Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 26. Jan. 2016 - RO 4 K 15.50476
Tenor
I.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Gegenstand des Verfahrens ist ein Bescheid, mit welchem der Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet wurde.
Der Kläger meldete sich am
Die EURODAC-Abfrage am
Auf Ersuchen vom
Mit Bescheid vom
Gegen diesen am
Der Kläger beantragt:
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Rechtsstreit wurde am
Der ebenfalls am
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behörden- und der Gerichtsakten Bezug genommen.
Gründe
I.
Die Klage ist zulässig.
Die Anfechtungsklage ist die zutreffende Klageart gegen einen Bescheid, mit dem festgestellt wird, dass ein Asylverfahren unzulässig ist, und die Abschiebung angeordnet wird. Eine Klage auf Verpflichtung zur Durchführung eines Asylverfahrens bzw. auf Anerkennung als Asylberechtigter, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft etc. ist insofern unzulässig, da mit der Aufhebung des Bescheids die Beklagte kraft Gesetzes verpflichtet ist, ein Asylverfahren durchzuführen (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BayVGH
Die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) gegen den Bescheid, welcher eine Überstellungsentscheidung im Sinne des Art. 26 Abs. 1 Dublin-III-VO ist, ergibt sich zum einen daraus, dass der Kläger Adressat desselben ist und zum anderen daraus, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO vorschreibt, dass ein Antragsteller ein Recht auf ein wirksames Rechtsmittel gegen eine Überstellungsentscheidung hat.
II.
Die Klage ist auch begründet. Die Ablehnung des Asylantrags stellt sich als rechtswidrig dar und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Abschiebungsanordnung erfolgte zu Unrecht.
1.
Die Ablehnung des Asylantrags durch das Bundesamt gemäß den §§ 27 a, 31 Abs. 6 AsylVfG (nunmehr AsylG) erfolgte ursprünglich zu Recht, weil ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig war. Dieser andere Staat war Ungarn.
In Ungarn gilt, da es Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, auch die Dublin-III-VO. Diese am
Anträge auf internationalen Schutz im Sinne der Dublin-III-VO sind nach der Legaldefinition in Art. 2 Buchstabe b Dublin-III-VO, die insoweit auf die Legaldefinition in Art. 2 Buchstabe h QRL verweist, - vereinfacht ausgedrückt - regelmäßig Anträge, denen entnommen werden kann, dass der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt. Derartige Anträge hat der Kläger am 20. März 2015 in Ungarn und am 30. April 2015 in Deutschland gestellt.
a)
Bei der Bestimmung des nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin-III-VO zuständigen Mitgliedstaats ist nach Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO von der Situation auszugehen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem ein Antragsteller zum ersten Mal einen Antrag auf internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat stellt. Abzustellen ist demnach auf den 20. März 2015.
b)
Der Kläger hat in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Die Wiederaufnahmepflicht Ungarns bestimmt sich nach Art. 18 Abs. 1 Buchstabe b Dublin-III-VO. Ungarn hat der Wiederaufnahme des Klägers spätestens am 12. Juni 2015 zugestimmt.
In Ungarn bestehen derzeit keine systemischen Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO, welche es unmöglich machen würden, den Kläger an Ungarn zu überstellen.
c)
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens ging auch nicht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte über, denn sie hat nicht von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht. Gründe für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts sind nicht ersichtlich.
d)
Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist jedoch die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner eigenen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Die ursprünglich rechtmäßige Ablehnung stellt sich nunmehr als rechtswidrig dar, weil Ungarn nicht mehr der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat ist. Die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Dublin-III-VO ist abgelaufen.
Diese Frist beträgt grundsätzlich sechs Monate nach der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs durch Ungarn. Diese Annahme erfolgte spätestens am
Eine „Verlängerung“ der Überstellungsfrist durch das erfolglose Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht erfolgt. Dies ergibt sich aus folgenden Gründen:
Die Dublin-III-VO stellt sich als Bestätigung der Prinzipen dar, welche der Dublin-II-VO zugrunde lagen, und dient der Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Dublin-Systems sowie des auf der Grundlage des Systems den Antragstellern gewährten Schutzes (vgl. Erwägungsgrund 9). Zweck ist demnach nach wie vor die Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats (vgl. Erwägungsgrund 4), welche eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen soll, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Erlangung des internationalen Schutzes zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz nicht zu gefährden (vgl. Erwägungsgrund 5).
Insbesondere zur Gewährleistung eines wirksamen Schutzes der Rechte der Betroffenen war ein Ziel der Dublin-III-VO, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Über-stellungsentscheidungen festzuschreiben. Deshalb soll dieser wirksame Rechtsbehelf sowohl die Prüfung der Anwendung der Dublin-III-VO als auch die Prüfung der Rechts- und Sachlage in dem Mitgliedstaat umfassen, in den der Antragsteller überstellt werden soll (vgl. Erwägungsgrund 19). Überstellungen können auf freiwilliger Basis, in Form der kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen (vgl. Erwägungsgrund 24), d. h. übertragen in die Terminologie des deutschen Aufenthaltsrechts bedeutet dies, dass die Ausreisepflicht nicht unbedingt zwangsweise durchgesetzt werden muss (Stichwort: Abschiebung). Sie kann auch freiwillig erfüllt werden.
Vergleicht man die Vorschriften zur Überstellungsentscheidung, zum hiergegen gerichteten Rechtsbehelf und zur Überstellungsfrist der Dublin-II-VO mit denen der Dublin-III-VO, dann fällt auf, dass die nach Aufnahme und Wiederaufnahme getrennten Vorschriften der Dublin-II-VO (Art. 19, 20) nunmehr - nicht mehr nach Aufnahme und Wiederaufnahme getrennt - in den Art. 26, 27 und 29 enthalten sind. Es hat nach wie vor eine Überstellungsentscheidung zu ergehen (Art. 26), welche der Betroffene gerichtlich überprüfen lassen kann (Art. 27). Die Überstellungsfrist (mit Verlängerungsmöglichkeiten) ist nunmehr in Art. 29 geregelt. Als wesentlicher Unterschied ist festzustellen, dass der Rechtsbehelf nach der Dublin-II-VO keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung hatte, es sei denn die nationalen Gerichte entschieden dies nach nationalem Recht im Einzelfall anders (vgl. Art. 19 Abs. 2 Satz 4, 20 Abs. 1 Buchstabe e Satz 5). In Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO wird nunmehr vorgeschrieben, dass das nationale Recht eine Regelung zur „aufschiebenden Wirkung“ enthalten muss. Die Dublin-III-VO stellt hierfür drei Varianten zur Verfügung. Nach der 1. Variante kann im nationalen Recht vorgesehen werden, dass der Betroffene bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens berechtigt ist, im Gebiet des Mitgliedstaats zu verbleiben. Nach der 2. Variante hat der Rechtsbehelf automatisch die befristete Aussetzung der Überstellung zur Folge. Innerhalb dieser Frist hat ein Gericht zu entscheiden, ob die aufschiebende Wirkung gewährt wird oder nicht. Die 3. Variante gibt dem Betroffenen die Möglichkeit, bei einem Gericht eine Aussetzung der Durchführung der Überstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs zu beantragen. Bei dieser Variante hat der Mitgliedstaat dafür zu sorgen, dass die Überstellung ausgesetzt ist, bis über den ersten Antrag auf Aussetzung entschieden ist.
Um herauszuarbeiten, welche dieser Varianten der deutsche Gesetzgeber gewählt hat, ist zunächst festzuhalten, dass das alleinige Abstellen auf den Wortlaut der deutschen Textausgabe der Dublin-III-VO nicht hilfreich ist. Dem erkennenden Gericht ist aus langjähriger, leidvoller Erfahrung im Zusammenhang mit der Anwendung europarechtlicher Vorschriften bekannt, dass der Wortlaut allenfalls als ungefährer Anhalt dienen kann, aber keinesfalls eine verlässliche Richtschnur darstellt. Auch in diesem Fall ergibt z. B. bereits der Vergleich der deutschen mit der englischen Textfassung in nur drei Punkten, dass die deutsche Fassung mehr irritiert als Klarheit schafft. In Art. 27 Abs. 3 und in Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO ist jeweils von einem Rechtsbehelf und einer Überprüfung die Rede, während in der Basis-Vorschrift zum wirksamen Rechtsbehelf, Art. 27 Abs. 1, lediglich von einem wirksamen Rechtsmittel zu lesen ist. Der Abgleich mit der englischen Textfassung des Art. 27 Abs. 1 zeigt, dass die sehr freie deutsche Übersetzung die Aufklärung darüber verhindert, weshalb in Art. 27 Abs. 3 und in Art. 29 Abs. 1 nicht von einem Rechtsmittel, sondern von Rechtsbehelf und Überprüfung gesprochen wird. Der Zusatz der englischen Fassung „in the form of an appeal or a review“ fehlt in der deutschen Fassung vollständig. Weiterhin ist festzuhalten, dass dem deutschen Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Rechtssetzung eingeräumt wurden, und dass letztlich das deutsche Recht, d. h. dessen Rechtsinstitute und Terminologie, maßgeblich sind. Der deutsche Gesetzgeber muss sich nicht der europarecht-lichen Terminologie anschließen. Es genügt, wenn er die europarechtliche Absicht umsetzt.
Nach aktuellem deutschen Recht ist der Rechtsbehelf gegen die Überstellungsentscheidung, welche ein Verwaltungsakt ist, die Klage (vgl. § 68 VwGO), denn ein Vorverfahren findet nicht statt (vgl. § 11 AsylG). Diese Klage hat keine aufschiebende Wirkung (vgl. § 75 AsylG). Der Rechtsbehelf, mit dem die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Überstellungsentscheidung angeordnet werden kann, ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Damit ist festzustellen, dass die 1. Variante dem deutschen Recht fremd ist. Auch die 2. Variante findet sich in den einschlägigen deutschen Regelungen nicht. Im Allgemeinen hat nach deutschen Recht eine Klage zwar aufschiebende Wirkung (vgl. § 80 Abs. 1 VwGO). Im konkreten Fall ist jedoch kraft Gesetzes die aufschiebende Wirkung der Klage ausge-schlossen. Dies ist das Gegenteil der 2. Variante. Aber selbst in einem Fall, in welchem die Klage nach deutschem Recht aufschiebende Wirkung hat, ist diese nicht kraft Gesetzes befristet bis ein Gericht über die Gewährung der aufschiebenden Wirkung der Klage entschieden hat. Der deutsche Gesetzgeber hat sich demnach für die 3. Variante entschieden. Der Betroffene kann bei Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Überstellungsentscheidung anzuordnen. Dem Erfordernis, die Überstellung vor einer gerichtlichen Entscheidung über den (ersten und einzigen) Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auszusetzen, wird durch § 34 a Abs. 2 Satz 2 AsylG Rechnung getragen. Diese Vorschrift beinhaltet nicht einen gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, sondern ein aufenthalts- bzw., in hergebrachter Terminologie, ein ausländerrechtliches inländisches Vollstreckungshindernis, wie es z. B. auch in § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG oder in § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG enthalten ist.
Nach deutschem Recht ist bei Anwendung des Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO deshalb auf den Rechtsbehelf (= Klage) abzustellen. Die alternativ angesprochene Überprüfung mag es in irgendeinem ausländischen Rechtssystem geben, nicht aber im deutschen. In diesem Zusammenhang ist auf eine weitere irritierende Formulierung in der deutschen Fassung hinzuweisen. Die deutsche Fassung lautet: „… der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.“ In der englischen Fassung liest sich dies wie folgt: „… of the final decision on an appeal or review where there is a suspensive effect in accordance with Article 27(3).” Der Zusatz mit der aufschiebenden Wirkung bezieht sich demnach nicht nur - wie die deutsche Fassung („…wenn diese … hat.“) nahe legen könnte - auf die Überprüfung, sondern auch auf die endgültige Entscheidung über einen Rechtsbehelf, denn beide sind - wie oben bereits ausgeführt - dem nationalen Gesetzgeber alternativ zur Verfügung gestellte „Rechts-mittel“. Nach deutschem Recht ist das „Rechtsmittel“ die Klage.
Die Überstellungsfrist beginnt somit im Normalfall mit der (unter Umständen auch nur fiktiven) Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch den anderen Mitgliedstaat zu laufen (vgl. EuGH vom 29. Januar 2009, Rs. C-19/08, Rz. 38; vgl. zur Problematik auch Marx, Ausgewählte Probleme des Eilrechtsschutzes im Dublin-Verfahren - Teil 2, InfAuslR 2015, 204 - 206). Die bloße Einlegung einer Klage ändert daran nichts, denn diese hat keine aufschiebende Wirkung.
Hat jedoch ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet, dann ist hinsichtlich des Beginns der Überstellungsfrist auf den Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses des Klageverfahrens abzustellen (vgl. EuGH vom 29. Januar 2009, Rs. C-19/08, Rz. 46; HessVGH
Äußerst umstritten ist, ob und ggf. in welcher Weise sich die gerichtliche Ablehnung eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf den Lauf der Frist auswirkt.
Es wird teilweise vertreten, die Überstellungsfrist sei in der Zeit zwischen Zustellung des Bescheids und Zustellung der negativen gerichtlichen Entscheidung im vorläufigen Rechtschutz gehemmt (vgl. VGH BW
Es wird auch vertreten, dass die negative gerichtliche Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz keine Auswirkung auf den Lauf der Frist hat (vgl. OVG NRW
Andere vertreten die Auffassung, dass die Überstellungsfrist erst ab der negativen gericht-lichen Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz zu laufen beginnt (vgl. VG Augsburg
Wieder andere halten die Überstellungsfrist mit der Stellung des Eilantrags als unterbrochen. Die Unterbrechung endet frühestens mit der negativen gerichtlichen Entscheidung über den Eilantrag (vgl. VG Karlsruhe
Im Zusammenhang mit der Überstellungsfrist ist maßgeblich auf den Rechtsbehelf „Klage“ abzustellen. Dieser hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn diese durch ein Gericht in einem gesonderten Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO angeordnet wurde. Diesem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt nur die Rolle eines inländischen Vollstreckungshindernisses zu. Die Abschiebung darf bis zur gerichtlichen Entscheidung lediglich vorübergehend nicht vollzogen werden. Ein Verbot, die Abschiebung organisatorisch vorzubereiten, besteht hingegen nicht. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO selbst und das diesbezügliche gerichtliche Verfahren entfalten keine aufschiebende Wirkung. Nur die stattgebende gerichtliche Entscheidung vermittelt die aufschiebende Wirkung und hat damit nach Art. 29 Dublin-III-VO Auswirkung auf die Überstellungsfrist. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO und das diesbezügliche gerichtliche Verfahren haben demnach keine Auswirkung auf die Überstellungsfrist. Durch diese wird die Überstellungsfrist folglich weder gehemmt noch unterbrochen. Im Fall einer ablehnenden gerichtlichen Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO verbleibt es somit bei der Grundregel, dass die Überstellungsfrist mit der (fiktiven) Zustimmung zur (Wieder-) Aufnahme des anderen Mitgliedstaats beginnt und deren Lauf und Länge durch das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht berührt werden.
Anhaltspunkte für eine Verlängerung dieser Frist finden sich nicht.
Wird die Überstellung nicht innerhalb dieser Frist ausgeführt, dann ist der zuständige Mitgliedstaat (Ungarn) nicht mehr zur Wiederaufnahme verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat (Deutschland) über (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO).
Da die Überstellung bislang nicht erfolgt ist, ist die Beklagte für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden (vgl. insoweit auch BayVGH
2.
Der Kläger ist durch die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig auch in seinen Rechten beeinträchtigt.
a)
Die Dublin-III-VO begründet grundsätzlich nur subjektive Rechte der Mitgliedstaaten, nicht aber der einzelnen Antragsteller (vgl. Günther, in Beck-OK AuslR, Stand:
Die europäische Regelung zur Bestimmung des für die Durchführung eines „Asylantrags“ zuständigen Mitgliedstaats und die darin genannten Fristen dienen lediglich dem Zweck, zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten Klarheit darüber zu schaffen, welcher von ihnen über den Asylantrag materiell zu entscheiden hat. So hat das VG Regensburg am
Subjektive Rechte des Einzelnen sind aber aus Unionsgrundrechten und darauf beruhend z. B. bei einer unangemessen langen Verfahrensdauer ableitbar (vgl. Günther, in Beck-OK AuslR, Stand:
Zum Schutz der Grundrechte der einzelnen Asylbewerber ist es der Beklagten aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer verwehrt, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der an sich unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforder-lichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (jetzt: Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO) selbst prüfen (EuGH vom 21. Dezember 2011, C-411/10 u. a., Rz. 108). Diese Vorgabe ist auch bei Anwendung der Dublin-III-VO zu beachten, weil die grundrechtliche Belastung, welche durch die unangemessen lange Verfahrensdauer entsteht, sich allein durch das Auswechseln der Rechtsgrundlage für die Zuständigkeitsbe-stimmung nicht verändert hat (vgl. VG Düsseldorf
Anhaltspunkte dafür, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäische Gerichtshof nicht gegeben. In der Rechtsprechung werden verschiedene Ansätze vertreten, deren Wiedergabe den Rahmen dieser Entscheidung sprengen würde.
Ausgangspunkt der Überlegungen des erkennenden Gerichts ist, dass die Dublin-III-VO selbst mehrere Fristenregelungen enthält, welche den Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Dublin-III-VO einen zeitlichen Rahmen setzen. Soweit sich das Verfahren im Rahmen der von der Dublin-III-VO maximal für zulässig erklärten Zeiträume bewegt, kann nicht von einer unangemessen langen Verfahrensdauer gesprochen werden.
Ausgangspunkt ist die Stellung des Antrags auf internationalen Schutz in Deutschland. Auf diesen Antrag stellen die Fristenregelungen der Dublin-III-VO hinsichtlich des Aufnahme-/Wiederaufnahmegesuchs ab.
Ausgehend vom Zeitpunkt der Antragstellung hat ein Mitgliedstaat z. B. für die Prüfung der Kriterien nach Kapitel III und die Prüfung systemischer Schwachstellen nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO maximal drei Monate für die Stellung des Aufnahme-/Wiederaufnahmegesuchs (vgl. Art. 21 Abs. 1 Unterabsatz 1; 23 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 24 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO). Der ersuchte Mitgliedstaat hat dann maximal zwei Monate Zeit, über das Gesuch zu entscheiden (vgl. Art. 22 Abs. 1 Dublin-III-VO für das Aufnahmegesuch). Dass bei einem Wiederaufnahmegesuch die Antwortfrist nach Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-VO deutlich kürzer ist, ist unerheblich, denn abzustellen ist auf die maximal zulässige Frist.
Wird das Gesuch vom ersuchten Mitgliedstaat abgelehnt, dann ist nach Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 1 Dublin-III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen materielle Prüfung zuständig. Auch für diesen ersten (aber als zweiten zu prüfenden) Mitgliedstaat beträgt die maximale Gesamtfrist für Gesuch und Entscheidung über dieses Gesuch fünf Monate.
Mit anderen Worten ergibt sich aus Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO, dass die zeitliche Maximaldauer von Prüfung mit Gesuch und Antwort für zwei Mitgliedstaaten vom Gesetzgeber als angemessen angesehen wird. Diese beträgt demnach zwei Mal fünf Monate, d. h. zehn Monate. Ist die Überstellung in den zweiten Mitgliedstaat möglich, dann wird auch die Dauer der Überstellung von mindestens sechs Monaten noch als angemessen angesehen. Dass der Gesetzgeber diese Zeiträume als angemessen betrachtet, ergibt sich daraus, dass er sie angesichts der Ziele der Dublin-III-VO, eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zu ermöglichen, um den effektiven Zugang zum Schutzverfahren zu gewährleisten und eine zügige Bearbeitung der Schutzanträge nicht zu gefährden (vgl. Erwägungsgrund 5), selbst festgelegt hat. Eine Verfahrensdauer von 16 Monaten (ggf. verlängerbar bei Inhaftierung oder Flucht) ist demnach nicht unangemessen lang (Zu diesem Ergebnis gelangt - ohne Nennung eines konkreten Zeitraums - auch Günther, in Beck-OK AuslR, Stand: 1. Januar 2015, § 27 a AsylVfG, Rz. 39).
Der Kläger hat seinen Asylantrag am
b)
Die Verletzung eines Rechts des Klägers ergibt sich aber aus nationalem Recht.
Nach deutschem Recht beinhaltet der Asylantrag (vgl. § 13 Abs. 2 AsylG) regelmäßig neben dem Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes auch den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter und ist damit von seinem Inhalt umfassender als der Antrag auf internationalen Schutz nach europäischem Recht (vgl. Art. 2 Buchstabe b Dublin-III-VO). Dies steht im konkreten Fall einer Ablehnung des Asylantrags als unzulässig entgegen.
Ungarn ist Mitgliedstaat der EU und damit ein sicherer Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26 a Abs. 2 AsylG. Ein Ausländer, der aus einem derartigen Staat in das Bundesgebiet einreist, kann sich nicht auf das Asylgrundrecht berufen und er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. In diesen Fällen enthält das Asylverfahrensgesetz keine Regelung darüber, dass das Bundesamt hinsichtlich der Anerkennung als Asylberechtigter eine Entscheidung zu treffen hat. Der Gesetzgeber toleriert in diesen Fällen die Nichtentscheidung des Bundesamtes. Nur für den Fall, dass Deutschland z. B. nach der Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, gestattet § 26 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AsylG dem Ausländer eine Berufung auf das Asylgrundrecht. Da die Beklagte aber zwischenzeitlich nach europäischem Recht für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden ist, hat der Kläger ein Recht darauf, dass die Beklagte seinen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG prüft und darüber entscheidet. Da diese Entscheidung bislang nicht erfolgt ist, ist die Ablehnung des Asylantrags gemäß § 27 a AsylG als unzulässig aufzuheben.
III.
Die Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylG ist demnach ebenfalls aufzuheben.
Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung eines Ausländers, der in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylG) abgeschoben werden soll, an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
Die Ablehnung des Asylantrags nach § 27 a AsylG bildet die Grundlage für die Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylG (vgl. BayVGH
IV.
Kosten: §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 26. Jan. 2016 - RO 4 K 15.50476
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Regensburg Urteil, 26. Jan. 2016 - RO 4 K 15.50476 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn
- 1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder - 2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
Gegen Maßnahmen und Entscheidungen nach diesem Gesetz findet kein Widerspruch statt.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
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die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Das Gleiche gilt für den Asylantrag eines Kindes, wenn der Vertreter nach § 14a Abs. 3 auf die Durchführung eines Asylverfahrens verzichtet hatte.
(2) Der Ausländer hat den Folgeantrag persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der er während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet war. Wenn der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hatte, gelten die §§ 47 bis 67 entsprechend. In den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder wenn der Ausländer nachweislich am persönlichen Erscheinen gehindert ist, ist der Folgeantrag schriftlich zu stellen. Der Folgeantrag ist schriftlich bei der Zentrale des Bundesamtes zu stellen, wenn
- 1.
die Außenstelle, die nach Satz 1 zuständig wäre, nicht mehr besteht, - 2.
der Ausländer während des früheren Asylverfahrens nicht verpflichtet war, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
(3) In dem Folgeantrag hat der Ausländer seine Anschrift sowie die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt. Auf Verlangen hat der Ausländer diese Angaben schriftlich zu machen. Von einer Anhörung kann abgesehen werden. § 10 gilt entsprechend.
(4) Liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor, sind die §§ 34, 35 und 36 entsprechend anzuwenden; im Falle der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) ist § 34a entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, so bedarf es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung. Die Abschiebung darf erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden.
(6) Absatz 5 gilt auch, wenn der Ausländer zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen hatte. Im Falle einer unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) kann der Ausländer nach § 57 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes dorthin zurückgeschoben werden, ohne dass es der vorherigen Mitteilung des Bundesamtes bedarf.
(7) War der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt, gilt die letzte räumliche Beschränkung fort, solange keine andere Entscheidung ergeht. Die §§ 59a und 59b gelten entsprechend. In den Fällen der Absätze 5 und 6 ist für ausländerrechtliche Maßnahmen auch die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer aufhält.
(8) Ein Folgeantrag steht der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen, es sei denn, es wird ein weiteres Asylverfahren durchgeführt.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. September 2009 - A 6 K 3484/08 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5. Mai 2014 - A 4 K 1410/14 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
G r ü n d e :
1Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob mit Bekanntgabe des Beschlusses, mit dem der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt worden ist, die sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO neu zu laufen beginnt, da eine Abschiebung wegen der Regelung des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG während der Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens unzulässig war, ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.
3Es kann offen bleiben, ob dies schon deshalb gilt, weil es sich um auslaufendes Recht handelt. Für alle ab dem 1. Januar 2014 gestellten Anträge auf internationalen Schutz sowie Gesuche der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme ist nicht mehr die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (im Folgenden: Dublin II-VO), sondern nach ihrem Artikel 49 Abs. 2 die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) anwendbar.
4Die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage bedarf jedenfalls deshalb nicht der Klärung im Berufungsverfahren, weil sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres – verneinend – beantworten lässt.
5Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO erfolgt die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Entscheidung über den Rechtsbehelf die (rechtskräftige) gerichtliche Entscheidung über die Klage gegen die Überstellungsentscheidung im Hauptsacheverfahren ist.
6Vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 53, und Beschluss vom 8. Mai 2014 – 13 A 827/14.A -, juris, Rn. 5; wie hier etwa auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A -, juris; VG Göttingen, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 B 86/14 -, juris.
7Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung. Dem Rechtsbehelf selbst muss aufschiebende Wirkung zukommen. Dies trifft – auch nach dem Unionsrecht – nur auf einen Rechtsbehelf zu, mit dem über die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung und ihren Bestand (abschließend) entschieden wird. Mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann nicht die Aufhebung der behördlichen Entscheidung, sondern nur die Aussetzung des Vollzugs erreicht werden. Zudem vermag nicht die Antragstellung, sondern nur die stattgebende gerichtliche Entscheidung die aufschiebende Wirkung herbeizuführen, deren Endpunkt die Hauptsacheentscheidung ist.
8Diese Überlegungen werden durch die Systematik der Dublin II-VO bestätigt. Gegenstand des Rechtsbehelfs ist die Entscheidung des Beklagten nach Art. 19 Abs. 1 Dublin II-VO, den Asylantrag nicht zu prüfen und den Antragsteller an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen. Nach Art. 19 Abs. 2 Satz 3 Dublin II-VO kann gegen diese Entscheidung ein Rechtsbehelf eingelegt werden. Dass dies allein die Klage, nicht aber der Antrag auf Aussetzung sein kann, zeigt vor allem Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO. Danach hat der gegen die Überstellungsentscheidung eingelegte Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung, es sei denn, die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders. An diese Vorgaben, die der Sache nach zwischen dem Hauptsache- und dem Aussetzungsverfahren trennen, knüpft der folgende Absatz 3 des Art. 19 Dublin II-VO an, indem er die Frist nur dann erst mit der Entscheidung über den Rechtsbehelf beginnen lässt, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wenn er also – so lässt sich mit Blick auf Absatz 2 präzisieren – im Einzelfall aufgrund einer Entscheidung der Gerichte oder zuständigen Stellen nach Maßgabe des mitgliedstaatlichen Rechts aufschiebende Wirkung hat. Dem entspricht das nationale Recht. Ein Rechtsbehelf, dem aufschiebende Wirkung zukommt, ist nach § 80 Abs. 1 VwGO – neben dem Widerspruch – nur die Klage. Die Klage gegen die Überstellungsentscheidung des Bundesamts hat – unionsrechtskonform – aber nach § 75 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, diese wird gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in der seit dem 6. September 2013 gültigen Fassung im Einzelfall durch das Gericht angeordnet.
9Hielte man den vorläufigen Rechtsschutzantrag für den Rechtsbehelf im Sinne des Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO, führte dies überdies zu dem sinnwidrigen Ergebnis, dass auch bei einer Stattgabe die Überstellungsfrist zu laufen begänne und regelmäßig vor einer Entscheidung in der Hauptsache abliefe. In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass bei Aussetzung der Vollziehung der Überstellung die Frist erst mit der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung im Hauptsachverfahren beginnt.
10Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495; OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2014 - 13 A 827/14.A -, juris (zu § 34a Abs. 2 AsylVfG a.F. und einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO); Nds. OVG, Beschluss vom 2. August 2012 - 4 MC 133/12 -, juris; VGH Bad-Württ., Urteil vom 19. Juni 2012 – A 2 S 1355/11 -, juris.
11Diese systematischen Überlegungen werden durch die Dublin III-VO bestätigt, in deren Art. 27 klar zwischen dem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung und dem Antrag, die Durchführung einer Überstellungsentscheidung auszusetzen, unterschieden wird.
12Hiervon ausgehend führen Sinn und Zweck der Überstellungsfrist, den Mitgliedstaaten Zeit zu geben, um die (technischen) Modalitäten der Durchführung der Überstellung zu regeln, wofür grundsätzlich die vollen sechs Monate zur Verfügung stehen sollen,
13vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495,
14zu keinem anderen Ergebnis. Die Frist berechnet sich in der Regel ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme durch den zuständigen Mitgliedstaat, da ein gegen die Überstellungsentscheidung eingereichter Rechtsbehelf nach Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO keine aufschiebende Wirkung hat. Nur wenn ausnahmsweise aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung im Einzelfall die Vollziehung ausgesetzt ist, ist die Entscheidung über den Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren – also die abschließende gerichtliche Entscheidung darüber, ob die Überstellung in Zukunft erfolgen wird – für den Fristbeginn maßgeblich.
15Hiervon ausgehend kann auch § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG nicht dazu führen, dass die Überstellungsfrist erst oder erneut mit der Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu laufen beginnt.
16So aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. April 2014 - 2 L 55/14.A -, juris, Rn. 21; VG Göttingen, Beschluss vom 28. November 2013 - 2 B 887/13 -, juris, Rn. 7 ff.; VG Hamburg, Beschluss vom 4. Juni 2014 - 10 AE 2414/14 -, juris, Rn. 20 ff.; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, November 2013, § 27a Rn. 227 f.
17Nach dieser Vorschrift ist die Abschiebung bei rechtzeitiger Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Dadurch wird, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht zu einem Rechtsbehelf im Sinne des Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO, der nach der obigen Auslegung allein die Klage ist. Die Anordnung eines Vollziehungshindernisses durch den nationalen Gesetzgeber kann ferner deshalb nicht mit der vorläufigen Aussetzung des Vollzugs der Abschiebungsanordnung durch gerichtlichen Eilbeschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO gleichgesetzt werden, weil dies den unmittelbar geltenden Vorgaben der Dublin II-VO zuwider liefe. Nach Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO steht die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes der Durchführung der Überstellung nicht entgegen, es sei denn, der Rechtsbehelf hat aufgrund einer Entscheidung der Gerichte oder zuständigen Stellen im Einzelfall aufschiebende Wirkung. Verankert ist damit zum einen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, zum anderen das Erfordernis einer gerichtlichen oder behördlichen, konkret-individuellen Anordnung. Dem liegt der Beschleunigungsgedanke zugrunde, der auch Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO ist, wonach die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat der Asylantragstellung übergeht, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Im öffentlichen Interesse soll eine zeitnahe Überstellung erfolgen, im Interesse des Asylbewerbers sein Antrag in angemessener Zeit geprüft werden.
18Dem Einwand der Beklagten, es stünden dann aber in Deutschland aufgrund des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG nicht die vollen sechs Monate für die Organisation der Überstellung zur Verfügung, eine Schlechterstellung als Folge eines zugunsten der Antragsteller geschaffenen gesetzlichen Abschiebungshindernisses sei aber unzulässig, ist nicht zu folgen. Die bloße Hemmung der Vollziehung hindert die zuständige Ausländerbehörde schon nicht, bis zur Entscheidung über den Eilantrag bereits mit der Vorbereitung der weiterhin zulässigen, nur noch nicht durchführbaren Überstellung zu beginnen.
19So auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A -, juris, Rn. 26.
20Abgesehen davon beruht die von der Beklagten bemängelte Verkürzung des sechsmonatigen Zeitraums um die Dauer des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens auf einer Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, die durch die Dublin II-VO nicht vorgegeben ist. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie II) vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) ist § 34a Abs. 2 AsylVfG bereits mit Wirkung vom 6. September 2013 geändert worden, obwohl zu dem Zeitpunkt noch die Dublin II-VO anwendbar war. Die Vorgabe des Art. 27 Abs. 3 lit. c Satz 2 der Dublin III-VO, wonach die Überstellung auszusetzen ist, bis die Entscheidung über den ersten Antrag auf Aussetzung ihrer Durchführung ergangen ist, ist erst ab dem 1. Januar 2014 – und damit auch für eine Vielzahl von Altfällen noch nicht – anwendbar.
21Entgegenstehende Rechtsprechung anderer Obergerichte, die eine bundeseinheitliche Klärung erforderte, ist nicht ersichtlich. Mit dem Hinweis auf abweichende Entscheidungen einzelner erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte wird angesichts des Vorstehenden kein grundsätzlicher Klärungsbedarf aufgezeigt.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
23Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Tenor
I.
Der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Antragsgegnerin eine individuelle Garantie Italiens einzuholen hat, dass die Antragstellerin mit ihrer Familie bei Rückführung nach Italien eine gemeinsame Unterkunft erhält und für die Antragstellerin in Italien bereits rechtzeitig nach der Ankunft die aufgrund der ärztlich bescheinigten Risikoschwangerschaft bei bestehender HIV-Infektion erforderliche medizinische Behandlung zur Verfügung steht.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Der Antrag der Antragstellerin auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin beantragt mit dem am 10.11.2014 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingereichten Antrag,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg
die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Ziffer 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom
Gleichzeitig beantragte sie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten.
Zur Begründung ließ sie im Wesentlichen vortragen:
Die Überstellungsfrist nach Italien sei zwischenzeitlich abgelaufen. Das Übernahmeersuchen sei am 28.2.2014 an Italien gerichtet und nicht beantwortet worden. Damit beginne die Frist mit Ablauf des 28.4.2014. Die Überstellungsfrist sei somit Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung am 28.10.2014 abgelaufen. Daran ändere auch der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vom 30.6.2014 nichts. Nach dem Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen
Außerdem liege bei der Antragstellerin neben der HIV-Erkrankung eine Risikoschwangerschaft vor. Aus medizinischer Sicht bestehe keine Reisefähigkeit. Dies ergebe sich aus den ärztlichen Bescheinigungen des Praxiszentrum ... vom 6.11.2014 und aus der ärztlichen Bescheinigung des Frauenarztes ... vom 10.11.2014.
Außerdem könne die Antragstellerin nach der Entscheidung der Großen Kammer des EGMR vom 4.11.2014 und auch des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - nach Italien nicht rückgeführt werden, sofern für die Rücküberstellung keine individuelle Garantie hinsichtlich des Wohls und der Unterbringung der Familie in Italien vorliege.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Abänderung des Beschlusses
1. Es liegen keine veränderten Umstände vor.
Die sechsmonatige Überstellungsfrist nach § 29 Abs. 1 der Verordnung Nr. 604/2013 (Dublin III) ist noch nicht abgelaufen. Somit ist die Bundesrepublik Deutschland nicht nach Art. 29 Abs. 2 zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der Antragstellerin verpflichtet. Nach Art. 29 Abs. 1 der Dublin-III-VO beginnt die sechsmonatige Überstellungsfrist entweder nach Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 aufschiebende Wirkung hat. Im Gegensatz zu der Dublin-II-VO, auf die sich die Entscheidung des OVG NRW
Der nationale Gesetzgeber ist diesen EG-rechtlichen zwingenden Vorschriften durch die Änderung des § 34 a Abs. 2 AsylVfG nachgekommen. Seit dem 6.9.2013 kann auch für nach § 34a Abs. 1 AsylVfG angeordnete Abschiebungen ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe gestellt werden. Nach § 34 a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ist die Abschiebung bei rechtzeitigen Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Damit ist die Überstellung bei rechtzeitiger Antragstellung automatisch ausgesetzt im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Buchst. b) der Dublin-III-VO. Diese Aussetzung dauert nach Art. 27 Abs. 3 Buchst. c) Satz 3, bis die Entscheidung über den ersten Antrag auf Aussetzung ergangen ist. Unter „Entscheidung über den ersten Antrag auf Aussetzung“ ist die Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO über die Aussetzung der Überstellung zu verstehen. Bei einer negativen Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO läuft somit die Überstellungsfrist nicht mit der Annahme der Aufnahme des ersuchten Mitgliedstaates, sondern erst mit der Entscheidung des Gerichts über den ersten Antrag auf Aussetzung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Damit lief im vorliegenden Fall die Überstellungsfrist erst mit Zustellung des Beschlusses
2. Durch die von der Antragstellerseite angeführten Entscheidungen des EGMR vom 4.11.2014 und auch des Bundesverfassungsgerichts vom 17.9.2014 ist keine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten. Bereits im Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg
3. Das Gericht hat im Beschluss vom 30.6.2014 bereits ausgeführt, dass in Italien die medizinische Versorgung auch für eine HIV-Erkrankung vorhanden ist. Auf die dortigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.
Die nun neu im Verfahren vorgebrachte Risikoschwangerschaft der Antragstellerin wegen der bestehenden HIV-Infektion begründet noch kein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Aus den ärztlichen Bescheinigungen ergibt sich lediglich, dass bei der Antragstellerin eine Risikoschwangerschaft wegen der HIV-Infektion besteht. In beiden ärztlichen Bescheinigungen wird aber nicht dargelegt, warum die Antragstellerin, die sich erst in der 7. plus 1 Schwangerschaftswoche befindet, nicht reisefähig ist. Nur ein Attest, das die Reiseunfähigkeit nachvollziehbar darlegt, ist zur Glaubhaftmachung eines Abschiebungshindernisses geeignet. Erforderlich ist, wie bereits im Ausgangsbeschluss ausgeführt, eine konkrete Äußerung zur Frage der Transportunfähigkeit bzw. dazu, ob sich der Gesundheitszustand durch eine Ausreise oder Abschiebung als unmittelbare Folge davon wesentlich verschlechtern wird oder ob sich daraus ggf. eine Suizidgefahr ergibt. Warum die Antragstellerin nicht reisefähig sein soll, ergibt sich aus diesen ärztlichen Bescheinigungen aber nicht. Zwar gilt eine Schwangerschaft einer HIV infizierten Frau als Risikoschwangerschaft. Damit soll eine regelmäßige und engmaschige Schwangerschaftsvorsorge bei HIV-infizierten Frauen sichergestellt werden. Nach dem Berufsverband der Frauenärzte e.V. empfiehlt sich, einen Frauenarzt alle zwei Wochen aufzusuchen (so www.frauenärzte-netz.de). Ein Transport nach Italien erfordert aber in der Regel nur wenige Stunden. Somit kann eine regelmäßige Schwangerschaftsvorsorge auch bei Rückführung nach Italien erfolgen. Eine ausreichende medizinische Versorgung der Antragstellerin in Italien ist jedenfalls dann gesichert, wenn die deutschen Behörden schon im Vorfeld der Überstellung Kontakt mit den italienischen Behörden aufnehmen und diese über die individuellen Bedürfnisse der Antragstellerin informieren und von den italienischen Behörden zugesichert wird, dass für die Antragstellerin in Italien bereits rechtzeitig nach der Ankunft die erforderliche medizinische Behandlung zur Verfügung steht. Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 Rn.10 u.14 - erfolgt die Antragsablehnung nun mit der tenorierten Maßgabe.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Abänderungsverfahrens zu tragen. Die Kostenentscheidung des Ausgangsverfahrens bleibt im Abänderungsverfahren ohnehin unberührt.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Beiziehung des Prozessbevollmächtigten war ebenfalls abzulehnen, da keine hinreichenden Erfolgsaussichten bestehen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2014 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
1
Tatbestand:
2Die am 00. September 1983 geborene Klägerin zu 1. und ihre am 30. November 2009 geborene Tochter (Klägerin zu 2.) sind mongolische Staatsangehörige. Sie reisten am 25. Februar 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 27. Februar 2013 einen Asylantrag. Nach einem Abgleich der Fingerabdrücke der Klägerin zu 1. richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 11. Dezember 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-Verordnung an die Niederlande. Die niederländischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 24. April 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchstabe c Dublin II-Verordnung.
3Das Bundesamt entschied mit Bescheid vom 2. Juli 2014, dass die Asylanträge der Klägerinnen unzulässig sind und ordnete deren Abschiebung in die Niederlande an. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die Asylanträge seien gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da die Niederlande aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c Dublin II-Verordnung für die Entscheidung der Asylanträge zuständig seien. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. Es lägen auch keine Gründe zur Annahme von systemischen Mängeln im Asylverfahren der Niederlande vor. Die Asylanträge würden deshalb in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell geprüft. Die Abschiebungsanordnung in die Niederlande beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
4Die Klägerinnen haben am 10. Juli 2014 die vorliegende Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt (8 L 1581/14.A).
5Das Gericht ordnete mit Beschluss vom 24. Juli 2014 die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2014 an.
6Die Klägerinnen beantragen schriftsätzlich sinngemäß,
7den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2014 aufzuheben und
8die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren fortzuführen.
9Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Die Frist zur Überstellung der Klägerinnen in die Niederlande gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Dublin II-Verordnung sei am 28. Juni 2014 abgelaufen. Allerdings stelle sich der Asylantrag vor diesem Hintergrund als Zweitantrag im Sinne von § 71a AsylVfG dar. Dessen Voraussetzungen lägen indes nicht vor.
12Unabhängig davon fehle für eine Aufhebung von Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides das Rechtsschutzbedürfnis. Die Voraussetzung für eine Umdeutung in einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt lägen vor.
13Die Weiterreise der Klägerinnen nach Deutschland sei zudem als Beendigung des ersten Asylverfahrens in dem anderen Mitgliedstaat zu verstehen. Der Antrag auf internationalen Schutz könne zulässigerweise immer nur in einem Mitgliedstaat geprüft werden.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte, der Gerichtsakte 8 L 1581/14.A sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Das Gericht kann durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren durch Beschluss der Kammer vom 22. September 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylVfG). Die Entscheidung kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 2 VwGO).
17Die auf Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2014 gerichtete Klage ist zulässig (I.) und begründet (III.). Die Klage hinsichtlich der darüber hinaus begehrten Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens ist hingegen unzulässig (II.).
18I. Die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2014 ist als (isolierte) Anfechtungsklage statthaft. Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags ist § 27a AsylVfG, wonach ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen ist, wenn die Zuständigkeit eines anderen Staates aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens vorliegt. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 27a und 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne des § 35 VwVfG dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen (§§ 31, 24 AsylVfG). Das Bundesamt hat sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der - einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorrangigen - Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens der Klägerinnen zuständig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
19Vgl. aus der aktuellen Rechtsprechung OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –; Bayerischer VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 – 13a B 13.30295 –; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 – 3 L 643/12 –; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2013 – 17 K 503/14.A –; jeweils juris.
20II. Die Klage ist hingegen unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird. Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass den Klägerinnen ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde. Dies ist jedoch nicht erkennbar.
21Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –; jeweils juris.
22III. Die zulässige Klage auf Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2014 ist auch begründet.
23Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2014 ist zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG) rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24Das Bundesamt hat den Asylantrag zu Unrecht gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt, weshalb sich auch die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung in die Niederlande als rechtswidrig erweist.
25Vorliegend sind nicht (mehr) die Niederlande, sondern ist (inzwischen) die Bundesrepublik Deutschland zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
26Eine Zuständigkeit der Niederlande besteht indes nicht (mehr). Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese findet auf den Asylantrag der Klägerinnen Anwendung, obwohl gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO) bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Denn gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO anwendbar für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Anderes gilt allenfalls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO).
27Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. April 2014 – 13 L 415/14.A –, juris.
28Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Das Übernahmeersuchen wurde am 13. Dezember 2013 an die Niederlande gestellt.
29Einer Überstellung in die Niederlande steht – auch nach Ansicht der Beklagten – schon entgegen, dass die Frist zur Überstellung gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO bereits abgelaufen ist.
30Unabhängig davon steht der Überstellung an die Niederlande und damit deren Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens entgegen, dass seit der Stellung des Asylantrags am 27. Februar 2013 bis zur Stellung des Übernahmeersuchens an die Niederlande am 13. Dezember 2013 nahezu zehn Monate vergangen sind. Fristvorgaben enthält die Dublin II-VO insoweit zwar allein für Aufnahmeersuchen (Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO), also Ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige Asylantrag von einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde. Wird nach der Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat - vorliegend ausweislich der Eurodac-Treffer und der eigenen Angaben der Klägerin zu 1. in der Anhörung beim Bundesamt am 20. März 2013 in den Niederlanden - ein weiterer Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und ersucht die Beklagte daraufhin den Staat der ersten Asylantragstellung um Übernahme des Asylbewerbers, handelt es sich um ein Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO, das nicht der Fristregelung des Art. 17 Dublin II-VO unterfällt.
31Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. April 2014 – 13 L 415/14.A –; VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 - 17 L 150/13.A -; VG Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 - RN 5 S 13.30273 -; VG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 - 33 L 403.13 A -; jeweils juris.
32Es liegt aber ein Fall vor, in dem es der Beklagten zum Schutz der Grundrechte der Klägerinnen aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer verwehrt ist, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen.
33EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris.
34Diese Vorgabe ist nach Auffassung des Gerichts auch bei Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO zu beachten, auch wenn sich der Europäische Gerichtshof im konkreten Verfahren allein auf ein Aufnahmeersuchen nach Erstantragstellung im unzuständigen Mitgliedstaat bezog. Denn die grundrechtliche Belastung, welche durch die unangemessen lange Verfahrensdauer entsteht, dürfte in beiden Fällen vergleichbar sein.
35Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. April 2014 – 13 L 415/14.A –, juris; VG Göttingen, Beschluss vom 11. Oktober 2013 - 2 B 806/13 -, juris; A.A. VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 33 L 450.13 A -, juris.
36Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäische Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Art. 17 Dublin II-VO für Aufnahmeersuchen und nunmehr auch Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO für Wiederaufnahmeersuchen eine regelmäßige Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom Europäischen Gerichtshof angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Abs. 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Art. 17 Dublin II-VO von drei Monaten zuzüglich der durch § 24 Abs. 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von neun Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann.
37Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. April 2014 – 13 L 415/14.A –; VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. März 2014 – 17 L 174/14.A –; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 22. Mai 2014 – 5a K 5709/13.A –; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. März 2014 - 6a L 297/14.A -; VG Köln, Urteil vom 6. März 2014 - 20 K 4905/13.A -; jeweils juris.
38Hier sind zwischen der Stellung des Asylantrags und der Stellung des Übernahmeersuchens durch die Beklagte fast zehn Monate vergangen. Es sind auch keine Umstände erkennbar, die diese ungewöhnlich lange, nach der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Grundrechte der Klägerinnen verletzende Verfahrensdauer im Einzelfall rechtfertigen könnte. Die Beklagte ist daher verpflichtet, nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO den Asylantrag der Klägerinnen selbst zu prüfen.
39Die Erwägungen der Beklagten führen zu keinem anderen Ergebnis:
40Soweit die Beklagte vorträgt, es handele sich vorliegend um einen Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG, ist der angefochtene Bescheid gleichwohl aufzuheben. Nach § 71a Abs. 1 Halbsatz 1 AsylVfG gilt: Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dürften erfüllt sein. Die Bundesrepublik Deutschland ist nach den obigen Darlegungen auch für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Hiernach muss die Beklagte noch prüfen, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Dies ist bislang nicht geschehen. Nach Abschluss dieser Prüfung wird die Beklagte hierüber einen rechtsmittelfähigen Bescheid erlassen müssen. Ein solcher Bescheid wäre grundverschieden vom hier angefochtenen Bescheid, so dass eine Umdeutung oder ähnliches nicht in Betracht kommen.
41Soweit das Bundesamt auf eine neuere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
42- Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, juris -
43Bezug nimmt, wonach es bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt sei, weil ein gleichwohl gestellter Antrag unzulässig sei, ist der Bezug zum vorliegenden Fall nicht erkennbar. Die Klägerinnen sind weder als Flüchtlinge anerkannt noch wurde ihnen subsidiärer Schutz gewährt. Vielmehr wurde ihr Asylantrag in den Niederlanden (bestandskräftig) abgelehnt. Es kommt mithin auch nicht zu parallelen Asylverfahren in verschiedenen Mitgliedstaaten.
44Liegen die Voraussetzungen des § 27a AsylVfG demnach nicht vor, ist die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung ebenfalls rechtswidrig.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Sätze 1 und 3, § 83 b AsylVfG.
46Dem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit liegt § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO zugrunde.
(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Mit jedem Asylantrag wird die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Der Ausländer kann den Asylantrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränken. Er ist über die Folgen einer Beschränkung des Antrags zu belehren. § 24 Absatz 2 bleibt unberührt.
(3) Ein Ausländer, der nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, hat an der Grenze um Asyl nachzusuchen (§ 18). Im Falle der unerlaubten Einreise hat er sich unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung zu melden (§ 22) oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachzusuchen (§ 19). Der nachfolgende Asylantrag ist unverzüglich zu stellen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.