Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 04. Nov. 2016 - RO 1 E 16.1349

bei uns veröffentlicht am04.11.2016

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Ablehnung des von ihm beantragten Praxisaufstiegs in den gehobenen Dienst.

Der am …1980 geborene Antragsteller wurde im November 1998 Beamter der Bundesfinanzverwaltung.

In der Regelbeurteilung für den Beurteilungszeitraum 2.5.2008 bis 1.6.2010 erhielt er als Zollobersekretär 7 Punkte (in vollem Umfang den Anforderungen entsprechend) und für den Zeitraum 2.6.2010 bis 1.6.2013 12 Punkte (überdurchschnittlich). In der Regelbeurteilung für den Zeitraum 2.6.2013 bis 1.5.2015 erhielt er in der BesGr A 8 (Ernennung am 8.4.2014) das Gesamturteil 6 Punkte (überwiegend erwartungsgemäß).

Für das Auswahlverfahren 2015 wurde dem Antragsteller mit Schreiben vom 8.6.2015 mitgeteilt, dass er zwar das Auswahlverfahren bestanden habe, aufgrund des erzielten Ergebnisses aber nicht habe berücksichtigt werden können.

Mit Erlass von 28.8.2015 wies das Bundesministerium der Finanzen darauf hin, dass nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.9.2012 (2 C 75.10) das Auswahlverfahren zum Praxisaufstieg in eine höhere Laufbahn nicht mehr von einem Mindestalter von 45 Jahren abhänge (§ 33 b Abs. 1 Nr. 1 BLV a. F. - Bundeslaufbahnverordnung).

Mit Schreiben des Hauptzollamtes 1 … vom 8.9.2015 wurde auf die laufende Bewerbungsfrist für die Zulassung zum Ausbildungs- bzw. Praxisaufstieg 2016 in die nächst höhere Laufbahn zum Stichtag 1.8.2016 hingewiesen, die am 25.9.2015 ende. Auf die im örtlichen Bereich des Hauptzollamts 1 … liegenden drei Stellen bewarb sich der Antragsteller mit Schreiben vom 15.9.2015.

Am 4.11.2015 nahm der Antragsteller am schriftlichen Teil des Auswahlverfahrens teil, in dem nach dem Einladungsschreiben vom 22.10.2015 „Allgemeinwissen, Zahlen, Textverständnis, Rechtschreib- und Grammatikkenntnisse sowie die Fähigkeit zu strukturiertem Denken“ geprüft wurden.

Mit Schreiben vom 23.12.2015 wies die Bundesfinanzdirektion 2 … den Antragsteller darauf hin, dass er am schriftlichen Teil des Auswahlverfahrens mit Erfolg teilgenommen habe und lud ihn für den 25.1.2016 zum mündlichen Auswahlverfahren ein. Bei diesem sollten die Fähigkeiten „bei einer Gruppenübung mit Diskussionsbeiträgen, in einem Rollenspiel, bei einem Aktenvortrag zur Erläuterung eines Sachverhaltes sowie in einem Interview“ präsentiert werden. Im Bereich der Generalzolldirektion 3 … fanden weitere mündliche Auswahlverfahren in der Zeit vom 20.1. bis 27.1.2016 statt.

Mit Schreiben vom 1.6.2016 teilte das Hauptzollamt 1 … dem Kläger mit, dass er aufgrund seines im Auswahlverfahren erzielten Ergebnisses für den Praxisaufstieg zum 1.8.2016 nicht berücksichtigt werden könne. Die Reihenfolge der Ergebnisse des Auswahlverfahrens seien im Gegensatz zur früheren Handhabung auf der vorliegenden bundesweiten Rankingliste nach dem Grundsatz der Bestenauslese gebildet worden. Nur die Teilnehmer/Innen mit den laufenden Nummern 1 bis 63 würden für den Praxisaufstieg zugelassen. Der Antragsteller habe Listenplatz 186 erreicht.

Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 23.8.2016 Widerspruch.

Die Behördenakten enthalten die Unterlagen des schriftlichen Auswahlverfahrens des Antragstellers mit Korrekturen. Der Test ist unterteilt in die Bereiche Sprachverständnis, Rechtsfälle, Logisches Denken, Arbeitsprobe und Wissenstest. Insgesamt erzielte der Kläger 74 Punkte. Zum mündlichen Test erfolgten die Beurteilungen in einer Gruppendiskussion durch die Auswahlkommissionsmitglieder S … und P …, in den anderen Bereichen Rollenspiel, Aktenvortrag und Interview durch die Auswahlkommissionsmitglieder F …, S …, B … und P … Die Beurteilungen sind für jeden Teil in zwei bis vier Gruppen mit jeweils zwei bis fünf Einzelkriterien unterteilt. Insgesamt erhielt der Kläger 90,46 von 140 Punkten bzw. 64,61%. Zum Gesamtwert trugen der mündliche Teil 60% und der schriftliche Teil 40% bei. Als Gesamtergebnis, transformiert auf eine 100-Punkte-Skala, erhielt der Kläger 68,37 Punkte.

In der Gesamtliste aller Kandidaten wurde das beste Ergebnis mit 93,19 Punkten erreicht. Die Zahl der Stellen für den Praxisaufstieg wurde später von 63 auf 84 Beamtinnen und Beamten erhöht. Die Kandidatin auf Platz Nr. 84 erzielte 75,11 Punkte.

Mit dem am 24.8.2016 eingegangenen Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 23.8.2016 beantragte der Antragsteller beim Bayer. Verwaltungsgericht Regensburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Freihaltung eines Dienstpostens für die Besetzung im Wege des Praxisaufstiegs. Hingewiesen wird auf die dem Verfahren der Auswahl für den Praxisaufstieg zugrunde liegenden Ministerialerlasse und die Richtlinien des Bundesministeriums der Finanzen.

Zur Begründung wird ausgeführt, es lägen Verfahrensfehler vor. Im vergangenen Jahr habe ein Rechtsbehelf/Rechtsmittel eines Kollegen dazu geführt, dass die Antragsgegnerin eine Stelle freigemacht habe. Womöglich sei auch eine Stelle geschaffen worden. Dies zeige, dass Umsetzungen auch jetzt noch möglich seien. Der Grundsatz der Ämterstabilität werde nicht tangiert, weil kein Amt im statusrechtlichen Sinn vergeben werde.

Der Grundsatz der Bestenauslese werde bereits dadurch verletzt, dass eine Kollegin des Antragstellers vorab zugelassen worden sei.

Wettbewerbsverzerrungen habe es dadurch gegeben, dass die Prüfungstermine nicht zeitgleich stattgefunden hätten. Bundesweit hätten die Prüfungen zwischen Januar und Mai stattgefunden. Auch innerhalb von Bayern hätten die Prüfungen zwischen dem 20. und 27.1.2016 stattgefunden. Dies habe es Konkurrenten des Antragstellers ermöglicht, sich über den Inhalt der Prüfungen auszutauschen. Die Prüfung des Antragstellers sei nicht sachgerecht dokumentiert worden. Es lasse sich nicht feststellen, warum der Antragsteller die ausgewiesene Note erhalten habe. Es fehlten Dokumentationen zu den gestellten Fragen und diskutierten Themen, sowie zu den Antworten der Prüflinge, insbesondere denen des Antragstellers. Die Prüfer F … und B … hätten in dem die Prüfung abschließenden Gutachten den Bereich Kooperations- und Teamfähigkeit nicht beurteilt. Nicht nachvollziehbar seien auch die in diesem Gutachten ermittelten Summenwerte und der ermittelte Wert „Summe mündlich“.

Die im Rahmen der mündlichen Prüfung gestellten Fragen entsprächen auch denen aus dem letzten Jahr. Diese dürften einigen Mitbewerbern, nicht aber dem Antragsteller, bekannt gewesen sein, was zur Folge habe, dass es zu massiven Wettbewerbsverzerrungen gekommen sei. Es habe wohl auch „Inhouse-Schulungen“ gegeben. Einigen Hauptzollämtern sei wohl bekannt gewesen, dass die Fragen aus dem Vorjahr auch wieder gestellt würden.

Erhebliche Unterschiede in der Bewertung der gezeigten Leistungen hätten zu starken regionalen Verzerrungen geführt. Im ersten Auswahlverfahren seien bei 63 Plätzen allein im Bereich der Bundesfinanzdirektion 4 … 30 Bewerber zugelassen worden.

Der Antragsteller sei nicht darauf hingewiesen worden, dass die Möglichkeit bestanden habe, aufgetretene Mängel im ersten Auswahlverfahren, an dem er erfolgreich teilgenommen habe, mündlich erörtert zu bekommen.

Die Gruppendiskussion habe ein englisches Thema gehabt.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorläufig - bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache - zu verpflichten, den Antragsteller nicht vom eingeleiteten Auswahlverfahren bezüglich der Übertragung von Ämtern der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes im Wege des Praxisaufstiegs auszuschließen und einen der für die Besetzung im Wege des Praxisaufstiegs vorgesehenen Dienstposten freizuhalten, bis über den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Zahl der für den Praxisaufstieg vorgesehenen Stellen sei auf 84 erhöht worden. Diese seien zum 1.8.2016 endgültig besetzt worden. Das Auswahlverfahren sei damit grundsätzlich abgeschlossen. Eine vakante Stelle für den Praxisaufstieg des Antragstellers stehe nicht mehr zur Verfügung und könne daher weder vorläufig durch ihn besetzt noch freigehalten werden. Damit sei bereits kein Anordnungsgrund vorhanden. Ein etwaiger Einstellungsanspruch sei erloschen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stelle auch der Grundsatz der Ämterstabilität der Entfernung der unter Umständen zu Unrecht zugelassenen Beamtinnen und Beamten entgegen. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren Erfolg haben werde. Nichts könne dagegen eingewandt werden, dass nur Aufstiegsbewerber bis zur Listennummer 84 zum Praxisaufstieg zugelassen worden seien. Der Antragsteller habe nur einen Bewerbungsverfahrensanspruch, aber keinen Anspruch auf den Praxisaufstieg, da er mit seinem Ergebnis im unteren Viertel liege. Im Rahmen der Bestenauslese würden Eignung und Befähigung der Beamtinnen und Beamten im Hinblick auf die Anforderungen der künftigen Laufbahnaufgaben überprüft. Das Verfahren in der Zollverwaltung für den gehobenen Dienst sei insbesondere für den mündlichen Teil standardisiert und könne daher an unterschiedlichen Orten zu unterschiedlichen Zeiten durchgeführt werden. Die Standardisierung gewährleiste, dass auf Basis vorgegebener verhaltensverankerter Ratingskalen gewonnene Erkenntnisse der Auswahlkommission einheitlich angewandt würden. Das jeweilige Kommissionsmitglied bewerte unabhängig und frei von Weisungen die Antworten und das gezeigte Verhalten der Bewerber/Innen. Die Eindrücke der Kommissionsmitglieder würden durch den Punktewert im Erfassungsbogen erfasst, der die Grundlage für das abschließende Gutachten bilde. Dieses erfolge nach den gleichen Regularien und gewährleiste größtmögliche Objektivität und Vergleichbarkeit. Da die Bewerber/Innen mehrere Übungen (Rollenspiel, Gruppendiskussion, Aktenvortrag und Interview) durchlaufen und ihnen nicht bekannt sei, welches Verhalten innerhalb der jeweiligen Übung konkret bewertet werde, sei auch eine zeitlich unabhängige Durchführung mündlicher Auswahlverfahren ohne Wettbewerbsverzerrung möglich. Die bereits in einem Beamtenverhältnis stehenden Aufstiegsbewerber/Innen würden auf ihre Verschwiegenheitspflicht hingewiesen.

Die Behauptung, manche Hauptzollämter hätten über die schriftliche Prüfungsaufgabe und den Prüfungsstoff vor den Auswahlverfahren informiert, entbehre jeglicher Grundlage. Die Prüfungsunterlagen seien als Verschlusssache gekennzeichnet und nur wenigen mit dem Auswahlverfahren betrauten Beschäftigten zugänglich.

Zutreffend sei es, dass ein Beamter des Hauptzollamtes 1 … beim Verfahren zum Praxisaufstieg 2015 nachträglich zugelassen wurde. Dies sei darauf zurückzuführen, dass nach dem durch das VG Ansbach festgestellten Verfahrensfehler das damalige Verfahren habe wiederholt werden müssen.

Die mit Verfügung vom 18.4.2016 zugelassene Beamtin habe das Auswahlverfahren zum Praxisaufstieg für das Jahr 2015 durchlaufen und wegen anschließender Elternzeit erst später mit dem Praxisaufstieg 2015 beginnen können.

Es sei nicht möglich, bei mehreren Hundert einzustellenden Nachwuchskräften und einer großen Zahl von Bewerber/Innen für den Praxisaufstieg bei maximal sechs Bewerber/Innen pro Auswahltag eine gleichzeitige Beurteilung aller Bewerber/Innen durchzuführen. Dies sei auch nicht erforderlich, da die durch Standardisierung des mündlichen Auswahlverfahrens auf Basis vorgegebener verhaltensverankerter Ratingskalen gewonnenen Erkenntnisse einheitlich angewandt würden. Der mündliche Teil des Auswahlverfahrens sei nicht als Wissenstest angelegt. Es gehe um einen Verhaltens- und Persönlichkeitstest. Im Wesentlichen würden geprüft Belastbarkeit, emotionale Stabilität, Leistungsmotivation, Kommunikationsfähigkeit, Konflikt- und Kritikfähigkeit, Kooperations- und Teamfähigkeit sowie kognitive Leistungsfähigkeit. Im Mittelpunkt stehe nicht die fachliche Kompetenz, sondern die persönliche und soziale Kompetenz. Die Themen der im mündlichen Auswahlverfahren zu durchlaufenden Übungen seien für alle Bewerber/Innen gleich und richteten sich nach dem für das Jahr 2016 vom Bildungs- und Wissenschaftszentrum herausgegebenen Manual zum mündlichen Auswahlverfahren, dessen Weitergabe verwaltungsseitig durch die Kennzeichnung als Verschlusssache ausgeschlossen sei.

Die Stärken und Schwächen des Antragstellers seien innerhalb einer Notenskala von 1 bis 5 Bewertungspunkten eindeutig zu erkennen. Durch die im Manual vorgegebenen verhaltensverankerten Ratingskalen würden die Leistungen durch die Auswahlkommission festgehalten und ausreichend dokumentiert. Ein Wortgutachten oder das wörtliche Festhalten einer Antwort sei nicht erforderlich. Eine simultane Beobachtung von allen sechs an der Gruppendiskussion teilnehmenden Bewerber/Innen durch die Auswahlkommissionsmitglieder sei nicht vorgesehen. Es beobachteten jeweils zwei Auswahlkommissionsmitglieder maximal drei an der Gruppendiskussion teilnehmende Bewerber/Innen in der Gutachtentabelle könnten daher jeweils nur zwei Auswahlkommissionsmitglieder Bewertungspunkte abgeben.

Der Gesamtwert der mündlichen Prüfung ergebe sich nicht aus den gerundeten Punktzahlen, sondern aus allen „Dimensionswerten“ (Einzelpunkten). Diese würden in sechs Leistungsbereichen zusammengefasst. Das im mündlichen Auswahlverfahren zu beobachtende Verhalten sei themenunabhängig bewertet worden. Unerheblich sei daher, dass die Übungen hinsichtlich des Themenbereichs aus 2015 und 2016 übereinstimmten. Trotz gleichem Thema müssten sich die Bewerber beispielsweise in der Gruppendiskussion aufgrund der mitdiskutierenden Bewerber/Innen in ihrem Rollenverhalten anpassen. Unabhängig von dem gleichen Thema liege damit gerade keine gleiche verhaltensbedingte Situation wie im Vorjahr vor. Damit sei auch kein gezieltes Vorbereiten auf das mündliche Auswahlverfahren möglich. Es sei auch keine massive Wettbewerbsverzerrung dadurch möglich, dass Bewerber/Innen das Auswahlverfahren bereits schon einmal absolviert hätten. Auch der Antragsteller selbst habe bereits im Jahr 2015 das mündliche Auswahlverfahren schon einmal durchlaufen. Offensichtlich habe er trotz gleicher Themen hieraus keinen Wettbewerbsvorteil ziehen können.

Entschieden zurückgewiesen werde, dass es „Inhouse-Schulungen“ gegeben habe. Das Manual 2015 und das Manual 2016 seien Verschlusssachen nur für den Dienstgebrauch.

Mit denjenigen, die erfolglos an einem Auswahlverfahren teilgenommen hätten, sollten auf Wunsch aufgetretene Mängel erörtert werden. Der Antragsteller habe aber nicht nur erfolgreich an dem Verfahren teilgenommen, er habe auch nicht den Wunsch nach einer mündlichen Erörterung geäußert.

Bildungs- und damit Einstellungsvoraussetzungen für den gehobenen nichttechnischen Dienst sei grundsätzlich das Abitur, die vollständige Fachhochschulreife oder ein gleichwertig anerkannter Bildungsabschluss. Das Thema in der Gruppendiskussion habe zwar den englischen Titel „In the future everyone will be famous for fifteen minutes“ (Zitat von Andy Warhol) gehabt, habe sich aber unabhängig von diesem englischen Titel auf Castingshows, Kochsendungen, Realityshows und ähnliche Sendungen im Fernsehen bezogen, wobei die Fragen gestellt wurden, ob diese Sendungen womöglich besser als ihr Ruf seien, was Zuschauerinnen und Zuschauer an solchen Fernsehsendungen fasziniere und weshalb sich Kandidatinnen und Kandidaten für diese Sendungen melden würden.

Nach erneuter Akteneinsicht erklärt der Antragsteller mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27.10.2016, mangels ausreichender Dokumentation sei nicht klar, welche Prüfungsleistungen er erreicht habe und weshalb er die Punktzahl erhalten habe. Es habe sich gezeigt, dass auch eine nachträgliche Besetzung des Dienstpostens möglich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die eingereichten Schriftstücke und die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) führt nicht zum Erfolg.

1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht auf Antrag eine einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind sowohl der Anordnungsgrund als auch der Anordnungsanspruch durch den Antragsteller glaubhaft zu machen.

Soweit der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ihn nicht vom eingeleiteten Auswahlverfahren bezüglich der Übertragung von Ämtern der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes im Wege des Praxisaufstiegs auszuschließen, geht der Antrag schon ins Leere. Der Antragsteller hat mit der Durchführung des schriftlichen und mündlichen Teils des Auswahlverfahrens alle Stufen des Auswahlverfahrens vollständig durchlaufen. Eine Teilnahme an einzelnen Stufen wurde ihm gerade nicht verwehrt. Er hat damit das Auswahlverfahren für den Paxisaufstieg in den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst erfolgreich bestanden. Nur aufgrund der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und damit limitiert besetzbaren Planstellen als auch der eingeschränkt vorhandenen Ausbildungskapazitäten konnte der Antragsteller zum 1.8.2016 zum Praxisaufstieg nicht zugelassen werden. Von einem Ausschluss kann diesbezüglich schon nicht gesprochen werden.

2. Soweit der Antragsteller darüber hinaus beantragt, ihm einen für den Praxisaufstieg vor-gesehenen Dienstposten vorläufig freizuhalten, bis über den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist, geht dieser Antrag ebenfalls ins Leere.

Bereits mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 1.6.2016 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass er nach der Bestenauslese anhand der bundesweiten Ranking-Liste mit der im Leistungsvergleich erreichten Platzziffer 186 nicht für den Praxisaufstieg zum 1.8.2016 zugelassen werden könne. Auch wenn damit noch kein Amt im statusrechtlichen Sinne vergeben worden ist, so sind dennoch die für den Praxisaufstieg geeigneten Dienstposten zum 1.8.2016 mit den zugelassenen Bewerbern besetzt worden. Erst mit Schreiben des Antragstellers vom 23.8.2016 wurde ein Widerspruch gegen die Nichtzulassung für den begrenzten Praxisaufstieg sowie ein Eilantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren die für den Praxisaufstieg vorgesehenen Stellen mit den zugelassenen Bewerbern/Bewerberinnen besetzt. Nachdem alle Dienstposten besetzt worden sind, kann dem Antragsteller kein Dienstposten mehr freigehalten werden, was aber letztlich das Rechtsschutzziel des Antragstellers mit der von ihm beantragten Sicherungsanordnung ist. Damit fehlt es vorliegend bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite kann die Antragsgegnerin nicht verpflichtet werden, für den Antragsteller vorläufig einen Dienstposten zu schaffen. Dem steht nicht entgegen, dass eine Beamtin vorab zugelassen worden wäre. Diese hat vielmehr durch ihren Mutterschutz und ihre Elternzeit den ihr aufgrund des vorangegangenen Auswahlverfahrens zustehenden Dienstposten verspätet erhalten. Der Beamte, der aufgrund der Entscheidung des VG Ansbach wegen einer mangelhaften Besetzung der Prüfungskommission (B.v. 15.9.2015, AN 11 E 15.01157) einen Dienstposten erhielt, hatte den Antrag bereits vor der Stellenvergabe gestellt. Bei den beiden angesprochenen Fällen einer nachträglichen Zulassung handelt es sich um zwei Konstellationen, die mit der vorliegenden nicht vergleichbar sind.

Eine Regelungsanordnung dahingehend, eine Stelle für ihn freizumachen oder zu schaffen, hat der Antragsteller schon nicht beantragt. Letzteres würde zudem eine nicht zu vereinbarende Vorwegnahme der Hauptsache beinhalten. Eine dahingehende einstweilige Anordnung würde dem Antragsteller - wenn auch nur vorläufig - gerade die Rechtsposition vermitteln, die er in einem Hauptsacheverfahren anstreben müsste. Eine Vorwegnahme der grundsätzlich einem Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) vorbehaltenen Entscheidung ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn ein wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist, dem betreffenden Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen und der Antragsteller im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach obsiegen wird (st. Rechtsprechung, vgl. etwa BayVGH, B.v. 12.5.2016, 6 CE 16.371; OVG NRW, B.v. 18.10.2013, 6 B 998/13). Im Übrigen hat er den vorliegenden Sicherungsantrag auch erst gestellt, als die Dienstposten bereits besetzt waren. Falls ihm hierdurch Nachteile entstanden sein sollten, wäre auch eine Regelungsanordnung nicht geeignet, diese rückgängig zu machen. Schließlich bestehen auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BVerwG (B.v. 10.5.2016, 2 VR 2/15), nach der die Besetzung von Funktionsämtern wenn auch ohne Statusänderung einstweilen vorgenommen werden kann und mögliche Vorteile des gegebenenfalls rechtswidrig zum Zuge gekommenen Bewerbers später ausgeblendet würden, weitere Bedenken am Vorliegen eines Anordnungsgrundes.

3. Der Antragsteller hat auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Die Durchführung eines Auswahlverfahrens für den Aufstieg in eine höhere Laufbahn unterliegt der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG. Wie sich aus der Teilnahme von 248 Beamten und Beamtinnen ergibt, ist die Auswahl von 63 bzw. nach Erhöhung dieser Zahl 84 Beamten und Beamtinnen ein sehr aufwändiges Verfahren, das nicht von nur einer einzigen Beurteilungs- bzw. Prüfungskommission durchgeführt werden kann. Notwendig ist damit ein Prüfungsverfahren, das von einer größeren Zahl von Prüferinnen und Prüfern angewandt werden kann.

Welchen Inhalt die Prüfung hat, unterliegt dem nur beschränkt überprüfbaren Ermessen der Antragsgegnerin. Keine Anhaltspunkte ergeben sich dafür, dass der schriftliche Teil der Prüfung mit den Prüfungsteilen „Allgemeinwissen, Zahlen, Textverständnis, Rechtschreib- und Grammatikkenntnisse sowie die Fähigkeit zu strukturiertem Denken“ und der mündliche Teil, in dem Fähigkeiten „bei einer Gruppenübung mit Diskussionsbeiträgen, in einem Rollenspiel, bei einem Aktenvortrag zur Erläuterung eines Sachverhaltes sowie in einem Interview“ gezeigt werden sollten, nicht Sinn und Zweck eines Praxisaufstiegs entsprechen würden, sodass diese Prüfung nicht für die Bestenauslese verwendet werden dürfte.

Entsprechendes gilt für die vorgegebene Benotung mit einem Verhältnis in der Gesamtbeurteilung von 40% für den schriftlichen und 60% für den mündlichen Teil. Nicht zu beanstanden ist auch die vorgegebene Beurteilung, bei der Fehler im schriftlichen Teil gleich behandelt wurden. Im mündlichen Teil ergeben sich in den einzelnen Prüfungsteilen unterschiedliche Aspekte, die zu einer Beurteilung herangezogen werden. Hierbei entsprechen diese Aspekte aber im Grundsatz den Schwerpunkten, die sich aus der Art des jeweiligen Prüfungsteils Gruppendiskussion, Rollenspiel, Aktenvortrag und Interview ergeben. Die unterschiedlichen Aspekte wurden als Durchschnitt in den Kriterien Belastbarkeit/Emotionale Stabilität, Leistungsmotivation, Führungsbereitschaft, Konflikt- und Kritikfähigkeit, Kooperations- und Teamfähigkeit, sowie Kognitive Leistungsfähigkeit zusammengefasst, die wiederum gleich bewertet wurden, was als Grundlage für die Prüfung nachvollziehbar und damit vertretbar ist.

Die Beurteilung der meisten Prüfungsteile durch vier Prüfer führte zwar in einzelnen Aspekten zu Differenzen um zwei von fünf Bewertungspunkten, entspricht aber insgesamt durch weit überwiegende Differenzen von nur einem Bewertungspunkt den regelmäßigen Ergebnissen von Prüfungen. Durch vier Prüfer war dabei eine hohe Bewertungsgenauigkeit möglich. Hierfür genügt auch die Beurteilung in der Gruppendiskussion durch nur zwei Prüfer, da eine gleichzeitige Beurteilung aller sechs Prüflinge durch vier Prüfer in diesem Prüfungsteil kaum möglich ist.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist das gewonnene Gesamtergebnis als arithmetisches Mittel der einzelnen Bewertungspunkte genau nachvollziehbar. Nicht zu berücksichtigen sind dabei nur die jeweilige Durchschnittsbewertungen im Erfassungsbogen und im Gutachten, da diese Durchschnitte auf volle Bewertungspunkte gerundet sind, während die Zwischenergebnisse und das Gesamtergebnis ohne vorherige Rundung errechnet wurden.

Die Vergabe von Bewertungspunkten durch zwei bzw. vier Prüfer in vielen Einzelkriterien stellt auch eine hinreichend differenzierte Beurteilung der Gesamtprüfung dar. Einer weiteren Erläuterung von Stärken und Schwächen des jeweiligen Prüflings bedurfte es nicht. Nicht erforderlich ist auch die Dokumentation einzelner Fragen an den jeweiligen Prüfling und die hierauf gegebenen Antworten.

Keine Einwände ergeben sich dagegen, dass nicht alle Prüfungen gleichzeitig durchgeführt wurden. Aus dem Gesamtzusammenhang ist die Darstellung der Antragsgegnerin nachvollziehbar, dass es sich beim mündlichen Teil nicht um einen Wissenstest handelte. Es erscheint selbst bei einem Wissenstest wenig wahrscheinlich, dass in einem das Gesamtergebnis nicht nur unerheblich verändernden Ausmaß Prüflinge eines frühen Termins zur mündlichen Prüfung Informationen an andere Prüflinge weitergeben, da alle Prüflinge bis zum Ende der gesamten Prüfung untereinander in Konkurrenz stehen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine erhebliche Zahl von Prüflingen gegen ihre dienstliche Verschwiegenheitspflicht verstoßen. Nachvollziehbar weist die Antragsgegnerin zudem darauf hin, dass selbst Informationen über die einzelnen Prüfungsinhalte nicht zu einer wesentlichen Veränderung des Prüfungsergebnisses führen, da ein großer Teil der Beurteilung darauf beruht, wie der Prüfling im Zusammenwirken mit den anderen Prüflingen handelt. Dies zeigt sich auch deutlich gerade beim Antragsteller, der offenbar nicht oder nur sehr wenig daraus profitiert hat, dass er ein Jahr zuvor die in ihrer äußeren Form im Wesentlichen gleiche Prüfung hatte.

Wegen der Geheimhaltungsstufe kann auch ausgeschlossen werden, dass „Inhouse-Schulungen“ in Kenntnis des Manuals 2016 stattgefunden haben.

Es hat kein englisches Thema gegeben, sondern nur eine Gruppendiskussion zu einem deutschen Thema, zu dem ein einfach zu verstehendes englisches Zitat von Andy Warhol genannt wurde.

Selbst wenn es, wofür es vorliegend keine Anhaltspunkte gibt, Benachteiligungen des Antragstellers in der Prüfung gegeben haben sollte, kann bei seinem Gesamtergebnis mit Rang 186 ausgeschlossen werden, dass er einen Anspruch auf einen von 84 Dienstposten gehabt hätte.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG, wobei die Kammer sich der Rechtsprechung des BayVGH (B.v. 19.12.2014, 3 CE 14.2057; BayVGH, B.v. 19.2.2015, 3 CE 15.130) anschließt und auch in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um eine Dienstpostenbesetzung den Auffangstreitwert in voller Höhe festsetzt.

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Tenor

I.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 1. Februar 2016 - AN 11 E 15.2312 - wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 13.887,24 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller schloss - im Beamtenverhältnis auf Widerruf - die Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei mit Erfolg ab und strebt seine Übernahme als Polizeivollzugsbeamter auf Probe an. Während des Vorbereitungsdienstes war ihm vorgeworfen worden, er habe durch Äußerungen und aggressive, rücksichtslose Verhaltensweisen im Kollegenkreis eine ausländerfeindliche, menschenverachtende Gesinnung offenbart, die erhebliche Zweifel an der Verfassungstreuepflicht begründe und nicht mit dem Amt eines Polizeibeamten zu vereinbaren sei. Mit Schreiben der Bundespolizeiakademie vom 17. Dezember 2014 war er zu einer beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf wegen mangelnder persönlicher (charakterlicher) Eignung angehört worden. Mit Schreiben vom 20. Februar 2015 teilte die Bundespolizeiakademie dem Antragsteller mit, dass dieser nach erfolgreich abgeschlossener Laufbahnausbildung kraft Gesetzes entlassen sei und aufgrund fehlender charakterlicher Eignung nicht in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werde. Mit Schreiben vom 20. Mai 2015 lehnte das Bundespolizeipräsidium den (sinngemäßen) Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe ab. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch ist bislang nicht entschieden.

Der Antragsteller hat am 18. November 2015 beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel beantragt, der Antragsgegnerin aufzuerlegen, ihm einstweilen Tätigkeiten des mittleren Polizeivollzugsdienstes im Beamtenverhältnis auf Probe zu ermöglichen, bis über seinen Antrag gegen die Nichtberücksichtigung seiner Übernahme in das Beamtenverhältnis des mittleren Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei auf Probe rechtskräftig entschieden ist. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 1. Februar 2016 abgelehnt.

Der Antragsteller hat hiergegen Beschwerde eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen.

II. Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber unbegründet.

Die Gründe, die mit der Beschwerde fristgerecht dargelegt worden sind und auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. Satz 1 und 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern. Der im Beschwerdeverfahren weiterverfolgte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung muss im Ergebnis ohne Erfolg bleiben, auch wenn der Senat nicht alle Begründungselemente des Verwaltungsgerichts teilt.

Der Antragsteller beschränkt sich mit seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht darauf, den in der Hauptsache geltend gemachten Anspruch auf Berufung in das Probebeamtenverhältnis zur Vermeidung vollendeter Tatsachen etwa durch Freihalten einer entsprechenden Stelle zu sichern. Er verfolgt vielmehr ausdrücklich das Ziel, ihm einstweilen Tätigkeiten des mittleren Polizeivollzugsdienstes im Beamtenverhältnis auf Probe zu ermöglichen. Eine solche Regelungsanordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) ist unzulässig; denn ein vorläufiges Tätigwerden als Beamter ohne entsprechenden Status wäre ebenso wie eine „vorläufige“ Ernennung mit der Formenstrenge des Beamtenrechts unvereinbar. Ausnahmsweise mag trotz der damit verbundenen „echten“ Vorwegnahme der Hauptsache die Verpflichtung des Dienstherrn zur Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe im Wege der einstweiligen Anordnung in Betracht kommen. Auch mit dieser Zielrichtung muss die Beschwerde allerdings ohne Erfolg bleiben. Eine solche Anordnung setzt nämlich voraus, dass die Vorwegnahme der Hauptsache zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (vgl. VGH BW, B. v. 18.3.2014 - 4 S 509/14 - juris Rn. 2 m. w. N.; VG Düsseldorf, B. v. 9.9.2014 - 2 L 1913/14 - juris Rn. 10). Beide Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Es ist bereits kein beachtlicher Grund ersichtlich, warum die Vorwegnahme der Hauptsache zur Vermeidung unzumutbarer Nachteile zwingend erforderlich sein soll; das gilt umso mehr als der Antragsteller nach Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf mehr als acht Monate abgewartet hat, bis er sich mit dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an das Verwaltungsgericht gewandt hat. Zudem ist der in der Hauptsache verfolgte Anspruch auf Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur späteren Verwendung auf Lebenszeit im mittleren Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BPolBG) nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit begründet.

Ein Bewerber hat keinen Rechtsanspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis. Das gilt auch für einen bisherigen Anwärter, der - wie der Antragsteller - die Laufbahnprüfung mit Erfolg bestanden hat, damit kraft Gesetzes gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BBG aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen worden ist und keine verbindliche Zusage auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe erhalten hat (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, § 37 BBG 2009 Rn. 27). Entschließt sich der Dienstherr im Rahmen des ihm insoweit eröffneten weiten Organisationsermessens, eine freie Stelle zu besetzen, ist die Auswahl unter den Bewerbern nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG). Die Entscheidung darüber, ob der Bewerber den Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens und der Laufbahn genügt, trifft der Dienstherr in Wahrnehmung einer Beurteilungsermächtigung. Sie bewirkt im Ergebnis, dass die Eignungseinschätzung von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt überprüft werden kann. Nur der Dienstherr soll durch die für ihn handelnden Organe nach dem erkennbaren Sinn der Regelung über die Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Ernennungsbewerber den - ebenfalls vom Dienstherrn zu bestimmenden - fachlichen und persönlichen Anforderungen eines konkreten Amtes und der Laufbahn entspricht. Allerdings folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG, dass die Entscheidung über die Berücksichtigung oder die Ablehnung des Bewerbers grundsätzlich nur auf unmittelbar leistungsbezogene Gesichtspunkte gestützt werden darf (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, B. v. 6.4.2006 - 2 VR 2.05 - juris Rn. 6 m. w. N.). Jede Auswahlentscheidung muss auf einer tragfähigen Sachverhaltsermittlung und einer sorgfältigen Abwägung beruhen. Das gilt auch und insbesondere, wenn die Auswahl auf einer Beurteilung der persönlichen, charakterlichen Eignung beruht.

Gemessen an diesem Maßstab ist nicht ersichtlich, dass das dem Dienstherrn eröffnete Ermessen - mit hoher Wahrscheinlichkeit - insoweit geschrumpft sein könnte, dass als einzige rechtmäßige Entscheidung die Ernennung des Antragstellers in Betracht kommt. Es bestehen zwar durchaus Bedenken, ob die dem Antragsteller vorgeworfenen aggressiven Verhaltensweisen und fremdenfeindlichen Äußerungen bei einer Gesamtschau unter Berücksichtigung etwaiger Auswirkungen seiner Auslandseinsätze als Soldat einen Grad erreichen, der es rechtfertigt, an der Gewähr verfassungstreuen Verhaltens als Ernennungsvoraussetzung (§ 2 BPolBG i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 2 BBG) zu zweifeln. Gleichwohl ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die im Anhörungsschreiben der Bundespolizeiakademie vom 17. Dezember 2014 und im Schreiben des Bundespolizeipräsidiums vom 20. Mai 2015 im Einzelnen aufgeführten Umstände auch unter Berücksichtigung der Erklärungen des Antragstellers bei seiner Anhörung am 2. Februar 2015 jedenfalls Zweifel an der persönlichen, charakterlichen Eignung als Polizeivollzugsbeamter begründen. Die diesen Einschätzungen zugrunde liegenden Stellungnahmen von mehreren Lehrgangsteilnehmern sind verwertbar und - bei summarischer Betrachtung - glaubhaft. Einzelne der vorgeworfenen Äußerungen (wie über eine Kollegin nach einem Situationstraining: „Am liebsten würde ich sie erschießen“ oder über die Auslandseinsätze: „Irgendwann ist es dir egal auf wen du schießt, Hauptsache du zielst in die Richtung der Ölaugen“) mögen nicht in dieser Form gefallen oder situationsbedingt als nicht so „schlimm“ zu werten sein. Jedenfalls haben eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen das Verhalten und die Äußerungen des Antragstellers als durchaus massiv drohend, aggressiv und fremdenfeindlich empfunden. Der Dienstherr darf und muss aber von einem Polizeibeamten erwarten, dass er deeskalierend und besonnen auftritt und sich auch im innerdienstlichen Bereich nicht fremdenfeindlich oder rassistisch äußert. Der Antragsteller hat indes mit seinem Verhalten während des Vorbereitungsdienstes Zweifel daran geweckt, ob er diesen Erwartungen nach Übernahme in das (Probe-) Beamtenverhältnis entsprechen wird. Dass der Dienstherr kein Disziplinarverfahren eingeleitet und die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf nicht weiterbetrieben hat, schließt es nicht aus, diese Umstände im Ernennungsverfahren zulasten des Antragstellers zu berücksichtigen. Deshalb lässt die Ablehnung des Antrags auf Übernahme in das Probebeamtenverhältnis - nach Aktenlage im Eilverfahren - schon keinen Ermessensfehler erkennen. Erst recht ist nichts dafür ersichtlich, dass das Ernennungsermessen zugunsten des Antragstellers auf Null reduziert und deshalb eine Vorwegnahme der Hauptsache gerechtfertigt sein könnte.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG; eine Halbierung kommt nicht in Betracht, weil das Rechtsschutzbegehren auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin S.     aus N.       wird abgelehnt.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge jeweils auf bis zu 6.000,00 Euro festgesetzt.


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Gründe

I

1

Die Antragstellerin wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Abbruch eines Auswahlverfahrens für die Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens.

2

Die Antragstellerin ist Regierungsdirektorin (Besoldungsgruppe A 15 BBesO) im Dienst der Antragsgegnerin im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes (BND). Sie bewarb sich im Juni 2012 erfolglos um einen mit der Besoldungsgruppe A 16 BBesO bewerteten Dienstposten. Weil das Anforderungsprofil in der Ausschreibung unzulässig eingeengt worden war, untersagte auf den Antrag der Antragstellerin hin der Senat der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - (BVerwGE 147, 20) im Wege der einstweiligen Anordnung, den Dienstposten mit dem damals Beigeladenen G. zu besetzen. Die Antragsgegnerin brach das Auswahlverfahren daraufhin ab und schrieb den Dienstposten im November 2013 erneut aus.

3

Im erneuten Auswahlverfahren ist die Antragstellerin als bestgeeignete Kandidatin durch den Präsidenten des BND ausgewählt und die Zustimmung des Bundeskanzleramts erteilt worden. Zu der für den 1. Februar 2015 geplanten Dienstpostenvergabe kam es jedoch nicht, weil drei im Auswahlverfahren unterlegene Bewerber Widerspruch gegen die ihnen mitgeteilte Auswahl der Antragstellerin erhoben hatten. Mit Schreiben vom 6. August 2015 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass die zu ihren Gunsten erfolgte Auswahlentscheidung aufgehoben und das Auswahlverfahren aus rechtlichen Gründen abgebrochen worden sei. Für einen Mitbewerber habe eine hinreichend aktuelle Beurteilung nicht mehr vorgelegen. Es werde daher eine erneute förderliche Ausschreibung des Dienstpostens erfolgen. Im gerichtlichen Verfahren trug die Antragsgegnerin hierzu ergänzend vor: Da der Mitbewerber L. die Aufgaben des streitgegenständlichen Dienstpostens seit September 2014 kommissarisch übernommen habe, könne für die Auswahlentscheidung nicht mehr auf die zum Stichtag 1. April 2013 datierende Regelbeurteilung zurückgegriffen werden. Über den am 25. August 2015 erhobenen Widerspruch der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin noch nicht entschieden.

4

Zur Begründung ihres am 1. September 2015 gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung führt die Antragstellerin aus, ein sachlicher Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens liege nicht vor. Die dem Mitbewerber zum Beurteilungsstichtag 1. April 2013 erteilte Regelbeurteilung sei noch aktuell. Die Annahme einer zeitlichen Verwertbarkeitsgrenze der Regelbeurteilung widerspreche dem im Bundesbeamtengesetz vorgesehenen System der periodischen Beurteilung. Im Übrigen falle der Zeitraum der kommissarischen Vakanzvertretung jedenfalls nicht ins Gewicht, weil der Bewerber diese Aufgaben bis zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung im Januar 2015 noch keine fünf Monate verrichtet habe. Insbesondere aber könne die kommissarische Vakanzvertretung des streitgegenständlichen Dienstpostens im Rahmen des Auswahlverfahrens nicht berücksichtigt werden. Eine Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens auf einen der Bewerber während des laufenden Auswahlverfahrens verletze den Grundsatz der Chancengleichheit zu Lasten der anderen Bewerber unter dem Gesichtspunkt eines etwaigen Bewährungsvorsprungs.

5

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, das durch Mitteilung vom 6. August 2015 abgebrochene Stellenbesetzungsverfahren (Kennziffer ... / Dienstposten ...) fortzusetzen.

6

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

7

Sie ist der Auffassung, das Auswahlverfahren rechtmäßig abgebrochen zu haben. Durch den Abbruch sei der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin erloschen. Der Mitbewerber L. habe ab September 2014 den streitgegenständlichen Dienstposten kommissarisch übernommen. Dadurch habe sich sein Aufgabenbereich funktional wesentlich verändert, so dass seine auf den Stichtag 1. April 2013 datierende Regelbeurteilung zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - im Januar 2015 - nicht mehr aktuell im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei. Der darin liegende rechtliche Mangel rechtfertige es, das Auswahlverfahren abzubrechen.

8

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Senatsakten sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II

9

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass durch den Abbruch des Auswahlverfahrens für den ausgeschriebenen Dienstposten die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

10

1. Der Antragstellerin steht ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite.

11

Ein rechtswidriger Abbruch des Auswahlverfahrens verletzt den grundrechtsgleichen Bewerbungsverfahrensanspruch. Die Bewerber können bereits diese Maßnahme, obwohl sie nur vorbereitenden Charakter besitzt, einer gerichtlichen Kontrolle zuführen.

12

Effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) gegen den unberechtigten Abbruch eines Auswahlverfahrens kann nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden. Das Begehren auf zeitnahe Fortführung des begonnenen Auswahlverfahrens kann durch eine Hauptsacheklage nicht erreicht werden. Der Anordnungsgrund für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ergibt sich aus dem Inhalt des Rechtsschutzbegehrens selbst, das auf eine sofortige Verpflichtung des Dienstherrn gerichtet ist und deshalb bereits aus strukturellen Gründen nur im Wege des Eilrechtsschutzes verwirklicht werden kann (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 22).

13

Der Obliegenheit zur zeitnahen Rechtsverfolgung binnen der Frist von einem Monat nach Zugang der Abbruchmitteilung (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 24) ist die Antragstellerin nachgekommen. Mitgeteilt worden ist ihr der Abbruch des Auswahlverfahrens unter dem 6. August 2015; ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung datiert auf den 1. September 2015.

14

2. Der Antragstellerin steht auch ein Anordnungsanspruch zu, weil die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Auswahlverfahren abzubrechen, ihren Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt. Für die Abbruchentscheidung fehlt es an einem hinreichenden sachlichen Grund.

15

a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 Satz 1 BBG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Belange, die nicht im Grundsatz der Bestenauswahl verankert sind, dürfen bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamten sind nach § 21 Satz 1 BBG regelmäßig zu beurteilen. Dem gesetzlichen Regelungssystem in § 21 Satz 1 und § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG liegt die Vorstellung zugrunde, dass die dienstliche Beurteilung an den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG zu orientieren ist, damit sie die Grundlage für nachfolgende Auswahlentscheidungen darstellen kann (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - ZBR 2016, 134 Rn. 31). Die dienstlichen Beurteilungen sollen darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Anderen Kriterien darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung eines der Bewerber ergibt (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 20).

16

Die in Art. 33 Abs. 2 GG normierten Auswahlgrundsätze und der hierauf bezogene Bewerbungsverfahrensanspruch sind auf eine Auswahlentscheidung bezogen. Entfällt diese, weil das ausgeschriebene Amt so nicht mehr vergeben werden soll, gehen auch die hierauf bezogenen Bewerbungsverfahrensansprüche unter. Ein Auswahlverfahren zur Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens kann auch durch einen Abbruch beendet werden, wenn der Dienstherr die Stelle zwar weiterhin vergeben will, hierfür aber ein neues Auswahlverfahren für erforderlich hält. Wirksam ist diese Entscheidung indes nur, wenn sie rechtmäßig ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - BVerfGK 5, 205 <214 f.>; BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 17). Prüfungsmaßstab hierfür ist Art. 33 Abs. 2 GG. Der Abbruch betrifft nicht die der Organisationsgewalt des Dienstherrn vorbehaltene Entscheidung darüber, ob und welche Ämter er schaffen und wie er seine Dienstposten zuschneiden will (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012- 2 C 11.11 - BVerwGE 145, 237 Rn. 20). Die Stelle soll vielmehr unverändert bestehen bleiben und auch vergeben werden. Die Entscheidung, das in Gang gesetzte Auswahlverfahren abzubrechen und die Stelle erneut auszuschreiben, bezieht sich allein auf die Vergabe des Amtes.

17

Auch die Ausgestaltung des Auswahlverfahrens hat den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 - NVwZ 2012, 366 Rn. 22). Verfahrensrechtliche Anforderungen oder Maßnahmen können wesentliche Weichen stellen, die den materiellen Gehalt der nachfolgenden Auswahlentscheidung beeinflussen oder vorherbestimmen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/07 - BVerfGK 12, 265 <270 f.>). Durch die mit einem Abbruch verbundene Veränderung des zeitlichen Bezugspunkts der Auswahlentscheidung etwa kann der Bewerberkreis verändert und ggf. auch gesteuert werden (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 18).

18

Der Abbruch eines Auswahlverfahrens bedarf daher eines sachlichen Grundes, der den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG genügt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Februar 2007 - 2 BvR 2494/06 - BVerfGK 10, 355 <358>). Der Dienstherr kann das Auswahlverfahren abbrechen, wenn es fehlerhaft ist und nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung führen kann oder wenn eine erneute Ausschreibung erforderlich wird, um eine hinreichende Anzahl leistungsstarker Bewerber zu erhalten (BVerwG, Urteil vom 29. November 2012- 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 17). Genügt die Abbruchentscheidung diesen Vorgaben nicht, ist sie unwirksam und das in Gang gesetzte Auswahlverfahren nach dessen Maßgaben fortzuführen. Eine Neuausschreibung darf nicht erfolgen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - BVerfGK 5, 205 <216> und vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 - NVwZ 2012, 366 Rn. 22; BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 19).

19

Die Rechtmäßigkeit des Abbruchs setzt darüber hinaus voraus, dass die Bewerber hiervon rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen und der wesentliche Abbruchgrund schriftlich dokumentiert wird (BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 27 f. und vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 19 f.).

20

Die von der Antragsgegnerin erlassenen Bestimmungen über die Beurteilung der Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten des Bundesnachrichtendienstes vom 1. Juli 2009 in der geltenden Fassung vom 27. Dezember 2011 enthalten keine weitergehenden Regelungen zu Form und Verfahren des Abbruchs eines Auswahlverfahrens.

21

b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Abbruch des Auswahlverfahrens im vorliegenden Fall rechtswidrig. Ein sachlicher Grund für den Abbruch liegt nicht vor. Insbesondere fehlte es nicht an aktuellen dienstlichen Beurteilungen.

22

Zutreffend geht die Antragsgegnerin zwar davon aus, dass der von Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 Satz 1 BBG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden muss (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 15 m.w.N.). Erfolgt die Auswahlentscheidung auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen, darf das Ende des letzten Beurteilungszeitraums bei Bundesbeamten zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG höchstens drei Jahre zurückliegen. Damit hat der Gesetzgeber eine zeitliche Höchstgrenze festgelegt, derzufolge eine Auswahlentscheidung auf eine dienstliche Beurteilung gestützt werden darf, die zum Zeitpunkt der Auswahl nicht älter als drei Jahre alt ist. Dem entspricht der von der Antragsgegnerin in ihren Beurteilungsbestimmungen unter Ziffer 2.2. festgelegte Rhythmus eines jeweils nahtlos an die vorangegangene Regelbeurteilung anschließenden dreijährigen Beurteilungszeitraums.

23

Der Senat hat darüber hinausgehend entschieden, dass ein Zeitablauf von rund eineinhalb Jahren zu lang ist, wenn der Bewerber nach dem Beurteilungsstichtag wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hat (BVerwG, Urteile vom 11. Februar 2009 - 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20 und vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 23). In einem solchen Fall muss eine Anlassbeurteilung erstellt werden. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin erfordert die Übertragung der Aufgaben aus dem streitgegenständlichen Dienstposten an den Mitbewerber L. indes nicht die Erstellung einer neuen dienstlichen Beurteilung. Denn dessen ohne vorangegangenes Auswahlverfahren erlangter Bewährungsvorsprung auf dem höherwertigen Dienstposten kann im Auswahlverfahren für diesen Dienstposten ohnehin nicht berücksichtigt werden.

24

Der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG ist auf ein konkretes Verfahren zur Vergabe eines bestimmten öffentlichen Amtes bezogen. Die Bewerber um dieses Amt stehen in einem Wettbewerb, dessen Regeln durch den Grundsatz der Bestenauswahl vorgegeben sind. Die Ansprüche der Bewerber stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind aufeinander bezogen. Jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirkt sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus (BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 23).

25

Die ohne vorangegangenes Auswahlverfahren - oder sogar entgegen der nach Leistungsgesichtspunkten veranlassten Auswahl - erfolgte Übertragung der Aufgaben aus dem höherwertigen Dienstposten an den Mitbewerber L. kann wegen der darin liegenden, mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbaren Bevorzugung nicht zu Lasten der Antragstellerin berücksichtigt werden. In Konkurrenzsituationen kommt dem Gebot der Chancengleichheit entscheidende Bedeutung zu. Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Bewerber verpflichtet den Dienstherrn während eines laufenden Bewerbungsverfahrens nicht nur zur leistungsgerechten Auswahl, sondern auch zur chancengleichen Behandlung aller Bewerber im Verfahren. Der Dienstherr muss sich fair und unparteiisch gegenüber allen Bewerbern verhalten. Dies schließt es aus, dass er Maßnahmen ergreift, die bei objektiver Betrachtung, d.h. aus der Sicht eines unbefangenen Beobachters, als eine Bevorzugung oder aktive Unterstützung eines Bewerbers erscheinen. Er darf nicht bestimmten Bewerbern Vorteile verschaffen, die andere nicht haben (BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 25).

26

Die "kommissarische" Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens an einen Mitbewerber im laufenden Auswahlverfahren stellt eine Maßnahme dar, die geeignet ist, diesem Vorteile zu verschaffen. Durch eine derartige - ohne vorangegangenes und den Maßgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG entsprechendes Auswahlverfahren erfolgte - Übertragung höherwertiger Aufgaben erhält ein Bewerber eine Bewährungschance, die andere Bewerber nicht haben. Der hieraus resultierende Vorsprung darf im Auswahlverfahren nicht zu Lasten der Antragstellerin herangezogen werden (vgl. hierzu bereits BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 23. Juni 2005 - 2 BvR 221/05 - ZBR 2006, 165 Rn. 19 ff. und vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - BVerfGK 12, 284 Rn. 8; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <375>).

27

Unbeschadet des Umstands, dass der Beamte auch für die tatsächlich erbrachte Leistung auf einem rechtswidrig erlangten Dienstposten eine dienstliche Beurteilung erhalten muss (BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 2014 - 2 B 7.14 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 61 Rn. 18), dürfen die dort gezeigten Leistungen dem rechtswidrig übergangenen Beamten - dem die Chance auf eine entsprechende Bewährung vorenthalten worden ist - nicht entgegengehalten werden. Soweit der Senat im Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - (BVerwGE 138, 102 Rn. 60 a.E.) - dort zu einer anders gelagerten Fallkonstellation - Gegenteiliges geäußert hat, hält er daran nicht mehr fest.

28

Das Anliegen, eine dienstliche Beurteilung für die vom Mitbewerber L. auf dem streitgegenständlichen Dienstposten erbrachten Leistungen einzuholen, stellt daher keinen sachlichen Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens dar.

29

c) Liegt unabhängig hiervon - etwa im Hinblick auf die Dauer des Rechtsschutzverfahrens - eine hinreichend aktuelle dienstliche Beurteilung für den Mitbewerber L. nicht mehr vor, kann dieser Mangel von der Antragsgegnerin im Wege der "fiktiven Fortschreibung" einer dienstlichen Beurteilung behoben werden.

30

Nach § 33 Abs. 3 BLV ist die letzte regelmäßige dienstliche Beurteilung fiktiv fortzuschreiben, wenn eine verwertbare aktuelle dienstliche Beurteilung nicht erstellt werden kann. Das Rechtsinstitut der "fiktiven Fortschreibung“ von dienstlichen Beurteilungen ist insbesondere für die Beurteilung freigestellter Mitglieder von Personalvertretungen (§ 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BLV) und für elternzeitbedingte Freistellungen (§ 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BLV) vorgeschrieben. Beispielhaft vorgesehene Anwendungsfälle sind darüber hinaus auch Beurlaubungen für eine Verwendung bei nicht dienstherrnfähigen Einrichtungen, wenn die Vergleichbarkeit der dort erhaltenen Beurteilungen nicht gegeben ist (§ 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BLV). Die fiktive Fortschreibung wird in der Praxis des Weiteren in anderen vergleichbaren Konstellationen angewandt, etwa bei Beurlaubungen zum Zwecke der Kinderbetreuung (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 5. Oktober 2012 - 1 B 681/12 - ZBR 2013, 162 Rn. 13). Die Aufzählung in § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV ist nicht abschließend (vgl. auch Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur BLV vom 14. Juli 2009, zu § 33, letzter Absatz).

31

Wie bei den ausdrücklich in § 33 Abs. 3 BLV benannten Fällen kann auch bei der rechtswidrigen Dienstposteninhaberschaft eine aktuelle dienstliche Beurteilung, die für die Auswahlentscheidung herangezogen werden könnte, nicht erstellt werden. Im Falle der rechtswidrigen Dienstpostenbesetzung ergibt sich das Fehlen einer verwertbaren aktuellen Beurteilung dabei aus rechtlichen Gründen. Die auf dem höherwertigen Funktionsamt erzielten Leistungen dürfen in einer Auswahlentscheidung gegenüber demjenigen Bewerber, der bei der Dienstpostenbesetzung rechtswidrig übergangen worden ist und dem selbst die Chance einer entsprechenden Bewährung daher in fehlerhafter Weise vorenthalten wurde, nicht in Ansatz gebracht werden. In dieser Konkurrentensituation kann die - tatsächlich erbrachte - aktuelle dienstliche Leistung daher nicht verwertet werden. Wie in den durch § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BLV geregelten Fällen mangelnder Vergleichbarkeit kann die hierfür erstellte Beurteilung nicht herangezogen werden.

32

Die "fiktive" Komponente im Falle einer rechtswidrigen Dienstposteninhaberschaft erfordert dabei nur, dass die aus der Aufgabenwahrnehmung eines höherwertigen Dienstpostens folgenden Besonderheiten unberücksichtigt bleiben. Die fiktive Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung kann hier daher durch eine (fiktive) Ausblendung der aus der Höherwertigkeit des Dienstpostens folgenden Tätigkeiten erfolgen. Die dienstliche Beurteilung auf dem höherwertigen Dienstposten muss hierfür um einen Abschnitt ergänzt werden, in dem eine hypothetische Beurteilung der erbrachten Leistungen erfolgt, bei der die aus der Wahrnehmung eines höherwertigen Dienstpostens folgenden Besonderheiten unberücksichtigt bleiben.

33

Da durch das Ausblenden der höherwertigen Aufgabenwahrnehmung eine Vorwirkung auf künftige Auswahlentscheidungen für die Vergabe von Statusämtern vermieden werden kann, ermöglicht die Verwendung des Rechtsinstituts der fiktiven Fortschreibung auch die Vergabe von Funktionsämtern während des Laufs von beamtenrechtlichen Konkurrentenverfahren und vermeidet damit das in der vorliegenden Fallgestaltung offenkundig werdende Problem einer Stellenblockade. Die Aufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens bedürfen zur Sicherstellung des öffentlichen Interesses an einer ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung einer ununterbrochenen Wahrnehmung. Die Vergabe des Funktionsamtes selbst unterliegt dabei auch nicht den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG, solange eine Vorwirkung auf die nachfolgende Statusamtsvergabe vermieden wird. Die Antragsgegnerin ist daher zur vorläufigen Besetzung des höherwertigen Dienstpostens befugt. Sie muss die Auswahlentscheidung aber ggf. nachträglich korrigieren, wenn sie sich im gerichtlichen Verfahren als rechtswidrig erweist. Für diese Überprüfung darf nicht auf einen ggf. erzielten Bewährungsvorsprung des Mitbewerbers zurückgegriffen werden, der auf der Höherwertigkeit des übertragenen Dienstpostens beruht. Steht die Vergabe des höherwertigen Aufgabenbereichs im Streit, muss derjenige Teil der aktuellen dienstlichen Beurteilung daher unberücksichtigt bleiben, der die Wahrnehmung spezifisch höherwertiger Aufgaben betrifft.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 1. September 2014 in Ziffer I und II wird der Antragsgegnerin aufgegeben, die Funktionsstelle „Fachbetreuung Musik“ am V.-...- Gymnasium der Antragsgegnerin nicht zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller und der Beigeladene bewarben sich - neben einem anderen Bewerber - um die von der Antragsgegnerin unter dem 16. Juli 2013 ausgeschriebene Stelle für die Funktion „Fachbetreuung Musik“ am V.-... Gymnasium (VMG) in R.

Bereits mit Stellenausschreibung vom 25. November 2008 hatte die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Funktionsstelle „Fachbetreuung Musik“ beim VMG ausgeschrieben, auf die sich der Antragsteller und der Beigeladene bewarben. Nach vorläufiger Aussetzung der Ausschreibung wurde die Stelle befristet bis 31. Dezember 2010 kommissarisch dem Antragsteller übertragen. Die Antragsgegnerin übertrug im März 2011 dem Antragsteller mit sofortiger Wirkung und auf Dauer die entsprechende Funktion. Auf einen vom Beigeladenen gemäß § 123 VwGO gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gab das Verwaltungsgericht mitBeschluss vom 25. Mai 2011 (RO 1 E 11.646) der Antragsgegnerin auf, es zu unterlassen, die Schulverwaltungsfunktion, Fachbetreuung Musik, am VMG mit dem Antragsteller zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Beigeladenen bestandskräftig entschieden sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, es habe sich geradezu der Verdacht aufgedrängt, dass der Antragsteller Wunschkandidat des Schulleiters sei und zu Ungunsten des Beigeladenen gegen das Gebot der Fairness verstoßen worden sei.

Aufgrund dieses Gerichtsbeschlusses entband die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom 8. Juni 2011 mit sofortiger Wirkung von der Schulverwaltungsfunktion „Fachbetreuer Musik“ am VMG. Mit Bescheid vom 4. August 2011 hob die Antragstellerin die Entscheidung, die Bewerbung des Beigeladenen abzulehnen, auf, um auf der Basis neuer Beurteilungen eine Auswahlentscheidung hinsichtlich der Stellenbesetzung zu treffen.

Der 19... geborene Antragsteller bestand im Jahr 2000 das zweite Staatsexamen für das höhere Lehramt an Gymnasien und trat den Dienst am VMG am 1. August 2006 an. Seit 1. Januar 2009 ist er Oberstudienrat in der BesGr A 14. In der dienstlichen Beurteilung vom 12. Juni 2008 für den Beurteilungszeitraum vom 1. August 2006 bis 30. April 2008 erhielt er das Gesamturteil 11 Punkte, in der Beurteilung vom 4. Juli 2011 für den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2010 12 Punkte.

Der 19... geborene Beigeladene trat den Dienst am VMG am 1. September 1989 an und wurde zum 1. Dezember 1993 zum Oberstudienrat nach BesGr A 14 befördert. In der dienstlichen Beurteilung 2002 erhielt er wie auch in der Beurteilung vom 23. April 2007 für den Beurteilungszeitraum vom 1. Februar 2003 bis 31. Dezember 2006 und in der Beurteilung vom 4. Juli 2011 für den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2010 jeweils das Gesamturteil 11 Punkte.

Der Beigeladene erhob in der Folgezeit gegen seine dienstliche Beurteilung Klage, welche noch unter dem Az. RO 1 K 12.1844 beim Verwaltungsgericht anhängig ist.

Aufgrund der um 1 Punkt besseren dienstlichen Beurteilung vom 4. Juli 2011 fiel die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin im Jahr 2013 wiederum auf den Antragsteller. Daraufhin stellte der Beigeladene erneut einen Antrag nach § 123 VwGO. Diesen lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 28. März 2013 (RO 1 E 13.215) ab, da auf Grundlage des Widerspruchs des Beigeladenen gegen den Ablehnungsbescheid vom 23. Januar 2013 der Gerichtsbeschluss vom 25. Mai 2011 fortgelte, wonach der Antragsgegnerin die einstweilige Besetzung der Funktionsstelle „Fachbetreuung Musik“ untersagt sei.

Daraufhin hob die Antragsgegnerin die interne Ausschreibung zur Besetzung der Stelle aus dem Jahr 2008 auf. Nach neuer Ausschreibung sollte die Auswahlentscheidung entsprechend einem Vergleichsvorschlag des Verwaltungsgerichts auf aktuelle Anlassbeurteilungen durch die neue Schulleiterin gestützt werden.

Unter dem 16. Juli 2013 erfolgte die erneute Ausschreibung. In den im Rahmen der erneuten Ausschreibung erstellten Anlassbeurteilungen vom 23. Januar 2014 für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 23. Januar 2014 wurde der Antragsteller mit einem Gesamturteil von 11 Punkten und der Beigeladene mit 12 Punkten beurteilt.

Die Schulleiterin legte die Anlassbeurteilungen dem obersten Dienstvorgesetzten auf dem Dienstweg vor. Unter dem 5. Februar 2014 formulierte der damalige Bürgermeister B. auf dem Vorlageschreiben, dass er die Ergebnisse dieser Beurteilung nicht für zutreffend halte und sie nicht mittrage. Daraufhin unterzog auf Weisung des Oberbürgermeisters die Abteilung Personalsteuerung die Stellungnahmen des Bürgermeisters und der Schulleiterin einer ausführlichen Würdigung und kam zu dem Ergebnis, dass es keinen Anlass gebe, die vorgelegten Anlassbeurteilungen nicht zu genehmigen. Daraufhin wurden die Anlassbeurteilungen vom Oberbürgermeister gebilligt.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2014 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen gefallen sei.

Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 5. Juni 2014 Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO vorläufig - bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache - zu verpflichten, die Funktionsstelle „Fachbetreuung Musik“ am VMG nicht mit einem anderen Bewerber als dem Antragsteller zu besetzen.

Der Antragsteller sei der besser geeignete Bewerber. Die der Stellenbesetzung zugrunde liegende Anlassbeurteilung sei nicht nur in weiten Teilen ungerecht, sie widerspreche auch dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsatz, wonach eine Anlassbeurteilung aus der Regelbeurteilung zu entwickeln sei. Die Anlassbeurteilung sei auch deshalb fehlerhaft, weil die Beurteilerin darauf verzichtet habe, einen Beurteilungsbeitrag des früheren Schulleiters einzuholen. In der Zwischenzeit habe der Antragsteller auch mit Schreiben vom 18. August 2014 seine Einwendungen gegen die Anlassbeurteilung begründet.

Mit Beschluss vom 1. September 2014 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Das Stellenbesetzungsverfahren lasse nicht erkennen, dass gegen den Grundsatz der Bestenauslese verstoßen worden sei und der Antragsteller mit seinem Begehren, die Besetzung der Funktionsstelle vorläufig auszusetzen, nach derzeitiger Sach- und Rechtslage in einem Hauptsacheverfahren voraussichtlich erfolgreich sein werde. Die Antragsgegnerin habe das 2008 eingeleitete Auswahlverfahren zu Recht aufgehoben, da ein sachlicher Grund für dessen Aufhebung vorgelegen habe. Dieses ergebe sich bereits daraus, dass durch das erkennende Gericht in mehreren Beschlüssen die Unvoreingenommenheit des früheren Dienstvorgesetzten und Beurteilers in Frage gestellt worden sei. Gegen die die Erstellung von Anlassbeurteilungen, bestünden keine rechtlichen Bedenken. Ihr stünden weder die Richtlinien der Antragsgegnerin über die Beurteilung ihrer Beamten noch gesetzliche Vorschriften entgegen. Nachdem die zu beurteilenden Bewerber keine Schulverwaltungsfunktion ausübten, sei eine Stellungnahme der zuständigen Fachbetreuung als Beurteilungsgrundlage einzuholen gewesen. Da diese Stelle nicht besetzt gewesen sei, habe die Dienstvorgesetzte in vertretbarer Weise die fachliche Einschätzung von Frau L. eingeholt. Diese sei, nachdem der Antragsteller im Juni 2011 von den Aufgaben der Schulverwaltungsfunktion „Fachbetreuung Musik“ entbunden worden sei, mit Schreiben vom 26. Juni 2011 noch vom damaligen Schulleiter gebeten worden, bis zur endgültigen Klärung der Übertragung der Fachbetreuung Musik die organisatorischen Arbeiten innerhalb der Fachschaft Musik zu übernehmen. Aus der Anforderung und Verwertung dieser Stellungnahme im Rahmen einer Einbindung in den allgemeinen Beurteilungsprozess ergebe sich nicht der Verdacht einer möglichen Voreingenommenheit der Schulleiterin. Dass die Stellungnahme von Frau L. als persönlichkeitsbedingtes Werturteil subjektive Elemente enthalte, verstehe sich von selbst. Offensichtlich halte sie die Teamfähigkeit sowie die Kommunikation- und Konfliktfähigkeit des Antragstellers für verbesserungsbedürftig. Eine persönliche Voreingenommenheit könne weder der Wortwahl der Äußerung von Frau L. noch ihrem Inhalt entnommen werden. Entsprechend den Grundsätzen der Rechtsprechung gebühre dem Beigeladenen der Vorrang. Er habe bei der Anlassbeurteilung vom 23. Januar 2014 ein Gesamturteil von 12 Punkten erhalten, während der Antragsteller lediglich 11 Punkte erreicht habe. Die Beurteilerin stützte ihre Anlassbeurteilung auf eine ausreichende Tatsachengrundlage. Zum einen sei sie bei Vornahme der Anlassbeurteilung ca. 30 Monate im Amt und somit in der Lage, die dienstlichen Tätigkeiten der Beteiligten durch eigene Wahrnehmungen einzuschätzen. Dazu gehörten eigene Wahrnehmungen und Beobachtungen bei Unterrichtsbesuchen, Proben und Vorbereitungsarbeiten für Konzerte, musikalische Veranstaltungen, Fachsitzungen sowie dem täglichen Dienstbetrieb in der Schule. Auch die Wahrnehmungen des Stellvertreters, Studiendirektor U. sowie der kommissarischen Fachbetreuerin Frau L. seien in die Stellungnahme eingeflossen. Rechtlich sei nicht zu beanstanden, dass die Beurteilerin keinen Beurteilungsbeitrag ihres Vorgängers eingeholt habe. Die einschlägigen Richtlinien der Antragsgegnerin sähen dies bei Anlassbeurteilungen nicht zwingend vor. Die Anlassbeurteilungen des Antragsgegners seien auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Aufgrund des Leistungsvorsprungs im Gesamturteil im Verhältnis zum Beigeladenen und der Zuerkennung der erforderlichen Verwendungseignung sei die getroffene Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen rechtmäßig. Auch die lediglich summarisch vorgenommene Prüfung der Einwendungen führe nicht zur voraussichtlichen Rechtswidrigkeit der Anlassbeurteilung des Antragstellers.

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts legte der Antragsteller am 16. September 2014 Beschwerde ein und beantragte,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 1. September 2014 die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorläufig - bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache - die Funktionsstelle „Fachbetreuung Musik“ am VMG der Antragsgegnerin nicht mit einem anderen Bewerber zu besetzen.

Das Verwaltungsgericht habe den Antrag des Beschwerdeführers zu Unrecht abgelehnt. Zutreffend sei zwar die Auffassung des Erstgerichts, das Auswahlverfahren sei aus sachlichen Gründen abgebrochen worden. Hiergegen habe der Antragsteller auch keine Einwendungen erhoben. Der Antragsteller bleibe bei seinem Vortrag, wonach - auch wegen der schwierigen Vorgeschichte in diesem Fall - eine Voreingenommenheit gegen seine Person die letzte dienstliche Beurteilung präge. Die Wortwahl in der Stellungnahme von Frau L. sei nicht nur im Ergebnis vernichtend, wie beispielsweise die Wortwahl „er bemüht sich“ zeige. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts würden solche Formulierungen schon seit den 60er Jahren als Ausdruck des Tadels begriffen. Vor allem aber die süffisante Formulierung, es gelinge ihm „bisweilen“, habe mit einem subjektiven Moment, das sich von selbst verstehe, nichts mehr zu tun. Die in Ziffer 3 der Stellungnahme vom 26. März 2013 geschilderten Vorfälle belegten deutlich, dass es zwischen Frau L. und dem Antragsteller eigene zwischenmenschliche Schwierigkeiten gebe. Es sei offensichtlich, dass das Ergebnis dieser Stellungnahme nicht auf Basis neutraler Beobachtungen, sondern auf eigener Verletztheit beruhe. Der Antragsteller habe auch vorgetragen, dass ihm dieses Schreiben wie auch die Beobachtungen vom 13. Januar 2014 erstmals mit Akteneinsicht im hiesigen Verfahren bekannt geworden seien. Er habe in den vergangenen eineinhalb Jahren keine Gelegenheit gehabt, den massiven Vorwürfen von Frau L. entgegenzutreten. Hieraus folgere er zu Recht eine Voreingenommenheit auch der Schulleiterin, die ihm rechtliches Gehör einerseits nicht gewährt habe, sich andererseits offenbar kritiklos diesen massiven Vorwürfen angeschlossen habe. Außerdem fehle es an einem Beurteilungsbeitrag des Vorgängers. Wie sich aus der gesamten Vorgeschichte ergebe, hätte der frühere Schulleiter einen positiv und sachlich gerechtfertigten Beurteilungsbeitrag geliefert, zumal er die Leistungen des Antragstellers in der Vergangenheit korrekt eingeschätzt habe. Es gebe im hiesigen Auswahlverfahren keinen einzigen Hinweis darauf, dass der vormalige Schulleiter gegenüber dem Antragsteller positiv und gegenüber dem Beigeladenen negativ voreingenommen gewesen sei. Dieser Umstand werde schlichtweg unterstellt. Jedenfalls hätte man ein ausgewogenes Bild über den gesamten Beurteilungszeitraum zeichnen können, hätte man auch den früheren Schulleiter angehört. Zwar sei beim Tätigkeitsbericht erwähnt, dass der Antragsteller vom 23. März 2011 bis 8. Juni 2011 das Amt „Fachbetreuung Musik“ innegehabt habe. Nicht erwähnt sei aber, dass er schon eineinhalb Jahre zuvor das Amt kommissarisch wahrgenommen habe und sich in diesem Amt bewährt habe. Eine Beurteilung dieser Erfahrung fehle völlig. Das Verwaltungsgericht verweise wiederholt darauf, dass es im Eilverfahren offen bleiben möge, inwieweit die weiteren Einwendungen des Antragstellers gegen die dienstliche Beurteilung in einem eventuellen Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen wären. Dies betreffe insbesondere die Frage des Beurteilungsbeitrags, die Frage einer Hinweispflicht auf die beabsichtigte Verschlechterung, unklare Formulierungen der Einzelbewertungen und insbesondere den gerügten Verstoß gegen das Entwicklungsgebot. Zu letzterem sei zwar richtigerweise festzustellen, dass der Antragsteller keinen Anspruch darauf habe, sein bisheriges Prädikat beizubehalten. Es sei aber bei der aktuellen Beurteilung die letzte Beurteilung zu berücksichtigen. Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung seien besonders zu begründen. An diesem Erfordernis mangle es. Die Argumentation des Verwaltungsgerichts, dass die Veränderung der Gesamturteile um jeweils 1 Punkt die Annahme eines Verstoßes gegen das Entwicklungsgebot nicht rechtfertige, gehe an der Sache vorbei.

Die Antragsgegnerin beantragte,

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Schulleiterin habe in ihrer Stellungnahme vom 18. Oktober 2014 u. a. ausgeführt, dass die Einschätzung von Frau L., wonach der Antragsteller „sich um eine adäquate Kommunikation innerhalb der Fachschaft bemühe“ und wonach „es ihm bisweilen gelinge, neben den eigenen Belangen auch Fachschaftsinteressen zu berücksichtigen“, sich mit ihren eigenen, mehrfach gemachten Erfahrungen und Beobachtungen aus dem täglichen Arbeitsablauf (z. B. beim Informationsfluss in der Fachschaft Musik, bei Fachsitzungen, bei der Vorbereitung von Konzerten) decke und dass die zugrunde liegenden Begebenheiten auch schriftlich dokumentiert seien. Der Antragsteller sei auch von der Schulleiterin in zahlreichen persönlichen Gesprächen auf die von Frau L. dargelegten Defizite im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit hingewiesen worden. Im Übrigen habe die Schulleiterin darauf hingewiesen, dass es sich bei ihrer Anlassbeurteilung um eine Würdigung und Wertung eigener Beobachtungen und Erfahrungen handle. Die kommissarische Übertragung der Schulverwaltungsfunktion „Musik“ sei dem Antragsteller ab dem Schuljahr 2009/2010 befristet bis einschließlich 31. Dezember 2010 kommissarisch übertragen worden. Nachdem sich die Anlassbeurteilung auf den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 23. Januar 2014 beziehe, wäre es fehlerhaft gewesen, Wahrnehmungen aus der kommissarischen Fachbetreuertätigkeit in die Anlassbeurteilung einzubeziehen. Eines Beurteilungsbeitrags des früheren Schulleiters habe es aus sachlichen Gründen nicht bedurft. Die Anlassbeurteilungen seien auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie von den Ergebnissen der vorherigen periodischen Beurteilungen in unterschiedlicher Weise abweichen und die vormalige Rangfolge der Beteiligten umkehren würden.

Der Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Ein Anordnungsgrund ist zu bejahen, da die Antragsgegnerin das Stellenbesetzungsverfahren mit den erfolgten Mitteilungen an die Bewerber abgeschlossen hat und die ausgeschriebene Stelle besetzt werden soll. Der Beigeladene kann einen Bewerbungsvorsprung erhalten, wenn ihm die verfahrensgegenständliche Funktionsstelle bereits vor einer bestandskräftigen Auswahlentscheidung übertragen wird (BayVGH, B. v. 29.1.2013 - 3 CE 12.1214 -juris Rn. 22).

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch, weil die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung, die streitgegenständliche Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nach Art. 33 Abs. 2 GG verletzt.

Gemäß § 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Bestenauslesegrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Mit den Begriffen Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eröffnet Art. 33 Abs. 2 GG bei Beförderungsentscheidungen einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn. Dieser unterliegt schon von Verfassungs wegen einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG verleiht Beamten in diesem Rahmen das Recht, eine Auswahlentscheidung dahingehend überprüfen zu lassen, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über ihre Bewerbung entschieden hat. Damit korrespondiert ein Bewerbungsverfahrensanspruch, dass die im Rahmen der Stellenbesetzung vorzunehmende Auswahlentscheidung gemäß dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 BV (vgl. § 9 BeamtStG, Art. 16 Abs. 1 LlbG) nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen ist (BVerfG, B. v. 11.5.2011 - 2 BvR 764/11 - juris Rn. 10; BVerwG, B. v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 juris Rn. 20; BayVGH, B. v. 17.5.2013 - 3 CE 12.2469 - juris Rn. 28).

Kommen mehrere Bewerber für einen höherwertigen Dienstposten in Betracht, muss der am besten Geeignete ausfindig gemacht werden. Der Bewerberauswahl dürfen nach Art. 33 Abs. 2 GG nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Bei der Auswahl des am besten geeigneten Bewerbers ist im Rahmen einer Prognose auf die Anforderungen eines konkret zu besetzenden Dienstpostens abzustellen. Den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug weisen diejenigen Merkmale auf, die darüber Aufschluss geben können, in welchem Maß der Bewerber den Anforderungen des angestrebten Dienstpostens voraussichtlich genügen wird (BVerwG, U. v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - juris Rn. 20; B. v. 22.11.2012 2 VR 5.12 juris Rn. 23 st. Rspr.).

Maßgebend für einen Leistungsvergleich sind Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in erster Linie in den dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, B. v. 19.12.2002 - 2 C 31/01 - BayVBl 2003, 533; BayVGH B. v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris Rn. 108 ff.; BayVGH B. v. 17.5.2013 - 3 CE 12.2469 - juris Rn. 32 ff.). Dabei ist darauf zu achten, dass die bei dem Vergleich der Konkurrenten zugrunde gelegten Beurteilungen untereinander vergleichbar sind. Dies ist in der Regel der Fall, wenn diese Beurteilungen im gleichen Statusamt erzielt worden sind. Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle sind in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am Besten als Grundlage für die Prognose dazu dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am Besten erfüllen wird. Geht es ausschließlich um die Besetzung eines Dienstpostens, so kann einem Bewerber, der nicht das beste Gesamturteil des Bewerberfeldes aufweist, der Vorrang eingeräumt werden, wenn er spezifische Anforderungen des Dienstpostens voraussichtlich am Besten erfüllt. Dieser Bewerber muss in Bezug auf bestimmte leistungsbezogene Gesichtspunkte, die für die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens von herausragender Bedeutung sind, in besonderem Maße geeignet sein. Auch dieses Urteil muss in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützt werden, je mehr das abschließende Gesamturteil eines Bewerbers abfällt, desto größer muss sein Vorsprung bei den spezifisch dienstpostenbezogenen Leistungskriterien sein, um ausgewählt werden zu können (BVerwG, B. v. 27.9.2011 - 2 VR 3/11 - juris Rn. 25).

Nach Aufhebung der internen Stellenausschreibung zur Besetzung der Stelle aus dem Jahr 2008 unter dem 22. Mai 2013 schrieb die Antragsgegnerin die Funktion „Fachbetreuung Musik“ am VMG erneut aus. Im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens forderte die Hauptabteilung Personalsteuerung die Erstellung von Anlassbeurteilungen für die Bewerber. Demnach erstellte die seit 1. August 2011 amtierende Schulleiterin Anlassbeurteilungen für den Antragsteller und den Beigeladenen für den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2011 bis 23. Januar 2014. Nach der Rechtsprechung steht dem Dienstherrn bzw. dem für diesen handelnden Beurteiler für das in der dienstlichen Beurteilung liegende persönliche Werturteil eine immanente Beurteilungsermächtigung zu. Aufgrund der Beurteilungsermächtigung sind dienstliche Beurteilungen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Die Verwaltungsgerichte können lediglich prüfen, ob der Beurteiler einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, ob er den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob er allgemeine Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat und ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten ist (BVerfG, B. v. 6.8.2002 - 2 BvR 2357/00 - juris Rn. 32; BVerwG, U. v. 21.3.2007 - 2 C 2.06 - juris Rn. 7; BayVGH, U. v. 7.5.2014 - 3 BV 12.2594 - juris Rn. 17). Soweit Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilung bestehen, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und gleichmäßig angewendet werden und ob sie mit der gesetzlichen Regelung, insbesondere mit denen der Laufbahnvorschriften über die dienstliche Beurteilung im Einklang stehen (BVerwG U. v. 19.12.2002 -2 C 31/01 - juris Rn. 17).

Entgegen 9.2 der Grundsätze für die dienstlichen Beurteilungen von Lehrkräften der Antragsgegnerin (Beurteilungsrichtlinien) wurde ein Beurteilungsbeitrag des Schulleiters als früherer Beurteiler für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Juli 2011 nicht eingeholt. Gemäß 9.2 der Beurteilungsrichtlinien ist ein Beurteilungsbeitrag zur dienstlichen Beurteilung zu erstellen, wenn ein Beamter im Beurteilungszeitraum in der Regel mindestens sechs Monate im Bereich von zwei oder mehreren Beurteilern eingesetzt war. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift gilt diese Regelung entsprechend bei Ausscheiden bzw. Wechsel des Beurteilers/der Beurteilerin im Beurteilungszeitraum. Der Beurteilungsbeitrag wird nicht unterschriftlich eröffnet, er ist aber dem Beamten in der Regel beim Entwurfsgespräch in Kopie auszuhändigen und die Berücksichtigung bei der Beurteilung zu erläutern. Diese Regelung für den Beurteilungsbeitrag unter Nr. 9 gilt nicht nur für die periodische Beurteilung, sondern auch für die Anlassbeurteilung. Nr. 9 der Beurteilungsrichtlinien unterscheidet nicht zwischen den einzelnen Beurteilungsarten, so dass diese Vorschrift grundsätzlich auch für Anlassbeurteilungen gilt. Im konkreten Fall bilden diese Anlassbeurteilungen fast den gesamten Zeitraum der periodischen Beurteilung ab, der noch bis Ende des Jahres 2014 geht. Demnach besteht kein Anlass, Nr. 9 der Beurteilungsrichtlinien nicht auf die hier erstellten Anlassbeurteilungen anzuwenden. Da der frühere Schulleiter als Beurteiler einen Beurteilungszeitraum von sieben Monaten abdeckt, sind die Voraussetzungen für die Erstellung eines Beurteilungsbeitrages gegeben. Innerhalb der Grenzen des Art. 54 ff LbG ist der Dienstherr weitgehend frei, Verfahren und Inhalt dienstlicher Beurteilungen durch Richtlinien festzulegen. Er kann entsprechend seinen Vorstellungen über die Erfordernisse in den einzelnen Verwaltungsbereichen unterschiedliche Beurteilungssysteme einführen, eine Notenskala aufstellen und festlegen, welchen Begriffsinhalt die einzelnen Notenbezeichnungen haben. Andererseits ist es angesichts dieser Gestaltungs- und Ermessensfreiheit um so bedeutsamer, dass der Dienstherr das gewählte Beurteilungssystem tatsächlich gleichmäßig auf alle Beamten anwendet, die bei beamtenrechtlichen Entscheidungen über ihre Verwendung und über ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können. Deshalb müssen die Beurteilungsmaßstäbe gleich sein und gleich angewendet werden (BVerwG U. v. 2.3.2000 - 2 C 7/99 - juris Rn. 18).

Höchstmögliche Vergleichbarkeit von dienstlichen Beurteilungen wird grundsätzlich durch einen gemeinsamen Stichtag und den gleichen Beurteilungszeitraum erreicht. Die Einheitlichkeit des Beurteilungszeitraums soll erreichen, dass die dienstliche Beurteilung für alle Beamten gleichmäßig die zu beurteilenden Merkmale nicht nur punktuell, sondern in ihrer zeitlichen Entwicklung erfasst. Eine Regelbeurteilung muss deshalb die Leistung des Beurteilten während des gesamten Beurteilungszeitraums umfassen (BVerwG U. v. 26.9.2012 - 2 A 2/10 - juris Rn. 10). Diese Grundsätze müssen auch auf die hier erstellten Anlassbeurteilungen übertragen werden, die den überwiegenden Teil des Regelbeurteilungszeitraums umfassen.

Einschränkungen dieses Grundsatzes sind nur hinzunehmen, soweit sie auf zwingenden Gründen beruhen. Keinen zwingenden Grund stellt dar, wenn der Beurteiler die Tätigkeit des Beamten nur für einen Teil des Beurteilungszeitraums aus eigener Anschauung kennt. Kann der Beurteiler die Leistungsbewertung nicht für den vollständigen Beurteilungszeitraum auf seine eigene Anschauung stützen, so hat er, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen. Der Beurteiler darf von der Heranziehung dieser Erkenntnisquellen nicht deshalb absehen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Beamten zutreffend einzuschätzen (BVerwG, U. v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - BVerwGE 138, 102 - Rn. 47;). Im konkreten Fall hat die Antragsgegnerin in 9.2. der Beurteilungsrichtlinien einen Zeitraum von sechs Monaten als maßgeblich angesehen, der von einem Beurteilungsbeitrag abgedeckt werden soll. Verwaltungsrichtlinien sind zwar keine Rechtsnormen, sollen aber eine einheitliche Verwaltungspraxis sicherstellen. Sie sollen im Beurteilungsverfahren eine Gleichbehandlung sicherstellen.

Zwar ist der Beurteiler an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden (BVerwG U. v. 5.11.1998 - 2 A 3/97 - juris Rn. 114 f.; U. v. 21.3.2007 -2 C 2/06 - juris Rn. 10, U. v. 16.10.2008 - 2 A 9/07 - Rn. 35). Auch Werturteile müssen auf nachvollziehbaren Feststellungen gegründet sein, die relevante Sachverhaltskomplexe oder Zeiträume nicht einfach ausblenden dürfen (BVerwG, B. v. 26.2.2004 - 2 B 41.03 - Rn. 3, U. v. 26.9.2012 - 2 A 2/10 - juris Rn. 12). Demnach hätte die Antragsgegnerin für die Anlassbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen Beurteilungsbeiträge einholen müssen.

Die Antragsgegnerin kann ihre gegenteilige Meinung auch nicht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. November 2010 - 2 C 16/09 - juris Rn. 47 stützen und eine Abweichung mit den besonderen Umständen des Falls begründen. Die Beurteilerin deckt nicht den gesamten Beurteilungszeitraum ab, sondern es bleibt ein Zeitraum offen, den die Antragsgegnerin in ihren Beurteilungsrichtlinien als maßgeblich angesehen hat. Inwieweit ein Beurteilungsbeitrag des früheren Schulleiters noch maßgeblich ist und inwieweit er in die Tiefe geht, lässt sich erst nach Einholung des Beurteilungsbeitrags abschätzen. Bereits davor Mutmaßungen anzustellen, würde eine Bewertung vornehmen, ohne sich mit dem Beurteilungsbeitrag auseinanderzusetzen. Eine Voreingenommenheit könnte auch erst nach Erstellen des Beurteilungsbeitrags geprüft werden.

Soweit der Senat im Beschluss vom 17. Dezember 2010 (3 ZB 09.2851 - juris Rn. 3) die Notwendigkeit eines Beurteilungsbeitrags für einen neunmonatigen Zeitraum zu Beginn der Beurteilungsperiode verneint hat, ist diese Fallkonstellation nicht mit der nunmehr zu entscheidenden zu vergleichen. In jenem Fall war nach den Beurteilungsrichtlinien ein Beurteilungsbeitrag bei Wechsel des Entwurfsverfassers nur notwendig, wenn ein beurteilungsfähiger Zeitraum von mindestens einem Jahr vorliegt. Die Antragsgegnerin hat in ihren Beurteilungsrichtlinien in zulässiger Weise jedoch bereits einen Zeitraum von sechs Monaten als maßgeblich erklärt, unabhängig davon, dass man den Zeitraum in den Beurteilungsrichtlinien auch auf ein Jahr festlegen könnte.

Auch das Schreiben des früheren Schulleiters vom 18. Februar 2012, das zu den Einwendungen des Beigeladenen gegen seine dienstliche Beurteilung 2010 erfolgte, ersetzt nicht Beurteilungsbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Juli 2011, denn es ist zu einer ganz anderen Thematik erfolgt und setzt sich auch nicht mit allen Beurteilungsmerkmalen auseinander. Unerheblich ist auch, dass die Einschätzung der Eignung des Antragstellers durch den früheren Schulleiter aktenkundig und bei der Vornahme der Anlassbeurteilung bekannt war (siehe Schreiben der Antragsgegnerin vom 3.11.2014), denn dies ersetzt keinen Beurteilungsbeitrag.

Somit fehlt es an dem nach den Beurteilungsrichtlinien vorgeschriebenen Beurteilungsbeitrag des früheren Schulleiters. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Formalvorschrift, sondern sie will bewerkstelligen, dass eine wesentliche Zeit, die die Antragsgegnerin mit sechs Monaten definiert hat, bei der Beurteilung Berücksichtigung findet. Das führt zu dem Ergebnis, dass die eingeholten Anlassbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen nicht der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden können. Das hat zur Folge, dass die Auswahlentscheidung rechtswidrig und damit dem Antrag auf einstweilige Anordnung stattzugeben ist.

Für das weitere Verfahren ergibt sich daraus, dass zunächst für die Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen Beurteilungsbeiträge des früheren Schulleiters einzuholen sind. Da zum 31. Dezember 2014 der Zeitraum der periodischen Beurteilung abläuft (6.1 der Beurteilungsrichtlinien, Art. 70 Abs. 8 Satz 1 LlbG), sind vor der neuen Auswahlentscheidung neue periodische Beurteilungen unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze einzuholen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 GKG, wobei der Senat auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um eine Dienstpostenbesetzung den Auffangstreitwert in voller Höhe festsetzt (BayVGH, B. v. 22.4.2013 - 3 C 13.298 - juris Rn. 4).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Unter Abänderung des Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Dezember 2014 wird dem Antragsgegner aufgegeben, die Stelle des Oberstaatsanwalts als Abteilungsleiter bei der Staatsanwaltschaft (BesGr. R2) in P. nicht zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller und der Beigeladene bewarben sich um die vom Antragsgegner unter dem 15. Juli 2014 ausgeschriebene Stelle eines Oberstaatsanwalts als Abteilungsleiter bei der Staatsanwaltschaft P. (BesGr. R 2).

Der 19... geborene Antragsteller steht als Staatsanwalt als Gruppenleiter (BesGr. R1 + AZ) im Dienst des Antragsgegners. In der dienstlichen Beurteilung vom 22. Mai 2012 für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 erhielt er das Gesamturteil 11 Punkte, in der Beurteilung vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2007 9 Punkte. Im Vorlageschreiben des Leitenden Oberstaatsanwalts in P. vom 4. August 2014 wird ausgeführt, dass die Stärken des Antragstellers im fachlichen Bereich liegen. Hinsichtlich seiner Sozialkompetenz wird bemerkt, dass der Antragsteller über eine gute Auffassungsgabe verfüge und auf die schnelle Erledigung der ihm übertragenen Ermittlungsverfahren bedacht sei. So sei er auch im aktuellen Vertretungsfall bestrebt, das Verfahren zügig zu beenden. Der Antragsteller nehme bei der Fallbearbeitung die Hilfestellung der elektronischen Datenverarbeitung nicht im gleichen Ausmaß wie die sonstigen Staatsanwälte seiner Abteilung wahr. Noch mehr Augenmerk könne der Antragsteller auf die Beachtung formaler Anforderungen, beispielhaft bei der Abfassung von Berichten, legen. Der Antragsteller könne das für den beworbenen Dienstposten erforderliche Führungspotential noch stärker zur Geltung kommen lassen.

Der 19... geborene Beigeladene steht ebenfalls als Staatsanwalt als Gruppenleiter (BesGr. R1 + AZ) im Dienst des Beklagten. In der dienstlichen Beurteilung vom 15. Juni 2012 für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 erhielt er das Gesamturteil 11 Punkte, in der Beurteilung vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2007 9 Punkte. Die Leitende Oberstaatsanwältin in D. führt in ihrem Vorlageschreiben vom 1. August 2014 aus, dass der Beigeladene durch seine Mitwirkung bei der Einarbeitung von Dienstanfängern und in der Vertretung des Abteilungsleiters Führungsaufgaben wahrgenommen habe. Bei den Kolleginnen und Kollegen genieße er durch seine Hilfsbereitschaft große Akzeptanz. Mit seinem Fleiß und seinem Engagement sei er ihnen Vorbild und Motivation. Das Textverarbeitungsprogramm web-sta, insbesondere das Schreibprogramm nutze der Beigeladene in großem Umfang. Mit den Mitarbeitern des Unterstützungsbereichs pflege er einen guten, unkomplizierten Umgang. Aufgrund seiner bescheidenen, umgänglichen Art, gleichwohl natürlichen Autorität, seiner Zuverlässigkeit sowie seiner Führungsstärke erscheine er für die Funktion eines Oberstaatsanwalts als Abteilungsleiter bei der Staatsanwaltschaft sehr gut geeignet.

Mit Schreiben vom 18. August 2014 schlug der Generalstaatsanwalt in M. vor, die ausgeschriebene Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen. Beide Bewerber wiesen eine aktuelle Beurteilung von 11 Punkten auf. Die Auswertung der aktuellen Beurteilungen und der Stellungnahmen der Dienstvorgesetzten ergebe, dass der Beigeladene im Vergleich mit dem Antragsteller über die ausgeprägtere Führungs- und Sozialkompetenz verfüge. Dieses Merkmal sei für die ausgeschriebene Stelle von ganz entscheidender Bedeutung. Der Beigeladene führe und motiviere durch sein Vorbild und sei aufgrund seiner Hilfsbereitschaft bei allen Kollegen und den Mitarbeitern des Servicebereichs sehr beliebt. Der Antragsteller verfüge auch über ein gewisses Maß an Führungspotential, das jedoch gerade für die Tätigkeit eines Abteilungsleiters bei der Staatsanwaltschaft noch ausgeprägter in Erscheinung treten müsse.

Im Rahmen einer Personalbesprechung am 16. September 2014 wählte der Staatsminister Prof. Dr. B. auf der Grundlage des Besetzungsberichts und der Personalakten unter Einbeziehung der dienstlichen Beurteilungen den Beigeladenen als den bestgeeigneten Bewerber aus.

Unter Bezugnahme auf den Besetzungsvorschlag vom 18. August 2014 bat der Staatsminister mit Schreiben vom 17. September 2014 den erweiterten Hauptstaatsanwaltsrat um Stellungnahme zur Eignung des Beigeladenen. Nach Zustimmung teilte das Bayerische Staatsministerium der Justiz dem Antragsteller mit Schreiben vom 25. September 2014 mit, dass beabsichtigt sei, die Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2014 beantragte der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung

dem Antragsgegner vorläufig zu untersagen, die Stelle des Oberstaatsanwalts als Abteilungsleiter bei der Staatsanwaltschaft P. (BesGr. R2) mit einem Bewerber zu besetzen, eine andere Bewerberin/einen anderen Bewerber darauf zu beschäftigen oder eine auf dem streitbefangenen Dienstposten bezogene Ernennungsurkunde auszuhändigen, bevor nicht über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden worden ist.

Aus der Stellenausschreibung ergebe sich nicht, dass bei im Wesentlich gleicher Eignung der Bewerber die Führungs- und Sozialkompetenz maßgeblich berücksichtigt werde. Unklar sei, inwieweit die Leistungen im fachlichen Bereich der Bewerber über den Vergleich der Gesamtnote der Beurteilung hinaus im Rahmen der Auswahlentscheidung berücksichtigt worden seien und aus welchen Gründen gerade die Führungskompetenz der Bewerber ausschlaggebende Bedeutung beigemessen worden sei. Man habe sich in unzulässiger Weise an den Stellungnahmen der jeweiligen Vorgesetzten der Bewerber orientiert. Schließlich seien dem Besetzungsvorgang eigene Auswahlerwägungen des Staatsministers nicht zu entnehmen.

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab. Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch geltend gemacht. Der Dienstherr habe im Besetzungsbericht deutlich gemacht, dass er auf die Erfüllung bestimmter Anforderungen im Hinblick auf das zu übertragende Amt besonderen Wert gelegt habe. Danach seien die Führungs- und Sozialkompetenz von maßgeblicher Bedeutung. Dies ergebe sich auch aus der Ziff. 3.2.3 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz „Anforderungsprofile für Richter und Staatsanwälte vom 30. September 2003 in der Fassung vom 21. Juli 2011 (JMBl. 2011, 74). Danach verlange der Tätigkeit des Oberstaatsanwalts als Abteilungsleiter die Tätigkeiten des „hinwirkens, anleitens, des förderns“ sowie des „anstoßens und des umsetzens“. Die vorliegenden aktuellen Beurteilungen ließen den Schluss zu, dass der Beigeladene über eine höhere Sozial- und Führungskompetenz verfüge. Auch die Feststellungen zum Teamverhalten des Beigeladenen verschafften diesem einen leichten Vorsprung gegenüber dem Antragsteller. Dieser sich bereits aus den aktuellen Beurteilungen ergebende Vorrang des Beigeladenen bei maßgeblichen Merkmalen wie der „Sozial- und Führungskompetenz“ spiegele sich auch in den Stellungnahmen der beiden Dienstvorgesetzten wieder, welche sie im Rahmen der Vorlage der Bewerbungsschreiben abgegeben hätten.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

Er rügt im Wesentlichen, dass die Auswahlentscheidung nicht anhand der vorliegenden (periodischen) Beurteilungen, sondern aufgrund der Vorlageschreiben der unmittelbaren Vorgesetzten der beiden Bewerber erfolgt sei und dass eine Auswahlentscheidung des Staatsministers dem Besetzungsvorgang nicht zu entnehmen sei.

Das Verwaltungsgericht habe den Vorrang der Beurteilung verkannt. Bei gleichem Gesamturteil habe der Dienstherr zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen. Auch wenn die Anforderungsprofile für Richter und Staatsanwälte (Bekanntmachung des Staatsministeriums der Justiz vom 22. September 2003 in der Fassung vom 21. Juni 2011 (JMBl. S. 74) ein geeignetes Hilfsmittel für die Auswahl darstellen, bleibe es beim Vorrang der Beurteilungen. Im Übrigen ergebe sich aus den Anforderungsprofilen keine vorrangige Bedeutung der Führungs- und Sozialkompetenz für Beförderungsämter für Richter und Staatsanwälte. Es sei nur ein Kriterium von mehreren. Es sei nicht ersichtlich, warum der Antragsgegner nunmehr gerade auf die Führungs- und Sozialkompetenz im Hinblick auf den ausgeschriebenen Dienstposten besonderen Wert lege, zumal die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung auf das Amt im statusrechtlichen Sinne bezogen und nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen dürfe. Sofern man annehme, dass der Antragsgegner in rechtlich nicht zu beanstandender Weise der Führungs- und Sozialkompetenz der Bewerber maßgebliche Bedeutung zugemessen habe, so seien jedenfalls die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehbar, dass die vorliegenden aktuellen Beurteilungen den Schluss zuließen, dass der Beigeladene diesbezüglich einen Vorsprung gegenüber dem Antragsteller habe. Vielmehr werde dem Antragsteller tatsächliche Führungsstärke bescheinigt. Auch ein Vorsprung des Beigeladenen bei den Feststellungen zum Teamverhalten sei nicht erkennbar. Der Besetzungsvermerk stütze sich tatsächlich in erster Linie auf die Stellungnahmen der unmittelbaren Vorgesetzten der Bewerber. Die Stellungnahme des Vorgesetzten des Antragstellers stehe nicht im Einklang mit den Feststellungen in der letzten aktuellen Beurteilung und sei auch nicht geeignet, die Feststellungen der letzten periodischen Beurteilung im Hinblick auf das besondere Anforderungsprofil des erstrebten Amtes zu konkretisieren und im Einzelnen zu beschreiben.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und keinen eigenen Antrag gestellt.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behörden- sowie Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund (1.) als auch einen Anordnungsanspruch (2.) glaubhaft gemacht und kann daher eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen (3.).

1. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Beigeladene kann einen Bewährungsvorsprung erhalten, wenn ihm die verfahrensgegenständliche Funktionsstelle bereits vor einer bestandskräftigen Auswahlentscheidung übertragen wird (vgl. BayVGH, B. v. 29.1.2013 - 3 CE 12.1214 - juris Rn. 23).

2. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch, weil die vom Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung, die streitgegenständliche Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nach Art. 33 Abs. 2 GG verletzt.

Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Bestenauslesegrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Mit den Begriffen Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eröffnet Art. 33 Abs. 2 GG bei Beförderungsentscheidungen einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn. Dieser unterliegt schon von Verfassungs wegen einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG verleiht Beamten in diesem Rahmen das Recht, eine Auswahlentscheidung dahingehend überprüfen zu lassen, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über ihre Bewerbung entschieden hat. Damit korrespondiert ein Bewerbungsverfahrensanspruch, dass die im Rahmen der Stellenbesetzung vorzunehmende Auswahlentscheidung gemäß dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 BV (vgl. § 9 BeamtStG, Art. 16 Abs. 1 LlbG) nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen ist (BVerfG, B. v. 11.5.2011 - 2 BvR 764/11 - juris Rn. 10; BVerwG, B. v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 - juris Rn. 20; BayVGH, B. v. 17.5.2013 - 3 CE 12.2469 - juris Rn. 28).

Aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m.. Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich die Pflicht des Dienstherrn, die wesentlichen Abwägungserwägungen schriftlich niederzulegen und so eine Auswahlentscheidung transparent zu machen (vgl. BayVGH, B. v. 9.5.2014 - 3 CE 14.286 - juris Rn. 21). Nur in Kenntnis der Entscheidungsgrundlagen kann der unterlegene Bewerber entscheiden, ob er eine Auswahlentscheidung hinnehmen oder gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Vor diesem Hintergrund muss nach Auffassung des Senats der Begriff „ergänzen“ in § 114 Satz 2 VwGO abgegrenzt werden von neuen Erwägungen, die einer neuerlichen Auswahlentscheidung vorbehalten sind (vgl. BVerfG, B. v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - ZBR 2008, 169 - juris Rn. 22 f.; BayVGH, B. v. 21.1.2005 - 3 CE 04.2889 - BayVBl. 2006, 91 - juris Rn. 29).

a. Das Verfahren entspricht in formaler Hinsicht den Erfordernissen der Rechtsprechung, wonach die maßgeblichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niedergelegt werden müssen, da durch das Nachschieben der Auswahlerwägungen im gerichtlichen Verfahren der gerichtliche Rechtsschutz des Betroffenen unzumutbar erschwert wäre (BVerfG, B. v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - ZBR 2008, 169 - juris).

Aus der Rüge des Antragstellers, dass sich den Akten des Antragsgegners keine eigenen Auswahlerwägungen des Staatsministers entnehmen ließen, ergibt sich die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung nicht. Dem im Auswahlverfahren unterlegenen Mitbewerber obliegt im Eilverfahren die Darlegungslast für die von ihm behauptete Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung. Grundlage hierfür können allein die in den Akten der Behörde niedergelegten Auswahlerwägungen sein. Aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m.. Art. 19 Abs. 4 GG folgt deshalb die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Auch stellt nur die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie ist damit die verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, B. v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - ZBR 2008, 169 - juris Rn. 20 bis 22).

Vorliegend sind die maßgeblichen Auswahlerwägungen im Besetzungsakt der Behörde ausreichend dokumentiert. Im Schreiben des Generalstaatsanwalts in M. vom 18. August 2014 werden Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Antragstellers und des Beigeladenen dargestellt; es wird im Einzelnen begründet, weshalb der Beigeladene als der geeignetere Bewerber erachtet wird. Der Staatsminister hat in seinem Schreiben vom 17. September 2014 an den Vorsitzenden des Hauptstaatsanwaltsrats in Personalangelegenheiten, in dem er seine Absicht mitgeteilt hat, die Stelle dem Beigeladenen zu übertragen, ausdrücklich auf den Besetzungsvorschlag des Generalstaatsanwalts in M. vom 18. August 2014 Bezug genommen. Er hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er die Begründung des Besetzungsvorschlags übernimmt und diese Begründung Grundlage der von ihr getroffenen Besetzungsentscheidung ist (vgl. BayVGH, B. v. 29.11.2012 - 3 CE 12.2225 - juris Rn. 29).

b. Das Auswahlverfahren ist jedoch in materieller Hinsicht fehlerhaft.

Ausgangspunkt der gerichtlichen Überprüfung ist der Auswahlvermerk vom 18. August 2014, mit dem der Generalstaatsanwalt in M. nach einem Vergleich der Bewerber vorgeschlagen hat, die verfahrensgegenständliche Funktionsstelle mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Kommen - wie hier - mehrere Bewerber für einen höherwertigen Dienstposten in Betracht, muss der am besten Geeignete ausfindig gemacht werden. Der Bewerberauswahl dürfen nach Art. 33 Abs. 2 GG nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Bei der Auswahl des am besten geeigneten Bewerbers ist im Rahmen einer Prognose auf die Anforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens abzustellen. Den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug weisen diejenigen Merkmale auf, die darüber Aufschluss geben können, in welchem Maß der Bewerber den Anforderungen des angestrebten Dienstpostens voraussichtlich genügen wird (BVerwG, U. v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 - juris Rn. 20, B. v. 22.11.2012 - 2 VR 5.12 - juris Rn. 23 ständige Rechtsprechung).

Maßgebend für den Leistungsvergleich sind Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in erster Linie in den dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, B. v. 19.12.2002 - 2 C 31.01 - BayVBl. 2003, 533; BayVGH, B. v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris Rn. 108 f.; BayVGH B. v. 17.5.2013 - 3 CE 12.2469 - juris Rn. 32 f.). Dabei ist darauf zu achten, dass die bei dem Vergleich der Konkurrenten zugrunde gelegten Beurteilungen untereinander vergleichbar sind. Dies ist in der Regel der Fall, wenn diese Beurteilungen im gleichen Statusamt erzielt worden sind. Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle sind in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird. Geht es ausschließlich um die Besetzung eines Dienstpostens, so kann einem Bewerber, der nicht das beste Gesamturteil des Bewerberfeldes aufweist, der Vorrang eingeräumt werden, wenn er spezifische Anforderungen des Dienstpostens voraussichtlich am besten erfüllt. Dieser Bewerber muss in Bezug auf bestimmte leistungsbezogene Gesichtspunkte, die für die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens von herausragender Bedeutung sind, in besonderem Maße geeignet sein. Auch dieses Urteil muss in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützt werden, je mehr das abschließende Gesamturteil eines Bewerbers abfällt, desto größer muss sein Vorsprung bei den spezifischen dienstpostenbezogenen Leistungskriterien sein, um ausgewählt werden zu können (BVerwG, B. v. 27.9.2011 - 2 VR 3/11 - juris Rn. 25).

Gemessen an diesen Vorgaben, ist die verfahrensgegenständliche Auswahlentscheidung fehlerhaft.

Der Antragsgegner durfte zwar in Hinblick auf das Anforderungsprofil des zu besetzenden Dienstpostens auf die Führungs- und Sozialkompetenz besonderen Wert legen (vgl. BayVGH, B. v. 29.11.2012 - 3 CE 12.2225 - juris Rn. 34). Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend auf die Ziff. 3.2.3 der Bekanntmachung des (damals) Bayerischen Staatsministeriums für Justiz und Verbraucherschutz vom 30. September 2003 in der Fassung vom 21. Juni 2011 zum Anforderungsprofil für Richter und Staatsanwälte hingewiesen, aus der sich das Kriterium der Führungs- und Sozialkompetenz für die ausgeschriebene Stelle eines Staatsanwalts als Abteilungsleiter ableiten lässt.

Fehlerhaft wurde jedoch in dem Besetzungsvorschlag auf die Vorlageschreiben der unmittelbaren Vorgesetzten abgestellt, deren Inhalt sich - jedenfalls im Falle des Antragstellers - nicht in seiner aktuellen periodischen Beurteilung 2012 widerspiegelt.

Der Vorrang des Beigeladenen hinsichtlich der Führungs- und Sozialkompetenz wird damit begründet, dass der er durch sein Vorbild führt und motiviert und aufgrund seiner Hilfsbereitschaft bei allen Kollegen und den Mitarbeitern des Servicebereichs sehr beliebt ist. Beim Antragsteller wird hinsichtlich dieses Kriteriums vermerkt, dass er über ein gewisses Maß an Führungspotential verfüge, das jedoch gerade für die Tätigkeit eines Abteilungsleiters bei der Staatsanwaltschaft noch ausgeprägter in Erscheinung treten müsse. Der Generalstaatsanwalt hat sich damit ersichtlich an den Vorlageschreiben der unmittelbaren Vorgesetzten der beiden Konkurrenten orientiert. Hinsichtlich des Beigeladenen finden sich in dessen periodischer Beurteilung 2012 ausreichend Anhaltspunkte, die diese Einschätzung stützen. So wird beispielsweise unter „Teamverhalten“ die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Vorgesetzten, Kollegen und Serviceeinheit aufgeführt, unter „Führungsfähigkeit“ wird ihm hohe Sozialkompetenz bescheinigt und ihm unter „Führungspotential“ aufgrund seiner hohen Sozialkompetenz die Befähigung zur Übernahme von Führungsaufgaben attestiert. Hinsichtlich des Antragstellers ergeben sich aus seiner periodischen Beurteilung 2012 jedoch keine Anhaltspunkte dafür, die die Einschätzung tragen, er verfüge über ein gewisses Maß an Führungspotential, das jedoch gerade für verfahrensgegenständliche Stelle noch stärker in Erscheinung treten müsse. Ihm wird unter „Führungspotential“ Objektivität, Sachlichkeit und Kompetenz bescheinigt und ausgeführt, dass er als Vertreter des Abteilungsleiters und bei Dienstbesprechungen auf Abteilungsleiter-Ebene und mit dem Behördenleiter Führungspotential gezeigt habe. Unter „Verwendungseignung“ wird er als geeignet für Positionen der nächst höheren Besoldungsgruppe an den Gerichten und Staatsanwaltschaften angesehen. Er habe seine Führungsqualitäten von Anfang an unter Beweis gestellt. Damit lassen sich aus der Beurteilung 2012 keine objektiv belastbaren Inhalte herauslesen, die die herabqualifizierende Aussage des unmittelbaren Vorgesetzten des Antragstellers, die maßgeblich zur angegriffenen Auswahlentscheidung geführt hat, rechtfertigen ließe. Insoweit ist auch der Ansatz des Verwaltungsgerichts nicht richtig, das die dienstlichen Beurteilungen der beiden Konkurrenten über den objektiven Wortlaut in einer Art und Weise interpretiert hat, die nur dem Dienstherrn in der Person des Auswählenden zusteht und von den Gerichten nur eingeschränkt überprüft werden kann. Das Vorlageschreiben des unmittelbaren Vorgesetzten des Antragstellers relativiert dessen Bewertung in der periodischen Beurteilung, ohne dies durch eine rechtlich angreifbare Anlassbeurteilung darzustellen, und kann daher bei der Auswahlentscheidung keine Berücksichtigung finden.

3. Der unterlegene Beamte kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal gewählt zu werden, offen sind, d. h. wenn seine Auswahl möglich erscheint (vgl. BVerfG, B. v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 - ZBR 2002, 427 - juris Rn. 13, 14).

Das Bundesverfassungsgericht hat die eigenständige Bedeutung und Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts betont (vgl. u. a. BVerfG, B. v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - juris, Rn. 16 ff.; B. v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 - juris, Rn. 10 ff.). Diese notwendig als Verfahrensanspruch ausgeprägte Rechtsposition würde aber erheblich eingeschränkt, wenn sich ein unterlegener Bewerber regelmäßig auf eine prognostische Erörterung seiner Beförderungsaussichten einlassen müsste, die zu einem erheblichen Teil mit Unwägbarkeiten versehen sind. Zudem ist es den Verwaltungsgerichten angesichts des dem Dienstherrn zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraums verwehrt, hinsichtlich der Frage, ob die Auswahl des unterlegenen Antragstellers als möglich erscheint, eine Prognose über eine neu vorzunehmende Auswahlentscheidung zu treffen und der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen. Hierfür ist allein der Dienstherr zuständig (vgl. BVerfG, B. v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 - juris, Rn. 16; BVerwG, U. v. 4.11. 2010 - 2 C 16.09 - NJW 2011, 695 - juris). Das Gericht ist weder verpflichtet noch ist es ihm rechtlich möglich, in mehr oder weniger zutreffende Wahrscheinlichkeitsüberlegungen darüber einzutreten, mit welchem Ergebnis die Auswahlentscheidung des Dienstherrn ausgegangen wäre, wenn er sein Ermessen fehlerfrei betätigt hätte. Bei Erwägungen des Gerichts, wie eine erneute Auswahlentscheidung ausgehen könnte, ist große Zurückhaltung geboten. Die Voraussage, das mit einem Eilantrag letztlich verfolgte Ziel, dass der Dienstherr das Auswahlermessen zugunsten des Antragstellers ausübt, sei unerreichbar, ist nur in zweifelsfreien Ausnahmefällen denkbar (vgl. OVG NW, B. v. 10.3.2009 - 1 B 1518/08 - juris, Rn. 55 f.).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Dass der Antragsteller in einer erneuten, rechts- und ermessensfehlerfrei getroffenen Auswahlentscheidung wiederum unterliegen würde, kann nicht mit einem derartigen, an Sicherheit grenzenden Grad an Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden, dass deswegen der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unter dem Gesichtspunkt fehlender Sicherungsfähigkeit des Bewerbungsverfahrensanspruchs scheitern müsste. Es ist nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung chancenlos wäre, da die Auswahlentscheidung aufgrund der periodischen Beurteilungen 2012 zu treffen ist, in denen sich sowohl Beigeladener als auch Antragsteller nahezu gleichwertig gegenüberstehen und die Interpretation der einzelnen Beurteilungsmerkmale durch den Dienstherrn zugunsten eines der Bewerber nicht sicher prognostiziert werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 GKG, wobei der Senat auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um eine Dienstpostenbesetzung den Auffangstreitwert in voller Höhe festsetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).