Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 21. Jan. 2019 - 3 L 54/19.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2019:0121.3L54.19.00
bei uns veröffentlicht am21.01.2019

Tenor

Der Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Anordnung aufgegeben, folgenden Hinweis des Antragstellers

„Frauenbündnis Kandel e.V.

Das Frauenbündnis Kandel lädt ein zu seiner nächsten Kundgebung im neuen Jahr zum Thema „innere Sicherheit - Verantwortung - Sozialpolitik'':

- Samstag, den 9. Februar 2019 ab 14.00 Uhr

- Am Bahnhof in Kandel

Wir planen ein abwechslungsreiches Programm aus verschiedenen Reden, einem Spaziergang durch Kandel sowie Musikbeitragen. Es gibt zudem Kuchen und Getränke.

Voraussichtliches Ende der Veranstaltung ist gegen 17 Uhr.

Der Verein Frauenbündnis Kandel freut sich über eine rege Beteiligung der Kandler Bürger.

Wer nicht persönlich dabei sein kann, hat wieder die Möglichkeit, uns per Live-Stream zuzuschauen:

www.frauenbuendnis-Kandel.de“

in ihrem Amtsblatt, Ausgabe 04/2019 und, falls dies aus redaktionellen Gründen nicht mehr möglich sein sollte, in der Ausgabe 05/2019 zu veröffentlichen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu verpflichten, den aus dem Tenor des Beschlusses ersichtlichen Text in der Ausgabe 04/2019 oder Ausgabe 05/2019 ihres Amtsblattes zu veröffentlichen, hat Erfolg. Da laut dem der Antragsschrift beigefügten Hinweistext auf eine Veranstaltung am 9. Februar 2019 hingewiesen werden soll, hat die Kammer dieses Veranstaltungsdatum zugrunde gelegt.

2

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, der als Rechtsgrundlage für die begehrte Maßnahme allein in Betracht kommt, kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).

3

Die sachliche Prüfung des Anordnungsanspruches scheitert hier nicht am Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache (BVerfG, Beschluss vom 15. August 2002 - 1 BvR 1790/00 -, NJW 2002, 3691f). Zwar nimmt die gerichtliche Entscheidung im Anordnungsverfahren gemäß § 123 VwGO zwangsläufig - sowohl im Fall der Stattgabe als auch der Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes - die Hauptsache in Fällen wie dem vorliegenden vorweg. Der Verweis auf ein durchzuführendes Klageverfahren würde hier bedeuten, dass dem Antragsteller bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über eine Klage ein ihm möglicherweise zustehendes Recht über einen längeren Zeitraum vorenthalten würde. Dies hat hier insbesondere zu gelten, weil die Antragsgegnerin generell Hinweise des Antragstellers auf von ihm geplante Veranstaltungen in ihrem Amtsblatt verweigert und somit der Antragsteller bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren eine Verletzung in dem Recht auf Gleichbehandlung erfahren würde. Angesichts der im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigenden (Grund)Rechtsverletzung des Antragstellers gebietet aber Art. 19 Abs. 4 GG zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes in solchen Fällen, die sachliche Prüfung des Anordnungsanspruches nicht am Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache scheitern zu lassen.

4

Es ist der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch gegeben.

5

Nach § 14 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 4 Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz (GemO) in der Fassung vom 31. Januar 1994 (GVBl. S. 153) sind die Einwohner einer Gemeinde und ortsansässige juristische Personen und Personenvereinigungen berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen einer Gemeinde zu benutzen. Juristische Personen und Personenvereinigungen besitzen einen Anspruch aus § 14 Abs. 2 GemO grundsätzlich, wenn sie ihren Sitz in der Gemeinde haben.

6

Der Antragsteller Frauenbündnis Kandel e.V. weist nicht nur in seinem Namen einen örtlichen Bezug auf, die Vorsitzende gibt eine Adresse in Kandel an. Der Antragsteller konzentriert seine Aktivitäten anscheinend ausschließlich auf Kandel. Die geplante Veranstaltung, auf die öffentlich im Amtsblatt aufmerksam gemacht werden soll, soll wie die bisherigen Aktionen des Antragstellers im Gemeindegebiet Kandel stattfinden. Auch wenn das Thema der Veranstaltung keinen kandelspezifischen Bezug aufweist, sondern in erster Linie einen allgemeinpolitischen, so lässt sich ein örtlicher Bezug herstellen, wie z.B. auch bei der Veranstaltung des Bündnisses „Wir sind Kandel“ zu dem Thema „Frieden gestalten in Europa“ am 4. August 2018.

7

Bei dem Amtsblatt einer Gemeinde handelt es sich in Rheinland-Pfalz um eine öffentliche Einrichtung der Gemeinde. Herausgeber eines Amtsblatts kann nach § 9 der Landesverordnung zur Durchführung der Gemeindeordnung (GemODVO) vom 21. Februar 1974 (GVBl. S. 98), zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. November 2009 (GVBl. S. 379), nur eine Gemeindeverwaltung sein. Diese Regelung beruht darauf, dass es sich um ein Mitteilungsorgan für die Gemeinde und nicht für die Einwohner handelt (vgl. Manns in PdK RhPf, Stand: Dezember 2012, § 14 GemO Nr. 2.2). Nach § 9 Abs. 3 GemODVO kann ein Amtsblatt neben öffentlichen Bekanntmachungen und sonstigen amtlichen Mitteilungen (amtlicher Teil) auch kurze Nachrichten aus dem Gemeindeleben und Hinweise auf Veranstaltungen enthalten.

8

Die Gemeinde kann den Zweck einer gemeindlichen Einrichtung aufgrund ihres Selbstverwaltungsrechts aus Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 49 Abs. 3 Landesverfassung Rheinland-Pfalz (LV) bestimmen und ausgestalten. Die Gemeinde ist damit grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung, ob in ihrem Amtsblatt neben den öffentlichen (amtlichen) Bekanntmachungen in einem nichtöffentlichen Teil auch sonstige Nachrichten und Mitteilungen aus dem Gemeindeleben veröffentlicht werden sollen. Hinsichtlich der Ausgestaltung des Amtsblatts bedarf es nicht unbedingt eines Beschlusses des zuständigen Gemeindeorgans. Fehlt ein entsprechender Beschluss des zuständigen Gemeindeorgans ist die tatsächlich geübte Praxis bei der Aufnahme von nichtamtlichen Nachrichten und Hinweisen maßgebend. Hat eine Gemeinde bisher im nichtamtlichen Teil ihrer gemeindlichen Einrichtung „Amtsblatt“ örtlichen Vereinen und Organisationen die Veröffentlichung von Nachrichten und Hinweisen auf Veranstaltungen ermöglicht, so darf sie nicht einzelnen Vereinen oder Organisationen wegen deren gesellschaftlichen oder politischen Ziele, solange diese im Einklang mit den Gesetzen stehen, die Nutzung der gemeindlichen Einrichtung „Amtsblatt“ verwehren. Es sei denn, sie schränkt generell die Nutzung des Amtsblatts für nichtamtliche Nachrichten und Mitteilungen auf Veranstaltungen ein, wozu sie befugt wäre (vgl.§ 9 Abs. 3 GemODVO „kann“).

9

Bei dem Amtsblatt der Antragsgegnerin handelt es sich um kein ausschließlich amtliches Amtsblatt. Es enthält neben einem amtlichen auch einen nichtamtlichen Teil. In letzterem finden sich diverse Mitteilungen, wie kirchliche Informationen, Mitteilungen politischer Parteien und Vereinigungen, Mitteilungen von Vereinen verschiedener Sparten (z.B. Sport-, Musikvereine), aber auch von Initiativen, wie z.B. „Wir sind Kandel“ (s. online Ausgaben des Amtsblatts der Verbandsgemeinde Kandel). Des Weiteren werden gewerbliche Anzeigen veröffentlicht. Die Antragsgegnerin gibt mit ihrem Amtsblatt damit den genannten gesellschaftlichen Gruppierungen die Möglichkeit über ihre Aktivitäten in dem Amtsblatt zu berichten.

10

Können im vorliegenden Fall auch örtliche Vereine und Bürgerinitiativen im Amtsblatt der Antragsgegnerin Vereinsnachrichten und Hinweise auf Veranstaltungen veröffentlichen, so ist die Antragsgegnerin in ihrer Entscheidung, wer die öffentliche Einrichtung Amtsblatt nutzen darf, nicht frei. Es besteht nach § 14 Abs. 2 GemO grundsätzlich im Rahmen des geltenden Rechts und der geübten gemeindlichen Vergabe- bzw. Veröffentlichungspraxis ein Anspruch auf Nutzung der gemeindlichen Einrichtung. Für die Antragsgegnerin als Gemeinde bedeutet dies nach Art. 20 Abs. 3 GG, unter anderem den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten (vgl. auch § 9 Abs. 3 Satz 2 GemODVO).

11

Für die Prüfung, ob die hier in Rede stehende Handlungsweise der Antragsgegnerin den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrt, ist die Veröffentlichungspraxis der Antragsgegnerin maßgeblich. Als Maßstab sind daher bisherige - auch politisch motivierte - Veröffentlichungen im Amtsblatt der Antragsgegnerin heranzuziehen.

12

Die von dem Antragsteller vorgelegten Artikel aus einer Vielzahl von Ausgaben des Amtsblatts der Antragsgegnerin belegen Mitteilungen und Hinweise auf politische (keine parteipolitischen) Veranstaltungen. So wurden zahlreiche Mitteilungen der Aktion „Wir sind Kandel“ veröffentlicht (s. Ausgabe Nr. 1/2019; aus 2018 Nr. 50, 48, 47, 45, 39. 38, 37, 36, 30, 29, 27, 26, 24, 2 x 23, 22, 21, 20, 18, 17, 16, 12). Hierbei handelt es sich um Hinweise im Amtsblatt auf Veranstaltungen dieser Aktion im Jahr 2018, so z.B. zu der Veranstaltung „Braun werden“ in den Ausgaben Nr. 50, 48, 47, 45, „Frieden gestalten in Europa“ in der Ausgabe Nr. 30, „Wir sind Kandel - vielfältig, tolerant, offen“ in der Ausgabe Nr. 27 oder zur Themenwoche „Aktiv für die offene Gesellschaft“ vom 7. bis 16. Juni 2018 in der Ausgabe Nr. 24.

13

Angesichts dieser Veröffentlichungspraxis im Amtsblatt der Antragsgegnerin für - auch allgemeinpolitische - Veranstaltungen ist die Antragsgegnerin als an das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG nach Art. 20 Abs. 3 GG gebundener Teil der vollziehenden Gewalt verpflichtet, sich im Rahmen der Gesetze haltende Mitteilungen zumindest örtlicher Vereine in ihrem Amtsblatt zu veröffentlichen. Sie ist nicht berechtigt, hierbei nach ihr oder Dritten genehmen bzw. nicht genehmen Vereinigungen oder Veranstaltungen zu differenzieren.

14

Im Übrigen hat nach § 9 Abs. 6 GemODVO eine Gemeinde, deren Amtsblatt neben amtlichen Mitteilungen Nachrichten (Abs. 3) und Anzeigen (Abs. 4) enthält, die Bestimmungen des Landesmediengesetzes und des Wettbewerbsrechts zu beachten. Nach § 4 Abs. 3 Landesmediengesetz (LMG) vom 19. Dezember 2018, gültig ab 28. Dezember 2018, (GVBl. S. 431) unterliegt die Medienfreiheit nur den Beschränkungen, die durch das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland unmittelbar und in seinem Rahmen durch die Verfassung für Rheinland-Pfalz und durch das Landesmediengesetz zugelassen sind. Hier wäre insbesondere Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG in den Blick zu nehmen, der eine Vorzensur verbietet.

15

In der E-Mail vom 8. Januar 2019 begründete der Fachbereichsleiter Organisation und Finanzen der Antragsgegnerin die Ablehnung der Veröffentlichung des von dem Antragsteller übermittelten Artikels zu der am 8. Februar 2019 geplanten Veranstaltung damit, bei dieser Veranstaltung werde es sich anders als dargestellt nicht um einen Spaziergang, sondern eine Demonstration handeln.

16

Diese von der Antragsgegnerin gegebene Begründung rechtfertigt nicht ihre Weigerung, den Artikel zu einer Kundgebung des Antragstellers „Innere Sicherheit - Verantwortung - Sozialpolitik“ im Amtsblatt der Antragsgegnerin zu veröffentlichen. Für die Kammer ist gegenwärtig kein Grund für die Ablehnung der Antragsgegnerin, die Mitteilung des Antragsstellers zu veröffentlichen, erkennbar, der im Lichte des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 GG) die unterschiedliche Behandlung der Mitteilungen der verschiedenen Organisationen rechtfertigen könnte.

17

Handelt es sich, wie von der Antragsgegnerin in ihrer E-Mail angegeben, bei dem geplanten „Spaziergang“ um eine geplante Demonstration (Aufzug), so bedürfte es hierfür ebenso wie für die Versammlung als solcher einer Anmeldung nach dem Versammlungsgesetz; diese ist nach Angabe des Antragstellers erfolgt. Befürchtet die Antragsgegnerin, es könne dann durch die Aktion des Antragstellers die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere im Zusammenhang mit Gegendemonstrationen, nicht aufrechterhalten werden, so könnten von der zuständigen Stelle Maßnahmen nach dem Versammlungsgesetz (s. § 15 VersammlG), auch schon im Vorfeld der Veranstaltung ergriffen werden (vgl. z.B. VG Neustadt (Weinstraße) Beschluss vom 29. November 2018 - 5 L 1533/18.NW - und Beschluss vom 21. September 2018 - 5 L 1291/18.NW -, beide in juris veröffentlicht). Dies ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

18

Die Nutzung einer öffentlichen Einrichtung kann zwar nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Ausnahmefällen verweigert werden, wenn eine ernste Gefahr droht und Schäden nicht auf andere Weise abgewehrt werden können (vgl. z.B. für Überlassung einer Halle an eine Partei: BayVGH, Beschluss vom 25. Juni 1993 - 4 CE 93.1966 -, juris, Rn. 14). Für einen solchen Ausnahmefall durch die begehrte Veröffentlichung des Hinweises auf die Veranstaltung des Antragstellers unter dem Motto „Innere Sicherheit - Verantwortung - Sozialpolitik“ sind der Ablehnung der Antragsgegnerin vom 8. Januar 2019 keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Ein solch gravierender Fall liegt allein in der Veröffentlichung in dem Amtsblatt nicht vor. Sollten Auseinandersetzungen anlässlich der Veranstaltung zu erwarten sein, so ist diesen unter Umständen im Vorfeld durch Anordnung entsprechender Maßnahmen - wie bereits ausgeführt - zu begegnen. Eine Einschränkung der Nutzung des Amtsblatts durch die Antragstellerin rechtfertigt dies aber gegenwärtig nicht.

19

Da Redaktionsschluss für die Ausgabe 04/2019 um 12.00 Uhr am 21. Januar 2019 ist, war die Verpflichtung der Antragsgegnerin auf Veröffentlichung des begehrten Textes des Antragstellers alternativ auf die Ausgabe 05/2019 auszudehnen.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

21

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 Gerichtskostengesetz – GKG –. Da es sich um eine Vorwegnahme der Hauptsache handelt, war der Streitwert nicht nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 (NVwZ 2013, Beilage 58) zu reduzieren.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Versammlungsgesetz - VersammlG | § 15


(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung d

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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 29. Nov. 2018 - 5 L 1533/18.NW

bei uns veröffentlicht am 29.11.2018

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt. Gründe 1 Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widersp

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 27. November 2018 gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 27. November 2018 wiederherzustellen, soweit darin in der Nr. 1 der Auflagen für die am Samstag, dem 01. Dezember 2018, geplante Versammlung unter dem Motto „Migrationspolitik, Innere Sicherheit“ als Wegverlauf die Strecke vom Parkplatz am Bahnhofsvorplatz über Bahnhofstraße, Rheinstraße, Raiffeisenstraße, Holbeinstraße über Bahnhofstraße zurück zum Parkplatz am Bahnhofsvorplatz mit Zwischenkundgebungen an der Ecke Bahnhofstraße/Rheinstraße und Ecke Raiffeisenstraße/Holbeinstraße festgelegt wurde, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthaft und auch ansonsten zulässig. In der Sache hat der Antrag jedoch keinen Erfolg.

2

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 der Auflagen des Bescheids vom 27. November 2018 ist sowohl formell (dazu 1.) als auch materiell offensichtlich rechtmäßig (dazu 2.). Ferner besteht auch ein besonderes Vollzugsinteresse (dazu 3.).

3

1. An der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids vom 27. November 2018 bestehen keine rechtlichen Bedenken.

4

Insbesondere hat der Antragsgegner in formeller Hinsicht die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Auflagenbescheids vom 27. November 2018 ausreichend nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Hierzu hat der Antragsgegner ausgeführt, die Anordnung sei im öffentlichen Interesse geboten. Sinn und Zweck dieser beschränkenden Verfügungen sei es, Gefahren für die öffentliche Sicherheit zu vermeiden. Diese könne hier nur durch eine rechtliche Verpflichtung der sofortigen Beachtung der Auflägen erreicht werden. Würde die Versammlung den durch die Auflagen gesetzten Rahmen überschreiten, entstünde eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Zudem würde die Nichtbeachtung der Auflagen dazu führen, dass die von der Versammlung betroffenen unbeteiligten Dritten zugunsten der Rechte des Veranstalters in ihren Rechten in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigt wären. Diese Beeinträchtigung wäre durch das Recht der freien Meinungsäußerung und der Versammlungsfreiheit nicht mehr gedeckt. Es wäre zu befürchten, dass gerade die Gefahren eintreten, die durch Erteilung der Auflagen verhindert werden sollen. Damit liegt eine auf den konkreten Einzelfall abgestellte, substantiierte und nicht lediglich formelhafte Begründung des besonderen Vollzugsinteresses vor. Ob die von dem Antragsgegner angeführte Begründung inhaltlich zutreffend ist und die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen vermag, ist im Rahmen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unbeachtlich; dies ist erst bei der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vom Gericht eigenständig vorzunehmenden Interessenbewertung zu erörtern (s. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. Juli 2018 – 7 B 10698/18.OVG –).

5

2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 der Auflagen des Bescheids vom 27. November 2018 ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.

6

Für das Interesse des Betroffenen, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang. Ein überwiegendes Interesse eines Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene summarische Überprüfung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Kann aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung nicht festgestellt werden, ob der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist, so beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle des Sofortvollzuges des Verwaltungsakts auf die Durchführung einer Interessenabwägung, die je nach Fallkonstellation zugunsten des Antragstellers oder des Antragsgegners ausgehen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 2007 – 2 BvR 695/07 –, NVwZ 2007, 1176). Allerdings müssen die Verwaltungsgerichte wegen der Bedeutung des Art. 8 Abs. 1 Grundgesetz – GG – bei Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung tragen, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlungen in der beabsichtigten Form führt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2001 – 1 BvQ 13/01 –, NJW 2001, 2069).

7

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend dem öffentlichen Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen Auflage gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Nummer 1 der Auflagen des Bescheids vom 27. November 2018 der Vorrang einzuräumen. Denn es spricht Überwiegendes dafür, dass der genannte Bescheid betreffend die allein angefochtene Auflage in Nr. 1 – Verlegung der von dem Antragsteller angemeldeten Wegstrecke am 01. Dezember 2018 – rechtmäßig ist.

8

Rechtsgrundlage für die vom Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller angeordnete Wegstreckenauflage für den 01. Dezember 2018 in Kandel ist die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz – VersG –. Danach kann die zuständige Behörde – hier der Antragsgegner – eine Versammlung oder einen Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

9

2.1. Verfahrensrechtliche Bedenken gegen die Nr. 1 des Bescheids vom 27. November 2018 bestehen nicht.

10

2.1.1. Insbesondere ist der Antragsgegner nach Ansicht der Kammer dem Anhörungserfordernis nach § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i. V. m. § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – ausreichend nachgekommen.

11

Eine Anhörung war im vorliegenden Fall nicht gemäß § 1 LVwVfG i.V.m. § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG entbehrlich, da keine Gefahr im Verzug vorlag.

12

Grundsätzlich wird dem Anhörungserfordernis des § 1 LVwVfG i. V. m. § 28 Abs. 1 VwVfG mit der Durchführung eines Kooperationsgesprächs entsprochen (vgl. Thüringer OVG, Beschluss vom 09. August 1996 – 2 EO 669/96 –, NVwZ-RR 1997, 287). Vorliegend kann jedoch in dem Abhalten des Kooperationsgesprächs am 19. November 2018 keine ordnungsgemäße Anhörung gesehen werden, denn in diesem Gespräch wurde die Aufzugsstrecke abweichend von der späteren Auflage Nr. 1 vereinbart, so dass der Antragsteller gerade keine Gelegenheit hatte, sich zu der abweichenden Streckenführung zu äußern. Jedoch wies der Antragsgegner den Antragsteller mit Mail vom 22. November 2018 (s. Blatt 25 der Gerichtsakte) darauf hin, dass die Verbandsgemeinde Kandel inzwischen mitgeteilt habe, dass die Ladengeschäfte in der Hauptstraße wegen des Christkindelmarktes bis 18 Uhr geöffnet seien und hinsichtlich der besprochenen Aufzugsstrecke für den Teilabschnitt Hauptstraße kollidierende Interessen vorlägen. Die Problematik solle im Rahmen eines weiteren Kooperationsgesprächs mit dem Ziel erörtert werden, eine für alle Betroffenen tragbare und den jeweiligen Interessen gerecht werdende Lösung zu finden. Als möglichen Termin bot der Antragsgegner den 26. November 2018 an. Hierauf antwortete der Antragsteller mit Mail vom gleichen Tage (s. Blatt 26 der Gerichtsakte), er sehe für die Geschäfte in der Hauptstraße keinerlei Beeinträchtigung. Ferner könne er auch zeitlich an keinem weiteren Kooperationsgespräch teilnehmen.

13

Bei dieser Sachlage sieht die Kammer keinen Verstoß gegen das Anhörungserfordernis. Eine Anhörung ist formfrei möglich und dem Anzuhörenden kann eine unter Umständen sehr kurze Äußerungsfrist gesetzt werden. Die Behörde muss den beabsichtigten Verwaltungsakt – hier die Wegstreckenauflage – nach Art und Inhalt mit der geforderten Handlung, Duldung oder Unterlassung so konkret umschreiben, dass für den Beteiligten hinreichend klar oder erkennbar ist, weshalb und wozu er sich äußern können soll und mit welcher eingreifenden Entscheidung er zu welchem ungefähren Zeitpunkt zu rechnen hat (Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 28 Rn. 35). Dies war hier (noch) der Fall. Dem Antragsteller musste nach Erhalt der Mail vom 22. November 2018 bewusst sein, dass die beim Kooperationsgespräch am 19. November 2018 festgelegte Streckenführung in Bezug auf die Hauptstraße wegen des Weihnachtsmarktes nicht länger Bestand haben sollte. Es stand ihm frei, den neu angebotenen Termin für ein weiteres Kooperationsgespräch kurzfristig wahrzunehmen oder anderweitig darauf zu reagieren. Hiervon machte er Gebrauch, indem er sich dahingehend äußerte, er sehe für die benannten Geschäfte in der Hauptstraße keinerlei Beeinträchtigung. Damit kam er vor der Entscheidung, die seine Rechte betraf, zu Wort, um Einfluss auf das Verfahren und dessen Ergebnis nehmen zu können (vgl. Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 28 Rn. 37). Der Antragsgegner hat sich mit den Einwänden des Antragstellers inhaltlich auch in der Begründung des Bescheids vom 27. November 2018 auseinandergesetzt.

14

2.1.2. Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt auch kein Verstoß gegen das Begründungserfordernis des § 1 LVwVfG i.V.m. § 39 Abs. 1 VwVfG vor. Danach ist ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

15

Der Antragsteller moniert, der Antragsgegner habe die Einschränkung der Zugstrecke nicht ausreichend begründet, da er keine Fakten angeführt habe, sondern den Begründungszwang mit nicht nachprüfbaren Behauptungen umgehe. Damit kann der Antragsteller jedoch nicht durchdringen.

16

Für die Beachtung des § 39 Abs. 1 VwVfG kommt es nicht darauf an, ob die gegebene Begründung inhaltlich zutreffend oder unzutreffend ist. Die Frage nach der sachlichen Richtigkeit der für die Behörde maßgebenden Gründe für den Erlass des Verwaltungsakts ist von der Begründungspflicht i. S. d. § 39 Abs. 1 streng zu unterscheiden, denn die sachliche Richtigkeit der gegebenen Begründung betrifft nicht die Form- bzw. die Verfahrensfehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts, sondern – allenfalls – seine materielle Rechtmäßigkeit (Ruffert, in: Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2014, § 39 Rn. 22). Ausgehend hiervon liegt ein Verstoß gegen § 39 Abs. 1 VwVfG, der zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts aus formellen Gründen führt, nur vor, wenn eine Begründung des streitgegenständlichen Verwaltungsakts gänzlich fehlt oder mangelhaft, weil i. S. v. § 39 Abs. 1 Satz 2 u. 3 VwVfG unzureichend oder unvollständig, ist. Davon kann vorliegend keine Rede sein, denn der Antragsgegner hat die Auflage Nr. 1 in dem Bescheid vom 27. November 2018 ausführlich begründet. Ob diese Begründung nur nicht nachprüfbaren Behauptungen enthält, wie der Antragsteller meint, und die Streckenverlegung daher nicht rechtfertigt, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Auflage.

17

2.2. In materieller Hinsicht spricht Überwiegendes dafür, dass die hier allein angefochtene und auf § 15 VersG gestützte Auflage in Nr. 1 des Bescheids vom 27. November 2018 rechtmäßig ist.

18

2.2.1. Das Recht des Bürgers, durch Ausübung der Versammlungsfreiheit aktiv am politischen Meinungsbildungsprozess und Willensbildungsprozess teilzunehmen, gehört zu den unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. April 2018 – 7 B 10441/18.OVG –). Angesichts der Bedeutung von Art. 8 Abs. 1 GG sind Verbote i.S.d. § 15 Abs. 1 VersG daher nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und nur bei einer unmittelbaren Gefährdung dieser Rechtsgüter zulässig. Das Ermessen der Versammlungsbehörde ist daher grundrechtlich gebunden. Die Versammlungsfreiheit hat nur dann zurückzutreten, wenn eine Abwägung unter Berücksichtigung der Bedeutung des Freiheitsrechts ergibt, dass dies zum Schutz anderer, mindestens gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist. Dabei umfasst der Begriff der öffentlichen Sicherheit den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. September 2011 – 7 B 11118/11.OVG – m.w.N.). Von einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist dann auszugehen, wenn der drohende Schadenseintritt so nahe ist, dass er jederzeit, unter Umständen sofort, eintreten kann (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 03. Juli 2017 – 4 Bs 142/17 –, juris; Wache, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand Juli 2018, § 15 VersG Rn. 5 und 7). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde beim Erlass von einschränkenden Verfügungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Erforderlich sind daher zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung erkennbare konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte, aus denen sich die unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ergibt; bloße Vermutungen reichen nicht aus (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. September 2018 – 15 B 1405/18 –, juris m.w.N.).

19

Beschränkungen der Versammlungsfreiheit unterhalb der Schwelle eines Versammlungsverbots zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und auch für die öffentliche Ordnung sind verfassungsrechtlich unbedenklich, vorausgesetzt, dass diese nicht aus dem Inhalt der Äußerungen, sondern aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung folgen. Zur Art und Weise der Durchführung einer Versammlung können unter anderem die Wahl von Zeit und Ort zählen (s. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Dezember 2012 – 7 A 10821/12.OVG –, esovg, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BVerfG). Geht es – wie vorliegend – um die versammlungsbehördliche Verlegung der Versammlung von dem angemeldeten an einen anderen Ort, so ist zu berücksichtigen, dass von dem Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters nach Art. 8 Abs. 1 GG prinzipiell auch die Auswahl des Orts und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung umfasst ist. Die Wahl von Ort und Streckenverlauf einer Versammlung bzw. eines Aufzuges stellen nämlich genauso einen Teil der Grundrechtsausübung dar wie die Wahl des Versammlungsthemas (vgl. Peters, LKV 2016, 193, 196 m.w.N.). Die Bürger sollen damit selbst entscheiden können, wo sie ihr Anliegen – auch mit Blick auf Bezüge zu bestimmten Orten oder Einrichtungen – am Wirksamsten zur Geltung bringen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2015 – 1 BvQ 25/15 –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Dezember 2016 – 15 B 1500/16 –, juris). Bekommt der Veranstalter einer Versammlung von der Versammlungsbehörde eine Versammlung verordnet, die er weder gewollt noch angemeldet hat, so wird die Gestaltungsfreiheit des Veranstalters im Kern getroffen. Kann der Veranstalter seine Versammlung nicht wiedererkennen, sind Auflagen unverhältnismäßig. Insoweit sind Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung eben keine beliebigen Größen. Insbesondere die Wahl von Zeitpunkt und Ort der Versammlung geht oft mit ihrer zentralen Aussage eine untrennbare Wirkungseinheit dergestalt ein, dass z.B. die Verlegung des Ortes der Versammlung ihren Zweck nimmt und deshalb die Auflage zum Verbot wird (Kniesel/Poscher, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 6. Auflage 2018, Rn. K 371).

20

Hiervon ausgehend dürften die Voraussetzungen für den Erlass der angefochtenen Auflage gegeben sein.

21

2.2.2. Die von dem Antragsgegner angeordnete Wegstreckenauflage kommt zunächst keinem Versammlungsverbot gleich.

22

Der Antragsteller hatte am 04. März 2018 u.a. eine Demonstration für den 01. Dezember 2018 angemeldet und per Mail vom 07. November 2018 den gewünschten Wegstreckenverlauf wie folgt angegeben: Auftakt und Ende auf dem Bahnhofsvorplatz in Kandel, dazwischen Fußmarsch über die Bismarckstraße, Hauptstraße, Raiffeisenstraße, Bahnhofstraße und Georg-Todt-Straße mit Zwischenkundgebungen. Diese Strecke ist knapp 1.800 m lang (s. die Skizze auf Blatt 104 der Gerichtsakte). Im Kooperationsgespräch vom 19. November 2018 wurde genau diese Strecke vereinbart und ergänzend die Orte für die Zwischenkundgebungen auf die Ecke Bismarckstraße/Hauptstraße und die Ecke Raiffeisenstraße/Holbeinstraße festgelegt. Demgegenüber verläuft nunmehr die abweichende von dem Antragsgegner in der Auflage angeordnete Strecke vom Parkplatz am Bahnhofsvorplatz über die Bahnhofstraße, Rheinstraße, Raiffeisenstraße, Holbeinstraße und Bahnhofstraße zurück zum Parkplatz am Bahnhofsvorplatz mit Zwischenkundgebungen an der Ecke Bahnhofstraße/Rheinstraße und der Ecke Raiffeisenstraße/Holbeinstraße. Diese Strecke ist etwas mehr als 1.400 m lang (s. die Skizze auf Blatt 105 der Gerichtsakte) und damit zwar um etwa 20 % kürzer als die vom Antragsteller geplante Strecke. Jedoch hindert die hier allein angegriffene Auflage den Antragsteller nicht, die geplante Versammlung unter dem vorgesehenen Motto im Zentrum Kandels zur selben Zeit durchzuführen und zwar als Aufzug mit Beginn und Abschlusskundgebung am ursprünglich geplanten Bahnhofsvorplatz. Erfasst sind lediglich Modalitäten der Versammlungsdurchführung in örtlicher Hinsicht. Diese sind nicht so wesentlich, dass die Auflage faktisch einem Verbot gleichkommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2005 – 1 BvR 961/05 –, DVBl 2005, 969; Bay. VGH, Beschluss vom 08. November 2005 – 24 CS 05.2916 –, BayVBl 2006, 185).

23

2.2.3. Die vom Antragsgegner zur Begründung seiner versammlungsbeschränkenden Verfügung angegebenen Umstände sind nach summarischer Prüfung geeignet, die Annahme der erforderlichen unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu begründen.

24

2.2.3.1. Anlass für die Wegstreckenauflage des Antragsgegners ist der Umstand, dass am 01. Dezember 2018 der Kandeler Weihnachtsmarkt eröffnet wird, der an den vier Adventswochenenden samstags von 14.00 - 21.00 Uhr und sonntags von 12.00 - 21.00 Uhr auf dem Plätzel, rund um die St. Georgskirche sowie auf dem angrenzenden Marktplatz stattfindet (s. https://www.vg-kandel.de/vg_kandel/Tourismus%20&%20Freizeit/M%C3%A4rkte%20&%20Events/M%C3%A4rkte%20Kandel/Christkindelmarkt/, abgerufen am 29. November 2018). Der Antragsgegner hat die Verlegung der Aufzugsstrecke unter Verweis auf den Weihnachtsmarkt damit begründet, im Rahmen der praktischen Konkordanz sei den ebenso geschützten Grundrechten der Besucher des Weihnachtsmarktes und der Gewerbetreibenden in der Hauptstraße – diese halten ihre Geschäfte am 01. Dezember 2018 und den weiteren Samstagen in der Adventszeit bis um 18 Uhr offen – aus Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 12 GG und Art. 14 GG gegenüber dem Recht des Antragstellers aus Art. 8 GG auf Selbstbestimmung des Versammlungsortes bzw. der Aufzugsstrecke in der Weihnachtszeit Vorrang einzuräumen. Während der Weihnachtsmarktwochenenden bestehe insofern eine erhöhte Schutzwürdigkeit der benannten Rechtsgüter, da - zusätzlich zum täglichen innerstädtischen Leben - der Kandeler Christkindelmarkt mit 56 Ständen auf dem Marktplatz sowie „Am Plätzel“ und damit zentral in der Innenstadt von Kandel stattfinde. Nach Schätzung des Vereins Handel und Gewerbe in Kandel müsse davon ausgegangen werden, dass während der Hauptgeschäftszeiten von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr im Zusammenhang mit dem Christkindelmarktbesuch im Durchschnitt 650 Besucher im Rhythmus von 2 Stunden den Markt bzw. die Hauptstraße besuchten. Die Weihnachtsmarktbesucher nähmen den verkaufsoffenen Samstag vor allem auch auf Grund der räumlichen Nähe der Hauptstraße zum Weihnachtsmarkt auf dem Marktplatz als eine Einheit wahr. Angesichts des für die 9000-Einwohner-Stadt Kandel hohen Besucheraufkommens sei auch auf die Bedeutung von ungehinderten Zu- und Ausgängen zur Innenstadt nach allen Seiten, insbesondere an einem so stark frequentierten Zugangspunkt durch den hohen Ziel- und Quellverkehr auf der Hauptstraße hinzuweisen. Die Tatsache, dass der Aufzug lediglich innerhalb eines kleinen, überschaubaren Zeitfensters stattfinde, ändere daran nichts. Denn der Aufzug sei in Verbindung mit den sonstigen Einschränkungen in Gestalt von Absperrungen, Halte- und Parkverboten geeignet, den Durchschnittsweihnachtsmarktbesucher und Kunden dazu zu bewegen, die Stadt Kandel zu meiden. Schließlich hat der Antragsgegner den Umstand gewürdigt, dass seit dem 02. Januar 2018 bereits 16 von dem Antragsteller angemeldete Versammlungen größtenteils im unmittelbaren Innenstadtbereich um den Marktplatz und die Marktstraße unter zumindest teilweiser Nutzung der Hauptstraße stattgefunden hätten.

25

Ergänzend hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderungsschrift vom 29. November 2018 unter Bezugnahme auf Angaben der Verbandsgemeinde Kandel vom 28. November 2018 und unter Vorlage des Handlungsplans (s. Blatt 103 der Gerichtsakte) noch ausgeführt, dass die vom Antragsteller vorgesehene Wegstreckenführung durch die Hauptstraße nicht mit dem im Jahre 2016 eingeführten Sicherheitskonzept der Stadt Kandel für den Weihnachtsmarkt vereinbar sei. In der diesbezüglichen Mail der Verbandsgemeinde Kandel vom 28. November 2018 heißt es, in dem Sicherheitskonzept sei der Weihnachtsmarkt in drei Zonen aufgeteilt worden, in denen Rettungsgassen festgelegt worden seien. Die Landauer Straße und die Hauptstraße seien der Anfahrtsweg für die Feuerwehren und die Katastrophenschutzeinheiten. Die Innenstadt werde im Einsatzfall für den Verkehr gesperrt, damit die Hauptstraße als Aktions- und Bewegungsfläche der Rettungskräfte und für den Abtransport der Verletzten uneingeschränkt zur Verfügung stehe. Die Rettungskräfte transportierten unverzüglich die Verletzten über die Hauptstraße ab, da dies der schnellste Weg in Richtung der Kliniken in Germersheim und in Karlsruhe sei. Dieses Sicherheitskonzept liege allen beteiligten Hilfsorganisationen vor und werde im Alarmfall abgerufen. Aus Sicht der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes sei es unbedingt notwendig, die Hauptstraße als Hauptrettungsweg freizuhalten, damit eine gezielte und sofortige Hilfe geleistet werden könne.

26

2.2.3.2. Die von dem Antragsgegner angegebenen Gründe dürften nach summarischer Prüfung in der Sache die Verlegung der Wegstrecke rechtfertigen.

27

Zunächst geht die Kammer davon aus, dass die in der Antragserwiderungsschrift vom 29. November 2018 ausführlich dargelegten Sicherheitsbedenken vorliegend Berücksichtigung finden können. Zwar lässt der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 VersG mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) Beschränkungen (oder ein Verbot) einer Versammlung nur für den Fall zu, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung „nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen“ bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2010 – 1 BvR 2636/04 –, NVwZ-RR 2010, 625). Dadurch ist klargestellt, dass Grundlage der Gefahrenprognose und damit der Entscheidung der Versammlungsbehörde nur zum Zeitpunkt der behördlichen Verfügung erkennbare tatsächliche Anhaltspunkte sein können. Demgemäß kommt es für die Rechtmäßigkeit der Gefahrenprognose auf die zu diesem Zeitpunkt der Versammlungsbehörde zur Verfügung stehenden Erkenntnisse an (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – 10 B 17.1996 –, juris). Die Umstände sind erkennbar, wenn sie entweder offen zu Tage treten oder sie der Versammlungsbehörde nach den von ihr zu fordernden Bemühung um Sachaufklärung zu Verfügung stehen (Dürig-Friedl, in: Dürig-Friedl/Enders, Versammlungsrecht, 1. Auflage 2016, § 15 VersG Rn. 60). Im letzteren Fall ist es mit Blick auf die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 VersG gebotene Ausübung pflichtgemäßen Ermessens daher grundsätzlich nicht zulässig, wenn die Versammlungsbehörde die von ihr diesbezüglich zu fordernden Bemühungen um Sachaufklärung nicht zum Zeitpunkt ihrer Verfügung, sondern erst nachträglich im Verwaltungsstreitverfahren unternimmt (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – 10 B 17.1996 –, juris). Bei einer nachträglichen Änderung der Sachlage nach Erlass des Verwaltungsaktes ist auf der Grundlage der aktuellen erkennbaren Umstände und Erkenntnisse vielmehr gegebenenfalls eine neue Entscheidung zu treffen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. September 2016 – 7 A 11077/15 –, juris; Dürig-Friedl, in: Dürig-Friedl/Enders, a.a.O., § 15 VersG Rn. 60).

28

Bei den von dem Antragsgegner in der Antragserwiderungsschrift vom 29. November 2018 geäußerten Sicherheitsbedenken dürfte es sich jedoch nicht um neue Erkenntnisse handeln. Denn bereits im Bescheid vom 27. November 2018 hat der Antragsgegner auf die Bedeutung von ungehinderten Zu- und Ausgängen zur Innenstadt nach allen Seiten, insbesondere an einem so stark frequentierten Zugangspunkt durch den hohen Ziel- und Quellverkehr auf der Hauptstraße hingewiesen. Jedenfalls hält es die Kammer für angezeigt, die nunmehr von der Antragsgegnerin ins Verfahren eingeführten Sicherheitsbedenken entsprechend den in der Rechtsprechung nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht gebildeten Grundsätzen zuzulassen (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – 10 B 17.1996 –, juris). Denn sie lagen schon bei Erlass der Auflage vor, veränderten diese nicht in ihrem Wesen und der Antragsteller wurde nicht wesentlich in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt. Auch sind die geäußerten Sicherheitsbedenken schlüssig und nachvollziehbar. Der vom Antragsteller geplante Wegverlauf würde an der Ecke Bismarckstraße/Hauptstraße vorbeiführen und damit weniger als 100 m von den ersten Ständen des Weihnachtsmarktes entfernt. Den Weihnachtsmarkt und die Geschäfte in der Hauptstraße besuchen nach den auf Erfahrungen aus den letzten Jahren beruhenden Schätzungen der Verbandsgemeinde Kandel während der Hauptgeschäftszeiten im Durchschnitt etwa 650 Besucher im Rhythmus von zwei Stunden. Das Sicherheitskonzept sieht vor, dass die Landauer Straße und die Hauptstraße als Anfahrtsweg für die Feuerwehren und die Katastrophenschutzeinheiten dienen. Im Einsatzfall wird die Hauptstraße als Aktions- und Bewegungsfläche der Rettungskräfte und für den Abtransport der Verletzten benötigt.

29

Diese Gegebenheiten sprechen nicht dafür, dass für den Moment, in dem die Versammlung des Antragstellers durch die Hauptstraße laufen würde – das wären etwas mehr als 270 m – ein bloßes Nebeneinander der Straßenbenutzung durch Versammlungsteilnehmer und Weihnachtsmarktbesuchern bzw. Geschäftskunden unter Sicherheitsgesichtspunkten akzeptabel wäre (vgl. auch VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 25. Juni 2015 – 5 L 546/15.NW – zur Verlegung der Wegstrecke einer Versammlung im Zuge der Veranstaltung des Rheinland-Pfalz-Tages 2015 im Ramstein). Vielmehr ist von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bei Durchführung der Versammlung in der Hauptstraße auszugehen.

30

Die Besucher des Weihnachtsmarktes in Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) werden vom Schutzgut der öffentlichen Sicherheit erfasst. Zwar ist der Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses (Erforderlichkeit des Einsatzes der Rettungskräfte) ungewiss, mit ihm muss aber angesichts der heute drohenden Gefahren bei größeren Veranstaltungen jederzeit gerechnet werden. Mithin besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch in dem Zeitraum, in dem die Versammlung des Antragstellers durch die Hauptstraße führen würde, zu jedem Zeitpunkt.

31

Zwischen der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und der Durchführung der Versammlung ist auch ein hinreichend bestimmter Kausalzusammenhang gegeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 1998 – 1 BvR 2311/94 –, juris). Dies folgt daraus, dass wegen des starken Andrangs von Besuchern des Weihnachtsmarktes und Kunden der Geschäfte in der Hauptstraße auf der einen Seite und der besonderen Störanfälligkeit sowie des intensivierten Kollisionspotenzials der nicht gegenüber der Umwelt abgeschlossenen Versammlung des Antragstellers auf der anderen Seite ein höheres, weniger beherrschbares Gefahrenpotenzial angenommen werden muss (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 –, NJW 2011, 1201; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. September 2016 – 7 A 11077/15 –, juris). Wenn der Antragsgegner vor diesem Hintergrund den Bereich der Hauptstraße, den der Antragsteller für die Durchführung seiner Versammlung in Anspruch nehmen will, nicht akzeptiert, so ist das nicht zu beanstanden.

32

2.2.3.3. Ungeachtet dessen dürften auch die weiteren von dem Antragsgegner bereits im Bescheid vom 27. November 2018 vorgebrachten Gründe die Verlegung der Wegstrecke rechtfertigen. Es bestehen keine rechtlich durchgreifenden Bedenken gegen die Entscheidung des Antragsgegners, im Rahmen der praktischen Konkordanz den Rechtsgütern der Weihnachtsmarktbesucher und der Geschäftsinhaber in der Hauptstraße gegenüber dem Recht des Antragstellers aus Art. 8 GG auf Selbstbestimmung des Versammlungsortes in der Weihnachtszeit den Vorrang zu geben.

33

2.2.3.4. Das Grundrecht des Art. 8 GG kann eine zulässige Einschränkung auch dann erfahren, wenn es zu einer Kollision mit anderen Rechtsgütern kommt. Dies ist etwa dann denkbar, wenn dem Recht auf Ausübung der Versammlungsfreiheit anderweitige Grundrechte Rechte Dritter gegenüberstehen (Peters, LKV 2016, 193, 196). Darunter fallen etwa die grundrechtlich geschützten Rechte Dritter wie z.B. das Recht auf Ausübung der Religionsfreiheit (Art. 4 GG; s. dazu VG Münster, Beschluss vom 09. Mai 2018 – 1 L 507/18 –, juris zum Ausschluss von stationären Kundgebungen anlässlich der Durchführung eines Katholikentages), die Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), Berufsfreiheit (Art. 12 GG) oder das Eigentumsrecht (Art. 14 GG). Die Behörde hat im Regelfall lediglich zu prüfen, ob durch die Wahl des konkreten Versammlungsorts Rechte anderer oder sonstige verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter der Allgemeinheit beeinträchtigt werden. Wird den gegenläufigen Interessen Dritter oder der Allgemeinheit bei der Planung der angemeldeten Versammlung nicht hinreichend Rechnung getragen, kommen versammlungsrechtliche Auflagen in Betracht, um eine praktische Konkordanz beim Rechtsgüterschutz herzustellen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. September 2018 – 15 B 1405/18 –, juris; VG Münster, Beschluss vom 09. Mai 2018 – 1 L 507/18 –, juris). Dem Veranstalter steht hierbei kein Bestimmungsrecht darüber zu, mit welchem Gewicht die Rechtsgüter in die Abwägung einzubringen sind und wie die Interessenkollision rechtlich bewältigt werden kann. Es obliegt der Behörde, einerseits die Rechte und Pflichten der Versammlungsteilnehmer zu konkretisieren, andererseits aber auch das Maß dessen zu bestimmen, was Drittbetroffenen infolge der Durchführung der Versammlung an Einschränkungen zugemutet werden muss und welche Beeinträchtigungen sie als Träger kollidierender Rechtsgüter hinzunehmen haben und welche nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. November 2001 – 1 BvQ 9/01 –, juris; VG Leipzig, Beschluss vom 26. November 2015 – 1 L 1384/15 –; Hoffmann-Riem, NVwZ 2002, 257, 264). Hieraus ergibt sich zugleich, dass es nicht um eine Maßnahme gegen einen Störer oder Nichtstörer geht, sondern um einen Ausgleich der gegenläufigen und prinzipiell gleichgewichtigen Interessen der Versammlung und etwaiger entgegenstehender Rechtsgüter.

34

2.2.3.5. Gemessen an diesen Maßstäben ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der geplanten Versammlung des Antragstellers am 01. Dezember 2018 nicht um ein einmaliges Ereignis handelt, sondern der Antragsteller seit Januar 2018 bisher insgesamt 16mal überwiegend samstags eine Versammlung durchgeführt hat. An 12 Versammlungstagen (Samstage und sonstige Wochentage) führten die Versammlungen bzw. Aufzüge zu kurzfristigen oder vollständigen Sperrungen der Hauptstraße (s. die Aufstellung des Antragsgegners auf Blatt 76 der Gerichtsakte). Für das Jahr 2019 hat der Antragsteller ebenfalls mit Ausnahme des 05. Januar 2019 für jeden ersten Samstag im Monat eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel in Kandel angemeldet, deren Aufzug laut Anmeldung wiederum jeweils über die Hauptstraße führen soll. Die bisherigen Versammlungen im Jahre 2018 führten meistens zu zahlreichen Gegenversammlungen. Ausweislich des Artikels „178 Strafanzeigen bei Demonstrationen in Kandel“ in der Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ vom 22. November 2018 gab es im Zusammenhang mit den Demonstrationen in Kandel, zu denen es nach dem gewaltsamen Tod der 15-jährigen Schülerin Mia kam, 178 Strafanzeigen gegen Teilnehmer. Insgesamt waren es an 17 Tagen 39 Kundgebungen mit rund 13.700 Demonstranten sowohl des rechten als auch des linken Spektrums.

35

Die aufgezählten Versammlungen waren auch jeweils mit erheblichen Einschränkungen Dritter verbunden. Dies sowohl im Hinblick auf die Bewegungsfreiheit, erheblichen Einschränkungen im Straßenverkehr und öffentlichen Verkehr, als auch mit Geschäftseinbußen von Händlern, Restaurantbesitzern usw. im Innenstadtbereich von Kandel. Nach Angaben des Innenministeriums Rheinland-Pfalz leistete die Polizei aufgrund der Ereignisse in Kandel etwa 41.000 Einsatzstunden (s. den bereits zitierten Artikel aus der Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ vom 22. November 2018).

36

Der Antragsgegner hat in der Begründung des Auflagenbescheids schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass am Samstag, dem 01. Dezember 2018 wegen des Weihnachtsmarktes hinsichtlich des vom Antragsteller angemeldeten Termins insofern eine erhöhte Schutzwürdigkeit der oben benannten Rechtsgüter besteht, da – zusätzlich zum täglichen innerstädtischen Leben – der Kandeler Weihnachtsmarkt mit 56 Ständen auf dem Marktplatz sowie „Am Plätzel“ und damit im näheren Umkreis der Hauptstraße stattfindet. Der Antragsgegner hat angegeben, nach Schätzung des Vereins Handel und Gewerbe in Kandel müsse davon ausgegangen werden, dass während der Hauptgeschäftszeiten von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr im Zusammenhang mit dem Christkindelmarktbesuch im Durchschnitt 650 Besucher im Rhythmus von 2 Stunden den Markt bzw. die Hauptstraße besuchten. Die in Rede stehenden Rechtsgüter Dritter, vorliegend insbesondere das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), das Recht auf Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 GG) sowie der Verkehr würden gerade im Verlauf des Weihnachtsmarktes in einer nicht zu gerechtfertigten Art und Weise beeinträchtigt werden.

37

Die Kammer teilt die Auffassung des Antragsgegners, dass die genannten Beeinträchtigungen nicht nur eine nicht hinzunehmende „Lästigkeit“ darstellen, sondern eine erhebliche Beeinträchtigung und Einschränkung unbeteiligter Dritter. Deren Rechte sind in der Interessenabwägung ebenfalls zu berücksichtigen. Dabei wurde seitens des Antragsgegners angesichts des erhöhten Besucheraufkommens in der Kleinstadt Kandel insbesondere auch auf die Bedeutung von ungehinderten Zu- und Ausgängen zur Innenstadt nach allen Seiten, insbesondere an einem stark frequentierten Zugangspunkt durch den hohen Ziel- und Quellverkehr auf der Hauptstraße hingewiesen.

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Angesichts des nach wie vor aufgeheizten Klimas anlässlich der seit Monaten in Kandel stattfindenden Demonstrationen sowohl des rechten als auch des linken Spektrums (s. Beschluss der Kammer vom 05. Oktober 2018 – 5 L 1338/18.NW –, juris; vgl. auch Süddeutsche Zeitung vom 07. Oktober 2018 „Stimmung bei Demonstrationen in Kandel aufgeheizt“, abgerufen am 29. November 2018 unter https://www.sueddeutsche.de/news/politik/demonstrationen---kandel-stimmung-bei-demonstrationen-in-kandel-aufgeheizt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-181006-99-258787) hat die Kammer keine rechtlich durchgreifenden Bedenken, dass der Antragsgegner unmittelbaren Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gerade am Samstag, dem 01. Dezember 2018, an dem in der Innenstadt wegen des Beginns der Adventzeit und der Eröffnung des Weihnachtsmarktes mit weit mehr Personen als sonst üblich gerechnet werden muss, vorbeugend mittels einschränkenden Verfügungen, zu denen für den Samstag, den 01. Dezember 2018 insbesondere eine Wegstreckenänderung der von dem Antragsteller angemeldeten Versammlung gehört, begegnet. Die von dem Antragsgegner gewählte Wegstreckenänderung wird nach Auffassung der Kammer einerseits dem Interesse des Antragstellers an einer möglichst wirksamen Durchsetzung seines Grundrechts aus Art. 8 Abs. 1 GG und andererseits auch den Interessen der Weihnachtsmarktbesucher und der Geschäftsinhaber in der Hauptstraße gerecht.

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Es ist allgemein bekannt, dass die Weihnachtszeit gerade für den stationären Handel die wichtigste und umsatzstärkste Zeit im Jahr ist (s. nur https://www.handelsdaten.de/handelsthemen/weihnachten, abgerufen am 29. November 2018). Sowohl die Geschäftsinhaber in der Hauptstraße als auch die Händler auf dem Weihnachtsmarkt sind auf Kunden angewiesen; für so manchen dieser Händler stellt die vierwöchige Zeit auf dem Weihnachtsmarkt die maßgebliche Einnahmequelle im Jahr dar. Insofern sind gerade diese Händler auf Kundschaft an jedem Tag, mithin auch am Samstag, dem 01. Dezember 2018, angewiesen (vgl. VG Leipzig, Beschluss vom 26. November 2015 – 1 L 1384/15 –). Besonders fällt ins Gewicht, dass an diesem Tag der Weihnachtsmarkt eröffnet wird, weshalb die Geschäfte in der Hauptstraße ihre Läden – ebenso wie an den weiteren Adventssamstagen – abweichend von ihren sonstigen Öffnungszeiten – bis 18 Uhr offenhalten.

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Aus dem Umstand, dass der Antragsgegner bzw. die Vertreter der Verbandsgemeinde Kandel beim Kooperationsgespräch am 19. November 2018 keine Bedenken gegen die vom Antragsteller ausgewählte Streckenführung geäußert hatten, kann der Antragsteller nichts zu seinen Gunsten herleiten. Denn maßgebend ist alleine, ob die Wegstreckenänderung materiell-rechtlich zu beanstanden ist.

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Mit der Verlegung der Wegstrecke einschließlich der dadurch notwendig werdenden Änderung des Ortes für die Zwischenkundgebung von der Ecke Bismarckstraße/Hauptstraße in Ecke Bahnhofstraße/Rheinstraße wird die Versammlungsfreiheit des Antragstellers aus Art. 8 Abs. 1 GG nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Der Antragsgegner hat die Versammlung nicht verboten, sondern als milderes Mittel eine den Versammlungsort modifizierende Auflage gewählt. Der Antragsteller ist für sein mit der Anmeldung zum Ausdruck gebrachtes Anliegen – Migrationspolitik, Innere Sicherheit – nicht zwingend auf den 270 m langen Streckenabschnitt in der Hauptstraße angewiesen. Die Veranstaltung findet nach wie vor im Bereich der Kandeler Innenstadt statt. Eine wesentliche Veränderung des Ablaufs oder des Inhalts der Versammlung ist mit der Auflage nicht verbunden. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sowohl die Bahnhofstraße als auch die Rheinstraße ebenfalls Hauptverkehrsstraßen und als solche dicht besiedelt sind, so dass der Aufzug des Antragstellers von Passanten genauso gut wahrgenommen werden kann wie in der Hauptstraße. Vor dem Hintergrund der Häufung an Versammlungen des Antragstellers im Jahre 2018 und bereits für das Jahr 2019 angekündigten Demonstrationen hat sein Recht auf Versammlungsfreiheit vorliegend zumindest für die Zeit des Weihnachtsmarktes gegenüber den Grundrechten Dritter zurückzutreten.

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3. Bestehen daher im Ergebnis keine rechtlich durchgreifenden Bedenken gegen die streitgegenständliche Entscheidung des Antragsgegners, so ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner dem öffentlichen Interesse an der Wegstreckenverlegung höheres Gewicht eingeräumt hat als dem Interesse des Antragstellers an der Abhaltung seiner Versammlung an exakt den von ihm gewählten Orten.

Ohne die sofortige Vollziehbarkeit könnte aufgrund der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs die Versammlung wie angemeldet durchgeführt werden, da eine rechtskräftige Entscheidung über den Rechtsbehelf des Antragstellers bis zum Abschluss der Veranstaltung ausgeschlossen ist. Damit könnte den Gefahren für die öffentliche Sicherheit nicht wirksam begegnet werden, deren Abwehr der voraussichtlich rechtmäßige Bescheid vom 27. November 2018 dient.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Wertfestsetzung richtet sich nach §§ 53 Abs. 2 i. V. m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG –. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist bei versammlungsrechtlichen Auflagen wegen Vorwegnahme der Hauptsache regelmäßig kein Abschlag gegenüber dem im Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwert vorzunehmen (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. Februar 2014 – 7 E 10074/14.OVG; Beschluss vom 09. Oktober 2012 – 7 E 11034/12.OVG –).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.