Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 80.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen lebensmittelrechtlichen Bescheid des Antragsgegners, mit dem In-Verkehr-Bringungsverbote für Fleischzubereitungen sowie von bereits produzierten Fleischdrehspießen in sofort vollziehbarer Weise angeordnet wurden und durch den für den Fall der Nichtbeachtung der Verbote die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht wurde.

Am 4.6.2014 entnahm das Landratsamt ... im Betrieb der Antragstellerin einen sogenannten „Berlin-Döner“. Laut Etikett handele es sich dabei um einen „Hähnchen-Puten Drehspieß tiefgefroren“. Die von der Antragstellerin produzierten Fleischdrehspieße sind dazu gemacht, um an Imbissbetriebe verkauft zu werden. Dort werden sie senkrecht stehend und drehend gegrillt und gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher abgegeben. Der entnommene Drehspieß wurde seitens des Landratsamts zum Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Oberschleißheim zur Untersuchung verbracht.

Ausweislich des vom LGL erstellten Gutachtens vom 26.8.2014 über die durchgeführte Untersuchung habe der Drehspieß in mehrerlei Hinsicht nicht den geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprochen. Im Einzelnen enthält das Gutachten folgende Beanstandungen:

- Das auf der Fertigpackung befindliche Verzeichnis der Zutaten entspreche nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV). Beim untersuchten Erzeugnis sei aufgrund der Analyseergebnisse ein Anteil an zugesetztem Wasser von mindestens 12% ermittelt worden. Die Zutat Wasser sei in der Zutatenliste angegeben. Allerdings werde die Zutat an letzter Stelle nach den Zusatzstoffen aufgeführt. Wasser sei jedoch mengenmäßig noch vor Speisesalz aufzulisten.

- Auch sei ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 LMKV festzustellen, wonach eine zusammengesetzte Zutat (§ 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV) im Zutatenverzeichnis nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils angegeben werden könne, sofern für sie eine Verkehrsbezeichnung durch Rechtsvorschrift festgelegt oder nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblich sei und ihr eine Aufzählung ihrer Zutaten in absteigender Reihenfolge des Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei ihrer Herstellung unmittelbar folge. In der Zutatenliste des Fleischspießes sei die zusammengesetzte Zutat „Würzmittel“ aufgeführt. Dahinter in Klammern würden die Zutaten „Maltodextrin, Aroma, Sellerie“ der zusammengesetzten Zutat genannt. Diese Aufzählung sei nicht vollständig. Laut den vorliegenden Informationen des Würzmittelherstellers seien in dem verwendeten Würzmittel beispielsweise auch die Zutat „Geschmacksverstärker E 621“ sowie weitere Zutaten, die in der Klammer nicht genannt würden, enthalten. Die Aufzählung sei mithin unvollständig. - Schließlich sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 6 LMKV i. V. m. § 8 LMKV die Mengenkennzeichnung der Zutaten für alle Lebensmittel in Fertigpackungen verbindlich vorgeschrieben. Demnach seien die „wertbestimmenden“ oder „verkaufsentscheidenden“ Zutaten mengenmäßig anzugeben. Im Fall des streitgegenständlichen Spießes fehle jedoch die mengenmäßige Angabe des Anteils an Fleisch.

- Ferner wird in dem Gutachten die Verkehrsbezeichnung beanstandet. Auf dem Originaletikett werde das untersuchte Erzeugnis als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ (Schriftgröße ca. 3 mm n-Höhe)“ bezeichnet. In unmittelbarer Nähe der Produktbezeichnung werde blickfangmäßig und in besonderer Schrift (ca. 4 mm n-Höhe) die Angabe „Berlin Döner“ gemacht. Nach den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches (Teil II Nr. 2.511.7) enthalte „Hähnchen-/Puten-Döner Kebab(p)“ außer Salz, Gewürzen und gegebenenfalls Eiern, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt keine weiteren Zutaten. Nach den Angaben im Zutatenverzeichnis des untersuchten Fleischspießes würden bei der Herstellung des Erzeugnisses jedoch auch Stärke, modifizierte Stärke, pflanzliches Eiweiß (Soja, Erbse), Gluten und Dextrose etc. verwendet. Analytisch sei Sojaprotein in einer Größenordnung von 0,6% nachgewiesen worden. Dementsprechend weiche das Produkt von der allgemeinen Verkehrsauffassung ab. Außerdem werde laut Etikett „PflanlichFasern(Weizen)“ verwendet. Diese Zutat diene offenbar zur Bindung von Wasser. Entsprechendes gelte für die laut Etikett zugesetzte Cellulose (E 460). Darüber hinaus sei dem Produkt ein Anteil von mindestens 12% Wasser zugesetzt worden, was bei einem „Döner Kebab“ ebenfalls nicht verkehrsüblich sei. Hier zeige es sich, dass das Erzeugnis der Verkehrsauffassung eines „Döner Kebab“ widerspreche. Es handele sich aufgrund seiner Zusammensetzung um ein anderes Produkt (Aliud). Die Bezeichnung „Döner“ oder „Döner Kebab“ sei unzutreffend und dürfe nicht verwendet werden. Erforderlich sei nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV die Angabe einer Beschreibung des Lebensmittels, die es dem Verbraucher ermögliche, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden.

Zwar werde das Erzeugnis auch als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichnet, allerdings werde in unmittelbarer Nähe der Produktbezeichnung blickfangmäßig und in größerer Schrift die Angabe „Berlin Döner“ gemacht. Durch die räumliche Nähe erscheine letztere Bezeichnung als die Verkehrsbezeichnung, die mit den Worten „Hähnchen-Puten Drehspieß“ näher erklärt werde. Die Aufmachung suggeriere daher, dass es sich bei dem Produkt um einen „Döner“ handele. Da dies jedoch nicht der Fall sei, sei die Aufmachung geeignet, den Verbraucher im Sinne des § 11 Abs. 1 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) in die Irre zu führen.

Im Übrigen wird im Gutachten darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ als Verkehrsbezeichnung unzureichend sei. Das Produkt beinhalte Fremdeiweiße (Soja, Erbse) und zugesetztes Wasser. Diese Bestandteile seien wertbestimmend, weshalb ein Hinweis auf diese Bestandteile in der Verkehrsbezeichnung erforderlich sei.

- Beanstandet wird zudem die Verwendung von „PflanlichFasern(Weizen)“. Darunter seien vermutlich Weizenhalmfasern zu verstehen. Diese würden aller Voraussicht nach nicht als Ballaststoff zugesetzt, so dass es sich nicht um einen Nährstoff handele, sondern um einen Zusatzstoff, weil die Beimengung offensichtlich dazu diene, eine technologische Wirkung (Bindung von Wasser) zu erzielen. Zur eindeutigen Klärung des Sachverhalts werde eine Rezepturüberprüfung empfohlen.

- Schließlich wird beanstandet, dass die Fleischdrehspieße die Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat) enthalten. Da es sich bei den von der Antragstellerin hergestellten Produkte um Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 handele, seien die Produkte der Lebensmittelkategorie 8.2 gemäß des Anhangs II Teil D der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 8.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die genannten Zusatzstoffe für Fleischzubereitung nicht zugelassen, weshalb sie gemäß Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden dürften.

Aufgrund dieses Gutachtens ordnete das Landratsamt ... am 3.9.2014 gegenüber der Antragstellerin mündlich an, dass bis auf Weiteres sämtliche Fleischzubereitungen, welche mit den Zusatzstoffen E 460, E 450 und E 451 behandelt wurden, nicht für den menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Mit schriftlichem Bescheid vom 5.9.2014 ordnete das Landratsamt unter Ziffer I. Folgendes an:

1. Dem Betrieb B. KG, H... in ... O., wird namentlich ab sofort das In-Verkehr-Bringen von Fleischzubereitungen für den menschlichen Verzehr so lange untersagt, bis eine Freigabe durch das Landratsamt ... - Veterinärwesen - erfolgt.

2. Mit einer Freigabe des In-Verkehr-Bringens von Fleischzubereitungen durch die Behörde ist erst dann wieder zu rechnen, wenn eine ordnungsgemäße Kennzeichnung sowie eine verkehrsfähige Rezepturänderung erfolgt.

3. Die in der Bestandsliste (Anlage 2) aufgeführten produzierten bzw. derzeit im Betrieb lagernden Fleischzubereitungen dürfen nicht mehr zum menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden, diese Untersagung wurde dem Betrieb bereits am 3.9.2014 mündlich mitgeteilt.

Jegliche weitere Vorgehensweise (z. B. Entsorgung) bezüglich dieser Fleischzubereitungen ist dem Landratsamt ... - Veterinärwesen - spätestens zwei Werktage vor der geplanten Maßnahme schriftlich mitzuteilen.

Unter Ziffer II. wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 3 angeordnet.

In Ziffer III. wurde für den Fall der Nicht- oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Nr. 1 und 3 der unmittelbare Zwang, z. B. durch Versiegelung der Betriebsräume, angeordnet (gemeint: angedroht).

Zur materiellen Begründung des Bescheides werden im Wesentlichen die Ausführungen des Gutachtens des LGL vom 26.8.2014 wiederholt, welches dem Bescheid als Anlage beigegeben wurde. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.

Gegen diesen der Antragstellerin am 6.9.2014 zugestellten Bescheid ließ diese am 1.10.2014 Klage erheben, die unter dem Az. RN 5 K 14.1637 geführt wird. Zugleich stellte sie einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.

Die Beanstandungen im streitgegenständlichen Bescheid seien rechtswidrig, weshalb das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Vollzugsinteresse überwiege.

So enthielten die Fleischspieße keine nicht zugelassenen Zusatzstoffe. Das Zusatzstoffrecht sei durch die VO (EG) Nr. 1333/2008 geregelt. Der aktuelle Anhang II dieser Verordnung differenziere bei der Zulassung von Zusatzstoffen bei Fleisch zwischen unbehandeltem Fleisch, Fleischzubereitungen und Fleischerzeugnissen. Bezüglich der beanstandeten Zusatzstoffe sei festzustellen, dass der Zusatzstoff E 460 (Cellulose) in Anhang II Teil C als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet sei und nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden dürfe. Ein marinierter Fleischdrehspieß sei jedoch behandelt.

Die Zusatzstoffe E 450 und E 451 (Phosphate) seien nach der VO (EU) Nr. 601/2014, welche den Anhang II der VO (EG) Nr. 1333/2008 im Juni 2014 geändert habe, für Fleischerzeugnisse zugelassen. Ein Verbot der Zusatzstoffe bestehe lediglich bei den meisten Fleischzubereitungen. Bei den Spießen der Antragstellerin handele es sich aber um Fleischerzeugnisse, was sich aus einem Gutachten des Labors ... vom 8.9.2014 ergebe. Werde danach ein Fleischspieß so hergestellt, dass Lebensmittel, Salz, Gewürze und Zusatzstoffe mit Wasser zu einer „Lake“ (Marinade) aufbereitet werden, welche durch Indizieren oder Tumbeln im Fleisch gleichmäßig verteilt werde, so werde das Fleisch vollständig durchmariniert. Ein solches Erzeugnis zähle zu den Fleischerzeugnissen, da Marinieren als Teil der Verarbeitung definiert sei und dieser Vorgang zu einer Denaturierung der Eiweiße in den Muskelfasern führe, wodurch sich die interne Muskelfaserstruktur ändere und die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr zu erkennen seien.

Selbst wenn man jedoch die Drehspieße als Fleischzubereitung ansehen wolle, liege kein Verstoß gegen das Zusatzstoffrecht vor. Es gelte nämlich der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008. Danach dürfe ein Zusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten seien, wenn der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen sei. Vorliegend sei zu bedenken, dass die fraglichen Zusatzstoffe in Würzen/Würzmitteln bzw. in Soßen zugelassen seien, weshalb sie auch im Endprodukt (Fleischspieß) enthalten sein dürften.

Ferner sei auch die Kennzeichnung der Drehspieße nicht zu beanstanden. Die Verkehrsbezeichnung laute tatsächlich „Hähnchen-Puten Drehspieß tiefgefroren“. Die Bezeichnung „Berlin Döner“ sei lediglich eine Fantasiebezeichnung. Die Verkehrsbezeichnung werde für die Zusammensetzung im Übrigen durch das Zutatenverzeichnis ergänzt. Auch durch die Verwendung der Bezeichnung „Berlin Döner“ könne es nicht zu einer Verwechslung mit „Döner Kebab“ kommen, weil ja eine Erläuterung durch die Verkehrsbezeichnung erfolge. Eine gegebenenfalls bestehende konkrete Erwartung an einen Döner Kebab werde durch diese Verkehrsbezeichnung zerstört. Die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ sei für das Produkt in seiner Zusammensetzung auch die zutreffende Verkehrsbezeichnung. Ein Verbraucher oder ein Gastwirt, der einen „Döner Kebab“ erwerben wolle und dessen Zusammensetzung erwarte, werde dann auch einen als „Döner Kebab“ bezeichneten Spieß erwerben. Dieser Verbraucher werde nicht zu einem als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichneten Erzeugnis greifen, weil dieser Artikel bereits von seiner Bezeichnung her kein „Döner Kebab“ sei. Der durchschnittlich informierte Verbraucher werde beim Produkt der Antragstellerin keinen „Döner Kebab“ erwarten. Die Zusammensetzung des Produkts im Einzelnen ergebe sich im Übrigen aus der Zutatenliste. Hinzu komme, dass die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches als Instrument zur Ermittlung der maßgeblichen Verkehrsauffassung zunehmend in Frage gestellt würden. Der normale Durchschnittsverbraucher werde im Regelfall keine genauen Vorstellungen über die konkrete Zusammensetzung eines Produkts haben, weshalb er keine Verbrauchererwartung entwickeln könne, die bei der Verwendung einer vom Lebensmittelbuch abweichenden Rezeptur enttäuscht werden könne. Im Übrigen gelte die Beschränkung der Zutaten auf Salz, Gewürze und gegebenenfalls Eier, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches nur für aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestellten „Döner Kebab(p)“ und nicht auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“.

Selbst wenn man jedoch von einer Fehlbezeichnung des Produkts ausgehen wolle, habe das Landratsamt jedenfalls kein Verbot des In-Verkehr-Bringens anordnen dürfen. Etwaige Mängel könnten vielmehr durch eine Änderung der Kennzeichnung behoben werden.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Ziffern I.1., I.3. sowie III. des Bescheides des Antragsgegners vom 5.9.2014 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Auch wenn im Falle der beanstandeten Zusatzstoffe keine akute Gesundheitsgefährdung bestanden habe, so seien für die EU bei dem Verbot dieser Zusatzstoffe in Fleischzubereitungen auch gesundheitliche Aspekte maßgeblich gewesen. Das In-Verkehr-Bringen der produzierten Drehspieße sei in erster Linie aufgrund des Nachweises nicht zugelassener Zusatzstoffe untersagt worden. Dieser Verstoß könne durch eine neue Kennzeichnung nicht geheilt werden. Aus einer fachlichen Bewertung des LGL vom 2.10.2014 zu den Ausführungen des Labors ... ergebe sich, dass es sich bei den fraglichen Drehspießen um „Fleischzubereitungen“ im Sinne der Kategorie 8.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 handele. Die fraglichen Zusatzstoffe seien somit nicht zugelassen.

Für E 460 (Cellulose) würde beim streitgegenständlichen Produkt zwar das „Carry-Over-Prinzip“ gelten, falls Cellulose ein Teil der verwendeten Würzmischung wäre. Allerdings werde im Falle der Antragstellerin die Cellulose direkt zugesetzt, um die Wasserbindungsfähigkeit der Drehspieße zu erhöhen. Phosphate seien dagegen auch in Würzmischungen nicht zugelassen.

Ferner verweist der Antragsgegner darauf, dass die Antragstellerin seit dem 24.4.2013 die Zulassung als Zerlegebetrieb von Geflügelfleisch und als Herstellungsbetrieb von Fleischzubereitungen aus Geflügelfleisch und Rindfleisch (Fleischspieße nach Döner Kebab-Art) besitzt, nicht aber für Fleischerzeugnisse.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Hauptsacheverfahren (RN 5 K 14.1637) und im Eilrechtsschutzverfahren sowie auf die Akten des Landratsamtes ..., die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg, weil die sofort vollziehbaren Anordnungen unter den Ziffern I.1, I.3. und III. des angegriffenen Bescheides aller Voraussicht nach rechtmäßig sind.

Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Klage gegen einen Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat, wie dies bezüglich der Ziffern I.1 und I.3. des streitgegenständlichen Bescheides geschehen ist. Gleiches gilt, wenn sich der Rechtsbehelf gegen eine kraft Gesetzes sofort vollziehbare Maßnahme richtet, was bei der Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer III. des streitgegenständlichen Bescheides der Fall ist. Insoweit handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung, die nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, Art. 21a VwZVG sofort vollziehbar ist. Im Falle der behördlichen Anordnung des Sofortvollzugs kann das Gericht die aufschiebende Wirkung auf Antrag des Betroffenen wiederherstellen und im Falle des kraft Gesetzes bestehenden Sofortvollzugs kann es diese anordnen.

Bei seiner Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene, originäre Entscheidung über die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufgrund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei eine Interessenabwägung vorzunehmen, im Rahmen derer die Interessen der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kommt den Erfolgsaussichten in der Hauptsache eine besondere Bedeutung zu, soweit diese im Rahmen der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung bereits beurteilt werden können.

1. Ist der Sofortvollzug behördlicherseits angeordnet worden - wie hier für die Ziffern I.1. und I.3. - muss das Gericht zunächst prüfen, ob die behördliche Begründung dieser Anordnung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Danach hat die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht hat eine Warn- und Unterrichtungsfunktion. Die Begründung soll nachvollziehbar machen, warum nach Auffassung der Behörde mit dem Vollzug des Verwaltungsaktes nicht bis zu seiner Bestandskraft bzw. bis zu dem Zeitpunkt zugewartet werden kann, in dem der Verwaltungsakt gemäß § 80b Abs. 1 VwGO kraft Gesetzes vollziehbar wird. Ferner soll die Begründungspflicht der Behörde den Ausnahmecharakter von Entscheidungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Interesse im Raum steht, welches es rechtfertigt, das Prinzip der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen zu durchbrechen (vgl. nur: Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 84 ff.). Insoweit ist jedoch auch anerkannt, dass bei gleichartigen Tatbeständen auch gleiche oder „gruppentypisierte“ Begründungen ausreichen können (Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 85). In solchen Fällen ist es nicht zwingend geboten, eine ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Begründung zu geben. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung des Sofortvollzugs aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt (BayVGH vom 27.10.2005, Az. 11 CS 05.1967 und vom 4.1.2006, Az. 11 CS 05.1878 ).

Die vom Antragsgegner gegebene Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs ist zwar knapp, nach den eben dargestellten Maßgaben jedoch ausreichend. Das Landratsamt hat dargestellt, dass die betroffenen Verbraucher vor Irreführungen zu schützen seien und dass die Anordnungen auch aus Gründen des vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit erfolgt seien und die Interessen der Antragstellerin hinter diesen Belangen zurücktreten müssten.

2. Rechtsgrundlage für die Anordnungen unter Ziffern I.1. und I.3. ist Art. 54 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 882/2004. Die vom Antragsgegner darüber hinaus zitierte Vorschrift des § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 LFGB ist nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Art. 54 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 882/2004 gilt wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unmittelbar und verdrängt die nationale Vorschrift des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 mit ausführlicher Begründung; Streinz in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, B Einführung, Rn. 38b).

§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der VO (EG) Nr. 882/2004 sind im Übrigen ähnlich aufgebaut. Sie bestehen aus einer Generalklausel und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen. Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen im vorliegend gegebenen Anwendungsfall relevante Unterschiede auf (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 ).

Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der VO (EG) Nr. 882/2004 setzt zunächst voraus, dass die zuständige Behörde einen Verstoß (gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften) feststellt. Ist dies der Fall, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. In Art. 54 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 882/2004 sind sodann beispielartig Maßnahmen aufgelistet, die getroffen werden können. Hier wird ersichtlich, dass der Behörde kein Entschließungsermessen zusteht. Stellt sie einen Verstoß fest, so muss sie einschreiten. Nur hinsichtlich der im Einzelfall konkret zu treffenden Maßnahmen kann die Behörde unter verschiedenen möglichen Maßnahmen auswählen, wobei sie insoweit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen muss (vgl. dazu unten 2. b)).

a) Die von der Antragstellerin vertriebenen Fleischdrehspieße verstoßen in mehrerlei Hinsicht gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften, weshalb ein Einschreiten des Antragsgegners geboten war. Im Einzelnen:

aa) Zutreffend hat der Antragsgegner unter Bezugnahme auf das Gutachten des LGL vom 26.8.2014 die sich auf dem Etikett befindliche Zutatenliste beanstandet.

Die streitgegenständlichen Drehspieße sind unstreitig in Fertigpackungen im Sinne des § 6 Abs. 1 des Eichgesetzes (EichG) verpackt. Sie sind darüber hinaus bestimmt, an eine dem Verbraucher gleichgestellte Einrichtung - nämlich an Gaststätten, Imbisse etc. - abgegeben zu werden, weshalb die Kennzeichnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 LMKV den Anforderungen der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung genügen muss.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 LMKV i. V. m. § 6 Abs. 1 LMKV ist ein Zutatenverzeichnis anzugeben, das aus einer Aufzählung der Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels besteht. Abweichend hiervon sind gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 LMKV zugefügtes Wasser und flüchtige Zutaten nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils am Enderzeugnis anzugeben, wobei der Anteil des zugefügten Wassers durch Abzug der Summe der Gewichtsanteile aller anderen verwendeten Zutaten von der Gesamtmenge des Enderzeugnisse ermittelt wird; die Angabe kann entfallen, sofern der errechnete Anteil nicht mehr als 5 Gewichtshundertteile beträgt.

Aufgrund der Analyse des eingesandten Drehspießes hat das LGL einen Anteil an zugesetztem Wasser von mindestens 12% ermittelt. Gleichwohl wird die Zutat Wasser in der Zutatenliste an letzter Stelle nach den Zusatzstoffen aufgeführt. Zutreffend hat das LGL festgestellt, dass Wasser nach den obigen Vorgaben mengenmäßig noch vor Speisesalz aufzulisten ist.

bb) Gemäß § 6 Abs. 2 LMKV kann eine zusammengesetzte Zutat im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils im Zutatenverzeichnis angegeben werden, sofern für sie eine Verkehrsbezeichnung durch Rechtsvorschrift festgelegt oder nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblich ist und ihr eine Aufzählung ihrer Zutaten in absteigender Reihenfolge des Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei ihrer Herstellung unmittelbar folgt. Diesbezüglich haben die Untersuchungen des LGL ergeben, dass in der Zutatenliste zwar die zusammengesetzte Zutat „Würzmittel“ aufgeführt ist. Dahinter werden in Klammern lediglich die Zutaten „Maltodextrin, Aroma, Sellerie“ angegeben. Die weiterhin im Würzmittel vorhandenen Zutaten „Geschmacksverstärker E 621“ sowie andere Zutaten, die nach der Artikelspezifikation des Würzmittelherstellers vom 8.11.2012 vorhanden sind, finden sich in der Zutatenliste nicht. Insoweit ist das Zutatenverzeichnis unvollständig.

cc) Schließlich hat das LGL zutreffend beanstandet, dass hinsichtlich der Zutat „Fleisch“ die Mengenkennzeichnung fehlt. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 LMKV i. V. m. § 8 Abs. 1, 4 LMKV ist die Menge einer bei der Herstellung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendeten Zutat unter anderem dann anzugeben, wenn die Bezeichnung der Zutat in der Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels angegeben ist (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 LMKV) bzw. wenn die Verkehrsbezeichnung darauf hindeutet, dass das Lebensmittel die Zutat enthält (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 LMKV). Gleiches gilt nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 LMKV, wenn die Zutat auf dem Etikett durch Worte, Bilder oder eine grafische Darstellung hervorgehoben ist. Nachdem das streitgegenständliche Produkt als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichnet wird, ist es somit geboten, die Menge des Fleischanteils nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 LMKV anzugeben, was bei dem beanstandeten Spieß nicht der Fall war.

dd) Nach Auffassung des entscheidenden Gerichts sind darüber hinaus die auf dem Etikett angebrachten Bezeichnungen „Berlin Döner“ und „Hähnchen-Puten Drehspieß“ zu beanstanden.

 Insoweit ist der Antragstellerin zwar zuzugeben, dass die Bezeichnung „Berlin Döner“ nicht als Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV angesehen werden kann. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 LMKV ist die Angabe einer Verkehrsbezeichnung zwingende Voraussetzung beim gewerbsmäßigen In-Verkehr-Bringen eines Lebensmittels. Nach § 4 Abs. 1 LMKV ist die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels die in Rechtsvorschriften festgelegte Bezeichnung, bei deren Fehlen die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung (Nr. 1) oder eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung (Nr. 2), die es dem Verbraucher ermöglicht, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden.

Das Gericht geht zwar davon, dass sowohl für „Döner Kebab(p)“ als auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ eine allgemeine Verkehrsauffassung besteht, was sich schon daraus ergibt, dass diese Lebensmittel in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben sind (vgl. dort Teil II Nr. 2.511.7). Die dort genannten Bezeichnungen werden aber von der Antragstellerin gerade nicht verwendet. Sie benutzt nur einen Teil dieser Bezeichnungen (Döner) und bringt ihre Fleischspieße als „Berlin Döner“ in den Verkehr. Ein Produkt mit dieser Bezeichnung ist in den Leitsätzen nicht beschrieben. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass es eine allgemeine Verkehrsauffassung für ein so bezeichnetes Lebensmittel geben könnte, weshalb es sich um eine Fantasiebezeichnung handelt, die allerdings eine irreführende Assoziation zu „Döner Kebab(p)“ herstellt (vgl. dazu den übernächsten Gliederungspunkt).

- Die Verkehrsbezeichnung kann somit ausschließlich in der Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ gesehen werden. Insoweit handelt es sich um eine Beschreibung des Lebensmittels, die jedoch den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV nicht genügt. Die amtliche Begründung zu § 4 LMKV (BR-Drucks. 418/81) nennt zwei Anforderungen, denen eine beschreibende Verkehrsbezeichnung genügen muss. Es müssen einerseits die wertbestimmenden oder geschmackgebenden Bestandteile angegeben werden sowie andererseits die Merkmale, durch die sich das Lebensmittel von verwechselbaren Erzeugnissen unterscheidet. Bei den Erzeugnissen der Antragstellerin werden jedoch maßgebliche wertbestimmende Bestandteile nicht angegeben. Da das hier zu beurteilende Lebensmittel ferner kein „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ ist, aufgrund der äußeren Erscheinung (Fleischdrehspieß) jedoch mit einem solchen Erzeugnis verwechselt werden kann, ist es darüber hinaus erforderlich, in der Verkehrsbezeichnung anzugeben, wie sich das streitgegenständliche Lebensmittel von einem „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ unterscheidet.

Die übliche Zusammensetzung eines „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ ist im Teil II Nr. 2.511.7 der Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs beschrieben. Ausgangsmaterial ist danach grob entsehntes Geflügelfleisch, welches in dünnen Fleischscheiben auf Drehspieße aufgesteckt wird. Außer Salz und Gewürzen sowie gegebenenfalls Eiern, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt enthält das Produkt keine weiteren Zutaten. Im Gegensatz zu „Döner Kebab(p)“, der aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestellt wird, darf bei „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ kein wie Hackfleisch zerkleinertes Fleisch eingesetzt werden. Der maximale Hautanteil beträgt 18%. Die Begrenzung auf die eben aufgeführten Zutaten wie Salz und Gewürze etc. gilt nach dem eindeutigen Wortlaut des Leitsatzes sowohl für „Döner Kebab(p)“ als auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“. Dass nur diese Zutaten eingesetzt werden dürfen, findet sich im Leitsatz unter dem Gliederungspunkt „besondere Merkmale“. Diese Merkmale beschreiben sowohl aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestelltes „Döner Kebab(p)“ als auch „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“. Der Argumentation der Antragstellerin, wonach die Beschränkung auf die genannten Zutaten ausschließlich für aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestelltes „Döner Kebab(p)“ gilt, findet im Leitsatz keine Grundlage, weshalb die Kammer ihr nicht zu folgen vermag.

Schließlich hat die Kammer auch keine Zweifel, dass die Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission im Hinblick auf Döner-Kebab(p)-Erzeugnisse die Verkehrsauffassung zutreffend wiedergeben. Das Deutsche Lebensmittelbuch ist eine Sammlung von Leitsätzen, in denen Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel von Bedeutung sind, beschrieben werden (§ 15 Abs. 1 LFGB). Die Leitsätze werden von der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission unter Berücksichtigung des von der Bundesregierung anerkannten internationalen Lebensmittelstandards beschlossen (§ 15 Abs. 2 LFGB) und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie veröffentlicht (§ 15 Abs. 3 LFGB). Die Leitsätze sind zwar keine Rechtsnormen und daher nicht rechtsverbindlich. Sie dürfen aber aufgrund der ihnen kraft § 15 LFGB zukommenden Legitimation bei der Bestimmung der Beschaffenheitsmerkmale eines Lebensmittels als Auslegungshilfe zugrunde gelegt werden (BverwG vom 27.9.2012, NVwZ-RR 2013, 141; BayVGH vom 13.3.2013, Az. 9 B 09.2135 ; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 15 LFGB Rn. 21 ff.). Sie begründen als „Sachverständigengutachten von besonderer Qualität“ eine Vermutung, was der Verbraucher von einem nach Herstellung, Beschaffenheit und sonstigen Merkmalen in den Leitsätzen beschriebenen Lebensmittel erwartet, wobei diese Vermutungswirkung im Einzelfall widerlegt werden kann. Gegen die Richtigkeit der Leitsätze kann somit ein Gegenbeweis geführt werden (BverwG vom 10.12.1987, Az. 3 C 18/87 ; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 13 LFGB, Rn. 30).

Vorliegend hat die Antragstellerin die Bedeutung der Leitsätze für die Feststellung der Verkehrsauffassung nur ganz allgemein angezweifelt. Ein substantiierter Vortrag, aus dem sich ergibt, warum das Deutsche Lebensmittelbuch die für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ bestehende Verkehrsauffassung nicht korrekt wiedergeben soll, fehlt dagegen. Da darüber hinaus auch für das Gericht keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, aufgrund derer die „Richtigkeit“ der im Deutschen Lebensmittelbuch enthaltenen Charakterisierung der fraglichen Erzeugnisse angezweifelt werden könnte, ist die eben beschriebene Vermutungswirkung der Leitsätze nicht erschüttert.

Es mag zwar sein, dass viele Verbraucher keine detaillierten Vorstellungen über die Zusammensetzung von „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ in allen Einzelheiten haben, wie dies die Antragstellerin ausführt. Der Verbraucher wird andererseits jedoch in jedem Fall erwarten dürfen, dass so bezeichnete Produkte die in den Fachkreisen - also im Kreis der redlichen Hersteller derartiger Produkte - als üblich angesehene Beschaffenheit aufweisen (hypothetische Verbrauchererwartung), die wiederum in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben ist (vgl. dazu OVG Lüneburg vom 19.1.1993, 10 L 136/89 ).

Die von der Antragstellerin hergestellten Fleischdrehspieße widersprechen den in den Leitsätzen beschriebenen Anforderungen, da sie neben den dort aufgeführten Bestandteilen weitere (zum Teil wertgebende) Bestandteile enthalten. Insbesondere weisen sie einen hohen Wasseranteil auf und sie enthalten pflanzliches Eiweiß und pflanzliche Fasern. Da es sich insoweit ersichtlich auch um wertbestimmende Bestandteile handelt, ist es unumgänglich, auf diese Bestandteile in der Verkehrsbezeichnung hinzuweisen. Da dies nicht geschehen ist, ist die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ unzureichend, weshalb die Erzeugnisse mit der bestehenden Kennzeichnung nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen, § 3 Abs. 1 Nr. 1 LMKV.

- Hinzu kommt - worauf das LGL in seinem Gutachten zutreffend hingewiesen hat -, dass die Fantasiebezeichnung „Berlin Döner“ eine Irreführung der Verbraucher im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB bewirkt. Nach dieser Vorschrift ist es unter anderem verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen. Eine Irreführung liegt danach insbesondere dann vor, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden. So liegt der Fall nach den oben gemachten Ausführungen hier; denn die schon aufgrund ihrer äußeren Form mit „echtem“ Döner Kebab verwechselbare Erzeugnisse vermitteln aufgrund der verwendeten Bezeichnung „Berlin Döner“ den Eindruck, dass die Spieße die Merkmale eines „Döner Kebab(p)“ aufweisen oder diesem zumindest sehr ähnlich sind. Dies gilt zumal deshalb, weil „Döner Kebab(p)“ umgangssprachlich auch nur als „Döner“ bezeichnet wird. Diese Verbrauchertäuschung wird auch durch die verwendete (unvollständige) Verkehrsbezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ nicht ausgeschlossen. Dabei kann hier dahinstehen, ob die durch die Bezeichnung „Berlin Döner“ hervorgerufene Täuschung überhaupt durch eine im Rahmen der Kennzeichnung vorgenommene Kenntlichmachung der Abweichung des Produkts von „echtem“ Döner Kebab vermieden werden kann. Da für die Abnehmer der Fleischdrehspieße in der hier konkret zu beurteilenden Aufmachung jedenfalls nicht erkennbar ist, dass den Erzeugnissen Wasser in nicht unerheblichen Mengen sowie pflanzliche Bestandteile hinzugefügt worden sind, liegt es auf der Hand, dass die Aufmachung geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise in die Irre zu führen. Die konkrete Kennzeichnung zielt ersichtlich darauf ab, bei den Abnehmern die Vorstellung zu erzeugen, die Fleischdrehspieße würden der für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ üblichen Rezeptur entsprechen, obwohl Zutaten verwendet worden sind, die das Produkt im Vergleich zum „Original“ qualitativ minderwertiger machen.

ee) Nicht nur die dargestellten Kennzeichnungsmängel führen dazu, dass die streitgegenständlichen Drehspieße nicht verkehrsfähig sind. Die Spieße enthalten auch die für Fleischzubereitungen nicht zugelassenen Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat), weshalb auch ein Verkehrsverbot nach Art. 5 der VO (EG) 1333/2008 besteht.

Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der VO (EG) Nr. 1333/2008 vom 16.12.2008 geregelt, die am 20.1.2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt, in Lebensmitteln verwendet werden. Steht die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden. Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11.11.2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt er ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4.6.2014 mit Wirkung vom 25.6.2014 geändert. Vor diesem Zeitpunkt wurde die Kategorie 08 (Fleisch) in die Unterkategorien 08.1 (nicht verarbeitetes Fleisch) und die Unterkategorie 08.2 (verarbeitetes Fleisch) eingeteilt. Innerhalb der Unterkategorie 08.2 (verarbeitetes Fleisch) fand eine weitere Untergliederung in nicht wärmebehandeltes verarbeitetes Fleisch (08.2.1), wärmebehandeltes Fleisch (08.2.2) sowie weitere Kategorien statt. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden (vgl. Erwägungsgrund 5 der VO (EU) Nr. 601/2014). Seit dem 25.6.2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorien 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse). Die Unterkategorie „Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004“ gibt es somit bereits seit dem 1.6.2013, wobei sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage in dieser Kategorie weder die Verwendung von Cellulose (E 460) noch von Phosphaten (E 450, E 451) zulässig ist. Phosphate waren nach alter Rechtslage bei Fleischzubereitungen nur bei „Breakfast sausages“ zugelassen (Anhang II Teil E Kategorie 8.1.2 zur VO (EG) Nr. 1333/2008 in der vor dem 25.6.2014 geltenden Fassung). Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Verwendung von Phosphaten bei weiteren Fleischzubereitungen zugelassen, wie z. B. „Kasseler“ und „Bräte“. Die Verwendung von E 460 (Cellulose) war weder nach alter noch nach neuer Rechtslage in Fleischzubereitungen zulässig.

Insbesondere trifft es nicht zu - wie die Antragstellerin meint - dass Cellulose in Anhang II Teil C für die Verwendung bei allen Lebensmitteln allgemein zugelassen ist. Teil C des Anhangs II enthält lediglich eine Einteilung der Zusatzstoffe in verschiedene Gruppen. Innerhalb bestimmter Lebensmittelkategorien ist dann in Teil E des Anhangs II bestimmt, dass bestimmte Zusatzstoffgruppen verwendet werden dürfen. Bei Cellulose handelt es sich um einen Zusatzstoff der Gruppe I. Diese Gruppe ist sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage nicht bei Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004 zugelassen. Sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage darf Cellulose nur bei nicht wärmebehandeltem verarbeitetem Fleisch benutzt werden, das nach der nunmehr geltenden Einteilung zu den Fleischerzeugnissen zählt. Ferner ist bei nicht wärmebehandeltem verarbeitetem Fleisch sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage die Verwendung von Phosphaten (E 450, E 451) zugelassen.

Nach alledem kommt es entscheidend darauf an, ob die von der Antragstellerin produzierten Lebensmittel Fleischzubereitungen oder Fleischerzeugnisse im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004 sind.

Nach Nr. 1.15 des Anhangs I zu dieser Verordnung versteht man unter „Fleischzubereitungen“ frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen.

Unter „Fleischerzeugnissen“ versteht man dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I zur VO (EG) Nr. 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind.

Entscheidend für die Abgrenzung ist somit die Frage, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.

Nach Auffassung der entscheidenden Kammer handelt es sich bei den streitgegenständlichen Fleischdrehspießen um Fleischzubereitungen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen, die im Wesentlichen auch das LGL in seinem Schreiben vom 2.10.2014 zutreffend angestellt hat:

- Bei der VO (EG) Nr. 853/2004 handelt es sich um eine Hygieneverordnung. Bei der Abgrenzung von Fleischzubereitungen zu Fleischerzeugnissen steht somit die mikrobiologische Stabilität des Lebensmittels im Vordergrund. Dementsprechend unterscheiden sich beispielsweise auch die Temperaturanforderungen hinsichtlich der Lagertemperaturen von Fleischerzeugnissen und Fleischzubereitungen (vgl. einerseits die im Abschnitt V des Anhangs III der VO (EG) Nr. 853/2004 geregelten Hygieneanforderungen für Fleischzubereitungen und andererseits die im Abschnitt VI dieses Anhangs geregelten Anforderungen für Fleischerzeugnisse).

In mikrobiologischer Hinsicht hat das LGL im zitierten Schreiben nachvollziehbar ausgeführt, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet sei, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake auf Wasser und/oder Ölbasis. Anders als vom Labor ... dargestellt, werde durch das „Tumbeln“ die Muskeloberfläche vergrößert, was ebenso wie die Verwendung von Gewürzen eine eher verringerte mikrobiologische Stabilität zur Folge habe. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch Tumbeln und Einspritzen von Würzlake, würden nicht ausreichen, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt würden.

Im Übrigen sind die Beteiligten in der Vergangenheit selbst übereinstimmend davon ausgegangen, dass es sich bei den Fleischspießen um Fleischzubereitungen handelt. Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung wurde nämlich seitens des Landratsamtes für die Lagerung der Fleischspieße stets eine Kerntemperatur von -18 Grad Celsius gefordert. Von der Antragstellerin wurde diese Anforderung zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen. Eine solche Kerntemperatur wird nach dem Anhang III Abschnitt V Kap. III Nr. 2 Buchst. c), ii) der VO (EG) Nr. 853/2004 für Fleischzubereitungen gefordert, die unmittelbar nach der Herstellung zu umhüllen und zu verpacken sind.

- Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18.12.2013. Nach diesem in englischer Sprache verfassten Dokument gehört auch das Erzeugnis „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Nach diesem Dokument wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist, und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch „Döner Spieße“ und „Drehspieße“, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen, und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden.

- Schließlich wird die Zuordnung der Fleischdrehspieße zu den „Fleischzubereitungen“ dadurch gestützt, dass für Produkte wie „Bräte“ und „Kasseler“ innerhalb der Kategorie „Fleischzubereitungen des Anhangs II der VO (EG) Nr. 1333/2008 in der seit dem 25.6.2014 geltenden Fassung nunmehr explizit Phosphatderivate (E 338 bis E 452) zugelassen worden sind. Hier wird ersichtlich, dass der europäische Verordnungsgeber diese Erzeugnisse als „Fleischzubereitungen“ ansieht. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL im Schreiben vom 2.10.2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kasseler wird unter Verwendung von Pökelsalz (Salz, Natriumnitrit) und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch eingebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das „Tumbeln“ als ein „vollständiges Durchmarinieren“ bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Döner Kebab und Drehspießen wird Kasseler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.

- Zuletzt ist festzustellen, dass der Betrieb der Antragstellerin von der Regierung von Niederbayern eine Zulassung als „Zerlegebetrieb von Geflügelfleisch und Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen aus Geflügel- und Rindfleisch (Fleischspieße nach Döner Kebab Art)“ erhalten hat (Zulassungs-Nr. BY 2. lt. Zulassungsbescheid der Regierung von N. vom 24.4.2013, Gz. 55.2-...). Auch hieraus ergibt sich, dass die von der Antragstellerin produzierten Fleischspieße auch von ihr selbst als Fleischzubereitungen angesehen worden sind. Die Produktion wäre nämlich von der Zulassung überhaupt nicht gedeckt, wenn es sich hierbei um Fleischerzeugnisse handeln würde. Nachdem die Zulassung einen Antrag des Unternehmers voraussetzt, muss davon ausgegangen werden, dass auch die Antragstellerin selbst stets davon ausgegangen ist, dass es sich bei den Fleischdrehspießen um Fleischzubereitungen handelt. Andernfalls würde die Zulassung als Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen keinen Sinn machen.

Schließlich kann das Vorhandensein der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 in den Fleischdrehspießen nicht durch den Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008 gerechtfertigt werden. Danach darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Die Argumentation der Antragstellerin geht dahin, dass die streitgegenständlichen Fleischdrehspieße mit Würzmitteln und Soßen mariniert würden, welche die fraglichen Zusatzstoffe enthalten dürfen. Dementsprechend seien sie auch im Endprodukt zulässig. Dem ist jedoch wie folgt entgegen zu treten:

In „Würzmitteln“ (Teil E Kategorie 12.2.2 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Cellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate sind hier allerdings nicht zugelassen. Bei „Soßen“ (Teil E Kategorie 12.6 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) sind sowohl Cellulose als auch Phosphate zugelassen.

Bei der Herstellung der streitgegenständlichen Fleischspieße werden allerdings keine „Soßen“ in diesem Sinne verwendet. Nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18.12.2013 ist nämlich die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“. Unter die Kategorie 12.6. (Soßen) fallen demnach nur solche Soßen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen werden bei der Herstellung der streitgegenständlichen Lebensmittel jedoch nicht verwendet, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) fällt.

Darüber hinaus findet auch eine Migration von Cellulose über die eingesetzte Würzlake nicht statt, da im konkreten Fall derartige Bestandteile in der von der Antragstellerin bezogenen und für die Würzlake verwendete Würzmischung nicht enthalten sind. Die Cellulose wird seitens der Antragstellerin vielmehr gesondert zugesetzt.

ff) Ob daneben auch die Verwendung von „PflanlichFasern(Weizen)“ als Einsatz eines nicht zugelassenen Zusatzstoffes angesehen werden muss, kann hier offen bleiben. Das LGL hat diesbezüglich in seinem Gutachten empfohlen, die Rezeptur der Fleischdrehspieße zu überprüfen, da es sich bei dem Stoff nur dann um einen (nicht zugelassenen) Zusatzstoff handele, wenn er nicht als Ballaststoff eingesetzt werde. Für das Gericht spricht einiges dafür, dass dieser Stoff ausschließlich aus technologischen Gründen eingesetzt wird und nicht, um das Lebensmittel mit Nährstoffen anzureichern. Dem braucht jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, weil sich ein (absolutes) Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits produzierten Fleischdrehspieße bereits aufgrund des Einsatzes der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 ergibt (vgl. 2 a) ee)).

Nach alledem weisen die vom Antragsgegner beanstandeten Fleischspieße eine Reihe lebensmittelrechtlicher Verstöße auf, die dazu führen, dass die Spieße nicht verkehrsfähig sind.

b) Dementsprechend musste der Antragsgegner gemäß Art. 54 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 882/2004 die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die Antragstellerin Abhilfe schafft. Dem Antragsgegner stand somit ein Auswahlermessen zu, welche von verschiedenen zulässigen Maßnahmen er trifft, wobei der Antragsgegner hier das In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) 882/2004 in unterschiedlicher Ausprägung untersagt hat.

aa) In Ziffer I.1. des angegriffenen Bescheides hat das Landratsamt ein generelles In-Verkehrbringungs-Verbot von Fleischzubereitungen für den menschlichen Verzehr angeordnet, und zwar solange, bis eine Freigabe durch das Landratsamt erfolgt (Ziffer I.2.). Diese Maßnahme ist trotz des angeordneten Freigabeerfordernisses verhältnismäßig. Die Anforderung mag auf den ersten Blick eine nicht zwingend erforderliche Einschränkung der Antragstellerin darstellen; denn es wäre grundsätzlich auch möglich gewesen, nur ein Verkehrsverbot für Produkte auszusprechen, die so aufgemacht und zusammengesetzt sind, wie der vom LGL untersuchte Fleischdrehspieß. Dadurch wäre jedoch nicht sichergestellt worden, dass die Antragstellerin künftig nur noch rechtskonforme Produkte herstellt und in den Verkehr bringt. Gerade im Hinblick auf die komplexe Rechtslage und unter Berücksichtigung der Vielzahl der vorhandenen lebensmittelrechtlichen Verstöße ist das Freigabeerfordernis nicht zu beanstanden. Es liegt im Übrigen auch im berechtigten Interesse der Antragstellerin, da sie dadurch vor weiteren Vermögensschäden bewahrt wird; denn die Anordnung verhindert, dass die Antragstellerin erneut Fleischzubereitungen mit geänderter Rezeptur und Kennzeichnung produziert, von denen sich im Nachhinein herausstellt, dass diese wiederum nicht verkehrsfähig sind. Deshalb bestehen keine Bedenken gegen die Anordnung, sofern die Freigabe bei Rechtskonformität unverzüglich erfolgt. Wie sich den Akten des Antragsgegners entnehmen lässt, wurde eine Freigabe durch das Landratsamt nach mitgeteilter Rezeptur- und Kennzeichnungsänderung, die den lebensmittelrechtlichen Vorschriften aus Sicht des LGL entsprachen, auch bereits erteilt, und zwar bereits am zweiten Tag nach Mitteilung der geänderten Parameter.

bb) Das Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits produzierten Fleischspieße in Ziffer I.3. des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenso nicht zu beanstanden. Da die Erzeugnisse Zusatzstoffe enthalten, die nach der VO (EG) Nr. 1333/2008 für Fleischzubereitungen nicht zugelassen sind, besteht für diese Erzeugnisse nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008, § 6 Abs. 1 Nr. 1 a) LFGB ein Verbot des In-Verkehr-Bringens für den menschlichen Verzehr. Zwar können Behörden grundsätzlich nach § 68 LFGB Ausnahmen von lebensmittelrechtlichen Verboten zulassen, insbesondere auch zur Vermeidung unbilliger Härten, wenn die nicht rechtskonformen Lebensmittel zu verderben drohen (vgl. § 68 Abs. 2 Nr. 4 LFGB) und eine Gefahr für die menschliche Gesundheit nicht besteht (§ 68 Abs. 3 Hs. 1 LFGB). Diese Voraussetzungen mögen hier unter Umständen gegeben sein. Allerdings bestimmt § 68 Abs. 3 Hs. 2 Nr. 2 LFGB, dass eine Zulassung von Ausnahmen wegen einer unbilligen Härte nach § 68 Abs. 2 Nr. 4 LFGB nicht möglich ist für die Verbote des § 6 LFGB (Verbot der Verwendung nicht zugelassener Zusatzstoffe). Hinzu kommt, dass das In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln, die nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht verkehrsfähig sind, weil sie nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, den Straftatbestand des § 59 Abs. 2 Nr. 5 c) LFGB erfüllt. Deshalb stand dem Landratsamt als einzige zielführende Maßnahme ein uneingeschränktes Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits hergestellten Erzeugnisse zum menschlichen Verzehr zur Verfügung. Die Anordnung wiederholt im Ergebnis nur die ohnehin geltende Rechtslage.

3. Die Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer III. des angegriffenen Bescheides hat ihre Rechtsgrundlage in den Art. 18, 19, 29, 30, 34 und 36 VwZVG. Im Tenor des angegriffenen Bescheides ist zwar ausgeführt, dass unmittelbarer Zwang „angeordnet“ werde. Aus den Entscheidungsgründen des angegriffenen Bescheides ergibt sich jedoch unzweifelhaft, dass es sich insoweit um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt. Gewollt - und für die Empfängerin des Bescheides erkennbar - war die Androhung unmittelbaren Zwangs.

4. Die Kostenentscheidung des Gerichts findet ihre Rechtsgrundlage in § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 5 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), denen die Kammer folgt. Im Hauptsacheverfahren ist danach die sich für die Antragstellerin ergebende Bedeutung der Angelegenheit maßgeblich, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dieser Wert nach Nr. 1.5 des Streitwertkataloges zu halbieren ist. Aus Sicht der entscheidenden Kammer richtet sich der wirtschaftliche Wert der Sache in erster Linie nach dem finanziellen Verlust, den die Antragstellerin erleidet, wenn sie die bereits produzierten Fleischdrehspieße (12 Tonnen) nicht mehr in den Verkehr bringen kann. Hinzu kommt, dass sie auch die Bezeichnung „Döner“ nicht verwenden darf, die den Erzeugnissen eine besondere Qualität zuschreibt und der somit auch ein wirtschaftlicher Wert beizumessen ist. Den dadurch eintretenden „Verlust“ für die Antragstellerin schätzt das Gericht auf 160.000,- €. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass aus den 12 Tonnen bereits produzierter Fleischdrehspieße ca. 80.000 Portionen für den Endverbraucher hergestellt werden können.

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Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 03. Nov. 2014 - RN 5 S 14.1635 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 03. Nov. 2014 - RN 5 S 14.1635 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Juni 2014 - 9 S 1273/13

bei uns veröffentlicht am 16.06.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Der
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 03. Nov. 2014 - RN 5 S 14.1635.

Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 12. März 2015 - RN 5 S 14.2005

bei uns veröffentlicht am 12.03.2015

Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Landratsamtes ... vom 3.11.2014 (Geschäftszeichen 30-5142.15/st) wird wiederhergestellt, soweit sich die Klage gegen die Nrn. 1a), 1c) und 1d) sowi

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 29. Jan. 2016 - AN 14 K 15.01438

bei uns veröffentlicht am 29.01.2016

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach Aktenzeichen: AN 14 K 15.01438 Im Namen des Volkes Urteil Verkündet am 29. Januar 2016 14. Kammer gez. ... Stv. Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Sachgebiets

Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 30. Nov. 2015 - RN 5 S 15.1883

bei uns veröffentlicht am 30.11.2015

Tenor I. Die Ziffer I des Beschlusses des Gerichts vom 3.11.2014 (Az. RN 5 S 14.1635) wird abgeändert und wie folgt gefasst: Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nr. 3 des Bescheids des Landratsamts Passau vom 5.9.2014 (G

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 14. Juli 2015 - Au 1 K 14.1679

bei uns veröffentlicht am 14.07.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg Aktenzeichen: Au 1 K 14.1679 Im Namen des Volkes Urteil vom 14. Juli 2015 1. Kammer Sachgebiets-Nr. 541 Hauptpunkte: Feststellungsklage, Abgrenzun

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage endet mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels. Dies gilt auch, wenn die Vollziehung durch die Behörde ausgesetzt oder die aufschiebende Wirkung durch das Gericht wiederhergestellt oder angeordnet worden ist, es sei denn, die Behörde hat die Vollziehung bis zur Unanfechtbarkeit ausgesetzt.

(2) Das Rechtsmittelgericht kann auf Antrag anordnen, daß die aufschiebende Wirkung fortdauert.

(3) § 80 Abs. 5 bis 8 und die §§ 80a und 80c gelten entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung der Abgabe von Rohmilch an seiner Betriebsstätte in der Hauptstraße ... ...
Der Kläger führt zusammen mit seiner Ehefrau einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit dem Schwerpunkt Milcherzeugung. Der Stammbetrieb befindet sich in der Hauptstraße ... und umfasst die Betriebswohnung der Familie, das landwirtschaftliche Büro, den Notstall, mehrere Maschinenhallen, ein Getreidelager, die Werkstatt für Landtechnik sowie das Spritzmittellager. Dort hat der Kläger auch einen Milchautomaten zur Abgabe von Rohmilch an Kunden aufgestellt. Die in ca. zwei Kilometern Entfernung hiervon im Gewann „W...“ im Jahr 1996 errichtete weitere Betriebsstätte umfasst im Wesentlichen den neuen Stall für die Unterbringung von ca. 50 Milchkühen mit Nachzucht sowie die Melk-Technik.
Mit Verfügung vom 15.01.2010 untersagte das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis dem Kläger, Rohmilch aus dem Milchautomaten (Standort: ..., Hauptstr. ...) abzugeben und in Verkehr zu bringen. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wurde angeordnet. Da die Abgabe der Rohmilch nicht im Milcherzeugungsbetrieb erfolge, liege ein Verstoß gegen § 17 der Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tier-LMHV) vor.
Am 20.01.2010 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Am 05.02.2010 beantragte er beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 29.03.2010 lehnte das Verwaltungsgericht diesen Antrag ab (10 K 312/10). Der Beschluss ist rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 06.07.2010 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers zurück: Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV sei es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an den Verbraucher abzugeben. Das Verbot bestehe aus Gründen des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Eine Ausnahme vom Verbot sei in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für die Abgabevon Milcherzeugungsbetrieben unter den strengen Bedingungen der Ziffern 1 bis 5 dieses Absatzes möglich. Nach Ziffer 1 der Vorschrift müsse die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgen. Dies sei auch in der Vorgängerregelung, § 8 der Milchverordnung, im sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe"-Paragrafen so geregelt gewesen. Der Verordnungsgeber habe schon durch die Wortwahl Abgabe „von Milcherzeugungsbetrieben“ nur „im Milcherzeugungsbetrieb“ in Halbsatz 1 und 2 von § 17 Abs. 4 Tier-LMHV die spezifische Regelungsabsicht deutlich gemacht. Der Milcherzeugungsbetrieb sei in Anhang I Nr. 4.2 der Verordnung (EG) 853/2004 definiert als Betrieb, in dem ein oder mehrere Nutztiere zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden soll, gehalten werden. Diese rechtliche Vorgabe erfülle der Kläger nicht, da die Abgabe der Rohmilch an seiner Betriebsstätte in der Hauptstraße ... und nicht in der zwei Kilometer entfernten Betriebsstätte, in welchem die Rohmilch gewonnen werde, stattfinde. Außerhalb des Erzeugerbetriebes liegende Räumlichkeiten dürften zur Milch-ab-Hof-Abgabe nicht verwendet werden, selbst wenn sie in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers lägen. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, sein Milcherzeugungsbetrieb bestehe aus zwei Betriebsstätten. Im Hygienerecht sei es unabdingbar, jede Betriebsstätte unabhängig voneinander zu betrachten. Eine enge und einheitliche rechtliche Auslegung der Vorschrift sei auch deshalb geboten, da der Verbraucher so durch den unmittelbaren Kontakt mit dem Erzeugungsbetrieb eine eigene Beurteilung der Hygiene bei der Milchviehhaltung und der Milchgewinnung treffen könne. In der Vergangenheit seien mehrere Fälle mit zum Teil tödlichem Verlauf des HUS-Syndroms (hämolytisch-urämisches Syndrom) aufgetreten, das auf Enterohämorrhagische E-Coli (EHEC) in Rohmilch zurückzuführen gewesen sei. Dies sei zwar ein seltenes, aber mitunter sehr gravierendes Erkrankungsrisiko beim Verzehr von Rohmilch oder nach einer Kontamination von Küchengegenständen und anderen Speisen beim Umgang im privaten Bereich. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 09.07.2010 zugestellt.
Der Kläger hat am 03.08.2010 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und die Aufhebung der Verfügung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 beantragt.
Mit Urteil vom 16.11.2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen der auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützten Untersagungsverfügung lägen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den Rohmilchautomaten am Standort ..., Hauptstraße ... verstoße gegen § 17 Tier-LMHV. Der Anwendung der Bestimmung stehe nicht der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 entgegen. Denn Art. 10 Abs. 8a dieser Verordnung überlasse es ausdrücklich dem einzelnen Mitgliedstaat, insoweit aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen. Aufgrund dieser Öffnungsklausel könne der Kläger sich auch nicht mit Erfolg auf die unterschiedliche Handhabung der Abgabe von Rohmilch oder Rohrahm in anderen Mitgliedstaaten berufen. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV lägen nicht vor. Bei der Abgabe von Rohmilch aus einem Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... handele es sich nicht um eine Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" im Sinne der Vorschrift. § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV begrenze die Rohmilchabgabe auf den eigentlichen Milcherzeugungsbetrieb, somit auf den Ort, an dem die Milch gewonnen wird. Bei der in der Nr. 1 aufgestellten Anforderung, der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb", handele es sich um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal. Aus der Systematik folge, dass die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV als Ausnahmetatbestand zu dem grundsätzlichen Rohmilchabgabeverbot in Absatz 1 eng auszulegen seien. Auch die Verwendung des unter Nr. 4.1. des Anhang I der Verordnung (EG) 853/2004 definierten Begriffs des „Milcherzeugungsbetriebs" stehe einem engen Verständnis des Begriffs „im Milcherzeugungsbetrieb" nicht entgegen. Sinn und Zweck der Regelung sei der Schutz der Verbraucher vor den gesundheitlichen Risiken durch den Verzehr von Rohmilch. Rohmilch könne Krankheitserreger wie EHEC-Bakterien oder Campylobacter enthalten, die insbesondere bei kleinen Kindern zu Infektionen mit schweren gesundheitlichen Schäden führen könnten. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV begrenze die Rohmilchabgabe dementsprechend räumlich auf den eigentlichen Milcherzeugungsbetrieb als den Ort, wo die Milch gewonnen werde. Die Existenz der Strafbestimmung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 6 Tier-LMHV i.V.m. § 58 Abs. 1 Nr. 18, Abs. 4 bis 6 LFGB und die Höhe der Strafandrohung verdeutlichten die hohe Wertigkeit, die der Gesetzgeber dem Rechtsgut der Gesundheit des Verbrauchers beimesse. Auf die Erfüllung der sonstigen - insbesondere der hygienerechtlichen - Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger komme es nicht an.
Gegen das Urteil hat der Kläger die durch Senatsbeschluss vom 17.06.2013 (9 S 347/12) zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er insbesondere vor:
Das Verwaltungsgericht habe ausgehend von dem Begriff des „Milcherzeugungsbetriebs“ in Anhang I Ziff. 4.2 der Verordnung (EG) 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2004 die Einengung des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in der vorgenannten Vorschrift des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in europarechtswidriger Weise vorgenommen. Der nationale Gesetzgeber dürfe entsprechend Art. 10 Abs. 8 der EG-Verordnung einschränkende Regelungen treffen, die jedoch eines Sachgrunds bedürften, der zwingend mit den Zielvorstellungen der zugrundeliegenden Normen, nämlich mit hygienerechtlichen Bestimmungen, in Einklang zu bringen sein müsse. Hygienerechtliche Belange spielten indes für das Merkmal der „Örtlichkeit“ keine Rolle. Europarechtlich sei kein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass die Tiere nicht an einer anderen Stelle gehalten werden könnten als am Ort der Milchabgabe. Ansonsten hätte der Verordnungsgeber sinngemäß regeln können, dass der „Milcherzeugungsbetrieb“ nur dahin zu verstehen sei, dass der Ort des Betriebs gemeint sei, an dem gleichzeitig die Milch in den Verkehr gebracht werden soll. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV habe keinerlei hygienerechtliche Komponente, aber eine Schutzfunktion zu Gunsten der landwirtschaftlichen bzw. milcherzeugenden Betriebe. Die hygiene- und gesundheitsrechtlichen Aspekte würden in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV abgedeckt, jedoch gerade nicht in Nr. 1 dieser Regelung. Das Verwaltungsgericht habe sich mit den primärrechtlichen Grundlagen nicht auseinandergesetzt (Zielsetzungen des Binnenmarkts, Vorschriften der Landwirtschaft in Art. 38 Abs. 1 AEUV, Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik, Art. 39 Abs. 1b AEUV, Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen, Art. 39 Abs. 1e AEUV, Wettbewerbsfreiheit, Art. 40 Abs. 1a AEUV, Berufsfreiheit des Klägers, Art. 15 der Europäischen Grundrechtscharta sowie Gleichheitsgrundsatz, Art. 20 der Europäischen Grundrechtscharta). Jedenfalls sei § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV nicht verfassungskonform und auch nicht europarechtskonform. Wäre gesetzgeberisches Ziel die Einhaltung von Hygienebestimmungen, so wäre die Regelung in der Ziff. 1 hierfür untauglich. Die Einhaltung von Hygienebestimmungen bzw. die Vermeidung von Gefährdungslagen werde nicht dadurch gefördert bzw. beseitigt, dass die Milch unmittelbar an der „Stalltür“ abzugeben sei. Somit sei kein legitimer verfassungsrechtlicher Zweck erkennbar. Bis heute seien seitens der zuständigen Behörden keine hygienerechtlichen Bedenken erhoben worden und lägen auch keinerlei negative Kontrollergebnisse vor. Die Einhaltung hygienerechtlicher Bestimmungen und damit die Gewährleistung von Gesundheits- und Lebensmittelschutz werde auch dann nicht garantiert, wenn die Milch an der Stalltüre abgegeben werde, in dem Betrieb aber zum Beispiel unsachgemäß gearbeitet werde oder eine hohe Keimzahl vorhanden sei. Die Einhaltung der hygienerechtlichen Bestimmungen und nicht der Standort der Abgabe sei der entscheidende Ansatz. Der Kläger halte indes alle diesbezüglichen Vorschriften an seinem Hof ein. Dies belege der konkrete Ablauf der Milchproduktion (wird im Einzelnen unter Vorlage einer Foto-Dokumentation dargelegt). Wäre gesetzgeberische Intention die Möglichkeit einer besseren Kontrolle durch den Betriebsinhaber bzw. Milcherzeuger, wäre dies an dem Standort des Milchautomaten am Stammbetrieb gerade gewährleistet. Nach alledem sei die Beschränkung des Begriffs des „Milcherzeugungsbetriebs“ im Sinne der unmittelbaren Verbindung zwischen Kuhstall und Abgabeort gemessen am Maßstab der normgeberischen Zielsetzung hygienerechtlicher Anforderungen nicht nur verfehlt, sondern auch untauglich. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums könne ein Verbraucher auch in einer vermeintlich sauberen Umgebung gerade nicht abschätzen bzw. erkennen, ob die von ihm abgeholte Rohmilch hygienerechtlich beanstandungsfrei sei oder nicht. Auch die Formulierung in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Tier-LMHV bezüglich des Hinweises auf das Abkochen der Rohmilch und auf die Anbringung des Schildes an der „Abgabestelle“ spreche dafür, dass der nationale Verordnungsgeber die hier gegenständliche restriktive Handhabung nicht gewollt habe. Der Begriff der „Abgabestelle“ sei nämlich ein anderer als der Begriff des „Milcherzeugungsbetriebs“. Im Übrigen verstoße die Regelung gegen den verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgrundsatz. Aus der Norm könnte weder der jeweils betroffene Landwirt noch die rechtsanwendende Behörde ableiten, wie weit die konkrete Abgabestelle vom Stallgebäude entfernt sein dürfe. Auch die Ermessensausübung der Behörde sei zu beanstanden. Der Zweck der Ermächtigung sei in der Überwachung und Einhaltung der Vorschriften zum Schutz vor Gesundheitsgefahren für Verbraucher zu sehen. Der Bereich sei im weitesten Sinne der Gefahrenabwehr und dem Gesundheitsschutz zuzuordnen. In dem gesamten Verfahren sei jedoch verkannt worden, dass die Hygienebestimmungen überhaupt nicht verletzt seien. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in der Form der vom Beklagten vorgenommenen engen Auslegung sei vor dem Hintergrund der hygienerechtlichen Bestimmungen zur Zweckerreichung schlechthin ungeeignet und verletze ihn deshalb in seinem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege vor, weil zwei gleichgelagerte Sachverhalte in W. und in N. anders behandelt würden als sein Fall. Auch Art. 14 Abs. 1 GG sei verletzt. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liege vor. Die Regelung sei ungeeignet, weil mit der Abgabe von Rohmilch am Stallgebäude keine Verbesserung der hygienerechtlichen Situation einhergehe. Außerdem gebe es mildere Mittel gegenüber der vollständigen Untersagung der Milchabgabe. Jedenfalls falle eine Güterabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse des Gesundheits- und Lebensmittelschutzes und den Rechtsgütern des Klägers zu dessen Gunsten aus. Es sei nicht ersichtlich, dass irgendein Fall der Rohmilchabgabe zu ernsthaften Problemen geführt habe. Es werde nicht ausreichen, lediglich auf abstrakte/potentielle Gefahren hinzuweisen, die sich in keinem einzigen Fall realisiert hätten. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen sei gegebenenfalls eine Aussetzung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und eine Vorlage an den EuGH geboten.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - zu ändern und die Verfügung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 aufzuheben.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor: Bei der näheren Bestimmung der Bedeutung der Formulierung „Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb“ sei zunächst auf Sinn und Zweck der Vorschriften abzustellen. Regelungsziel der Tier-LMHV sei es, durch Hygienevorschriften die Gefahren, die im Umgang mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs für die öffentliche Gesundheit ausgingen, auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für die unmittelbare Rohmilchabgabe vom Erzeuger an den Endverbraucher seien allesamt in diesem Sinnzusammenhang zu sehen. Es handele sich hierbei ausschließlich um Hygieneanforderungen im Umgang mit Rohmilch, die dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dienten. Dies gelte ausdrücklich auch für die Voraussetzung der Milchabgabe im Milcherzeugungsbetrieb. Dies könne unter Berücksichtigung des hygienerechtlichen Hintergrundes nur als dahingehendes Verbot verstanden werden, Rohmilch weg vom Milcherzeugungsbetrieb an einen anderen Abgabeort zu transportieren. Mit dem Transport der Rohmilch steige das Risiko einer Belastung der Milch mit Krankheitserregern und damit auch die Infektionsgefahr für den Menschen. Rohmilch als solche berge immer die potentielle Gefahr, mit Krankheitserregern belastet zu sein. Ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, könne sich aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Milch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Bearbeitungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhten die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Außerdem könnte die damit einhergehenden Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen. Der Verordnungsgeber habe in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV deshalb diese durch zusätzliche Bearbeitungsschritte bedingten Risiken von vornherein ausgeschlossen. Er habe den Transport als abstrakt risikoerhöhenden Umstand gänzlich verboten. Die Auslegung, dass die Regelung keine hygienerechtliche Komponente enthalte, sondern nur bezwecke, einen Ankauf von Rohmilch durch Dritte zu verhindern, sei mit dem hygienerechtlichen Schutzzweck der Tier-LMHV nicht zu vereinbaren. Auch das Verbot des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Tier-LMHV, andere als im eigenen Betrieb gewonnene Rohmilch zu verkaufen, bezwecke nicht, die landwirtschaftlichen milcherzeugenden Betriebe vor Konkurrenz durch Zwischenhändler zu schützen. Im Rahmen der Wortauslegung werde der Ortsbezug deutlich, wenn man die vollständige Formulierung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV „die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt“, betrachtet. Die Örtlichkeit müsse mit der Milcherzeugung in einem räumlichen Zusammenhang stehen, ein rein betriebswirtschaftlicher Zusammenhang reiche nicht aus. Festzuhalten sei, dass eine Wortlautauslegung ergebe, dass die Milchabgabe an dem Ort zu erfolgen habe, an dem ein Betrieb - bestehend aus einem oder mehreren Nutztieren, die vom Erzeuger zum Zweck der Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden soll, gehalten werden - tatsächlich Milch erzeuge. Auch eine systematische Auslegung führe zu keinem anderen Ergebnis. Im Gegensatz zu der unmittelbaren Abgabe von Rohmilch sei die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher nicht örtlich auf den Erzeugerbetrieb beschränkt. Vorzugsmilch könne vielmehr gehandelt werden; der Verbraucher könne Vorzugsmilch auch im Einzelhandel erwerben. Im Unterschied zur Rohmilchabgabe unterliege die Vorzugsmilchabgabe jedoch deutlich strengeren Hygieneanforderungen. Mit § 17 Abs. 4 Tier-LMHV habe der Verordnungsgeber den früher gängigen Vorgang - das Abholen frischer Milch direkt vom Bauernhof regelmäßig mit eigens mitgebrachten Flaschen und Kannen - weiterhin zugelassen. Mit § 17 Abs. 2 und Abs. 3 Tier-LMHV habe der Verordnungsgeber hingegen dem Verbraucher den Zugang zu dem Produkt „(nahezu) unbehandelte Milch“ ermöglichen wollen. Außerdem sei zu beachten, dass die den Ausnahmetatbestand begründenden Tatbestandsvoraussetzungen eng auszulegen seien. Ausweislich der Begründung habe der deutsche Verordnungsgeber die in der Milchverordnung in § 8 ehemals geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ inhaltsgleich in den neuen § 17 Tier-LMHV übernehmen wollen. Eindeutig in der Begründung nachzulesen sei, dass ausschließlicher Zweck der nur als Ausnahme zugelassenen direkten Rohmilchabgabe sei, die Gesundheit der Verbraucher vor potentiellen Risiken, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden seien, zu schützen. Entgegen der Ansicht des Klägers sei § 17 Tier-LMHV in jeglicher Hinsicht verfassungsgemäß. Insbesondere werde nicht in rechtswidriger Weise in Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. Die Vorgabe der Abgabe von Rohmilch nur im Milcherzeugungsbetrieb stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt sei. Da der Transport der Rohmilch das Risiko erhöhe, dass diese mit Krankheitserregern kontaminiert sei, sei das Transportverbot geeignet, den angestrebten Zweck zu erfüllen. Die klägerseits vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 17 Tier-LMHV mit Europarecht könnten nicht geteilt werden. Bei § 17 Tier-LMHV handele es sich um eine nationale Regelung, die - neben europarechtlichen Vorschriften - den Umgang mit Rohmilch regele. In Art. 10 Abs. 3, Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 ermächtige der europäische Gesetzgeber die Mitgliedstaaten dazu, weitergehende einzelstaatliche Vorschriften zu erlassen, die das Inverkehrbringen von Rohmilch, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sei, in seinem Hoheitsgebiet untersagen oder einschränken. In Absatz 11 der Präambel heiße es darüber hinaus, dass es bei der direkten Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher angezeigt sei, die öffentliche Gesundheit durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften zu schützen. Dadurch werde deutlich, dass der europäische Gesetzgeber die Thematik der Rohmilchabgabe nicht abschließend habe regeln wollen. Der europäische Gesetzgeber räume seinen Mitgliedstaaten dabei einen gewissen Spielraum ein. Durch die hier in Rede stehende Anforderung, Rohmilch nur im Milcherzeugungsbetrieb abzugeben, habe der deutsche Gesetzgeber eine solche - im Vergleich zum Europarecht - weitergehende Hygieneanforderung geschaffen und hierbei im Rahmen des ihm zuerkannten Spielraums gehandelt. Die Abgabestelle ... ..., Hauptstraße ... könne nicht als Milcherzeugungsbetrieb qualifiziert werden. Der Abgabeort stehe in keinem räumlichen Zusammenhang mit dem Erzeugungsort. Auch der seitens des Klägers beschriebene Vorgang der Rohmilcherzeugung und Abgabe zeige deutlich, dass es hier - nach Ende des Melkvorgangs bis zur Abgabe an den Verbraucher - zu weiteren Behandlungsschritten der Milch komme. Der Transport gehöre aber nach Sinn und Zweck des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV nicht mehr zum Milcherzeugungsprozess und solle nach dieser Vorschrift aufgrund der damit einhergehenden Risikoerhöhung der abstrakten Gesundheitsgefahr gerade verhindert werden. Diese abstrakte Gefahr sei nach dem Willen des Verordnungsgebers maßgebliches Untersagungskriterium. Der Kläger könne die abstrakte Gefahr, die der Transport als solches mit sich bringe, nicht dadurch beseitigen, dass er die gesetzlichen Hygienevorgaben genauestens einhalte. Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung habe sie zu berücksichtigen gehabt, dass es sich bei § 17 Abs. 1 Tier-LMHV um ein Verbot zum vorbeugenden Schutz der öffentlichen Gesundheit handele. Die Untersagungsverfügung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ermessensfehlerhaft. Insbesondere seien dem Kläger alternative Möglichkeiten, seine erzeugte Milch zu vermarkten, aufgezeigt worden. Ob die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV bei den angeführten, im...-Kreis gelegenen Höfen eingehalten würden, könne offenbleiben. Selbst wenn eine Ungleichbehandlung zu bejahen wäre, könne sich der Kläger auf eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht berufen.
15 
Die am 15.05.2014 durchgeführte mündliche Verhandlung ist mit Beschluss vom 27.05.2014 wiedereröffnet worden, um die Beteiligten zur Frage der maßgeblichen Rechtsgrundlage der gegenständlichen Verfügung anzuhören.
16 
Dem Senat liegen die Akten des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis (1 Band, 1 Aktenvermerk), des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Band) und des Verwaltungsgerichts vor. Darauf und auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 124a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO) eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist nicht zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
19 
Eine Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV - hält der Senat nicht für erforderlich. Denn er hat weder Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Bestimmungen des Primärrechts noch der Verordnungen (EG) 882/2004 oder 853/2004. Im Übrigen kann das Urteil des Senats mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.1997 - 6 B 32/97 -, NVwZ-RR 1998, 752/754; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41).
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte (vgl. § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Untersagungsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet dem Kläger generell für die Zukunft die Abgabe von Rohmilch am Standort des Stammbetriebs und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Der Senat hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141).
I.
21 
Der Beklagte hat die Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in der derzeit gültigen Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung des LFGB vom 28.05.2014 (BGBl. I 2014, 698) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützt. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB trifft die zuständige Behörde - und damit das gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. § 19 Abs. 1, § 18 Abs. 4 AG-LMGB, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG zur Lebensmittelüberwachung berufene Landratsamt - die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann dabei u.a. das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB).
22 
Nach Auffassung des Senats ist § 39 Abs. 2 LFGB allerdings nicht anwendbar. Vielmehr ergibt sich im Falle der Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die Befugnisnorm für auf Abhilfe gerichtete Maßnahmen der Lebensmittelbehörde, wie etwa ein Verkehrsverbot, aus Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) der Verordnung (EG) 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.04.2004 (ABl. L Nr. 165, 1 ff.) .
23 
Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 517/2013 des Rates vom 13.05.2013, ABl. L 158, 1, lautet: Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Nach Art. 54 Abs. 2 Nr. b) dieser Verordnung kann dazu (u.a.) die Maßnahme der Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung handelt es sich bei einem Verstoß um die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“.
24 
Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) 882/2004 gilt unmittelbar und verdrängt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionrechts (vgl. Art. 288 AEUV sowie Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band 3, Stand: August 2012, Art. 288 Rn. 53; Streinz, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2011, B Einführung Rn. 38b) in seinem Anwendungsbereich die nationale Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. auch § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB sowie die diesbezügliche Gesetzesbegründung, BTDrucks. 16/8100, 20: „Diese Regelungen [= Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) 882/2004] sind als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht von den zuständigen Behörden vorrangig anzuwenden“). Hier liegt ein den Anwendungsvorrang auslösender Kollisionsfall vor (zu diesem Erfordernis vgl. Nettesheim, a.a.O., Art. 288 Rn. 52; Streinz/Herrmann, BayVBl. 2008, 1, 3 f.). In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung (EG) 882/2004 stellt der Verordnungsgeber fest, dass das europäische Futtermittel- und Lebensmittelrecht sowohl in der grundlegenden Verordnung (EG) 178/2002 als auch in speziellen Vorschriften für Bereiche wie Futtermittel- und Lebensmittelhygiene kodifiziert sei. Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden, wofür auf Gemeinschaftsebene ein einheitlicher Rahmen in Form allgemeiner Vorschriften für die Organisation von Kontrollen geschaffen werden sollte (Erwägungsgründe 6 und 7). In Umsetzung der vorstehenden Erwägungsgründe bestimmt Art. 1 der Verordnung (EG) 882/2004 deren Anwendungsbereich dahingehend, dass in der Verordnung allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen u.a. zur Vermeidung, Beseitigung oder Senkung von unmittelbar oder über die Umwelt auftretenden Risiken für Mensch und Tier festgelegt würden. Aus den Erwägungsgründen 41, 42 und 43 ergibt sich, dass Verstöße gegen das Futtermittel- und Lebensmittelrecht „in der gesamten Gemeinschaft Gegenstand wirksamer, abschreckender und angemessener Maßnahmen sein“ sollten. Unter dem Titel VII „Durchsetzungsmaßnahmen“ der Verordnung ist das Kapitel I mit „Nationale Durchsetzungsmaßnahmen“ überschrieben. Der hier normierte Art. 54 („Maßnahmen im Fall eines Verstoßes“) sieht in seinem zweiten Absatz einen konkreten Maßnahmenkatalog vor. Angesichts des aufgezeigten umfassenden Regelungsanspruchs der Verordnung (EG) 882/2004 und der Zielsetzung, den nationalen Behörden für die Durchsetzung des Lebensmittelrechts unmittelbare rechtliche Vorgaben zu machen, hat der Senat keine Zweifel, dass die Mitgliedstaaten bei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen Maßnahmen mit dem Ziel der Abhilfe nunmehr auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 stützen können (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: Juli/November 2012, C 102, § 39 LFGB Rn. 10 f., 21, 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, § 39 Rn. 1, 10, 23; Wehlau, LFGB, 2010, § 39 Rn. 10 ff.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011 - 5 Bs 139/11 -, NVwZ-RR 2012, 92; unklar: BayVGH, Beschluss vom 26.11.2011 - 9 ZB 09.2116 -, Juris; zum Verbot, unmittelbar geltende Vorschriften des EU-Rechts im Recht der Mitgliedstaaten zu wiederholen vgl. König in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 2 Rn. 41 m.w.N.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 247; zur Problematik der Rechtsunsicherheit in der deutschen Überwachungspraxis vgl. dies., ZLR 2010, 243, 246; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1). Ob bzw. inwieweit § 39 Abs. 2 LFGB etwa bei Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines bestimmten Verdachts über die unionsrechtliche Ermächtigung in Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 hinausgeht und deshalb insoweit weiter anwendbar bleibt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 10; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.).
25 
Ungeachtet der anders lautenden behördlichen Begründung kann die angefochtene Verfügung auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 gestützt werden.
26 
§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 sind ähnlich aufgebaut, sie bestehen aus einer Generalklausel (§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) 882/2004) und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB sowie Art. 54 Abs. 2 der Verordnung (EG) 882/2004; vgl. Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 10). Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen relevante Unterschiede auf: Beide setzen die Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus und verpflichten die Behörde („trifft die zuständige Behörde“ bzw. „trifft sie“) zu notwendigen bzw. erforderlichen Maßnahmen (kein Entschließungsermessen; zu Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 vgl. VG Hannover, Urteil vom 27.06.2012 - 9 A 50/12 -, Juris, zu § 39 Abs. 2 LFGB vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010 - 9 S 171/09 -, VBlBW 2010, 314, sowie Senatsbeschluss vom 12.11.1997 - 9 S 2530/97 -, VBlBW 1998, 186; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 17 f.). Diese können insbesondere auch in dem Verbot bzw. der Untersagung des Inverkehrbringens von Erzeugnissen bzw. Lebensmitteln bestehen. Allenfalls im Hinblick auf die im Einzelfall konkret zu ergreifende Maßnahme ist der Behörde im Grundsatz ein Auswahlermessen eingeräumt. Angesichts der Parallelität beider Normen ist nicht erkennbar, weshalb diese vom Senat zu § 39 Abs. 2 LFGB vertretene Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O.; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40) nicht auch für die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu gelten hätte. Im Rahmen ihrer Entscheidung hat die Behörde schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2013, C 102, § 39 Rn. 17 f.; 73).
27 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage zulässig. Denn dies führt weder zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Verwaltungsakts noch wird die Rechtsverfolgung des Klägers in beachtlicher Weise erschwert (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1982 - 8 C 127/81 -, BVerwGE 64, 356; Urteil vom 21.11.1989 - 9 C 28/89 -, NVwZ 1990, 673). Angesichts des identischen Befugnisrahmens und der gleich gerichteten Ermessensdirektiven würde dies selbst dann gelten, wenn der Behörde im konkreten Fall ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahmen eingeräumt gewesen wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.1994 - 5 S 2637/93 -, NVwZ 1995, 397; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 23. Ergänzungslieferung 2013, § 113 Rn. 21; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 54). Dies war indes nicht der Fall (dazu noch unten unter II. 3.). Handelte es sich mithin bei der gegenständlichen Maßnahme um eine gebundene Entscheidung, war der Senat berechtigt und verpflichtet, die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu berücksichtigen (vgl. nur Schmidt, in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 17, 22).
II.
28 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004liegen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den am Stammbetrieb des Klägers aufgestellten Rohmilchautomaten begründet einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Tier-LMHV; der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.04.2004, S. 55) steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (hierzu unter 1.). Die Voraussetzungen der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV sind nicht gegeben (hierzu unter 2.). Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes und zur Verhütung künftiger Verstöße war die Untersagung der Rohmilchabgabe „erforderlich“ im Sinne Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft; auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war die gegenständliche Maßnahme nicht zu beanstanden (dazu unter 3.).
29 
1. Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV ist es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben.
30 
a) Auch eine Nichteinhaltung dieser nationalen Vorschrift des Lebensmittelrechts ist geeignet, einen „Verstoß“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zu begründen (zu diesem Begriff vgl. Art. 2 Nr. 10 der Verordnung). Nach Art. 2 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 gelten für die Zwecke der vorliegenden Verordnung die Begriffsbestimmungen der Artikel 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Gemäß Art. 3 dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelrecht“ die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicheroder auf einzelstaatlicher Ebene (Hervorhebung nur hier). Mithin ist dieses Verständnis auch der Auslegung des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zugrunde zu legen (so ausdrücklich auch Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 249; vgl. auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 67 und C 101, Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Rn. 6).
31 
b) § 17 Abs. 1 Tier-LMHV beruht auf einer eigenständigen nationalen Rechtsgrundlage. Der Verordnungsgeber hat sich hierbei ausdrücklich auf die spezielle Ermächtigung in Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.4.2004, S. 55) gestützt, die es dem einzelnen Mitgliedstaat überlässt, aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, mit denen das Inverkehrbringen von Rohmilch oder Rohrahm, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sind, in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt wird (vgl. BRDrucks. 327/07, Amtliche Begründung zu § 17; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 3 ff.). Da es sich um eine spezielle, rein mitgliedstaatliche Regelung handelt, dürfte auch der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob mit Blick auf Art. 1 Abs. 3 c) der Verordnung (EG) 853/2004 (danach gilt die Verordnung nicht für die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, die die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher abgeben) der Anwendungsbereich der Verordnung überhaupt eröffnet ist, keine maßgebliche Bedeutung zukommen (vgl. auch die Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 19.07.2007, Seite 23 c der Behördenakte).
32 
Dass der Verordnungsgeber die Grenzen des Unionsrechts überschritten hätte, vermag der Senat nicht festzustellen. Zwar wird die Ermächtigung der Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) 853/2004 eingeschränkt. Nach Art. 10 Abs. 3 dürfen diese beim Erlass einzelstaatlicher Vorschriften nach den Absätzen 4 bis 8 „die Erreichung der Ziele dieser Verordnung“ nicht gefährden. Dass dies der Fall wäre, ist indes nicht ersichtlich. Das grundsätzliche Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr dient gerade den primären Zielen der Verordnung (EG) 853/2004, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. die Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004). Mithin kann von einer Gefährdung der Erreichung der Ziele der Verordnung keine Rede sein. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV aufgestellte Voraussetzung diene überhaupt keinen hygienerechtlichen Zwecken. Zur Begründung kann auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2.a) verwiesen werden. Soweit nach Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 die einzelstaatlichen Vorschiften u.a. zum Ziel haben, die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen, könnte ein generelles Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr möglicherweise unionsrechtliche Fragen aufwerfen, soweit in dem betreffenden Mitgliedstaat eine entsprechende Tradition bestand (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 5 f.). Hier hat der deutsche Verordnungsgeber indes kein generelles Abgabeverbot erlassen, sondern das grundsätzliche Abgabeverbot nach § 17 Abs. 1 mit den Ausnahmeregelungen in § 17 Abs. 2 bis 4 Tier-LMHV verknüpft. Indem er in Abs. 4 Satz 1 weiterhin ausdrücklich die sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zulässt (vgl. die ähnliche Vorgängerregelung in § 8 Abs. 1 Milchverordnung), hat er dieser traditionellen Vertriebsform explizit Rechnung getragen und damit auch Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 berücksichtigt.
33 
Der Kläger meint ferner, mit § 17 habe der Verordnungsgeber gegen die nach Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 einzuhaltenden „allgemeinen Bestimmungen des Vertrags“ verstoßen. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
34 
Soweit er sich auf Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 b), Art. 39 Abs. 1 e) und Art. 40 Abs. 1 a) AEUV beruft, ist bereits weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar, inwieweit diese Normen geeignet sind, bezogen auf die hier einschlägige Fallgestaltung subjektive Rechte des Klägers zu begründen (vgl. Priebe, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 38 AEUV Rn. 100; Art. 39 Rn. 2, 6).
35 
Dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Zulässigkeit der Abgabe von Rohmilch für den unmittelbaren menschlichen Verzehr unterschiedliche Regelungen treffen dürfen und getroffen haben, ist im Übrigen ersichtlich unionsrechtlich bezweckte, notwendige Folge der speziellen Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004, die auch mit Blick auf ihren Wortlaut („in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt“) mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum für die Mitgliedstaaten verbunden ist. Schon deshalb scheidet sowohl der behauptete Verstoß gegen die vom Kläger auf Art. 40 Abs. 1 a) AEUV gestützte „Wettbewerbsfreiheit“ wie auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 20 GRCh aus. Im Übrigen findet die auf einen engen Anwendungsbereich beschränkte Regelung ihre sachliche Rechtfertigung - wie bereits dargelegt - vor allem in den Zielen, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004) sowie die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen (vgl. Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004). Vor diesem Hintergrund erfährt auch der vom Kläger geltend gemachte Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 GRCh seine Rechtfertigung jedenfalls durch Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 GRCh. Zur weiteren Begründung insbesondere zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird auf die Ausführungen unter 2. b) verwiesen.
36 
Bei alledem kann dahingestellt bleiben, ob es beim Gebrauchmachen der Bundesrepublik Deutschland von der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 um die Durchführung des Rechts der Union durch einen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 51 Abs. 1 GRCh geht (vgl. dazu Jarass, Charta der Grundrechte, 2. Aufl. 2013, Art. 51 Rn. 11 ff., 16 ff.; Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Auf. 2011, Art. 51 Rn. 24 ff.) und damit der Anwendungsbereich der Grundrechte Charta überhaupt eröffnet ist. Ebenso kann offen bleiben, welche rechtliche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass hier kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt.
37 
2. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV greift nicht zugunsten des Klägers ein.
38 
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV darf Rohmilch abweichend von Absatz 1 von Milcherzeugungsbetrieben unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden, wenn
39 
1. die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt,
2. die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist,
3. die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist,
4. an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und
5. die Abgabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist.
40 
Nach der Überzeugung des Senats begrenzt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in Fällen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb mehrere Betriebsstätten aufweist und etwa - wie hier - das Milchvieh nicht am Standort des Stammbetriebs gehalten wird, die Rohmilchabgabe räumlich auf die Örtlichkeit, an der die Milch tatsächlich gewonnen wird. Rohmilch wird nur dann in zulässiger Weise „im Milcherzeugungsbetrieb“ im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV abgegeben, wenn die Abgabe am Standort der Milchgewinnung erfolgt.
41 
Dies legt bereits der Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Die normative Aufzählung von fünf Voraussetzungen, die alle kumulativ für das Vorliegen einer Ausnahme erfüllt sein müssen, spricht dafür, dass es sich bei der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" nach Nr. 1 um ein Tatbestandsmerkmal mit eigenständiger Aussagekraft handelt. Anders als die wenig ergiebige Legaldefinition des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Tier-LMHV in Verbindung mit 4.2 des Anhangs 1 der Verordnung (EG) 853/2004 („Betrieb mit einem oder mehreren Nutztieren, die zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, gehalten werden“) deutet die mit der lokalen Präposition verbundene Wendung „im Milcherzeugungsbetrieb“ darauf hin, dass hier eine Aussage über den zulässigen Ort der Rohmilchabgabe getroffen wird. Dies wird durch das Bestehen eines unternehmerischen bzw. betriebswirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Stammbetrieb nicht in Frage gestellt. Denn nach der allgemeinen Definition in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ist unter Betrieb jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens zu verstehen. Im Gegensatz zu dem in der Verordnung (EG) 178/2002 selbständig definierten Begriff des Lebensmittelunternehmens dürfte der Begriff des Betriebs hier nicht als unternehmerische Zusammenfassung einer Tätigkeit, sondern als eine organisatorische und/oder örtliche Zusammenfassung der Herstellung oder des Inverkehrbringens von Lebensmitteln zu verstehen sein; dabei ist - gerade auch im hygienerechtlichen Kontext - in der Regel davon auszugehen, dass ein Betrieb durch die örtliche Zusammenfassung gebildet wird (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2008, C 170, Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Rn. 14). Mithin kann der Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs, an dem Milch gewonnen wird, als Milcherzeugungsbetrieb im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV angesehen werden.
42 
Erhärtet wird diese Auslegung durch den Sinn und Zweck der Regelung, der darin besteht, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind (vgl. hierzu die amtliche Begründung BRDrucks. 327/07, S. 170; Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178, § 17 Tier-LMHV Rn. 1). Alle in Nr. 1 bis 5 kumulativ verlangten Voraussetzungen haben eine hygienerechtliche Komponente. Entgegen der Ansicht des Klägers wird auch mit dem räumlichen Erfordernis der Nr. 1 ein hygienerechtlicher Schutzzweck verfolgt. Zu Recht hat der Beklagte insoweit darauf verwiesen, dass es in der Natur der Rohmilch liegt, dass sie Bakterien enthalten könne, die geeignet seien, die Verbrauchergesundheit zu schädigen, wie zum Beispiel Salmonellen, EHEC, Campylobacter, Listerien etc. (vgl. auch Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung vom 29.05.2009 unter http://www.bfr.bund.de/cd/29651; aktueller Bericht Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.09.2013). Zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionskrankheiten empfiehlt die WHO in einer ihrer „Zehn Goldenen Regeln“: „always buy pasteurized as opposed to raw milk“. Unstreitig kann sich ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Rohmilch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Behandlungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhen die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Darüber hinaus kann eine damit einhergehende Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen.
43 
Angesichts der nach Abschluss der Rohmilchgewinnung im Falle zusätzlicher Behandlungsschritte typischerweise auftretenden vermehrten Risiken hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV die Abgabe der Rohmilch mithin der Sache nach räumlich auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung beschränkt und damit den Transport der Rohmilch als abstrakt risikoerhöhenden Umstand untersagt. An anderen Örtlichkeiten kommt deshalb eine Rohmilchabgabe nicht in Betracht, selbst wenn sie sich in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers befinden (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 17 Tier-LMHV Rn. 41).
44 
Diese enge Auslegung wird bestätigt durch die verordnungsrechtliche Systematik. Bei der in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV geregelten Möglichkeit der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz des Rohmilchabgabeverbots in Absatz 1. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend legt dies eine restriktive Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Das spricht dagegen, die Abgabe von Rohmilch an Örtlichkeiten zuzulassen, die zwar Teil des landwirtschaftlichen Betriebs sind, aber mit der eigentlichen Milcherzeugung in keinem räumlichen Zusammenhang stehen. Auch die Vorgaben für die sog. Vorzugsmilch legen einen hygienerechtlichen Schutzzweck der in § 17 Abs. 4 Nr. 1 Tier-LMHV normierten Voraussetzungen nahe. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die in Fertigpackungen oder sonst in verschlossene Behältnisse abgefüllt wurde, die aber gehandelt und deshalb vom Verbraucher auch im Einzelhandel erworben werden kann. Im Gegensatz zur unmittelbaren Abgabe von Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV ist die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher örtlich nicht auf den Erzeugungsbetrieb beschränkt, vielmehr erfolgen hier im Anschluss an die Milchgewinnung typischerweise weitere Behandlungsschritte einschließlich des Transports. Allerdings stellt der Verordnungsgeber an Vorzugsmilch auch deutlich strengere Hygieneanforderungen. Während für die unmittelbar abzugebende Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Satz 2 Tier-LMHV lediglich die Anforderungen nach Anlage 2 der LMHV entsprechend gelten, muss die Vorzugsmilch insbesondere in einem Milcherzeugungsbetrieb, für den die zuständige Behörde eine vorherige Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Tier-LMHV erteilt hat, unter Einhaltung der Anforderungen der (sehr detaillierten) Anlage 9 Kapitel I Nr. 1 und 2 gewonnen und behandelt worden sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Tier-LMHV). Wenn der Verordnungsgeber derart strenge hygienische Anforderungen im Falle der Milch-ab-Hof-Abgabe nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für verzichtbar hält, zeigt dies, dass er von einem engen Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeht und der räumlichen Begrenzung des Ausnahmetatbestands auf eine Abgabe am Standort der tatsächlichen Milchgewinnung eine maßgebliche Bedeutung für einen wirksamen gesundheitlichen Verbraucherschutz zuschreibt.
45 
b) In dieser Auslegung begegnet § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
46 
Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass das Erfordernis betroffene Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung verletzt.
47 
Eine hinreichende normative Grundlage im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG liegt vor. Die verordnungsrechtliche Bestimmung findet ihre Ermächtigung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6, § 34 Satz 1 Nr. 1 und 4 LFGB, mithin ist hier die Berufsausübung auf Grund eines Gesetzes geregelt worden.
48 
Auch ein Verstoß gegen den rechtstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz lässt sich nicht feststellen. Das Erfordernis, den Anwendungsbereich der Norm im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, bedeutet noch keine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, solange eine solche Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 212 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99, 2 BvR 276/00, 2 BvR 2061/00 -, NJW 2001, 879, 880).
49 
Hiervon ausgehend hat der Senat an der ausreichenden Bestimmtheit der Bestimmung keine durchgreifenden Zweifel. Aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV geht für den Betroffenen erkennbar hervor, dass die Milchabgabe in räumlicher Hinsicht an den „Milcherzeugungsbetrieb“ geknüpft ist. Zwar bedarf es einer weitergehenden Eingrenzung und Konkretisierung der örtlichen Voraussetzungen, diesem Erfordernis kann indes - wie oben dargelegt - im Wege der Auslegung insbesondere anhand der Systematik und des Zwecks der Regelung jedenfalls im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle Rechnung getragen werden. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger befürwortete weite Interpretation der Vorschrift mit erheblich größeren Bestimmtheitsdefiziten verbunden wäre. Denn sollte die Regelung nicht an den Ort der tatsächlichen Milchgewinnung anknüpfen, müsste bestimmt werden, ab welcher Distanz zwischen verschiedenen Teilen eines landwirtschaftlichen Betriebs noch von einer Abgabe im „Milcherzeugungsbetrieb“ ausgegangen werden kann. Hierfür sind greifbare Maßstäbe nicht ersichtlich.
50 
Darüber hinaus muss die Regelung durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010 - 1 BvR 1789/10 -, NVwZ 2011, 355; BVerfG, Beschluss vom 26.02.1997 - 1 BvR 1864/94, 1 BvR 1102/95 -, BVerfGE 95, 193, 214). Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt indes nicht vor.
51 
Mit der Beschränkung der Abgabe von Rohmilch auf den Standort der Milchgewinnung regelt der Verordnungsgeber lediglich die Modalitäten der Berufsausübung des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs. Selbst wenn die Bestimmung die Ebene der Rentabilität einer beruflichen Tätigkeit berühren sollte, sind Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz der Betreiber derartiger Abgabestellen nicht dessen typische Folge. Denn regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - gelangt lediglich ein Teil der gewonnenen Milch als Rohmilch zum unmittelbaren Verkauf; außerdem wird der Rohmilchverkauf nicht generell untersagt, sondern lediglich auf den Standort der Milchgewinnung beschränkt.
52 
Mit dem oben dargestellten Zweck der Regelung, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind, verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls.
53 
Die Regelung ist auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Dem Normgeber kommt auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu; ihm obliegt es, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Wird der Normgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der auch von den Fachgerichten bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, VBlBW 2004, 20-28).
54 
Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Annahme des Verordnungsgebers, dass die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV vorgenommene räumliche Beschränkung der Abgabe der Rohmilch auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung zu einer Verringerung der mit einer Rohmilchabgabe einhergehenden Gefahren führt, nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Einschätzung naheliegend, der Transport der Rohmilch im Anschluss an die Milchgewinnung sei typischerweise mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Entgegen der Ansicht des Klägers reicht diese durch sachverständiger Stellungnahmen hinreichend verlässlich abgesicherte abstrakte Gefährdungslage aus.
55 
Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Normgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2000 - 1 BvR 539/96 -, BVerfGE 102, 197, 218; Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276, 309). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Normgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Eindämmung von Gefahren, die mit der Abgabe von Rohmilch verbunden sind, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Normgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.).
56 
Derartige mildere, aber vergleichbar wirksame Mittel sind vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dabei kommt auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Bedeutung zu. Denn der Verordnungsgeber wollte mit der Bestimmung erkennbar die traditionell praktizierte, inhaltsgleich bereits in der Milchverordnung geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ weiter ermöglichen. Damit trug er auch der Regelung in Art. 10 Abs. 4a i) Verordnung (EG) 853/2004 Rechnung. Insoweit lag es nicht fern, auf die Vorgabe besonders strenger hygienerechtlicher Anforderungen nach Art der Vorzugsmilch zu verzichten, aber den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift auf den typischen Fall der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zu begrenzen.
57 
Schließlich ergibt eine Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe, dass die Grenze der Zumutbarkeit und damit der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt ist. Die räumliche Beschränkung der Rohmilchabgabe dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der Gesundheit von Konsumenten vor möglicherweise gravierenden gesundheitlichen Risiken. Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf eine Verringerung des Umsatzes aus dem Verkauf der Rohmilch, den der Inhaber eines aus mehreren Teilen bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs tendenziell vermeiden kann, indem er die Abgabestelle an den Standort der Milchgewinnung legt. Dass die Milchabgabe insoweit nicht immer am verkehrsgünstigsten und damit lukrativsten Standort erfolgen kann, erscheint dem Betriebsinhaber zumutbar.
58 
Bei alledem nimmt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV maßgeblich das Verhalten des für das Inverkehrbringen der Rohmilch lebensmittelrechtlich verantwortlichen Milcherzeugers in den Blick und nicht etwa auch ein potentielles Verhalten des Konsumenten im Anschluss an die erfolgte Abgabe der Rohmilch an diesen. Dies kann nicht beanstandet werden.
59 
c) Gemessen hieran erfüllt die Rohmilchabgabe durch den Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... nicht das Tatbestandsmerkmal der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb". Die Milchgewinnung erfolgt in der zwei Kilometer hiervon entfernten im Jahr 1996 errichteten weiteren Betriebsstätte auf dem Flurstück ... ..., in der der neue Milchviehstall steht und die Melk-Technik vorgehalten wird. Auch der behauptete „Notstall" für z.B. kranke Tiere macht den Standort Hauptstraße ... nicht zum Milcherzeugungsbetrieb im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV. Schließlich ist es nach Sinn und Zweck der vom Verordnungsgeber gewollten Beschränkung auch nicht maßgeblich, dass der gegenwärtige Standort des Rohmilchautomaten verkehrsgünstiger liegt und der Milchviehstall für die Kunden des Klägers demgegenüber schwerer zu erreichen wäre.
60 
Da für eine zulässige Rohmilchabgabe sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ erfüllt sein müssen, kommt es auf die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger nicht an,
61 
3. Die angefochtene Verfügung begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken.
62 
Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde kam bei der Anordnung nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 i.V.m. § 17 Tier-LMHV kein Entschließungsermessen zu. Vielmehr war sie verpflichtet, bei Vorliegen eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. bereits oben). Das Abgabeverbot zielt auch darauf ab, dass der Unternehmer Abhilfe schafft (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 65).
63 
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Behörde im vorliegenden Fall ein Auswahlermessen eingeräumt war (vgl. ebenfalls bereits oben sowie Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O., zu § 39 Abs. 2 LFGB). Vielmehr kam als Reaktion auf den Rechtsverstoß allein die Untersagung der Abgabe von Rohmilch am Stammbetrieb des Klägers als zulässige und im Sinne Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) 882/2004 „erforderliche“ Maßnahme in Betracht (im Ergebnis vergleichbar BayVGH, Beschluss vom 17.01.2011 - 9 ZB 09.2654 -, Juris). Die auf die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung durch den Beklagten zielenden Angriffe gehen daher ins Leere. Das ergibt sich aus Folgendem:
64 
Nach der Regel-Ausnahme-Systematik des § 17 Tier-LMHV ist das Verbot der Abgabe von Rohmilch klar vorgegeben, wenn keine der Ausnahmen der Absätze 2 bis 4 vorliegt. Zur wirksamen Durchsetzung dieser nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers zwingenden Rechtsfolge und in Ansehung des in § 1 Abs. Nr. 1 LFGB normierten Gesetzeszwecks, den Schutz der Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, kommt auch bei Einbeziehung des in Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) 882/2004 grundsätzlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums allein die Untersagung der Abgabe der Rohmilch auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 in Betracht. Deshalb kann dem Kläger - entgegen seiner Auffassung - die Rohmilchabgabe an seinem Stammbetrieb auch nicht unter Auflagen gestattet werden (Inverkehrbringen unter eigener oder behördlicher Kontrolle, Auflagen der Probenziehung oder der täglichen oder zweitäglichen Leerung des Behälters o.Ä.). Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004). Denn eine Korrektur der Verwaltung im Einzelfall mit Hilfe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt nur in Betracht, soweit das Gesetz bzw. die Verordnung dieser einen Spielraum einräumt (vgl. Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 148; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 90a). Dies ist hier indes nicht der Fall. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV ist verfassungsrechtlich unbedenkliches zwingendes Recht, die Tier-LMHV sieht eine Zulassung der Rohmilchabgabe unter Verzicht auf dieses Erfordernis etwa im Falle einer „Kompensation“ durch hygienerechtliche Auflagen nicht vor. Ein anderes Ergebnis würde zu einer Verwischung der Grenzen zwischen den einzelnen Ausnahmetatbeständen und damit letztlich zu einer Missachtung des Willens des Normgebers führen.
65 
Unabhängig davon erweist sich die Verfügung auch nicht als unverhältnismäßig im Einzelfall. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - dem mit den zugrunde liegenden Regelungen geschützten öffentlichen Interesse am vorbeugenden (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., C 170, § 17 Tier-LMHV Rn. 1; § 1 Nr. 1 LFGB sowie Zipfel/Rathke, a.a.O., C 102, § 1 LFGB, Rn. 14 f.) Gesundheits- und Verbraucherschutz potentieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern den Vorrang eingeräumt hat. Das vom Kläger angeführte wirtschaftliche Interesse am Rohmilchverkauf an einem verkehrsgünstigen Standort im Ortsteil ... an der B ... führt nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Verfügung. Bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ist zunächst von Bedeutung, dass der angestrebte unmittelbare Rohmilchverkauf nur einen Teil der vom Kläger produzierten Milch betrifft. Ferner bezieht sich das Verbot lediglich auf den Stammbetrieb in der Hauptstraße. Auch wenn der Kläger dort den Rohmilchverkauf in der Vergangenheit praktiziert haben sollte, kann er sich auf Bestandsschutz nicht berufen. Es ist ihm - ungeachtet weiterer Möglichkeiten, die Rohmilch zu verwerten (etwa Verkauf nach Pasteurisierung, Verkauf als Vorzugsmilch) - unbenommen, den Rohmilchverkauf an den Standort seines lediglich zwei Kilometer entfernten Milchviehstalls zu verlegen. Dass dem unüberwindbare oder nicht zumutbare Hindernisse entgegenstehen, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dieser Standort ist angesichts seiner verkehrsmäßigen Erschließung über die L ... und der Entfernung von lediglich zwei Kilometern für potentielle Kunden mit dem PKW oder dem Fahrrad ohne weiteres erreichbar. Das in der mündlichen Verhandlung erwähnte Problem, der Kundenverkehr könne dort das Arbeiten bzw. den Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen beeinträchtigen, erscheint durch entsprechende organisatorische und/oder bauliche Maßnahmen lösbar. Dass möglicherweise notwendig werdende bauliche Maßnahmen (etwa auch ein Unterstand für den Milchautomaten) den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht unverhältnismäßig belasten würden, ist nicht erkennbar. Die Äußerung in der mündlichen Verhandlung, der Standort des Milchviehstalls sei aus hygienischen Gründen für einen Kundenverkehr „problematischer“ als der Abgabeort am Stammbetrieb, ist eine Vermutung des Klägers, die indes - soweit alle sonstigen Vorschriften eingehalten werden - die Eignung des Standorts am Milchviehstall nicht ernsthaft in Frage stellt. Um die Folgen der verkehrsungünstigeren Lage zu mindern, könnte der Kläger schließlich an seinem Stammbetrieb einen deutlichen Hinweis auf den neuen Standort der Rohmilchabgabe installieren. Gleichwohl verbleibende Umsatzeinbußen sind mit Blick auf den Rang der mit der Verfügung geschützten Rechtsgüter hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann sich eine Unverhältnismäßigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „Art des Verstoßes“ oder des „bisherigen Verhaltens“ des Klägers „mit Blick auf Verstöße“ (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004) ergeben.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
67 
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 132 VwGO). Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig. Sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung ohne weiteres beantworten.
68 
Beschluss vom 16. Juni 2014
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2 GKG).
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 124a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO) eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist nicht zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
19 
Eine Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV - hält der Senat nicht für erforderlich. Denn er hat weder Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Bestimmungen des Primärrechts noch der Verordnungen (EG) 882/2004 oder 853/2004. Im Übrigen kann das Urteil des Senats mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.1997 - 6 B 32/97 -, NVwZ-RR 1998, 752/754; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41).
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte (vgl. § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Untersagungsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet dem Kläger generell für die Zukunft die Abgabe von Rohmilch am Standort des Stammbetriebs und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Der Senat hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141).
I.
21 
Der Beklagte hat die Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in der derzeit gültigen Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung des LFGB vom 28.05.2014 (BGBl. I 2014, 698) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützt. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB trifft die zuständige Behörde - und damit das gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. § 19 Abs. 1, § 18 Abs. 4 AG-LMGB, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG zur Lebensmittelüberwachung berufene Landratsamt - die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann dabei u.a. das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB).
22 
Nach Auffassung des Senats ist § 39 Abs. 2 LFGB allerdings nicht anwendbar. Vielmehr ergibt sich im Falle der Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die Befugnisnorm für auf Abhilfe gerichtete Maßnahmen der Lebensmittelbehörde, wie etwa ein Verkehrsverbot, aus Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) der Verordnung (EG) 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.04.2004 (ABl. L Nr. 165, 1 ff.) .
23 
Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 517/2013 des Rates vom 13.05.2013, ABl. L 158, 1, lautet: Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Nach Art. 54 Abs. 2 Nr. b) dieser Verordnung kann dazu (u.a.) die Maßnahme der Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung handelt es sich bei einem Verstoß um die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“.
24 
Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) 882/2004 gilt unmittelbar und verdrängt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionrechts (vgl. Art. 288 AEUV sowie Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band 3, Stand: August 2012, Art. 288 Rn. 53; Streinz, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2011, B Einführung Rn. 38b) in seinem Anwendungsbereich die nationale Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. auch § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB sowie die diesbezügliche Gesetzesbegründung, BTDrucks. 16/8100, 20: „Diese Regelungen [= Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) 882/2004] sind als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht von den zuständigen Behörden vorrangig anzuwenden“). Hier liegt ein den Anwendungsvorrang auslösender Kollisionsfall vor (zu diesem Erfordernis vgl. Nettesheim, a.a.O., Art. 288 Rn. 52; Streinz/Herrmann, BayVBl. 2008, 1, 3 f.). In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung (EG) 882/2004 stellt der Verordnungsgeber fest, dass das europäische Futtermittel- und Lebensmittelrecht sowohl in der grundlegenden Verordnung (EG) 178/2002 als auch in speziellen Vorschriften für Bereiche wie Futtermittel- und Lebensmittelhygiene kodifiziert sei. Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden, wofür auf Gemeinschaftsebene ein einheitlicher Rahmen in Form allgemeiner Vorschriften für die Organisation von Kontrollen geschaffen werden sollte (Erwägungsgründe 6 und 7). In Umsetzung der vorstehenden Erwägungsgründe bestimmt Art. 1 der Verordnung (EG) 882/2004 deren Anwendungsbereich dahingehend, dass in der Verordnung allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen u.a. zur Vermeidung, Beseitigung oder Senkung von unmittelbar oder über die Umwelt auftretenden Risiken für Mensch und Tier festgelegt würden. Aus den Erwägungsgründen 41, 42 und 43 ergibt sich, dass Verstöße gegen das Futtermittel- und Lebensmittelrecht „in der gesamten Gemeinschaft Gegenstand wirksamer, abschreckender und angemessener Maßnahmen sein“ sollten. Unter dem Titel VII „Durchsetzungsmaßnahmen“ der Verordnung ist das Kapitel I mit „Nationale Durchsetzungsmaßnahmen“ überschrieben. Der hier normierte Art. 54 („Maßnahmen im Fall eines Verstoßes“) sieht in seinem zweiten Absatz einen konkreten Maßnahmenkatalog vor. Angesichts des aufgezeigten umfassenden Regelungsanspruchs der Verordnung (EG) 882/2004 und der Zielsetzung, den nationalen Behörden für die Durchsetzung des Lebensmittelrechts unmittelbare rechtliche Vorgaben zu machen, hat der Senat keine Zweifel, dass die Mitgliedstaaten bei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen Maßnahmen mit dem Ziel der Abhilfe nunmehr auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 stützen können (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: Juli/November 2012, C 102, § 39 LFGB Rn. 10 f., 21, 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, § 39 Rn. 1, 10, 23; Wehlau, LFGB, 2010, § 39 Rn. 10 ff.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011 - 5 Bs 139/11 -, NVwZ-RR 2012, 92; unklar: BayVGH, Beschluss vom 26.11.2011 - 9 ZB 09.2116 -, Juris; zum Verbot, unmittelbar geltende Vorschriften des EU-Rechts im Recht der Mitgliedstaaten zu wiederholen vgl. König in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 2 Rn. 41 m.w.N.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 247; zur Problematik der Rechtsunsicherheit in der deutschen Überwachungspraxis vgl. dies., ZLR 2010, 243, 246; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1). Ob bzw. inwieweit § 39 Abs. 2 LFGB etwa bei Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines bestimmten Verdachts über die unionsrechtliche Ermächtigung in Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 hinausgeht und deshalb insoweit weiter anwendbar bleibt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 10; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.).
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Ungeachtet der anders lautenden behördlichen Begründung kann die angefochtene Verfügung auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 gestützt werden.
26 
§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 sind ähnlich aufgebaut, sie bestehen aus einer Generalklausel (§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) 882/2004) und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB sowie Art. 54 Abs. 2 der Verordnung (EG) 882/2004; vgl. Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 10). Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen relevante Unterschiede auf: Beide setzen die Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus und verpflichten die Behörde („trifft die zuständige Behörde“ bzw. „trifft sie“) zu notwendigen bzw. erforderlichen Maßnahmen (kein Entschließungsermessen; zu Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 vgl. VG Hannover, Urteil vom 27.06.2012 - 9 A 50/12 -, Juris, zu § 39 Abs. 2 LFGB vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010 - 9 S 171/09 -, VBlBW 2010, 314, sowie Senatsbeschluss vom 12.11.1997 - 9 S 2530/97 -, VBlBW 1998, 186; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 17 f.). Diese können insbesondere auch in dem Verbot bzw. der Untersagung des Inverkehrbringens von Erzeugnissen bzw. Lebensmitteln bestehen. Allenfalls im Hinblick auf die im Einzelfall konkret zu ergreifende Maßnahme ist der Behörde im Grundsatz ein Auswahlermessen eingeräumt. Angesichts der Parallelität beider Normen ist nicht erkennbar, weshalb diese vom Senat zu § 39 Abs. 2 LFGB vertretene Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O.; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40) nicht auch für die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu gelten hätte. Im Rahmen ihrer Entscheidung hat die Behörde schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2013, C 102, § 39 Rn. 17 f.; 73).
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Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage zulässig. Denn dies führt weder zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Verwaltungsakts noch wird die Rechtsverfolgung des Klägers in beachtlicher Weise erschwert (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1982 - 8 C 127/81 -, BVerwGE 64, 356; Urteil vom 21.11.1989 - 9 C 28/89 -, NVwZ 1990, 673). Angesichts des identischen Befugnisrahmens und der gleich gerichteten Ermessensdirektiven würde dies selbst dann gelten, wenn der Behörde im konkreten Fall ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahmen eingeräumt gewesen wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.1994 - 5 S 2637/93 -, NVwZ 1995, 397; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 23. Ergänzungslieferung 2013, § 113 Rn. 21; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 54). Dies war indes nicht der Fall (dazu noch unten unter II. 3.). Handelte es sich mithin bei der gegenständlichen Maßnahme um eine gebundene Entscheidung, war der Senat berechtigt und verpflichtet, die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu berücksichtigen (vgl. nur Schmidt, in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 17, 22).
II.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004liegen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den am Stammbetrieb des Klägers aufgestellten Rohmilchautomaten begründet einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Tier-LMHV; der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.04.2004, S. 55) steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (hierzu unter 1.). Die Voraussetzungen der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV sind nicht gegeben (hierzu unter 2.). Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes und zur Verhütung künftiger Verstöße war die Untersagung der Rohmilchabgabe „erforderlich“ im Sinne Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft; auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war die gegenständliche Maßnahme nicht zu beanstanden (dazu unter 3.).
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1. Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV ist es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben.
30 
a) Auch eine Nichteinhaltung dieser nationalen Vorschrift des Lebensmittelrechts ist geeignet, einen „Verstoß“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zu begründen (zu diesem Begriff vgl. Art. 2 Nr. 10 der Verordnung). Nach Art. 2 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 gelten für die Zwecke der vorliegenden Verordnung die Begriffsbestimmungen der Artikel 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Gemäß Art. 3 dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelrecht“ die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicheroder auf einzelstaatlicher Ebene (Hervorhebung nur hier). Mithin ist dieses Verständnis auch der Auslegung des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zugrunde zu legen (so ausdrücklich auch Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 249; vgl. auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 67 und C 101, Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Rn. 6).
31 
b) § 17 Abs. 1 Tier-LMHV beruht auf einer eigenständigen nationalen Rechtsgrundlage. Der Verordnungsgeber hat sich hierbei ausdrücklich auf die spezielle Ermächtigung in Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.4.2004, S. 55) gestützt, die es dem einzelnen Mitgliedstaat überlässt, aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, mit denen das Inverkehrbringen von Rohmilch oder Rohrahm, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sind, in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt wird (vgl. BRDrucks. 327/07, Amtliche Begründung zu § 17; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 3 ff.). Da es sich um eine spezielle, rein mitgliedstaatliche Regelung handelt, dürfte auch der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob mit Blick auf Art. 1 Abs. 3 c) der Verordnung (EG) 853/2004 (danach gilt die Verordnung nicht für die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, die die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher abgeben) der Anwendungsbereich der Verordnung überhaupt eröffnet ist, keine maßgebliche Bedeutung zukommen (vgl. auch die Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 19.07.2007, Seite 23 c der Behördenakte).
32 
Dass der Verordnungsgeber die Grenzen des Unionsrechts überschritten hätte, vermag der Senat nicht festzustellen. Zwar wird die Ermächtigung der Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) 853/2004 eingeschränkt. Nach Art. 10 Abs. 3 dürfen diese beim Erlass einzelstaatlicher Vorschriften nach den Absätzen 4 bis 8 „die Erreichung der Ziele dieser Verordnung“ nicht gefährden. Dass dies der Fall wäre, ist indes nicht ersichtlich. Das grundsätzliche Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr dient gerade den primären Zielen der Verordnung (EG) 853/2004, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. die Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004). Mithin kann von einer Gefährdung der Erreichung der Ziele der Verordnung keine Rede sein. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV aufgestellte Voraussetzung diene überhaupt keinen hygienerechtlichen Zwecken. Zur Begründung kann auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2.a) verwiesen werden. Soweit nach Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 die einzelstaatlichen Vorschiften u.a. zum Ziel haben, die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen, könnte ein generelles Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr möglicherweise unionsrechtliche Fragen aufwerfen, soweit in dem betreffenden Mitgliedstaat eine entsprechende Tradition bestand (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 5 f.). Hier hat der deutsche Verordnungsgeber indes kein generelles Abgabeverbot erlassen, sondern das grundsätzliche Abgabeverbot nach § 17 Abs. 1 mit den Ausnahmeregelungen in § 17 Abs. 2 bis 4 Tier-LMHV verknüpft. Indem er in Abs. 4 Satz 1 weiterhin ausdrücklich die sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zulässt (vgl. die ähnliche Vorgängerregelung in § 8 Abs. 1 Milchverordnung), hat er dieser traditionellen Vertriebsform explizit Rechnung getragen und damit auch Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 berücksichtigt.
33 
Der Kläger meint ferner, mit § 17 habe der Verordnungsgeber gegen die nach Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 einzuhaltenden „allgemeinen Bestimmungen des Vertrags“ verstoßen. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
34 
Soweit er sich auf Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 b), Art. 39 Abs. 1 e) und Art. 40 Abs. 1 a) AEUV beruft, ist bereits weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar, inwieweit diese Normen geeignet sind, bezogen auf die hier einschlägige Fallgestaltung subjektive Rechte des Klägers zu begründen (vgl. Priebe, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 38 AEUV Rn. 100; Art. 39 Rn. 2, 6).
35 
Dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Zulässigkeit der Abgabe von Rohmilch für den unmittelbaren menschlichen Verzehr unterschiedliche Regelungen treffen dürfen und getroffen haben, ist im Übrigen ersichtlich unionsrechtlich bezweckte, notwendige Folge der speziellen Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004, die auch mit Blick auf ihren Wortlaut („in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt“) mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum für die Mitgliedstaaten verbunden ist. Schon deshalb scheidet sowohl der behauptete Verstoß gegen die vom Kläger auf Art. 40 Abs. 1 a) AEUV gestützte „Wettbewerbsfreiheit“ wie auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 20 GRCh aus. Im Übrigen findet die auf einen engen Anwendungsbereich beschränkte Regelung ihre sachliche Rechtfertigung - wie bereits dargelegt - vor allem in den Zielen, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004) sowie die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen (vgl. Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004). Vor diesem Hintergrund erfährt auch der vom Kläger geltend gemachte Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 GRCh seine Rechtfertigung jedenfalls durch Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 GRCh. Zur weiteren Begründung insbesondere zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird auf die Ausführungen unter 2. b) verwiesen.
36 
Bei alledem kann dahingestellt bleiben, ob es beim Gebrauchmachen der Bundesrepublik Deutschland von der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 um die Durchführung des Rechts der Union durch einen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 51 Abs. 1 GRCh geht (vgl. dazu Jarass, Charta der Grundrechte, 2. Aufl. 2013, Art. 51 Rn. 11 ff., 16 ff.; Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Auf. 2011, Art. 51 Rn. 24 ff.) und damit der Anwendungsbereich der Grundrechte Charta überhaupt eröffnet ist. Ebenso kann offen bleiben, welche rechtliche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass hier kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt.
37 
2. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV greift nicht zugunsten des Klägers ein.
38 
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV darf Rohmilch abweichend von Absatz 1 von Milcherzeugungsbetrieben unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden, wenn
39 
1. die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt,
2. die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist,
3. die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist,
4. an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und
5. die Abgabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist.
40 
Nach der Überzeugung des Senats begrenzt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in Fällen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb mehrere Betriebsstätten aufweist und etwa - wie hier - das Milchvieh nicht am Standort des Stammbetriebs gehalten wird, die Rohmilchabgabe räumlich auf die Örtlichkeit, an der die Milch tatsächlich gewonnen wird. Rohmilch wird nur dann in zulässiger Weise „im Milcherzeugungsbetrieb“ im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV abgegeben, wenn die Abgabe am Standort der Milchgewinnung erfolgt.
41 
Dies legt bereits der Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Die normative Aufzählung von fünf Voraussetzungen, die alle kumulativ für das Vorliegen einer Ausnahme erfüllt sein müssen, spricht dafür, dass es sich bei der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" nach Nr. 1 um ein Tatbestandsmerkmal mit eigenständiger Aussagekraft handelt. Anders als die wenig ergiebige Legaldefinition des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Tier-LMHV in Verbindung mit 4.2 des Anhangs 1 der Verordnung (EG) 853/2004 („Betrieb mit einem oder mehreren Nutztieren, die zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, gehalten werden“) deutet die mit der lokalen Präposition verbundene Wendung „im Milcherzeugungsbetrieb“ darauf hin, dass hier eine Aussage über den zulässigen Ort der Rohmilchabgabe getroffen wird. Dies wird durch das Bestehen eines unternehmerischen bzw. betriebswirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Stammbetrieb nicht in Frage gestellt. Denn nach der allgemeinen Definition in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ist unter Betrieb jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens zu verstehen. Im Gegensatz zu dem in der Verordnung (EG) 178/2002 selbständig definierten Begriff des Lebensmittelunternehmens dürfte der Begriff des Betriebs hier nicht als unternehmerische Zusammenfassung einer Tätigkeit, sondern als eine organisatorische und/oder örtliche Zusammenfassung der Herstellung oder des Inverkehrbringens von Lebensmitteln zu verstehen sein; dabei ist - gerade auch im hygienerechtlichen Kontext - in der Regel davon auszugehen, dass ein Betrieb durch die örtliche Zusammenfassung gebildet wird (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2008, C 170, Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Rn. 14). Mithin kann der Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs, an dem Milch gewonnen wird, als Milcherzeugungsbetrieb im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV angesehen werden.
42 
Erhärtet wird diese Auslegung durch den Sinn und Zweck der Regelung, der darin besteht, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind (vgl. hierzu die amtliche Begründung BRDrucks. 327/07, S. 170; Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178, § 17 Tier-LMHV Rn. 1). Alle in Nr. 1 bis 5 kumulativ verlangten Voraussetzungen haben eine hygienerechtliche Komponente. Entgegen der Ansicht des Klägers wird auch mit dem räumlichen Erfordernis der Nr. 1 ein hygienerechtlicher Schutzzweck verfolgt. Zu Recht hat der Beklagte insoweit darauf verwiesen, dass es in der Natur der Rohmilch liegt, dass sie Bakterien enthalten könne, die geeignet seien, die Verbrauchergesundheit zu schädigen, wie zum Beispiel Salmonellen, EHEC, Campylobacter, Listerien etc. (vgl. auch Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung vom 29.05.2009 unter http://www.bfr.bund.de/cd/29651; aktueller Bericht Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.09.2013). Zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionskrankheiten empfiehlt die WHO in einer ihrer „Zehn Goldenen Regeln“: „always buy pasteurized as opposed to raw milk“. Unstreitig kann sich ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Rohmilch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Behandlungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhen die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Darüber hinaus kann eine damit einhergehende Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen.
43 
Angesichts der nach Abschluss der Rohmilchgewinnung im Falle zusätzlicher Behandlungsschritte typischerweise auftretenden vermehrten Risiken hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV die Abgabe der Rohmilch mithin der Sache nach räumlich auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung beschränkt und damit den Transport der Rohmilch als abstrakt risikoerhöhenden Umstand untersagt. An anderen Örtlichkeiten kommt deshalb eine Rohmilchabgabe nicht in Betracht, selbst wenn sie sich in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers befinden (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 17 Tier-LMHV Rn. 41).
44 
Diese enge Auslegung wird bestätigt durch die verordnungsrechtliche Systematik. Bei der in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV geregelten Möglichkeit der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz des Rohmilchabgabeverbots in Absatz 1. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend legt dies eine restriktive Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Das spricht dagegen, die Abgabe von Rohmilch an Örtlichkeiten zuzulassen, die zwar Teil des landwirtschaftlichen Betriebs sind, aber mit der eigentlichen Milcherzeugung in keinem räumlichen Zusammenhang stehen. Auch die Vorgaben für die sog. Vorzugsmilch legen einen hygienerechtlichen Schutzzweck der in § 17 Abs. 4 Nr. 1 Tier-LMHV normierten Voraussetzungen nahe. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die in Fertigpackungen oder sonst in verschlossene Behältnisse abgefüllt wurde, die aber gehandelt und deshalb vom Verbraucher auch im Einzelhandel erworben werden kann. Im Gegensatz zur unmittelbaren Abgabe von Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV ist die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher örtlich nicht auf den Erzeugungsbetrieb beschränkt, vielmehr erfolgen hier im Anschluss an die Milchgewinnung typischerweise weitere Behandlungsschritte einschließlich des Transports. Allerdings stellt der Verordnungsgeber an Vorzugsmilch auch deutlich strengere Hygieneanforderungen. Während für die unmittelbar abzugebende Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Satz 2 Tier-LMHV lediglich die Anforderungen nach Anlage 2 der LMHV entsprechend gelten, muss die Vorzugsmilch insbesondere in einem Milcherzeugungsbetrieb, für den die zuständige Behörde eine vorherige Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Tier-LMHV erteilt hat, unter Einhaltung der Anforderungen der (sehr detaillierten) Anlage 9 Kapitel I Nr. 1 und 2 gewonnen und behandelt worden sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Tier-LMHV). Wenn der Verordnungsgeber derart strenge hygienische Anforderungen im Falle der Milch-ab-Hof-Abgabe nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für verzichtbar hält, zeigt dies, dass er von einem engen Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeht und der räumlichen Begrenzung des Ausnahmetatbestands auf eine Abgabe am Standort der tatsächlichen Milchgewinnung eine maßgebliche Bedeutung für einen wirksamen gesundheitlichen Verbraucherschutz zuschreibt.
45 
b) In dieser Auslegung begegnet § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
46 
Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass das Erfordernis betroffene Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung verletzt.
47 
Eine hinreichende normative Grundlage im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG liegt vor. Die verordnungsrechtliche Bestimmung findet ihre Ermächtigung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6, § 34 Satz 1 Nr. 1 und 4 LFGB, mithin ist hier die Berufsausübung auf Grund eines Gesetzes geregelt worden.
48 
Auch ein Verstoß gegen den rechtstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz lässt sich nicht feststellen. Das Erfordernis, den Anwendungsbereich der Norm im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, bedeutet noch keine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, solange eine solche Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 212 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99, 2 BvR 276/00, 2 BvR 2061/00 -, NJW 2001, 879, 880).
49 
Hiervon ausgehend hat der Senat an der ausreichenden Bestimmtheit der Bestimmung keine durchgreifenden Zweifel. Aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV geht für den Betroffenen erkennbar hervor, dass die Milchabgabe in räumlicher Hinsicht an den „Milcherzeugungsbetrieb“ geknüpft ist. Zwar bedarf es einer weitergehenden Eingrenzung und Konkretisierung der örtlichen Voraussetzungen, diesem Erfordernis kann indes - wie oben dargelegt - im Wege der Auslegung insbesondere anhand der Systematik und des Zwecks der Regelung jedenfalls im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle Rechnung getragen werden. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger befürwortete weite Interpretation der Vorschrift mit erheblich größeren Bestimmtheitsdefiziten verbunden wäre. Denn sollte die Regelung nicht an den Ort der tatsächlichen Milchgewinnung anknüpfen, müsste bestimmt werden, ab welcher Distanz zwischen verschiedenen Teilen eines landwirtschaftlichen Betriebs noch von einer Abgabe im „Milcherzeugungsbetrieb“ ausgegangen werden kann. Hierfür sind greifbare Maßstäbe nicht ersichtlich.
50 
Darüber hinaus muss die Regelung durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010 - 1 BvR 1789/10 -, NVwZ 2011, 355; BVerfG, Beschluss vom 26.02.1997 - 1 BvR 1864/94, 1 BvR 1102/95 -, BVerfGE 95, 193, 214). Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt indes nicht vor.
51 
Mit der Beschränkung der Abgabe von Rohmilch auf den Standort der Milchgewinnung regelt der Verordnungsgeber lediglich die Modalitäten der Berufsausübung des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs. Selbst wenn die Bestimmung die Ebene der Rentabilität einer beruflichen Tätigkeit berühren sollte, sind Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz der Betreiber derartiger Abgabestellen nicht dessen typische Folge. Denn regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - gelangt lediglich ein Teil der gewonnenen Milch als Rohmilch zum unmittelbaren Verkauf; außerdem wird der Rohmilchverkauf nicht generell untersagt, sondern lediglich auf den Standort der Milchgewinnung beschränkt.
52 
Mit dem oben dargestellten Zweck der Regelung, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind, verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls.
53 
Die Regelung ist auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Dem Normgeber kommt auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu; ihm obliegt es, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Wird der Normgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der auch von den Fachgerichten bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, VBlBW 2004, 20-28).
54 
Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Annahme des Verordnungsgebers, dass die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV vorgenommene räumliche Beschränkung der Abgabe der Rohmilch auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung zu einer Verringerung der mit einer Rohmilchabgabe einhergehenden Gefahren führt, nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Einschätzung naheliegend, der Transport der Rohmilch im Anschluss an die Milchgewinnung sei typischerweise mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Entgegen der Ansicht des Klägers reicht diese durch sachverständiger Stellungnahmen hinreichend verlässlich abgesicherte abstrakte Gefährdungslage aus.
55 
Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Normgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2000 - 1 BvR 539/96 -, BVerfGE 102, 197, 218; Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276, 309). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Normgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Eindämmung von Gefahren, die mit der Abgabe von Rohmilch verbunden sind, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Normgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.).
56 
Derartige mildere, aber vergleichbar wirksame Mittel sind vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dabei kommt auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Bedeutung zu. Denn der Verordnungsgeber wollte mit der Bestimmung erkennbar die traditionell praktizierte, inhaltsgleich bereits in der Milchverordnung geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ weiter ermöglichen. Damit trug er auch der Regelung in Art. 10 Abs. 4a i) Verordnung (EG) 853/2004 Rechnung. Insoweit lag es nicht fern, auf die Vorgabe besonders strenger hygienerechtlicher Anforderungen nach Art der Vorzugsmilch zu verzichten, aber den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift auf den typischen Fall der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zu begrenzen.
57 
Schließlich ergibt eine Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe, dass die Grenze der Zumutbarkeit und damit der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt ist. Die räumliche Beschränkung der Rohmilchabgabe dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der Gesundheit von Konsumenten vor möglicherweise gravierenden gesundheitlichen Risiken. Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf eine Verringerung des Umsatzes aus dem Verkauf der Rohmilch, den der Inhaber eines aus mehreren Teilen bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs tendenziell vermeiden kann, indem er die Abgabestelle an den Standort der Milchgewinnung legt. Dass die Milchabgabe insoweit nicht immer am verkehrsgünstigsten und damit lukrativsten Standort erfolgen kann, erscheint dem Betriebsinhaber zumutbar.
58 
Bei alledem nimmt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV maßgeblich das Verhalten des für das Inverkehrbringen der Rohmilch lebensmittelrechtlich verantwortlichen Milcherzeugers in den Blick und nicht etwa auch ein potentielles Verhalten des Konsumenten im Anschluss an die erfolgte Abgabe der Rohmilch an diesen. Dies kann nicht beanstandet werden.
59 
c) Gemessen hieran erfüllt die Rohmilchabgabe durch den Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... nicht das Tatbestandsmerkmal der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb". Die Milchgewinnung erfolgt in der zwei Kilometer hiervon entfernten im Jahr 1996 errichteten weiteren Betriebsstätte auf dem Flurstück ... ..., in der der neue Milchviehstall steht und die Melk-Technik vorgehalten wird. Auch der behauptete „Notstall" für z.B. kranke Tiere macht den Standort Hauptstraße ... nicht zum Milcherzeugungsbetrieb im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV. Schließlich ist es nach Sinn und Zweck der vom Verordnungsgeber gewollten Beschränkung auch nicht maßgeblich, dass der gegenwärtige Standort des Rohmilchautomaten verkehrsgünstiger liegt und der Milchviehstall für die Kunden des Klägers demgegenüber schwerer zu erreichen wäre.
60 
Da für eine zulässige Rohmilchabgabe sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ erfüllt sein müssen, kommt es auf die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger nicht an,
61 
3. Die angefochtene Verfügung begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken.
62 
Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde kam bei der Anordnung nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 i.V.m. § 17 Tier-LMHV kein Entschließungsermessen zu. Vielmehr war sie verpflichtet, bei Vorliegen eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. bereits oben). Das Abgabeverbot zielt auch darauf ab, dass der Unternehmer Abhilfe schafft (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 65).
63 
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Behörde im vorliegenden Fall ein Auswahlermessen eingeräumt war (vgl. ebenfalls bereits oben sowie Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O., zu § 39 Abs. 2 LFGB). Vielmehr kam als Reaktion auf den Rechtsverstoß allein die Untersagung der Abgabe von Rohmilch am Stammbetrieb des Klägers als zulässige und im Sinne Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) 882/2004 „erforderliche“ Maßnahme in Betracht (im Ergebnis vergleichbar BayVGH, Beschluss vom 17.01.2011 - 9 ZB 09.2654 -, Juris). Die auf die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung durch den Beklagten zielenden Angriffe gehen daher ins Leere. Das ergibt sich aus Folgendem:
64 
Nach der Regel-Ausnahme-Systematik des § 17 Tier-LMHV ist das Verbot der Abgabe von Rohmilch klar vorgegeben, wenn keine der Ausnahmen der Absätze 2 bis 4 vorliegt. Zur wirksamen Durchsetzung dieser nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers zwingenden Rechtsfolge und in Ansehung des in § 1 Abs. Nr. 1 LFGB normierten Gesetzeszwecks, den Schutz der Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, kommt auch bei Einbeziehung des in Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) 882/2004 grundsätzlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums allein die Untersagung der Abgabe der Rohmilch auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 in Betracht. Deshalb kann dem Kläger - entgegen seiner Auffassung - die Rohmilchabgabe an seinem Stammbetrieb auch nicht unter Auflagen gestattet werden (Inverkehrbringen unter eigener oder behördlicher Kontrolle, Auflagen der Probenziehung oder der täglichen oder zweitäglichen Leerung des Behälters o.Ä.). Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004). Denn eine Korrektur der Verwaltung im Einzelfall mit Hilfe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt nur in Betracht, soweit das Gesetz bzw. die Verordnung dieser einen Spielraum einräumt (vgl. Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 148; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 90a). Dies ist hier indes nicht der Fall. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV ist verfassungsrechtlich unbedenkliches zwingendes Recht, die Tier-LMHV sieht eine Zulassung der Rohmilchabgabe unter Verzicht auf dieses Erfordernis etwa im Falle einer „Kompensation“ durch hygienerechtliche Auflagen nicht vor. Ein anderes Ergebnis würde zu einer Verwischung der Grenzen zwischen den einzelnen Ausnahmetatbeständen und damit letztlich zu einer Missachtung des Willens des Normgebers führen.
65 
Unabhängig davon erweist sich die Verfügung auch nicht als unverhältnismäßig im Einzelfall. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - dem mit den zugrunde liegenden Regelungen geschützten öffentlichen Interesse am vorbeugenden (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., C 170, § 17 Tier-LMHV Rn. 1; § 1 Nr. 1 LFGB sowie Zipfel/Rathke, a.a.O., C 102, § 1 LFGB, Rn. 14 f.) Gesundheits- und Verbraucherschutz potentieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern den Vorrang eingeräumt hat. Das vom Kläger angeführte wirtschaftliche Interesse am Rohmilchverkauf an einem verkehrsgünstigen Standort im Ortsteil ... an der B ... führt nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Verfügung. Bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ist zunächst von Bedeutung, dass der angestrebte unmittelbare Rohmilchverkauf nur einen Teil der vom Kläger produzierten Milch betrifft. Ferner bezieht sich das Verbot lediglich auf den Stammbetrieb in der Hauptstraße. Auch wenn der Kläger dort den Rohmilchverkauf in der Vergangenheit praktiziert haben sollte, kann er sich auf Bestandsschutz nicht berufen. Es ist ihm - ungeachtet weiterer Möglichkeiten, die Rohmilch zu verwerten (etwa Verkauf nach Pasteurisierung, Verkauf als Vorzugsmilch) - unbenommen, den Rohmilchverkauf an den Standort seines lediglich zwei Kilometer entfernten Milchviehstalls zu verlegen. Dass dem unüberwindbare oder nicht zumutbare Hindernisse entgegenstehen, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dieser Standort ist angesichts seiner verkehrsmäßigen Erschließung über die L ... und der Entfernung von lediglich zwei Kilometern für potentielle Kunden mit dem PKW oder dem Fahrrad ohne weiteres erreichbar. Das in der mündlichen Verhandlung erwähnte Problem, der Kundenverkehr könne dort das Arbeiten bzw. den Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen beeinträchtigen, erscheint durch entsprechende organisatorische und/oder bauliche Maßnahmen lösbar. Dass möglicherweise notwendig werdende bauliche Maßnahmen (etwa auch ein Unterstand für den Milchautomaten) den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht unverhältnismäßig belasten würden, ist nicht erkennbar. Die Äußerung in der mündlichen Verhandlung, der Standort des Milchviehstalls sei aus hygienischen Gründen für einen Kundenverkehr „problematischer“ als der Abgabeort am Stammbetrieb, ist eine Vermutung des Klägers, die indes - soweit alle sonstigen Vorschriften eingehalten werden - die Eignung des Standorts am Milchviehstall nicht ernsthaft in Frage stellt. Um die Folgen der verkehrsungünstigeren Lage zu mindern, könnte der Kläger schließlich an seinem Stammbetrieb einen deutlichen Hinweis auf den neuen Standort der Rohmilchabgabe installieren. Gleichwohl verbleibende Umsatzeinbußen sind mit Blick auf den Rang der mit der Verfügung geschützten Rechtsgüter hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann sich eine Unverhältnismäßigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „Art des Verstoßes“ oder des „bisherigen Verhaltens“ des Klägers „mit Blick auf Verstöße“ (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004) ergeben.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
67 
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 132 VwGO). Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig. Sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung ohne weiteres beantworten.
68 
Beschluss vom 16. Juni 2014
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2 GKG).
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung der Abgabe von Rohmilch an seiner Betriebsstätte in der Hauptstraße ... ...
Der Kläger führt zusammen mit seiner Ehefrau einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit dem Schwerpunkt Milcherzeugung. Der Stammbetrieb befindet sich in der Hauptstraße ... und umfasst die Betriebswohnung der Familie, das landwirtschaftliche Büro, den Notstall, mehrere Maschinenhallen, ein Getreidelager, die Werkstatt für Landtechnik sowie das Spritzmittellager. Dort hat der Kläger auch einen Milchautomaten zur Abgabe von Rohmilch an Kunden aufgestellt. Die in ca. zwei Kilometern Entfernung hiervon im Gewann „W...“ im Jahr 1996 errichtete weitere Betriebsstätte umfasst im Wesentlichen den neuen Stall für die Unterbringung von ca. 50 Milchkühen mit Nachzucht sowie die Melk-Technik.
Mit Verfügung vom 15.01.2010 untersagte das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis dem Kläger, Rohmilch aus dem Milchautomaten (Standort: ..., Hauptstr. ...) abzugeben und in Verkehr zu bringen. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wurde angeordnet. Da die Abgabe der Rohmilch nicht im Milcherzeugungsbetrieb erfolge, liege ein Verstoß gegen § 17 der Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tier-LMHV) vor.
Am 20.01.2010 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Am 05.02.2010 beantragte er beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 29.03.2010 lehnte das Verwaltungsgericht diesen Antrag ab (10 K 312/10). Der Beschluss ist rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 06.07.2010 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers zurück: Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV sei es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an den Verbraucher abzugeben. Das Verbot bestehe aus Gründen des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Eine Ausnahme vom Verbot sei in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für die Abgabevon Milcherzeugungsbetrieben unter den strengen Bedingungen der Ziffern 1 bis 5 dieses Absatzes möglich. Nach Ziffer 1 der Vorschrift müsse die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgen. Dies sei auch in der Vorgängerregelung, § 8 der Milchverordnung, im sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe"-Paragrafen so geregelt gewesen. Der Verordnungsgeber habe schon durch die Wortwahl Abgabe „von Milcherzeugungsbetrieben“ nur „im Milcherzeugungsbetrieb“ in Halbsatz 1 und 2 von § 17 Abs. 4 Tier-LMHV die spezifische Regelungsabsicht deutlich gemacht. Der Milcherzeugungsbetrieb sei in Anhang I Nr. 4.2 der Verordnung (EG) 853/2004 definiert als Betrieb, in dem ein oder mehrere Nutztiere zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden soll, gehalten werden. Diese rechtliche Vorgabe erfülle der Kläger nicht, da die Abgabe der Rohmilch an seiner Betriebsstätte in der Hauptstraße ... und nicht in der zwei Kilometer entfernten Betriebsstätte, in welchem die Rohmilch gewonnen werde, stattfinde. Außerhalb des Erzeugerbetriebes liegende Räumlichkeiten dürften zur Milch-ab-Hof-Abgabe nicht verwendet werden, selbst wenn sie in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers lägen. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, sein Milcherzeugungsbetrieb bestehe aus zwei Betriebsstätten. Im Hygienerecht sei es unabdingbar, jede Betriebsstätte unabhängig voneinander zu betrachten. Eine enge und einheitliche rechtliche Auslegung der Vorschrift sei auch deshalb geboten, da der Verbraucher so durch den unmittelbaren Kontakt mit dem Erzeugungsbetrieb eine eigene Beurteilung der Hygiene bei der Milchviehhaltung und der Milchgewinnung treffen könne. In der Vergangenheit seien mehrere Fälle mit zum Teil tödlichem Verlauf des HUS-Syndroms (hämolytisch-urämisches Syndrom) aufgetreten, das auf Enterohämorrhagische E-Coli (EHEC) in Rohmilch zurückzuführen gewesen sei. Dies sei zwar ein seltenes, aber mitunter sehr gravierendes Erkrankungsrisiko beim Verzehr von Rohmilch oder nach einer Kontamination von Küchengegenständen und anderen Speisen beim Umgang im privaten Bereich. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 09.07.2010 zugestellt.
Der Kläger hat am 03.08.2010 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und die Aufhebung der Verfügung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 beantragt.
Mit Urteil vom 16.11.2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen der auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützten Untersagungsverfügung lägen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den Rohmilchautomaten am Standort ..., Hauptstraße ... verstoße gegen § 17 Tier-LMHV. Der Anwendung der Bestimmung stehe nicht der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 entgegen. Denn Art. 10 Abs. 8a dieser Verordnung überlasse es ausdrücklich dem einzelnen Mitgliedstaat, insoweit aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen. Aufgrund dieser Öffnungsklausel könne der Kläger sich auch nicht mit Erfolg auf die unterschiedliche Handhabung der Abgabe von Rohmilch oder Rohrahm in anderen Mitgliedstaaten berufen. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV lägen nicht vor. Bei der Abgabe von Rohmilch aus einem Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... handele es sich nicht um eine Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" im Sinne der Vorschrift. § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV begrenze die Rohmilchabgabe auf den eigentlichen Milcherzeugungsbetrieb, somit auf den Ort, an dem die Milch gewonnen wird. Bei der in der Nr. 1 aufgestellten Anforderung, der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb", handele es sich um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal. Aus der Systematik folge, dass die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV als Ausnahmetatbestand zu dem grundsätzlichen Rohmilchabgabeverbot in Absatz 1 eng auszulegen seien. Auch die Verwendung des unter Nr. 4.1. des Anhang I der Verordnung (EG) 853/2004 definierten Begriffs des „Milcherzeugungsbetriebs" stehe einem engen Verständnis des Begriffs „im Milcherzeugungsbetrieb" nicht entgegen. Sinn und Zweck der Regelung sei der Schutz der Verbraucher vor den gesundheitlichen Risiken durch den Verzehr von Rohmilch. Rohmilch könne Krankheitserreger wie EHEC-Bakterien oder Campylobacter enthalten, die insbesondere bei kleinen Kindern zu Infektionen mit schweren gesundheitlichen Schäden führen könnten. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV begrenze die Rohmilchabgabe dementsprechend räumlich auf den eigentlichen Milcherzeugungsbetrieb als den Ort, wo die Milch gewonnen werde. Die Existenz der Strafbestimmung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 6 Tier-LMHV i.V.m. § 58 Abs. 1 Nr. 18, Abs. 4 bis 6 LFGB und die Höhe der Strafandrohung verdeutlichten die hohe Wertigkeit, die der Gesetzgeber dem Rechtsgut der Gesundheit des Verbrauchers beimesse. Auf die Erfüllung der sonstigen - insbesondere der hygienerechtlichen - Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger komme es nicht an.
Gegen das Urteil hat der Kläger die durch Senatsbeschluss vom 17.06.2013 (9 S 347/12) zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er insbesondere vor:
Das Verwaltungsgericht habe ausgehend von dem Begriff des „Milcherzeugungsbetriebs“ in Anhang I Ziff. 4.2 der Verordnung (EG) 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2004 die Einengung des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in der vorgenannten Vorschrift des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in europarechtswidriger Weise vorgenommen. Der nationale Gesetzgeber dürfe entsprechend Art. 10 Abs. 8 der EG-Verordnung einschränkende Regelungen treffen, die jedoch eines Sachgrunds bedürften, der zwingend mit den Zielvorstellungen der zugrundeliegenden Normen, nämlich mit hygienerechtlichen Bestimmungen, in Einklang zu bringen sein müsse. Hygienerechtliche Belange spielten indes für das Merkmal der „Örtlichkeit“ keine Rolle. Europarechtlich sei kein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass die Tiere nicht an einer anderen Stelle gehalten werden könnten als am Ort der Milchabgabe. Ansonsten hätte der Verordnungsgeber sinngemäß regeln können, dass der „Milcherzeugungsbetrieb“ nur dahin zu verstehen sei, dass der Ort des Betriebs gemeint sei, an dem gleichzeitig die Milch in den Verkehr gebracht werden soll. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV habe keinerlei hygienerechtliche Komponente, aber eine Schutzfunktion zu Gunsten der landwirtschaftlichen bzw. milcherzeugenden Betriebe. Die hygiene- und gesundheitsrechtlichen Aspekte würden in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV abgedeckt, jedoch gerade nicht in Nr. 1 dieser Regelung. Das Verwaltungsgericht habe sich mit den primärrechtlichen Grundlagen nicht auseinandergesetzt (Zielsetzungen des Binnenmarkts, Vorschriften der Landwirtschaft in Art. 38 Abs. 1 AEUV, Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik, Art. 39 Abs. 1b AEUV, Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen, Art. 39 Abs. 1e AEUV, Wettbewerbsfreiheit, Art. 40 Abs. 1a AEUV, Berufsfreiheit des Klägers, Art. 15 der Europäischen Grundrechtscharta sowie Gleichheitsgrundsatz, Art. 20 der Europäischen Grundrechtscharta). Jedenfalls sei § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV nicht verfassungskonform und auch nicht europarechtskonform. Wäre gesetzgeberisches Ziel die Einhaltung von Hygienebestimmungen, so wäre die Regelung in der Ziff. 1 hierfür untauglich. Die Einhaltung von Hygienebestimmungen bzw. die Vermeidung von Gefährdungslagen werde nicht dadurch gefördert bzw. beseitigt, dass die Milch unmittelbar an der „Stalltür“ abzugeben sei. Somit sei kein legitimer verfassungsrechtlicher Zweck erkennbar. Bis heute seien seitens der zuständigen Behörden keine hygienerechtlichen Bedenken erhoben worden und lägen auch keinerlei negative Kontrollergebnisse vor. Die Einhaltung hygienerechtlicher Bestimmungen und damit die Gewährleistung von Gesundheits- und Lebensmittelschutz werde auch dann nicht garantiert, wenn die Milch an der Stalltüre abgegeben werde, in dem Betrieb aber zum Beispiel unsachgemäß gearbeitet werde oder eine hohe Keimzahl vorhanden sei. Die Einhaltung der hygienerechtlichen Bestimmungen und nicht der Standort der Abgabe sei der entscheidende Ansatz. Der Kläger halte indes alle diesbezüglichen Vorschriften an seinem Hof ein. Dies belege der konkrete Ablauf der Milchproduktion (wird im Einzelnen unter Vorlage einer Foto-Dokumentation dargelegt). Wäre gesetzgeberische Intention die Möglichkeit einer besseren Kontrolle durch den Betriebsinhaber bzw. Milcherzeuger, wäre dies an dem Standort des Milchautomaten am Stammbetrieb gerade gewährleistet. Nach alledem sei die Beschränkung des Begriffs des „Milcherzeugungsbetriebs“ im Sinne der unmittelbaren Verbindung zwischen Kuhstall und Abgabeort gemessen am Maßstab der normgeberischen Zielsetzung hygienerechtlicher Anforderungen nicht nur verfehlt, sondern auch untauglich. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums könne ein Verbraucher auch in einer vermeintlich sauberen Umgebung gerade nicht abschätzen bzw. erkennen, ob die von ihm abgeholte Rohmilch hygienerechtlich beanstandungsfrei sei oder nicht. Auch die Formulierung in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Tier-LMHV bezüglich des Hinweises auf das Abkochen der Rohmilch und auf die Anbringung des Schildes an der „Abgabestelle“ spreche dafür, dass der nationale Verordnungsgeber die hier gegenständliche restriktive Handhabung nicht gewollt habe. Der Begriff der „Abgabestelle“ sei nämlich ein anderer als der Begriff des „Milcherzeugungsbetriebs“. Im Übrigen verstoße die Regelung gegen den verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgrundsatz. Aus der Norm könnte weder der jeweils betroffene Landwirt noch die rechtsanwendende Behörde ableiten, wie weit die konkrete Abgabestelle vom Stallgebäude entfernt sein dürfe. Auch die Ermessensausübung der Behörde sei zu beanstanden. Der Zweck der Ermächtigung sei in der Überwachung und Einhaltung der Vorschriften zum Schutz vor Gesundheitsgefahren für Verbraucher zu sehen. Der Bereich sei im weitesten Sinne der Gefahrenabwehr und dem Gesundheitsschutz zuzuordnen. In dem gesamten Verfahren sei jedoch verkannt worden, dass die Hygienebestimmungen überhaupt nicht verletzt seien. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in der Form der vom Beklagten vorgenommenen engen Auslegung sei vor dem Hintergrund der hygienerechtlichen Bestimmungen zur Zweckerreichung schlechthin ungeeignet und verletze ihn deshalb in seinem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege vor, weil zwei gleichgelagerte Sachverhalte in W. und in N. anders behandelt würden als sein Fall. Auch Art. 14 Abs. 1 GG sei verletzt. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liege vor. Die Regelung sei ungeeignet, weil mit der Abgabe von Rohmilch am Stallgebäude keine Verbesserung der hygienerechtlichen Situation einhergehe. Außerdem gebe es mildere Mittel gegenüber der vollständigen Untersagung der Milchabgabe. Jedenfalls falle eine Güterabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse des Gesundheits- und Lebensmittelschutzes und den Rechtsgütern des Klägers zu dessen Gunsten aus. Es sei nicht ersichtlich, dass irgendein Fall der Rohmilchabgabe zu ernsthaften Problemen geführt habe. Es werde nicht ausreichen, lediglich auf abstrakte/potentielle Gefahren hinzuweisen, die sich in keinem einzigen Fall realisiert hätten. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen sei gegebenenfalls eine Aussetzung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und eine Vorlage an den EuGH geboten.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - zu ändern und die Verfügung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 aufzuheben.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor: Bei der näheren Bestimmung der Bedeutung der Formulierung „Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb“ sei zunächst auf Sinn und Zweck der Vorschriften abzustellen. Regelungsziel der Tier-LMHV sei es, durch Hygienevorschriften die Gefahren, die im Umgang mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs für die öffentliche Gesundheit ausgingen, auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für die unmittelbare Rohmilchabgabe vom Erzeuger an den Endverbraucher seien allesamt in diesem Sinnzusammenhang zu sehen. Es handele sich hierbei ausschließlich um Hygieneanforderungen im Umgang mit Rohmilch, die dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dienten. Dies gelte ausdrücklich auch für die Voraussetzung der Milchabgabe im Milcherzeugungsbetrieb. Dies könne unter Berücksichtigung des hygienerechtlichen Hintergrundes nur als dahingehendes Verbot verstanden werden, Rohmilch weg vom Milcherzeugungsbetrieb an einen anderen Abgabeort zu transportieren. Mit dem Transport der Rohmilch steige das Risiko einer Belastung der Milch mit Krankheitserregern und damit auch die Infektionsgefahr für den Menschen. Rohmilch als solche berge immer die potentielle Gefahr, mit Krankheitserregern belastet zu sein. Ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, könne sich aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Milch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Bearbeitungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhten die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Außerdem könnte die damit einhergehenden Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen. Der Verordnungsgeber habe in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV deshalb diese durch zusätzliche Bearbeitungsschritte bedingten Risiken von vornherein ausgeschlossen. Er habe den Transport als abstrakt risikoerhöhenden Umstand gänzlich verboten. Die Auslegung, dass die Regelung keine hygienerechtliche Komponente enthalte, sondern nur bezwecke, einen Ankauf von Rohmilch durch Dritte zu verhindern, sei mit dem hygienerechtlichen Schutzzweck der Tier-LMHV nicht zu vereinbaren. Auch das Verbot des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Tier-LMHV, andere als im eigenen Betrieb gewonnene Rohmilch zu verkaufen, bezwecke nicht, die landwirtschaftlichen milcherzeugenden Betriebe vor Konkurrenz durch Zwischenhändler zu schützen. Im Rahmen der Wortauslegung werde der Ortsbezug deutlich, wenn man die vollständige Formulierung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV „die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt“, betrachtet. Die Örtlichkeit müsse mit der Milcherzeugung in einem räumlichen Zusammenhang stehen, ein rein betriebswirtschaftlicher Zusammenhang reiche nicht aus. Festzuhalten sei, dass eine Wortlautauslegung ergebe, dass die Milchabgabe an dem Ort zu erfolgen habe, an dem ein Betrieb - bestehend aus einem oder mehreren Nutztieren, die vom Erzeuger zum Zweck der Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden soll, gehalten werden - tatsächlich Milch erzeuge. Auch eine systematische Auslegung führe zu keinem anderen Ergebnis. Im Gegensatz zu der unmittelbaren Abgabe von Rohmilch sei die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher nicht örtlich auf den Erzeugerbetrieb beschränkt. Vorzugsmilch könne vielmehr gehandelt werden; der Verbraucher könne Vorzugsmilch auch im Einzelhandel erwerben. Im Unterschied zur Rohmilchabgabe unterliege die Vorzugsmilchabgabe jedoch deutlich strengeren Hygieneanforderungen. Mit § 17 Abs. 4 Tier-LMHV habe der Verordnungsgeber den früher gängigen Vorgang - das Abholen frischer Milch direkt vom Bauernhof regelmäßig mit eigens mitgebrachten Flaschen und Kannen - weiterhin zugelassen. Mit § 17 Abs. 2 und Abs. 3 Tier-LMHV habe der Verordnungsgeber hingegen dem Verbraucher den Zugang zu dem Produkt „(nahezu) unbehandelte Milch“ ermöglichen wollen. Außerdem sei zu beachten, dass die den Ausnahmetatbestand begründenden Tatbestandsvoraussetzungen eng auszulegen seien. Ausweislich der Begründung habe der deutsche Verordnungsgeber die in der Milchverordnung in § 8 ehemals geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ inhaltsgleich in den neuen § 17 Tier-LMHV übernehmen wollen. Eindeutig in der Begründung nachzulesen sei, dass ausschließlicher Zweck der nur als Ausnahme zugelassenen direkten Rohmilchabgabe sei, die Gesundheit der Verbraucher vor potentiellen Risiken, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden seien, zu schützen. Entgegen der Ansicht des Klägers sei § 17 Tier-LMHV in jeglicher Hinsicht verfassungsgemäß. Insbesondere werde nicht in rechtswidriger Weise in Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. Die Vorgabe der Abgabe von Rohmilch nur im Milcherzeugungsbetrieb stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt sei. Da der Transport der Rohmilch das Risiko erhöhe, dass diese mit Krankheitserregern kontaminiert sei, sei das Transportverbot geeignet, den angestrebten Zweck zu erfüllen. Die klägerseits vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 17 Tier-LMHV mit Europarecht könnten nicht geteilt werden. Bei § 17 Tier-LMHV handele es sich um eine nationale Regelung, die - neben europarechtlichen Vorschriften - den Umgang mit Rohmilch regele. In Art. 10 Abs. 3, Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 ermächtige der europäische Gesetzgeber die Mitgliedstaaten dazu, weitergehende einzelstaatliche Vorschriften zu erlassen, die das Inverkehrbringen von Rohmilch, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sei, in seinem Hoheitsgebiet untersagen oder einschränken. In Absatz 11 der Präambel heiße es darüber hinaus, dass es bei der direkten Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher angezeigt sei, die öffentliche Gesundheit durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften zu schützen. Dadurch werde deutlich, dass der europäische Gesetzgeber die Thematik der Rohmilchabgabe nicht abschließend habe regeln wollen. Der europäische Gesetzgeber räume seinen Mitgliedstaaten dabei einen gewissen Spielraum ein. Durch die hier in Rede stehende Anforderung, Rohmilch nur im Milcherzeugungsbetrieb abzugeben, habe der deutsche Gesetzgeber eine solche - im Vergleich zum Europarecht - weitergehende Hygieneanforderung geschaffen und hierbei im Rahmen des ihm zuerkannten Spielraums gehandelt. Die Abgabestelle ... ..., Hauptstraße ... könne nicht als Milcherzeugungsbetrieb qualifiziert werden. Der Abgabeort stehe in keinem räumlichen Zusammenhang mit dem Erzeugungsort. Auch der seitens des Klägers beschriebene Vorgang der Rohmilcherzeugung und Abgabe zeige deutlich, dass es hier - nach Ende des Melkvorgangs bis zur Abgabe an den Verbraucher - zu weiteren Behandlungsschritten der Milch komme. Der Transport gehöre aber nach Sinn und Zweck des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV nicht mehr zum Milcherzeugungsprozess und solle nach dieser Vorschrift aufgrund der damit einhergehenden Risikoerhöhung der abstrakten Gesundheitsgefahr gerade verhindert werden. Diese abstrakte Gefahr sei nach dem Willen des Verordnungsgebers maßgebliches Untersagungskriterium. Der Kläger könne die abstrakte Gefahr, die der Transport als solches mit sich bringe, nicht dadurch beseitigen, dass er die gesetzlichen Hygienevorgaben genauestens einhalte. Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung habe sie zu berücksichtigen gehabt, dass es sich bei § 17 Abs. 1 Tier-LMHV um ein Verbot zum vorbeugenden Schutz der öffentlichen Gesundheit handele. Die Untersagungsverfügung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ermessensfehlerhaft. Insbesondere seien dem Kläger alternative Möglichkeiten, seine erzeugte Milch zu vermarkten, aufgezeigt worden. Ob die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV bei den angeführten, im...-Kreis gelegenen Höfen eingehalten würden, könne offenbleiben. Selbst wenn eine Ungleichbehandlung zu bejahen wäre, könne sich der Kläger auf eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht berufen.
15 
Die am 15.05.2014 durchgeführte mündliche Verhandlung ist mit Beschluss vom 27.05.2014 wiedereröffnet worden, um die Beteiligten zur Frage der maßgeblichen Rechtsgrundlage der gegenständlichen Verfügung anzuhören.
16 
Dem Senat liegen die Akten des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis (1 Band, 1 Aktenvermerk), des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Band) und des Verwaltungsgerichts vor. Darauf und auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 124a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO) eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist nicht zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
19 
Eine Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV - hält der Senat nicht für erforderlich. Denn er hat weder Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Bestimmungen des Primärrechts noch der Verordnungen (EG) 882/2004 oder 853/2004. Im Übrigen kann das Urteil des Senats mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.1997 - 6 B 32/97 -, NVwZ-RR 1998, 752/754; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41).
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte (vgl. § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Untersagungsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet dem Kläger generell für die Zukunft die Abgabe von Rohmilch am Standort des Stammbetriebs und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Der Senat hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141).
I.
21 
Der Beklagte hat die Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in der derzeit gültigen Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung des LFGB vom 28.05.2014 (BGBl. I 2014, 698) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützt. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB trifft die zuständige Behörde - und damit das gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. § 19 Abs. 1, § 18 Abs. 4 AG-LMGB, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG zur Lebensmittelüberwachung berufene Landratsamt - die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann dabei u.a. das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB).
22 
Nach Auffassung des Senats ist § 39 Abs. 2 LFGB allerdings nicht anwendbar. Vielmehr ergibt sich im Falle der Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die Befugnisnorm für auf Abhilfe gerichtete Maßnahmen der Lebensmittelbehörde, wie etwa ein Verkehrsverbot, aus Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) der Verordnung (EG) 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.04.2004 (ABl. L Nr. 165, 1 ff.) .
23 
Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 517/2013 des Rates vom 13.05.2013, ABl. L 158, 1, lautet: Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Nach Art. 54 Abs. 2 Nr. b) dieser Verordnung kann dazu (u.a.) die Maßnahme der Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung handelt es sich bei einem Verstoß um die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“.
24 
Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) 882/2004 gilt unmittelbar und verdrängt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionrechts (vgl. Art. 288 AEUV sowie Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band 3, Stand: August 2012, Art. 288 Rn. 53; Streinz, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2011, B Einführung Rn. 38b) in seinem Anwendungsbereich die nationale Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. auch § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB sowie die diesbezügliche Gesetzesbegründung, BTDrucks. 16/8100, 20: „Diese Regelungen [= Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) 882/2004] sind als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht von den zuständigen Behörden vorrangig anzuwenden“). Hier liegt ein den Anwendungsvorrang auslösender Kollisionsfall vor (zu diesem Erfordernis vgl. Nettesheim, a.a.O., Art. 288 Rn. 52; Streinz/Herrmann, BayVBl. 2008, 1, 3 f.). In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung (EG) 882/2004 stellt der Verordnungsgeber fest, dass das europäische Futtermittel- und Lebensmittelrecht sowohl in der grundlegenden Verordnung (EG) 178/2002 als auch in speziellen Vorschriften für Bereiche wie Futtermittel- und Lebensmittelhygiene kodifiziert sei. Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden, wofür auf Gemeinschaftsebene ein einheitlicher Rahmen in Form allgemeiner Vorschriften für die Organisation von Kontrollen geschaffen werden sollte (Erwägungsgründe 6 und 7). In Umsetzung der vorstehenden Erwägungsgründe bestimmt Art. 1 der Verordnung (EG) 882/2004 deren Anwendungsbereich dahingehend, dass in der Verordnung allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen u.a. zur Vermeidung, Beseitigung oder Senkung von unmittelbar oder über die Umwelt auftretenden Risiken für Mensch und Tier festgelegt würden. Aus den Erwägungsgründen 41, 42 und 43 ergibt sich, dass Verstöße gegen das Futtermittel- und Lebensmittelrecht „in der gesamten Gemeinschaft Gegenstand wirksamer, abschreckender und angemessener Maßnahmen sein“ sollten. Unter dem Titel VII „Durchsetzungsmaßnahmen“ der Verordnung ist das Kapitel I mit „Nationale Durchsetzungsmaßnahmen“ überschrieben. Der hier normierte Art. 54 („Maßnahmen im Fall eines Verstoßes“) sieht in seinem zweiten Absatz einen konkreten Maßnahmenkatalog vor. Angesichts des aufgezeigten umfassenden Regelungsanspruchs der Verordnung (EG) 882/2004 und der Zielsetzung, den nationalen Behörden für die Durchsetzung des Lebensmittelrechts unmittelbare rechtliche Vorgaben zu machen, hat der Senat keine Zweifel, dass die Mitgliedstaaten bei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen Maßnahmen mit dem Ziel der Abhilfe nunmehr auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 stützen können (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: Juli/November 2012, C 102, § 39 LFGB Rn. 10 f., 21, 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, § 39 Rn. 1, 10, 23; Wehlau, LFGB, 2010, § 39 Rn. 10 ff.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011 - 5 Bs 139/11 -, NVwZ-RR 2012, 92; unklar: BayVGH, Beschluss vom 26.11.2011 - 9 ZB 09.2116 -, Juris; zum Verbot, unmittelbar geltende Vorschriften des EU-Rechts im Recht der Mitgliedstaaten zu wiederholen vgl. König in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 2 Rn. 41 m.w.N.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 247; zur Problematik der Rechtsunsicherheit in der deutschen Überwachungspraxis vgl. dies., ZLR 2010, 243, 246; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1). Ob bzw. inwieweit § 39 Abs. 2 LFGB etwa bei Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines bestimmten Verdachts über die unionsrechtliche Ermächtigung in Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 hinausgeht und deshalb insoweit weiter anwendbar bleibt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 10; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.).
25 
Ungeachtet der anders lautenden behördlichen Begründung kann die angefochtene Verfügung auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 gestützt werden.
26 
§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 sind ähnlich aufgebaut, sie bestehen aus einer Generalklausel (§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) 882/2004) und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB sowie Art. 54 Abs. 2 der Verordnung (EG) 882/2004; vgl. Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 10). Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen relevante Unterschiede auf: Beide setzen die Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus und verpflichten die Behörde („trifft die zuständige Behörde“ bzw. „trifft sie“) zu notwendigen bzw. erforderlichen Maßnahmen (kein Entschließungsermessen; zu Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 vgl. VG Hannover, Urteil vom 27.06.2012 - 9 A 50/12 -, Juris, zu § 39 Abs. 2 LFGB vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010 - 9 S 171/09 -, VBlBW 2010, 314, sowie Senatsbeschluss vom 12.11.1997 - 9 S 2530/97 -, VBlBW 1998, 186; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 17 f.). Diese können insbesondere auch in dem Verbot bzw. der Untersagung des Inverkehrbringens von Erzeugnissen bzw. Lebensmitteln bestehen. Allenfalls im Hinblick auf die im Einzelfall konkret zu ergreifende Maßnahme ist der Behörde im Grundsatz ein Auswahlermessen eingeräumt. Angesichts der Parallelität beider Normen ist nicht erkennbar, weshalb diese vom Senat zu § 39 Abs. 2 LFGB vertretene Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O.; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40) nicht auch für die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu gelten hätte. Im Rahmen ihrer Entscheidung hat die Behörde schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2013, C 102, § 39 Rn. 17 f.; 73).
27 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage zulässig. Denn dies führt weder zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Verwaltungsakts noch wird die Rechtsverfolgung des Klägers in beachtlicher Weise erschwert (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1982 - 8 C 127/81 -, BVerwGE 64, 356; Urteil vom 21.11.1989 - 9 C 28/89 -, NVwZ 1990, 673). Angesichts des identischen Befugnisrahmens und der gleich gerichteten Ermessensdirektiven würde dies selbst dann gelten, wenn der Behörde im konkreten Fall ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahmen eingeräumt gewesen wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.1994 - 5 S 2637/93 -, NVwZ 1995, 397; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 23. Ergänzungslieferung 2013, § 113 Rn. 21; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 54). Dies war indes nicht der Fall (dazu noch unten unter II. 3.). Handelte es sich mithin bei der gegenständlichen Maßnahme um eine gebundene Entscheidung, war der Senat berechtigt und verpflichtet, die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu berücksichtigen (vgl. nur Schmidt, in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 17, 22).
II.
28 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004liegen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den am Stammbetrieb des Klägers aufgestellten Rohmilchautomaten begründet einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Tier-LMHV; der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.04.2004, S. 55) steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (hierzu unter 1.). Die Voraussetzungen der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV sind nicht gegeben (hierzu unter 2.). Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes und zur Verhütung künftiger Verstöße war die Untersagung der Rohmilchabgabe „erforderlich“ im Sinne Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft; auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war die gegenständliche Maßnahme nicht zu beanstanden (dazu unter 3.).
29 
1. Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV ist es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben.
30 
a) Auch eine Nichteinhaltung dieser nationalen Vorschrift des Lebensmittelrechts ist geeignet, einen „Verstoß“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zu begründen (zu diesem Begriff vgl. Art. 2 Nr. 10 der Verordnung). Nach Art. 2 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 gelten für die Zwecke der vorliegenden Verordnung die Begriffsbestimmungen der Artikel 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Gemäß Art. 3 dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelrecht“ die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicheroder auf einzelstaatlicher Ebene (Hervorhebung nur hier). Mithin ist dieses Verständnis auch der Auslegung des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zugrunde zu legen (so ausdrücklich auch Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 249; vgl. auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 67 und C 101, Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Rn. 6).
31 
b) § 17 Abs. 1 Tier-LMHV beruht auf einer eigenständigen nationalen Rechtsgrundlage. Der Verordnungsgeber hat sich hierbei ausdrücklich auf die spezielle Ermächtigung in Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.4.2004, S. 55) gestützt, die es dem einzelnen Mitgliedstaat überlässt, aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, mit denen das Inverkehrbringen von Rohmilch oder Rohrahm, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sind, in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt wird (vgl. BRDrucks. 327/07, Amtliche Begründung zu § 17; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 3 ff.). Da es sich um eine spezielle, rein mitgliedstaatliche Regelung handelt, dürfte auch der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob mit Blick auf Art. 1 Abs. 3 c) der Verordnung (EG) 853/2004 (danach gilt die Verordnung nicht für die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, die die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher abgeben) der Anwendungsbereich der Verordnung überhaupt eröffnet ist, keine maßgebliche Bedeutung zukommen (vgl. auch die Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 19.07.2007, Seite 23 c der Behördenakte).
32 
Dass der Verordnungsgeber die Grenzen des Unionsrechts überschritten hätte, vermag der Senat nicht festzustellen. Zwar wird die Ermächtigung der Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) 853/2004 eingeschränkt. Nach Art. 10 Abs. 3 dürfen diese beim Erlass einzelstaatlicher Vorschriften nach den Absätzen 4 bis 8 „die Erreichung der Ziele dieser Verordnung“ nicht gefährden. Dass dies der Fall wäre, ist indes nicht ersichtlich. Das grundsätzliche Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr dient gerade den primären Zielen der Verordnung (EG) 853/2004, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. die Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004). Mithin kann von einer Gefährdung der Erreichung der Ziele der Verordnung keine Rede sein. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV aufgestellte Voraussetzung diene überhaupt keinen hygienerechtlichen Zwecken. Zur Begründung kann auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2.a) verwiesen werden. Soweit nach Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 die einzelstaatlichen Vorschiften u.a. zum Ziel haben, die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen, könnte ein generelles Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr möglicherweise unionsrechtliche Fragen aufwerfen, soweit in dem betreffenden Mitgliedstaat eine entsprechende Tradition bestand (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 5 f.). Hier hat der deutsche Verordnungsgeber indes kein generelles Abgabeverbot erlassen, sondern das grundsätzliche Abgabeverbot nach § 17 Abs. 1 mit den Ausnahmeregelungen in § 17 Abs. 2 bis 4 Tier-LMHV verknüpft. Indem er in Abs. 4 Satz 1 weiterhin ausdrücklich die sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zulässt (vgl. die ähnliche Vorgängerregelung in § 8 Abs. 1 Milchverordnung), hat er dieser traditionellen Vertriebsform explizit Rechnung getragen und damit auch Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 berücksichtigt.
33 
Der Kläger meint ferner, mit § 17 habe der Verordnungsgeber gegen die nach Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 einzuhaltenden „allgemeinen Bestimmungen des Vertrags“ verstoßen. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
34 
Soweit er sich auf Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 b), Art. 39 Abs. 1 e) und Art. 40 Abs. 1 a) AEUV beruft, ist bereits weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar, inwieweit diese Normen geeignet sind, bezogen auf die hier einschlägige Fallgestaltung subjektive Rechte des Klägers zu begründen (vgl. Priebe, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 38 AEUV Rn. 100; Art. 39 Rn. 2, 6).
35 
Dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Zulässigkeit der Abgabe von Rohmilch für den unmittelbaren menschlichen Verzehr unterschiedliche Regelungen treffen dürfen und getroffen haben, ist im Übrigen ersichtlich unionsrechtlich bezweckte, notwendige Folge der speziellen Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004, die auch mit Blick auf ihren Wortlaut („in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt“) mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum für die Mitgliedstaaten verbunden ist. Schon deshalb scheidet sowohl der behauptete Verstoß gegen die vom Kläger auf Art. 40 Abs. 1 a) AEUV gestützte „Wettbewerbsfreiheit“ wie auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 20 GRCh aus. Im Übrigen findet die auf einen engen Anwendungsbereich beschränkte Regelung ihre sachliche Rechtfertigung - wie bereits dargelegt - vor allem in den Zielen, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004) sowie die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen (vgl. Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004). Vor diesem Hintergrund erfährt auch der vom Kläger geltend gemachte Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 GRCh seine Rechtfertigung jedenfalls durch Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 GRCh. Zur weiteren Begründung insbesondere zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird auf die Ausführungen unter 2. b) verwiesen.
36 
Bei alledem kann dahingestellt bleiben, ob es beim Gebrauchmachen der Bundesrepublik Deutschland von der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 um die Durchführung des Rechts der Union durch einen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 51 Abs. 1 GRCh geht (vgl. dazu Jarass, Charta der Grundrechte, 2. Aufl. 2013, Art. 51 Rn. 11 ff., 16 ff.; Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Auf. 2011, Art. 51 Rn. 24 ff.) und damit der Anwendungsbereich der Grundrechte Charta überhaupt eröffnet ist. Ebenso kann offen bleiben, welche rechtliche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass hier kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt.
37 
2. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV greift nicht zugunsten des Klägers ein.
38 
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV darf Rohmilch abweichend von Absatz 1 von Milcherzeugungsbetrieben unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden, wenn
39 
1. die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt,
2. die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist,
3. die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist,
4. an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und
5. die Abgabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist.
40 
Nach der Überzeugung des Senats begrenzt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in Fällen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb mehrere Betriebsstätten aufweist und etwa - wie hier - das Milchvieh nicht am Standort des Stammbetriebs gehalten wird, die Rohmilchabgabe räumlich auf die Örtlichkeit, an der die Milch tatsächlich gewonnen wird. Rohmilch wird nur dann in zulässiger Weise „im Milcherzeugungsbetrieb“ im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV abgegeben, wenn die Abgabe am Standort der Milchgewinnung erfolgt.
41 
Dies legt bereits der Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Die normative Aufzählung von fünf Voraussetzungen, die alle kumulativ für das Vorliegen einer Ausnahme erfüllt sein müssen, spricht dafür, dass es sich bei der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" nach Nr. 1 um ein Tatbestandsmerkmal mit eigenständiger Aussagekraft handelt. Anders als die wenig ergiebige Legaldefinition des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Tier-LMHV in Verbindung mit 4.2 des Anhangs 1 der Verordnung (EG) 853/2004 („Betrieb mit einem oder mehreren Nutztieren, die zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, gehalten werden“) deutet die mit der lokalen Präposition verbundene Wendung „im Milcherzeugungsbetrieb“ darauf hin, dass hier eine Aussage über den zulässigen Ort der Rohmilchabgabe getroffen wird. Dies wird durch das Bestehen eines unternehmerischen bzw. betriebswirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Stammbetrieb nicht in Frage gestellt. Denn nach der allgemeinen Definition in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ist unter Betrieb jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens zu verstehen. Im Gegensatz zu dem in der Verordnung (EG) 178/2002 selbständig definierten Begriff des Lebensmittelunternehmens dürfte der Begriff des Betriebs hier nicht als unternehmerische Zusammenfassung einer Tätigkeit, sondern als eine organisatorische und/oder örtliche Zusammenfassung der Herstellung oder des Inverkehrbringens von Lebensmitteln zu verstehen sein; dabei ist - gerade auch im hygienerechtlichen Kontext - in der Regel davon auszugehen, dass ein Betrieb durch die örtliche Zusammenfassung gebildet wird (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2008, C 170, Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Rn. 14). Mithin kann der Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs, an dem Milch gewonnen wird, als Milcherzeugungsbetrieb im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV angesehen werden.
42 
Erhärtet wird diese Auslegung durch den Sinn und Zweck der Regelung, der darin besteht, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind (vgl. hierzu die amtliche Begründung BRDrucks. 327/07, S. 170; Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178, § 17 Tier-LMHV Rn. 1). Alle in Nr. 1 bis 5 kumulativ verlangten Voraussetzungen haben eine hygienerechtliche Komponente. Entgegen der Ansicht des Klägers wird auch mit dem räumlichen Erfordernis der Nr. 1 ein hygienerechtlicher Schutzzweck verfolgt. Zu Recht hat der Beklagte insoweit darauf verwiesen, dass es in der Natur der Rohmilch liegt, dass sie Bakterien enthalten könne, die geeignet seien, die Verbrauchergesundheit zu schädigen, wie zum Beispiel Salmonellen, EHEC, Campylobacter, Listerien etc. (vgl. auch Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung vom 29.05.2009 unter http://www.bfr.bund.de/cd/29651; aktueller Bericht Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.09.2013). Zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionskrankheiten empfiehlt die WHO in einer ihrer „Zehn Goldenen Regeln“: „always buy pasteurized as opposed to raw milk“. Unstreitig kann sich ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Rohmilch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Behandlungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhen die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Darüber hinaus kann eine damit einhergehende Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen.
43 
Angesichts der nach Abschluss der Rohmilchgewinnung im Falle zusätzlicher Behandlungsschritte typischerweise auftretenden vermehrten Risiken hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV die Abgabe der Rohmilch mithin der Sache nach räumlich auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung beschränkt und damit den Transport der Rohmilch als abstrakt risikoerhöhenden Umstand untersagt. An anderen Örtlichkeiten kommt deshalb eine Rohmilchabgabe nicht in Betracht, selbst wenn sie sich in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers befinden (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 17 Tier-LMHV Rn. 41).
44 
Diese enge Auslegung wird bestätigt durch die verordnungsrechtliche Systematik. Bei der in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV geregelten Möglichkeit der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz des Rohmilchabgabeverbots in Absatz 1. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend legt dies eine restriktive Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Das spricht dagegen, die Abgabe von Rohmilch an Örtlichkeiten zuzulassen, die zwar Teil des landwirtschaftlichen Betriebs sind, aber mit der eigentlichen Milcherzeugung in keinem räumlichen Zusammenhang stehen. Auch die Vorgaben für die sog. Vorzugsmilch legen einen hygienerechtlichen Schutzzweck der in § 17 Abs. 4 Nr. 1 Tier-LMHV normierten Voraussetzungen nahe. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die in Fertigpackungen oder sonst in verschlossene Behältnisse abgefüllt wurde, die aber gehandelt und deshalb vom Verbraucher auch im Einzelhandel erworben werden kann. Im Gegensatz zur unmittelbaren Abgabe von Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV ist die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher örtlich nicht auf den Erzeugungsbetrieb beschränkt, vielmehr erfolgen hier im Anschluss an die Milchgewinnung typischerweise weitere Behandlungsschritte einschließlich des Transports. Allerdings stellt der Verordnungsgeber an Vorzugsmilch auch deutlich strengere Hygieneanforderungen. Während für die unmittelbar abzugebende Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Satz 2 Tier-LMHV lediglich die Anforderungen nach Anlage 2 der LMHV entsprechend gelten, muss die Vorzugsmilch insbesondere in einem Milcherzeugungsbetrieb, für den die zuständige Behörde eine vorherige Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Tier-LMHV erteilt hat, unter Einhaltung der Anforderungen der (sehr detaillierten) Anlage 9 Kapitel I Nr. 1 und 2 gewonnen und behandelt worden sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Tier-LMHV). Wenn der Verordnungsgeber derart strenge hygienische Anforderungen im Falle der Milch-ab-Hof-Abgabe nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für verzichtbar hält, zeigt dies, dass er von einem engen Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeht und der räumlichen Begrenzung des Ausnahmetatbestands auf eine Abgabe am Standort der tatsächlichen Milchgewinnung eine maßgebliche Bedeutung für einen wirksamen gesundheitlichen Verbraucherschutz zuschreibt.
45 
b) In dieser Auslegung begegnet § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
46 
Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass das Erfordernis betroffene Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung verletzt.
47 
Eine hinreichende normative Grundlage im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG liegt vor. Die verordnungsrechtliche Bestimmung findet ihre Ermächtigung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6, § 34 Satz 1 Nr. 1 und 4 LFGB, mithin ist hier die Berufsausübung auf Grund eines Gesetzes geregelt worden.
48 
Auch ein Verstoß gegen den rechtstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz lässt sich nicht feststellen. Das Erfordernis, den Anwendungsbereich der Norm im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, bedeutet noch keine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, solange eine solche Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 212 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99, 2 BvR 276/00, 2 BvR 2061/00 -, NJW 2001, 879, 880).
49 
Hiervon ausgehend hat der Senat an der ausreichenden Bestimmtheit der Bestimmung keine durchgreifenden Zweifel. Aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV geht für den Betroffenen erkennbar hervor, dass die Milchabgabe in räumlicher Hinsicht an den „Milcherzeugungsbetrieb“ geknüpft ist. Zwar bedarf es einer weitergehenden Eingrenzung und Konkretisierung der örtlichen Voraussetzungen, diesem Erfordernis kann indes - wie oben dargelegt - im Wege der Auslegung insbesondere anhand der Systematik und des Zwecks der Regelung jedenfalls im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle Rechnung getragen werden. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger befürwortete weite Interpretation der Vorschrift mit erheblich größeren Bestimmtheitsdefiziten verbunden wäre. Denn sollte die Regelung nicht an den Ort der tatsächlichen Milchgewinnung anknüpfen, müsste bestimmt werden, ab welcher Distanz zwischen verschiedenen Teilen eines landwirtschaftlichen Betriebs noch von einer Abgabe im „Milcherzeugungsbetrieb“ ausgegangen werden kann. Hierfür sind greifbare Maßstäbe nicht ersichtlich.
50 
Darüber hinaus muss die Regelung durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010 - 1 BvR 1789/10 -, NVwZ 2011, 355; BVerfG, Beschluss vom 26.02.1997 - 1 BvR 1864/94, 1 BvR 1102/95 -, BVerfGE 95, 193, 214). Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt indes nicht vor.
51 
Mit der Beschränkung der Abgabe von Rohmilch auf den Standort der Milchgewinnung regelt der Verordnungsgeber lediglich die Modalitäten der Berufsausübung des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs. Selbst wenn die Bestimmung die Ebene der Rentabilität einer beruflichen Tätigkeit berühren sollte, sind Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz der Betreiber derartiger Abgabestellen nicht dessen typische Folge. Denn regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - gelangt lediglich ein Teil der gewonnenen Milch als Rohmilch zum unmittelbaren Verkauf; außerdem wird der Rohmilchverkauf nicht generell untersagt, sondern lediglich auf den Standort der Milchgewinnung beschränkt.
52 
Mit dem oben dargestellten Zweck der Regelung, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind, verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls.
53 
Die Regelung ist auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Dem Normgeber kommt auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu; ihm obliegt es, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Wird der Normgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der auch von den Fachgerichten bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, VBlBW 2004, 20-28).
54 
Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Annahme des Verordnungsgebers, dass die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV vorgenommene räumliche Beschränkung der Abgabe der Rohmilch auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung zu einer Verringerung der mit einer Rohmilchabgabe einhergehenden Gefahren führt, nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Einschätzung naheliegend, der Transport der Rohmilch im Anschluss an die Milchgewinnung sei typischerweise mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Entgegen der Ansicht des Klägers reicht diese durch sachverständiger Stellungnahmen hinreichend verlässlich abgesicherte abstrakte Gefährdungslage aus.
55 
Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Normgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2000 - 1 BvR 539/96 -, BVerfGE 102, 197, 218; Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276, 309). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Normgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Eindämmung von Gefahren, die mit der Abgabe von Rohmilch verbunden sind, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Normgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.).
56 
Derartige mildere, aber vergleichbar wirksame Mittel sind vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dabei kommt auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Bedeutung zu. Denn der Verordnungsgeber wollte mit der Bestimmung erkennbar die traditionell praktizierte, inhaltsgleich bereits in der Milchverordnung geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ weiter ermöglichen. Damit trug er auch der Regelung in Art. 10 Abs. 4a i) Verordnung (EG) 853/2004 Rechnung. Insoweit lag es nicht fern, auf die Vorgabe besonders strenger hygienerechtlicher Anforderungen nach Art der Vorzugsmilch zu verzichten, aber den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift auf den typischen Fall der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zu begrenzen.
57 
Schließlich ergibt eine Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe, dass die Grenze der Zumutbarkeit und damit der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt ist. Die räumliche Beschränkung der Rohmilchabgabe dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der Gesundheit von Konsumenten vor möglicherweise gravierenden gesundheitlichen Risiken. Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf eine Verringerung des Umsatzes aus dem Verkauf der Rohmilch, den der Inhaber eines aus mehreren Teilen bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs tendenziell vermeiden kann, indem er die Abgabestelle an den Standort der Milchgewinnung legt. Dass die Milchabgabe insoweit nicht immer am verkehrsgünstigsten und damit lukrativsten Standort erfolgen kann, erscheint dem Betriebsinhaber zumutbar.
58 
Bei alledem nimmt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV maßgeblich das Verhalten des für das Inverkehrbringen der Rohmilch lebensmittelrechtlich verantwortlichen Milcherzeugers in den Blick und nicht etwa auch ein potentielles Verhalten des Konsumenten im Anschluss an die erfolgte Abgabe der Rohmilch an diesen. Dies kann nicht beanstandet werden.
59 
c) Gemessen hieran erfüllt die Rohmilchabgabe durch den Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... nicht das Tatbestandsmerkmal der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb". Die Milchgewinnung erfolgt in der zwei Kilometer hiervon entfernten im Jahr 1996 errichteten weiteren Betriebsstätte auf dem Flurstück ... ..., in der der neue Milchviehstall steht und die Melk-Technik vorgehalten wird. Auch der behauptete „Notstall" für z.B. kranke Tiere macht den Standort Hauptstraße ... nicht zum Milcherzeugungsbetrieb im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV. Schließlich ist es nach Sinn und Zweck der vom Verordnungsgeber gewollten Beschränkung auch nicht maßgeblich, dass der gegenwärtige Standort des Rohmilchautomaten verkehrsgünstiger liegt und der Milchviehstall für die Kunden des Klägers demgegenüber schwerer zu erreichen wäre.
60 
Da für eine zulässige Rohmilchabgabe sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ erfüllt sein müssen, kommt es auf die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger nicht an,
61 
3. Die angefochtene Verfügung begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken.
62 
Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde kam bei der Anordnung nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 i.V.m. § 17 Tier-LMHV kein Entschließungsermessen zu. Vielmehr war sie verpflichtet, bei Vorliegen eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. bereits oben). Das Abgabeverbot zielt auch darauf ab, dass der Unternehmer Abhilfe schafft (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 65).
63 
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Behörde im vorliegenden Fall ein Auswahlermessen eingeräumt war (vgl. ebenfalls bereits oben sowie Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O., zu § 39 Abs. 2 LFGB). Vielmehr kam als Reaktion auf den Rechtsverstoß allein die Untersagung der Abgabe von Rohmilch am Stammbetrieb des Klägers als zulässige und im Sinne Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) 882/2004 „erforderliche“ Maßnahme in Betracht (im Ergebnis vergleichbar BayVGH, Beschluss vom 17.01.2011 - 9 ZB 09.2654 -, Juris). Die auf die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung durch den Beklagten zielenden Angriffe gehen daher ins Leere. Das ergibt sich aus Folgendem:
64 
Nach der Regel-Ausnahme-Systematik des § 17 Tier-LMHV ist das Verbot der Abgabe von Rohmilch klar vorgegeben, wenn keine der Ausnahmen der Absätze 2 bis 4 vorliegt. Zur wirksamen Durchsetzung dieser nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers zwingenden Rechtsfolge und in Ansehung des in § 1 Abs. Nr. 1 LFGB normierten Gesetzeszwecks, den Schutz der Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, kommt auch bei Einbeziehung des in Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) 882/2004 grundsätzlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums allein die Untersagung der Abgabe der Rohmilch auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 in Betracht. Deshalb kann dem Kläger - entgegen seiner Auffassung - die Rohmilchabgabe an seinem Stammbetrieb auch nicht unter Auflagen gestattet werden (Inverkehrbringen unter eigener oder behördlicher Kontrolle, Auflagen der Probenziehung oder der täglichen oder zweitäglichen Leerung des Behälters o.Ä.). Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004). Denn eine Korrektur der Verwaltung im Einzelfall mit Hilfe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt nur in Betracht, soweit das Gesetz bzw. die Verordnung dieser einen Spielraum einräumt (vgl. Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 148; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 90a). Dies ist hier indes nicht der Fall. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV ist verfassungsrechtlich unbedenkliches zwingendes Recht, die Tier-LMHV sieht eine Zulassung der Rohmilchabgabe unter Verzicht auf dieses Erfordernis etwa im Falle einer „Kompensation“ durch hygienerechtliche Auflagen nicht vor. Ein anderes Ergebnis würde zu einer Verwischung der Grenzen zwischen den einzelnen Ausnahmetatbeständen und damit letztlich zu einer Missachtung des Willens des Normgebers führen.
65 
Unabhängig davon erweist sich die Verfügung auch nicht als unverhältnismäßig im Einzelfall. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - dem mit den zugrunde liegenden Regelungen geschützten öffentlichen Interesse am vorbeugenden (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., C 170, § 17 Tier-LMHV Rn. 1; § 1 Nr. 1 LFGB sowie Zipfel/Rathke, a.a.O., C 102, § 1 LFGB, Rn. 14 f.) Gesundheits- und Verbraucherschutz potentieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern den Vorrang eingeräumt hat. Das vom Kläger angeführte wirtschaftliche Interesse am Rohmilchverkauf an einem verkehrsgünstigen Standort im Ortsteil ... an der B ... führt nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Verfügung. Bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ist zunächst von Bedeutung, dass der angestrebte unmittelbare Rohmilchverkauf nur einen Teil der vom Kläger produzierten Milch betrifft. Ferner bezieht sich das Verbot lediglich auf den Stammbetrieb in der Hauptstraße. Auch wenn der Kläger dort den Rohmilchverkauf in der Vergangenheit praktiziert haben sollte, kann er sich auf Bestandsschutz nicht berufen. Es ist ihm - ungeachtet weiterer Möglichkeiten, die Rohmilch zu verwerten (etwa Verkauf nach Pasteurisierung, Verkauf als Vorzugsmilch) - unbenommen, den Rohmilchverkauf an den Standort seines lediglich zwei Kilometer entfernten Milchviehstalls zu verlegen. Dass dem unüberwindbare oder nicht zumutbare Hindernisse entgegenstehen, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dieser Standort ist angesichts seiner verkehrsmäßigen Erschließung über die L ... und der Entfernung von lediglich zwei Kilometern für potentielle Kunden mit dem PKW oder dem Fahrrad ohne weiteres erreichbar. Das in der mündlichen Verhandlung erwähnte Problem, der Kundenverkehr könne dort das Arbeiten bzw. den Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen beeinträchtigen, erscheint durch entsprechende organisatorische und/oder bauliche Maßnahmen lösbar. Dass möglicherweise notwendig werdende bauliche Maßnahmen (etwa auch ein Unterstand für den Milchautomaten) den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht unverhältnismäßig belasten würden, ist nicht erkennbar. Die Äußerung in der mündlichen Verhandlung, der Standort des Milchviehstalls sei aus hygienischen Gründen für einen Kundenverkehr „problematischer“ als der Abgabeort am Stammbetrieb, ist eine Vermutung des Klägers, die indes - soweit alle sonstigen Vorschriften eingehalten werden - die Eignung des Standorts am Milchviehstall nicht ernsthaft in Frage stellt. Um die Folgen der verkehrsungünstigeren Lage zu mindern, könnte der Kläger schließlich an seinem Stammbetrieb einen deutlichen Hinweis auf den neuen Standort der Rohmilchabgabe installieren. Gleichwohl verbleibende Umsatzeinbußen sind mit Blick auf den Rang der mit der Verfügung geschützten Rechtsgüter hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann sich eine Unverhältnismäßigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „Art des Verstoßes“ oder des „bisherigen Verhaltens“ des Klägers „mit Blick auf Verstöße“ (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004) ergeben.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
67 
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 132 VwGO). Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig. Sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung ohne weiteres beantworten.
68 
Beschluss vom 16. Juni 2014
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2 GKG).
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 124a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO) eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist nicht zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
19 
Eine Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV - hält der Senat nicht für erforderlich. Denn er hat weder Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Bestimmungen des Primärrechts noch der Verordnungen (EG) 882/2004 oder 853/2004. Im Übrigen kann das Urteil des Senats mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.1997 - 6 B 32/97 -, NVwZ-RR 1998, 752/754; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41).
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte (vgl. § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Untersagungsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet dem Kläger generell für die Zukunft die Abgabe von Rohmilch am Standort des Stammbetriebs und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Der Senat hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141).
I.
21 
Der Beklagte hat die Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in der derzeit gültigen Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung des LFGB vom 28.05.2014 (BGBl. I 2014, 698) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützt. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB trifft die zuständige Behörde - und damit das gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. § 19 Abs. 1, § 18 Abs. 4 AG-LMGB, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG zur Lebensmittelüberwachung berufene Landratsamt - die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann dabei u.a. das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB).
22 
Nach Auffassung des Senats ist § 39 Abs. 2 LFGB allerdings nicht anwendbar. Vielmehr ergibt sich im Falle der Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die Befugnisnorm für auf Abhilfe gerichtete Maßnahmen der Lebensmittelbehörde, wie etwa ein Verkehrsverbot, aus Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) der Verordnung (EG) 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.04.2004 (ABl. L Nr. 165, 1 ff.) .
23 
Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 517/2013 des Rates vom 13.05.2013, ABl. L 158, 1, lautet: Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Nach Art. 54 Abs. 2 Nr. b) dieser Verordnung kann dazu (u.a.) die Maßnahme der Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung handelt es sich bei einem Verstoß um die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“.
24 
Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) 882/2004 gilt unmittelbar und verdrängt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionrechts (vgl. Art. 288 AEUV sowie Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band 3, Stand: August 2012, Art. 288 Rn. 53; Streinz, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2011, B Einführung Rn. 38b) in seinem Anwendungsbereich die nationale Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. auch § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB sowie die diesbezügliche Gesetzesbegründung, BTDrucks. 16/8100, 20: „Diese Regelungen [= Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) 882/2004] sind als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht von den zuständigen Behörden vorrangig anzuwenden“). Hier liegt ein den Anwendungsvorrang auslösender Kollisionsfall vor (zu diesem Erfordernis vgl. Nettesheim, a.a.O., Art. 288 Rn. 52; Streinz/Herrmann, BayVBl. 2008, 1, 3 f.). In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung (EG) 882/2004 stellt der Verordnungsgeber fest, dass das europäische Futtermittel- und Lebensmittelrecht sowohl in der grundlegenden Verordnung (EG) 178/2002 als auch in speziellen Vorschriften für Bereiche wie Futtermittel- und Lebensmittelhygiene kodifiziert sei. Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden, wofür auf Gemeinschaftsebene ein einheitlicher Rahmen in Form allgemeiner Vorschriften für die Organisation von Kontrollen geschaffen werden sollte (Erwägungsgründe 6 und 7). In Umsetzung der vorstehenden Erwägungsgründe bestimmt Art. 1 der Verordnung (EG) 882/2004 deren Anwendungsbereich dahingehend, dass in der Verordnung allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen u.a. zur Vermeidung, Beseitigung oder Senkung von unmittelbar oder über die Umwelt auftretenden Risiken für Mensch und Tier festgelegt würden. Aus den Erwägungsgründen 41, 42 und 43 ergibt sich, dass Verstöße gegen das Futtermittel- und Lebensmittelrecht „in der gesamten Gemeinschaft Gegenstand wirksamer, abschreckender und angemessener Maßnahmen sein“ sollten. Unter dem Titel VII „Durchsetzungsmaßnahmen“ der Verordnung ist das Kapitel I mit „Nationale Durchsetzungsmaßnahmen“ überschrieben. Der hier normierte Art. 54 („Maßnahmen im Fall eines Verstoßes“) sieht in seinem zweiten Absatz einen konkreten Maßnahmenkatalog vor. Angesichts des aufgezeigten umfassenden Regelungsanspruchs der Verordnung (EG) 882/2004 und der Zielsetzung, den nationalen Behörden für die Durchsetzung des Lebensmittelrechts unmittelbare rechtliche Vorgaben zu machen, hat der Senat keine Zweifel, dass die Mitgliedstaaten bei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen Maßnahmen mit dem Ziel der Abhilfe nunmehr auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 stützen können (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: Juli/November 2012, C 102, § 39 LFGB Rn. 10 f., 21, 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, § 39 Rn. 1, 10, 23; Wehlau, LFGB, 2010, § 39 Rn. 10 ff.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011 - 5 Bs 139/11 -, NVwZ-RR 2012, 92; unklar: BayVGH, Beschluss vom 26.11.2011 - 9 ZB 09.2116 -, Juris; zum Verbot, unmittelbar geltende Vorschriften des EU-Rechts im Recht der Mitgliedstaaten zu wiederholen vgl. König in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 2 Rn. 41 m.w.N.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 247; zur Problematik der Rechtsunsicherheit in der deutschen Überwachungspraxis vgl. dies., ZLR 2010, 243, 246; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1). Ob bzw. inwieweit § 39 Abs. 2 LFGB etwa bei Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines bestimmten Verdachts über die unionsrechtliche Ermächtigung in Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 hinausgeht und deshalb insoweit weiter anwendbar bleibt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 10; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.).
25 
Ungeachtet der anders lautenden behördlichen Begründung kann die angefochtene Verfügung auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 gestützt werden.
26 
§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 sind ähnlich aufgebaut, sie bestehen aus einer Generalklausel (§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) 882/2004) und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB sowie Art. 54 Abs. 2 der Verordnung (EG) 882/2004; vgl. Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 10). Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen relevante Unterschiede auf: Beide setzen die Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus und verpflichten die Behörde („trifft die zuständige Behörde“ bzw. „trifft sie“) zu notwendigen bzw. erforderlichen Maßnahmen (kein Entschließungsermessen; zu Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 vgl. VG Hannover, Urteil vom 27.06.2012 - 9 A 50/12 -, Juris, zu § 39 Abs. 2 LFGB vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010 - 9 S 171/09 -, VBlBW 2010, 314, sowie Senatsbeschluss vom 12.11.1997 - 9 S 2530/97 -, VBlBW 1998, 186; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 17 f.). Diese können insbesondere auch in dem Verbot bzw. der Untersagung des Inverkehrbringens von Erzeugnissen bzw. Lebensmitteln bestehen. Allenfalls im Hinblick auf die im Einzelfall konkret zu ergreifende Maßnahme ist der Behörde im Grundsatz ein Auswahlermessen eingeräumt. Angesichts der Parallelität beider Normen ist nicht erkennbar, weshalb diese vom Senat zu § 39 Abs. 2 LFGB vertretene Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O.; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40) nicht auch für die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu gelten hätte. Im Rahmen ihrer Entscheidung hat die Behörde schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2013, C 102, § 39 Rn. 17 f.; 73).
27 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage zulässig. Denn dies führt weder zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Verwaltungsakts noch wird die Rechtsverfolgung des Klägers in beachtlicher Weise erschwert (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1982 - 8 C 127/81 -, BVerwGE 64, 356; Urteil vom 21.11.1989 - 9 C 28/89 -, NVwZ 1990, 673). Angesichts des identischen Befugnisrahmens und der gleich gerichteten Ermessensdirektiven würde dies selbst dann gelten, wenn der Behörde im konkreten Fall ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahmen eingeräumt gewesen wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.1994 - 5 S 2637/93 -, NVwZ 1995, 397; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 23. Ergänzungslieferung 2013, § 113 Rn. 21; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 54). Dies war indes nicht der Fall (dazu noch unten unter II. 3.). Handelte es sich mithin bei der gegenständlichen Maßnahme um eine gebundene Entscheidung, war der Senat berechtigt und verpflichtet, die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu berücksichtigen (vgl. nur Schmidt, in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 17, 22).
II.
28 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004liegen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den am Stammbetrieb des Klägers aufgestellten Rohmilchautomaten begründet einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Tier-LMHV; der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.04.2004, S. 55) steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (hierzu unter 1.). Die Voraussetzungen der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV sind nicht gegeben (hierzu unter 2.). Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes und zur Verhütung künftiger Verstöße war die Untersagung der Rohmilchabgabe „erforderlich“ im Sinne Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft; auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war die gegenständliche Maßnahme nicht zu beanstanden (dazu unter 3.).
29 
1. Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV ist es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben.
30 
a) Auch eine Nichteinhaltung dieser nationalen Vorschrift des Lebensmittelrechts ist geeignet, einen „Verstoß“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zu begründen (zu diesem Begriff vgl. Art. 2 Nr. 10 der Verordnung). Nach Art. 2 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 gelten für die Zwecke der vorliegenden Verordnung die Begriffsbestimmungen der Artikel 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Gemäß Art. 3 dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelrecht“ die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicheroder auf einzelstaatlicher Ebene (Hervorhebung nur hier). Mithin ist dieses Verständnis auch der Auslegung des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zugrunde zu legen (so ausdrücklich auch Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 249; vgl. auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 67 und C 101, Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Rn. 6).
31 
b) § 17 Abs. 1 Tier-LMHV beruht auf einer eigenständigen nationalen Rechtsgrundlage. Der Verordnungsgeber hat sich hierbei ausdrücklich auf die spezielle Ermächtigung in Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.4.2004, S. 55) gestützt, die es dem einzelnen Mitgliedstaat überlässt, aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, mit denen das Inverkehrbringen von Rohmilch oder Rohrahm, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sind, in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt wird (vgl. BRDrucks. 327/07, Amtliche Begründung zu § 17; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 3 ff.). Da es sich um eine spezielle, rein mitgliedstaatliche Regelung handelt, dürfte auch der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob mit Blick auf Art. 1 Abs. 3 c) der Verordnung (EG) 853/2004 (danach gilt die Verordnung nicht für die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, die die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher abgeben) der Anwendungsbereich der Verordnung überhaupt eröffnet ist, keine maßgebliche Bedeutung zukommen (vgl. auch die Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 19.07.2007, Seite 23 c der Behördenakte).
32 
Dass der Verordnungsgeber die Grenzen des Unionsrechts überschritten hätte, vermag der Senat nicht festzustellen. Zwar wird die Ermächtigung der Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) 853/2004 eingeschränkt. Nach Art. 10 Abs. 3 dürfen diese beim Erlass einzelstaatlicher Vorschriften nach den Absätzen 4 bis 8 „die Erreichung der Ziele dieser Verordnung“ nicht gefährden. Dass dies der Fall wäre, ist indes nicht ersichtlich. Das grundsätzliche Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr dient gerade den primären Zielen der Verordnung (EG) 853/2004, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. die Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004). Mithin kann von einer Gefährdung der Erreichung der Ziele der Verordnung keine Rede sein. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV aufgestellte Voraussetzung diene überhaupt keinen hygienerechtlichen Zwecken. Zur Begründung kann auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2.a) verwiesen werden. Soweit nach Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 die einzelstaatlichen Vorschiften u.a. zum Ziel haben, die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen, könnte ein generelles Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr möglicherweise unionsrechtliche Fragen aufwerfen, soweit in dem betreffenden Mitgliedstaat eine entsprechende Tradition bestand (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 5 f.). Hier hat der deutsche Verordnungsgeber indes kein generelles Abgabeverbot erlassen, sondern das grundsätzliche Abgabeverbot nach § 17 Abs. 1 mit den Ausnahmeregelungen in § 17 Abs. 2 bis 4 Tier-LMHV verknüpft. Indem er in Abs. 4 Satz 1 weiterhin ausdrücklich die sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zulässt (vgl. die ähnliche Vorgängerregelung in § 8 Abs. 1 Milchverordnung), hat er dieser traditionellen Vertriebsform explizit Rechnung getragen und damit auch Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 berücksichtigt.
33 
Der Kläger meint ferner, mit § 17 habe der Verordnungsgeber gegen die nach Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 einzuhaltenden „allgemeinen Bestimmungen des Vertrags“ verstoßen. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
34 
Soweit er sich auf Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 b), Art. 39 Abs. 1 e) und Art. 40 Abs. 1 a) AEUV beruft, ist bereits weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar, inwieweit diese Normen geeignet sind, bezogen auf die hier einschlägige Fallgestaltung subjektive Rechte des Klägers zu begründen (vgl. Priebe, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 38 AEUV Rn. 100; Art. 39 Rn. 2, 6).
35 
Dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Zulässigkeit der Abgabe von Rohmilch für den unmittelbaren menschlichen Verzehr unterschiedliche Regelungen treffen dürfen und getroffen haben, ist im Übrigen ersichtlich unionsrechtlich bezweckte, notwendige Folge der speziellen Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004, die auch mit Blick auf ihren Wortlaut („in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt“) mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum für die Mitgliedstaaten verbunden ist. Schon deshalb scheidet sowohl der behauptete Verstoß gegen die vom Kläger auf Art. 40 Abs. 1 a) AEUV gestützte „Wettbewerbsfreiheit“ wie auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 20 GRCh aus. Im Übrigen findet die auf einen engen Anwendungsbereich beschränkte Regelung ihre sachliche Rechtfertigung - wie bereits dargelegt - vor allem in den Zielen, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004) sowie die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen (vgl. Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004). Vor diesem Hintergrund erfährt auch der vom Kläger geltend gemachte Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 GRCh seine Rechtfertigung jedenfalls durch Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 GRCh. Zur weiteren Begründung insbesondere zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird auf die Ausführungen unter 2. b) verwiesen.
36 
Bei alledem kann dahingestellt bleiben, ob es beim Gebrauchmachen der Bundesrepublik Deutschland von der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 um die Durchführung des Rechts der Union durch einen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 51 Abs. 1 GRCh geht (vgl. dazu Jarass, Charta der Grundrechte, 2. Aufl. 2013, Art. 51 Rn. 11 ff., 16 ff.; Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Auf. 2011, Art. 51 Rn. 24 ff.) und damit der Anwendungsbereich der Grundrechte Charta überhaupt eröffnet ist. Ebenso kann offen bleiben, welche rechtliche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass hier kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt.
37 
2. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV greift nicht zugunsten des Klägers ein.
38 
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV darf Rohmilch abweichend von Absatz 1 von Milcherzeugungsbetrieben unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden, wenn
39 
1. die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt,
2. die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist,
3. die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist,
4. an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und
5. die Abgabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist.
40 
Nach der Überzeugung des Senats begrenzt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in Fällen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb mehrere Betriebsstätten aufweist und etwa - wie hier - das Milchvieh nicht am Standort des Stammbetriebs gehalten wird, die Rohmilchabgabe räumlich auf die Örtlichkeit, an der die Milch tatsächlich gewonnen wird. Rohmilch wird nur dann in zulässiger Weise „im Milcherzeugungsbetrieb“ im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV abgegeben, wenn die Abgabe am Standort der Milchgewinnung erfolgt.
41 
Dies legt bereits der Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Die normative Aufzählung von fünf Voraussetzungen, die alle kumulativ für das Vorliegen einer Ausnahme erfüllt sein müssen, spricht dafür, dass es sich bei der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" nach Nr. 1 um ein Tatbestandsmerkmal mit eigenständiger Aussagekraft handelt. Anders als die wenig ergiebige Legaldefinition des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Tier-LMHV in Verbindung mit 4.2 des Anhangs 1 der Verordnung (EG) 853/2004 („Betrieb mit einem oder mehreren Nutztieren, die zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, gehalten werden“) deutet die mit der lokalen Präposition verbundene Wendung „im Milcherzeugungsbetrieb“ darauf hin, dass hier eine Aussage über den zulässigen Ort der Rohmilchabgabe getroffen wird. Dies wird durch das Bestehen eines unternehmerischen bzw. betriebswirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Stammbetrieb nicht in Frage gestellt. Denn nach der allgemeinen Definition in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ist unter Betrieb jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens zu verstehen. Im Gegensatz zu dem in der Verordnung (EG) 178/2002 selbständig definierten Begriff des Lebensmittelunternehmens dürfte der Begriff des Betriebs hier nicht als unternehmerische Zusammenfassung einer Tätigkeit, sondern als eine organisatorische und/oder örtliche Zusammenfassung der Herstellung oder des Inverkehrbringens von Lebensmitteln zu verstehen sein; dabei ist - gerade auch im hygienerechtlichen Kontext - in der Regel davon auszugehen, dass ein Betrieb durch die örtliche Zusammenfassung gebildet wird (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2008, C 170, Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Rn. 14). Mithin kann der Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs, an dem Milch gewonnen wird, als Milcherzeugungsbetrieb im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV angesehen werden.
42 
Erhärtet wird diese Auslegung durch den Sinn und Zweck der Regelung, der darin besteht, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind (vgl. hierzu die amtliche Begründung BRDrucks. 327/07, S. 170; Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178, § 17 Tier-LMHV Rn. 1). Alle in Nr. 1 bis 5 kumulativ verlangten Voraussetzungen haben eine hygienerechtliche Komponente. Entgegen der Ansicht des Klägers wird auch mit dem räumlichen Erfordernis der Nr. 1 ein hygienerechtlicher Schutzzweck verfolgt. Zu Recht hat der Beklagte insoweit darauf verwiesen, dass es in der Natur der Rohmilch liegt, dass sie Bakterien enthalten könne, die geeignet seien, die Verbrauchergesundheit zu schädigen, wie zum Beispiel Salmonellen, EHEC, Campylobacter, Listerien etc. (vgl. auch Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung vom 29.05.2009 unter http://www.bfr.bund.de/cd/29651; aktueller Bericht Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.09.2013). Zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionskrankheiten empfiehlt die WHO in einer ihrer „Zehn Goldenen Regeln“: „always buy pasteurized as opposed to raw milk“. Unstreitig kann sich ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Rohmilch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Behandlungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhen die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Darüber hinaus kann eine damit einhergehende Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen.
43 
Angesichts der nach Abschluss der Rohmilchgewinnung im Falle zusätzlicher Behandlungsschritte typischerweise auftretenden vermehrten Risiken hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV die Abgabe der Rohmilch mithin der Sache nach räumlich auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung beschränkt und damit den Transport der Rohmilch als abstrakt risikoerhöhenden Umstand untersagt. An anderen Örtlichkeiten kommt deshalb eine Rohmilchabgabe nicht in Betracht, selbst wenn sie sich in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers befinden (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 17 Tier-LMHV Rn. 41).
44 
Diese enge Auslegung wird bestätigt durch die verordnungsrechtliche Systematik. Bei der in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV geregelten Möglichkeit der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz des Rohmilchabgabeverbots in Absatz 1. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend legt dies eine restriktive Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Das spricht dagegen, die Abgabe von Rohmilch an Örtlichkeiten zuzulassen, die zwar Teil des landwirtschaftlichen Betriebs sind, aber mit der eigentlichen Milcherzeugung in keinem räumlichen Zusammenhang stehen. Auch die Vorgaben für die sog. Vorzugsmilch legen einen hygienerechtlichen Schutzzweck der in § 17 Abs. 4 Nr. 1 Tier-LMHV normierten Voraussetzungen nahe. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die in Fertigpackungen oder sonst in verschlossene Behältnisse abgefüllt wurde, die aber gehandelt und deshalb vom Verbraucher auch im Einzelhandel erworben werden kann. Im Gegensatz zur unmittelbaren Abgabe von Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV ist die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher örtlich nicht auf den Erzeugungsbetrieb beschränkt, vielmehr erfolgen hier im Anschluss an die Milchgewinnung typischerweise weitere Behandlungsschritte einschließlich des Transports. Allerdings stellt der Verordnungsgeber an Vorzugsmilch auch deutlich strengere Hygieneanforderungen. Während für die unmittelbar abzugebende Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Satz 2 Tier-LMHV lediglich die Anforderungen nach Anlage 2 der LMHV entsprechend gelten, muss die Vorzugsmilch insbesondere in einem Milcherzeugungsbetrieb, für den die zuständige Behörde eine vorherige Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Tier-LMHV erteilt hat, unter Einhaltung der Anforderungen der (sehr detaillierten) Anlage 9 Kapitel I Nr. 1 und 2 gewonnen und behandelt worden sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Tier-LMHV). Wenn der Verordnungsgeber derart strenge hygienische Anforderungen im Falle der Milch-ab-Hof-Abgabe nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für verzichtbar hält, zeigt dies, dass er von einem engen Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeht und der räumlichen Begrenzung des Ausnahmetatbestands auf eine Abgabe am Standort der tatsächlichen Milchgewinnung eine maßgebliche Bedeutung für einen wirksamen gesundheitlichen Verbraucherschutz zuschreibt.
45 
b) In dieser Auslegung begegnet § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
46 
Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass das Erfordernis betroffene Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung verletzt.
47 
Eine hinreichende normative Grundlage im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG liegt vor. Die verordnungsrechtliche Bestimmung findet ihre Ermächtigung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6, § 34 Satz 1 Nr. 1 und 4 LFGB, mithin ist hier die Berufsausübung auf Grund eines Gesetzes geregelt worden.
48 
Auch ein Verstoß gegen den rechtstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz lässt sich nicht feststellen. Das Erfordernis, den Anwendungsbereich der Norm im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, bedeutet noch keine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, solange eine solche Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 212 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99, 2 BvR 276/00, 2 BvR 2061/00 -, NJW 2001, 879, 880).
49 
Hiervon ausgehend hat der Senat an der ausreichenden Bestimmtheit der Bestimmung keine durchgreifenden Zweifel. Aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV geht für den Betroffenen erkennbar hervor, dass die Milchabgabe in räumlicher Hinsicht an den „Milcherzeugungsbetrieb“ geknüpft ist. Zwar bedarf es einer weitergehenden Eingrenzung und Konkretisierung der örtlichen Voraussetzungen, diesem Erfordernis kann indes - wie oben dargelegt - im Wege der Auslegung insbesondere anhand der Systematik und des Zwecks der Regelung jedenfalls im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle Rechnung getragen werden. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger befürwortete weite Interpretation der Vorschrift mit erheblich größeren Bestimmtheitsdefiziten verbunden wäre. Denn sollte die Regelung nicht an den Ort der tatsächlichen Milchgewinnung anknüpfen, müsste bestimmt werden, ab welcher Distanz zwischen verschiedenen Teilen eines landwirtschaftlichen Betriebs noch von einer Abgabe im „Milcherzeugungsbetrieb“ ausgegangen werden kann. Hierfür sind greifbare Maßstäbe nicht ersichtlich.
50 
Darüber hinaus muss die Regelung durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010 - 1 BvR 1789/10 -, NVwZ 2011, 355; BVerfG, Beschluss vom 26.02.1997 - 1 BvR 1864/94, 1 BvR 1102/95 -, BVerfGE 95, 193, 214). Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt indes nicht vor.
51 
Mit der Beschränkung der Abgabe von Rohmilch auf den Standort der Milchgewinnung regelt der Verordnungsgeber lediglich die Modalitäten der Berufsausübung des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs. Selbst wenn die Bestimmung die Ebene der Rentabilität einer beruflichen Tätigkeit berühren sollte, sind Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz der Betreiber derartiger Abgabestellen nicht dessen typische Folge. Denn regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - gelangt lediglich ein Teil der gewonnenen Milch als Rohmilch zum unmittelbaren Verkauf; außerdem wird der Rohmilchverkauf nicht generell untersagt, sondern lediglich auf den Standort der Milchgewinnung beschränkt.
52 
Mit dem oben dargestellten Zweck der Regelung, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind, verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls.
53 
Die Regelung ist auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Dem Normgeber kommt auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu; ihm obliegt es, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Wird der Normgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der auch von den Fachgerichten bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, VBlBW 2004, 20-28).
54 
Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Annahme des Verordnungsgebers, dass die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV vorgenommene räumliche Beschränkung der Abgabe der Rohmilch auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung zu einer Verringerung der mit einer Rohmilchabgabe einhergehenden Gefahren führt, nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Einschätzung naheliegend, der Transport der Rohmilch im Anschluss an die Milchgewinnung sei typischerweise mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Entgegen der Ansicht des Klägers reicht diese durch sachverständiger Stellungnahmen hinreichend verlässlich abgesicherte abstrakte Gefährdungslage aus.
55 
Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Normgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2000 - 1 BvR 539/96 -, BVerfGE 102, 197, 218; Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276, 309). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Normgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Eindämmung von Gefahren, die mit der Abgabe von Rohmilch verbunden sind, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Normgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.).
56 
Derartige mildere, aber vergleichbar wirksame Mittel sind vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dabei kommt auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Bedeutung zu. Denn der Verordnungsgeber wollte mit der Bestimmung erkennbar die traditionell praktizierte, inhaltsgleich bereits in der Milchverordnung geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ weiter ermöglichen. Damit trug er auch der Regelung in Art. 10 Abs. 4a i) Verordnung (EG) 853/2004 Rechnung. Insoweit lag es nicht fern, auf die Vorgabe besonders strenger hygienerechtlicher Anforderungen nach Art der Vorzugsmilch zu verzichten, aber den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift auf den typischen Fall der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zu begrenzen.
57 
Schließlich ergibt eine Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe, dass die Grenze der Zumutbarkeit und damit der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt ist. Die räumliche Beschränkung der Rohmilchabgabe dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der Gesundheit von Konsumenten vor möglicherweise gravierenden gesundheitlichen Risiken. Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf eine Verringerung des Umsatzes aus dem Verkauf der Rohmilch, den der Inhaber eines aus mehreren Teilen bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs tendenziell vermeiden kann, indem er die Abgabestelle an den Standort der Milchgewinnung legt. Dass die Milchabgabe insoweit nicht immer am verkehrsgünstigsten und damit lukrativsten Standort erfolgen kann, erscheint dem Betriebsinhaber zumutbar.
58 
Bei alledem nimmt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV maßgeblich das Verhalten des für das Inverkehrbringen der Rohmilch lebensmittelrechtlich verantwortlichen Milcherzeugers in den Blick und nicht etwa auch ein potentielles Verhalten des Konsumenten im Anschluss an die erfolgte Abgabe der Rohmilch an diesen. Dies kann nicht beanstandet werden.
59 
c) Gemessen hieran erfüllt die Rohmilchabgabe durch den Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... nicht das Tatbestandsmerkmal der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb". Die Milchgewinnung erfolgt in der zwei Kilometer hiervon entfernten im Jahr 1996 errichteten weiteren Betriebsstätte auf dem Flurstück ... ..., in der der neue Milchviehstall steht und die Melk-Technik vorgehalten wird. Auch der behauptete „Notstall" für z.B. kranke Tiere macht den Standort Hauptstraße ... nicht zum Milcherzeugungsbetrieb im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV. Schließlich ist es nach Sinn und Zweck der vom Verordnungsgeber gewollten Beschränkung auch nicht maßgeblich, dass der gegenwärtige Standort des Rohmilchautomaten verkehrsgünstiger liegt und der Milchviehstall für die Kunden des Klägers demgegenüber schwerer zu erreichen wäre.
60 
Da für eine zulässige Rohmilchabgabe sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ erfüllt sein müssen, kommt es auf die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger nicht an,
61 
3. Die angefochtene Verfügung begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken.
62 
Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde kam bei der Anordnung nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 i.V.m. § 17 Tier-LMHV kein Entschließungsermessen zu. Vielmehr war sie verpflichtet, bei Vorliegen eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. bereits oben). Das Abgabeverbot zielt auch darauf ab, dass der Unternehmer Abhilfe schafft (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 65).
63 
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Behörde im vorliegenden Fall ein Auswahlermessen eingeräumt war (vgl. ebenfalls bereits oben sowie Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O., zu § 39 Abs. 2 LFGB). Vielmehr kam als Reaktion auf den Rechtsverstoß allein die Untersagung der Abgabe von Rohmilch am Stammbetrieb des Klägers als zulässige und im Sinne Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) 882/2004 „erforderliche“ Maßnahme in Betracht (im Ergebnis vergleichbar BayVGH, Beschluss vom 17.01.2011 - 9 ZB 09.2654 -, Juris). Die auf die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung durch den Beklagten zielenden Angriffe gehen daher ins Leere. Das ergibt sich aus Folgendem:
64 
Nach der Regel-Ausnahme-Systematik des § 17 Tier-LMHV ist das Verbot der Abgabe von Rohmilch klar vorgegeben, wenn keine der Ausnahmen der Absätze 2 bis 4 vorliegt. Zur wirksamen Durchsetzung dieser nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers zwingenden Rechtsfolge und in Ansehung des in § 1 Abs. Nr. 1 LFGB normierten Gesetzeszwecks, den Schutz der Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, kommt auch bei Einbeziehung des in Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) 882/2004 grundsätzlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums allein die Untersagung der Abgabe der Rohmilch auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 in Betracht. Deshalb kann dem Kläger - entgegen seiner Auffassung - die Rohmilchabgabe an seinem Stammbetrieb auch nicht unter Auflagen gestattet werden (Inverkehrbringen unter eigener oder behördlicher Kontrolle, Auflagen der Probenziehung oder der täglichen oder zweitäglichen Leerung des Behälters o.Ä.). Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004). Denn eine Korrektur der Verwaltung im Einzelfall mit Hilfe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt nur in Betracht, soweit das Gesetz bzw. die Verordnung dieser einen Spielraum einräumt (vgl. Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 148; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 90a). Dies ist hier indes nicht der Fall. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV ist verfassungsrechtlich unbedenkliches zwingendes Recht, die Tier-LMHV sieht eine Zulassung der Rohmilchabgabe unter Verzicht auf dieses Erfordernis etwa im Falle einer „Kompensation“ durch hygienerechtliche Auflagen nicht vor. Ein anderes Ergebnis würde zu einer Verwischung der Grenzen zwischen den einzelnen Ausnahmetatbeständen und damit letztlich zu einer Missachtung des Willens des Normgebers führen.
65 
Unabhängig davon erweist sich die Verfügung auch nicht als unverhältnismäßig im Einzelfall. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - dem mit den zugrunde liegenden Regelungen geschützten öffentlichen Interesse am vorbeugenden (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., C 170, § 17 Tier-LMHV Rn. 1; § 1 Nr. 1 LFGB sowie Zipfel/Rathke, a.a.O., C 102, § 1 LFGB, Rn. 14 f.) Gesundheits- und Verbraucherschutz potentieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern den Vorrang eingeräumt hat. Das vom Kläger angeführte wirtschaftliche Interesse am Rohmilchverkauf an einem verkehrsgünstigen Standort im Ortsteil ... an der B ... führt nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Verfügung. Bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ist zunächst von Bedeutung, dass der angestrebte unmittelbare Rohmilchverkauf nur einen Teil der vom Kläger produzierten Milch betrifft. Ferner bezieht sich das Verbot lediglich auf den Stammbetrieb in der Hauptstraße. Auch wenn der Kläger dort den Rohmilchverkauf in der Vergangenheit praktiziert haben sollte, kann er sich auf Bestandsschutz nicht berufen. Es ist ihm - ungeachtet weiterer Möglichkeiten, die Rohmilch zu verwerten (etwa Verkauf nach Pasteurisierung, Verkauf als Vorzugsmilch) - unbenommen, den Rohmilchverkauf an den Standort seines lediglich zwei Kilometer entfernten Milchviehstalls zu verlegen. Dass dem unüberwindbare oder nicht zumutbare Hindernisse entgegenstehen, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dieser Standort ist angesichts seiner verkehrsmäßigen Erschließung über die L ... und der Entfernung von lediglich zwei Kilometern für potentielle Kunden mit dem PKW oder dem Fahrrad ohne weiteres erreichbar. Das in der mündlichen Verhandlung erwähnte Problem, der Kundenverkehr könne dort das Arbeiten bzw. den Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen beeinträchtigen, erscheint durch entsprechende organisatorische und/oder bauliche Maßnahmen lösbar. Dass möglicherweise notwendig werdende bauliche Maßnahmen (etwa auch ein Unterstand für den Milchautomaten) den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht unverhältnismäßig belasten würden, ist nicht erkennbar. Die Äußerung in der mündlichen Verhandlung, der Standort des Milchviehstalls sei aus hygienischen Gründen für einen Kundenverkehr „problematischer“ als der Abgabeort am Stammbetrieb, ist eine Vermutung des Klägers, die indes - soweit alle sonstigen Vorschriften eingehalten werden - die Eignung des Standorts am Milchviehstall nicht ernsthaft in Frage stellt. Um die Folgen der verkehrsungünstigeren Lage zu mindern, könnte der Kläger schließlich an seinem Stammbetrieb einen deutlichen Hinweis auf den neuen Standort der Rohmilchabgabe installieren. Gleichwohl verbleibende Umsatzeinbußen sind mit Blick auf den Rang der mit der Verfügung geschützten Rechtsgüter hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann sich eine Unverhältnismäßigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „Art des Verstoßes“ oder des „bisherigen Verhaltens“ des Klägers „mit Blick auf Verstöße“ (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004) ergeben.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
67 
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 132 VwGO). Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig. Sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung ohne weiteres beantworten.
68 
Beschluss vom 16. Juni 2014
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2 GKG).
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Das Deutsche Lebensmittelbuch ist eine Sammlung von Leitsätzen, in denen Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel von Bedeutung sind, beschrieben werden.

(2) Die Leitsätze werden von der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission unter Berücksichtigung des von der Bundesregierung anerkannten internationalen Lebensmittelstandards beschlossen.

(3) Die Leitsätze werden vom Bundesministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlicht. Die Veröffentlichung von Leitsätzen kann aus rechtlichen oder fachlichen Gründen abgelehnt oder rückgängig gemacht werden.

(1) Das Bundesministerium wird ermächtigt, in den Fällen der Nummern 1 und 2 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zur Erfüllung der in § 1 Absatz 1 Nummer 1, in den Fällen der Nummer 3, soweit diese zu Regelungen über das Herstellen oder Behandeln ermächtigt, und Nummer 4 auch zur Erfüllung der in § 1 Absatz 2, stets jeweils auch in Verbindung mit § 1 Absatz 3, genannten Zwecke erforderlich ist,

1.
bei dem Herstellen oder Behandeln von Lebensmitteln
a)
die Verwendung bestimmter Stoffe oder Gemische aus Stoffen, Gegenstände oder Verfahren zu verbieten oder zu beschränken,
b)
die Anwendung bestimmter Verfahren vorzuschreiben,
2.
für bestimmte Lebensmittel Anforderungen an das Herstellen, das Behandeln oder das Inverkehrbringen zu stellen,
3.
das Herstellen, das Behandeln oder das Inverkehrbringen von
a)
bestimmten Lebensmitteln,
b)
lebenden Tieren im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1
von einer amtlichen Untersuchung abhängig zu machen,
4.
vorzuschreiben, dass bestimmte Lebensmittel nach dem Gewinnen amtlich zu untersuchen sind,
5.
das Herstellen oder das Behandeln von bestimmten Stoffen oder Gemischen aus Stoffen, die im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gesundheitsschädlich sind, in Lebensmittelunternehmen sowie das Verbringen in diese zu verbieten oder zu beschränken,
6.
für bestimmte Lebensmittel Warnhinweise, sonstige warnende Aufmachungen oder Sicherheitsvorkehrungen vorzuschreiben,
7.
vorbehaltlich des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 Auslösewerte für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, festzusetzen.

(2) Lebensmittel, die entgegen einer nach Absatz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung hergestellt oder behandelt sind, dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden.

(3) Das Bundesministerium wird ferner ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zur Erfüllung der in § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit § 1 Absatz 3, genannten Zwecke erforderlich ist,

1.
vorzuschreiben, dass
a)
der Gehalt der Lebensmittel
aa)
an den in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 1 genannten Lebensmittelzusatzstoffen oder Verarbeitungshilfsstoffen,
bb)
an den in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 Nummer 1 genannten Stoffen,
cc)
an den Stoffen, für die Höchstmengen oder Mindestmengen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 Nummer 2 festgesetzt wurden und
b)
die Anwendung der in Rechtsverordnungen nach § 8 Absatz 2 Nummer 1 zugelassenen Behandlung oder Bestrahlung
kenntlich zu machen sind und dabei die Art der Kenntlichmachung zu regeln,
2.
Vorschriften über die Kenntlichmachung der in oder auf Lebensmitteln vorhandenen Stoffe im Sinne der §§ 9 und 10 zu erlassen.
Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nummer 2 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

(4) Das Bundesministerium wird weiter ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zur Erfüllung der in § 1 Absatz 1 Nummer 2, auch in Verbindung mit § 1 Absatz 3, genannten Zwecke erforderlich ist,

1.
vorzuschreiben, dass
a)
Lebensmittel unter bestimmten Bezeichnungen nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie bestimmten Anforderungen an die Herstellung, Zusammensetzung oder Beschaffenheit entsprechen,
b)
Lebensmittel, die bestimmten Anforderungen an die Herstellung, Zusammensetzung oder Beschaffenheit nicht entsprechen oder sonstige Lebensmittel von bestimmter Art oder Beschaffenheit nicht, nur mit bestimmten Informationen über Lebensmittel, nur unter ausreichender Kenntlichmachung oder nur unter bestimmten Bezeichnungen, sonstigen Angaben oder Aufmachungen in den Verkehr gebracht werden dürfen, und die Einzelheiten hierfür zu bestimmen,
c)
Lebensmittel mit bestimmten zur Irreführung geeigneten Informationen über Lebensmittel, insbesondere mit zur Irreführung geeigneten Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen, nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen und dass für Lebensmittel nicht mit zur Irreführung geeigneten Informationen über Lebensmittel, insbesondere nicht mit zur Irreführung geeigneten Darstellungen oder sonstigen Aussagen geworben werden darf,
d)
Lebensmittel, bei denen bestimmte Verfahren angewendet worden sind, nur unter bestimmten Voraussetzungen in den Verkehr gebracht werden dürfen,
e)
Lebensmitteln zur vereinfachten Feststellung ihrer Beschaffenheit bestimmte Indikatoren zugesetzt werden müssen,
f)
Lebensmittel nur in bestimmten Einheiten in den Verkehr gebracht werden dürfen,
g)
bestimmten Lebensmitteln bestimmte Angaben oder Informationen über Lebensmittel, insbesondere über die Anwendung von Stoffen oder über die weitere Verarbeitung der Erzeugnisse, beizufügen sind,
2.
zu verbieten, dass Gegenstände oder Stoffe, die bei dem Herstellen oder dem Behandeln von Lebensmitteln nicht verwendet werden dürfen, für diese Zwecke hergestellt oder in den Verkehr gebracht werden, auch wenn die Verwendung nur für den eigenen Bedarf des Abnehmers erfolgen soll.

(5) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zur Erfüllung der in § 1 Absatz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit § 1 Absatz 3, genannten Zwecke erforderlich ist,

1.
das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die einer Einwirkung durch Verunreinigungen der Luft, des Wassers oder des Bodens ausgesetzt waren, zu verbieten oder zu beschränken,
2.
Auslösewerte für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel, das einer Einwirkung durch Verunreinigungen der Luft, des Wassers oder des Bodens ausgesetzt war, enthalten ist, festzusetzen.
Rechtsverordnungen nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

(1) Es ist verboten, als Verantwortlicher nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen

1.
des Artikels 7 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011,
2.
des Artikels 7 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 oder
3.
des Artikels 36 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
nicht entsprechen, in den Verkehr zu bringen oder allgemein oder im Einzelfall dafür zu werben.

(2) Es ist ferner verboten, als Verantwortlicher nach Artikel 8 Absatz 8 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen

1.
des Artikels 7 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011,
2.
des Artikels 7 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 oder
3.
des Artikels 36 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
nicht entsprechen, an andere Lebensmittelunternehmer zu liefern.

(3) Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 2 gelten nicht für nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. L 404 vom 30.12.2006, S. 9; L 12 vom 18.1.2007, S. 3, L 86 vom 28.3.2008, S. 34, L 198 vom 30.7.2009, S. 87; L 160 vom 12.6.2013, S. 15), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1047/2012 (ABl. L 310 vom 9.11.2012, S. 36) geändert worden ist, zugelassene Angaben.

(1) Von den Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen können im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 zugelassen werden. Satz 1 gilt nicht für

1.
die Verbote der §§ 5 und 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und der §§ 20, 26 und 30 und
2.
nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und Absatz 5 Satz 1, § 14 Absatz 2 Nummer 1 und § 34 erlassene Rechtsverordnungen.

(2) Ausnahmen dürfen nur zugelassen werden

1.
für das Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen bestimmter Lebensmittel, Mittel zum Tätowieren, kosmetischer Mittel oder Bedarfsgegenstände, sofern Ergebnisse zu erwarten sind, die für eine Änderung oder Ergänzung der für Lebensmittel, Mittel zum Tätowieren, kosmetische Mittel oder Bedarfsgegenstände geltenden Vorschriften von Bedeutung sein können, unter amtlicher Beobachtung oder sofern eine Angleichung der Rechtsvorschriften an Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union noch nicht erfolgt ist; dabei sollen die schutzwürdigen Interessen des Einzelnen sowie alle Faktoren, die die allgemeine Wettbewerbslage des betreffenden Industriezweiges beeinflussen können, angemessen berücksichtigt werden,
2.
für das Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen bestimmter Lebensmittel als Sonderverpflegung für Angehörige
a)
der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte,
b)
der Bundespolizei und der Polizei,
c)
des Katastrophenschutzes, des Warn- und Alarmdienstes und der sonstigen Hilfs- und Notdienste
einschließlich der hierfür erforderlichen Versuche sowie der Abgabe solcher Lebensmittel an andere, wenn dies zur ordnungsgemäßen Vorratshaltung erforderlich ist,
3.
für das Herstellen, den Vertrieb und die Ausgabe bestimmter Lebensmittel als Notrationen für die Bevölkerung,
4.
in sonstigen Fällen, in denen besondere Umstände, insbesondere der drohende Verderb von Lebensmitteln oder Einzelfuttermitteln oder Mischfuttermitteln, dies zur Vermeidung unbilliger Härten geboten erscheinen lassen; das Bundesministerium ist von den getroffenen Maßnahmen zu unterrichten.

(3) Ausnahmen dürfen nur zugelassen werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Gefahr für die menschliche oder tierische Gesundheit nicht zu erwarten ist; Ausnahmen dürfen nicht zugelassen werden

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 und 4 von den Rechtsvorschriften über ausreichende Kenntlichmachung,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 4 von den Verboten der §§ 8 und 10.

(4) Zuständig für die Zulassung von Ausnahmen nach Absatz 2 Nummer 1 und 3 ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, im Fall des Absatzes 2 Nummer 3 auch im Einvernehmen mit der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk. In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 2 ist hinsichtlich der Organisationen des Bundes und der verbündeten Streitkräfte das Bundesministerium im Einvernehmen mit dem für diese fachlich zuständigen Bundesministerium zuständig. In den übrigen Fällen des Absatzes 2 Nummer 2 sowie in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Behörden zuständig. Die Zulassung kann mit Auflagen versehen werden.

(5) Die Zulassung einer Ausnahme nach Absatz 2 ist auf längstens drei Jahre zu befristen. In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 kann sie auf Antrag dreimal, in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 2 und 3 wiederholt um jeweils längstens drei Jahre verlängert werden, sofern die Voraussetzungen für die Zulassung fortdauern.

(6) Die Zulassung einer Ausnahme kann jederzeit aus wichtigem Grund widerrufen werden. Hierauf ist bei der Zulassung hinzuweisen.

(7) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, 2, soweit es sich um Organisationen des Bundes oder um verbündete Streitkräfte handelt, und Nummer 3 Vorschriften über das Verfahren bei der Zulassung von Ausnahmen, insbesondere über Art und Umfang der vom Antragsteller beizubringenden Nachweise und sonstigen Unterlagen sowie über die Veröffentlichung von Anträgen oder erteilten Ausnahmen zu erlassen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.