Verwaltungsgericht Regensburg Gerichtsbescheid, 07. Feb. 2019 - RO 5 K 17.1019

bei uns veröffentlicht am07.02.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom 29.9.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.5.2017 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, die von dem Kläger mit Antrag vom 26.7.2016 beantragte Förderung zu bewilligen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Der Gerichtsbescheid ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Förderung von Varroosebehandlungsmitteln i.H.v. 768,94 Euro für das Jahr 2016.

Der Kläger stellte vertreten durch den 1. Vorstand am 26.07.2016 einen Antrag auf Förderung von Varroosebehandlungsmitteln für das Jahr 2016. Durch Bescheid der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) vom 29.09.2016, Az. AFR 3 7407.7 BIV 2016, wurde der Antrag abgelehnt. Die Ablehnung stützt die LfL auf Punkt 7.8 der „Richtlinie zur Förderung der Bienenhaltung, insbesondere zur Verbesserung der Erzeugungs- und Vermarktungsbedingungen für Bienenzuchterzeugnisse“ vom 13.09.2013. Nach dieser Regelung ist im Falle falscher Angaben, die vorsätzlich oder grob fahrlässig gemacht wurden, eine Beihilfegewährung für das folgende Jahr ausgeschlossen.

Mit Antrag vom 27.08.2014 hat der Kläger eine Förderung von Varroosebehandlungsmitteln für das Jahr 2014 beantragt (insgesamt 355 Varroosebehandlungsmittel). Mit Antragstellung wurde eine Rechnung des Landratsamts … (Veterinäramt) vom 21.07.2014 eingereicht. In der Rechnung wurden 355 Varroosebehandlungsmittel abgerechnet.

Mit dem Antrag versicherte der Kläger, die Listen, mit denen die Ausgabe der Mittel an die einzelnen Imker nachgewiesen wurden, auf Vollständigkeit überprüft zu haben.

Die LfL entsprach dem Antrag vollumfänglich und gewährte durch Bescheid vom 02.10.2014 eine Zuwendung in Höhe von 725,08 Euro.

Bei einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Abwicklung der Förderung (Vor-Ort-Kontrolle) am 14.04.2015 wurde jedoch festgestellt, dass bei 35 der beantragten Varroosebehandlungsmitteln nicht nachgewiesen werden konnte, dass sie ordnungsgemäß an Landkreisimker des Kreisverbandes … verteilt wurden. Die 35 betroffenen Mittel befanden sich nicht in den Mittelausgabelisten, auf der nur 320 Behandlungsmittel beim Ortstermin gezählt wurden. Zudem enthielten die Mittelausgabelisten für die Imker des Landkreises … auch Namen von Imkern, die in der Stadt … ansässig sind.

Daraufhin hob die Landesanstalt für Landwirtschaft mit Bescheid vom 9.11.2015 den Zuwendungsbescheid vom 2.10.2014 teilweise auf und forderte einen Betrag von 173,17 € zurück. Die Rücknahme erfolge, da gemäß den „Ausgabelisten über die Mittelverteilung“ weniger Behandlungsmittel an Imker im Landkreis … abgegeben als beantragt und im Bescheid vom 2.10.2014 bewilligt worden seien. Auf den Inhalt des Bescheides wird im einzelnen Bezug genommen. Im dagegen erhobenen Widerspruchsverfahren trug der Kreisvorsitzende der Imker des Landkreises … im Schreiben vom 9.3.2016 unter anderem vor, dass er der Prüfungskommission die besagte Liste in Form einer Kopie vorgelegt habe. Das Original der Liste sei nicht mehr auffindbar gewesen. Es würden auch die Veterinärämter die Ausgabelisten führen, in der jeder Imker bei Abholung den Empfang der Arzneimittel bestätigen müsse. Wenn man hierzu Akteneinsicht von Seiten der Landesanstalt nehmen würde, könnte man dadurch den Sachverhalt aufklären. Es gehe ja nur darum einen Nachweis zu finden, dass der Imker tatsächlich die bestellten Medikamente bekommen habe. Zudem sei die Förderpraxis von 2010-2013 so gewesen, dass sowohl die Originale der Förderantragslisten als auch die Rechnungen der Stadt und des Landkreises … vorgelegt werden mussten. Im Jahr 2014 änderte sich dies dahingehend, dass die Landesanstalt nur mehr die Rechnungen der Stadt und des Landkreises vorgelegt haben wollte. Diese zahlte dann die Förderung anhand der vorgenannten Rechnungen aus. Er habe die Beträge dann anhand der Förderkosten berechnet und an die Vereine weiter berechnet. Den „Rechenfehler“ des Landkreises … habe er als Vertreter des Kreisverbandes nicht zu vertreten. Zudem sei ihm zwischenzeitlich bekannt geworden, dass das Landratsamt … die Fehlbestände im darauf folgenden Jahr korrigiere und berechne. Der dazu ergangene Widerspruchsbescheid der Landesanstalt vom 25.7.2016 wurde bestandskräftig. Das von der Landesanstalt eingeleitete Strafverfahren wegen Subventionsbetrug hat die Staatsanwaltschaft … nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.

Am 30.08.2015 stellte der Kläger einen Antrag auf Förderung von Varroosebehandlungsmitteln für das Jahr 2015. Dem Antrag entsprechend wurden dem Kläger mit Bescheid der LfL vom 30.09.2015 eine Förderung in Höhe von 638,67 Euro gewährt. Dieser Bescheid ist bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 26.10.2016 legte der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid der LfL vom 29.09.2016 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 14.12.2016 wurde der Widerspruch näher begründet.

Mit Schreiben vom 03.04.2017 wurde der Kläger von der Widerspruchsbehörde angehört. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2017 zurückgewiesen. Dieser wurde dem Kläger am 20.05.17 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 19.06.2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg.

Der Kläger ist der Ansicht, sein 1. Vorstand habe nicht grob fahrlässig falsche Angaben i.S.v. Punkt 7.8 der „Richtlinie zur Förderung der Bienenhaltung, insbesondere zur Verbesserung der Erzeugungs- und Vermarktungsbedingungen für Bienenzuchterzeugnisse“ vom 13.09.2013 gemacht.

Der Förderantrag habe sich auf die tatsächlich ausgegebenen bzw. abgeholten Varroosebehandlungsmittel bezogen.

Er habe wie in den Vorjahren vor der Antragstellung bei der LfL die Listen der benötigten Varroosebehandlungsmittel von den einzelnen Vereinen erhalten. Diese Listen habe er an die Veterinärämter der Stadt und des Landkreises … weitergegeben. Aufgrund dieser Listen würden zum einen die Mittelausgabelisten erstellt, zum anderen würden sie der Bestellung und Rechnungslegung durch den Landkreis dienen. Da zuvor die Bestelllisten bzw. Ausgabelisten noch nie von den Rechnungen des Landkreises abgewichen seien, konnte er die Angaben der Ausgabelisten seinem Förderantrag bei der LfL zugrunde legen.

Zudem sei der für die Ablehnung herangezogene Punkt 7.8 der Richtlinie im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da die vom Beklagten ins Feld geführten Vorgänge das Jahr 2014, also das Vor-Vorjahr und nicht das Vorjahr betreffen.

Der Kläger beantragt,

den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 29.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.05.2017 aufzuheben und dem Antrag des Klägers vom 26.07.2016 auf Förderung von 355 Varroosebehandlungsmitteln stattzugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, es liegen grob fahrlässige falsche Angaben i.S.v. Punkt 7.8 der Richtlinie vor, da der 1. Vorstand des Klägers versicherte, die Ausgabelisten geprüft zu haben, die Liste jedoch weniger Mittel enthielt, als beantragt wurden.

Zudem sei ausschlaggebender Bezugspunkt im Sinne von Punkt 7.8 der Zeitpunkt der Feststellung der falschen Angaben im Rahmen von Verwaltungs-, Vor-Ort- oder Ex-Post-Kontrollen. Diese können entsprechend ihrer Natur auch mehrere Jahre nach dem Zeitpunkt der Beantragung bzw. Bewilligung stattfinden. Diese Auslegung entspreche auch der allgemeinen Verwaltungspraxis der LfL.

Das Gericht hat die Parteien darauf hingewiesen, die Differenz von 35 Ausgabemittel könnte ihren Ursprung darin haben, dass am Tag der Ausgabe der Mittel nicht alle Imker anwesend waren, sich demzufolge nicht in die Abholliste eintragen konnten und dann wohl persönlich ihre Mittel beim Veterinäramt abgeholt haben und es eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid in Betracht zieht und Gelegenheit gegeben dazu und in der Sache bis 15.10.2017 Stellung zu nehmen. Das Gericht hat die Parteien weiter darauf hingewiesen, dass es möglicherweise für die Verwaltungssanktion an einer normativen Rechtsgrundlage mangele und auch das Vorliegen von grober Fahrlässigkeit nicht zweifelsfrei ist. Dazu nahmen dann die Parteien mit Schriftsätzen vom 14.11.2018, 10.12.2018, 28.1.2019 und 30.1.2019 Stellung.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte nach Anhörung der Parteien ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 VwGO erfüllt sind.

A.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Statthafte Klage ist eine Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage. Die Ablehnung des Antrags des Klägers vom 26.7.2016 auf Förderung durch den Bescheid des Beklagten vom 29.9.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.5.2017 ist rechtswidrig und war deshalb aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, die von dem Kläger mit Antrag vom 26.7.2016 beantragte Förderung zu bewilligen.

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig.

1. Der angefochtene Bescheid kann sich nicht auf Punkt 7.8 der Richtlinie zur Förderung der Bienenhaltung stützen. Die Richtlinie hat nicht den notwendigen normativen Charakter für eine Verwaltungssanktion wie in Punkt 7.8 der Richtlinie vorgesehen. Als Rechtsgrundlage bedarf es eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung. Diese liegt aber nicht vor. Die Beihilfen im Bienenzuchtsektor insbesondere für die Bienenkrankheiten sind in Art. 55 ff der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 geregelt. Nach Art. 1 und 2 dieser Verordnung gelten die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 auch für den Bienenzuchtsektor. Art. 63 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 sieht zwar vor, dass die Mitgliedstaaten gemäß den in den Artikeln 64 und 67 dieser Verordnung festgelegten Vorschriften auch Verwaltungssanktionen verhängen können. In Deutschland müssen aber diese Verwaltungssanktionen wegen des Eingriffs in Freiheitsrechte eine normative Rechtsgrundlage haben. Normative Rechtsgrundlagen liegen aber nur für die Rücknahme und den Widerruf vor, nicht aber für die Verwaltungssanktionen, dass eine Förderung für das Folgejahr abgelehnt wird. Hierfür reicht eine Richtlinie nicht aus.

2. Unabhängig davon liegen aber auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Versagung der Förderung gemäß Punkt 7.8 der „Richtlinie zur Förderung der Bienenhaltung, insbesondere zur Verbesserung der Erzeugungs- und Vermarktungsbedingungen für Bienenzuchterzeugnisse“ vom 13.09.2013 nicht vor.

Die Rechtsfolge der Richtlinie besagt, dass im Fall falscher Angaben, die vorsätzlich oder fahrlässig gemacht wurden, der Zuwendungsempfänger im folgenden Jahr von der Beihilfegewährung ausgeschlossen wird. Gemäß Punkt 7.8 der Richtlinie wird der Zuwendungsempfänger als Rechtsfolge im folgenden Jahr von der Beihilfegewährung ausgeschlossen. Zeitlicher Bezugspunkt hierfür ist das Jahr der Feststellung des Vorliegens falscher Angaben durch die Behörde. Es kommt also darauf an, in welchem Zeitpunkt die Behörde Kenntnis von der Unrichtigkeit der Angaben im Förderantrag erlangt und nicht auf den Zeitpunkt des Antrages mit den falschen Angaben.

Der Wortlaut der Richtlinie ist nicht eindeutig. Er lässt sprachlogisch sowohl die Interpretation zu, dass es auf den Zeitpunkt des „Machens der falschen Angaben“ als auch, dass es auf den Zeitpunkt der „Kenntniserlangung von der Unrichtigkeit der Angaben“ ankommt.

Für letztere Auslegung sprechen in erster Linie Praktikabilitätserwägungen, eine gleichmäßige Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie gegenüber allen Adressaten und eine Auslegung der Richtlinie im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG.

a) Es ist aber bereits nicht nachgewiesen, dass der Kläger tatsächlich weniger Behandlungsmittel als gefördert wurden, abgenommen hat. Zwar wurden bei dem Vor -Ort -Termin laut Kontrollbericht 2013 nur 300 Behandlungsmittel gezählt, aber der Kläger hat im Schriftsatz vom 14.11.2018 substantiiert durch Vorlage der Mittelausgabelisten dargelegt, dass sich die mengenmäßigen Bestellungen und die mengenmäßigen Ausgaben der Behandlungsmittel 2014 zahlenmäßig decken. Der Beklagte bestreitet dies zwar im Schriftsatz vom 10.12.2018 und begründet dies damit, dass die vorgelegten Ausgabelistenkopien nicht die erforderliche Beweiskraft hätten, da nach Punkt 6 des Merkblatts zur Abwicklung der Bienenförderung 2014 insbesondere die Originalmittelausgabelisten bis zum 30.12.2019 für Prüfungen aufzubewahren sind. Diese Frage braucht aber nicht mehr näher vertieft und aufgeklärt zu werden, da der bestandskräftige Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 2.10.2014 Tatbestandswirkung hat und zudem jedenfalls keine grob fahrlässigen Angaben vorliegen.

b) Der Vorstand des Klägers hat beim Antrag auf Förderung im August 2014 nicht grob fahrlässig falsche Angaben gemacht.

Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils - und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen(vgl. dazu BSG vom 08.02.2001 Az. B 11 AL 21/ 00 R, Rn. 23, juris). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist mit dem Begriff der groben Fahrlässigkeit, wie in zahlreichen Rechtsordnungen und so auch in der deutschen, eine qualifizierte Verletzung von Sorgfaltspflichten gemeint(so BVerwG vom 03.09.2012 - 3 B 9/12 - Rn.14, juris). Der BGH verlangt für den leichtfertigen Subventionsbetrug eine besondere Gleichgültigkeit oder grobe Unachtsamkeit. Die Tathandlung beim Subventionsbetrug nach § 264 Abs. 1 Nr.3 i.V.m. Abs. 4 StGB besteht darin, dass der Täter die Subventionsbehörde leichtfertig in Unkenntnis über subventionserhebliche Tatsachen lässt. Maßgeblich ist deshalb, dass er nach seinen individuellen Fähigkeiten die an sich gebotene Handlung ohne weiteres hätte erkennen können. Leichtfertig in diesem Zusammenhang muss in einer groben Verkennung der Umstände liegen, die eine Unterrichtung der Subventionsbehörde geboten hätten (vgl. BGH vom 24.01.2006 - 1 StR 357/05 u. BGH vom 13.12.2012 - 5 St5 StR 542/12, Rn. 6, juris).

Ein solch qualifizierter Verstoß, den man als besondere Gleichgültigkeit oder grobe Unachtsamkeit ansehen könnte oder bei dem der Vorstand des Klägers bei der Antragstellung einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat und nicht beachtet hätte, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsste, kann dem Vorstand des Klägers aber keinesfalls vorgeworfen werden. Nach Punkt 6 des Merkblatts zur Abwicklung der Bienenförderung 2014 musste der Kläger die dort aufgeführten Anlagen zur Berechnung der Zuschüsse vorlegen, unter anderem „Rechnung des Veterinäramtes über die abgegebenen Mittel mit Angabe der abgegebenen Arzneimittelmengen.“

Bei der Antragstellung wurde die Rechnung des Landratsamts vom 21.07.2014 über 355 Varroosebehandlungsmittel eingereicht. Der Wortlaut der Rechnung lautet: „Die ihnen angeschlossenen Bienenzuchtvereine haben durch das Veterinäramt die erforderlichen Medikamente erhalten. Hierfür haben sie innerhalb eines Monats nach Erhalt dieser Rechnung … den Rechnungsbetrag zu entrichten“. Wenn in dieser Rechnung bestätigt wird, dass die ihnen angeschlossenen Bienenzuchtvereine durch das Veterinäramt die erforderlichen Medikamente erhalten haben, konnte sich auch der Vorstand des Klägers darauf verlassen, dass dies auch so ist. Denn nach dem von dem Beklagten vorgegebenen Ausgabesystem der Medikamente wurden die Medikamente ja durch das Veterinäramt ausgegeben und vom Veterinäramt auch die Ausgabeliste geführt. Der Vorstand des Klägers durfte deshalb darauf vertrauen, dass ihn entweder das Landratsamt oder das Veterinäramt informiert, wenn bestellte Medikamente nicht abgeholt worden sind. Dies war aber nicht der Fall. Deshalb musste der Vorstand des Klägers jedenfalls damals bei der Antragstellung nicht auch noch die Ausgabeliste überprüfen, auch wenn Punkt 6 des Merkblattes vorsieht, dass die Ausgabelisten beim Kreisverband verbleiben. Bei der Ausgabe der Behandlungsmittel hat die Verantwortung über die Ausgabeliste und der ausgegebenen Medikamente das Veterinäramt. Das Veterinäramt hat dann die Verantwortung, dass dann die Ausgabeliste an den Kreisverband übersandt wird, der diese Ausgabeliste dann nach Punkt 6 des Merkblattes aufzubewahren hat. Wenn im Antragsformular vom Kläger die Versicherung verlangt wird, dass die Ausgabelisten auf Vollständigkeit überprüft wurden und diese vollständig seien, geht dies an der von dem Beklagten eingeführten Vollzugspraxis vorbei, bei der zu Recht die fachkundige Behörde mit der Ausgabe der Medikamente betraut ist und die dann auch die Kontrollliste führt. Hinzuweisen ist auch darauf, dass im Antragsformular die Vorlage der Ausgabeliste als Anlage nicht verlangt wird. Der Kläger durfte deshalb davon ausgehen, dass nur die im Antragsformular vorgesehenen Anlagen für den Förderantrag maßgebend sind. Der Kläger darf darauf vertrauen, dass eine Fachbehörde nach den für die Leistung erheblichen Tatsachen fragt. Dies gilt auch, soweit Kläger über ihre Rechte und Pflichten durch Merkblätter aufgeklärt werden, die abstrakte Erläuterungen über Voraussetzungen von Ansprüchen und deren Bemessung enthalten. Andernfalls würde Begünstigten durch Merkblätter das Risiko für die sachgerechte Berücksichtigung von eindeutigen Tatsachen durch eine Fachbehörde aufgebürdet (vgl. BSG vom 08.02.2001, a.a.O. Rn. 25, juris). Wenn im Förderantrag nur die Vorlage der Rechnungen, nicht aber die Vorlage der Ausgabeliste verlangt wird, kann die Bewilligungsbehörde dem Kläger nicht den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit machen, dass er die Ausgabeliste nicht überprüft hat, ob die Medikamente vollständig ausgegeben wurden. Wie oben bereits ausgeführt hat die Vollständigkeit der Ausgabe der Medikamente das Veterinäramt zu überprüfen, das die Medikamente auch bestellt. Darauf durfte sich der Kläger auch verlassen. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Klägervertreters im Schriftsatz vom 30.1.2019 Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.

B.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 84


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Strafprozeßordnung - StPO | § 153 Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit


(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein

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Gründe I. 1 Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft zweier Landwirte, begehrt die Gewä

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(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Gründe

I.

1

Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft zweier Landwirte, begehrt die Gewährung von Rinderprämien für das Jahr 2004 und wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung eines Vorschusses und gegen dessen Rückforderung.

2

Der Geschäftsführer der Klägerin stellte im Jahr 2004 fünf Anträge auf Bewilligung von Schlacht- und Sonderprämien für männliche Rinder, die sich auf 132 Tiere bezogen. In einem am 15. Juli 2004 eingereichten Antrag beantragte er Prämien für zwei weibliche Tiere, mit Antrag vom 22. Dezember 2004 für 58 Tiere, wobei er in der Tierliste für insgesamt 25 Tiere als Vermarktungsform Schlachtung im Inland ("IN") angab. Tatsächlich wurden diese Tiere in ein Drittland ausgeführt ("DL"). Die Prämie für ein weiteres Tier wurde vier Tage vor Ausfuhr in ein Drittland beantragt. Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Rinderprämien für das Jahr 2004 ab, weil bei insgesamt 28 Tieren prämienrelevante Fehler festzustellen seien. Zugleich hob sie die Bewilligung eines Vorschusses auf und forderte den ausbezahlten Betrag zurück.

3

Die hiergegen erhobene Klage hatte im Umfang ihres nach teilweiser Rücknahme aufrechterhaltenen Antrags Erfolg. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Prämienanspruch stehe die fehlerhafte Bezeichnung der Vermarktungsform nicht entgegen, weil der Klägerin insoweit ein offensichtlicher Irrtum unterlaufen sei. Sie habe in gutem Glauben gehandelt; die fehlerhafte Angabe der Vermarktungsform habe ihr keinen Vorteil bringen können, da sie in beiden Fällen Anspruch auf die beantragten Prämien gehabt habe. Dass der Antrag für ein Tier zu früh gestellt worden sei, sei unerheblich, weil die Klägerin im Zuge der Rücknahme ihres Beihilfeantrags für ein anderes Tier noch innerhalb der Antragsfrist schlüssig dokumentiert habe, dass sie ihren Antrag im Übrigen aufrechterhalte beziehungsweise insgesamt neu stelle. Unter Berücksichtigung der danach prämienfähigen Tiere und der unstreitig vorzunehmenden Kürzungen ergebe sich die Verpflichtung der Beklagten, Rinderprämien in der beantragten Höhe zu bewilligen.

4

Auf die Berufung der Beklagten hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht angenommen, der Prämienantrag sei einer Berichtigung zugänglich. Weder liege ein Irrtum im Sinne des Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 vor noch wäre ein solcher Irrtum offensichtlich. Aufgrund der festzustellenden Unregelmäßigkeiten sei die Klägerin für den Prämienzeitraum 2004 von der Beihilfe ausgeschlossen.

5

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts rügt die Klägerin eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und beruft sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

II.

6

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die gerügte Divergenz ist nicht erkennbar, weil das Urteil des Oberverwaltungsgerichts mit einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz nicht von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts abweicht (1.). Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu; denn die sinngemäß aufgeworfenen Rechtsfragen stellen sich in dem vorliegenden Verfahren nicht in klärungsfähiger Weise oder bedürfen nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren (2.).

7

1. Die Klägerin ist der Auffassung, das angegriffene Urteil weiche von dem Urteil des Senats vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 15.08 - (Buchholz 424.3 Förderungsmaßnahmen Nr. 10) ab.

8

a) Sie meint, das Oberverwaltungsgericht widerspreche dem Rechtssatz,

dass ein Irrtum dann offensichtlich im Sinne des Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 sei, wenn er sich aus dem Zusammenhang der Erklärung oder aus den Vorgängen bei seiner Abgabe auch für jeden Dritten ohne Weiteres zweifelsfrei ergebe (a.a.O. Rn. 20).

9

Diese Abweichung liegt nicht vor. Den erwähnten Rechtssatz, der eine objektive Voraussetzung für das Vorliegen eines offensichtlichen Irrtums umschreibt, hat das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung wiedergegeben. Es hat sodann den guten Glauben der Klägerin als subjektive Voraussetzung eines offensichtlichen Irrtums geprüft und unter diesem Aspekt sowohl einen Irrtum als auch dessen Offensichtlichkeit verneint. Hierbei hat es die Voraussetzungen des guten Glaubens in abstrakten Rechtssätzen konkretisiert, sich damit jedoch dem bezeichneten Rechtssatz nicht entgegengestellt. Vielmehr hat es diesen für die subjektiven Voraussetzungen eines offensichtlichen Irrtums um weitere Rechtssätze ergänzt. Das steht in keinem Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die jenseits der objektiven Voraussetzungen ausdrücklich den guten Glauben als subjektive Voraussetzung eines offensichtlichen Irrtums benennt. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, das Oberverwaltungsgericht habe dem widersprochen, indem es die Heranziehung und den Datenabgleich mit dem Herkunfts- und Informationssystem für Tiere nicht zugelassen und auch nicht auf einen mit der Sache vertrauten Betrachter abgestellt habe, hat sie keinen die Entscheidung tragenden Rechtssatz bezeichnet. Auch einen Rechtssatz dahin, dass jeder zusätzliche Ermittlungs- und Verwaltungsaufwand die Bejahung eines offensichtlichen Irrtums ausschließe, hat das Oberverwaltungsgericht weder aufgestellt noch seiner Entscheidung tragend zugrunde gelegt.

10

b) Die Klägerin sieht eine weitere Divergenz darin, dass das Oberverwaltungsgericht zur Beurteilung der Offensichtlichkeit des Irrtums ausschließlich in ihrer Person liegende Verschuldensaspekte herangezogen habe, während das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Urteil ausdrücklich das Erfordernis einer umfassenden "Schuldlosigkeit" des Antragstellers für die Annahme eines offensichtlichen Irrtums verneint und gefordert habe, den Tatbestand des offensichtlichen Irrtums gerade nicht auf vermeidbare Irrtümer zu reduzieren.

11

Eine Abweichung ist auch hier nicht erkennbar. Das Oberverwaltungsgericht hat den auch vom Bundesverwaltungsgericht für erforderlich gehaltenen guten Glauben mit der Begründung verneint, dass die Klägerin die ihr obliegende Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe, weshalb grobe Fahrlässigkeit anzunehmen sei. Dies folgt dem Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, dass es an der für den guten Glauben notwendigen Redlichkeit dann in der Regel fehle, wenn die zu beachtende Sorgfalt in grob fahrlässiger Weise verletzt werde, der selbstständig neben dem Rechtssatz steht, dass ebenfalls in der Regel nicht gutgläubig handele, wer seine Sorgfaltspflicht durch eine bewusste Fahrlässigkeit verletze. Dieser die Entscheidung tragende Rechtssatz steht schon deshalb nicht im Widerspruch zu der herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, weil dort im Zusammenhang mit einer in Rede stehenden leichten Fahrlässigkeit lediglich die Aussage getroffen ist, dass eine umfassende Schuldlosigkeit nicht verlangt werden kann.

12

2. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu.

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a) Soweit die Klägerin die Frage,

ob ein Irrtum offensichtlich ist, der sich zwar nicht unmittelbar aus den schriftlich verkörperten Antragsformularen selbst ergibt, der aber im Rahmen eines antragsspezifischen Datenabgleichs erkennbar ist,

für grundsätzlich bedeutsam hält, ist ein Klärungsbedarf nicht dargetan. Mit der Entscheidung des Senats vom 26. August 2009 (a.a.O. Rn. 20) ist geklärt, dass ein Irrtum im Sinne des Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 nicht nur dann offensichtlich ist, wenn er unmittelbar aus dem Antrag ersichtlich wird, sondern auch dann, wenn er sich aus dem Zusammenhang der Erklärung oder aus den Vorgängen bei seiner Abgabe auch für jeden Dritten ohne Weiteres zweifelsfrei ergibt. Dazu gehören die Nachweise, die mit dem Antrag vorzulegen sind und die Daten, die nach der Verwaltungspraxis der Beklagten anstelle der Vorlage der Nachweise über das Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere erhoben und abgeglichen werden. Im Übrigen wäre die Frage in einem Revisionsverfahren nicht zu beantworten. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Entscheidung nicht darauf gestützt, dass ein offensichtlicher Irrtum ausscheide, weil er sich (erst) aus einem Abgleich des Antrags mit den Daten des Herkunfts- und Informationssystems für Tiere ergeben habe. Es hat ihn vielmehr deshalb verneint, weil die Klägerin nicht in gutem Glauben gehandelt habe.

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b) Auch mit der Frage,

wie bewusste und unbewusste grobe Fahrlässigkeit im Sinne einer unionsweiten einheitlichen Auslegung des EU-Rechts zu definieren ist,

ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 3. Juni 2008 - Rs. C-308/06, Intertanko - Slg. I-4057 Rn. 67 ff.) ist geklärt, dass mit dem Begriff der "groben" Fahrlässigkeit, wie in zahlreichen Rechtsordnungen und so auch in der deutschen, eine qualifizierte Verletzung von Sorgfaltspflichten gemeint ist (Rn. 77). Soweit sich die Frage darüber hinaus auf eine Klärung des Begriffs der bewussten Fahrlässigkeit oder eine Unterdifferenzierung zwischen bewusster und unbewusster grober Fahrlässigkeit bezieht, hat die Klägerin einen Klärungsbedarf nicht dargetan. Nachdem das Oberverwaltungsgericht im Falle grober Fahrlässigkeit hiernach nicht differenziert und grobe Fahrlässigkeit der Klägerin festgestellt hat, ist die Frage auch nicht entscheidungserheblich.

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c) Deshalb würde sich auch die weitere Frage,

ob ein offensichtlicher Irrtum beim Vorliegen einer bewussten oder unbewusst groben Fahrlässigkeit (regelmäßig) auszuschließen ist,

in dieser Differenzierung in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Soweit entscheidungserheblich ist, ob ein offensichtlicher Irrtum im Sinne des Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 dann mangels guten Glaubens ausscheidet, wenn der Antragsteller seine Sorgfaltspflicht grob fahrlässig verletzt, besteht kein Klärungsbedarf in einem Revisionsverfahren, denn sie lässt sich zweifelsfrei bejahen. Auch der Einholung einer Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof bedarf es daher nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T. - Slg. I-3415 Rn. 12 ff.).

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Dass der gute Glaube im Falle eines auf grober Fahrlässigkeit beruhenden Irrtums jedenfalls grundsätzlich entfällt, entspricht nicht nur der Definition des guten Glaubens beim Eigentumserwerb von einem Nichtberechtigten gemäß § 932 BGB, sondern auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. In der Rechtssache C-354/95, National Farmers' Union u.a., Urteil vom 17. Juli 1997, Slg. I-4590 hat der Europäische Gerichtshof über Sanktionen und deren Reichweite nach den Bestimmungen des Art. 9 Abs. 2 und 4 VO (EWG) Nr. 3887/1992 in Fällen entschieden, bei denen die Differenz zwischen den angegebenen und den ermittelten Stilllegungsflächen über 20% lag. Art. 9 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3887/1992 sah vor, dass keinerlei Beihilfe für Flächen gewährt wird, wenn die Differenz über 20% der ermittelten Fläche liegt, und dass der Betriebsinhaber weitergehend von der Gewährung von Beihilfen ausgeschlossen wird, wenn er absichtlich oder grob fahrlässig falsche Angaben gemacht hat. Art. 9 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 3887/1992 bestimmte für die Ausgleichszahlungen zugunsten der Erzeuger von Ackerkulturen zunächst, dass bei der Berechnung der Höchstfläche grundsätzlich die für die Beihilfeberechnung ermittelte Fläche berücksichtigt wird. In den Fällen, in denen die Differenz unter 20% lag, sollte die Berechnung jedoch auf der Grundlage der tatsächlich ermittelten Stilllegungsfläche vorgenommen werden. Mit der Änderung dieser Vorschrift durch die Verordnung (EG) Nr. 1648/1995 galt dies auch dann, wenn die Differenz 20% überstieg. Dazu führte der Europäische Gerichtshof aus, Art. 9 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 3887/1992 habe vor dieser Rechtsänderung nur bei einer Differenz unter 20% bei "gutgläubig irrigen" Angaben Anwendung gefunden. Vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1648/1995 habe Art. 9 Abs. 2 bis 4 VO (EWG) Nr. 3887/1992 vorgeschrieben, dass (auch) bei fehlender Absicht und fehlender grober Fahrlässigkeit jede Zahlung für Anbauflächen zu versagen gewesen sei, wenn die Differenz 20% überstiegen habe. Der Europäische Gerichtshof hat damit im Kontext der Sanktionsregelung des Art. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/1992, die durch die hier einschlägige Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 abgelöst wurde, dem gutgläubigen Irrtum Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gegenübergestellt und den guten Glauben hiervon abgegrenzt. Auf dieser Grundlage ist die Frage ohne Weiteres dahin zu beantworten, dass grobe Fahrlässigkeit dem guten Glauben - jedenfalls regelmäßig - entgegensteht.

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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

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Im Jahre 1996 war die Firma D. , die bis dahin zum Da. - Konzern gehört hatte, durch den amerikanischen Flugzeughersteller F. übernommen worden. Zuvor waren von der Firma D. regelmäßig umfangreiche Bestände ausgesonderter Flugzeugteile an Mitarbeiter verkauft worden, die die Teile im Einvernehmen mit dem Unternehmen weiterveräußert hatten. Zugleich hatte die Firma D. selbst überschüssige Teile in größerem Umfang auf dem Surplus-Markt verkauft; teilweise hatte sie Interessenten auch an bestimmte Mitarbeiter verwiesen. Nach der Übernahme der Firma D. durch F. änderte sich diesbezüglich die Unternehmenspolitik. Überschüssige gebrauchte Flugzeugteile sollten nunmehr prinzipiell der Verschrottung zugeführt und nicht an Mitarbeiter oder auf dem Surplus-Markt verkauft werden. Die tatsächliche Verschrottung der Flugzeugteile nach deren Aussonderung wurde allerdings nur nachlässig überwacht. Die Angeklagten hatten bereits bis 1996 geschäftliche Beziehungen sowohl mit D. -Mitarbeitern als auch mit der Firma D. selbst unterhalten, wobei allerdings Verhandlungen mit der Firma D. über den Kauf ausgesonderter Flugzeugteile im Jahre 1996 ergebnislos blieben. Von der Änderung der Unternehmenspolitik bezüglich ausgesonderter Flugzeugteile erhielten die Angeklagten keine Kenntnis.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.