Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 10. Jan. 2019 - 4 B 88/18

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2019:0110.4B88.18.00
10.01.2019

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf ... € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen ihre Heranziehung zur Entrichtung von Rundfunkbeiträgen.

2

Der Antragsgegner führt die Antragstellerin seit Januar 2014 unter der Beitragsnummer ... als Betriebsstätte der Staffel 1 zur Entrichtung von Rundfunkbeiträgen.

3

Mit Bescheid vom 3. Juli 2017 setzte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. März 2017 Rundfunkbeiträge sowie einen Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 237,77 Euro fest. Mit einem weiteren Bescheid vom 1. August 2017 setzte der Antragsgegner für den Zeitraum vom 1. April 2017 bis zum 30. Juni 2017 Rundfunkbeiträge und einen Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 25,49 Euro fest.

4

Der Antragsgegner nahm ein zweiseitiges Schreiben der Antragstellerin vom 1. August 2017 zur Verwaltungsakte, welches die Antragstellerin als „Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 3. Juli 2017“ betitelte. Dieses Schreiben enthält keine Unterschrift.

5

Mit einem weiteren Schreiben vom 12. September 2017 bezog sich die Antragstellerin unter anderem auf einen Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 1. August 2017. Inhaltlich verwies sie auf die Gründe aus ihrem Widerspruchsschreiben vom 1. August 2017 und brachte ergänzende inhaltliche Gesichtspunkte gegen die Rundfunkbeitragserhebung vor.

6

Der Antragsgegner wies die Widersprüche der Antragstellerin sodann in einem Widerspruchsbescheid vom 17. September 2018 als unzulässig zurück. Ein Widerspruch könne nach § 70 Abs. 1 VwGO nur schriftlich innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des Bescheides wirksam erhoben werden. Das Schreiben der Antragstellerin vom 1. August 2017 habe keine Unterschrift getragen und erfülle die an ein Widerspruchsschreiben zu stellenden Voraussetzungen daher nicht. Der Bescheid des Antragsgegners vom 1. Juli 2017 sei am 7. August 2017 zur Post gegeben worden und gelte daher nach § 110 Abs. 2 LVwG als am 10. August 2017 bekanntgegeben. Der Widerspruch der Antragstellerin vom 12. September 2017 sei bei dem Antragsgegner am 18. September 2017 und somit nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingegangen.

7

Die Antragstellerin legte dem Antragsgegner mit Schreiben vom 10. Oktober 2018 ein Widerspruchsschreiben gegen den Festsetzungsbescheid vom 3. Juli 2017 vor, welches auf den 1. August 2018 datiert ist, drei Seiten umfasst und auf der letzten Seite die Unterschrift des Geschäftsführers der Antragstellerin trägt. Zudem legte sie einen Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vor, auf welchem das Datum 3. August 2017 als Einlieferung eines Einschreibens maschinell festgehalten ist. Handschriftlich ist der Vermerk „ARD“ aufgebracht. Sie legte zudem eine E-Mail vom 3. August 2017 vor, welche an „[email protected]“ adressiert ist und die inhaltlich ebenfalls ein Widerspruchsschreiben gegen den Festsetzungsbescheid vom 3. Juli 2017 enthält.

8

Hinsichtlich des Bescheides vom 1. August 2017 legte die Antragstellerin eine an „[email protected]“ adressierte E-Mail vom 16. August 2017 vor, in der sie inhaltlich ihren Widerspruch gegen den Bescheid zum Ausdruck brachte. Ferner übermittelte sie erneut ihr Schreiben vom 12. September 2017 sowie einen Posteinlieferungsbeleg.

9

Die Antragstellerin hat am 18. Oktober 2018 Klage erhoben und den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.

10

Zur Begründung trägt sie vor, dass sie frist- und ordnungsgemäß Widersprüche gegen die streitbefangenen Bescheide erhoben habe. Die Antragstellerin sei sich sicher, dass sie die Widersprüche ordnungsgemäß unterzeichnet und fristgemäß versandt habe.

11

Die Antragstellerin beantragt,

12

die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Klägerin gegen die oben aufgeführten Bescheide des Beklagten bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache wiederherzustellen.

13

Der Antragsgegner stellt keinen ausdrücklichen Antrag.

14

Er verteidigt sich gleichwohl gegen das Vorbringen der Antragstellerin und wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Bei dem Schreiben der Antragstellerin vom 1. August 2017 handele es sich nicht um einen Widerspruch im Rechtssinne. Den Anforderungen an die Schriftform bzw. denjenigen des § 3a Abs. 2 VwVfG habe das Schreiben nicht genügt. Es sei weder unterschrieben noch mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen gewesen.

15

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

II.

16

1. Das Gericht legt den Antrag der Antragstellerin dahingehend aus, dass diese die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 19. Oktober 2018 erhobenen Klage (Az.: 4 A 351/18) gegen die Festsetzungsbescheide des Antragsgegners vom 3. Juli 2017 und 1. August 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2018 begehrt, vgl. §§ 122, 88 VwGO.

17

2. Der so verstandene Antrag ist bereits unzulässig.

18

Für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die streitbefangenen Festsetzungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides besteht im vorliegenden Fall kein Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin kann ihr Antragsziel nicht erreichen.

19

Der Eintritt der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der angegriffene Verwaltungsakt bestandskräftig und die Unzulässigkeit der Klage daher bereits im summarischen Verfahren offensichtlich ist (VG Schleswig, Beschl. v. 02.11.2017 – 4 B 109/17 m.V.a. OVG Koblenz, Beschluss vom 07.10.2003, Az.: 2 B 332/02, NVwZ-RR 2004, S. 315; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 80 Rn. 50). So liegt es hier. Die angegriffenen Bescheide sind unanfechtbar geworden und die in der Hauptsache erhobene Klage (Az.: 4 A 351/18) damit offensichtlich unzulässig.

20

a) Der streitbefangene Festsetzungsbescheid vom 1. August 2017 ist bestandskräftig.

21

Das Schreiben der Antragstellerin vom 12. September 2017 hat die Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht gewahrt. Gemäß § 70 Abs. 1 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt. Wird die Widerspruchsfrist versäumt, so wird der Verwaltungsakt unanfechtbar (Eyermann/Rennert, 15. Aufl. 2019, VwGO § 70 Rn. 7).

22

Die Antragstellerin ist über die Widerspruchsfrist in der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vom 1. August 2017 gem. § 70 Absatz Abs. 2 VwGO i.V.m. § 58 Abs. 1 VwGO ebenso zutreffend belehrt worden wie über den Rechtsbehelf und die Verwaltungsbehörde, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist sowie deren Sitz. Die Rechtsbehelfsbelehrung umfasst zudem den Hinweis, dass bei elektronischer Einlegung des Widerspruchs mittels De-Mail in der Sendevariante „mit sicherer Anmeldung“ nach § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz an eine in den Bescheiden benannte E-Mailadresse ([email protected]) zu richten ist.

23

Der Lauf der Frist des § 70 Abs. 1 VwGO beginnt mit der Bekanntgabe (§ 110 Abs. 1 LVwG) des Verwaltungsaktes an den Beschwerten (vgl. Schoch/Schneider/Bier/Dolde/Porsch, 34. EL Mai 2018, VwGO § 70 Rn. 16). Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt gemäß § 110 Abs. 2 LVwG am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Der streitgegenständliche Bescheid vom 1. August 2017 ist von dem Antragsgegner ausweislich eines Historiensatzes in der Verwaltungsakte am 7. August 2017 zur Post gegeben worden. Er gilt damit nach § 110 Abs. 2 Satz 1 LVwG als am 10. August 2017 bekannt gegeben. Die Frist zur Erhebung eines Widerspruchs gegen den Bescheid endete daher am 10. September 2017 (vgl. §§ 70, 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 ff. BGB). Das Widerspruchsschreiben der Antragstellerin ist erst am 12. September 2017 verfasst worden und dem Antragsgegner folglich nach Ablauf der Widerspruchsfrist zugegangen.

24

Ferner hat die Antragstellerin durch ihre E-Mail vom 16. August 2017 keinen formgerechten Widerspruch erhoben. Es kann dahinstehen, ob diese E-Mail dem Antragsgegner tatsächlich zugegangen ist, was dieser bestreitet. Selbst wenn man den Zugang der E-Mail bei dem Antragsgegner unterstellt, so hat diese jedenfalls nicht den Anforderungen des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprochen. Der Widerspruch ist durch die E-Mail weder zur Niederschrift bei einer Behörde noch schriftlich oder in elektronischer Form gem. § 3a Abs. 2 VwVfG erhoben worden. Letztgenannte Norm sieht zwar vor, dass eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden kann, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist. Die Ersetzung der durch § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Schriftform durch die elektronische Form setzt nach § 3a Abs. 2 Satz 2 VwVfG indes voraus, dass das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (Posser/Wolff, VwGO, Kommentar, § 70 Rn. 11; Bay. VGH, Urt. v. 16.06.2007 - 11 CS 06.1959, juris), woran es hier unstreitig fehlt. Der Antragsgegner hat den elektronischen Zugang ferner dahingehend geöffnet, dass die Widerspruchserhebung durch De-Mail in der Sendevariante „mit bestätigter Anmeldung“ nach § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz an die De-Mail-Adresse „[email protected]“ erfolgen kann. Diese Voraussetzung erfüllt die von der Antragstellerin vorgelegte E-Mail ebenfalls nicht. Sie ist an „[email protected]“ und an „[email protected]“ und somit schon nicht an die in der Rechtsbehelfsbelehrung benannte Adresse gerichtet gewesen. Darüber hinaus handelt es sich nicht um eine De-Mail, die § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes genügen würde, sondern um eine einfache E-Mail.

25

b) Die Antragstellerin hat auch gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 3. Juli 2017 keinen den Formerfordernissen des § 70 Abs. 1 VwGO genügenden Widerspruch erhoben, so dass dieser Festsetzungsbescheid ebenfalls bestandskräftig geworden ist.

26

Die Antragstellerin hat die Abschrift einer E-Mail vom 3. August 2017 vorgelegt, mit welcher sie Widerspruch gegen den vorgenannten Bescheid erhoben haben will. Es kann auch insoweit dahinstehen, ob diese E-Mail dem Antragsgegner tatsächlich zugegangen ist. Der Widerspruch genügt den Anforderungen des § 3a Abs. 2 VwVfG ebenfalls nicht. Auch im Falle dieser elektronischen Kommunikation handelt es sich um eine einfache E-Mail, die nicht mit einer elektronischen Signatur versehen war oder den Anforderungen des § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes genügte.

27

Schließlich hat auch das dem Antragsgegner postalisch übersandte Widerspruchsschreiben vom 1. August 2017 nicht die von § 70 Abs. 1 VwGO geforderte Schriftform gewahrt. Die Schriftlichkeit ist das im Rechtsverkehr typische Merkmal, um den Urheber eines Schriftstücks und seinen Willen festzustellen, die niedergeschriebene Erklärung in den Verkehr zu bringen (BVerwG, Urt. v. 06.12.1988 – 9 C 40/87, BVerwGE 81, 32-41, Rn. 6). Ein Schriftsatz ohne eigenhändige Unterschrift stellt zunächst einen Entwurf und noch keinen schriftlich zu erhebenden Widerspruch dar, weil erst die eigenhändige Unterschrift zum Ausdruck bringt, dass das Schriftstück, das bis dahin ein unfertiges Internum war, nunmehr für den (Rechts-)Verkehr bestimmt ist (vgl. so zum Erfordernis der Schriftlichkeit bei Klagerhebung, BVerwG, Urt. v. 06.12.1988 – 9 C 40/87, BVerwGE 81, 32-41, Rn. 6).

28

Auf dem von dem Antragsgegner zur Verwaltungsakte genommenen zweiseitigen Schreiben findet sich keine Unterschrift des Geschäftsführers der Antragstellerin. Die Antragstellerin hat zwar nach Erlass des Widerspruchsbescheides ein Schreiben ihres Geschäftsführers vorgelegt, welches ebenfalls auf den 1. August 2017 datiert, drei Seiten umfasst und auf der letzten Seite eine handschriftliche Unterzeichnung enthält. Der Antragsgegner bestreitet jedoch den Zugang eines dreiseitigen unterschriebenen Widerspruchsschreibens. Die Antragstellerin ist für den Zugang dieses Widerspruchsschreibens beweisbelastet (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 10.12.2015 – 2 S 1516/14, Rn. 50 juris; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.10.2005 – 3 Nc 37/05, Rn. 8 juris). Diesen Beweis vermag sie durch die Vorlage des dreiseitigen Schreibens nach summarischer Prüfung nicht zu erbringen. Zwar enthält auch das von dem Antragsgegner zur Verwaltungsakte genommene Schreiben den Aufdruck „Seite 1/3“ sowie „Seite 2/3“, eine dritte Seite findet sich jedoch nicht.

29

Grundsätzlich hat der Beitragsschuldner die Möglichkeit, durch Vorlage entsprechender Unterlagen den Beweis anzutreten, dass er ein den Formanforderungen genügendes Schreiben an den Antragsgegner versendet hat, welches bei diesem im konkreten Einzelfall ggf. abhandengekommen und nicht zur Akte gelangt ist. Diesen Beweis vermag die Antragstellerin im konkreten Fall jedoch bereits deswegen nicht zu führen, weil es sich bei dem von ihr vorgelegten (dreiseitigen) Schriftstück um ein eigenständiges Schreiben handelt, das offensichtlich nicht mit demjenigen identisch ist, das dem Antragsgegner zugegangen ist. Dies wird bereits durch den Umstand erkennbar, dass der Text auf der ersten Seite der Schreiben nicht übereinstimmt. Das von der Antragstellerin im Widerspruchsverfahren vorgelegte Schriftstück enthält gegenüber dem von dem Antragsgegner zur Akte genommenen Schriftstück einen weiteren Absatz, der sich auf der Version des Antragsgegners erst auf der zweiten Seite findet. Auf der zweiten Seite des in der Verwaltungsakte des Antragsgegners befindlichen Widerspruchsschreibens fehlt sodann der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, der auf dem von der Antragstellerin im Widerspruchsverfahren vorgelegten Schreiben enthalten ist. Das in der Verwaltungsakte befindliche Widerspruchsschreiben enthält darüber hinaus auf der zweiten Seite eine Ziffer 5, die auf dem von der Antragstellerin vorgelegten dreiseitigen Schreiben vollständig fehlt. Das inhaltliche Vorbringen endet in dem letztgenannten Schreiben mit der Ziffer 4.

30

Der Zugang des mit der Unterschrift versehenen dreiseitigen Schriftstückes kann im vorliegenden Einzelfall auch nicht durch den von der Antragstellerin vorgelegten Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG bewiesen werden. Durch die Vorlage dieses Beleges kann allenfalls der Beweis angetreten werden, dass die Antragstellerin dem Antragsgegner (irgend-)ein Schreiben zukommen ließ, was zwischen den Beteiligten jedoch unstreitig ist. Eine konkrete Zuordnung des im Verwaltungsverfahren vorgelegten dreiseitigen und unterschriebenen Schriftstückes zu dem Einlieferungsbeleg ist jedoch nicht möglich. Beide Versionen des Widerspruchsschreibens der Antragstellerin sind mit dem Datum 1. August 2017 versehen und kommen als Versandobjekt des vorgelegten Einlieferungsbeleges vom 3. August 2017 in Betracht.

31

3. Nach alledem ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer in ständiger Rechtsprechung in einstweiligen Rechtsschutzverfahren in Abgabensachen ein Viertel des geforderten Abgabenbetrages als Streitwert festsetzt. Der Antragsgegner hat mit den streitbefangenen Bescheiden Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 263,26 € festgesetzt. Hieraus ergibt sich beim Ansatz eines Viertels der festgesetzte Streitwert in Höhe von 65,81 €.


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1.
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2.
bei Anträgen und Anzeigen durch Versendung eines elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes;
3.
bei elektronischen Verwaltungsakten oder sonstigen elektronischen Dokumenten der Behörden durch Versendung einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt;
4.
durch sonstige sichere Verfahren, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, welche den Datenübermittler (Absender der Daten) authentifizieren und die Integrität des elektronisch übermittelten Datensatzes sowie die Barrierefreiheit gewährleisten; der IT-Planungsrat gibt Empfehlungen zu geeigneten Verfahren ab.
In den Fällen des Satzes 4 Nummer 1 muss bei einer Eingabe über öffentlich zugängliche Netze ein elektronischer Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen.

(3) Ist ein der Behörde übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitung nicht geeignet, teilt sie dies dem Absender unter Angabe der für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mit. Macht ein Empfänger geltend, er könne das von der Behörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, hat sie es ihm erneut in einem geeigneten elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert wird auf 37,15 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer gegen Rundfunkbeitragsbescheide gerichteten Klage (Az.: 4 A 354/17).

2

Der Antragsgegner führt die Antragstellerin seit dem 01.06.2015 unter der Beitragsnummer 605 281 045 mit einer Betriebsstätte mit vier sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten unter der Adresse A-straße xx, A-Stadt in seinem Bestand. Bei der Betriebsstätte handelt es sich um den Friseursalon „xxx“. Rundfunkbeiträge zahlte die Antragstellerin in dem Zeitraum vom 01.06.2015 bis jedenfalls zum 01.02.2017 für diese Betriebsstätte nicht.

3

Mit Bescheid vom 01.07.2016 setzte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin einen für die Betriebsstätte A-straße xx, A-Stadt in dem Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.04.2016 zu zahlenden Rundfunkbeitrag in Höhe von 72,13 € inklusive eines Säumniszuschlags von 8,00 € fest. Entsprechend des in den Akten des Antragsgegners vorhandenen Historiensatzes wurde der Bescheid vom 01.07.2016 am 08.07.2016 zur Post ausgeliefert. Der Bescheid war adressiert an die Antragstellerin, wobei unter dem Namen der Antragstellerin die Betriebsstätte „xxx“ aufgeführt war.

4

Mit Bescheiden vom 01.08.2016, 04.11.2016 und 01.02.2017 setzte der Antragsgegner ferner für den Zeitraum vom 01.05.2016 bis 31.07.2016, 01.08.2016 bis 31.10.2016 und 01.11.2016 bis 31.01.2017 Rundfunkbeiträge für die Betriebsstätte „xxx“ gegenüber der Antragstellerin in Höhe von je 25,49 €, jeweils inklusive eines Säumniszuschlages von 8,00 € fest. Entsprechend der in den Akten des Antragsgegners vorhandenen Historiensätze wurden diese Bescheide am 04.08.2016, 14.11.2016 und 12.02.2017 zur Post ausgeliefert. Auch diese Bescheide waren an die Antragstellerin unter Nennung des Namens der Betriebsstätte „xxx“ adressiert.

5

Am 09.02.2017 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner telefonisch mit, nicht Inhaberin der Betriebsstätte zu sein und nie eine Anmeldung dieser vorgenommen zu haben.

6

Am 07.03.2017 erhielt die Antragstellerin die Androhung zur Abgabe einer Vermögensauskunft von der Stadt A-Stadt. Dieses Schreiben war adressiert an die Antragstellerin, wobei im Adressfeld hinter dem Namen der Antragstellerin die Betriebsstätte „xxx“ aufgeführt war.

7

Mit Schreiben vom 10.03.2017 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, dass keine wirksamen Verwaltungsakte in Form von Festsetzungsbescheiden, die den gesetzlichen Vorschriften entsprächen, vorlägen. Es sei zu vermuten, dass sich eventuell vorliegende Festsetzungsbescheide gegen den Betrieb „xxx“ richteten, dessen Inhaber nicht sie, sondern seit dem Jahre 2014 ihr Ehemann sei.

8

Es handele sich insoweit im Ergebnis um einen oder mehrere nichtige Verwaltungsakte, denn der Fehler sei offenkundig und besonders schwerwiegend, da sich diese Verwaltungsakte an eine unbeteiligte Person wendeten. Selbst wenn die Bescheide lediglich rechtswidrig sein sollten, sei ein Verstoß gegen gesetzliche Bekanntgabe- und Zustellungsvorschriften gegeben, der dazu führe, dass Rechtsmittelfristen nicht in Gang gesetzt worden seien. Insofern sei die Erhebung von Widersprüchen noch möglich. Rein vorsorglich erhebe sie auch Widerspruch. Die Vollziehung der Bescheide sei auszusetzen.

9

Mit Schreiben vom 13.03.2017 teilte die Stadt A-Stadt mit, dass die Vollstreckung gegen die Antragstellerin von Seiten der Stadt eingestellt werde.

10

Am 29.05.2017 rief der Antragsgegner die Internetseite des Friseursalons „xxx“ auf. Im dortigen Impressum wurde die Antragstellerin als Inhaberin aufgeführt.

11

Mit Bescheid vom 31.05.2017 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück.

12

Der Widerspruch gegen die Festsetzungsbescheide vom 01.07.2016, 01.08.2016 und 04.11.2016 sei unzulässig. Die Widerspruchsfrist sei nicht eingehalten worden. Die genannten Festsetzungsbescheide seien bereits am 08.07.2016, 04.08.2016 und 14.11.2016 zur Post gegeben worden. Die Bescheide seien auch nicht von der Post als unzustellbar zurückgesandt worden. Insofern werde davon ausgegangen, dass die jeweiligen Bescheide am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post zugestellt worden seien. Die Erhebung des Widerspruchs am 10.03.2017 sei damit verspätet erfolgt.

13

Der Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 01.02.2017 sei zulässig, in der Sache allerdings nicht begründet. Der Bescheid sei entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht nichtig. Er sei vielmehr auch materiell rechtmäßig. Es sei für jede Betriebsstätte von deren Inhaber entsprechend der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Die Antragstellerin sei Inhaberin der Betriebsstätte „xxx“. Am 02.02.2016 habe ein Telefonat eines Mitarbeiters mit der Antragstellerin stattgefunden, aufgrund dessen die Anmeldung der Betriebsstätte erfolgt sei. Auch laut Internetauftritt des Friseursalons „xxx“ sei die Antragstellerin Inhaberin der Betriebsstätte.

14

Die Antragstellerin hat am 21.06.2017 Klage beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.

15

Die vermeintlichen Festsetzungsbescheide des Antragsgegners seien nicht richtig zugestellt worden. Eine Zustellung der Feststellungsbescheide durch Sendung an die Geschäftsadresse der Firma „xxx“ sei nicht möglich. Nicht sie, sondern ihr Ehemann sei seit dem Jahre 2014 Inhaber des Betriebes „xxx“. In diesem Zusammenhang legt sie eine Abmeldung des auf ihren Namen laufenden Gewerbes „xxx“ vom 16.01.2014, eine Anmeldung des selben Gewerbes auf den Namen ihres Ehemannes vom 16.01.2014, eine bezüglich ihrer Person negative Gewerbeauskunft der Stadt A-Stadt vom 11.01.2017 sowie ein Schreiben der Steuerberatungsgesellschaft SteuBO vom 12.07.2017 vor, in dem von Seiten dieser bestätigt wird, dass der Ehemann der Antragstellerin seit dem 01.02.2014 Inhaber des Betriebes „xxx“ und die Antragstellerin eine von vier sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personen sei. Außerdem bestreite sie, dass es ein Telefonat zwischen ihr und einem Mitarbeiter des Antragsgegners gegeben habe.

16

Sie habe am 07.03.2017 ein Schreiben von der Stadt A-Stadt erhalten. Erst auf Nachfrage sei ihr von ihrem Ehemann der Bescheid vom 01.02.2017 ausgehändigt worden.

17

Sie könne mangels Inhaberschaft der Firma „xxx“ auch nicht Adressatin der entsprechenden Bescheide sein. Die Festsetzungsbescheide wiesen schwere Fehler auf, was deren Nichtigkeit zur Folge habe. Mangels ordnungsgemäßer Zustellung seien die Bescheide auch nicht bestandskräftig und könnten daher jedenfalls aufgehoben werden. Der früheste Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Antragstellerin von den Festsetzungsbescheiden liege in dem Erhalt des Schreibens der Stadt A-Stadt vom 07.03.2017.

18

Die Antragstellerin beantragt,

19

die aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Festsetzungsbescheide des Antragsgegners vom 01.07.2016, 01.08.2016, 04.11.2016 und 01.02.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2017 anzuordnen.

20

Der Antragsgegner beantragt,

21

den Antrag abzulehnen.

22

Zur Begründung trägt er ergänzend zu seinen Ausführungen im Widerspruchsverfahren vor, dass die Antragstellerin in einem Telefonat am 02.02.2016 erklärt habe, seit Juni 2015 die Firma „xxx“ mit vier sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu führen. Auch habe die Antragstellerin ein Schreiben vom 04.03.2016 erhalten, in dem sie aufgefordert worden sei, mit ihm Kontakt aufzunehmen, sollte die Anmeldung nicht richtig erfolgt sein. Dies habe die Antragstellerin jedoch nicht getan. Sie habe sich vielmehr erstmals im Februar 2017 telefonisch gemeldet. Sie habe daher den Anschein erweckt, selbst Inhaberin des Betriebes zu sein und dem ein gutes Jahr nicht widersprochen.

23

Der Beitragsanspruch bezüglich des Friseurgeschäfts bestehe zu Recht. Zukünftig werde das Beitragskonto unter dem Namen des Ehemannes der Antragstellerin geführt.

II.

24

Der mit Schreiben vom 20.06.2017 sinngemäß gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der am selben Tag bei Gericht eingegangenen Klage (Az.: 4 A 354/17) gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 01.07.2016, 01.08.2016, 04.11.2016 und 01.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.05.2017 anzuordnen, ist teilweise zulässig, jedoch unbegründet.

25

Soweit die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Festsetzungsbescheide des Antragsgegners vom 01.07.2016, 01.08.2016 und 04.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2017 anzuordnen, ist der Antrag bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Antragstellerin kann ihr Antragsziel insoweit nicht erreichen.

26

Der Eintritt der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der angegriffene Verwaltungsakt bestandskräftig und die Unzulässigkeit der Klage daher bereits im summarischen Verfahren offensichtlich ist (vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 07.10.2003, Az.: 2 B 332/02, NVwZ-RR 2004, S. 315; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 80 Rn. 50). So liegt es hier.

27

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind die Bescheide vom 01.07.2016, 01.08.2016 und 04.11.2016 nicht nichtig. Anhaltspunkt für einen besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne des § 113 Abs. 1 LVwG liegen nicht vor. Solche ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass der Antragsgegner möglicherweise rechtsirrig angenommen haben könnte, dass die Antragstellerin Inhaberin einer Betriebsstätte im Sinne des § 5 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrag i.V.m. dem Gesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 16.12.2011 (GOVBl. 2011 Nr. 18, S. 345 ff., vgl. dort Art. 1 des Fünfzehnten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge), im Folgenden RBStV, ist. Ein solcher Fehler könnte Auswirkungen auf die materielle Rechtmäßigkeit der Bescheide haben, führt jedoch nicht zur Nichtigkeit dieser.

28

Die Bescheide vom 01.07.2016, 01.08.2016 und 04.11.2016 sind bestandskräftig und die in der Hauptsache erhobene Klage (Az.: 4 A 354/17) damit offensichtlich unzulässig.

29

Die Antragstellerin hat nicht innerhalb der von § 70 Abs. 1 VwGO vorgesehenen Frist Widerspruch gegen die Bescheide erhoben (vgl. zur Abhängigkeit der Zulässigkeit der Klage von der Einhaltung der Widerspruchsfrist BVerwG, Urteil vom 13.02.1987, Az.: 8 C 128/84, NVwZ, 1988, S. 63; OVG Münster, Urteil vom 26.09.1994, Az.:22 A 2426/94, NVwZ-RR 1995, S. 623; VG Schleswig, Urteil vom 05.04.2016, Az.: 4 A 199/14).

30

Die Widerspruchsfrist nach § 70 Abs. 1 VwGO beginnt mit der Bekanntgabe des entsprechenden Verwaltungsaktes. Die (förmliche) Zustellung des Verwaltungsaktes ist, von Fällen entsprechender gesetzlicher Regelungen abgesehen, nicht notwendig. Mangels Anwendbarkeit spezieller Regelungen bedurfte es auch im vorliegenden Verfahren keiner Zustellung der Bescheide. Entscheidend für den Beginn der Widerspruchsfrist ist damit auch im vorliegenden Fall – anders als die Antragstellerin meint – nicht, ob die Bescheide zugestellt wurden, sondern ob und wann ihr die entsprechenden Bescheide bekanntgegeben worden sind.

31

Gemäß § 110 Abs. 2 Satz 1 LVwG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Entsprechend der Historiensätze im Verwaltungsvorgang des Antragsgegners wurden die Bescheide vom 01.07.2016, 01.08.2016 und 04.11.2016 am 08.07.2016, 04.08.2016 bzw. 14.11.2016 zur Post gegeben. Gemäß § 110 Abs. 2 Satz 1 LVwG gelten sie damit als am 11.07.2016, 07.08.2017 bzw. 17.11.2016 bekanntgegeben.

32

Die Bekanntgabefiktion des § 110 Abs. 2 Satz 1 LVwG ist auch nicht durch Bestreiten eines Zugangs der Bescheide durch die Antragstellerin erschüttert worden. Zwar regelt § 110 Abs. 2 Satz 1 LVwG, dass die Fiktion des § 110 Abs. 2 Satz 1 LVwG dann nicht gilt, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist, wobei im Zweifel die Behörde den Zugang nachzuweisen hat.

33

Zweifel am Zugang eines Verwaltungsaktes liegen allerdings nicht bereits dann vor, wenn der Zugang schlicht bestritten wird. Vielmehr muss der Adressat sein Vorbringen nach Lage des Einzelfalls derart substantiieren – beispielsweise durch Schilderung eines atypischen Geschehensablaufs –, dass zumindest ernsthaft Zweifel am Zugang begründet werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.03.2007, Az.: 5 LA 136/06, juris Rn. 7).

34

Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Behörde einen ordnungsgemäßen Vermerk über die Aufgabe des Bescheides zur Post gefertigt hat (vgl. Kopp/Ramsauer, VfVfG, 16. Auflage 2015, § 41 Rn. 43 m.w.N.). In einem solchen Fall muss der Vortrag geeignet sein, berechtigte Zweifel zu begründen, warum ausnahmsweise gute Gründe gegen die Vermutung sprechen, dass eine gewöhnliche Postsendung im Inland den Empfänger nicht innerhalb von drei Werktagen erreicht (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.03.2007, Az.: 5 LA 136/06, juris Rn. 7).

35

Die Historiensätze des Antragsgegners sind nach Auffassung des Gerichts ausreichend, um den Nachweis der Aufgabe der Bescheide zur Post zu führen (vgl. OVG Magdeburg, Beschluss vom 11.08.2015, Az.: 4 M 103/15, juris Rn. 6; VG Schleswig, Urteil vom 05.04.2016, Az.: 4 A 199/14). Besondere Gründe, die darauf hindeuten, dass die Bescheide die Antragstellerin nicht erreicht haben könnten, sind seitens der Antragstellerin nicht vorgetragen worden.

36

Solche ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Bescheide nicht an die Privatadresse der Antragstellerin, sondern vielmehr unter ihrem Namen an die Anschrift des Friseursalons „xxx“ gesandt wurden. Denn genau auf diesem Wege haben andere Briefsendungen die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vortrag erreicht. So hat die Antragstellerin selbst ein Schreiben der Stadt A-Stadt vom 07.03.2017 vorgelegt und vorgetragen, dieses erhalten zu haben. Auch dieses Schreiben war ebenso wie die Bescheide des Antragsgegners adressiert an „ A., xxx, A-straße xx, A-Stadt“. Die streitbefangenen Bescheide sind dem Antragsgegner auch nicht als unzustellbar zurückgesandt worden.

37

Für die Bekanntgabe der Bescheide ist es auch unerheblich, ob die Antragstellerin tatsächlich Inhaberin des Friseursalons „xxx“ ist. Ein Verwaltungsakt ist demjenigen bekanntzugeben, für den er seinem Inhalt nach bestimmt ist, vgl. § 110 Abs. 1 Satz 1 LVwG. Dies ist im vorliegenden Fall die Antragstellerin. Sie wurde als Adressatin im Bescheid bezeichnet. An sie waren die Bescheide auch ihrem Inhalt nach gerichtet. Der Antragsgegner ging offensichtlich davon aus, dass die Antragstellerin Inhaberin einer Betriebsstätte im Sinne des § 5 Abs. 1 RBStV war und wollte sie insoweit zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen heranziehen. Die Frage, ob die Antragstellerin tatsächlich Inhaberin des Friseursalons xxx im Sinne des § 5 RBSTV ist, hat (lediglich) Auswirkungen auf die materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes.

38

Aufgrund der Bekanntgabe der Bescheide vom 01.07.2016, 01.08.2016 und 04.11.2016 am 11.07.2016, 07.08.2017 bzw. 17.11.2016, lief die Widerspruchsfrist am Donnerstag den 11.08.2016, Mittwoch den 07.09.2017 bzw. Montag den 19.12.2016 ab (vgl. §§ 70, 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 ff. BGB). Die Antragstellerin legte allerdings erst mit Schreiben vom 10.03.2017, das als Widerspruch i.S.d. § 70 Abs. 1 VwGO ausgelegt wird, Widerspruch ein.

39

Soweit die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 01.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.05.2017 anzuordnen, ist der Antrag zulässig aber unbegründet. Der hier gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Az.: 4 A 354/17) stellt die gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Alt. 1 VwGO statthafte Rechtsschutzform dar.

40

Die Anfechtungsklage gegen Verwaltungsakte, mit denen zu zahlende Rundfunkbeiträge festgesetzt werden, hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Rundfunkbeiträge zählen insoweit zu öffentlichen Abgaben und Kosten im Sinne der Norm.

41

Gleiches gilt in Bezug auf den im Bescheid vom 01.02.2017 festgesetzten Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 €. Es entspricht dem Sinn der mit § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bezweckten Angleichung an das Steuerrecht, in die Sofortvollzugsregelung alle Abgaben einzubeziehen, durch die – Steuern vergleichbar – die Befriedigung des öffentlichen Finanzbedarfs sichergestellt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1992, Az.: 4 C 30.90, juris Rn. 17). Entscheidend für die Frage, welche Leistungen unter § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO fallen ist daher, ob diese eine Finanzierungsfunktion erfüllen, d.h. ob „der Hoheitsträger sich mit ihrer Hilfe eine Einnahmequelle erschließt, die es ihm ermöglicht, seine eigenen Ausgaben voll oder jedenfalls teilweise zu decken“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1992, Az.: 4 C 30.90, Rn. 17).

42

Nach Ansicht der Kammer erfüllen die Säumniszuschläge im Bereich des Rundfunkbeitragsrechts, die zum Rundfunkbeitrag selbst streng akzessorisch sind, jedenfalls auch eine Finanzierungsfunktion, die sie in den Anwendungsbereich des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO fallen lässt (vgl. VG Saarlouis, Beschluss vom 20.12.2016, Az.: 6 L 2496/16, juris Rn. 4; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.03.2011, Az.: 9 S 50.10, juris Rn. 7). Säumniszuschläge sollen auch die wirtschaftlichen Nachteile ausgleichen, die der öffentlichen Hand aus Zahlungsverzögerungen entstehen (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 01.02.2012, Az.: 5 B 77/12, juris Rn. 6; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.03.2011, Az.: 9 S 50.10, juris Rn. 7). Insoweit sind sie mit Aussetzungs- oder Stundungszinsen vergleichbar, die den wirtschaftlichen Nachteil, der durch eine Stundung oder Aussetzung eintritt, ausgleichen sollen. Außerdem erfassen Säumniszuschläge auch den Verwaltungsaufwand, den gerade eine Säumnis infolge der durch sie ausgelösten Verwaltungstätigkeit verursacht (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 01.02.2012, Az.: 5 B 77/12, juris Rn. 6).

43

Für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 01.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2017 besteht im vorliegenden Fall auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Der Rechtsbehelf in der Hauptsache ist insoweit nicht offensichtlich unzulässig. Die Antragstellerin hat auch vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutz bei dem Antragsgegner einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, vgl. § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO.

44

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

45

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Alt. 1 VwGO ist begründet, wenn das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Interesse am Vollzug der in der Hauptsache angegriffenen Entscheidung überwiegt. Dies ist regelmäßig nach Durchführung einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage

46

in Abhängigkeit von den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu beurteilen.

47

Den Maßstab für die gerichtliche Entscheidung bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, die sich gegen die Anforderung öffentlicher Abgaben oder Kosten (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) richtet, stellt der Maßstab da, den das Gesetz für das vorgelagerte behördliche Aussetzungsverfahren vorsieht. Nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll die Aussetzung des Sofortvollzuges bei Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

48

Im vorliegenden Fall bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes, hier des Bescheides vom 01.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2017. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes liegen nur dann vor, wenn die geltend gemachten Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes so gewichtig sind, dass ein Obsiegen des Betroffenen im Klageverfahren wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben.

49

Der Antragsgegner hat als zuständige Landesrundfunkanstalt auf Grundlage der §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1, 6, 7, 10 Abs. 5 RBStV gegenüber der Antragstellerin einen Rundfunkbeitrag in Höhe von 25,49 € festgesetzt.

50

Die Kammer hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerwG keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der genannten Regelungen (vgl. grundlegend: BVerwG, Urteil vom 07.12.2016, Az.: 6 C 49.15, juris).

51

Nach § 10 Abs. 5 RBStV werden rückständige Rundfunkbeiträge durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt.

52

Die Antragstellerin ist für den Zeitraum vom 01.11.2016 bis 31.01.2017 mit der Zahlung von Rundfunkbeiträgen für die Betriebsstätte „xxx“ in Rückstand. Seit dem 01.01.2013 ist gemäß § 5 Abs. 1 RBStV im nicht privaten Bereich für jede Betriebsstätte von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag nach Maßgabe der folgenden Staffelung zu entrichten. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBStV bestimmt, dass sich die Höhe des zu leistenden Rundfunkbeitrages nach der Zahl der neben dem Inhaber im Betrieb beschäftigten Personen bemisst und bei bis zu acht Beschäftigten ein Drittel des Rundfunkbeitrages beträgt.

53

Der Betrieb „xxx“ ist als Betriebsstätte im Sinne des RBStV zu qualifizieren. Unter einer Betriebsstätte im Sinne des § 5 Abs. 1 RBStV ist jede zu einem eigenständigen, nicht ausschließlich privaten Zweck bestimmte oder genutzte ortsfeste Raumeinheit oder Fläche innerhalb einer Raumeinheit zu verstehen, § 6 Abs. 1 Satz 1 RBStV.

54

Bei dem Betrieb „xxx“ handelt es sich um einen Frisörsalon unter der Adresse A-straße xx in A-Stadt. Friseurbetriebe verfügen regelmäßig über Räumlichkeiten zum Empfang von zahlender Kundschaft. Damit werden die vorhandenen Räumlichkeiten nicht nur für private Zwecke genutzt.

55

Nach Durchführung der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist die Antragstellerin auch Inhaberin und damit Beitragsschuldnerin im Sinne des § 5 Abs. 1 RBStV des Rundfunkbeitrages für die Betriebsstätte „xxx“. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 RBStV ist Inhaber der Betriebsstätte die natürliche oder juristische Person, die die Betriebsstätte im eigenen Namen nutzt oder in deren Namen die Betriebsstätte genutzt wird.

56

Die Kammer hat keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Antragstellerin die Betriebsstätte „xxx“ im eigenen Namen nutzt bzw. dass die Betriebsstätte in ihrem Namen genutzt wird. Solche ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass der Ehemann der Antragstellerin Inhaber der Betriebsstätte im gewerberechtlichen Sinne zu sein scheint.

57

§ 6 Abs. 2 RBStV stellt zur Bestimmung der Inhaberschaft einer Betriebsstätte im RBStV nicht auf die gewerberechtliche Inhaberschaft ab. Vielmehr ist entscheidend, wer die Betriebsstätte in eigenen Namen nutzt bzw. in wessen Namen sie genutzt wird. Daraus lässt sich ableiten, dass die Bestimmung der Inhaberschaft einer Betriebsstätte im Sinne der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 2 Satz 1 RBStV unabhängig von dem Verständnis der Inhaberschaft einer Betriebsstätte oder eines Gewerbes o.Ä. in anderen Rechtgebieten zu beurteilen ist. Im Rahmen des RBStV ist derjenige Inhaber einer Betriebsstätte, der im Rechtsverkehr als tatsächlich für die Betriebsstätte verantwortliche Person auftritt und erkennbar den Nutzen aus dieser zieht. Dies ist nicht notwendiger Weise die Person, die Inhaber im gewerberechtlichen Sinne ist.

58

Dieses Verständnis wird dadurch gestützt, dass bei Eintragung einer Person in einem Register (Handelsregister, „Gewerberegister“) die Inhaberschaft im Sinne der der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 2 RBStV lediglich vermutet wird (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 RBStV). Die Eintragung in einem Register begründet die Inhaberschaft der Betriebsstätte im Sinne der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 2 RBStV nicht.

59

So kann der Ehemann der Antragstellerin im vorliegenden Fall zwar gemäß der Vermutungsregelung des § 6 Abs. 2 Satz 2 RBstV (auch) Inhaber der Betriebsstätte „xxx“ sein. Entsprechend der von der Antragstellerin vorgelegten Gewerbeanmeldung ist dieser seit dem Jahre 2014 (gewerberechtlicher) Inhaber der Betriebsstätte. Nichts anderes lässt sich dem Schreiben der Steuerberatungsgesellschaft SteuBO entnehmen.

60

Entgegen des Hinweises der Berichterstatterin vom 10.08.2017 schließt dies nach Ansicht der Kammer die Inhaberschaft der Antragstellerin nach § 6 Abs. 2 Satz 1 RBStV jedoch nicht aus. Für die Inhaberschaft der Antragstellerin spricht im vorliegenden Fall, dass sie über den Internetauftritt des Friseursalons im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides als Inhaberin dieses erscheint. Ferner befindet sich ein Telefonvermerk in der Akte des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners, nach dem am 02.02.2016 ein Telefonat mit der Antragstellerin geführt worden sei, und nach dem die Antragstellerin sich selbst als Inhaberin des Betriebes angegeben habe. Insoweit ist die Antragstellerin als die Person aufgetreten, die für die Betriebsstätte „xxx“ verantwortlich ist und Nutzen aus dieser zieht.

61

Der Antragsgegner hat den von der Antragstellerin zu zahlenden Rundfunkbeitrag hinsichtlich der Höhe rechtsfehlerfrei auf 17,49 € festgesetzt. Die Höhe des geschuldeten Rundfunkbeitrages ergibt sich aus § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag i.V.m. dem Gesetz zum Dritten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 18.11.1996 (GVOBl. S. 686), im Folgenden RFinStV der durch Art. 1 des Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag i.V.m. Gesetz zum Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 04.03.2015 (GVOBl. S. 70) geändert wurde. Danach beläuft sich der Rundfunkbeitrag auf 17,50 € monatlich.

62

Aufgrund der hier anwendbaren Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBStV beträgt der für eine Betriebsstätte mit bis zu acht Beschäftigten zu zahlende Rundfunkbeitrag 1/3 des Rundfunkbeitrages, mithin 5,83 € pro Monat und 17,49 € für einen Dreimonatszeitraum.

63

Im Zeitpunkt des Erlasses des hier angegriffenen Bescheids am 01.02.2017 war die Antragstellerin mit der Zahlung des Rundfunkbeitrages für die Monate November 2016 bis Januar 2017 auch in Rückstand. Der Rundfunkbeitrag war bereits fällig. Dieser ist monatlich geschuldet. Er ist in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten, § 7 Abs. 3 RBStV. Das bedeutet, der im Bescheid vom 01.02.2017 festgesetzte Rundfunkbeitrag war bereits im Dezember 2016 fällig.

64

Der Bescheid des Antragsgegners vom 01.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2017 begegnet auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als dass der Antragsgegner darin einen Säumniszuschlag von 8,00 € festsetzte. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 der auf Grundlage von § 9 Abs. 2 RBStV erlassenen Satzung des Norddeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung von Rundfunkbeiträgen wird ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 € fällig, sofern der geschuldete Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet wird. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

65

Für das Gericht sind ferner keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass einer Vollziehung des Festsetzungsbescheides vom 01.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2017 für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge haben könnte. Eine unbillige Härte in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn durch die sofortige Vollziehung oder Zahlung dem Abgabenpflichtigen wirtschaftliche Nachteile drohen würden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer wieder gutzumachen sind, insbesondere wenn gar die wirtschaftliche Existenz des Abgabenpflichtigen gefährdet wäre (vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL 2016, § 80 Rn 296 m.w.N.). Dahingehende Anhaltspunkte hat die Antragstellerin nicht vorgetragen.

66

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

67

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer bei Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen Abgabenforderungen im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO von der Hälfte der in den Bescheid genannten Beträgen ausgeht, hier 1/4 von 148,60 €.


(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet.

(2) Eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Signierung mit einem Pseudonym, das die Identifizierung der Person des Signaturschlüsselinhabers nicht unmittelbar durch die Behörde ermöglicht, ist nicht zulässig. Die Schriftform kann auch ersetzt werden

1.
durch unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird;
2.
bei Anträgen und Anzeigen durch Versendung eines elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes;
3.
bei elektronischen Verwaltungsakten oder sonstigen elektronischen Dokumenten der Behörden durch Versendung einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt;
4.
durch sonstige sichere Verfahren, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, welche den Datenübermittler (Absender der Daten) authentifizieren und die Integrität des elektronisch übermittelten Datensatzes sowie die Barrierefreiheit gewährleisten; der IT-Planungsrat gibt Empfehlungen zu geeigneten Verfahren ab.
In den Fällen des Satzes 4 Nummer 1 muss bei einer Eingabe über öffentlich zugängliche Netze ein elektronischer Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen.

(3) Ist ein der Behörde übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitung nicht geeignet, teilt sie dies dem Absender unter Angabe der für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mit. Macht ein Empfänger geltend, er könne das von der Behörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, hat sie es ihm erneut in einem geeigneten elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet.

(2) Eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Signierung mit einem Pseudonym, das die Identifizierung der Person des Signaturschlüsselinhabers nicht unmittelbar durch die Behörde ermöglicht, ist nicht zulässig. Die Schriftform kann auch ersetzt werden

1.
durch unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird;
2.
bei Anträgen und Anzeigen durch Versendung eines elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes;
3.
bei elektronischen Verwaltungsakten oder sonstigen elektronischen Dokumenten der Behörden durch Versendung einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt;
4.
durch sonstige sichere Verfahren, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, welche den Datenübermittler (Absender der Daten) authentifizieren und die Integrität des elektronisch übermittelten Datensatzes sowie die Barrierefreiheit gewährleisten; der IT-Planungsrat gibt Empfehlungen zu geeigneten Verfahren ab.
In den Fällen des Satzes 4 Nummer 1 muss bei einer Eingabe über öffentlich zugängliche Netze ein elektronischer Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen.

(3) Ist ein der Behörde übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitung nicht geeignet, teilt sie dies dem Absender unter Angabe der für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mit. Macht ein Empfänger geltend, er könne das von der Behörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, hat sie es ihm erneut in einem geeigneten elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet.

(2) Eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Signierung mit einem Pseudonym, das die Identifizierung der Person des Signaturschlüsselinhabers nicht unmittelbar durch die Behörde ermöglicht, ist nicht zulässig. Die Schriftform kann auch ersetzt werden

1.
durch unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird;
2.
bei Anträgen und Anzeigen durch Versendung eines elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes;
3.
bei elektronischen Verwaltungsakten oder sonstigen elektronischen Dokumenten der Behörden durch Versendung einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt;
4.
durch sonstige sichere Verfahren, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, welche den Datenübermittler (Absender der Daten) authentifizieren und die Integrität des elektronisch übermittelten Datensatzes sowie die Barrierefreiheit gewährleisten; der IT-Planungsrat gibt Empfehlungen zu geeigneten Verfahren ab.
In den Fällen des Satzes 4 Nummer 1 muss bei einer Eingabe über öffentlich zugängliche Netze ein elektronischer Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen.

(3) Ist ein der Behörde übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitung nicht geeignet, teilt sie dies dem Absender unter Angabe der für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mit. Macht ein Empfänger geltend, er könne das von der Behörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, hat sie es ihm erneut in einem geeigneten elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln.

(1) Die Bereitstellung eines De-Mail-Kontos umfasst die Nutzung eines sicheren elektronischen Postfach- und Versanddienstes für elektronische Nachrichten. Hierzu wird dem Nutzer eine De-Mail-Adresse für elektronische Post zugewiesen, welche folgende Angaben enthalten muss:

1.
im Domänenteil der De-Mail-Adresse eine Kennzeichnung, die ausschließlich für De-Mail-Dienste genutzt werden darf;
2.
bei natürlichen Personen im lokalen Teil deren Nachnamen und einen oder mehrere Vornamen oder einen Teil des oder der Vornamen (Hauptadresse);
3.
bei juristischen Personen, Personengesellschaften oder öffentlichen Stellen im Domänenteil eine Bezeichnung, welche in direktem Bezug zu ihrer Firma, Namen oder sonstiger Bezeichnung steht.

(2) Der akkreditierte Diensteanbieter kann Nutzern auf Verlangen auch pseudonyme De-Mail-Adressen zur Verfügung stellen, soweit es sich bei dem Nutzer um eine natürliche Person handelt. Die Inanspruchnahme eines Dienstes durch den Nutzer unter Pseudonym ist für Dritte erkennbar zu kennzeichnen.

(3) Der Postfach- und Versanddienst hat die Vertraulichkeit, die Integrität und die Authentizität der Nachrichten zu gewährleisten. Hierzu gewährleistet der akkreditierte Diensteanbieter, dass

1.
die Kommunikation von einem akkreditierten Diensteanbieter zu jedem anderen akkreditierten Diensteanbieter über einen verschlüsselten gegenseitig authentisierten Kanal erfolgt (Transportverschlüsselung) und
2.
der Inhalt einer De-Mail-Nachricht vom akkreditierten Diensteanbieter des Senders zum akkreditierten Diensteanbieter des Empfängers verschlüsselt übertragen wird.
Der Einsatz einer durchgängigen Verschlüsselung zwischen Sender und Empfänger (Ende-zu-Ende-Verschlüsselung) bleibt hiervon unberührt.

(4) Der Sender kann eine sichere Anmeldung nach § 4 für den Abruf der Nachricht durch den Empfänger bestimmen.

(5) Der akkreditierte Diensteanbieter muss dem Nutzer ermöglichen, seine sichere Anmeldung im Sinne von § 4 in der Nachricht so bestätigen zu lassen, dass die Unverfälschtheit der Bestätigung jederzeit nachprüfbar ist. Um dieses dem Empfänger der Nachricht kenntlich zu machen, bestätigt der akkreditierte Diensteanbieter des Senders die Verwendung der sicheren Anmeldung nach § 4. Hierzu versieht er im Auftrag des Senders die Nachricht mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur; sind der Nachricht eine oder mehrere Dateien beigefügt, bezieht sich die qualifizierte elektronische Signatur auch auf diese. Die Bestätigung enthält bei natürlichen Personen den Namen und die Vornamen, bei juristischen Personen, Personengesellschaften oder öffentlichen Stellen die Firma, den Namen oder die Bezeichnung des Senders in der Form, in der diese nach § 3 Absatz 2 hinterlegt sind. Die Tatsache, dass der Absender diese Versandart genutzt hat, muss sich aus der Nachricht in der Form, wie sie beim Empfänger ankommt, ergeben. Die Bestätigung nach Satz 1 ist nicht zulässig bei Verwendung einer pseudonymen De-Mail-Adresse nach Absatz 2.

(6) Der akkreditierte Diensteanbieter mit Ausnahme der Diensteanbieter nach § 19 ist verpflichtet, elektronische Nachrichten nach den Vorschriften der Prozessordnungen und der Gesetze, die die Verwaltungszustellung regeln, förmlich zuzustellen. Im Umfang dieser Verpflichtung ist der akkreditierte Diensteanbieter mit Hoheitsbefugnissen ausgestattet (beliehener Unternehmer).

(7) Der akkreditierte Diensteanbieter bestätigt auf Antrag des Senders den Versand einer Nachricht. Die Versandbestätigung muss folgende Angaben enthalten:

1.
die De-Mail-Adresse des Absenders und des Empfängers;
2.
das Datum und die Uhrzeit des Versands der Nachricht vom De-Mail-Postfach des Senders;
3.
den Namen und Vornamen oder die Firma des akkreditierten Diensteanbieters, der die Versandbestätigung erzeugt und
4.
die Prüfsumme der zu bestätigenden Nachricht.
Der akkreditierte Diensteanbieter des Senders hat die Versandbestätigung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen.

(8) Auf Antrag des Senders wird der Eingang einer Nachricht im De-Mail-Postfach des Empfängers bestätigt. Hierbei wirken der akkreditierte Diensteanbieter des Senders und der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers zusammen. Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers erstellt eine Eingangsbestätigung. Die Eingangsbestätigung enthält folgende Angaben:

1.
die De-Mail-Adresse des Absenders und des Empfängers;
2.
das Datum und die Uhrzeit des Eingangs der Nachricht im De-Mail-Postfach des Empfängers;
3.
den Namen und Vornamen oder die Firma des akkreditierten Diensteanbieters, der die Eingangsbestätigung erzeugt und
4.
die Prüfsumme der zu bestätigenden Nachricht.
Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers hat die Eingangsbestätigung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen. Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers sendet diesem ebenfalls die Eingangsbestätigung zu.

(9) Eine öffentliche Stelle, welche zur förmlichen Zustellung nach den Vorschriften der Prozessordnungen und der Gesetze, die die Verwaltungszustellung regeln, berechtigt ist, kann eine Abholbestätigung verlangen. Aus der Abholbestätigung ergibt sich, dass sich der Empfänger nach dem Eingang der Nachricht im Postfach an seinem De-Mail-Konto sicher im Sinne des § 4 angemeldet hat. Hierbei wirken der akkreditierte Diensteanbieter der öffentlichen Stelle als Senderin und der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers zusammen. Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers erzeugt die Abholbestätigung. Die Abholbestätigung muss folgende Angaben enthalten:

1.
die De-Mail-Adresse des Absenders und des Empfängers;
2.
das Datum und die Uhrzeit des Eingangs der Nachricht im De-Mail-Postfach des Empfängers;
3.
das Datum und die Uhrzeit der sicheren Anmeldung des Empfängers an seinem De-Mail-Konto im Sinne des § 4;
4.
den Namen und Vornamen oder die Firma des akkreditierten Diensteanbieters, der die Abholbestätigung erzeugt und
5.
die Prüfsumme der zu bestätigenden Nachricht.
Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers hat die Abholbestätigung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen. Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers sendet diesem ebenfalls die Abholbestätigung zu. Die in Satz 5 genannten Daten dürfen ausschließlich zum Nachweis der förmlichen Zustellung im Sinne von § 5 Absatz 6 verarbeitet und genutzt werden.

(10) Der akkreditierte Diensteanbieter stellt sicher, dass Nachrichten, für die eine Eingangsbestätigung nach Absatz 8 oder eine Abholbestätigung nach Absatz 9 erteilt worden ist, durch den Empfänger ohne eine sichere Anmeldung an seinem De-Mail-Konto erst 90 Tage nach ihrem Eingang gelöscht werden können.

(11) Nutzern, die natürliche Personen sind, bietet der akkreditierte Diensteanbieter an, von allen an ihre De-Mail-Adresse adressierten Nachrichten eine Kopie an eine zuvor vom Nutzer angegebene De-Mail-Adresse (Weiterleitungsadresse) weiterzuleiten, ohne dass der Nutzer an seinem De-Mail-Konto angemeldet sein muss (automatische Weiterleitung). Der Nutzer kann ausschließen, dass im Sinne des Absatzes 4 an ihn gesendete Nachrichten weitergeleitet werden. Der Nutzer kann den Dienst der automatischen Weiterleitung jederzeit zurücknehmen. Um den Dienst der automatischen Weiterleitung nutzen zu können, muss der Nutzer sicher an seinem De-Mail-Konto angemeldet sein.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet.

(2) Eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Signierung mit einem Pseudonym, das die Identifizierung der Person des Signaturschlüsselinhabers nicht unmittelbar durch die Behörde ermöglicht, ist nicht zulässig. Die Schriftform kann auch ersetzt werden

1.
durch unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird;
2.
bei Anträgen und Anzeigen durch Versendung eines elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes;
3.
bei elektronischen Verwaltungsakten oder sonstigen elektronischen Dokumenten der Behörden durch Versendung einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt;
4.
durch sonstige sichere Verfahren, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, welche den Datenübermittler (Absender der Daten) authentifizieren und die Integrität des elektronisch übermittelten Datensatzes sowie die Barrierefreiheit gewährleisten; der IT-Planungsrat gibt Empfehlungen zu geeigneten Verfahren ab.
In den Fällen des Satzes 4 Nummer 1 muss bei einer Eingabe über öffentlich zugängliche Netze ein elektronischer Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen.

(3) Ist ein der Behörde übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitung nicht geeignet, teilt sie dies dem Absender unter Angabe der für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mit. Macht ein Empfänger geltend, er könne das von der Behörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, hat sie es ihm erneut in einem geeigneten elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln.

(1) Die Bereitstellung eines De-Mail-Kontos umfasst die Nutzung eines sicheren elektronischen Postfach- und Versanddienstes für elektronische Nachrichten. Hierzu wird dem Nutzer eine De-Mail-Adresse für elektronische Post zugewiesen, welche folgende Angaben enthalten muss:

1.
im Domänenteil der De-Mail-Adresse eine Kennzeichnung, die ausschließlich für De-Mail-Dienste genutzt werden darf;
2.
bei natürlichen Personen im lokalen Teil deren Nachnamen und einen oder mehrere Vornamen oder einen Teil des oder der Vornamen (Hauptadresse);
3.
bei juristischen Personen, Personengesellschaften oder öffentlichen Stellen im Domänenteil eine Bezeichnung, welche in direktem Bezug zu ihrer Firma, Namen oder sonstiger Bezeichnung steht.

(2) Der akkreditierte Diensteanbieter kann Nutzern auf Verlangen auch pseudonyme De-Mail-Adressen zur Verfügung stellen, soweit es sich bei dem Nutzer um eine natürliche Person handelt. Die Inanspruchnahme eines Dienstes durch den Nutzer unter Pseudonym ist für Dritte erkennbar zu kennzeichnen.

(3) Der Postfach- und Versanddienst hat die Vertraulichkeit, die Integrität und die Authentizität der Nachrichten zu gewährleisten. Hierzu gewährleistet der akkreditierte Diensteanbieter, dass

1.
die Kommunikation von einem akkreditierten Diensteanbieter zu jedem anderen akkreditierten Diensteanbieter über einen verschlüsselten gegenseitig authentisierten Kanal erfolgt (Transportverschlüsselung) und
2.
der Inhalt einer De-Mail-Nachricht vom akkreditierten Diensteanbieter des Senders zum akkreditierten Diensteanbieter des Empfängers verschlüsselt übertragen wird.
Der Einsatz einer durchgängigen Verschlüsselung zwischen Sender und Empfänger (Ende-zu-Ende-Verschlüsselung) bleibt hiervon unberührt.

(4) Der Sender kann eine sichere Anmeldung nach § 4 für den Abruf der Nachricht durch den Empfänger bestimmen.

(5) Der akkreditierte Diensteanbieter muss dem Nutzer ermöglichen, seine sichere Anmeldung im Sinne von § 4 in der Nachricht so bestätigen zu lassen, dass die Unverfälschtheit der Bestätigung jederzeit nachprüfbar ist. Um dieses dem Empfänger der Nachricht kenntlich zu machen, bestätigt der akkreditierte Diensteanbieter des Senders die Verwendung der sicheren Anmeldung nach § 4. Hierzu versieht er im Auftrag des Senders die Nachricht mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur; sind der Nachricht eine oder mehrere Dateien beigefügt, bezieht sich die qualifizierte elektronische Signatur auch auf diese. Die Bestätigung enthält bei natürlichen Personen den Namen und die Vornamen, bei juristischen Personen, Personengesellschaften oder öffentlichen Stellen die Firma, den Namen oder die Bezeichnung des Senders in der Form, in der diese nach § 3 Absatz 2 hinterlegt sind. Die Tatsache, dass der Absender diese Versandart genutzt hat, muss sich aus der Nachricht in der Form, wie sie beim Empfänger ankommt, ergeben. Die Bestätigung nach Satz 1 ist nicht zulässig bei Verwendung einer pseudonymen De-Mail-Adresse nach Absatz 2.

(6) Der akkreditierte Diensteanbieter mit Ausnahme der Diensteanbieter nach § 19 ist verpflichtet, elektronische Nachrichten nach den Vorschriften der Prozessordnungen und der Gesetze, die die Verwaltungszustellung regeln, förmlich zuzustellen. Im Umfang dieser Verpflichtung ist der akkreditierte Diensteanbieter mit Hoheitsbefugnissen ausgestattet (beliehener Unternehmer).

(7) Der akkreditierte Diensteanbieter bestätigt auf Antrag des Senders den Versand einer Nachricht. Die Versandbestätigung muss folgende Angaben enthalten:

1.
die De-Mail-Adresse des Absenders und des Empfängers;
2.
das Datum und die Uhrzeit des Versands der Nachricht vom De-Mail-Postfach des Senders;
3.
den Namen und Vornamen oder die Firma des akkreditierten Diensteanbieters, der die Versandbestätigung erzeugt und
4.
die Prüfsumme der zu bestätigenden Nachricht.
Der akkreditierte Diensteanbieter des Senders hat die Versandbestätigung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen.

(8) Auf Antrag des Senders wird der Eingang einer Nachricht im De-Mail-Postfach des Empfängers bestätigt. Hierbei wirken der akkreditierte Diensteanbieter des Senders und der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers zusammen. Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers erstellt eine Eingangsbestätigung. Die Eingangsbestätigung enthält folgende Angaben:

1.
die De-Mail-Adresse des Absenders und des Empfängers;
2.
das Datum und die Uhrzeit des Eingangs der Nachricht im De-Mail-Postfach des Empfängers;
3.
den Namen und Vornamen oder die Firma des akkreditierten Diensteanbieters, der die Eingangsbestätigung erzeugt und
4.
die Prüfsumme der zu bestätigenden Nachricht.
Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers hat die Eingangsbestätigung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen. Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers sendet diesem ebenfalls die Eingangsbestätigung zu.

(9) Eine öffentliche Stelle, welche zur förmlichen Zustellung nach den Vorschriften der Prozessordnungen und der Gesetze, die die Verwaltungszustellung regeln, berechtigt ist, kann eine Abholbestätigung verlangen. Aus der Abholbestätigung ergibt sich, dass sich der Empfänger nach dem Eingang der Nachricht im Postfach an seinem De-Mail-Konto sicher im Sinne des § 4 angemeldet hat. Hierbei wirken der akkreditierte Diensteanbieter der öffentlichen Stelle als Senderin und der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers zusammen. Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers erzeugt die Abholbestätigung. Die Abholbestätigung muss folgende Angaben enthalten:

1.
die De-Mail-Adresse des Absenders und des Empfängers;
2.
das Datum und die Uhrzeit des Eingangs der Nachricht im De-Mail-Postfach des Empfängers;
3.
das Datum und die Uhrzeit der sicheren Anmeldung des Empfängers an seinem De-Mail-Konto im Sinne des § 4;
4.
den Namen und Vornamen oder die Firma des akkreditierten Diensteanbieters, der die Abholbestätigung erzeugt und
5.
die Prüfsumme der zu bestätigenden Nachricht.
Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers hat die Abholbestätigung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen. Der akkreditierte Diensteanbieter des Empfängers sendet diesem ebenfalls die Abholbestätigung zu. Die in Satz 5 genannten Daten dürfen ausschließlich zum Nachweis der förmlichen Zustellung im Sinne von § 5 Absatz 6 verarbeitet und genutzt werden.

(10) Der akkreditierte Diensteanbieter stellt sicher, dass Nachrichten, für die eine Eingangsbestätigung nach Absatz 8 oder eine Abholbestätigung nach Absatz 9 erteilt worden ist, durch den Empfänger ohne eine sichere Anmeldung an seinem De-Mail-Konto erst 90 Tage nach ihrem Eingang gelöscht werden können.

(11) Nutzern, die natürliche Personen sind, bietet der akkreditierte Diensteanbieter an, von allen an ihre De-Mail-Adresse adressierten Nachrichten eine Kopie an eine zuvor vom Nutzer angegebene De-Mail-Adresse (Weiterleitungsadresse) weiterzuleiten, ohne dass der Nutzer an seinem De-Mail-Konto angemeldet sein muss (automatische Weiterleitung). Der Nutzer kann ausschließen, dass im Sinne des Absatzes 4 an ihn gesendete Nachrichten weitergeleitet werden. Der Nutzer kann den Dienst der automatischen Weiterleitung jederzeit zurücknehmen. Um den Dienst der automatischen Weiterleitung nutzen zu können, muss der Nutzer sicher an seinem De-Mail-Konto angemeldet sein.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Februar 2014 - 2 K 2957/12 - wird, soweit hierin der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012 teilweise aufgehoben wurde, geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beklagte wendet sich gegen die teilweise Aufhebung von Entwässerungsgebühren.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes Flurstücksnummer 79/3 in der ... in Mannheim. In dem viergeschossigen bebauten Anwesen befinden sich im Erdgeschoß zwei Imbissbetriebe, in den weiteren drei Geschossen jeweils zwei Wohnungen.
Mit „Forderungsbescheid der Stadt Mannheim über Entwässerungsgebühren für das Grundstück: ... Mannheim, 1.OG - Vertragskonto-Nr. ... - Bescheid-Nr. ...“ vom 05.07.2008 forderte die Beklagte von dem Kläger für die Zeit vom 23.06.2007 bis 01.07.2008 Entwässerungsgebühren in Höhe von 6.288,20 EUR. Die Beklagte teilte mit, die Entwässerungsgebühren würden durch die MVV Energie AG Mannheim [im Folgenden MVV] im Auftrag und auf Rechnung der Stadt Mannheim eingezogen.
Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass die Schmutzwassergebühr sich nach dem Verbrauch an Brauchwasser pro Kubikmeter berechne, die Niederschlagswassergebühr entweder aus den Quadratmetern entwässerter Fläche und Jahr oder als Zuschlag zur Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter Brauchwasser. Die Brauchwassermenge entspreche bei Wasserbezug von der MVV der Frischwassermenge. Die Verbrauchsermittlung ergebe im Falle des Klägers für die Zeit vom 23.06.2007 bis 01.04.2008 einen Verbrauch von Frischwasser in Höhe von 2.374 m³ sowie für die Zeit vom 02.04.2008 bis 01.07.2008 in Höhe von 360 m³. Hiervon ausgehend errechneten sich unter Zugrundelegung eines Gebührensatzes für Schmutzwasser von 1,58 EUR/m³ eine Schmutzwassergebühr in Höhe von 4.319,72 EUR sowie unter Zugrundelegung eines Gebührensatzes für Niederschlagswasser von 0,72 EUR/m³ eine Schmutzwassergebühr in Höhe von 1.968,48 EUR. Ferner führte die Beklagte aus, der Bescheid ergehe unter Vorbehalt, falls zwischen der letzten und dieser Jahresverbrauchsabrechnung ein Wasserzähler neu gesetzt worden sei.
Der Bescheid enthielt folgende Rechtsbehelfsbelehrung: „Gegen diesen Forderungsbescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei der Stadt Mannheim, Eigenbetrieb Stadtentwässerung, Collinistr. 1, 68161 Mannheim einlegen. Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung.“
Mit Schreiben vom 05.07.2008 erstellte die MVV unter der Vertragskontonummer ... sowie der Rechnungsnummer ... dem Kläger für den Zeitraum vom 23.06.2007 bis 01.07.2008 eine Jahresabrechnung und berechnete an „Leistungen von MVV Energie AG“ u.a. für Wasser einen Betrag in Höhe von 6.049,66 EUR sowie für „Leistungen der Stadt Mannheim“ u.a. für Entwässerung einen Betrag in Höhe von 8.288,20 EUR. Insgesamt wurde inklusive der Leistungen für Strom und Abfallwirtschaft ein Betrag von 7.986,01 EUR gefordert.
Die MVV teilte im Einzelnen mit, der Frischwasserverbrauch habe für die Zeit vom 23.06.2007 bis 01.04.2008 (Zählernummer ...357) 2.374 m³ betragen sowie für die Zeit vom 02.04.2008 bis 01.07.2008 (Zählernummer ...180) 360 m³. Zur Information wies sie darauf hin, dass der Wasserverbrauch mit dem vorigen Abrechnungszeitraum (993 m³ Wasser an 353 Tagen) verglichen worden sei und der Kläger im aktuellen Abrechnungszeitraum 159,17 Prozent mehr Wasser verbraucht habe. Fragen zur Abrechnung würden durch Mitarbeiter im Servicecenter oder im MVV Kundenzentrum beantwortet.
Mit Schreiben vom 21.07.2008, eingegangen bei der MVV am 23.07.2008, wandte sich der Kläger an das Kundenzentrum der MVV mit dem Betreff „Einspruch gegen Jahresabrechnung 08 - Vertragskontonummer ...“ und teilte mit, er „lege Widerspruch ein gegen den ergangenen Forderungsbescheid vom 05.07.2008 in Höhe von 7.986,01 EUR die Vertragskontonummer ... betreffend“. Der Verbrauch von 2.734 m³ Frischwasser liege außerhalb jeder Realität. Dies würde eine Verdreifachung des bisherigen Verbrauches bedeuten. Im fraglichen Zeitraum sei keine Nutzungsänderung im Haus erfolgt. Ebenso habe es keinerlei Leitungsdefekte gegeben. Jedoch sei zum 01.04.2008 ein Austausch der Wasseruhr erfolgt. Die Funktionstüchtigkeit könne laut MVV nicht mehr überprüft werden, da das Gerät inzwischen der Verschrottung zugeführt worden sei; die Funktionstüchtigkeit müsse jedoch unbedingt angezweifelt werden. Die Beobachtung des aktuellen Wasserzählers in der vergangenen Woche habe einen mittleren Tagesverbrauch von circa 3 m³ ergeben. Dieser Wert ergebe hochgerechnet auf ein Jahr einen Verbrauch von 1095 m³, was mit den Verbrauchswerten in den beiden zurückliegenden Jahren in etwa vergleichbar wäre. Er bitte, den Verbrauch auf Grund der Verbrauchswerte in der Vergangenheit zu schätzen und die Forderungen für Frischwasser, Abwasser und Niederschlagswasser neu zu berechnen. Ferner bitte er „um Weiterleitung dieses Schreibens an die entsprechenden Stellen sowie eine Bestätigung des Eingangs“.
Die MVV antwortete dem Kläger mit Schreiben vom 01.08.2008 „zu dem entstandenen Wasserverbrauch“ und erläuterte dessen Ermittlung. Der Zählerstand des Wasserzählers ...357 zum 22.06.2007 sei geschätzt worden. Es sei zu vermuten, dass der Verbrauch für die letzte Rechnung zu niedrig geschätzt worden und insoweit ein Teil der Verbrauchsmenge der aktuellen Rechnung entstanden sei.
10 
Im Folgenden wandte sich der Kläger telefonisch an die MVV und teilte mit, es gehe um den Widerspruch zur letzten Jahresabrechnung (Vermerk der MVV vom 08.08.2008). Es liege ein hoher Wasserverbrauch vor. Er habe den Wasserverbrauch jeden Tag beobachtet und einen Verbrauch von 3 m³ am Tag festgestellt. Die MVV wies mit Schreiben vom 26.08.2008 zur Erklärung des verhältnismäßig hohen Wasserverbrauchs (nochmals) auf die vorangegangene, vermutlich zu geringe Ermittlung des Wasserverbrauchs hin. Ferner listete sie tabellarisch die (im Durchschnitt schwankenden) Verbräuche seit 16.07.2004 auf und führte aus, dass hierfür verschiedene Gründe maßgeblich sein könnten, etwa jahreszeitlich bedingte Schwankungen, geänderte Mieterstrukturen und/oder geändertes Verbrauchsverhalten.
11 
Der Anwalt des Klägers teilte der Beklagten mit Schreiben vom 15.09.2008 mit, sein Mandant habe bereits gegen den Bescheid vom 05.07.2008 Widerspruch eingelegt. Zur weiteren Begründung verweise er auf sein heutiges Schreiben an die MVV unter Bezugnahme auf dessen Inhalt. Des Weiteren werde gegen den Bescheid eingewandt, dass die Kostenansätze für die Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühr nicht nachvollziehbar seien. Es werde beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. Um Stellungnahme werde bis zum 26.09.2008 gebeten.
12 
Auf die Mitteilung der MVV vom 13.10.2008 mahnte die Beklagte beim Kläger den offenen Betrag in Höhe von 3.509,81 EUR aus dem „Bescheid Nr. ... der MVV vom 05.07.2008“ mit Schreiben vom 17.11.2008 an. Die MVV verklagte den Kläger erfolgreich in dem beim Amtsgericht Mannheim unter dem Aktenzeichen ... geführten Verfahren auf die Zahlung der Kosten für die Versorgung mit Strom und Wasser; die unter dem Aktenzeichen ... beim Landgericht Mannheim eingelegte Berufung nahm der Kläger zurück. In der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung ist ausgeführt, die vom Kläger erhobenen Einwände eines ungewöhnlich hohen Verbrauchs sowie der fehlenden Eichung des Zählers berechtigten diesen nicht zur Zahlungsverweigerung gemäß § 30 AVBWasserV. Denn relevant sei nur eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit, wofür ein hoher Verbrauch alleine nicht ausreiche. Die Fehlerhaftigkeit des Zählers wäre (zuvor) geltend zu machen und festzustellen gewesen (§§ 19, 21 II AVBWasserV).
13 
Die Beklagte ließ sich über diese Vorgänge von der MVV unterrichten. Unter dem 08.03.2011 wurde der Beklagten das an die MVV gerichtete Widerspruchsschreiben des Klägers vom 21.07.2008 weitergeleitet.
14 
Unter dem 08.03.2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Widerspruch vom 21.07.2008 gegen den Forderungsbescheid der Stadt Mannheim liege vor. Es werde um Mitteilung gebeten, ob angesichts der gegenüber der MVV unstreitig gestellten Forderungen der Widerspruch aufrecht erhalten und die Erteilung eines Widerspruchsbescheids beantragt werde. Dies bejahte der Kläger (Schreiben vom 12.04.2011) und machte geltend, die angesetzte Brauchwassermenge sei ebenso zu beanstanden wie die Koppelung der Niederschlagswassergebühr an die Menge des Brauch- und Schmutzwassers. Mit weiteren Schreiben vom 23.03.2012 informierte die Beklagte den Kläger über die rechtlichen Grundlagen der Entwässerungsgebühren und wies hinsichtlich des Frischwasserverbrauchs auf das zwischenzeitlich abgeschlossene zivilgerichtliche Verfahren hin. Da trotz Aufforderung und Mahnung keine Zahlung erfolgt sei, werde der Vorgang zur Betreibung an die Stadtkämmerei abgegeben.
15 
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2012, dem Klägervertreter am 18.10.2012 zugegangen, wies die Beklagte den Widerspruch wegen Verfristung als unzulässig zurück. Der Widerspruch sei - wie sich auch aus der dem Bescheid vom 05.07.2008 beigefügten Rechtsmittelbelehrung ergebe - bei der Behörde, welche den Bescheid erlassen hat, zu erheben. Hierfür genüge das Schreiben vom 21.07.2008 an die MVV, welcher im Übrigen die Behördeneigenschaft fehle, nicht. Das Schreiben vom 15.09.2008 sei demgegenüber zwar zutreffend adressiert, jedoch verfristet gewesen.
16 
Der Kläger beantragte daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 31.10.2012, eingegangen bei der Beklagten am 31.10.2012, wegen der Versäumnis der Widerspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legte zugleich gegen den Bescheid vom 05.07.2008 Widerspruch ein. Er gab an, er habe mit einem am 22.07.2008 zur Post gegebenen Schreiben vom 21.07.2008 an die Beklagte gegen den Bescheid vom 05.07.2008 Widerspruch eingelegt. Vom fehlenden Zugang bei der Beklagten habe er keine Kenntnis gehabt. Beigefügt war eine unter dem 29.10.2012 abgegebene eidesstattliche Versicherung des Klägers mit entsprechendem Inhalt sowie eine Mehrfertigung des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008. In diesem wird unter dem Betreff „Einspruch gegen die Jahresabrechnung 08 - Vertragskontonummer ...“ Widerspruch „gegen den ergangenen Forderungsbescheid vom 05.07.2008 in Höhe von 4.015,10 EUR“ eingelegt, um Weiterleitung an die „entsprechenden Stellen“ sowie um Eingangsbestätigung gebeten.
17 
Mit Bescheid vom 08.11.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Wiedereinsetzung ab. Gemäß § 110 Abs. 3 AO i.V.m. § 3 KAG könne die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, wenn - wie vorliegend - seit dem Ende der versäumten Frist ein Jahr vergangen sei. Ein Fall höherer Gewalt sei weder geltend gemacht noch ersichtlich. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 08.11.2012 traf die Beklagte keine förmliche Entscheidung.
18 
Mit seiner am 19.11.2012 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, den Bescheid vom 05.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012 aufzuheben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er habe bereits mit Schreiben vom 21.07.2008 gegenüber der Beklagten Widerspruch eingelegt. Unabhängig davon sei auch der gegenüber der MVV unter dem 21.07.2008 eingelegte Widerspruch „gegen deren Jahresabrechnung und Bescheid“ als rechtzeitiger Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten zu behandeln. Es habe der MVV als Vertreterin der Beklagten oblegen, das an sie gerichtete Schreiben an die Beklagte weiter zu leiten. Mit ihrem Schreiben vom 08.03.2011 habe die Beklagte zudem bestätigt, dass ihr sein Widerspruch vorliege. Soweit die Beklagte bei der Berechnung der Gebühren für Niederschlagswasser als Berechnungsgrundlage den aus dem Frischwasserverbrauch errechneten Abwasserverbrauch zu Grunde lege, sei dies - wie der Verwaltungsgerichtshof Baden Württemberg mit Urteil vom 11.03.2010 entschieden habe - rechtswidrig. Ferner sei die zu Grunde gelegte Frischwassermenge nicht verbraucht worden. Der Zählerstand sei unzutreffend übermittelt worden, eine Überprüfung des Zählers habe - obwohl er sich umgehend nach Zugang der Jahresabrechnung an die MVV gewandt habe -wegen der zwischenzeitlichen Verwertung des Zählers nicht mehr veranlasst werden können. Der berechnete Frischwasserverbrauch sei auszuschließen. Es habe weder ein geändertes Nutzungsverhalten, Wasserschäden, Installationsmängel, Reparaturen o.ä. gegeben. Hiernach sei der Anscheinsbeweis für eine fehlerhafte Ermittlung und/oder Übertragung des Zählerstands erbracht.
19 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13.02.2014 nach durchgeführter mündlicher Verhandlung entschieden, die zulässige Klage sei begründet, soweit eine über 2.020,10 EUR hinausgehende Abwassergebühr erhoben werde. Die Klage sei - trotz verfristeten Widerspruchs und Nichtvorliegens der Voraussetzungen für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - zulässig, da der Kläger insoweit einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung seitens der Beklagten habe. Die Beklagte habe einen Anspruch auf Sachprüfung nicht mehr ablehnen können.
20 
Zunächst sei festzustellen, dass der Kläger die Widerspruchsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheids vom 05.07.2008 versäumt habe, da er trotz fehlerfreier Rechtsbehelfsbelehrung gegen den von der MVV namens der Beklagten übersandten Gebührenbescheid verspätet Widerspruch erhoben habe. Der Zusatz „Eigenbetrieb Stadtentwässerung, Collinistr. 1, 68161 Mannheim“ sei nicht in erheblicher Weise geeignet, von der Einlegung eines Widerspruchs abzuhalten. Denn auch der rechtsunkundige Adressat könne erkennen, dass er sich an die Beklagte wenden müsse, um dort Widerspruch einzulegen. Das Schreiben des Klägers vom 21.07.2007 an die Beklagte wahre die Frist nicht, da ein solches Schreiben bei der Beklagten nicht angekommen sei bzw. der Zugang jedenfalls nicht nachweisbar sei. Das bei der MVV eingegangene Schreiben vom 21.07.2007 könne bei der insoweit gebotenen formalen Betrachtung der Beklagten nicht zugerechnet werden. Die MVV sei als Verwaltungshelferin nicht zur Behandlung von Widersprüchen ermächtigt. Es ergebe sich auch keine andere Beurteilung daraus, dass die Beklagte mit 50,1 % die Mehrheit der Anteile an der MVV halte, da die MVV hinsichtlich der Entgegennahme von Widersprüchen weder selbst Behörde noch Teil einer anderen Behörde sei. Schließlich wahre auch das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 an die Beklagte - worin sinngemäß eine eigene wirksame Widerspruchserhebung bei der Beklagten gesehen werden könne - die Widerspruchsfrist nicht.
21 
Dem Kläger sei auch keine Wiedereinsetzung zu gewähren, da der Wiedereinsetzungsantrag wohl zu spät gestellt sein dürfte. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO könne nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies - was wohl zu verneinen sei - vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich gewesen sei.
22 
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg sei die Widerspruchsbehörde, wenn nicht Rechte anderer entgegenstünden, regelmäßig ermächtigt, auch über einen erheblich verspäteten Widerspruch sachlich zu entscheiden. Ein Widerspruchführer habe insoweit einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung. Sei das Ermessen der Widerspruchsbehörde auf Grund der Besonderheiten des Verfahrensablaufs in der Weise eingeschränkt, dass - wie vorliegend - nur eine materielle Entscheidung rechtmäßig wäre, nicht dagegen eine Abweisung als unzulässig wegen Verspätung, so erwachse der Ablehnungsbescheid nicht in Bestandskraft. Ermessensfehlerhaft sei die Ablehnung einer Sachentscheidung jedenfalls dann, wenn der Beklagte durch sein Verhalten die Erwartung des Widerspruchsführers hervorgerufen habe, es werde noch zur Sache entschieden, was vor allem dann gelte, wenn der Behörde ein rechtsunkundiger und nicht in Verwaltungsverfahren erfahrener Bürger gegenüberstehe. In solchen Fällen sei es wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben angebracht, von einem eingeschränkten Ermessen auszugehen. Die Beklagte habe über mehrere Jahre die Gelegenheit nicht genutzt, den Kläger bzw. seinen Anwalt auf die Zulässigkeitsbedenken hinzuweisen. Sie habe mit der MVV in Kontakt gestanden und mit dieser korrespondiert, ohne die Verfristung des Widerspruchs zu thematisieren. Unabhängig davon erscheine das Verhalten der Beklagten in der Gesamtschau einer Reihe weiterer Umstände treuwidrig und ermessensfehlerhaft: Auf die im Schreiben vom 15.09.2008 enthaltene Bitte zur Stellungnahme sei keine Reaktion in irgendeiner Form erfolgt. Der Kläger habe fristgerecht (wenn auch adressiert an die MVV) einen Widerspruch erhoben, welcher bei der (vom Kläger erbetenen) Weiterleitung durchaus hätte fristgerecht bei der Beklagten ankommen können. Die dortige Reklamation sei hinsichtlich der Frischwasserabrechnung an richtiger Stelle erfolgt; die Abwassergebührenrechnung knüpfe an den Frischwasserverbrauch an.
23 
Die sonach zulässige Klage sei teilweise begründet. Hinsichtlich der Schmutzwassergebühr sei der Gebührenbescheid der Beklagten teilweise rechtswidrig, da der Bezug der zugrunde gelegten Wassermenge nicht nachgewiesen sei. Infolgedessen habe die Beklagte die Schmutzwassermenge zu schätzen bzw. nach Erfahrungswerten zu ermitteln gehabt. Ziehe man grundsätzlich in Anlehnung an die Methodik der Beklagten einen Zweijahreszeitraum heran, sei vorliegend in Abweichung hiervon (Zeitraum vom 05.07.2006 bis zum 01.04.2008) der zuletzt brauchbare Wert (Zeitraum vom 06.08.2005 bis zum 22.06.2007) anzusetzen, wonach sich ein mittlerer Tagesverbrauch von 2,82 m³ bezogen auf einen Zeitraum von 284 Tagen sowie als Resultat ein Betrag in Höhe von 1.265,39 EUR (2,82 x 284 x 1,58 EUR) ergebe.
24 
Soweit es um die Niederschlagswassergebühr gehe, sei das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 11.03.2010 - 2 S 2938/08 -zu berücksichtigen, wonach ein - vorliegend zur Anwendung gebrachter - einheitlicher Frischwassermaßstab unzulässig sei. Die Beklagte habe von der Möglichkeit der Heilung im Wege des Erlasses einer neuen, rückwirkend zum 01.07.1983 in Kraft gesetzten Abwassersatzung Gebrauch gemacht. Die Vergleichsberechnung nach dem Maßstab der gesplitteten Abwassergebühr ergebe Niederschlagswassergebühren in Höhe von 185,91 EUR (224 m² x 0,81 EUR [§ 16 i.V.m. Anlage 2 Abs. 1 AbwS], hochgerechnet auf den streitgegenständlichen Zeitraum von 374 Tagen).
25 
Gegen das ihr am 27.02.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte den am 17.03.2014 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingegangenen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Der Senat hat mit Beschluss vom 01.08.2014 die Berufung zugelassen.
26 
Unter dem 10.10.2014 hat die Beklagte die Berufung wie folgt begründet: Die Klage sei unzulässig, da der Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 05.07.2008 - wenn überhaupt - dann allenfalls nach Ergehen des Widerspruchbescheids und damit verspätet mit Schreiben vom 31.10.2012 eingelegt worden sei. Der ebenfalls mit Schreiben vom 31.10.2012 gestellte Wiedereinsetzungsantrag sei durch Bescheid vom 08.11.2012 im Ergebnis zu Recht abgelehnt worden. Zu einer Wiedereinsetzung in Bezug auf ein überhaupt niemals abgesandtes (sondern nachträglich „konstruiertes“) Widerspruchsschreiben könne eine Verpflichtung zur Wiedereinsetzung nicht bestehen. Der nachträgliche Klägervortrag, er habe zusätzlich zu dem mit Schreiben vom 21.07.2008 bei der MVV eingelegten Widerspruch mit Schreiben gleichen Datums Widerspruch bei der Beklagten eingelegt, sei nicht glaubhaft. In dem Schreiben vom 15.09.2008 sei nur von einem Widerspruch die Rede; für zwei Schreiben gebe es keinen vernünftigen und einleuchtenden Grund. Insbesondere belege die Bitte um Weiterleitung an die entsprechenden Stellen sehr plastisch, dass die Gesamtproblematik in nur einem Widerspruchsschreiben habe abgearbeitet werden sollen. Schließlich scheine es verwunderlich, dass der Kläger jahrelang mit der MVV über den Frischwasserbezug verhandelt und gestritten habe, wenn er gleichzeitig auch Widerspruch bei der Beklagten eingelegt haben wolle. Sonstige Wiedereinsetzungsgründe seien weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Verlust einer Briefsendung komme zwar nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als „höhere Gewalt“ in Betracht; diese Rechtsprechung beziehe sich aber lediglich auf die bis zum Jahr 2005 geltende Rechtslage bezüglich der Deutschen Post. Im Übrigen habe der Kläger nicht substantiiert dargetan, dass der vorliegende Fall dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 27/03 - entschiedenen Fall vergleichbar sei. Würde man das Rechtsanwaltsschreiben vom 15.09.2008 als Widerspruch werten, sei keinerlei Wiedereinsetzungsgrund ersichtlich bzw. geltend gemacht.
27 
Nachdem die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorlägen, bestehe - wie der Senat mit Urteil vom 25.06.1987 - 2 S 1960/84 - entschieden habe - kein Raum mehr für Ermessenserwägungen. Davon unbesehen liege keine Ermessensreduktion auf Null zur sachlichen Verbescheidung vor. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten weder als Ausgangs- noch als Widerspruchsbehörde bei dem Kläger die Erwartung hervorgerufen bzw. (aktiv) einen Rechtsschein gesetzt, es werde noch zur Sache entschieden. Eine Verpflichtung, den Eingang eines Widerspruchs zu bestätigen oder Hinweise auf Zulässigkeitsbedenken mitzuteilen, bestehe nicht. Der rechtzeitige Eingang sowie ggf. eine Nachfrage diesbezüglich seien Sache des Klägers.
28 
Es könne sich auch nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - aus einer Gesamtschau der Besonderheiten des Einzelfalls eine Treuwidrig- und damit Ermessensfehlerhaftigkeit einer Berufung auf die Verfristung des Widerspruchs ergeben. Aus der Nichtreaktion auf das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 sei kein derartiger Rückschluss möglich, zumal dem Anwalt die Erhebung einer Untätigkeitsklage offen gestanden habe. Die (bislang gerichtlich nicht beanstandete Art der) Rechnung der MVV und der Forderungsbescheid der Beklagten unterschieden sich ebenso hinreichend voneinander wie die im Forderungsbescheid enthaltene Rechtsmittelbelehrung einerseits sowie der in der Rechnung enthaltene Hinweis auf die Auskunft zu abrechnungstechnischen Fragen andererseits. Das Risiko der rechtzeitigen Widerspruchseinlegung bei der zuständigen Stelle trage der Widerspruchsführer. Zu einer Weiterleitung sei die MVV (mangels Behördeneigenschaft) nicht verpflichtet. Es sei nach der mit der MVV getroffenen Rahmenvereinbarung nicht Sache der MVV, Entscheidungen über die zu berechnenden Gebühren zu treffen, woran auch die Tatsache nichts ändere, dass die Beklagte Mehrheitsaktionärin der MVV sei. Die zweistufige Verfahrensweise, die Stelle, welche bereits über die erforderlichen Daten hinsichtlich des Frischwasserverbrauchs verfüge, mit der Berechnung, Ausfertigung und Versendung von Gebührenbescheiden etc. zu beauftragen, sei eine gängige und jahrelang praktizierte und dem Kläger bekannte Verfahrensweise, welche vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 3 und 4 KAG vorgesehen sei.
29 
Abschließend hat die Beklagte - unter Bezug auf die Begründung im Widerspruchsbescheid - darauf hingewiesen, dass die Klage unbegründet sei und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Abwassergebühren zutreffend unter Berücksichtigung der zählermäßig erfassten und abgelesenen Frischwassermenge errechnet worden seien.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13.02.2014 - 2 K 2957/12 -, soweit hierin der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012 teilweise aufgehoben wurde, zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
32 
Der Kläger beantragt unter Verweis auf seinen bisherigen Vortrag,
33 
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
34 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
35 
Die Berufung ist zulässig.
36 
Die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO ist gewahrt und das angefochtene Urteil in der Berufungsschrift hinreichend im Sinne von § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO bezeichnet. Auch die Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO sind erfüllt. Die Begründung muss danach einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Die von der Beklagten übermittelte Berufungsbegründung genügt diesen Anforderungen, enthält insbesondere den erforderlichen Antrag.
II.
37 
Die Berufung ist auch begründet.
38 
Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht der Klage teilweise stattgegeben. Die Klage ist bereits unzulässig, da es an der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens fehlt.
39 
Streitgegenständlich ist der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012. Mit dem Bescheid vom 05.07.2008 hat die Beklagte endgültig die Entwässerungsgebühren festgesetzt, denn der im Bescheid vom 05.07.2008 ausgesprochene Vorläufigkeitsvermerk bei Zählerwechsel im Vorabrechnungszeitraum ist nicht einschlägig. Wie sich aus dem Schreiben der MVV vom 26.08.2008 ergibt, betrug der vor dem Bezugszeitraum liegende Vorabrechnungszeitraum 353 Tage und begann somit im Juni 2006. In dem Zeitraum von Juni 2004 bis April 2008 kam es zu keinem Zählertausch, mithin ist die im Bescheid vom 05.07.2008 getroffene Festsetzung endgültig.
40 
Gegen den Bescheid vom 05.07.2008 hat der Kläger nicht fristgerecht Widerspruch erhoben (s. hierzu 1.). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (s. hierzu 2.) noch einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung über eine Entscheidung in der Sache trotz Verfristung (s. hierzu 3.). Mangels ordnungsgemäß durchgeführten Vorverfahrens ist die Klage daher unzulässig.
41 
1. Der Widerspruch (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 KAG i.V.m. § 68 VwGO) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides einzulegen (§ 70 Abs. 1 VwGO). Diese Frist beginnt nach §§ 70 Abs. 2, 58 VwGO nur, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf und die Verwaltungsbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist.
42 
Die danach maßgebliche Frist (dazu a) ist weder durch die an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 21.07.2008 (dazu b) und vom 15.09.2008 (dazu c) noch durch das an die MVV gerichtete Schreiben vom 21.07.2008 gewahrt (dazu d).
43 
a) Die maßgebliche Frist zur Erhebung des Widerspruchs im vorliegenden Fall beträgt einen Monat. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit der Folge, dass für die Einlegung des Widerspruchs die Jahresfrist in Lauf gesetzt worden wäre. § 58 Abs. 1 VwGO verlangt für eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, dass der Betroffene über „die Verwaltungsbehörde“, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, den „Sitz“ und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist. Diesen Anforderungen genügt die hier in Frage stehende Rechtsbehelfsbelehrung der Beklagten trotz des Hinweises, dass der Widerspruch bei dem „Eigenbetrieb Stadtentwässerung" der Stadt Mannheim zu erheben ist.
44 
Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Dies trifft auch zu, wenn ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der geeignet ist, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen, und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen (BVerwG, Urteil vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 - juris Rn. 23). Rechtsbehelfsbelehrungen haben nicht die Aufgabe, dem Betroffenen bis nahezu an die Bevormundung alle eigenen Überlegungen bezüglich der Art seines weiteren Vorgehens abzunehmen, sondern es ist sachgerecht, den Betroffenen - entsprechend seiner Stellung als eines von der Verfassung mit Freiheitsgrundrechten ausgestatteten Staatsbürgers - Verantwortung tragen zu lassen. Die Belehrung über Rechtsbehelfe ist „für den geschäfts- und prozeßfähigen Bürger bestimmt und nicht an einer unmündigen Person zu orientieren, die sich nicht zu helfen weiß“ (BVerwG, Urteil vom 27.2.1976 - IV C 74.74 - juris Rn. 21). Sie hat nur den Sinn und Zweck, die Rechtsunkenntnis des Betroffenen in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu beseitigen (BVerwG, Urteil vom 09.11.1966 - V C 196.65 - juris Rn. 20).
45 
Der Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ ist weder generell geeignet, den Betroffenen von der Einlegung eines Widerspruchs abzuhalten noch erschwert er dem Betroffenen die Einlegung des Widerspruchs in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Zum einen will der Kläger nach seinen eigenen Angaben bei der Stadt Mannheim, Eigenbetrieb Stadtentwässerung, unter dem 21.07.2008 einen Widerspruch eingelegt haben. Zum anderen hätte der Kläger bei der Stadt Mannheim als der Behörde, welche den Verwaltungsakt erlassen hat, schriftlich Widerspruch mit oder ohne Verwendung des Zusatzes „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ einlegen können. Durch die Hinzufügung „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ wird ihm (und wurde ihm im vorliegenden Fall auch rein tatsächlich) die Einlegung des Rechtsbehelfs nicht erschwert. Hätte der Kläger - wie in der Rechtsbehelfsbelehrung ebenfalls zutreffend (vgl. § 70 Abs. 1 VwGO) aufgeführt - zur Niederschrift bei der Behörde Widerspruch einlegen wollen, so bestünde zwar die Möglichkeit, dass sich der Kläger durch den Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ gehindert gesehen hätte, den Widerspruch bei anderen Stellen der Stadt Mannheim einzulegen. Der Hinweis ist jedoch nicht generell geeignet, ihn von der Einlegung des Widerspruchs abzuhalten bzw. ihm dies zu erschweren. Denn auch der rechtsunkundige Adressat einer derartigen Belehrung kann erkennen, dass er sich zur Einlegung des Widerspruchs (letztlich) an die Stadt Mannheim wenden muss. Besondere Hindernisse für die Lokalisierung (BVerwG, Urteil vom 23.08.1990 - 8 C 30.88 - juris Rn. 12), die eine Einlegung des Widerspruchs erschweren könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
46 
Der vorliegende Bescheid vom 05.07.2008 gilt als schriftlicher Verwaltungsakt, welcher durch die Post übermittelt wird, nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG i.V.m. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bei Übermittlung im Inland als bekannt gegeben. Das Datum der Aufgabe zur Post ist vorliegend aus der Verwaltungsakte nicht ersichtlich. Es spricht einiges dafür, bei - wie vorliegend - maschinell erstellten Schreiben im Wege des Anscheinsbeweises anzunehmen, dass diese am Tag des Erstelldatums zur Post gegeben wurden (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 140. EL, § 122 AO Rn. 50). Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 08.08.2008 abgelaufen. Dies kann jedoch dahinstehen, da der Kläger mit dem an die Beklagte unter dem 21.07.2008 gerichteten Schreiben deutlich gemacht hat, dass ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt der Bescheid vom 05.07.2008 bekannt (gegeben worden) war. Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB spätestens am 21.08.2008 abgelaufen.
47 
b) Das an die Beklagte adressierte Schreiben vom 21.07.2008 ist (überhaupt) nicht bei der Beklagten eingegangen und sonach nicht fristwahrend.
48 
Der Widerspruch ist als einseitige, amtsempfangsbedürftige Willenserklärung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, welche den Verwaltungsakt erlassen hat. Das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 21.07.2008 ist - vorbehaltlich einer Aufgabe zur Post - jedenfalls nicht bei der Beklagten angekommen. Ein entsprechender Eingang ist bei der Beklagten nicht verzeichnet worden und dementsprechend den vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten nicht zu entnehmen. Der Kläger hat insoweit geltend gemacht, er habe das Schreiben an die Beklagte vom 21.07.2008 zusammen mit seinem Schreiben an die MVV zur Post aufgegeben. Dies genügt jedoch nicht - auch nicht im Wege des Anscheinsbeweises - für die Annahme eines Zugangs.
49 
Die Regeln des Beweises des ersten Anscheins sind im Verwaltungsprozess grundsätzlich anwendbar (BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 2 C 17.81 - juris Rn. 18; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl, § 108 Rn. 18 m.w.N.). Der Beweis des ersten Anscheins kommt bei typischen Geschehensabläufen in Betracht. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen ein gewisser Tatbestand nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und infolgedessen wegen des typischen Charakters des Geschehens die konkreten Umstände des Einzelfalles für die tatsächliche Beurteilung ohne Bedeutung sind (BVerwG, aaO).
50 
In Zusammenhang mit § 70 VwGO ist zu beachten, dass der Nachweis des Zugangs dem Widerspruchsführer obliegt. Falls dieser Nachweis als Anscheinsbeweis durch den Nachweis der Postaufgabe als erbracht angesehen und von der zuständigen Behörde verlangt würde, sie solle den „ersten Anschein“ durch den (in der Regel gar nicht zu führenden) Beweis der negativen Möglichkeit, dass ihr die Sendung nicht zugegangen sei, entkräften, würde die vom Widerspruchsführer zu beweisende Erhebung des Widerspruchs durch den bloßen Nachweis der Absendung des Widerspruchs ersetzt. Der Widerspruch würde dann - entgegen §§ 69, 70 VwGO - mit der Aufgabe zur Post als erhoben gelten und das Vorverfahren damit beginnen. Dies bedeutete eine normativ ungewollte Verkehrung des Zugangsnachweises bzw. des Nachweises der Erhebung des Widerspruchs, welche im Übrigen weder sachlich gerechtfertigt noch notwendig erscheint, da es dem Widerspruchsführer zwanglos möglich ist, den ihm obliegenden Beweis des Zugangs durch die Wahl entsprechender Versendungsformen sicherzustellen. Macht er hiervon keinen Gebrauch, ist es nicht unbillig, wenn er die volle Gefahr trägt, dass sein Widerspruch bei der zuständigen Behörde nicht fristwahrend eingeht oder er den Zugang nicht beweisen kann (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 24.10.2005 - 3 Nc 37/05 - juris Rn. 8; ThürOVG, Beschluss vom 07.02.2011 - 2 ZKO 621/09 - juris Rn. 9).
51 
Darüber hinaus kann der Nachweis des Zugangs bei Postsendungen nicht mittels eines an die Aufgabe zur Post anknüpfenden Anscheinsbeweises erbracht werden (Schenke, aaO). Denn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens kommt es (auch außerhalb von Poststreiks u.ä.) immer wieder vor, dass abgeschickte Briefe, sogar Einschreiben, den Empfänger nicht erreichen. Sonach gibt es lediglich eine mehr oder minder hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass abgesendete Briefe auch ankommen. Der Anscheinsbeweis ist aber nicht schon dann geführt, wenn zwei verschiedene Möglichkeiten des Verlaufs erfahrungsgemäß in Betracht zu ziehen sind, von denen die eine wahrscheinlicher ist als die andere (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.1996 - VIII ZR 150/95 - juris Rn. 18). Sonach kann aus der vom Kläger in der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 behaupteten (im Einzelnen - hinsichtlich Beförderungsunternehmen, Beförderungsart, Aufgabeort und Aufgabe(uhr) zeit - nicht näher konkretisierten) Aufgabe zur Post (vgl. dazu auch unten 2b) jedenfalls nicht auf den Zugang geschlossen werden.
52 
c) Das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 wahrt ebenfalls nicht die maßgebliche Widerspruchsfrist. Denn es ist - unabhängig davon, ob diesem ein (selbstständiger) Widerspruch zu entnehmen ist - am 17.09.2008 bei der Beklagten eingegangen und damit außerhalb der maßgeblichen Widerspruchsfrist.
53 
d) Auch das unter dem 21.07.2008 an die MVV adressierte und bei dieser am 23.07.2008 eingegangene Schreiben des Klägers wahrt - unabhängig davon, ob diesem mit hinreichender Bestimmtheit ein Widerspruch gegen den Forderungsbescheid vom 05.07.2008 zu entnehmen ist - nicht die Widerspruchsfrist.
54 
Der Widerspruch ist erhoben, wenn er der zuständigen Behörde zugeht, d.h. mit Wissen und Wollen des Widerspruchsführers in den Verfügungsbereich der Behörde gelangt. Die Einlegung eines Widerspruchs bei einem (zur Entgegennahme des Widerspruchs weder ermächtigten noch verpflichteten) Verwaltungshelfer stellt keine wirksame und fristgerechte Erhebung des Widerspruchs in diesem Sinne dar. Die MVV kann (insoweit) als Verwaltungshelferin der Beklagten nicht - auch nicht auf Grund einer Duldung oder eines gesetzten Anscheins seitens der Beklagten - als Empfangsvertreterin oder als Empfangsbotin angesehen werden. Die Kenntnis der MVV ist der Beklagten demnach nicht zuzurechnen.
55 
Die MVV ist (hinsichtlich der Entgegennahme/Nichtweiterleitung des an sie gerichteten Schreibens vom 05.07.2008) als unselbstständige Verwaltungshelferin einzuordnen und besitzt keine Ermächtigung zur Entgegennahme von Widersprüchen im Sinne einer Empfangsvertreterschaft.
56 
Bei der Abwasserbeseitigung handelt es sich um eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe, die in der Befugnis wurzelt, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft selbst zu regeln. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG werden die Kommunalabgaben auf Grund einer Satzung erhoben. Hierbei kann sich die Kommune als Hoheitsträger unter bestimmten Voraussetzungen auch externer Hilfe bedienen und Dritte mit der Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben betrauen. Gemäß § 2 Abs. 3 KAG kann die Satzung u.a. bestimmen, dass bei Gebühren und Beiträgen Dritte beauftragt werden können, diese Abgaben zu berechnen, Abgabenbescheide auszufertigen und zu versenden, Abgaben entgegenzunehmen und abzuführen, Nachweise darüber für den Abgabenberechtigten zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten dem Abgabenberechtigten mitzuteilen. In § 14 Abs. 3 der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung (Abwassersatzung - AbwS -) vom 28.06.1983 in der Fassung vom 07.02.2006 ist vorgesehen, dass die Beklagte einen Dritten - insoweit als Beliehenen - beauftragen kann, die Abwassergebühren gemäß den Bestimmungen dieser Satzung zu berechnen, die Gebührenbescheide auszufertigen und zu versenden, die Gebühren entgegenzunehmen und an die Stadt abzuführen, Nachweise darüber für die Stadt zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten der Beklagten mitzuteilen.
57 
Danach hat die Beklagte von der in § 2 Abs. 3 KAG vorgesehenen Ermächtigung durch Satzung Gebrauch gemacht und die MVV als Dritten (im Rahmen des § 2 Abs. 3 KAG) mit den vorgenannten (abschließend aufgezählten) Aufgaben beauftragt. Ferner hat die Beklagte mit der MVV einen Vertrag vom 01.10.1998 geschlossen, nach dessen § 1 Ziffer 1 die MVV mit dem Einzug der Abwassergebühren „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ von der Beklagten beauftragt wird. § 1 Ziffer 2 des Vertrags stellt klar, dass die Sachherrschaft bei der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung - verbleibt und es nicht Sache der MVV ist, Entscheidungen über die zu berechnenden Gebühren zu treffen. Zu den Aufgaben der MVV gehört nach § 1 Ziffer 3 lit. b und c des Vertrags insbesondere das Erstellen der Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide sowie die Bekanntgabe der Bescheide und das Inkasso der Gebühren.
58 
Eine Ermächtigung zur Entgegennahme oder gar Behandlung von Widersprüchen gegen Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide ist (neben der Beauftragung zum Erstellen und zur Bekanntgabe von Gebührenbescheiden) weder in der Abwassersatzung noch in dem Vertrag vom 01.10.1998 vorgesehen. Denn die MVV ist „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ lediglich zum Inkasso (§ 1 Ziffern 1 und 3 lit. c Vertrag vom 01.10.1998) beauftragt bzw. gemäß § 14 Abs. 3 AbwS zur Entgegennahme der Gebühren, nicht jedoch zur Entgegennahme von Widersprüchen oder gar einer inhaltlichen Befassung mit einem Widerspruch. Mit dieser Beauftragung der MVV hält sich die Beklagte innerhalb der von § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen zur Beleihung, welcher in Zusammenhang mit Abgabenbescheiden neben dem Auftrag zu deren Ausfertigen und Versenden lediglich die weitere Möglichkeit der Beauftragung zur Entgegennahme der Abgaben vorsieht.
59 
Eine Empfangsvertreterschaft oder Empfangsbotenschaft scheidet demnach aus. Die Beklagte hat weder im Innenrechtsverhältnis zwischen ihr und der MVV im Vertrag vom 01.10.1998 noch im Außenrechtsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger in der Abwassersatzung eine Beauftragung und Ermächtigung der MVV zur Entgegennahme von Widersprüchen vorgenommen. Auch aus dem Auftreten der MVV gegenüber dem Kläger in Gestalt des von der MVV übermittelten Forderungsbescheids vom 05.07.2008 einerseits und der Rechnung der MVV vom 05.07.2008 andererseits ergibt sich nichts Gegenteiliges. Unabhängig davon, ob durch die Formulierung und Ausgestaltung von Forderungsbescheid und/oder Rechnung ein Anschein gesetzt wurde (s. dazu u.), die MVV sei in Zusammenhang mit Einwendungen hinsichtlich der Abwassergebühren zur Entgegennahme von Wissens- und/oder Willens-erklärungen ermächtigt, vermögen jedenfalls die Grundsätze der sog. Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht die durch § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen rechtlich zulässiger Beleihung nicht zu erweitern bzw. außer Kraft zu setzen.
60 
Dies verstieße auch gegen verfassungsrechtliche Grundsätze. Neben dem Verstoß gegen einfachgesetzliche Normen hinsichtlich von Aufgaben, Zuständigkeit und Vertretungsmacht ließe sich die Anerkennung der im Bereich des Zivilrechts entwickelten Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht im Bereich des öffentlichen Abgabenrechts nicht mit dem aus höherrangigem Recht ableitbaren Grundsatz des Gesetzesvorbehalts vereinbaren. Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes wird im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Seine Geltung ist jedoch u.a. in Art. 20 Abs. 3 GG vorausgesetzt. Die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht würden ihren Sinn verlieren, wenn nicht bereits die Verfassung selbst verlangen würde, dass staatliches Handeln in bestimmten Bereichen nur Rechtens ist, falls es durch ein förmliches Gesetz legitimiert wird (Burghart in Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 68. Lieferung 05/2015, Art. 20, Rn. 1026). Das Vorliegen einer gesetzlichen Ermächtigung ist ein unverzichtbares Merkmal der Beleihung (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.03.1969 - VII C 37.67 - juris Rn. 18; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., Einführung I Rn. 89a; Schmid in ZKF 1980, 178 ff.) und deren Abgrenzung zur Verwaltungshilfe. Von daher ist die Delegation und Mandatierung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und Zuständigkeiten nur durch einfachgesetzliche Grundlage möglich. Diesen Anforderungen genügen die durch die zivilgerichtliche Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht nicht. Daran kann auch die Mehrheitsbeteiligung der Beklagten an der MVV nichts ändern, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt und ausgeführt hat.
61 
Im Übrigen fehlte es bereits an einem gesetzten Anschein dafür, dass Wissen oder Handlungen der MVV der Beklagten zurechenbar sein könnten oder sollten. Die MVV hat ausweislich des Forderungsbescheids die Entwässerungsgebühren „im Auftrag und auf Rechnung der Stadt Mannheim“ eingezogen. In der Rechnung vom 05.07.2008 sind die Entwässerungsgebühren ausdrücklich als „Leistungen der Stadt Mannheim“ (getrennt von den Leistungen der MVV) ausgewiesen. Der Forderungsbescheid vom 05.07.2008 enthält eine (richtige, s.o.) Widerspruchsbelehrung. Dem in der Rechnung zusätzlich angebrachten Hinweis auf die Möglichkeit zur Nachfrage bei der MVV vermag angesichts der insoweit klar und eindeutig formulierten, (nicht auf der Rechnung, sondern) auf dem Forderungsbescheid angebrachten Rechtsbehelfsbelehrung ebenso wenig ein Anschein entnommen werden, die MVV sei zur Entgegennahme von (inhaltlich an die Beklagte gerichteten) Widerspruchsschreiben ermächtigt, wie dem (unmittelbar der Rechtsbehelfsbelehrung folgenden) Hinweis in dem Forderungsbescheid vom 05.07.2008, die MVV handele im Auftrag und auf Rechnung, da dieser Hinweis sich lediglich auf den Einzug der Entwässerungsgebühren bezieht und nicht auf die (im Übrigen in der Rechtsbehelfsbelehrung eigens erläuterte) Entgegennahme von Widersprüchen.
62 
2. Dem Kläger ist mangels Vorliegen der Voraussetzungen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ungeachtet der bescheidmäßigen Ablehnung der Wiedereinsetzung durch die Beklagte (dazu a) hat der Kläger nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass es ihm auf Grund höherer Gewalt unmöglich war, die Jahresfrist einzuhalten (dazu b). Auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensfürsorge durch die Beklagte scheidet eine Wiedereinsetzung aus (dazu c).
63 
a) Dies ergibt sich jedoch nicht bereits aus dem Bescheid der Beklagten vom 08.11.2012, mit welchem diese den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung vom 31.10.2012 abgelehnt hat. Dabei kann zum einen dahinstehen, ob die Entscheidung über die Gewährung bzw. Versagung der Wiedereinsetzung ein selbstständiger (und der Bestandskraft fähiger) Verwaltungsakt ist oder nicht (wofür § 44a VwGO angeführt werden könnte, s. zum Meinungsstand Schenke in Kopp/Schenke, aaO, § 44a Rn. 5 sowie § 70 Rn. 12 jeweils m.w.N.), als auch, ob (jedenfalls im Falle der tatsächlich erfolgten Verbescheidung) die Wiedereinsetzung im Rahmen eines (von dem Rechtsmittelverfahren gegen die Sachentscheidung zu trennenden) eigenen Rechtsmittelverfahrens mittels einer Verpflichtungsklage erstritten werden kann oder muss (sog. zweistufiges Verfahren, s. hierzu BSG, Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 11/08 R - juris Rn. 24 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris). Jedenfalls ist die von der Beklagten im Bescheid vom 08.11.2012 (der gewählten Form nach) in Gestalt eines Verwaltungsaktes getroffene ablehnende Entscheidung über die Wiedereinsetzung nicht bindend geworden, da der Kläger mit Schreiben vom 12.11.2012 hiergegen einen (bislang noch nicht verbeschiedenen) Widerspruch erhoben hat. Damit ist der Bescheid vom 08.11.2012 jedenfalls nicht bestandskräftig und steht - anders als möglicherweise im Falle seiner Bestandskraft (s. hierzu BSG, aaO, Rn. 22; gegen eine Bindung Schenke, aaO, § 70 Rn. 12) - einer Prüfung der Wiedereinsetzung im vorliegenden Verfahren jedenfalls nicht entgegen. Ob (dann, wenn wie vorliegend eine Entscheidung in Form eines Verwaltungsakts ergangen ist) der Anspruch auf Wiedereinsetzung in einem - bislang nicht durchgeführten - Rechtsmittelverfahren eigens erstritten werden müsste (mit der Folge, dass das Vorliegen eines Anspruchs auf Wiedereinsetzung bzw. die bescheidmäßige Ablehnung nicht Gegenstand dieses, sondern eines hiervon zu trennenden Rechtsmittelverfahrens ist bzw. sein kann, s. hierzu FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2007 - 4 K 4738/06 - juris Rn 14 f.), kann dahinstehen, da jedenfalls im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorliegen.
64 
b) Dem Kläger war keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da diese durch Zeitablauf ausgeschlossen war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO). Denn dem Kläger war es nicht in Folge höherer Gewalt unmöglich, die (Jahres-)Frist einzuhalten. Dementsprechend war dem Kläger weder eine behördliche Wiedereinsetzung auf Antrag oder von Amts wegen noch eine Wiedereinsetzung durch das Gericht zu gewähren.
65 
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag - ggf. auch von Amts wegen, wie aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 4 AO folgt - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO).
66 
Die Wiedereinsetzung scheitert bereits an der Jahresfrist des § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m.§ 110 Abs. 3 AO. Vorliegend endete die Widerspruchsfrist (spätestens) am 21.08.2008 (s.o.). Der Kläger hat aber erst am 31.10.2012 die versäumte Rechtshandlung ausdrücklich nachgeholt und den Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Eine Ausnahme von der Jahresfrist gilt nur, wenn deren Wahrung infolge höherer Gewalt unmöglich war. Auch diese Voraussetzung ist im Streitfall aber nicht erfüllt.
67 
Unter höherer Gewalt ist ein Ereignis zu verstehen, das auch durch die größte nach den Umständen des gegebenen Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe - also unter Berücksichtigung seiner Lage, Erfahrung und Bildung - zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (BVerfG, Beschluss vom 16.10.2007 - 2 BvR 51/05 - juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 3 C 35.96 - juris Rn. 53). Der Begriff der „höheren Gewalt“ ist enger als der Begriff „ohne Verschulden“ (s. § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Dabei ist anerkannt, dass eine Fristversäumnis dem Betroffenen nicht angelastet werden darf, wenn er durch das Verhalten seines Gegners an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsbehelfs gehindert worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.06.1969 - 6 C 56.65 - juris; Urteil vom 11.05.1979 - 6 C 70.78 - juris; Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 - juris; Schenke, aaO, § 60 Rn. 28, § 58 Rn. 20). Gemessen an diesen Maßstäben sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer es dem Kläger infolge höherer Gewalt unmöglich war, Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist vor Ablauf der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO zu beantragen und die (nicht bzw. nicht wirksam erfolgte) Erhebung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 05.07.2008 nachzuholen. Es ist nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass der behauptete Verlust des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 auf dem Postweg den Kläger in diesem Sinne an der rechtzeitigen Erhebung des Widerspruchs gehindert hat.
68 
Ob der Verlust einer Briefsendung bei Beförderung durch die Deutsche Post grundsätzlich (noch) als ein Fall höherer Gewalt anzusehen ist (s. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 27.03 - juris), kann dahinstehen, da der Kläger einen solchen Verlust jedenfalls weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch in der beigefügten eidesstaatlichen Versicherung vom 29.10.2012 hinreichend glaubhaft gemacht hat. Denn selbst ein innerhalb der Jahresfrist gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 2 AO nur Erfolg haben, wenn die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, substantiiert vorgetragen werden. Der Kläger macht insoweit geltend, dass er das (an die Beklagte adressierte) Widerspruchsschreiben vom 21.07.2008 (zusammen mit dem an die MVV gerichteten Schreiben vom 21.07.2008) zur Post gegeben habe. Weitere Angaben hat der Kläger nicht gemacht. Dem Kläger hätte es oblegen, die Tatsachen, aus welchen sich die rechtzeitige Aufgabe des fristwahrenden Widerspruchsschreibens zur Post ergibt, vollständig vorzutragen und glaubhaft zu machen (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO BFH, Beschluss vom 17.02.1987 - IV R 115/86; Urteil vom 21.02.1995 - VIII R 76/93; Beschluss vom 19.06.1996 - I R 13/96; Beschluss vom 26.02.1998 - III R 66/97; Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - jeweils juris). Dazu gehören substantiierte Angaben, wie z.B. zu welchem Zeitpunkt (Tag und Uhrzeit) der Briefumschlag mit dem Schriftsatz von welcher Person und auf welche Weise (z.B. durch Einwurf in einen bestimmten Postbriefkasten) zur Post aufgegeben worden ist (BFH, Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - juris Rn. 4). Dies ist vorliegend weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 geschehen. Mit der bloßen Mitteilung, das Widerspruchsschreiben sei am 22.07.2008 zusammen mit einem anderen Schreiben zur Post gegeben worden, sind die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen nicht ausreichend bezeichnet. Eine derartige pauschale Behauptung, ein Schreiben auf den Postweg gegeben zu haben, rechtfertigt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
69 
Dies gilt umso mehr, als die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen einen Wiedereinsetzungsgrund nicht hinreichend glaubhaft machen. Der nachträgliche Klägervortrag, er habe zusätzlich zu dem mit Schreiben vom 21.07.2008 bei der MVV eingelegten Widerspruch mit Schreiben gleichen Datums Widerspruch bei der Beklagten eingelegt, ist zweifelhaft. Denn in dem Schreiben vom 15.09.2008 ist zum einen nur von einem Widerspruch die Rede; zum anderen ist mit Blick auf die im Schreiben vom 21.07.2008 an die MVV enthaltene Bitte um Weiterleitung an die entsprechenden Stellen nicht ohne Weiteres die Fertigung eines weiteren Schreibens gleichen Datums (mit unterschiedlichem Schriftbild) an die Beklagte nachvollziehbar. Zu diesem Komplex hätte es jedenfalls besonderer Erklärungen im Wiedereinsetzungsantrag bedurft.
70 
c) Auch der weiter vom Kläger geltend gemachte Umstand, er habe von der Verfristung des Widerspruchs erst mit Zusendung des Widerspruchs vom 16.10.2012 am 23.10.2012 erfahren und bereits mit Schreiben vom 15.08.2008 auf seinen zuvor eingelegten Widerspruch verwiesen (Schreiben vom 31.10.2012, eidesstaatliche Versicherung vom 29.10.2012), rechtfertigt nach den oben dargestellten Grundsätzen keine Wiedereinsetzung. Es liegt kein Verhalten der Beklagten vor, welches den Kläger kausal im Rechtssinne an der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs gehindert hat.
71 
Die Beklagte hat den Kläger nicht durch aktives Tun von der Einlegung des Widerspruchs abgehalten. Vielmehr war dem Bescheid vom 05.07.2008 eine richtige Rechtsmittelbelehrung beigefügt (s.o.). Der Kläger war sich - wie die von ihm behauptete Einlegung des Widerspruchs zeigt - offensichtlich der Notwendigkeit, förmlich gegen den Bescheid vom 05.07.2008 vorzugehen, bewusst.
72 
Ein (qualifiziertes) Unterlassen der Beklagten liegt nicht vor, denn es bestand weder eine entsprechende Pflicht zum Handeln in Gestalt einer sog. Verfahrensfürsorgepflicht noch ist der Irrtum des Klägers über den Zugang des Widerspruchs unvermeidbar gewesen.
73 
Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 89 Abs. 1 Satz 2 AO trifft die Körperschaft, welche die Abgabe erhebt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 KAG), die Pflicht, soweit erforderlich, den Beteiligten Auskunft über die ihnen zustehenden Rechte und die obliegenden Pflichten zu erteilen. Diese letztlich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ableitbare (s. König, AO, 3. Aufl., § 89 Rn. 1) sog. Verfahrensfürsorgepflicht verpflichtet die abgabenerhebende Körperschaft - wenn bereits ein Verwaltungsverfahren eingeleitet ist oder durch eine Erklärung oder einen Antrag eingeleitet wird - zur Beratung und Auskunft in Bezug auf das jeweilige Verfahren (König, aaO, Rn. 7). Hierbei ist zwischen selbstständigen Anträgen, welche ein Verfahren voraussetzungsgemäß einleiten, und unselbstständigen Anträgen, welche innerhalb eines bereits eingeleiteten Verwaltungsverfahrens gestellt werden, zu unterscheiden. In aller Regel besteht eine behördliche Verpflichtung zur Anregung von Anträgen, welche offenkundig nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben sind, nur im Falle von unselbstständigen Anträgen. Zur Anregung sog. selbstständiger Anträge besteht eine behördliche Verpflichtung nur ausnahmsweise in einem laufenden Verfahren aufgrund einer besonderen Situation (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 28.01.1981 - 2 A 307/80 - juris). Hierbei wird die Behörde nur ausnahmsweise von Amts wegen tätig, im Übrigen nur auf Anfrage (König, aaO, Rn. 16). Je höher demnach die erkennbare oder gar offenkundige Fürsorgebedürftigkeit des Beteiligten ist, desto höher ist die behördliche Pflicht zur Beratung anzusetzen (Roser in Beermann/Gosch, AO/FGO, 116. Lieferung, § 89 Rn. 13).
74 
Zur Vermeidung einer ausufernden Inanspruchnahme der Verwaltung ist die behördliche Fürsorgepflicht auf solche Sachverhalte zu begrenzen, bei welchen sich eine Hinweispflicht aufdrängt. Neben der Offenkundigkeit ergibt sich eine weitere Begrenzung aus der nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilenden Erforderlichkeit. In zeitlicher Hinsicht richtet sich die Fürsorgepflicht ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls. Eine Pflicht zu unverzüglichem Handeln besteht jedoch nicht (Roser, aaO, Rn. 19). Insbesondere kann grundsätzlich keine Verpflichtung angenommen werden, eingegangene Wissens- und/oder Willenserklärungen auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit unverzüglich zu (über-)prüfen und den Beteiligten hierüber zu unterrichten (BFH, Urteil vom 28.01.2014 - VII R 10/12 - juris Rn. 16), denn dies würde die behördliche Fürsorgepflicht in nicht angemessener Weise überspannen (FG Nürnberg, Urteil vom 16.09.2008 - II 241/2006 - juris Rn. 28 f.). Ebenso kann keine Pflicht zur Eingangsbestätigung angenommen werden (arg. e contr. § 2 KDVG, § 25 Abs. 2 Satz 2 VwVfG).
75 
Ein (laufendes) Widerspruchsverfahren (welches einen Anknüpfungspunkt für eine behördliche Fürsorgepflicht der Beklagten geboten hätte) hat mit Blick auf das bei der Beklagten nicht angekommene Schreiben vom 21.07.2008 nicht vorgelegen. Der - zu diesem Zeitpunkt bereits anwaltschaftlich vertretene - Kläger macht insoweit geltend, dass im Schreiben vom 15.09.2008 auf einen zuvor eingelegten Widerspruch Bezug genommen worden sei und die Beklagte ihn darauf hätte hinweisen müssen, dass zum einen (noch) kein Widerspruch anhängig sei und zum anderen, dass (bei Auslegung des Schreibens vom 15.09.2008 als eigenen Widerspruch) von einer Verfristung des Widerspruchs auszugehen sei.
76 
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze kann keine Verpflichtung der Beklagten angenommen werden, das Schreiben vom 15.09.2008 unverzüglich einer Prüfung auf eine mögliche Verfristung zu unterziehen und den Kläger (ungeachtet der Tatsache, dass in dem Schreiben vom 15.09.2008 keine entsprechend explizite Anfrage zum Eingang des behaupteten, bereits eingelegten Widerspruchs enthalten war) darauf hinzuweisen, dass (bislang noch) kein Widerspruch vorliege.
77 
Der Vortrag des Klägers, die Beklagte habe ihn über den Nichtzugang des Widerspruchsschreibens in Unkenntnis gelassen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Höhere Gewalt liegt, wie oben dargelegt, nur vor, wenn die Behörde die Einhaltung der Frist verhindert hat. Dazu reicht eine bloße Untätigkeit in aller Regel nicht aus (BVerwG, Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 -juris).
78 
Selbst die Annahme einer Pflichtverletzung könnte jedoch nichts daran ändern, dass der Kläger selbst die ihm obliegende Sorgfalt bei der Einlegung des Widerspruchs nicht hat walten lassen. Der Kläger selbst hat trotz fehlender Eingangsbestätigung den Eingang des Schreibens vom 21.07.2008, in welchem eine solche Empfangsbestätigung ausdrücklich erbeten war, nicht in Zweifel gezogen. Hierbei wäre es dem Kläger ein Leichtes gewesen, sich durch (ausdrückliche) Nachfrage bei der Beklagten über den Zugang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 Klarheit zu verschaffen. Der Kläger hat - wie der Vermerk der MVV vom 08.08.2008 zeigt - telefonisch bei der MVV nachgefragt. Weshalb eine vergleichbare Nachfrage bei der Beklagten unterblieben ist bzw. ihm eine solche nicht abverlangbar war, ist weder dargetan noch ersichtlich. Zumindest hätte es die dem Kläger obliegende Sorgfalt geboten, nachdem bereits einige Zeit seit der Einlegung des Widerspruchs vergangen war, sich vorsorglich um die Aufklärung des Sachverhalts zu bemühen.
79 
Der Kläger hat es innerhalb der (in § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO genannten) Jahresfrist nicht für erforderlich gehalten, sich nach dem Stand der Angelegenheit zu erkundigen, mithin beruht die Unkenntnis des Klägers über die ordnungsgemäße Erhebung des Widerspruchs nicht auf einem unabwendbaren Zufall, welcher die Annahme höherer Gewalt zu rechtfertigen vermag. Bei Anwendung der dem Kläger zumutbaren (äußersten) Sorgfalt wäre der (ursächliche) Irrtum über den nicht erfolgten Eingang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 (sowie über den zu spät erfolgten Eingang des Schreibens vom 15.09.2008) und damit der Irrtum über die Fristversäumnis vermeidbar gewesen. Die im Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 unter Fristsetzung bis 26.09.2008 erbetene Stellungnahme bezog sich nicht eindeutig auf den fristgerechten Eingang des datumsmäßig nicht näher bezeichneten Widerspruchs des Klägers. Im Übrigen hätte dem Kläger auch diesbezüglich nach (erfolglosem) Ablauf der von ihm selbst gesetzten Frist eine Nachfrage oblegen.
80 
Auch aus der unterlassenen zeitnahen Übermittlung des bei der MVV eingelegten Widerspruchs an die Beklagte ergibt sich kein Wiedereinsetzungsgrund, der die Jahresfrist überspielen könnte. Abgesehen davon, dass insoweit allenfalls ein Pflichtverstoß der MVV - nicht der Beklagten - in Betracht käme, hat ein solcher - unterstellter - Verstoß den Kläger nach eigenen Angaben in der eidesstattlichen Versicherung nicht daran gehindert, einen eigenen Widerspruch gegen die Beklagte zu verfassen; damit wäre jedenfalls eine Verhinderung an der Einlegung des Widerspruchs durch höhere Gewalt auszuschließen.
81 
3. Der Kläger hat kein (subjektives) Recht auf eine (ermessensfehlerfreie) behördliche Sachentscheidung bei - wie vorliegend - verfristetem Widerspruch gegen einen kommunalen Abgabenbescheid. Dies setzte eine dahingehende behördliche Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch voraus, welche (jedenfalls) im kommunalen Abgabenrecht nicht besteht (dazu a); darauf, ob grundsätzlich ein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung auf eine behördliche Sachentscheidung bei verfristetem Widerspruch besteht, was zu verneinen sein dürfte, kommt es daher nicht mehr an (dazu b).
82 
a) Nach § 70 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Norm beansprucht als Verhaltensnorm für den Beschwerten Beachtung, aber auch als Entscheidungsnorm für Behörden und Gerichte, welche gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an sie gebunden sind (BAG, Urteil vom 16.06.1998 - 5 AZR 728/97 - juris Rn. 33). Danach ergibt sich aus § 70 VwGO eine - dem Wortlaut nach uneingeschränkt zu beachtende - Frist von einem Monat. Im Gegensatz zu § 358 Satz 2 AO statuiert § 70 VwGO keine ausdrückliche (behördliche) Entscheidungsnorm, den Widerspruch als unzulässig zu verwerfen. Ob eine solche (ausdrückliche) Entscheidungsnorm verzichtbar ist, da sich diese „von selbst“ (so Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 2. Aufl., § 70 Rn. 13) oder aber letztlich aus der Bindung der Behörde an Recht und Gesetz ergibt, ist nicht zwingend, denn es sind sowohl statuierte Verhaltensnormen ohne korrelierende Entscheidungsnormen oder auch nicht deckungsgleiche Verhaltens- und Entscheidungsnormen denkbar (s. hierzu Schilling, Rang und Geltung von Normen in gestuften Rechtsordnungen, 1994, § 3 A. III. 1 sowie § 7 B II. 4.). Denn eine Verhaltensnorm ist nicht in Frage gestellt, wenn eine Entscheidungsnorm von der Verhaltensnorm „abweicht“, falls sie eine Sanktion für die Nichterfüllung festsetzt (vorliegend die im Ermessen stehende Befugnis zur Zurückweisung des Widerspruchs als verfristet), nicht jedoch deren Erfüllung (kategorische Durchsetzung des Fristerfordernisses) anordnet (Schilling, aaO). Im Einzelnen:
83 
aa) Nach der ständigen (freilich umstrittenen, s. statt vieler Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 70 Rn. 9 ff. m.w.N.) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht keine Verpflichtung der Widerspruchsbehörde, den verfristeten Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89; Urteil vom 07.01.1972 - IV C 61.69 - DVBl. 1972, 423; Urteil vom 04.08.1982 - 4 C 42.79 - juris Rn. 11; Urteil vom 28.10.1982 - 2 C 4.80 - juris Rn.10; Urteil vom 20.06.1988 - 6 C 24.87 - juris Rn. 9). Es stehe vielmehr im „freien Ermessen“ der Widerspruchsbehörde, einen unzulässigen Widerspruch in der Sache zu bescheiden, die „im Verwaltungsprozeß grundsätzlich nicht überprüft werden“ können (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Zur Begründung wird insoweit die Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde angeführt, welche durch die Versäumung der Widerspruchsfrist nicht berührt werde (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Die Widerspruchsfrist diene „vornehmlich dem Schutz der Behörde selbst“ (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO), weshalb es der Widerspruchsbehörde „frei“ stehe, den Widerspruch wegen Fristversäumung als unzulässig zurückzuweisen oder trotz des Fristablaufs in der Sache zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO). Die der Behörde eingeräumte Befugnis zur Sachentscheidung über einen verfristeten Widerspruch finde bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ihre Grenze, da der Dritte nach Ablauf der Widerspruchsfrist durch die eingetretene Bestandskraft eine gesicherte Rechtsposition erlangt habe, für deren Entzug die §§ 68 ff. VwGO - mit Ausnahme der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - keine Rechtsgrundlage enthielten; vielmehr sei durch die Behörde eine Abänderung von Amts wegen gemäß §§ 48, 49 VwVfG zu prüfen (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO).
84 
bb) Ob dieser Rechtsprechung insgesamt zu folgen ist, kann offen bleiben. Denn auch, wenn man ihr folgt, fehlt es vorliegend jedenfalls im Bereich des kommunalen Abgabenrechts an einer Sachentscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde.
85 
Ein (wie im Falle der Entscheidung über den verfristeten Widerspruch angenommenes) grundsätzlich freies bzw. offenes Ermessen unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gleichwohl einer Bindung (BVerwG, Urteil vom 05.09.1966 - V C 175.65 - juris Rn. 13). Das freie Ermessen ist sehr weit und ergibt sich aus dem Sinn und Zweck einer Vorschrift (soweit dieser reicht). Grenzen ergeben sich (zudem aus höherrangigem Recht wie beispielsweise) aus Art. 3 GG (BVerwG, aaO). Das freie Ermessen hat sich innerhalb der durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit gezogenen Grenzen zu halten (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 57.91 -NJW 1993, 1667, 1669). Die Begründung der Ermessensausübung ist in der Regel entbehrlich, da hierfür der Ausschluss oder die Begrenzung der Begründungspflicht aus dem Sinn und Zweck der das freie Ermessen einräumenden Vorschrift genügt (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993, aaO).
86 
Unter Berücksichtigung des Vorgesagten sind die - nicht in den §§ 68 ff. VwGO enthaltenen - Vorschriften, welche die (materielle) Bestandskraft und Abänderbarkeit von Verwaltungsakten regeln, in Bezug genommen. Zum einen wird die Widerspruchsbehörde das ihr zustehende - nur grundsätzlich -freie Ermessen, dann ggf. einschränkend auszuüben haben, falls dies durch höherrangige Rechtgrundsätze wie z.B. aus Art. 3 GG oder (in den Fällen von Verwaltungsakten mit Drittwirkung) Gründen des Vertrauensschutzes oder der Rechtssicherheit geboten erscheint. Zum anderen enthalten die §§ 68 ff. VwGO keine Ermächtigung der Widerspruchsbehörde zur Abänderung des angefochtenen Verwaltungsakts, sondern setzen - was die Durchbrechung der Bestandskraft von Verwaltungsakten anbelangt - eine solche Befugnis voraus und lassen damit Raum für die - subsidiäre - Anwendung und Berücksichtigung des jeweiligen Verwaltungsverfahrensrechts. Die Befugnis der Widerspruchsbehörde zur Sachentscheidung steht mithin mit der Befugnis zur Durchbrechung der (materiellen) Bestandskraft des Verwaltungsaktes in wechselseitigem Zusammenhang. In Ergänzung des in §§ 68 ff. VwGO als Sachurteilsvoraussetzung des gerichtlichen Verfahrens (nicht abschließend) geregelten Widerspruchsverfahrens sind die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder heranzuziehen und - subsidiär - anwendbar.
87 
Die danach das Widerspruchsverfahren gemäß § 68 ff. VwGO ergänzenden Regelungen der §§ 172 ff., 367 Abs. 2 AO zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden führen zu einer eingeschränkten Sachherrschaft der Behörde. Die hierbei in § 3 Abs. 1 KAG i.V.m. §§ 172 ff. AO für die Ausgangsbehörde gesetzgeberisch erfolgte Ausgestaltung der Durchbrechung der (materiellen) Bestandkraft ist auf das Handeln der Widerspruchsbehörde übertragbar, da sich dem Willen des Landesgesetzgebers insoweit eine Schlechterstellung des Widerspruchsführers nicht entnehmen lässt (Senatsurteil vom 30.11.1989, aaO, juris Rn. 20). Die §§ 169 Abs. 1 Satz 1, 172 ff. AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG enthalten für Abgabenbescheide besondere Regelungen. Abgabenbescheide unterliegen danach (gegenüber sonstigen Verwaltungsakten) einer besonderen (erhöhten) Bestandskraft (Senatsurteil vom 15.09.2011 - 2 S 654/11 - juris Rn. 24; ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.07.2012 - 9 S 569/11 - juris Rn. 30).
88 
Die ausdifferenzierten und sonach abschließenden Regelungen zur Durchbrechung der materiellen Bestandkraft von Abgabenbescheiden engen die uneingeschränkte Sachherrschaft der Behörde bei verfristetem Widerspruch in vergleichbarer Weise den Fällen bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ein, in welchen ebenfalls eine eingeschränkte Sachherrschaft mit Blick auf die rechtlichen Wirkungen der Bestandkraft angenommen wird. Denn die Frage der Abänderbarkeit von Verwaltungsakten ist eine Frage des Verwaltungsverfahrensrechts, auf das hierbei (ergänzend) zurückzugreifen ist. Die für Abgabenbescheide einschlägigen, über § 3 KAG anwendbaren Vorschriften der §§ 172 ff. AO regeln die Durchbrechung der Bestandskraft und gelten - wie sich aus § 172 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt („soweit er nicht vorläufig oder unter Vorbehalt ergangen ist“) - nur für materiell bestandskräftige Bescheide, was deren formelle Bestandkraft voraussetzt. Bei verfristetem Widerspruch trifft die Widerspruchsbehörde über die Unanfechtbarkeit und damit formelle Bestandkraft eine Sachentscheidung (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89). Damit könnte die Widerspruchsbehörde über die Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO oder aber bei Ausübung freien Ermessens über die Nichtanwendbarkeit der über § 3 KAG anwendbaren Regelungen der AO, welche - wie z.B. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b AO (vgl. BFH, Beschluss vom 28.02.2007 - II B 33/06 - juris Rn. 4) - einen zulässigen „Widerspruch“ (§ 3 Abs. 4 KAG) voraussetzen, disponieren.
89 
Durch die §§ 172 ff. AO ist eine Gesamtaufrollung (wie sie durch ein Widerspruchsverfahren bewirkt würde) nicht vorgesehen und lediglich eine sog. Punktberichtigung möglich (Tipke/Kruse, AO/FGO, 140. Lieferung, Vorbemerkungen zu §§ 172-177 Rn. 2). § 173 Abs. 2 AO enthält eine Änderungssperre (Tipke/Kruse, aaO). Bei unzulässigem Widerspruch ist eine Verböserung des angefochtenen Abgabenbescheids ausgeschlossen (BFH, Urteil vom 09.08.2007 - VI R 7 /04 - juris Rn. 18 m.w.N.). Dies ergibt sich aus dem im Bereich des Abgabenrechts nach § 3 KAG anwendbaren § 367 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Regelung des § 367 Abs. 2 Satz 2 AO ist nach dem oben Gesagten subsidiär zu §§ 68 ff. VwGO anwendbar und daher im Rahmen der Auslegung des § 70 VwGO bei der Bestimmung der Reichweite der (insoweit partiell im Bereich des kommunalen Abgabenrechts einzuschränkenden) Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde zu berücksichtigen. Weitere Einschränkungen ergeben sich durch die ebenfalls subsidiär als verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden anwendbaren Regelungen der §§ 172 ff. AO. Schließlich gebietet die letztlich im öffentlichen Interesse liegende erhöhte Bestandskraft von Abgabenbescheiden (bei der vorgelagerten freien Ermessensentscheidung über die formelle Bestandskraft) eine eingeschränkte Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde hinsichtlich der Bejahung oder Verneinung der formellen Bestandkraft. In Übereinstimmung hiermit hat die Beklagte zu Recht den Widerspruch als verfristet zurückgewiesen.
90 
b) Unabhängig hiervon kann - ohne dass es noch tragend darauf ankommt -der Kläger von der Beklagten jedenfalls nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich einer Sachentscheidung verlangen. Das ergibt sich bereits unmittelbar daraus, dass - wie gezeigt - im kommunalen Abgabenrecht ein Ermessen, sich über die Verfristung hinwegzusetzen, objektiv nicht eingeräumt ist. Darüber hinaus gilt auch für den Fall einer anzunehmenden objektiven Ermessensermächtigung im Sinn der oben dargelegten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch grundsätzlich zuzuerkennen ist, dass hieraus jedenfalls nicht auf ein dieser Sachentscheidungsbefugnis korrelierendes (subjektives) Recht auf ermessenfehlerfreie Entscheidung geschlossen werden kann. Denn zur Herleitung subjektiver Rechte wird nach der insoweit herrschenden, auch für die Herleitung eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung maßgeblichen Schutznormtheorie darauf abgestellt, ob und ggf. welche Interessen die maßgeblichen Rechtsnormen schützen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 40 Rn. 52). Nach dem Ansatz der vorgenannten Rechtsprechung ist Schutzzweck der Widerspruchsfrist (vornehmlich) das Interesse der Behörde. Der Widerspruchsbehörde soll es frei stehen (sog. freies Ermessen), sich entweder auf die Fristversäumnis zu berufen oder - ungeachtet der Fristversäumnis - eine Sachentscheidung zu treffen. Die (abgelaufene) Widerspruchsfrist dient jedoch nicht (zumindest auch) den Interessen des Widerspruchsführers, der nur vor Ablauf, jedoch nicht nach Ablauf der Widerspruchsfrist die sog. Sachentscheidungsvoraussetzungen wahrt und damit einhergehend einen Anspruch auf eine Sachentscheidung besitzt. Mithin steht dem Widerspruchsführer (nach Ablauf der Widerspruchsfrist) gerade kein subjektives Recht zu - auch nicht in Gestalt eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (Senatsurteil vom 25.06.1987 - 2 S 1960/84 - juris; a.A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris; Urteil vom 21.10.1992 - 6 S 1335/92 - juris Rn. 27; Urteil vom 14. Oktober 1991 - 8 S 623/91 - juris Rn. 26; Urteil vom 26. Oktober 1981 - 5 S 1387/80 - juris). Ein (über das Vorgesagte hinausgehendes) allgemeines subjektives öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung würde sich nicht ohne Weiteres mit der insoweit herrschenden Schutznormtheorie in Einklang bringen lassen.
91 
Ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung wäre im Übrigen mit der Offenheit bzw. Freiheit des insoweit angenommenen Ermessens (s.o.) ebenso unvereinbar wie der insoweit anerkannten Entbehrlichkeit der Begründung der Ermessenausübung (s.o.). Denn ein solcher Anspruch relativierte die Offenheit des Ermessens und wäre angesichts der fehlenden Begründungspflicht (vorbehaltlich von Evidenz) in aller Regel nicht (gerichtlich) überprüfbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO) und damit nicht auf Durchsetzbarkeit angelegt.
92 
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO.
93 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
94 
Beschluss vom 10. Dezember 2015
95 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.268,10 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
96 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
35 
Die Berufung ist zulässig.
36 
Die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO ist gewahrt und das angefochtene Urteil in der Berufungsschrift hinreichend im Sinne von § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO bezeichnet. Auch die Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO sind erfüllt. Die Begründung muss danach einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Die von der Beklagten übermittelte Berufungsbegründung genügt diesen Anforderungen, enthält insbesondere den erforderlichen Antrag.
II.
37 
Die Berufung ist auch begründet.
38 
Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht der Klage teilweise stattgegeben. Die Klage ist bereits unzulässig, da es an der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens fehlt.
39 
Streitgegenständlich ist der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012. Mit dem Bescheid vom 05.07.2008 hat die Beklagte endgültig die Entwässerungsgebühren festgesetzt, denn der im Bescheid vom 05.07.2008 ausgesprochene Vorläufigkeitsvermerk bei Zählerwechsel im Vorabrechnungszeitraum ist nicht einschlägig. Wie sich aus dem Schreiben der MVV vom 26.08.2008 ergibt, betrug der vor dem Bezugszeitraum liegende Vorabrechnungszeitraum 353 Tage und begann somit im Juni 2006. In dem Zeitraum von Juni 2004 bis April 2008 kam es zu keinem Zählertausch, mithin ist die im Bescheid vom 05.07.2008 getroffene Festsetzung endgültig.
40 
Gegen den Bescheid vom 05.07.2008 hat der Kläger nicht fristgerecht Widerspruch erhoben (s. hierzu 1.). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (s. hierzu 2.) noch einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung über eine Entscheidung in der Sache trotz Verfristung (s. hierzu 3.). Mangels ordnungsgemäß durchgeführten Vorverfahrens ist die Klage daher unzulässig.
41 
1. Der Widerspruch (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 KAG i.V.m. § 68 VwGO) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides einzulegen (§ 70 Abs. 1 VwGO). Diese Frist beginnt nach §§ 70 Abs. 2, 58 VwGO nur, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf und die Verwaltungsbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist.
42 
Die danach maßgebliche Frist (dazu a) ist weder durch die an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 21.07.2008 (dazu b) und vom 15.09.2008 (dazu c) noch durch das an die MVV gerichtete Schreiben vom 21.07.2008 gewahrt (dazu d).
43 
a) Die maßgebliche Frist zur Erhebung des Widerspruchs im vorliegenden Fall beträgt einen Monat. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit der Folge, dass für die Einlegung des Widerspruchs die Jahresfrist in Lauf gesetzt worden wäre. § 58 Abs. 1 VwGO verlangt für eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, dass der Betroffene über „die Verwaltungsbehörde“, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, den „Sitz“ und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist. Diesen Anforderungen genügt die hier in Frage stehende Rechtsbehelfsbelehrung der Beklagten trotz des Hinweises, dass der Widerspruch bei dem „Eigenbetrieb Stadtentwässerung" der Stadt Mannheim zu erheben ist.
44 
Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Dies trifft auch zu, wenn ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der geeignet ist, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen, und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen (BVerwG, Urteil vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 - juris Rn. 23). Rechtsbehelfsbelehrungen haben nicht die Aufgabe, dem Betroffenen bis nahezu an die Bevormundung alle eigenen Überlegungen bezüglich der Art seines weiteren Vorgehens abzunehmen, sondern es ist sachgerecht, den Betroffenen - entsprechend seiner Stellung als eines von der Verfassung mit Freiheitsgrundrechten ausgestatteten Staatsbürgers - Verantwortung tragen zu lassen. Die Belehrung über Rechtsbehelfe ist „für den geschäfts- und prozeßfähigen Bürger bestimmt und nicht an einer unmündigen Person zu orientieren, die sich nicht zu helfen weiß“ (BVerwG, Urteil vom 27.2.1976 - IV C 74.74 - juris Rn. 21). Sie hat nur den Sinn und Zweck, die Rechtsunkenntnis des Betroffenen in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu beseitigen (BVerwG, Urteil vom 09.11.1966 - V C 196.65 - juris Rn. 20).
45 
Der Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ ist weder generell geeignet, den Betroffenen von der Einlegung eines Widerspruchs abzuhalten noch erschwert er dem Betroffenen die Einlegung des Widerspruchs in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Zum einen will der Kläger nach seinen eigenen Angaben bei der Stadt Mannheim, Eigenbetrieb Stadtentwässerung, unter dem 21.07.2008 einen Widerspruch eingelegt haben. Zum anderen hätte der Kläger bei der Stadt Mannheim als der Behörde, welche den Verwaltungsakt erlassen hat, schriftlich Widerspruch mit oder ohne Verwendung des Zusatzes „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ einlegen können. Durch die Hinzufügung „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ wird ihm (und wurde ihm im vorliegenden Fall auch rein tatsächlich) die Einlegung des Rechtsbehelfs nicht erschwert. Hätte der Kläger - wie in der Rechtsbehelfsbelehrung ebenfalls zutreffend (vgl. § 70 Abs. 1 VwGO) aufgeführt - zur Niederschrift bei der Behörde Widerspruch einlegen wollen, so bestünde zwar die Möglichkeit, dass sich der Kläger durch den Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ gehindert gesehen hätte, den Widerspruch bei anderen Stellen der Stadt Mannheim einzulegen. Der Hinweis ist jedoch nicht generell geeignet, ihn von der Einlegung des Widerspruchs abzuhalten bzw. ihm dies zu erschweren. Denn auch der rechtsunkundige Adressat einer derartigen Belehrung kann erkennen, dass er sich zur Einlegung des Widerspruchs (letztlich) an die Stadt Mannheim wenden muss. Besondere Hindernisse für die Lokalisierung (BVerwG, Urteil vom 23.08.1990 - 8 C 30.88 - juris Rn. 12), die eine Einlegung des Widerspruchs erschweren könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
46 
Der vorliegende Bescheid vom 05.07.2008 gilt als schriftlicher Verwaltungsakt, welcher durch die Post übermittelt wird, nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG i.V.m. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bei Übermittlung im Inland als bekannt gegeben. Das Datum der Aufgabe zur Post ist vorliegend aus der Verwaltungsakte nicht ersichtlich. Es spricht einiges dafür, bei - wie vorliegend - maschinell erstellten Schreiben im Wege des Anscheinsbeweises anzunehmen, dass diese am Tag des Erstelldatums zur Post gegeben wurden (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 140. EL, § 122 AO Rn. 50). Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 08.08.2008 abgelaufen. Dies kann jedoch dahinstehen, da der Kläger mit dem an die Beklagte unter dem 21.07.2008 gerichteten Schreiben deutlich gemacht hat, dass ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt der Bescheid vom 05.07.2008 bekannt (gegeben worden) war. Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB spätestens am 21.08.2008 abgelaufen.
47 
b) Das an die Beklagte adressierte Schreiben vom 21.07.2008 ist (überhaupt) nicht bei der Beklagten eingegangen und sonach nicht fristwahrend.
48 
Der Widerspruch ist als einseitige, amtsempfangsbedürftige Willenserklärung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, welche den Verwaltungsakt erlassen hat. Das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 21.07.2008 ist - vorbehaltlich einer Aufgabe zur Post - jedenfalls nicht bei der Beklagten angekommen. Ein entsprechender Eingang ist bei der Beklagten nicht verzeichnet worden und dementsprechend den vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten nicht zu entnehmen. Der Kläger hat insoweit geltend gemacht, er habe das Schreiben an die Beklagte vom 21.07.2008 zusammen mit seinem Schreiben an die MVV zur Post aufgegeben. Dies genügt jedoch nicht - auch nicht im Wege des Anscheinsbeweises - für die Annahme eines Zugangs.
49 
Die Regeln des Beweises des ersten Anscheins sind im Verwaltungsprozess grundsätzlich anwendbar (BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 2 C 17.81 - juris Rn. 18; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl, § 108 Rn. 18 m.w.N.). Der Beweis des ersten Anscheins kommt bei typischen Geschehensabläufen in Betracht. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen ein gewisser Tatbestand nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und infolgedessen wegen des typischen Charakters des Geschehens die konkreten Umstände des Einzelfalles für die tatsächliche Beurteilung ohne Bedeutung sind (BVerwG, aaO).
50 
In Zusammenhang mit § 70 VwGO ist zu beachten, dass der Nachweis des Zugangs dem Widerspruchsführer obliegt. Falls dieser Nachweis als Anscheinsbeweis durch den Nachweis der Postaufgabe als erbracht angesehen und von der zuständigen Behörde verlangt würde, sie solle den „ersten Anschein“ durch den (in der Regel gar nicht zu führenden) Beweis der negativen Möglichkeit, dass ihr die Sendung nicht zugegangen sei, entkräften, würde die vom Widerspruchsführer zu beweisende Erhebung des Widerspruchs durch den bloßen Nachweis der Absendung des Widerspruchs ersetzt. Der Widerspruch würde dann - entgegen §§ 69, 70 VwGO - mit der Aufgabe zur Post als erhoben gelten und das Vorverfahren damit beginnen. Dies bedeutete eine normativ ungewollte Verkehrung des Zugangsnachweises bzw. des Nachweises der Erhebung des Widerspruchs, welche im Übrigen weder sachlich gerechtfertigt noch notwendig erscheint, da es dem Widerspruchsführer zwanglos möglich ist, den ihm obliegenden Beweis des Zugangs durch die Wahl entsprechender Versendungsformen sicherzustellen. Macht er hiervon keinen Gebrauch, ist es nicht unbillig, wenn er die volle Gefahr trägt, dass sein Widerspruch bei der zuständigen Behörde nicht fristwahrend eingeht oder er den Zugang nicht beweisen kann (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 24.10.2005 - 3 Nc 37/05 - juris Rn. 8; ThürOVG, Beschluss vom 07.02.2011 - 2 ZKO 621/09 - juris Rn. 9).
51 
Darüber hinaus kann der Nachweis des Zugangs bei Postsendungen nicht mittels eines an die Aufgabe zur Post anknüpfenden Anscheinsbeweises erbracht werden (Schenke, aaO). Denn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens kommt es (auch außerhalb von Poststreiks u.ä.) immer wieder vor, dass abgeschickte Briefe, sogar Einschreiben, den Empfänger nicht erreichen. Sonach gibt es lediglich eine mehr oder minder hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass abgesendete Briefe auch ankommen. Der Anscheinsbeweis ist aber nicht schon dann geführt, wenn zwei verschiedene Möglichkeiten des Verlaufs erfahrungsgemäß in Betracht zu ziehen sind, von denen die eine wahrscheinlicher ist als die andere (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.1996 - VIII ZR 150/95 - juris Rn. 18). Sonach kann aus der vom Kläger in der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 behaupteten (im Einzelnen - hinsichtlich Beförderungsunternehmen, Beförderungsart, Aufgabeort und Aufgabe(uhr) zeit - nicht näher konkretisierten) Aufgabe zur Post (vgl. dazu auch unten 2b) jedenfalls nicht auf den Zugang geschlossen werden.
52 
c) Das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 wahrt ebenfalls nicht die maßgebliche Widerspruchsfrist. Denn es ist - unabhängig davon, ob diesem ein (selbstständiger) Widerspruch zu entnehmen ist - am 17.09.2008 bei der Beklagten eingegangen und damit außerhalb der maßgeblichen Widerspruchsfrist.
53 
d) Auch das unter dem 21.07.2008 an die MVV adressierte und bei dieser am 23.07.2008 eingegangene Schreiben des Klägers wahrt - unabhängig davon, ob diesem mit hinreichender Bestimmtheit ein Widerspruch gegen den Forderungsbescheid vom 05.07.2008 zu entnehmen ist - nicht die Widerspruchsfrist.
54 
Der Widerspruch ist erhoben, wenn er der zuständigen Behörde zugeht, d.h. mit Wissen und Wollen des Widerspruchsführers in den Verfügungsbereich der Behörde gelangt. Die Einlegung eines Widerspruchs bei einem (zur Entgegennahme des Widerspruchs weder ermächtigten noch verpflichteten) Verwaltungshelfer stellt keine wirksame und fristgerechte Erhebung des Widerspruchs in diesem Sinne dar. Die MVV kann (insoweit) als Verwaltungshelferin der Beklagten nicht - auch nicht auf Grund einer Duldung oder eines gesetzten Anscheins seitens der Beklagten - als Empfangsvertreterin oder als Empfangsbotin angesehen werden. Die Kenntnis der MVV ist der Beklagten demnach nicht zuzurechnen.
55 
Die MVV ist (hinsichtlich der Entgegennahme/Nichtweiterleitung des an sie gerichteten Schreibens vom 05.07.2008) als unselbstständige Verwaltungshelferin einzuordnen und besitzt keine Ermächtigung zur Entgegennahme von Widersprüchen im Sinne einer Empfangsvertreterschaft.
56 
Bei der Abwasserbeseitigung handelt es sich um eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe, die in der Befugnis wurzelt, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft selbst zu regeln. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG werden die Kommunalabgaben auf Grund einer Satzung erhoben. Hierbei kann sich die Kommune als Hoheitsträger unter bestimmten Voraussetzungen auch externer Hilfe bedienen und Dritte mit der Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben betrauen. Gemäß § 2 Abs. 3 KAG kann die Satzung u.a. bestimmen, dass bei Gebühren und Beiträgen Dritte beauftragt werden können, diese Abgaben zu berechnen, Abgabenbescheide auszufertigen und zu versenden, Abgaben entgegenzunehmen und abzuführen, Nachweise darüber für den Abgabenberechtigten zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten dem Abgabenberechtigten mitzuteilen. In § 14 Abs. 3 der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung (Abwassersatzung - AbwS -) vom 28.06.1983 in der Fassung vom 07.02.2006 ist vorgesehen, dass die Beklagte einen Dritten - insoweit als Beliehenen - beauftragen kann, die Abwassergebühren gemäß den Bestimmungen dieser Satzung zu berechnen, die Gebührenbescheide auszufertigen und zu versenden, die Gebühren entgegenzunehmen und an die Stadt abzuführen, Nachweise darüber für die Stadt zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten der Beklagten mitzuteilen.
57 
Danach hat die Beklagte von der in § 2 Abs. 3 KAG vorgesehenen Ermächtigung durch Satzung Gebrauch gemacht und die MVV als Dritten (im Rahmen des § 2 Abs. 3 KAG) mit den vorgenannten (abschließend aufgezählten) Aufgaben beauftragt. Ferner hat die Beklagte mit der MVV einen Vertrag vom 01.10.1998 geschlossen, nach dessen § 1 Ziffer 1 die MVV mit dem Einzug der Abwassergebühren „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ von der Beklagten beauftragt wird. § 1 Ziffer 2 des Vertrags stellt klar, dass die Sachherrschaft bei der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung - verbleibt und es nicht Sache der MVV ist, Entscheidungen über die zu berechnenden Gebühren zu treffen. Zu den Aufgaben der MVV gehört nach § 1 Ziffer 3 lit. b und c des Vertrags insbesondere das Erstellen der Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide sowie die Bekanntgabe der Bescheide und das Inkasso der Gebühren.
58 
Eine Ermächtigung zur Entgegennahme oder gar Behandlung von Widersprüchen gegen Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide ist (neben der Beauftragung zum Erstellen und zur Bekanntgabe von Gebührenbescheiden) weder in der Abwassersatzung noch in dem Vertrag vom 01.10.1998 vorgesehen. Denn die MVV ist „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ lediglich zum Inkasso (§ 1 Ziffern 1 und 3 lit. c Vertrag vom 01.10.1998) beauftragt bzw. gemäß § 14 Abs. 3 AbwS zur Entgegennahme der Gebühren, nicht jedoch zur Entgegennahme von Widersprüchen oder gar einer inhaltlichen Befassung mit einem Widerspruch. Mit dieser Beauftragung der MVV hält sich die Beklagte innerhalb der von § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen zur Beleihung, welcher in Zusammenhang mit Abgabenbescheiden neben dem Auftrag zu deren Ausfertigen und Versenden lediglich die weitere Möglichkeit der Beauftragung zur Entgegennahme der Abgaben vorsieht.
59 
Eine Empfangsvertreterschaft oder Empfangsbotenschaft scheidet demnach aus. Die Beklagte hat weder im Innenrechtsverhältnis zwischen ihr und der MVV im Vertrag vom 01.10.1998 noch im Außenrechtsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger in der Abwassersatzung eine Beauftragung und Ermächtigung der MVV zur Entgegennahme von Widersprüchen vorgenommen. Auch aus dem Auftreten der MVV gegenüber dem Kläger in Gestalt des von der MVV übermittelten Forderungsbescheids vom 05.07.2008 einerseits und der Rechnung der MVV vom 05.07.2008 andererseits ergibt sich nichts Gegenteiliges. Unabhängig davon, ob durch die Formulierung und Ausgestaltung von Forderungsbescheid und/oder Rechnung ein Anschein gesetzt wurde (s. dazu u.), die MVV sei in Zusammenhang mit Einwendungen hinsichtlich der Abwassergebühren zur Entgegennahme von Wissens- und/oder Willens-erklärungen ermächtigt, vermögen jedenfalls die Grundsätze der sog. Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht die durch § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen rechtlich zulässiger Beleihung nicht zu erweitern bzw. außer Kraft zu setzen.
60 
Dies verstieße auch gegen verfassungsrechtliche Grundsätze. Neben dem Verstoß gegen einfachgesetzliche Normen hinsichtlich von Aufgaben, Zuständigkeit und Vertretungsmacht ließe sich die Anerkennung der im Bereich des Zivilrechts entwickelten Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht im Bereich des öffentlichen Abgabenrechts nicht mit dem aus höherrangigem Recht ableitbaren Grundsatz des Gesetzesvorbehalts vereinbaren. Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes wird im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Seine Geltung ist jedoch u.a. in Art. 20 Abs. 3 GG vorausgesetzt. Die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht würden ihren Sinn verlieren, wenn nicht bereits die Verfassung selbst verlangen würde, dass staatliches Handeln in bestimmten Bereichen nur Rechtens ist, falls es durch ein förmliches Gesetz legitimiert wird (Burghart in Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 68. Lieferung 05/2015, Art. 20, Rn. 1026). Das Vorliegen einer gesetzlichen Ermächtigung ist ein unverzichtbares Merkmal der Beleihung (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.03.1969 - VII C 37.67 - juris Rn. 18; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., Einführung I Rn. 89a; Schmid in ZKF 1980, 178 ff.) und deren Abgrenzung zur Verwaltungshilfe. Von daher ist die Delegation und Mandatierung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und Zuständigkeiten nur durch einfachgesetzliche Grundlage möglich. Diesen Anforderungen genügen die durch die zivilgerichtliche Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht nicht. Daran kann auch die Mehrheitsbeteiligung der Beklagten an der MVV nichts ändern, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt und ausgeführt hat.
61 
Im Übrigen fehlte es bereits an einem gesetzten Anschein dafür, dass Wissen oder Handlungen der MVV der Beklagten zurechenbar sein könnten oder sollten. Die MVV hat ausweislich des Forderungsbescheids die Entwässerungsgebühren „im Auftrag und auf Rechnung der Stadt Mannheim“ eingezogen. In der Rechnung vom 05.07.2008 sind die Entwässerungsgebühren ausdrücklich als „Leistungen der Stadt Mannheim“ (getrennt von den Leistungen der MVV) ausgewiesen. Der Forderungsbescheid vom 05.07.2008 enthält eine (richtige, s.o.) Widerspruchsbelehrung. Dem in der Rechnung zusätzlich angebrachten Hinweis auf die Möglichkeit zur Nachfrage bei der MVV vermag angesichts der insoweit klar und eindeutig formulierten, (nicht auf der Rechnung, sondern) auf dem Forderungsbescheid angebrachten Rechtsbehelfsbelehrung ebenso wenig ein Anschein entnommen werden, die MVV sei zur Entgegennahme von (inhaltlich an die Beklagte gerichteten) Widerspruchsschreiben ermächtigt, wie dem (unmittelbar der Rechtsbehelfsbelehrung folgenden) Hinweis in dem Forderungsbescheid vom 05.07.2008, die MVV handele im Auftrag und auf Rechnung, da dieser Hinweis sich lediglich auf den Einzug der Entwässerungsgebühren bezieht und nicht auf die (im Übrigen in der Rechtsbehelfsbelehrung eigens erläuterte) Entgegennahme von Widersprüchen.
62 
2. Dem Kläger ist mangels Vorliegen der Voraussetzungen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ungeachtet der bescheidmäßigen Ablehnung der Wiedereinsetzung durch die Beklagte (dazu a) hat der Kläger nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass es ihm auf Grund höherer Gewalt unmöglich war, die Jahresfrist einzuhalten (dazu b). Auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensfürsorge durch die Beklagte scheidet eine Wiedereinsetzung aus (dazu c).
63 
a) Dies ergibt sich jedoch nicht bereits aus dem Bescheid der Beklagten vom 08.11.2012, mit welchem diese den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung vom 31.10.2012 abgelehnt hat. Dabei kann zum einen dahinstehen, ob die Entscheidung über die Gewährung bzw. Versagung der Wiedereinsetzung ein selbstständiger (und der Bestandskraft fähiger) Verwaltungsakt ist oder nicht (wofür § 44a VwGO angeführt werden könnte, s. zum Meinungsstand Schenke in Kopp/Schenke, aaO, § 44a Rn. 5 sowie § 70 Rn. 12 jeweils m.w.N.), als auch, ob (jedenfalls im Falle der tatsächlich erfolgten Verbescheidung) die Wiedereinsetzung im Rahmen eines (von dem Rechtsmittelverfahren gegen die Sachentscheidung zu trennenden) eigenen Rechtsmittelverfahrens mittels einer Verpflichtungsklage erstritten werden kann oder muss (sog. zweistufiges Verfahren, s. hierzu BSG, Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 11/08 R - juris Rn. 24 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris). Jedenfalls ist die von der Beklagten im Bescheid vom 08.11.2012 (der gewählten Form nach) in Gestalt eines Verwaltungsaktes getroffene ablehnende Entscheidung über die Wiedereinsetzung nicht bindend geworden, da der Kläger mit Schreiben vom 12.11.2012 hiergegen einen (bislang noch nicht verbeschiedenen) Widerspruch erhoben hat. Damit ist der Bescheid vom 08.11.2012 jedenfalls nicht bestandskräftig und steht - anders als möglicherweise im Falle seiner Bestandskraft (s. hierzu BSG, aaO, Rn. 22; gegen eine Bindung Schenke, aaO, § 70 Rn. 12) - einer Prüfung der Wiedereinsetzung im vorliegenden Verfahren jedenfalls nicht entgegen. Ob (dann, wenn wie vorliegend eine Entscheidung in Form eines Verwaltungsakts ergangen ist) der Anspruch auf Wiedereinsetzung in einem - bislang nicht durchgeführten - Rechtsmittelverfahren eigens erstritten werden müsste (mit der Folge, dass das Vorliegen eines Anspruchs auf Wiedereinsetzung bzw. die bescheidmäßige Ablehnung nicht Gegenstand dieses, sondern eines hiervon zu trennenden Rechtsmittelverfahrens ist bzw. sein kann, s. hierzu FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2007 - 4 K 4738/06 - juris Rn 14 f.), kann dahinstehen, da jedenfalls im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorliegen.
64 
b) Dem Kläger war keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da diese durch Zeitablauf ausgeschlossen war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO). Denn dem Kläger war es nicht in Folge höherer Gewalt unmöglich, die (Jahres-)Frist einzuhalten. Dementsprechend war dem Kläger weder eine behördliche Wiedereinsetzung auf Antrag oder von Amts wegen noch eine Wiedereinsetzung durch das Gericht zu gewähren.
65 
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag - ggf. auch von Amts wegen, wie aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 4 AO folgt - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO).
66 
Die Wiedereinsetzung scheitert bereits an der Jahresfrist des § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m.§ 110 Abs. 3 AO. Vorliegend endete die Widerspruchsfrist (spätestens) am 21.08.2008 (s.o.). Der Kläger hat aber erst am 31.10.2012 die versäumte Rechtshandlung ausdrücklich nachgeholt und den Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Eine Ausnahme von der Jahresfrist gilt nur, wenn deren Wahrung infolge höherer Gewalt unmöglich war. Auch diese Voraussetzung ist im Streitfall aber nicht erfüllt.
67 
Unter höherer Gewalt ist ein Ereignis zu verstehen, das auch durch die größte nach den Umständen des gegebenen Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe - also unter Berücksichtigung seiner Lage, Erfahrung und Bildung - zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (BVerfG, Beschluss vom 16.10.2007 - 2 BvR 51/05 - juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 3 C 35.96 - juris Rn. 53). Der Begriff der „höheren Gewalt“ ist enger als der Begriff „ohne Verschulden“ (s. § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Dabei ist anerkannt, dass eine Fristversäumnis dem Betroffenen nicht angelastet werden darf, wenn er durch das Verhalten seines Gegners an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsbehelfs gehindert worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.06.1969 - 6 C 56.65 - juris; Urteil vom 11.05.1979 - 6 C 70.78 - juris; Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 - juris; Schenke, aaO, § 60 Rn. 28, § 58 Rn. 20). Gemessen an diesen Maßstäben sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer es dem Kläger infolge höherer Gewalt unmöglich war, Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist vor Ablauf der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO zu beantragen und die (nicht bzw. nicht wirksam erfolgte) Erhebung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 05.07.2008 nachzuholen. Es ist nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass der behauptete Verlust des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 auf dem Postweg den Kläger in diesem Sinne an der rechtzeitigen Erhebung des Widerspruchs gehindert hat.
68 
Ob der Verlust einer Briefsendung bei Beförderung durch die Deutsche Post grundsätzlich (noch) als ein Fall höherer Gewalt anzusehen ist (s. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 27.03 - juris), kann dahinstehen, da der Kläger einen solchen Verlust jedenfalls weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch in der beigefügten eidesstaatlichen Versicherung vom 29.10.2012 hinreichend glaubhaft gemacht hat. Denn selbst ein innerhalb der Jahresfrist gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 2 AO nur Erfolg haben, wenn die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, substantiiert vorgetragen werden. Der Kläger macht insoweit geltend, dass er das (an die Beklagte adressierte) Widerspruchsschreiben vom 21.07.2008 (zusammen mit dem an die MVV gerichteten Schreiben vom 21.07.2008) zur Post gegeben habe. Weitere Angaben hat der Kläger nicht gemacht. Dem Kläger hätte es oblegen, die Tatsachen, aus welchen sich die rechtzeitige Aufgabe des fristwahrenden Widerspruchsschreibens zur Post ergibt, vollständig vorzutragen und glaubhaft zu machen (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO BFH, Beschluss vom 17.02.1987 - IV R 115/86; Urteil vom 21.02.1995 - VIII R 76/93; Beschluss vom 19.06.1996 - I R 13/96; Beschluss vom 26.02.1998 - III R 66/97; Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - jeweils juris). Dazu gehören substantiierte Angaben, wie z.B. zu welchem Zeitpunkt (Tag und Uhrzeit) der Briefumschlag mit dem Schriftsatz von welcher Person und auf welche Weise (z.B. durch Einwurf in einen bestimmten Postbriefkasten) zur Post aufgegeben worden ist (BFH, Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - juris Rn. 4). Dies ist vorliegend weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 geschehen. Mit der bloßen Mitteilung, das Widerspruchsschreiben sei am 22.07.2008 zusammen mit einem anderen Schreiben zur Post gegeben worden, sind die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen nicht ausreichend bezeichnet. Eine derartige pauschale Behauptung, ein Schreiben auf den Postweg gegeben zu haben, rechtfertigt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
69 
Dies gilt umso mehr, als die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen einen Wiedereinsetzungsgrund nicht hinreichend glaubhaft machen. Der nachträgliche Klägervortrag, er habe zusätzlich zu dem mit Schreiben vom 21.07.2008 bei der MVV eingelegten Widerspruch mit Schreiben gleichen Datums Widerspruch bei der Beklagten eingelegt, ist zweifelhaft. Denn in dem Schreiben vom 15.09.2008 ist zum einen nur von einem Widerspruch die Rede; zum anderen ist mit Blick auf die im Schreiben vom 21.07.2008 an die MVV enthaltene Bitte um Weiterleitung an die entsprechenden Stellen nicht ohne Weiteres die Fertigung eines weiteren Schreibens gleichen Datums (mit unterschiedlichem Schriftbild) an die Beklagte nachvollziehbar. Zu diesem Komplex hätte es jedenfalls besonderer Erklärungen im Wiedereinsetzungsantrag bedurft.
70 
c) Auch der weiter vom Kläger geltend gemachte Umstand, er habe von der Verfristung des Widerspruchs erst mit Zusendung des Widerspruchs vom 16.10.2012 am 23.10.2012 erfahren und bereits mit Schreiben vom 15.08.2008 auf seinen zuvor eingelegten Widerspruch verwiesen (Schreiben vom 31.10.2012, eidesstaatliche Versicherung vom 29.10.2012), rechtfertigt nach den oben dargestellten Grundsätzen keine Wiedereinsetzung. Es liegt kein Verhalten der Beklagten vor, welches den Kläger kausal im Rechtssinne an der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs gehindert hat.
71 
Die Beklagte hat den Kläger nicht durch aktives Tun von der Einlegung des Widerspruchs abgehalten. Vielmehr war dem Bescheid vom 05.07.2008 eine richtige Rechtsmittelbelehrung beigefügt (s.o.). Der Kläger war sich - wie die von ihm behauptete Einlegung des Widerspruchs zeigt - offensichtlich der Notwendigkeit, förmlich gegen den Bescheid vom 05.07.2008 vorzugehen, bewusst.
72 
Ein (qualifiziertes) Unterlassen der Beklagten liegt nicht vor, denn es bestand weder eine entsprechende Pflicht zum Handeln in Gestalt einer sog. Verfahrensfürsorgepflicht noch ist der Irrtum des Klägers über den Zugang des Widerspruchs unvermeidbar gewesen.
73 
Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 89 Abs. 1 Satz 2 AO trifft die Körperschaft, welche die Abgabe erhebt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 KAG), die Pflicht, soweit erforderlich, den Beteiligten Auskunft über die ihnen zustehenden Rechte und die obliegenden Pflichten zu erteilen. Diese letztlich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ableitbare (s. König, AO, 3. Aufl., § 89 Rn. 1) sog. Verfahrensfürsorgepflicht verpflichtet die abgabenerhebende Körperschaft - wenn bereits ein Verwaltungsverfahren eingeleitet ist oder durch eine Erklärung oder einen Antrag eingeleitet wird - zur Beratung und Auskunft in Bezug auf das jeweilige Verfahren (König, aaO, Rn. 7). Hierbei ist zwischen selbstständigen Anträgen, welche ein Verfahren voraussetzungsgemäß einleiten, und unselbstständigen Anträgen, welche innerhalb eines bereits eingeleiteten Verwaltungsverfahrens gestellt werden, zu unterscheiden. In aller Regel besteht eine behördliche Verpflichtung zur Anregung von Anträgen, welche offenkundig nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben sind, nur im Falle von unselbstständigen Anträgen. Zur Anregung sog. selbstständiger Anträge besteht eine behördliche Verpflichtung nur ausnahmsweise in einem laufenden Verfahren aufgrund einer besonderen Situation (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 28.01.1981 - 2 A 307/80 - juris). Hierbei wird die Behörde nur ausnahmsweise von Amts wegen tätig, im Übrigen nur auf Anfrage (König, aaO, Rn. 16). Je höher demnach die erkennbare oder gar offenkundige Fürsorgebedürftigkeit des Beteiligten ist, desto höher ist die behördliche Pflicht zur Beratung anzusetzen (Roser in Beermann/Gosch, AO/FGO, 116. Lieferung, § 89 Rn. 13).
74 
Zur Vermeidung einer ausufernden Inanspruchnahme der Verwaltung ist die behördliche Fürsorgepflicht auf solche Sachverhalte zu begrenzen, bei welchen sich eine Hinweispflicht aufdrängt. Neben der Offenkundigkeit ergibt sich eine weitere Begrenzung aus der nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilenden Erforderlichkeit. In zeitlicher Hinsicht richtet sich die Fürsorgepflicht ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls. Eine Pflicht zu unverzüglichem Handeln besteht jedoch nicht (Roser, aaO, Rn. 19). Insbesondere kann grundsätzlich keine Verpflichtung angenommen werden, eingegangene Wissens- und/oder Willenserklärungen auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit unverzüglich zu (über-)prüfen und den Beteiligten hierüber zu unterrichten (BFH, Urteil vom 28.01.2014 - VII R 10/12 - juris Rn. 16), denn dies würde die behördliche Fürsorgepflicht in nicht angemessener Weise überspannen (FG Nürnberg, Urteil vom 16.09.2008 - II 241/2006 - juris Rn. 28 f.). Ebenso kann keine Pflicht zur Eingangsbestätigung angenommen werden (arg. e contr. § 2 KDVG, § 25 Abs. 2 Satz 2 VwVfG).
75 
Ein (laufendes) Widerspruchsverfahren (welches einen Anknüpfungspunkt für eine behördliche Fürsorgepflicht der Beklagten geboten hätte) hat mit Blick auf das bei der Beklagten nicht angekommene Schreiben vom 21.07.2008 nicht vorgelegen. Der - zu diesem Zeitpunkt bereits anwaltschaftlich vertretene - Kläger macht insoweit geltend, dass im Schreiben vom 15.09.2008 auf einen zuvor eingelegten Widerspruch Bezug genommen worden sei und die Beklagte ihn darauf hätte hinweisen müssen, dass zum einen (noch) kein Widerspruch anhängig sei und zum anderen, dass (bei Auslegung des Schreibens vom 15.09.2008 als eigenen Widerspruch) von einer Verfristung des Widerspruchs auszugehen sei.
76 
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze kann keine Verpflichtung der Beklagten angenommen werden, das Schreiben vom 15.09.2008 unverzüglich einer Prüfung auf eine mögliche Verfristung zu unterziehen und den Kläger (ungeachtet der Tatsache, dass in dem Schreiben vom 15.09.2008 keine entsprechend explizite Anfrage zum Eingang des behaupteten, bereits eingelegten Widerspruchs enthalten war) darauf hinzuweisen, dass (bislang noch) kein Widerspruch vorliege.
77 
Der Vortrag des Klägers, die Beklagte habe ihn über den Nichtzugang des Widerspruchsschreibens in Unkenntnis gelassen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Höhere Gewalt liegt, wie oben dargelegt, nur vor, wenn die Behörde die Einhaltung der Frist verhindert hat. Dazu reicht eine bloße Untätigkeit in aller Regel nicht aus (BVerwG, Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 -juris).
78 
Selbst die Annahme einer Pflichtverletzung könnte jedoch nichts daran ändern, dass der Kläger selbst die ihm obliegende Sorgfalt bei der Einlegung des Widerspruchs nicht hat walten lassen. Der Kläger selbst hat trotz fehlender Eingangsbestätigung den Eingang des Schreibens vom 21.07.2008, in welchem eine solche Empfangsbestätigung ausdrücklich erbeten war, nicht in Zweifel gezogen. Hierbei wäre es dem Kläger ein Leichtes gewesen, sich durch (ausdrückliche) Nachfrage bei der Beklagten über den Zugang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 Klarheit zu verschaffen. Der Kläger hat - wie der Vermerk der MVV vom 08.08.2008 zeigt - telefonisch bei der MVV nachgefragt. Weshalb eine vergleichbare Nachfrage bei der Beklagten unterblieben ist bzw. ihm eine solche nicht abverlangbar war, ist weder dargetan noch ersichtlich. Zumindest hätte es die dem Kläger obliegende Sorgfalt geboten, nachdem bereits einige Zeit seit der Einlegung des Widerspruchs vergangen war, sich vorsorglich um die Aufklärung des Sachverhalts zu bemühen.
79 
Der Kläger hat es innerhalb der (in § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO genannten) Jahresfrist nicht für erforderlich gehalten, sich nach dem Stand der Angelegenheit zu erkundigen, mithin beruht die Unkenntnis des Klägers über die ordnungsgemäße Erhebung des Widerspruchs nicht auf einem unabwendbaren Zufall, welcher die Annahme höherer Gewalt zu rechtfertigen vermag. Bei Anwendung der dem Kläger zumutbaren (äußersten) Sorgfalt wäre der (ursächliche) Irrtum über den nicht erfolgten Eingang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 (sowie über den zu spät erfolgten Eingang des Schreibens vom 15.09.2008) und damit der Irrtum über die Fristversäumnis vermeidbar gewesen. Die im Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 unter Fristsetzung bis 26.09.2008 erbetene Stellungnahme bezog sich nicht eindeutig auf den fristgerechten Eingang des datumsmäßig nicht näher bezeichneten Widerspruchs des Klägers. Im Übrigen hätte dem Kläger auch diesbezüglich nach (erfolglosem) Ablauf der von ihm selbst gesetzten Frist eine Nachfrage oblegen.
80 
Auch aus der unterlassenen zeitnahen Übermittlung des bei der MVV eingelegten Widerspruchs an die Beklagte ergibt sich kein Wiedereinsetzungsgrund, der die Jahresfrist überspielen könnte. Abgesehen davon, dass insoweit allenfalls ein Pflichtverstoß der MVV - nicht der Beklagten - in Betracht käme, hat ein solcher - unterstellter - Verstoß den Kläger nach eigenen Angaben in der eidesstattlichen Versicherung nicht daran gehindert, einen eigenen Widerspruch gegen die Beklagte zu verfassen; damit wäre jedenfalls eine Verhinderung an der Einlegung des Widerspruchs durch höhere Gewalt auszuschließen.
81 
3. Der Kläger hat kein (subjektives) Recht auf eine (ermessensfehlerfreie) behördliche Sachentscheidung bei - wie vorliegend - verfristetem Widerspruch gegen einen kommunalen Abgabenbescheid. Dies setzte eine dahingehende behördliche Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch voraus, welche (jedenfalls) im kommunalen Abgabenrecht nicht besteht (dazu a); darauf, ob grundsätzlich ein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung auf eine behördliche Sachentscheidung bei verfristetem Widerspruch besteht, was zu verneinen sein dürfte, kommt es daher nicht mehr an (dazu b).
82 
a) Nach § 70 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Norm beansprucht als Verhaltensnorm für den Beschwerten Beachtung, aber auch als Entscheidungsnorm für Behörden und Gerichte, welche gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an sie gebunden sind (BAG, Urteil vom 16.06.1998 - 5 AZR 728/97 - juris Rn. 33). Danach ergibt sich aus § 70 VwGO eine - dem Wortlaut nach uneingeschränkt zu beachtende - Frist von einem Monat. Im Gegensatz zu § 358 Satz 2 AO statuiert § 70 VwGO keine ausdrückliche (behördliche) Entscheidungsnorm, den Widerspruch als unzulässig zu verwerfen. Ob eine solche (ausdrückliche) Entscheidungsnorm verzichtbar ist, da sich diese „von selbst“ (so Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 2. Aufl., § 70 Rn. 13) oder aber letztlich aus der Bindung der Behörde an Recht und Gesetz ergibt, ist nicht zwingend, denn es sind sowohl statuierte Verhaltensnormen ohne korrelierende Entscheidungsnormen oder auch nicht deckungsgleiche Verhaltens- und Entscheidungsnormen denkbar (s. hierzu Schilling, Rang und Geltung von Normen in gestuften Rechtsordnungen, 1994, § 3 A. III. 1 sowie § 7 B II. 4.). Denn eine Verhaltensnorm ist nicht in Frage gestellt, wenn eine Entscheidungsnorm von der Verhaltensnorm „abweicht“, falls sie eine Sanktion für die Nichterfüllung festsetzt (vorliegend die im Ermessen stehende Befugnis zur Zurückweisung des Widerspruchs als verfristet), nicht jedoch deren Erfüllung (kategorische Durchsetzung des Fristerfordernisses) anordnet (Schilling, aaO). Im Einzelnen:
83 
aa) Nach der ständigen (freilich umstrittenen, s. statt vieler Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 70 Rn. 9 ff. m.w.N.) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht keine Verpflichtung der Widerspruchsbehörde, den verfristeten Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89; Urteil vom 07.01.1972 - IV C 61.69 - DVBl. 1972, 423; Urteil vom 04.08.1982 - 4 C 42.79 - juris Rn. 11; Urteil vom 28.10.1982 - 2 C 4.80 - juris Rn.10; Urteil vom 20.06.1988 - 6 C 24.87 - juris Rn. 9). Es stehe vielmehr im „freien Ermessen“ der Widerspruchsbehörde, einen unzulässigen Widerspruch in der Sache zu bescheiden, die „im Verwaltungsprozeß grundsätzlich nicht überprüft werden“ können (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Zur Begründung wird insoweit die Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde angeführt, welche durch die Versäumung der Widerspruchsfrist nicht berührt werde (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Die Widerspruchsfrist diene „vornehmlich dem Schutz der Behörde selbst“ (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO), weshalb es der Widerspruchsbehörde „frei“ stehe, den Widerspruch wegen Fristversäumung als unzulässig zurückzuweisen oder trotz des Fristablaufs in der Sache zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO). Die der Behörde eingeräumte Befugnis zur Sachentscheidung über einen verfristeten Widerspruch finde bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ihre Grenze, da der Dritte nach Ablauf der Widerspruchsfrist durch die eingetretene Bestandskraft eine gesicherte Rechtsposition erlangt habe, für deren Entzug die §§ 68 ff. VwGO - mit Ausnahme der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - keine Rechtsgrundlage enthielten; vielmehr sei durch die Behörde eine Abänderung von Amts wegen gemäß §§ 48, 49 VwVfG zu prüfen (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO).
84 
bb) Ob dieser Rechtsprechung insgesamt zu folgen ist, kann offen bleiben. Denn auch, wenn man ihr folgt, fehlt es vorliegend jedenfalls im Bereich des kommunalen Abgabenrechts an einer Sachentscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde.
85 
Ein (wie im Falle der Entscheidung über den verfristeten Widerspruch angenommenes) grundsätzlich freies bzw. offenes Ermessen unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gleichwohl einer Bindung (BVerwG, Urteil vom 05.09.1966 - V C 175.65 - juris Rn. 13). Das freie Ermessen ist sehr weit und ergibt sich aus dem Sinn und Zweck einer Vorschrift (soweit dieser reicht). Grenzen ergeben sich (zudem aus höherrangigem Recht wie beispielsweise) aus Art. 3 GG (BVerwG, aaO). Das freie Ermessen hat sich innerhalb der durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit gezogenen Grenzen zu halten (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 57.91 -NJW 1993, 1667, 1669). Die Begründung der Ermessensausübung ist in der Regel entbehrlich, da hierfür der Ausschluss oder die Begrenzung der Begründungspflicht aus dem Sinn und Zweck der das freie Ermessen einräumenden Vorschrift genügt (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993, aaO).
86 
Unter Berücksichtigung des Vorgesagten sind die - nicht in den §§ 68 ff. VwGO enthaltenen - Vorschriften, welche die (materielle) Bestandskraft und Abänderbarkeit von Verwaltungsakten regeln, in Bezug genommen. Zum einen wird die Widerspruchsbehörde das ihr zustehende - nur grundsätzlich -freie Ermessen, dann ggf. einschränkend auszuüben haben, falls dies durch höherrangige Rechtgrundsätze wie z.B. aus Art. 3 GG oder (in den Fällen von Verwaltungsakten mit Drittwirkung) Gründen des Vertrauensschutzes oder der Rechtssicherheit geboten erscheint. Zum anderen enthalten die §§ 68 ff. VwGO keine Ermächtigung der Widerspruchsbehörde zur Abänderung des angefochtenen Verwaltungsakts, sondern setzen - was die Durchbrechung der Bestandskraft von Verwaltungsakten anbelangt - eine solche Befugnis voraus und lassen damit Raum für die - subsidiäre - Anwendung und Berücksichtigung des jeweiligen Verwaltungsverfahrensrechts. Die Befugnis der Widerspruchsbehörde zur Sachentscheidung steht mithin mit der Befugnis zur Durchbrechung der (materiellen) Bestandskraft des Verwaltungsaktes in wechselseitigem Zusammenhang. In Ergänzung des in §§ 68 ff. VwGO als Sachurteilsvoraussetzung des gerichtlichen Verfahrens (nicht abschließend) geregelten Widerspruchsverfahrens sind die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder heranzuziehen und - subsidiär - anwendbar.
87 
Die danach das Widerspruchsverfahren gemäß § 68 ff. VwGO ergänzenden Regelungen der §§ 172 ff., 367 Abs. 2 AO zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden führen zu einer eingeschränkten Sachherrschaft der Behörde. Die hierbei in § 3 Abs. 1 KAG i.V.m. §§ 172 ff. AO für die Ausgangsbehörde gesetzgeberisch erfolgte Ausgestaltung der Durchbrechung der (materiellen) Bestandkraft ist auf das Handeln der Widerspruchsbehörde übertragbar, da sich dem Willen des Landesgesetzgebers insoweit eine Schlechterstellung des Widerspruchsführers nicht entnehmen lässt (Senatsurteil vom 30.11.1989, aaO, juris Rn. 20). Die §§ 169 Abs. 1 Satz 1, 172 ff. AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG enthalten für Abgabenbescheide besondere Regelungen. Abgabenbescheide unterliegen danach (gegenüber sonstigen Verwaltungsakten) einer besonderen (erhöhten) Bestandskraft (Senatsurteil vom 15.09.2011 - 2 S 654/11 - juris Rn. 24; ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.07.2012 - 9 S 569/11 - juris Rn. 30).
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Die ausdifferenzierten und sonach abschließenden Regelungen zur Durchbrechung der materiellen Bestandkraft von Abgabenbescheiden engen die uneingeschränkte Sachherrschaft der Behörde bei verfristetem Widerspruch in vergleichbarer Weise den Fällen bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ein, in welchen ebenfalls eine eingeschränkte Sachherrschaft mit Blick auf die rechtlichen Wirkungen der Bestandkraft angenommen wird. Denn die Frage der Abänderbarkeit von Verwaltungsakten ist eine Frage des Verwaltungsverfahrensrechts, auf das hierbei (ergänzend) zurückzugreifen ist. Die für Abgabenbescheide einschlägigen, über § 3 KAG anwendbaren Vorschriften der §§ 172 ff. AO regeln die Durchbrechung der Bestandskraft und gelten - wie sich aus § 172 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt („soweit er nicht vorläufig oder unter Vorbehalt ergangen ist“) - nur für materiell bestandskräftige Bescheide, was deren formelle Bestandkraft voraussetzt. Bei verfristetem Widerspruch trifft die Widerspruchsbehörde über die Unanfechtbarkeit und damit formelle Bestandkraft eine Sachentscheidung (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89). Damit könnte die Widerspruchsbehörde über die Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO oder aber bei Ausübung freien Ermessens über die Nichtanwendbarkeit der über § 3 KAG anwendbaren Regelungen der AO, welche - wie z.B. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b AO (vgl. BFH, Beschluss vom 28.02.2007 - II B 33/06 - juris Rn. 4) - einen zulässigen „Widerspruch“ (§ 3 Abs. 4 KAG) voraussetzen, disponieren.
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Durch die §§ 172 ff. AO ist eine Gesamtaufrollung (wie sie durch ein Widerspruchsverfahren bewirkt würde) nicht vorgesehen und lediglich eine sog. Punktberichtigung möglich (Tipke/Kruse, AO/FGO, 140. Lieferung, Vorbemerkungen zu §§ 172-177 Rn. 2). § 173 Abs. 2 AO enthält eine Änderungssperre (Tipke/Kruse, aaO). Bei unzulässigem Widerspruch ist eine Verböserung des angefochtenen Abgabenbescheids ausgeschlossen (BFH, Urteil vom 09.08.2007 - VI R 7 /04 - juris Rn. 18 m.w.N.). Dies ergibt sich aus dem im Bereich des Abgabenrechts nach § 3 KAG anwendbaren § 367 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Regelung des § 367 Abs. 2 Satz 2 AO ist nach dem oben Gesagten subsidiär zu §§ 68 ff. VwGO anwendbar und daher im Rahmen der Auslegung des § 70 VwGO bei der Bestimmung der Reichweite der (insoweit partiell im Bereich des kommunalen Abgabenrechts einzuschränkenden) Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde zu berücksichtigen. Weitere Einschränkungen ergeben sich durch die ebenfalls subsidiär als verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden anwendbaren Regelungen der §§ 172 ff. AO. Schließlich gebietet die letztlich im öffentlichen Interesse liegende erhöhte Bestandskraft von Abgabenbescheiden (bei der vorgelagerten freien Ermessensentscheidung über die formelle Bestandskraft) eine eingeschränkte Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde hinsichtlich der Bejahung oder Verneinung der formellen Bestandkraft. In Übereinstimmung hiermit hat die Beklagte zu Recht den Widerspruch als verfristet zurückgewiesen.
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b) Unabhängig hiervon kann - ohne dass es noch tragend darauf ankommt -der Kläger von der Beklagten jedenfalls nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich einer Sachentscheidung verlangen. Das ergibt sich bereits unmittelbar daraus, dass - wie gezeigt - im kommunalen Abgabenrecht ein Ermessen, sich über die Verfristung hinwegzusetzen, objektiv nicht eingeräumt ist. Darüber hinaus gilt auch für den Fall einer anzunehmenden objektiven Ermessensermächtigung im Sinn der oben dargelegten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch grundsätzlich zuzuerkennen ist, dass hieraus jedenfalls nicht auf ein dieser Sachentscheidungsbefugnis korrelierendes (subjektives) Recht auf ermessenfehlerfreie Entscheidung geschlossen werden kann. Denn zur Herleitung subjektiver Rechte wird nach der insoweit herrschenden, auch für die Herleitung eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung maßgeblichen Schutznormtheorie darauf abgestellt, ob und ggf. welche Interessen die maßgeblichen Rechtsnormen schützen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 40 Rn. 52). Nach dem Ansatz der vorgenannten Rechtsprechung ist Schutzzweck der Widerspruchsfrist (vornehmlich) das Interesse der Behörde. Der Widerspruchsbehörde soll es frei stehen (sog. freies Ermessen), sich entweder auf die Fristversäumnis zu berufen oder - ungeachtet der Fristversäumnis - eine Sachentscheidung zu treffen. Die (abgelaufene) Widerspruchsfrist dient jedoch nicht (zumindest auch) den Interessen des Widerspruchsführers, der nur vor Ablauf, jedoch nicht nach Ablauf der Widerspruchsfrist die sog. Sachentscheidungsvoraussetzungen wahrt und damit einhergehend einen Anspruch auf eine Sachentscheidung besitzt. Mithin steht dem Widerspruchsführer (nach Ablauf der Widerspruchsfrist) gerade kein subjektives Recht zu - auch nicht in Gestalt eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (Senatsurteil vom 25.06.1987 - 2 S 1960/84 - juris; a.A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris; Urteil vom 21.10.1992 - 6 S 1335/92 - juris Rn. 27; Urteil vom 14. Oktober 1991 - 8 S 623/91 - juris Rn. 26; Urteil vom 26. Oktober 1981 - 5 S 1387/80 - juris). Ein (über das Vorgesagte hinausgehendes) allgemeines subjektives öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung würde sich nicht ohne Weiteres mit der insoweit herrschenden Schutznormtheorie in Einklang bringen lassen.
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Ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung wäre im Übrigen mit der Offenheit bzw. Freiheit des insoweit angenommenen Ermessens (s.o.) ebenso unvereinbar wie der insoweit anerkannten Entbehrlichkeit der Begründung der Ermessenausübung (s.o.). Denn ein solcher Anspruch relativierte die Offenheit des Ermessens und wäre angesichts der fehlenden Begründungspflicht (vorbehaltlich von Evidenz) in aller Regel nicht (gerichtlich) überprüfbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO) und damit nicht auf Durchsetzbarkeit angelegt.
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Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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Beschluss vom 10. Dezember 2015
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Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.268,10 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.