
4.
die kombinierte Kapitalpufferanforderung nach § 10i,
4a.
die Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote nach § 10j,
5.
die Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten und die Anforderung an das Verlustabsorptionskapital nach den §§ 49 bis 51 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes oder
6.
die Anforderungen des § 51a Absatz 1 oder Absatz 2 oder des § 51b
nicht erfüllt oder zukünftig voraussichtlich nicht erfüllen wird, kann die Aufsichtsbehörde gegenüber dem Institut Maßnahmen zur dauerhaften Erfüllung der Anforderungen anordnen.

(2) Die Aufsichtsbehörde kann insbesondere

1.
anordnen, dass das Institut der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank eine begründete Darstellung der Entwicklung der wesentlichen Geschäftsaktivitäten über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren, einschließlich Planbilanzen, Plangewinn- und -verlustrechnungen sowie der bankaufsichtlichen Kennzahlen, vorlegt,
2.
anordnen, dass das Institut Maßnahmen zur besseren Abschirmung oder Reduzierung der vom Institut als wesentlich identifizierten Risiken und damit verbundener Risikokonzentrationen prüft und der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank darüber berichtet, wobei auch Konzepte für den Ausstieg aus einzelnen Geschäftsbereichen oder die Abtrennung von Instituts- oder Gruppenteilen erwogen werden sollen,
3.
anordnen, dass das Institut der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank über geeignete Maßnahmen zur Erhöhung seines Kernkapitals, seiner Eigenmittel und seiner Liquidität berichtet,
4.
anordnen, dass das Institut ein Konzept zur Abwendung einer möglichen Gefahrenlage nach § 35 Absatz 2 Nummer 4 entwickelt und der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank vorlegt,
5.
Entnahmen durch die Inhaber oder Gesellschafter sowie die Ausschüttung von Gewinnen untersagen oder beschränken,
6.
bilanzielle Maßnahmen untersagen oder beschränken, die dazu dienen, einen entstandenen Jahresfehlbetrag auszugleichen oder einen Bilanzgewinn auszuweisen,
7.
anordnen, dass die Auszahlung jeder Art von gewinnabhängigen Erträgen auf Eigenmittelinstrumente insgesamt oder teilweise ersatzlos entfällt, wenn die gewinnabhängigen Erträge nicht vollständig durch einen erzielten Jahresüberschuss gedeckt sind,
8.
die Gewährung von Krediten im Sinne von § 19 Absatz 1 untersagen oder beschränken,
9.
anordnen, dass das Institut Maßnahmen zur Reduzierung von Risiken, einschließlich der mit ausgelagerten Aktivitäten und Prozessen verbundenen Risiken, ergreift, soweit sich diese aus bestimmten Arten von Geschäften und Produkten oder der Nutzung bestimmter Systeme ergeben,
10.
anordnen, dass das Institut den Jahresgesamtbetrag, den es für die variable Vergütung aller Geschäftsleiter und Mitarbeiter vorsieht (Gesamtbetrag der variablen Vergütungen), auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränkt oder vollständig streicht, soweit diese variablen Vergütungsbestandteile nicht durch Tarifvertrag oder in seinem Geltungsbereich durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung vereinbart sind,
11.
die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile untersagen oder auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränken, soweit diese variablen Vergütungsbestandteile nicht durch Tarifvertrag oder in seinem Geltungsbereich durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung vereinbart sind,
12.
anordnen, dass das Institut darlegt, wie und in welchem Zeitraum die in Absatz 1 genannten Anforderungen nachhaltig wieder erfüllt werden können (Restrukturierungsplan), und es der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank regelmäßig über den Fortschritt der hierzu ergriffenen Maßnahmen berichtet, und
13.
anordnen, dass das Kreditinstitut eine oder mehrere Handlungsoptionen aus einem Sanierungsplan nach § 13 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes umsetzt.

(3) Der Restrukturierungsplan nach Absatz 2 Nummer 12 muss transparent, plausibel und begründet sein. Im Restrukturierungsplan sind

1.
konkrete Ziele, Zwischenziele und Fristen für die Umsetzung der dargelegten Maßnahmen zu benennen, die von der Aufsichtsbehörde überprüft werden können,
2.
Verantwortlichkeiten zuzuweisen,
3.
Berichtswege aufzuzeigen,
4.
die Auswirkungen des Restrukturierungsplans auf die Eigenmittelausstattung einschließlich einer mittelfristigen Kapitalplanung darzulegen und
5.
die bestehende Vermögens- und Ertragslage und deren geplante Entwicklung darzustellen.
Die Aufsichtsbehörde kann jederzeit Einsicht in den Restrukturierungsplan und die zugehörigen Unterlagen nehmen. Die Aufsichtsbehörde kann die Änderung des Restrukturierungsplans verlangen und hierfür Vorgaben machen, soweit sie die angegebenen Ziele, Zwischenziele und Umsetzungsfristen für nicht ausreichend hält oder wenn sich für den Restrukturierungsplan wesentliche Umstände geändert haben oder das Institut die Ziele, Zwischenziele oder Umsetzungsfristen nicht einhalten kann.

(4) Die Absätze 1 und 2 Nummer 1 bis 7 und 9 bis 12 sind auf übergeordnete Unternehmen nach § 10a sowie auf Institute, die nach Artikel 22 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 zur Teilkonsolidierung verpflichtet sind, entsprechend anzuwenden, wenn eine oder mehrere der in Absatz 1 aufgezählten Anforderungen auf zusammengefasster Basis nicht erfüllt werden oder zukünftig voraussichtlich nicht mehr erfüllt werden können. Bei einem gruppenangehörigen Institut, das nach § 2a Absatz 1 freigestellt ist, kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass die Vorschriften der Artikel 24 bis 403 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entgegen der Freistellung ganz oder teilweise wieder anzuwenden sind.

(5) Die Aufsichtsbehörde darf die in Absatz 2 Nummer 5 bis 13 und Absatz 4 bezeichneten Anordnungen erst treffen, wenn das Institut oder die gemischte Finanzholding-Gesellschaft den Mangel nicht innerhalb einer von der Aufsichtsbehörde zu bestimmenden Frist behoben hat. Soweit dies zur Verhinderung einer kurzfristig zu erwartenden Verschlechterung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragsentwicklung des Instituts nach Absatz 1 erforderlich ist oder soweit bereits Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 1 bis 4 ergriffen wurden, sind solche Anordnungen auch ohne vorherige Androhung zulässig.

(6) Beschlüsse über eine Gewinnausschüttung sind nichtig, soweit sie einer Anordnung nach Absatz 2 oder 4 widersprechen. Aus Regelungen in Verträgen über Eigenmittelinstrumente können keine Rechte abgeleitet werden, soweit diese einer Anordnung nach Absatz 2 Nummer 5 bis 13 oder Absatz 4 widersprechen.

(7) Bei einer Streichung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung oder einer Untersagung der Auszahlung von variablen Vergütungsbestandteilen nach Absatz 2 Nummer 10 oder 11 kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass die Ansprüche auf Gewährung variabler Vergütungsbestandteile ganz oder teilweise erlöschen, wenn bei Untersagung der Auszahlung oder innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach Untersagung der Auszahlung

1.
das Institut außerordentliche staatliche Unterstützung in Anspruch nimmt und die Voraussetzungen für die Untersagung der Auszahlung bis zu diesem Zeitpunkt nicht weggefallen sind oder allein auf Grund dieser Maßnahmen weggefallen sind,
2.
eine Anordnung der Aufsichtsbehörde nach Absatz 2 Nummer 1 bis 7 besteht oder getroffen wird oder
3.
Maßnahmen nach § 46 getroffen werden oder eine Abwicklungsanordnung im Sinne des § 77 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes ergangen ist.
Eine solche Anordnung soll insbesondere ergehen, wenn
1.
die Ansprüche auf Gewährung variabler Vergütungsbestandteile auf Grund solcher Regelungen eines Vergütungssystems eines Instituts entstanden sind, die den Anforderungen nach § 25a Absatz 1 Satz 3 Nummer 6 widersprechen, oder
2.
anzunehmen ist, dass ohne die außerordentliche staatliche Unterstützung das Institut nicht in der Lage gewesen wäre, die variablen Vergütungsbestandteile zu gewähren.
Ist anzunehmen, dass das Institut einen Teil der variablen Vergütungsbestandteile hätte gewähren können, sind die variablen Vergütungsbestandteile angemessen zu kürzen.

(8) Liegen die Voraussetzungen nach Absatz 7 Satz 1 und 2 vor, kann die Aufsichtsbehörde gegenüber dem Institut auch anordnen, dass das Institut sämtliche nach § 25a Absatz 5 Satz 4 dieses Gesetzes und nach § 20 Absatz 1 und 2 der Institutsvergütungsverordnung zurückbehaltenen variablen Vergütungen von Geschäftsleitern und Mitarbeitern kürzt oder streicht. Die Aufsichtsbehörde kann Anordnungen nach Absatz 2 Nummer 10 und 11 und nach Absatz 7 Satz 1 auch treffen, wenn ein Institut außerordentliche staatliche Unterstützung in Anspruch nimmt und die Anordnung zur Erhaltung einer soliden Eigenkapital- oder Liquiditätsausstattung oder zu einer frühzeitigen Beendigung der staatlichen Unterstützung geboten ist. Nimmt ein Institut staatliche Unterstützung in Anspruch, kann die Aufsichtsbehörde außerdem die Auszahlung von variablen Vergütungsbestandteilen an Geschäftsleiter des Instituts ganz oder teilweise untersagen und das Erlöschen der entsprechenden Ansprüche anordnen. Ansprüche auf variable Vergütung, die vor dem 1. Januar 2011 entstanden sind, können weder nach Absatz 7 noch nach den Sätzen 1 und 2 gekürzt oder gestrichen werden. Satz 3 ist nicht auf Ansprüche auf variable Vergütung anwendbar, die vor dem 1. Januar 2012 entstanden sind.

(9) Institute müssen der Möglichkeit einer Anordnung nach Absatz 2 Nummer 10 und 11 und nach den Absätzen 7 und 8 Satz 1 bis 3 in vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Geschäftsleitern und Mitarbeitern Rechnung tragen. Soweit vertragliche Vereinbarungen über die Gewährung einer variablen Vergütung einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen, können aus ihnen keine Rechte abgeleitet werden.

(10) Die Aufsichtsbehörde kann eine Maßnahme nach den Absätzen 1 bis 8 gegenüber einem in § 10 Absatz 4 Satz 1 aufgeführten Unternehmen oder einer dort aufgeführten Gruppe auch anordnen, wenn dieses oder diese die nach § 10 Absatz 4 angeordneten erhöhten Kapitalanforderungen nicht erfüllt.

(11) Zur Umsetzung der Anordnungen nach Absatz 8 oder § 10 Absatz 4 gelten für Beschlussfassungen der Anteilsinhaberversammlung des Instituts, die Kapitalmaßnahmen betreffen, die §§ 7 bis 7f, 9, 10, 12, 13 und 15 des Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes entsprechend. Dies gilt auch dann, wenn andere private oder öffentliche Stellen als der Finanzmarktstabilisierungsfonds zur Erreichung der Kapitalanforderungen teilweise oder vollständig beitragen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Wenn die Vermögens-, Finanz- oder Ertragsentwicklung eines Instituts oder andere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass das Institut

1.
die Anforderungen der Artikel 92 bis 386 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 oder des § 10 Absatz 3 und 4,
2.
die Anforderungen der Artikel 412 und 413 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 oder des § 11,
3.
die Anforderungen des § 6c,
4.
die kombinierte Kapitalpufferanforderung nach § 10i,
4a.
die Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote nach § 10j,
5.
die Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten und die Anforderung an das Verlustabsorptionskapital nach den §§ 49 bis 51 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes oder
6.
die Anforderungen des § 51a Absatz 1 oder Absatz 2 oder des § 51b
nicht erfüllt oder zukünftig voraussichtlich nicht erfüllen wird, kann die Aufsichtsbehörde gegenüber dem Institut Maßnahmen zur dauerhaften Erfüllung der Anforderungen anordnen.

(2) Die Aufsichtsbehörde kann insbesondere

1.
anordnen, dass das Institut der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank eine begründete Darstellung der Entwicklung der wesentlichen Geschäftsaktivitäten über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren, einschließlich Planbilanzen, Plangewinn- und -verlustrechnungen sowie der bankaufsichtlichen Kennzahlen, vorlegt,
2.
anordnen, dass das Institut Maßnahmen zur besseren Abschirmung oder Reduzierung der vom Institut als wesentlich identifizierten Risiken und damit verbundener Risikokonzentrationen prüft und der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank darüber berichtet, wobei auch Konzepte für den Ausstieg aus einzelnen Geschäftsbereichen oder die Abtrennung von Instituts- oder Gruppenteilen erwogen werden sollen,
3.
anordnen, dass das Institut der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank über geeignete Maßnahmen zur Erhöhung seines Kernkapitals, seiner Eigenmittel und seiner Liquidität berichtet,
4.
anordnen, dass das Institut ein Konzept zur Abwendung einer möglichen Gefahrenlage nach § 35 Absatz 2 Nummer 4 entwickelt und der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank vorlegt,
5.
Entnahmen durch die Inhaber oder Gesellschafter sowie die Ausschüttung von Gewinnen untersagen oder beschränken,
6.
bilanzielle Maßnahmen untersagen oder beschränken, die dazu dienen, einen entstandenen Jahresfehlbetrag auszugleichen oder einen Bilanzgewinn auszuweisen,
7.
anordnen, dass die Auszahlung jeder Art von gewinnabhängigen Erträgen auf Eigenmittelinstrumente insgesamt oder teilweise ersatzlos entfällt, wenn die gewinnabhängigen Erträge nicht vollständig durch einen erzielten Jahresüberschuss gedeckt sind,
8.
die Gewährung von Krediten im Sinne von § 19 Absatz 1 untersagen oder beschränken,
9.
anordnen, dass das Institut Maßnahmen zur Reduzierung von Risiken, einschließlich der mit ausgelagerten Aktivitäten und Prozessen verbundenen Risiken, ergreift, soweit sich diese aus bestimmten Arten von Geschäften und Produkten oder der Nutzung bestimmter Systeme ergeben,
10.
anordnen, dass das Institut den Jahresgesamtbetrag, den es für die variable Vergütung aller Geschäftsleiter und Mitarbeiter vorsieht (Gesamtbetrag der variablen Vergütungen), auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränkt oder vollständig streicht, soweit diese variablen Vergütungsbestandteile nicht durch Tarifvertrag oder in seinem Geltungsbereich durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung vereinbart sind,
11.
die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile untersagen oder auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränken, soweit diese variablen Vergütungsbestandteile nicht durch Tarifvertrag oder in seinem Geltungsbereich durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung vereinbart sind,
12.
anordnen, dass das Institut darlegt, wie und in welchem Zeitraum die in Absatz 1 genannten Anforderungen nachhaltig wieder erfüllt werden können (Restrukturierungsplan), und es der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank regelmäßig über den Fortschritt der hierzu ergriffenen Maßnahmen berichtet, und
13.
anordnen, dass das Kreditinstitut eine oder mehrere Handlungsoptionen aus einem Sanierungsplan nach § 13 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes umsetzt.

(3) Der Restrukturierungsplan nach Absatz 2 Nummer 12 muss transparent, plausibel und begründet sein. Im Restrukturierungsplan sind

1.
konkrete Ziele, Zwischenziele und Fristen für die Umsetzung der dargelegten Maßnahmen zu benennen, die von der Aufsichtsbehörde überprüft werden können,
2.
Verantwortlichkeiten zuzuweisen,
3.
Berichtswege aufzuzeigen,
4.
die Auswirkungen des Restrukturierungsplans auf die Eigenmittelausstattung einschließlich einer mittelfristigen Kapitalplanung darzulegen und
5.
die bestehende Vermögens- und Ertragslage und deren geplante Entwicklung darzustellen.
Die Aufsichtsbehörde kann jederzeit Einsicht in den Restrukturierungsplan und die zugehörigen Unterlagen nehmen. Die Aufsichtsbehörde kann die Änderung des Restrukturierungsplans verlangen und hierfür Vorgaben machen, soweit sie die angegebenen Ziele, Zwischenziele und Umsetzungsfristen für nicht ausreichend hält oder wenn sich für den Restrukturierungsplan wesentliche Umstände geändert haben oder das Institut die Ziele, Zwischenziele oder Umsetzungsfristen nicht einhalten kann.

(4) Die Absätze 1 und 2 Nummer 1 bis 7 und 9 bis 12 sind auf übergeordnete Unternehmen nach § 10a sowie auf Institute, die nach Artikel 22 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 zur Teilkonsolidierung verpflichtet sind, entsprechend anzuwenden, wenn eine oder mehrere der in Absatz 1 aufgezählten Anforderungen auf zusammengefasster Basis nicht erfüllt werden oder zukünftig voraussichtlich nicht mehr erfüllt werden können. Bei einem gruppenangehörigen Institut, das nach § 2a Absatz 1 freigestellt ist, kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass die Vorschriften der Artikel 24 bis 403 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entgegen der Freistellung ganz oder teilweise wieder anzuwenden sind.

(5) Die Aufsichtsbehörde darf die in Absatz 2 Nummer 5 bis 13 und Absatz 4 bezeichneten Anordnungen erst treffen, wenn das Institut oder die gemischte Finanzholding-Gesellschaft den Mangel nicht innerhalb einer von der Aufsichtsbehörde zu bestimmenden Frist behoben hat. Soweit dies zur Verhinderung einer kurzfristig zu erwartenden Verschlechterung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragsentwicklung des Instituts nach Absatz 1 erforderlich ist oder soweit bereits Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 1 bis 4 ergriffen wurden, sind solche Anordnungen auch ohne vorherige Androhung zulässig.

(6) Beschlüsse über eine Gewinnausschüttung sind nichtig, soweit sie einer Anordnung nach Absatz 2 oder 4 widersprechen. Aus Regelungen in Verträgen über Eigenmittelinstrumente können keine Rechte abgeleitet werden, soweit diese einer Anordnung nach Absatz 2 Nummer 5 bis 13 oder Absatz 4 widersprechen.

(7) Bei einer Streichung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung oder einer Untersagung der Auszahlung von variablen Vergütungsbestandteilen nach Absatz 2 Nummer 10 oder 11 kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass die Ansprüche auf Gewährung variabler Vergütungsbestandteile ganz oder teilweise erlöschen, wenn bei Untersagung der Auszahlung oder innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach Untersagung der Auszahlung

1.
das Institut außerordentliche staatliche Unterstützung in Anspruch nimmt und die Voraussetzungen für die Untersagung der Auszahlung bis zu diesem Zeitpunkt nicht weggefallen sind oder allein auf Grund dieser Maßnahmen weggefallen sind,
2.
eine Anordnung der Aufsichtsbehörde nach Absatz 2 Nummer 1 bis 7 besteht oder getroffen wird oder
3.
Maßnahmen nach § 46 getroffen werden oder eine Abwicklungsanordnung im Sinne des § 77 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes ergangen ist.
Eine solche Anordnung soll insbesondere ergehen, wenn
1.
die Ansprüche auf Gewährung variabler Vergütungsbestandteile auf Grund solcher Regelungen eines Vergütungssystems eines Instituts entstanden sind, die den Anforderungen nach § 25a Absatz 1 Satz 3 Nummer 6 widersprechen, oder
2.
anzunehmen ist, dass ohne die außerordentliche staatliche Unterstützung das Institut nicht in der Lage gewesen wäre, die variablen Vergütungsbestandteile zu gewähren.
Ist anzunehmen, dass das Institut einen Teil der variablen Vergütungsbestandteile hätte gewähren können, sind die variablen Vergütungsbestandteile angemessen zu kürzen.

(8) Liegen die Voraussetzungen nach Absatz 7 Satz 1 und 2 vor, kann die Aufsichtsbehörde gegenüber dem Institut auch anordnen, dass das Institut sämtliche nach § 25a Absatz 5 Satz 4 dieses Gesetzes und nach § 20 Absatz 1 und 2 der Institutsvergütungsverordnung zurückbehaltenen variablen Vergütungen von Geschäftsleitern und Mitarbeitern kürzt oder streicht. Die Aufsichtsbehörde kann Anordnungen nach Absatz 2 Nummer 10 und 11 und nach Absatz 7 Satz 1 auch treffen, wenn ein Institut außerordentliche staatliche Unterstützung in Anspruch nimmt und die Anordnung zur Erhaltung einer soliden Eigenkapital- oder Liquiditätsausstattung oder zu einer frühzeitigen Beendigung der staatlichen Unterstützung geboten ist. Nimmt ein Institut staatliche Unterstützung in Anspruch, kann die Aufsichtsbehörde außerdem die Auszahlung von variablen Vergütungsbestandteilen an Geschäftsleiter des Instituts ganz oder teilweise untersagen und das Erlöschen der entsprechenden Ansprüche anordnen. Ansprüche auf variable Vergütung, die vor dem 1. Januar 2011 entstanden sind, können weder nach Absatz 7 noch nach den Sätzen 1 und 2 gekürzt oder gestrichen werden. Satz 3 ist nicht auf Ansprüche auf variable Vergütung anwendbar, die vor dem 1. Januar 2012 entstanden sind.

(9) Institute müssen der Möglichkeit einer Anordnung nach Absatz 2 Nummer 10 und 11 und nach den Absätzen 7 und 8 Satz 1 bis 3 in vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Geschäftsleitern und Mitarbeitern Rechnung tragen. Soweit vertragliche Vereinbarungen über die Gewährung einer variablen Vergütung einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen, können aus ihnen keine Rechte abgeleitet werden.

(10) Die Aufsichtsbehörde kann eine Maßnahme nach den Absätzen 1 bis 8 gegenüber einem in § 10 Absatz 4 Satz 1 aufgeführten Unternehmen oder einer dort aufgeführten Gruppe auch anordnen, wenn dieses oder diese die nach § 10 Absatz 4 angeordneten erhöhten Kapitalanforderungen nicht erfüllt.

(11) Zur Umsetzung der Anordnungen nach Absatz 8 oder § 10 Absatz 4 gelten für Beschlussfassungen der Anteilsinhaberversammlung des Instituts, die Kapitalmaßnahmen betreffen, die §§ 7 bis 7f, 9, 10, 12, 13 und 15 des Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes entsprechend. Dies gilt auch dann, wenn andere private oder öffentliche Stellen als der Finanzmarktstabilisierungsfonds zur Erreichung der Kapitalanforderungen teilweise oder vollständig beitragen.

(1) Die Klage ist zu richten

1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.

(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach § 32 das Betreiben von Bankgeschäften oder das Erbringen von Finanzdienstleistungen einer Erlaubnis bedarf, dürfen Eintragungen in öffentliche Register nur vorgenommen werden, wenn dem Registergericht die Erlaubnis nachgewiesen ist.

(2) Führt ein Unternehmen eine Firma oder einen Zusatz zur Firma, deren Gebrauch nach den §§ 39 bis 41 unzulässig ist, hat das Registergericht das Unternehmen zur Unterlassung des Gebrauchs der Firma oder des Zusatzes zur Firma durch Festsetzung von Ordnungsgeld anzuhalten; § 392 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt entsprechend. § 395 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bleibt unberührt.

(3) Die Bundesanstalt ist berechtigt, in Verfahren des Registergerichts, die sich auf die Eintragung oder Änderung der Rechtsverhältnisse oder der Firma von Kreditinstituten oder Unternehmen beziehen, die nach den §§ 39 bis 41 unzulässige Bezeichnungen verwenden, Anträge zu stellen und die nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zulässigen Rechtsmittel einzulegen.

(1) Als Teil der Prüfung des Jahresabschlusses sowie eines Zwischenabschlusses hat der Prüfer auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Instituts zu prüfen. Bei der Prüfung des Jahresabschlusses hat er insbesondere festzustellen, ob das Institut die folgenden Anzeigepflichten und Anforderungen erfüllt hat:

1.
die Anzeigepflichten nach den §§ 11, 12a, 14 Absatz 1 sowie nach der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in ihrer jeweils geltenden Fassung, nach den §§ 15, 24 und 24a jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 24 Absatz 4 Satz 1, nach § 24a auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 24a Absatz 5, sowie
2.
die Anforderungen
a)
nach den §§ 10a, 10c bis 10j jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5, nach den §§ 11, 13 bis 13c, 18, 18a, 25 Absatz 1 und 2, § 25a Absatz 1 Satz 3 jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Absatz 3 und § 25a Absatz 5 auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25a Absatz 6, nach § 25a Absatz 1 Satz 6 Nummer 1, Absatz 3, nach den §§ 25b, 25c Absatz 2 bis 4b, § 25d Absatz 3 bis 12, § 26a, nach den §§ 13 und 14 Absatz 1, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 22, nach § 51a Absatz 1 auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 51a Absatz 1, nach § 51b Absatz 1 auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 51b Absatz 2 und nach § 51c Absatz 1,
b)
nach den §§ 17, 20, 23, 25 und 27 des Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetzes,
c)
nach Artikel 4 Absatz 1, 2 und 3 Unterabsatz 2, nach den Artikeln 4a und 9 Absatz 1 bis 4 sowie Artikel 11 Absatz 1 bis 10, 11 Unterabsatz 1 und Absatz 12 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012,
d)
nach den Artikeln 92 bis 386 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 10 Absatz 1 Satz 1, nach den Artikeln 387 bis 403 und 411 bis 430b der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Satz 1,
e)
nach Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1, Artikel 5a Absatz 1 sowie nach den Artikeln 8b bis 8d der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 in der jeweils geltenden Fassung, soweit es nicht nach § 29 Absatz 2 in Verbindung mit § 89 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes geprüft wird,
f)
nach Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 sowie von der Europäischen Kommission erlassener darauf basierender technischer Regulierungs- und Durchführungsstandards,
g)
nach Artikel 4 Absatz 1 bis 5 und Artikel 15 der Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 337 vom 23.12.2015, S. 1),
h)
nach den Artikeln 16, 23 Absatz 3 Satz 1, Absatz 5, 6 und 10, nach Artikel 28 Absatz 2 sowie nach Artikel 29 der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Weiterentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 1),
i)
nach Artikel 28 Absatz 1 bis 3 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014,
j)
nach den Artikeln 5 bis 9, 18 bis 26, 26b bis 26e, 27 Absatz 1 und 4 sowie nach Artikel 43 Absatz 5 und 6 der Verordnung (EU) 2017/2402 und
k)
nach den §§ 7 bis 14 und 16 bis 22 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 15 oder § 23 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere.
Ist ein Institut nach § 2a Absatz 1 freigestellt, hat der Prüfer den Fortbestand der in Artikel 7 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung genannten Voraussetzungen zu prüfen. Ist ein Institut nach § 2a Absatz 3 freigestellt, hat der Prüfer den Fortbestand der in Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung genannten Voraussetzungen zu prüfen. Hat die Bundesanstalt nach § 30 gegenüber dem Institut Bestimmungen über den Inhalt der Prüfung getroffen, sind diese vom Prüfer zu berücksichtigen. Sofern dem haftenden Eigenkapital des Instituts nicht realisierte Reserven zugerechnet werden, hat der Prüfer bei der Prüfung des Jahresabschlusses auch zu prüfen, ob bei der Ermittlung dieser Reserven § 10 Abs. 4a bis 4c in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung beachtet worden ist. Bei einem Kreditinstitut, das aufgefordert wurde, einen Sanierungsplan nach § 12 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes aufzustellen, hat der Prüfer auch zu prüfen, ob der Sanierungsplan die Voraussetzungen nach § 12 Absatz 1 sowie nach § 13 Absatz 1 bis 4 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes erfüllt. Das Ergebnis ist in den Prüfungsbericht aufzunehmen.

(1a) Absatz 1 gilt hinsichtlich der Anforderungen nach Artikel 4 Absatz 1, 2 und 3 Unterabsatz 2, nach den Artikeln 4a und 9 Absatz 1 bis 4 sowie Artikel 11 Absatz 1 bis 10, 11 Unterabsatz 1 und Absatz 12 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 für die Prüfung des Jahresabschlusses von zentralen Gegenparteien mit der Maßgabe, dass der Prüfer zusätzlich zu prüfen hat, ob die Anforderungen nach Artikel 7 Absatz 1 bis 4, Artikel 8 Absatz 1 bis 4, den Artikeln 26, 29 und 33 bis 54 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 und nach Artikel 29 Absatz 2, den Artikeln 30 und 35 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 sowie der gemäß diesen Artikeln erlassenen technischen Regulierungsstandards eingehalten sind. Satz 1 gilt entsprechend für den verkürzten Abschluss einer zentralen Gegenpartei, wenn ein solcher nach den gesetzlichen Vorgaben zu erstellen ist.

(1b) Bei der Prüfung des Jahresabschlusses eines Zentralverwahrers ist auch zu prüfen, ob die Anforderungen nach den Artikeln 6, 7, 26 bis 53, 54 Absatz 3 und nach Artikel 59 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 sowie nach den gemäß diesen Artikeln von der Europäischen Kommission erlassenen technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards eingehalten sind. Bei der Prüfung des Jahresabschlusses eines Kreditinstituts, das von einem Zentralverwahrer nach Artikel 54 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 dazu benannt wurde, bankartige Nebendienstleistungen zu erbringen, ist zudem zu prüfen, ob die Anforderungen nach Artikel 54 Absatz 4 und Artikel 59 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 sowie nach den gemäß diesen Artikeln von der Europäischen Kommission erlassenen technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards eingehalten sind. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für den verkürzten Abschluss eines Zentralverwahrers, wenn ein solcher nach den gesetzlichen Vorgaben zu erstellen ist.

(2) Der Prüfer hat auch zu prüfen, ob das Institut seinen Verpflichtungen nach den §§ 24c und 25g Absatz 1 und 2, den §§ 25h bis 25m und dem Geldwäschegesetz nachgekommen ist; bei Kreditinstituten hat der Prüfer auch zu prüfen, ob das Kreditinstitut seinen Verpflichtungen nach der Verordnung (EG) Nr. 924/2009, der Verordnung (EU) Nr. 260/2012, der Verordnung (EU) 2015/847 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1781/2006 (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 1), der Verordnung (EU) 2015/751, dem Zahlungskontengesetz und den §§ 45, 46 und 48 bis 55 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nachgekommen ist. Zudem hat er die Einhaltung der Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten und sonstigen Anforderungen der Artikel 5 bis 10 und 12 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (ABl. L 86 vom 24.3.2012, S. 1) zu prüfen. Bei Instituten, Zweigniederlassungen im Sinne des § 53b und Zweigstellen im Sinne des § 53, die das Depotgeschäft betreiben, hat er dieses Geschäft besonders zu prüfen, soweit es nicht nach § 89 Absatz 1 Satz 2 des Wertpapierhandelsgesetzes zu prüfen ist; diese Prüfung hat sich auch auf die Einhaltung des § 67a Absatz 3 und des § 67b, jeweils auch in Verbindung mit § 125 Absatz 1, 2 und 5 des Aktiengesetzes über Mitteilungspflichten und des § 135 des Aktiengesetzes über die Ausübung des Stimmrechts zu erstrecken. Bei Zentralverwahrern ist auch besonders zu prüfen, ob die Bestimmungen des Depotgesetzes, der §§ 7 bis 10 und 12 und 13 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 15 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere, sowie des § 67a Absatz 3, des § 67b, jeweils auch in Verbindung mit § 125 Absatz 1, 2 und 5 und des § 135 des Aktiengesetzes eingehalten werden. Bei Pfandbriefbanken im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 des Pfandbriefgesetzes ist die Einhaltung der organisatorischen Anforderungen an die Verfahren und Systeme aus § 4 Absatz 4, den §§ 5, 16, 24, 26d, 27, 27a sowie 28 des Pfandbriefgesetzes zu prüfen. Über die Prüfungen nach den Sätzen 1 bis 5 ist jeweils gesondert zu berichten; § 26 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Prüfer hat unverzüglich der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank anzuzeigen, wenn ihm bei der Prüfung Tatsachen bekannt werden, welche die Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerkes rechtfertigen, die den Bestand des Instituts gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können, die einen erheblichen Verstoß gegen die Vorschriften über die Zulassungsvoraussetzungen des Instituts oder die Ausübung einer Tätigkeit nach diesem Gesetz darstellen oder die schwerwiegende Verstöße der Geschäftsleiter gegen Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag erkennen lassen. Auf Verlangen der Bundesanstalt oder der Deutschen Bundesbank hat der Prüfer ihnen die Art und den Umfang seines Vorgehens darzustellen, den Prüfungsbericht zu erläutern und sonstige bei der Prüfung bekannt gewordene Tatsachen mitzuteilen, die gegen eine ordnungsgemäße Durchführung der Geschäfte des Instituts sprechen. Die Anzeige-, Erläuterungs- und Mitteilungspflichten nach den Sätzen 1 und 2 bestehen auch in Bezug auf ein Unternehmen, das mit dem Institut in enger Verbindung steht, sofern dem Prüfer die Tatsachen im Rahmen der Prüfung des Instituts bekannt werden. Der Prüfer haftet nicht für die Richtigkeit von Tatsachen, die er nach diesem Absatz in gutem Glauben anzeigt.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und nach Anhörung der Deutschen Bundesbank durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über

1.
den Gegenstand der Prüfung nach den Absätzen 1 bis 2,
2.
den Zeitpunkt ihrer Durchführung und
3.
den Inhalt und die Form der Prüfungsberichte
zu erlassen, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Bundesanstalt erforderlich ist, insbesondere um Missstände, welche die Sicherheit der einem Institut anvertrauten Vermögenswerte gefährden oder die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen können, zu erkennen sowie einheitliche Unterlagen zur Beurteilung der von den Instituten durchgeführten Geschäfte zu erhalten. In der Rechtsverordnung kann bestimmt werden, dass die in den Absätzen 1 bis 3 geregelten Pflichten auch bei der Prüfung des Konzernabschlusses einer Institutsgruppe, Finanzholding-Gruppe oder gemischten Finanzholding-Gruppe oder eines Finanzkonglomerats einzuhalten sind; nähere Bestimmungen über den Gegenstand der Prüfung, den Zeitpunkt ihrer Durchführung und den Inhalt des Prüfungsberichts können dabei nach Maßgabe des Satzes 1 erlassen werden. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.