Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 04. Nov. 2015 - 1 K 564/15.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2015:1104.1K564.15.NW.0A
bei uns veröffentlicht am04.11.2015

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Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 1.9.2014, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.6.2015, wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen einmaligen Beitrag für den Ausbau der Straßenentwässerung der Straße „A.“. Sie ist Eigentümerin des unbebauten Grundstücks mit der Flurstücksnummer X. Dieses liegt im Bereich "A.", der nördlich der A6 und im Wesentlichen westlich der L… gelegen ist.

2

Ausweislich einer Kanalbefahrung wies der Mischwasserkanal im Bereich der Straße „A.“ Risse, Scherbenbildung und einen Rohrbruch auf. Die ausgebaute Verkehrsanlage zweigt in nördlicher Richtung von der L… ("A. Straße") ab. Nach ca. 60 m knickt sie rechtwinklig nach Westen ab, wo sie nach weiteren ca. 200 m in die K… ("...") einmündet. In der Zeit von 2010 bis 2012 führte die Beklagte im Straßenbereich eine Kanalsanierung durch. Ein darüber hinaus gehender Straßenausbau war nicht vorgesehen.

3

Der Gemeindeanteil wurde von dem Stadtrat der Beklagten am 24.2.2014 mit 30 v.H. festgelegt. Den umlagefähigen Aufwand bestimmte die Beklagte, indem sie die Gesamtkosten der Kanalerneuerung um 40% für den auf das Schmutzwasser entfallenden Kostenanteil verringerte. Von den verbleibenden 60% der Gesamtkosten brachte sie 35% als beitragsfähigen Aufwand im Bereich der Straßenentwässerung in Ansatz (83.324,13 €). Hinzukamen 6.964,33 € Planungs- und Bauleitungskosten. Die Fahrbahnfläche setze sie mit 70%, die Gehwegfläche mit 30% der Gesamtfläche der ausgebauten Verkehrsanlage an.

4

Mit Bescheid vom 1.9.2014 setzte die Beklagte zu Lasten der Klägerin einen einmaligen Gesamtbeitrag in Höhe von 367,78 € für den Ausbau der Straßenentwässerung der Verkehrsanlage „A.“ fest. Als beitragspflichtige Fläche ermittelte sie (unter Beachtung einer Grundstücksfläche von 100 qm sowie eines Vollgeschosszuschlags von 20 v.H.) mit 120 qm. Weiter legte sie für den Fahrbahnbereich einen Investitionsaufwand von 44.241,35 € - nach Abzug eines 30 v.H. Gemeindeanteils - sowie eine Gesamtverteilungsfläche von 21.492 qm zugrunde, woraus sie einen Beitragssatz von 2,058503 €/qm errechnete. Der anteilige Beitrag für die Fahrbahn belief sich damit auf 247,02 €. Im Gehwegbereich legte die Beklagte - nach Abzug eines Gemeindeanteils von 30 v.H. - einen Investitionsaufwand von 18.960,58 €, eine Gesamtverteilungsfläche von 18.841 qm und daraus resultierend einen Beitragssatz von 1,006347 €/qm zugrunde. Für den Gehweg errechnete sie einen anteiligen Beitrag in Höhe von 120,76 €.

5

Die Klägerin erhob Widerspruch gegen den Bescheid und trug vor: Es sei zu beachten, dass viele Betroffene mit erheblichen Beträgen für Maßnahmen belastet würden, für die sie in keiner Weise hafteten. Dies gelte umso mehr als ein großer Teil der Kosten dadurch entstanden sei, dass die Arbeiten zunächst fehlerhaft durchgeführt worden seien bzw. hätten korrigiert werden müssen. Es sei falsch, dass hier einmalige Beiträge abgerechnet worden seien. Laut der Satzung müsse die Maßnahme im Rahmen der wiederkehrenden Beiträge abgerechnet werden. Auch habe der Kanal nur deshalb so groß dimensioniert werden müssen, weil das Wasser von den Straßen oberhalb der Straße „A.“ eingeleitet werde. Die Anlieger müssten hier also für etwas zahlen, wovon sie nur ganz minimal einen Vorteil hätten. Auch seien die angefochtenen Bescheide nicht hinreichend bestimmt, weil man aus ihnen die Vorgehensweise bei der Berechnung nicht erkennen könne. Die Eigentumsanteile seien nicht zutreffend berücksichtigt worden.

6

Die Beklagte hat dem Widerspruch nicht abgeholfen und erwidert: Der Kanal in der Straße „A.“ sei in Fels verlegt. Das Kanalbett sei bei der Erstellung so eng wie möglich gehalten worden. Zum Zeitpunkt der abgerechneten Erneuerung sei der Kanal 50 Jahre alt gewesen. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz gehe bei Straßenentwässerungskanälen von einer Lebensdauer von 40 Jahren aus. Die Lebensdauer sei also bereits abgelaufen gewesen und der Kanal habe mehrere schadhafte Stellen aufgewiesen, was eine Erneuerung unumgänglich gemacht habe. Im Bereich der Straße „A.“ werde ein Mischkanalsystem zur Entwässerung der anfallenden Schmutz- und Regenwassermengen aus den angeschlossenen Siedlungsgebieten betrieben. Der Mischwasserkanal beinhalte zur Entlastung der nachfolgenden Kanäle und der Kläranlage ein Regenüberlaufbauwerk, dessen wasserrechtliche Genehmigung abgelaufen sei. Eine erneute Genehmigung durch die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd und der rechtskonforme Betrieb seien nur durch einen Um- bzw. Neubau des Bauwerkes möglich gewesen. Um einen nach gültigen technischen und rechtlichen Normen einwandfreien Betrieb zu gewährleisten, habe der zuführende Mischwasserkanal von DN 250 auf DN 300 bis DN 400 aufgeweitet werden müssen. Die Arbeiten seien fachgerecht ausgeführt und der Betrieb der Anlage sowie die Einleitung von Oberflächenwasser in den Eselsbach von der SGD mit einer gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis aus dem Jahre 2008 beschieden worden. Der Genehmigungsvorgang sei auch mit Öffentlichkeitsbeteiligung vollzogen und abgeschlossen worden. Die Erneuerung der Mischwasserkanäle ziehe eine Kostenbeteiligung gemäß § 19 Abs. 2 der Entgeltsatzung Abwasser nach sich.

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Mit Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 3.6.2015 wurde der Widerspruch zurückgewiesen: Der Ausbau der Straßenentwässerung sei grundsätzlich beitragsfähig. Beachtlich sei in diesem Zusammenhang, dass die Ausbaubeitragssatzung vom 1.2.1996 (ABS 1996), trotz der Tatsache, dass sie gemäß § 20 Abs. 2 und Abs. 3 ABS 2013 außer Kraft getreten sei, hier noch heranzuziehen sei, da der Beitragsanspruch für die vorliegend abgerechnete Baumaßnahme im Jahr 2012 entstanden sei, weil die Anlage zu diesem Zeitpunkt genutzt habe werden können. Die Beklagte sei aufgrund der Satzungsregelung nicht verpflichtet gewesen, an Stelle der einmaligen Beiträge wiederkehrende Beiträge zu erheben. Wie aus der ABS 2013 erkennbar sei, würden wiederkehrende Beiträge nur in den in § 15 ABS 2013 sowie in der Anlage 1 zu dieser Satzung genannten bzw. dargestellten Abrechnungseinheiten erhoben. Die Straße „A.“ liege nicht in einem solchen Bereich. Die Straße „A.“ möge gemarkungstechnisch zu Morlautern gehören; jedoch hinsichtlich der Beitragsberechnung sei die Grenze in der L… gesehen worden, womit in der Straße „A.“ auch keine wiederkehrenden Beiträge zu erheben seien. Die Kanalbaukosten seien in verschiedene Bereiche aufgeteilt (Schmutzwasser und Oberflächenwasser) und weiterhin unterteilt in einen Straßenbereich und einen Bereich, der die angrenzenden Grundstücke umfasse. Beitragsfähig sei nur der Teil, der als sogenannter Straßenoberflächenentwässerungsanteil in den beitragsfähigen Aufwand einfließe. Die Entscheidung über die Erhebung der Beiträge und den Anteil, den die Anlieger zu tragen hätten, habe der Stadtrat in seiner Sitzung vom 3.3.2014 getroffen. Der an die Klägerin ergangene Beitragsbescheid über 367,78 € sei inhaltlich hinreichend bestimmt, da er die Beitragsfestsetzungen für das mit der Flurstücksnummer bezeichnete Grundstück erkennen lasse. Das Rechenwerk für die Ermittlung des Beitragssatzes sei Bestandteil des Bescheides und nachvollziehbar. Die Beifügung einer detaillierten Kostenaufstellung sei nicht erforderlich. Soweit ein Beitragsschuldner weitergehende Informationen wünsche, sei er auf sein Akteneinsichtsrecht zu verweisen; dieser Anspruch sei vorliegend nicht wahrgenommen worden. Die von der Beklagten veranlasste Erneuerung des Kanals in der Straße „A.“ stelle eine Ausbaumaßnahme gemäß § 10 Kommunalabgabengesetz (KAG) dar. Gemäß § 10 Abs. 2 KAG i. V. m. § 1 ABS 1996 erhebe die Beklagte einmalige Beiträge für den Ausbau öffentlicher Verkehrsanlagen anhand der tatsächlich für die einzelne Verkehrsanlage entstandenen Investitionsaufwendungen. Die bei der Straße „A.“ durchgeführten Maßnahmen seien ein beitragsfähiger Ausbau einer Verkehrsanlage in den Formen der Erneuerung und Verbesserung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG. Dabei sei die verbrauchte und schadhafte Kanalanlage neuzeitlichen Anforderungen angepasst und ausgebaut worden. Hier sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Kanal nicht nur aufgrund seiner Lebensdauer und seiner Beschädigungen zu erneuern gewesen sei. Diese Arbeiten seien auch erforderlich gewesen, weil die wasserrechtliche Genehmigung zur Einleitung des im Kanal gesammelten Abwassers abgelaufen gewesen sei und eine neue Genehmigung nur nach Durchführung der Arbeiten habe erteilt werden können. Dies werde aus der sehr ausführlichen und auch - für im Wasserrecht nicht informierte Personen sehr gut verständlichen - Darstellung der Beklagten (Abteilung Stadtentwässerung) deutlich. Grundsätzlich sei hier auch zu beachten, dass bei der Beantwortung der Frage, ob eine Verkehrsanlage ganz oder teilweise erneuerungsbedürftig sei, der Gemeinde ein Einschätzungsermessen zustehe, das sich an der üblichen Nutzungsdauer von Verkehrsanlagen orientiere. Hierbei könne aufgrund der im Laufe der Zeit gewonnen Erkenntnisse üblicherweise von einer Nutzungsdauer von 40 Jahren ausgegangen werden. Der fragliche Kanal sei bereits 54 Jahre alt gewesen, so dass im Jahre 2010 (als mit der Maßnahme begonnen worden sei) die normale Lebensdauer der Anlage abgelaufen sei. Beitragspflichtig seien alle Grundstücke, die Zugang bzw. Zufahrt zu dieser Verkehrsanlage nehmen können, unabhängig von der Grundstücksentwässerung. Wegen der Festlegung der Kostenanteile dürfe auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11.12.1990, 6 A 10083/90 und 28.4.2009,

8

6 A 11364/08 sowie vom 11.11.2008, 6 A 11081/08 verwiesen werden. Soweit klägerseits auf schriftlich nur angedeutete "Baufehler" hingewiesen worden sei, vermöge diesbezüglich der Stadtrechtsausschuss keine Anhaltspunkte zu erkennen. Hier wäre es Aufgabe des Klägers gewesen, konkret dem Stadtrechtsausschuss die Möglichkeit zu weiteren Ermittlungen zu geben. Hinsichtlich der Größe des Kanals hätten die Vertreter der Beklagten auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Stadtrechtsausschuss erklärt, dass auf die Anlieger der Straße „A.“ nur die Kosten umgelegt worden seien, die für deren Anteil an der Entwässerung angefallen seien. Nicht zu beanstanden sei darüber hinaus auch der auf die Anlieger umgelegte Anteil an den beitragsfähigen Kosten in Höhe von 70 v.H.. Bei der Bemessung ihres Eigenanteils stehe der Gemeinde, ausgehend u. a. von der Verkehrsbedeutung der Verkehrsanlagen und deren Ausbauzustand und des damit zusammenhängenden Vorteils der Allgemeinheit gegenüber demjenigen der betroffenen Beitragsschuldner, ein gewisser Einschätzungsspielraum zu. Der von der Beklagten festgelegte Eigenanteil entspreche dabei den in der Rechtsprechung anerkannten Leitlinien.

9

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids (9.6.2015) hat die Klägerin am 26.6.2015 Klage erhoben.

10

Die Klägerin trägt ergänzend vor: Da das klägerische Grundstück der Gemarkung Morlautern angehöre, werde es auch von dem Bereich der Abrechnungseinheit Morlautern nach der ABS 2013 erfasst. Hierfür spreche auch die räumliche Abgrenzung des maßgeblichen Bereichs gegenüber der Innenstadt. Die Beklagte hätte für ab dem 1.1.2013 abzurechnende Maßnahmen die ABS 2013 anwenden müssen. Davon sei auch der Stadtrat der Beklagten bei der Beschlussfassung über den Gemeindeanteil ausgegangen. Die ABS 2103 sei anzuwenden, weil der Beitragsanspruch nicht vor dem 1.1.2013 entstanden sei. Der Kanal, der 1952 hergestellt worden sei, sei in den Jahren 2010 bis 2011 mehrfach bearbeitet worden, um die Wasserzuflüsse aus Morlautern an den Kanal anzubinden. Die Arbeiten seien fehlerhaft durchgeführt worden und deshalb sei sozusagen ein Mangelfolgeschaden eingetreten, der es erforderlich gemacht habe, den Kanal nunmehr zu erneuern und zu vergrößern. Der abgerechnete Aufwand sei also nur deshalb entstanden, weil die Beklagte zusätzliche Straßen von Morlautern an die Entwässerung der Straße „A.“ angehängt habe. Die Entwässerungsanlage im Bereich „A.“ sei zuvor völlig in Ordnung gewesen. Die Flurstücksnummern Y und Z seien nicht veranlagt worden. Allein das Fehlen einer Tür oder das Vorhandensein eines Zaunes stünden der Beitragspflicht dort nicht entgegen. Die Anlieger der "R. Straße" sowie der Straße "A. M." seien ebenfalls beitragspflichtig, zumal die Beklagte dort zugelassen habe, dass auch Oberflächenwasser eingeleitet werden dürfe. Alle Grundstücke des Anliegers F. seien zu Unrecht in die Oberverteilung einbezogen worden, da diese leitungsmäßig an den Kanal der Lauterstraße angeschlossen seien. Weshalb für unbebaubare Grundstücke nach § 5 ABS 1996 ein Vollgeschosszuschlag erhoben werde, sei nicht zu verstehen.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 1.9.2014 in der Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 3.6.2015 aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

15

Sie erwidert ergänzend zu den Ausführungen im Widerspruchsbescheid: Mit Blick auf die schon 2010 bis 2012 durchgeführten Arbeiten sei die ABS 1996 anwendbar. Der Eingang der Schlussrechnung sei am 6.11.2011, die Prüfung und Freigabe der Schlussrechnung am 21.3.2012 erfolgt. Aus der Satzung sei die Abgrenzung zwischen den Bereichen "G." und der Abrechnungseinheit Morlautern erkennbar; sie ergebe sich aus der der Satzung beigefügten Karte, die bei Bedarf mit Hilfe des Cursors am Computer vergrößert werden könne. Wer diese Vorgehensweise nicht wählen wolle oder könne, könne sich an die Beklagte wenden und erhalte dort im Rahmen der Akteneinsicht die entsprechenden Karten und Erläuterungen. Alle betroffenen Ortsbeiräte hätten der Bildung von Abrechnungseinheiten in der ABS 2013 zugestimmt. Zudem habe auch das VG Neustadt/Weinstraße keine durchgreifenden Bedenken gegen die Bildung der Abrechnungseinheit Morlautern geäußert. Festzuhalten bleibe, dass die Straße „A.“ nicht Bestandteil des Abrechnungsbezirks Morlautern geworden sei. Der Stadtrat habe auf der Basis der Beschlussvorlage 0043/2014 den hier maßgeblichen Gemeindeanteil in seiner Sitzung vom 24.2.2014 beschlossen. Konkrete Angaben, was in der Vergangenheit im Einzelnen falsch gemacht worden sein sollte, seien nicht gemacht worden. Das Grundstück Y habe zwar einen direkten Zugang zur Straße „A.“. Da sich jedoch unmittelbar auf der Grenze zwischen dem Flurstück Y und dem Flurstück der Straße „A.“ eine Mauer befinde, die im städtischen Eigentum stehe und den Zugang und insbesondere die Zufahrt zu der Straße verhindere, somit also der Grundstückseigentümer des Grundstücks Y keinen Zugang und keine Zufahrt zur Straße „A.“ nehmen könne, sei das Grundstück nicht zu berücksichtigen. Hierbei sei noch erwähnt, dass das Grundstück von einem Gewerbebetrieb (einer Autowerkstatt) genutzt werde und insofern zur Nutzung des Grundstücks eine Zufahrt erforderlich sei. Diese wäre auch ohne die im städtischen Eigentum stehende Mauer erheblich erschwert, da sich zwischen dem Grundstück und der Straße „A.“ ein erheblicher Niveauunterschied ergebe. Das Grundstück Z habe weder eine Zugangs- noch eine Zufahrtsmöglichkeit zu der Straße „A.“ und sei demgemäß nicht in die Abrechnung einzubeziehen. Die von der Klägerin angeführten Straßen "R.“ und "A. M.“ seien nicht identisch mit der Straße „A.“; sie mögen geografisch und geologisch mit der Straße „A.“ eine Einheit bilden, abrechnungstechnisch habe dies jedoch keine Auswirkung. Soweit die Klägerin vortragen lasse, dass die Grundstücke des Anliegers F. zu Unrecht in die Berechnung einbezogen seien, so sei darauf hinzuweisen, dass die Zuordnung zu der Abrechnung nicht über den Anschluss an den Kanal in der Straße „A.“ erfolge, sondern über die Zugangs- bzw. Zufahrtsmöglichkeit zu dieser Straße. Diese Zugangs- bzw. Zufahrtsmöglichkeit habe der Eigentümer der vorbenannten Grundstücke auch nach Einschätzung der Klägerin.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs-, Widerspruchs- und Gerichtsakte verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die vorliegende Klage ist zulässig und in der Sache auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 1.9.2014, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.6.2015, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

A)

18

Das Gericht weist zunächst darauf hin, dass in zeitlicher Hinsicht hier die ABS 2013 anwendbar ist. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

19

Die ABS 1996 ist nicht mehr anwendbar, weil der Beitragsanspruch nicht vor dem 1.1.2013 entstanden ist, so dass gemäß § 20 Abs. 1, Abs. 3 ABS 2013 die aktuelle ABS zur Anwendung kommt. Denn im Zeitpunkt des Eingangs der Schlussrechnung (nach technischem Abschluss der Maßnahme), hier also im Zeitpunkt des Eingangs der Rechnungsstellung der Kanalwerke (jetzt Anstalt des öffentlichen Rechts) an die Ausbaubeitragsabteilung, war die ABS 2013 bereits in Kraft getreten. Denn ausweislich des als Teil der Verwaltungsakte vorgelegten blauen Ordners (dort: Heftung "2") erfolgte eine Inrechnungstellung der Stadtwerke als Leitungsträger an die Fachabteilung "Ausbau" erst im Jahr 2014. Zuvor war noch kein einmaliger Beitragsanspruch für die hier streitbefangene Maßnahme entstanden. Denn der Anspruch auf den einmaligen Ausbaubeitrag entsteht im Falle der Einzelabrechnung nach den tatsächlichen Investitionsaufwendungen mit dem Abschluss der Bauarbeiten und der Feststellbarkeit des Aufwands (vgl. § 10 Abs. 5 Satz 1 KAG und OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.1.2013 - 6 A 10940/12; Urteil vom 12.1.2012 - 6 A 10971/11; Urteil vom 11.11.2008 - 6 A 11081/08; Beschluss vom 6.6.2006 - 6 A 10389/06; Urteil vom 29.10.2002 - 6 A 10419/01). Dabei ist davon auszugehen, dass die Ermittelbarkeit des beitragsfähigen Aufwands mit Eingang der letzten Unternehmerrechnung bei der Verwaltung (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.12.2012 - 6 B 11236/12; Beschluss vom 16.11.2012 - 6 B 11023/12) oder mit dem Eintritt der Verjährung der betroffenen Forderung gegeben ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.1.2013 - 6 A 10940/12; Beschluss vom 16.11.2012, a.a.O.; Beschluss vom 12.9.2011 - 6 B 11077/11). Für die Berechenbarkeit des Aufwands kann nach OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 22.1.2002 - 6 A 11401/01) sogar maßgeblich sein, wann die Werke der Verwaltung die Kosten für den Ausbau der Entwässerungseinrichtung in Rechnung stellen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.1.2013, a.a.O.; dort zum Verhältnis Verbandsgemeindewerke-Verbandsgemeindeverwaltung). Dies gilt nach der Entscheidung vom 22.1.2002 (a.a.O.) selbst dann, wenn die Verbandsgemeindewerke als Eigenbetrieb der Verbandsgemeinde keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, und wenn zwischen technischer Fertigstellung und der Rechnungsstellung elf Jahre liegen. An diesem Ergebnis ändert sich sogar dann nichts, wenn Ortsgemeinde und Verbandsgemeinde vorab einen Pauschalsatz als Investitionskostenanteil für die Straßenentwässerung vereinbart hatten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5.5.1998 - 6 A 13131/97). Überträgt man diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall, so besteht eine ausbaubeitragsrechtliche Abrechenbarkeit nicht mit der Berechenbarkeit des Aufwands bei den Stadtwerken (jetzt Anstalt des öffentlichen Rechts), sondern erst mit Eingang einer Rechnungstellung bei der ausbaubeitragserhebenden Stelle. Auf die Frage der Betriebsfertigkeit einer Leitung kommt es - anders als im leitungsgebundenen Beitragsrecht - im Ausbaubeitragsrecht nicht an. Damit ist die ABS 2013 anwendbar. In der Sache selbst macht das aber zunächst keinen Unterschied. Denn auch nach der ABS 2013 wird ein einmaliger Beitrag nach dem Vollgeschoßmaßstab erhoben.

B)

20

In räumlicher Hinsicht ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass der Bereich "G." dem beitragsrechtlichen Regime des einmaligen Beitrags und nicht - als Teil der Abrechnungseinheit Morlautern - in das System wiederkehrender Beiträge einzubeziehen ist.

21

Dabei ist anhand der Anlage 1 zur ABS 2013 noch hinreichend erkennbar, dass der Bereich "G." nicht Teil der Abrechnungseinheit Morlautern ist. Die Nichteinbeziehung beruht nach dem verfügbaren Sach- und Streitstand, entgegen der Mutmaßung der Klägerin, nicht auf einem Irrtum des Stadtrates der Beklagten. Dass der Stadtrat bei der Einheitsbildung ohne Vorlage und ohne zu erkennen, worüber er entscheidet, den Beschluss über den Zuschnitt der einzelnen Abrechnungseinheiten gefällt hat, liegt in Anbetracht des Inhalts der Verwaltungsakte fern. Die Beklagte hat zudem durch ihre Einlassungen und die dienstliche Stellungnahme des zuständigen Beigeordneten Kiefer vom 24.7.2015 dargelegt, dass ihr Stadtrat für die hier abgerechnete Maßnahme, auf der Basis der Beschlussvorlage Nr. 0043/2014 vom 27.1.2014, in seiner Sitzung vom 24.2.2014 einen eigenständigen (damit straßenbezogenen) Gemeindeanteil für die Maßnahme an der Straße „A.“ von 30 v.H., für die Abrechnungseinheit Morlautern hingegen in seiner Sitzung vom 21.6.2012 einen Gemeindeanteil i.H.v. 25 v.H. beschlossen hat. Eine solche Verfahrensweise lässt sich schwerlich erklären, ginge man - wie die Klägerin - davon aus, dass der Stadtrat tatsächlich von der Einbeziehung des Bereichs "G." in die Abrechnungseinheit Morlautern ausgegangen wäre. Weiter ist auch die sachliche Entscheidung der Beklagten als Satzungsgeber, den Bereich "G." nicht der Abrechnungseinheit Morlautern zuzuordnen, nicht zu beanstanden. Aufgrund der durch Lagepläne, Luftbilder und die gemeinsam mit den Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgewertete Luftbildaufnahme aus "Google Maps" liegen zwischen dem Ende der Bebauung im Bereich "G." und dem in östlicher Richtung gelegenen "W.-Hof" ca. 200 m Außenbereich. Zwar hat die Klägerin zutreffend darauf verwiesen, dass an den nach Norden führenden Verkehrsanlagen "A. M." und der R.-straße, verglichen mit einigen von den Beteiligten vorgelegten Plänen, eine erweiterte Bebauung erfolgt ist. Ausweislich der aktuellen Luftbildaufnahme in "Google Maps", liegen jedoch zwischen der erweiterten Bebauung und dem "W.-Hof" sowie der weiteren Bebauung im Ortsteil Morlautern wiederum größere Außenbereichsflächen, die den Bereich "G." von der Abrechnungseinheit Morlautern trennen. Hinzukommt, dass die außerorts verlaufende L… die soeben beschriebenen Bereiche ebenfalls räumlich signifikant trennt. Damit sprechen die örtlichen Gegebenheiten gegen eine Einbeziehungsfähigkeit des Bereichs "G." in die Abrechnungseinheit Morlautern. Politische Grenzziehungen sind hier nicht maßgeblich (BVerfG, Beschluss vom 25.6.2014 - 1 BvR 668 u. 2104/10). Gleiches gilt für die Grenzen von Wahlbezirken oder Schuleinzugsbereichen. Bereits mangels räumlichen Zusammenhangs beider Bereiche kann die Klägerin somit auch keinen "Anspruch" auf Einbeziehung in die Abrechnungseinheit Morlautern geltend machen. In Folge dessen haben sowohl das OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 11.4.2014 - 6 B 10217/14) und das erkennende Gericht (Beschluss vom 31.1.2014 - 1 L 1139/13) gegen die ordnungsgemäße räumliche Abgrenzung der Abrechnungseinheit Morlautern keine ernstlichen Zweifel formuliert. Wegen der beitragsrechtlichen Gleichwertigkeit von einmaligen und wiederkehrenden Beiträgen hat die Klägerin aber auch keinen Anspruch auf Bildung einer eigenständigen Abrechnungseinheit "G.". Ob der Bereich "G." im Übrigen mit der Innenstadt in räumlichem Zusammenhang steht, ist beitragsrechtlich nicht maßgeblich. Denn die Erhebung einmaliger Beiträge nach konkret festgestellten Aufwendungen setzt gerade keinen räumlichen Zusammenhang derjenigen Verkehrsanlagen voraus, für deren Ausbau einmalige Beiträge erhoben werden.

C)

22

Dem streitgegenständlichen Bescheid mangelt es aber an einer wirksamen satzungsrechtlichen Grundlage, denn die beitragsrechtliche Verteilungsregelung in den §§ 3-5 ABS 2013 ist unwirksam. Zwar ist der Vollgeschoßmaßstab grundsätzlich unbedenklich. Allerdings hat das OVG Rheinland-Pfalz bereits mehrfach entschieden, dass ein Verteilungsmaßstab, der das Nutzungsmaß unter Berücksichtigung der Bebaubarkeit mit Vollgeschossen bestimmt, regelmäßig zwischen ein- und zweigeschossig bebaubaren Grundstücken unterscheiden muss (Urteil vom 19.5.2015 - 6 A 11006/14; Urteil vom 13.12.2011 - 6 A 10870/11; Urteil vom 26.5.2010 - 6 C 10151/10 u.a.). Eine einheitliche Gewichtung ist nur dann nicht zu beanstanden, wenn die zu Beiträgen veranlagten Grundstücke, auf denen nur eine eingeschossige Bebauung oder nur Garagen bzw. Stellplätze oder nur eine sonstige gewerbliche Nutzung zulässig sind, nicht mehr als 10 v.H. ausmachen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.5.2010 - 6 C 10151/10; Urteil vom 19.3.2009 - 6 A 10750/08; Urteil vom 10.6.2008 - 6 A 10255/08; Urteil vom 19.9.2000 - 6 A 10845/00). Diesen Vorgaben trägt die ABS 2013 im vorliegenden Anwendungsbereich nicht hinreichend Rechnung. Denn im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte auf die Frage nach der maßgeblichen Differenzierung bei der Gewichtung der Grundstücksfläche nach Vollgeschossen auf die gefalteten und farbig gekennzeichneten "Verteilungsaufstellungen A. Endabrechnung“ verwiesen, die Teil der vorgelegten Verwaltungsakte sind. Dort differenziert die Beklagte bei 38 aufgelisteten Grundstücken insofern, als 1 Grundstück nicht beitragsfähig ist. 5 Grundstücke werden ohne und weitere 15 Grundstücke mit einem Vollgeschoß geführt. Die verbleibenden Grundstücke wurden mit zwei und in einem Fall mit drei Vollgeschossen in Ansatz gebracht. Mit Blick hierauf ist davon auszugehen, dass die Erfassung der baurechtlich zulässigen Nutzbarkeit der beitragspflichtigen Grundstücke eine Differenzierung hinsichtlich des Vollgeschoßzuschlags im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung gebietet. Mangelt es damit an einem wirksamen Beitragsmaßstab, führt dies im hier maßgeblichen räumlichen Bereich der Verkehrsanlage „A.“, nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, dort zur Unwirksamkeit der Satzung (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.5.2015 - 6 A 11006/14).

D)

23

Mit Blick auf die Möglichkeit der rückwirkenden Heilung der ABS 2013 weist die Kammer noch auf Folgendes hin:

24

Bei der Erneuerung der Straßenleitung handelt es sich um eine beitragsfähige Maßnahme. Die Straßenentwässerung ist Teil der Verkehrsanlage (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 Landesstraßengesetz - LStrG -). Die für ihren Ausbau anfallenden Kosten sind grundsätzlich beitragsfähig (OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 28.4.2009 - 6 A 11364/08 und 6 A 10141/09). Der Träger der Straßenbaulast muss sich bei einer Kanalsanierung durch den Träger der Entwässerungseinrichtung an den Kosten - bezogen auf die gesamte Straßenoberflächenentwässerung (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6.2.1992 - 1 A 11204/90) - gemäß § 12 Abs. 10 LStrG beteiligen. Die übliche Nutzungszeit eines der Straßenentwässerung dienenden Mischwasserkanals ist jedenfalls nach 44 Jahren deutlich überschritten (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29.6.2007 - 6 B 10418/07). Bei dem hier maßgeblichen Alter des früheren Kanals - die Angaben der Beteiligten liegen zwischen 50 und 54 Jahren - ging die Beklagte zu Recht davon aus, dass die Nutzungsdauer abgelaufen war. Ein Erneuerungsbedarf ist mit Blick auf die zur Akte gereichten Zustandsbeschreibungen und die Fotoausdrucke nach einer Befahrung des Kanals mit einer Kamera auch ansonsten nicht zweifelhaft.

25

Die Ermittlung des Gesamtaufwands der Sanierungsmaßnahme (396.781,56 €) ist in der Verwaltungsakte dokumentiert. Die Modalitäten der Beitragsberechnung wurden bereits im Tatbestand dieser Entscheidung dargestellt. Zwischen den Beteiligten ist im Übrigen unstreitig, dass für die - nach Darstellung der Klägerin fehlerhaften - früheren Arbeiten an der Straßenleitung keine Aufwendungen auf die Anlieger abgewälzt wurden. Allerdings muss die Beitragsfähigkeit aller Aufwendungen noch darauf hin überprüft werden, ob im Bereich der Verkehrsanlage „A.“ tatsächlich - wie von der Beklagten im Vorverfahren dargelegt - zur Entlastung der nachfolgenden Kanäle und der Kläranlage ein Regenüberlaufbauwerk (mit-)gebaut wurde, indem etwa die verlegten Abwasserleitungen erheblich größer dimensioniert wurden, als vor der Kanalsanierung und größer, als dies bei einer reinen Durchleitung des Abwassers - auch aus anderen Straßen- und Anliegerbereichen - erforderlich wäre. Die Beitragsfähigkeit der hierauf entfallenden Aufwendungen ist derzeit offen, denn die Regenrückhaltung zur Entlastung der nachfolgenden Kanäle sowie der Kläranlage oder ein Regenüberlauf dient nicht unmittelbar dazu, die maßgebliche Verkehrsanlage frei von Überflutungen und damit fahr- und gehbereit zu halten, was nach Driehaus (§ 13 Rn 64 ff.) maßgeblich für die Zuordnung der Aufwendungen zum Straßenbereich sein soll.

26

Wenngleich ein Investitionsanteil an der Entwässerungseinrichtung nur zu beanstanden ist, wenn er offensichtlich fehlerhaft ermittelt wurde (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.1.2012 - 6 A 10971/11), so begegnet die Abwälzung von 21 % der Gesamtkosten der Kanalsanierungsmaßnahme auf die Straßenentwässerung hier weiteren Bedenken.

27

Dieser Prozentsatz beruht auf einer Änderung der früheren Abwasserbeitragsatzung zum Jahr 2010 und der nunmehr fortgeführten Verteilung der Kosten auf die Kostenträger Schmutzwasser und Niederschlagswasser im Verhältnis 40:60 in Anhang 1 zu § 1 der Entgeltsatzung Abwasserbeseitigung. Diese Verteilung führt zusammen mit einem Anteil der Entwässerung von öffentlichen Verkehrsanlagen an den Investitionsaufwendungen von 35 v.H. der Aufwendungen für die Niederschlagswasserbeseitigung gemäß Nr. 3 Anlage 1 zu § 1 der Entgeltsatzung Abwasserbeseitigung rechnerisch zu einem Anteil der Straßenentwässerung an den Gesamtinvestitionskosten von 21 % und damit zu einer Beitragssteigerung im Ausbaubeitragsbereich von 1/6, verglichen mit einer Kostenverteilung zwischen Schmutz- und Niederschlagswasser im Verhältnis 50:50. Die soeben erwähnten satzungsrechtlichen Bestimmungen sind indessen für die Erhebung von einmaligen Straßenausbaubeiträgen nicht verbindlich, geben sie doch lediglich vor, in welchem Verhältnis die Aufwendungen und Kosten im Bereich der leitungsgebundenen Entgelte aufgeteilt werden, sowie in welchem Umfang Aufwendungen für die Straßenentwässerung dort herausgerechnet werden. Dies gilt auch mit Blick auf § 12 Abs. 10 LStrG. Denn mit dieser Norm hat der Landesgesetzgeber keine Regelung getroffen, wonach vom Straßenbaulastträger deckungsgleich diejenigen Kosten zu tragen sind und von ihm gefordert werden können, die nach dem jeweils geltenden Kommunalabgabenrecht - hier in Gestalt der Entgeltsatzung Abwasserbeseitigung - als nicht beitragsfähige Kosten der Verkehrsflächenentwässerung auszusondern sind. Auch ist es nicht so, dass § 12 Abs. 10 LStrG in seiner derzeitigen Fassung die Grundlage dafür sein könnte, seitens des Trägers der Abwasserbeseitigung den Ausgleich all derjenigen Kosten fordern zu können, die ihre Ursache in einer Straßenbaumaßnahme finden; somit geht die Annahme fehl, dass die nach dem KAG abzusetzenden Kosten der Verkehrsflächenentwässerung deckungsgleich seien mit dem nach § 12 Abs. 10 LStrG zu errechnenden und auszugleichenden Kostenanteil (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 1.3.2002 - 1 A 11617/01).

28

Für die Frage der Beitragsfähigkeit im Ausbaubeitragsrecht ist vielmehr maßgeblich, inwieweit Aufwendungen bei der konkret abzurechnenden Maßnahme notwendig sind.

29

In welchem Umfang Investitionsaufwendungen im Bereich der Straßenentwässerung notwendig sind, lässt sich bei einem nicht straßeneigenen Kanal nur schwerlich exakt bestimmen. Eine verursachergerechte Ermittlung der Aufwandsanteile würde aufgrund des damit verbundenen erheblichen Aufwands den Rahmen jeder Ausbaubeitragserhebung im Bereich der Straßenentwässerung sprengen. Die Rechtsprechung hat daher der beitragserhebenden Kommune einen gewissen Einschätzungs- und Pauschalierungsspielraum eingeräumt. Allerdings wurde sowohl im Bereich des Erschließungs- als auch des Ausbaubeitragsrechts wiederholt auf die Regelungen der Kommunalabgabenverordnung (KAVO 1986) zurückgegriffen. Danach war eine Zuordnung von 35% der Kosten der Niederschlagsentwässerung zur Straßenoberflächenentwässerung, in Anlehnung an § 3 Abs. 2 KAVO 1986, unbedenklich (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.1.2012, a.a.O.; Urteil vom 28.4.2009 - 6 A 11364/08; Urteil vom 11.12.1990 - 6 A 10083/90). Allerdings sah die KAVO einen Kostenanteil von lediglich 50 v.H. für Mischwasserleitungen für das Oberflächenwasser vor. Dies führte zu einem Anteil der Straßenoberflächenentwässerung von 17,5% an den Gesamtinvestitionskosten der Kanalsanierung bei Mischwasserleitungen. Auch dieser Ansatz wurde in der Rechtsprechung wiederholt akzeptiert (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.1.2012, a.a.O.; Urteil vom 11.12.1990, a.a.O.). Lediglich in einem Vorausleistungsverfahren, bei dem Aufwendungen nach der Rechtsprechung geschätzt werden dürfen, hat das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 11.11.2008 - 6 A 10288/08;) bei Mischwasserleitungen auch eine Zuordnung von 20% der Gesamtaufwendungen zur Straßenentwässerung gehalten. Im vorliegenden Fall steht aber keine Vorausleistung sondern ein endgültiger Ausbaubeitrag ohne eine gesetzlich verankerte Schätzungsbefugnis der Beklagten im Streit. Weicht die Beklagte jedoch von der früher in Verordnungsform geregelten - und selbst Jahrzehnte nach der Aufhebung dieser Verordnung noch in der Rechtsprechung anerkannten - Aufwandsverteilung zum Nachteil der ausbaubeitragspflichtigen Anlieger (letztlich aber wegen des Gemeindeanteils von 30 v.H. auch zum eigenen Nachteil) ab, so bedarf es hierfür sachlicher Gründe. Die Beklagte hat jedoch für die Anhebung des Anteils des Kostenträgers Niederschlagswasser auf 60 % an den leitungsgebundenen Investitionsaufwendungen bei einem Mischsystem - wie hier - keine solchen Gründe vorgetragen. Sie hat zunächst darauf verwiesen, dass bei der Anhebung die Verhältnisse aus dem Bereich des Trennsystems auf die Mischkanalisation übertragen worden seien. Dies überzeugt bereits deshalb nicht, weil es sich bei beiden Entwässerungsmodellen um grundsätzlich unterschiedliche Leitungsnetze handelt. Eine rein mengenmäßige Betrachtung der anfallenden Schmutz- und Niederschlagswassermengen im Trennsystem und die Übertragung dieser Verhältnisse auf ein Mischsystem kommt hier nicht in Betracht. Denn die Verlegung eines Schmutzwasserkanals muss sowohl hinsichtlich der Art der Verlegung, als auch hinsichtlich der Beschaffenheit des Leitungsmaterials und der Abdichtungen anderen Erfordernissen genügen, als ein Niederschlagswasserkanal. In der verfügbaren Rechtsprechung ist zudem im Bereich der leitungsgebundenen Entwässerung keine Grundsatzentscheidung zur veränderten Berechnung der Kostenanteile auffindbar, auf die sich die Beklagte insoweit stützen könnte. Weiter hat die Beklagte angeführt, dass aufgrund topographischer und weiterer Besonderheiten mit Blick auf die fehlende Möglichkeit eines Abschlags von Niederschlagswasser an einen Vorfluter eine Anhebung des Anteils des Kostenträgers Niederschlagswasser erforderlich gewesen sei. Dies überzeugt wiederum nicht. Zum einen haben sich die topographischen Verhältnisse im Stadtgebiet der Beklagten ersichtlich seit dem Jahr 2009 nicht geändert. Zum anderen hat die Beklagte noch in der Nichtabhilfeentscheidung darauf hingewiesen, dass die neue wasserrechtliche Genehmigung der SGD-Süd eine Ableitung von Oberflächenwasser in den Eselsbach vorsieht. Wie sich diese Einlassung zu der nunmehr angeführten fehlenden Einleitemöglichkeit in einen Vorfluter verhält, erschließt sich nicht ohne Weiteres, bedarf aber mit Blick auf die durchgreifenden satzungsrechtlichen Bedenken hier auch keiner weiteren Aufklärung. Auch eine Verdichtung der Bebauung kann schließlich eine Mehrbelastung bei der Erhebung von Ausbaubeiträgen für die Straßenentwässerung nicht ohne Weiteres rechtfertigen.

30

Eine Vereinbarung, die hier einer Anlehnung an die Grundsätze des § 3 Abs. 2 KAVO 1986 entgegenstehen könnte (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.4.1995 - 1 A 11204/90) existiert nach dem Inhalt der vollständig vorzulegenden Verwaltungsakte nicht. Ohnehin betraf die soeben zitierte Entscheidung die Frage der (laufenden) Kostenverteilung zwischen dem Träger der Straßenbaulast und dem Träger der Entwässerungseinrichtung, nicht jedoch die nach anderen Grundsätzen zu entscheidende Frage der Beitragsfähigkeit von Investitionsaufwendungen im Bereich der Straßenausbaubeiträge.

31

Der Umstand, dass durch den in der Verkehrsanlage „A.“ verlegten Mischwasserkanal auch Abwasser aus nördlich gelegenen Bereichen, so z.B. von Anliegern der Straße "A. M." durchgeleitet wird, steht der Heranziehung der Anlieger der Straße „A.“ zum Ausbaubeitrag für die Erneuerung der Straßenentwässerung grundsätzlich nicht entgegen. Denn die leitungsgebundene Entwässerung des Stadtgebietes der Beklagten - wie auch aller anderen Gemeinden - beruht auf einem gemeindlichen Leitungsverbund, der durchaus auch das gesamte Stadtgebiet umfassen kann, damit also über die räumlichen Grenzen hinausgeht, die den Kommunen im Bereich des Straßenausbaus bei der Bildung von Abrechnungseinheiten gesetzt werden. In diesem Leitungsverbund, in Gestalt eines Netzes von Mischwasserkanälen oder getrennten Schmutz- und Oberflächenwasserkanälen, ist (von wenigen Ausnahmen abgesehen) funktional unabwendbar, dass die Abwasserleitungen nicht nur ausschließlich das jeweils von den Anliegern einer bestimmten Straße oder von den dortigen Straßenflächen abgeleitetes Abwasser, sondern auch Abwasser von anderen Bereichen aufnehmen. Eine von dem beitragsrechtlichen Normalfall abweichende Konstellation liegt hier also auch in Anbetracht der Bebauung entlang der Straße "A. M." nicht vor.

32

Nach derzeitiger Einschätzung der Kammer ist das Grundstück mit der Flurstücksnr. Y nicht in die Oberverteilung einzubeziehen. Dem steht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht die Abtrennung des eigentlichen Verkehrsraumes durch eine im Eigentum der Beklagten stehende Stützmauer entgegen, die das Grundstück auf dessen Nordseite komplett von der ausgebauten Verkehrsanlage abriegelt. Aber auch die dort anzutreffenden Höhenverhältnisse stehen einer Erschließung in tatsächlicher Hinsicht entgegen, so dass ein Herauffahrenkönnen von der Verkehrsanlage „A.“ auf das besagte Grundstück - dieses wird als Betriebsgelände einer Kfz-Reparaturwerkstatt genutzt, so dass ein Heranfahrenkönnen an die Grundstücksgrenze zur Begründung eines beitragsrechtlichen Vorteils hier nicht genügt - nicht möglich ist. Zwar ist im äußersten westlichen Bereich der Höhenunterschied zur Straße nicht mehr ganz so stark ausgeprägt, wie im mittleren und östlichen Verlauf, allerdings verläuft dort die Grundstücksgrenze nicht parallel zur ausgebauten Straße, was die Anlage einer Rampe im Bereich des westlichen Verlaufs der Absturzsicherung der ausgebauten Verkehrsanlage entlang der Straße faktisch verhindert. Eine Berücksichtigung des Grundstücks bei dem Teilbeitrag für die Entwässerungskosten des Gehwegs kommt nicht in Betracht. Denn die Erschließung muss den gesamten von und zu dem Grundstück führenden Verkehr bewältigen können, also - bei Hinwegdenken der bereits vorhandenen Erschließung durch eine andere Verkehrsanlage - auch den Fahrzeugverkehr. Dies ist durch die Verkehrsanlage „A.“ nicht gewährleistet. Das Grundstück mit der Flurstücksnr. Z ist ebenfalls nicht einzubeziehen, da keine Erschließung durch die ausgebaute Verkehrsanlage erfolgt; das Grundstück hat zu dieser nicht einmal eine Punktverbindung. Die - aus Klägersicht vermeintlich ungerechtfertigte - Einbeziehung von Grundstücken des Anliegers F. in die Oberverteilung begünstigt die Klägerin und ist damit nicht weiter aufzuklären. Allerdings trifft der Erklärungsansatz der Beklagten zu, wonach für die Beitragspflicht dieser Grundstücke auf die straßenbezogene und nicht auf die leitungsbezogene Erschließung abzustellen ist. Daher sind auch die Anlieger der eigenständigen Verkehrsanlagen "R.-Straße" und "A. M." systembedingt nicht zu dem Straßenausbaubeitrag „A.“ heranzuziehen. Sie zahlen für den künftigen Ausbau "ihrer" jeweiligen eigenständigen Verkehrsanlage dann auch allein - ohne die Anlieger der Verkehrsanlage „A.“ - einen Ausbaubeitrag.

33

Schließlich spricht derzeit mehr für eine Beitragspflicht der Flurstücksnummer X als dagegen. Das Areal liegt zwar nicht unmittelbar an der ausgebauten Verkehrsanlage. Zugang und Zufahrt vermittelt aber das Wegegrundstück mit der Flurstücksnummer V, das auch die Anbindung des Grundstücks mit der Flurstücksnummer Z bildet, welches im Eigentum des Ehemannes der Klägerin steht sowie zur Flurstücksnummer S sicherstellt, die im Eigentum von Frau Dr. P. und von Frau F. steht. Eigentümer dieses einvernehmlich gemeinsam genutzten Wegegrundstücks sind die Klägerin, ihr Ehemann sowie die Nachbarn, Dr. P. und Frau F..

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

35

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt den §§ 167 VwGO, 708 ff. Zivilprozessordnung.

36

Beschluss

37

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 367,78 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. August 2008 wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich insoweit gegen die Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag, als im Aufwand ein Investitionskostenanteil in Höhe von 13.056,09 € für die Straßenoberflächenentwässerung enthalten ist.

2

Mit Bescheid vom 14. August 2006, geändert durch Bescheid vom 30. April 2007, zog die Beklagte den Kläger zu einem Ausbaubeitrag für die Erneuerung der Straße „I…“ in Höhe von 9.525,95 € heran. Der Ausbau dieser Straße, an die das veranlagte Grundstück des Klägers grenzt, erfolgte gleichzeitig mit der Erneuerung der Kanalisation. In den beitragsfähigen Kosten sind 13.056,09 € für die Straßenoberflächenentwässerung enthalten. Dieser Betrag beruht auf dem zwischen den Verbandsgemeindewerken und der Beklagten am 16. Dezember 1982 geschlossenen „Vertrag zur Regelung der Inanspruchnahme von städtischen Straßen durch Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen“. Nach Nr. 12 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages zahlt die Beklagte den Verbandsgemeindewerken für die Straßenoberflächenentwässerung in einen gemeinsamen Kanal einen Investitionskostenanteil. Er beträgt nach § 10 der Satzung der Verbandsgemeinde A über die Festlegung der Gebühren- und Beitragssätze bei der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung, der Abwasserabgabe für Kleineinleiter und der Kostenanteile der Straßenbaulastträger bei der Abwasserbeseitigung an den Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung für die Entwässerung der öffentlichen Verkehrsanlagen vom 11. Dezember 2003 ab 1. Januar 2004 12,47 € pro qm entwässerter öffentlicher Verkehrsfläche.

3

Nach erfolglosem Widerspruch, den der Kläger in einem Vergleich vom März 2007 auf die Beitragsfähigkeit des Investitionskostenanteils von 13.056,09 € beschränkte, hat er Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass laut Schlussrechnung des Bauunternehmers für die Straßenentwässerung 5.887,61 € entstanden seien. Darüber hinaus könnten keine weiteren Kosten aufgrund der Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Verbandsgemeindewerken vom 16. Dezember 1982 geltend gemacht werden. Anderenfalls läge eine unzulässige Doppelbelastung vor.

4

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu Eigen macht.

5

Das Verwaltungsgericht hat den Ausbaubeitragsbescheid im angefochtenen Umfang aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung seien dem Grunde nach auch insoweit beitragsfähig, als sie Aufwendungen der Verbandsgemeindewerke für die Erneu-erung des Mischkanals enthielten. Eine doppelte Berücksichtigung von Kosten liege nicht vor, weil sich der in der Unternehmerrechnung enthaltene Aufwand auf andere Teile der Straßenentwässerungseinrichtung als den Kanal beziehe. Allerdings seien die in Form eines Investitionskostenanteils geltend gemachten Kanalkosten der Höhe nach zu beanstanden. Nach § 10 Abs. 2 KAG könnten einmalige Beiträge für einzelne Verkehrsanlagen nur nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen erhoben werden, so dass eine Veranlagung nach Durchschnittssätzen unzulässig sei. Um einen Durchschnittssatz handele es sich aber bei dem Investitionskostenanteil. Da die Beklagte die anteiligen tatsächlichen Kosten der Kanalerneuerung sowie ersparte Aufwendungen durch die gemeinschaftliche Maßnahme nicht ausreichend darlegt habe, sei der Bescheid im angefochtenen Umfang rechtswidrig.

6

Die Beklagte hat die vom Senat zugelassene Berufung im Wesentlichen damit begründet, dass das erkennende Gericht die Geltendmachung eines Investitionskostenanteils für die Straßenoberflächenentwässerung aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Verbandsgemeindewerken und den Ortsgemeinden als zulässig angesehen habe. Dabei sei gerade keine Berücksichtigung tatsächlicher Herstellungskosten gefordert worden. Im Übrigen mache sie gegenüber den Beitragspflichtigen keinen Aufwand nach Einheits- oder Durchschnittssätzen, sondern Kosten geltend, die ihr von den Verbandsgemeindewerken tatsächlich in Rechnung gestellt worden seien.

7

Die Beklagte beantragt,

8

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil dem Ergebnis nach zutreffe. Kosten für die Kanalerneuerung dürften bereits deshalb nicht im Rahmen von Ausbaubeiträgen geltend gemacht werden, weil dies dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung widerspreche. Dies gelte sowohl für die Verbandsgemeindewerke als auch für die Beklagte. Dabei sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte durch die Vereinbarung vom 16. Dezember 1982 die Herstellung, den Ausbau, den Betrieb und die Unterhaltung der Straßenoberflächenentwässerungsanlagen mit Ausnahme der Straßeneinläufe sowie Anschlussleitungen bis zur Straßenleitung und damit die Straßenbaulast teilweise der Verbandsgemeinde übertragen habe. Auch deshalb könne die Beklagte den Investitionskostenanteil nicht auf die beitragspflichtigen Grundstücke umlegen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

13

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

I.

14

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, weil der allein im Streit befindliche Investitionskostenanteil des Straßenbaulastträgers an den Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung beitragsfähiger Ausbauaufwand ist und deshalb zu Recht der Erhebung eines Beitrages für die Erneuerung der Straße „I…“ zugrunde gelegt wurde.

15

Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Kommunalabgabengesetz - KAG - können einmalige Ausbaubeiträge für die einzelne Verkehrsanlage nur nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen erhoben werden, weil § 10 Abs. 8 KAG nicht auf § 9 Abs. 3 KAG verweist, der die Abrechnung nach Durchschnittssätzen betrifft. Zu den tatsächlichen Investitionsaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG gehört auch der Investitionskostenanteil für die Straßenoberflächenentwässerung. Denn der Ausbau der Straßenentwässerungseinrichtung ist hinsichtlich sämtlicher Bestandteile eine beitragsfähige Maßnahme (1.). Soweit die Straßenoberflächenentwässerung in eine Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde erfolgt, schuldet der Träger der Baulast für die Gemeindestraßen - hier die Beklagte - den Verbandsgemeindewerken den vertraglich vereinbarten Investitionskostenanteil (2.). Bei ihm handelt es sich um tatsächlichen Ausbauaufwand der Beklagten und nicht um einen Durchschnittssatz im Sinne des § 9 Abs. 3 KAG (3.). Der im vorliegenden Fall von den Verbandsgemeindewerken erhobene Investitionskostenanteil von 12,47 € pro qm entwässerter öffentlicher Verkehrsfläche ist auch seiner Höhe nach nicht zu beanstanden (4.). Seine Berücksichtigung als beitragsfähiger Aufwand stellt keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung dar (5.).

16

1. Bei der Erneuerung sämtlicher Bestandteile der Straßenoberflächenentwässerung der Straße „I…“ handelt es sich um eine beitragsfähige Maßnahme. Denn die Straßenoberflächenentwässerung stellt eine Teileinrichtung der Verkehrsanlage dar. Ihr Ausbau ist beitragsfähig, weil er - was im vorliegenden Fall unstreitig ist - Teil des gemeindlichen Bauprogramms ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., 2007, § 33 Rn. 23).

17

Entgegen der Auffassung des Klägers gehören zur Straßenoberflächenentwässerung nicht nur die Straßeneinläufe einschließlich der Abdeckroste und Sinkkästen und der Anschlussleitungen an die Straßenleitung, deren Kosten Teil des dem angefochtenen Beitragsbescheid zugrunde liegenden Herstellungsaufwandes ist. Vielmehr besteht das Entwässerungssystem auch aus der Straßenleitung und den sonstigen Einrichtungen, die funktional der Entwässerung der Straße dienen (vgl. Driehaus, a.a.O., § 13 Rn. 64).

18

Im Hinblick auf die Straßenleitung hat die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast die Wahl, entweder eine straßeneigene Kanalisation zu betreiben, die ausschließlich zur Aufnahme des Straßenniederschlagwassers bestimmt ist, oder sich an der Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde zu beteiligen. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte von der zuletzt genannten Möglichkeit Gebrauch gemacht und gemäß Nr. 11 Abs. 1 des Vertrags zur Regelung der Inanspruchnahme von städtischen Straßen durch Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen vom 16. Dezember 1982 die Herstellung, den Ausbau und die Unterhaltung der gemeinsamen Entwässerungsanlagen den Verbandsgemeindewerken übertragen. Von dieser vertraglichen Regelung wird der Umfang der Straßenbaulast der Beklagten für die Gemeindestraßen im Sinne der §§ 11, 14 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Nr. 1 Landesstraßengesetz - LStrG - nicht berührt. Im Verhältnis zu Dritten ist die Beklagte nämlich nach wie vor im Sinne des § 11 Abs. 1 LStrG für den Bau, die Unterhaltung und die Erneuerung der für die Straßenentwässerung erforderlichen Straßenleitung verantwortlich. Denn die Übertragung u.a. des Ausbaus eines Teils des Straßenentwässerungssystems (Straßenleitung) auf die Verbandsgemeindewerke beschränkt sich lediglich auf die technische Durchführung der Baumaßnahmen. Deshalb müsste die Beklagte gegebenenfalls eine straßeneigene Kanalisation verlegen, falls die Verbandsgemeindewerke ihre vertragliche Verpflichtung u. a. zur Erneuerung des gemeinschaftlichen Kanals nachhaltig nicht erfüllen würden. Dem Verbleib der Straßenbaulast bei der Beklagten stehen des Weiteren nicht die Abwasserbeseitigungspflicht der Verbandsgemeinde gemäß §§ 51, 52 Landeswassergesetz - LWG - entgegen. Denn die Bestimmungen über die Straßenbaulast für die Gemeindestraßen, einschließlich der Einrichtung zur Entwässerung des Straßenniederschlagswassers gehen als speziellere Regelungen den insoweit allgemeinen Regelungen über die Abwasserbeseitigung vor.

19

2. Für die Straßenentwässerung in die Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde schuldet die Beklagte den Verbandsgemeindewerken einen Investitionskostenanteil. Nach § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG, der über seinen engen Wortlaut hinaus auch auf das Verhältnis der Verbandsgemeinden zu den Ortsgemeinden anwendbar ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 1995 – 1 A 11204/90.OVG -), hat sich der Träger der Straßenbaulast an den Kosten des Trägers der Kanalisation zu beteiligen, wenn die Straßenentwässerung - wie im vorliegenden Fall - in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt. Dementsprechend hat sich die Beklagte gemäß § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG in Verbindung mit Nr. 12 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages mit den Verbandsgemeindewerken vom 16. Dezember 1982 zur Zahlung eines Investitionskostenanteils als Pauschschalbetrag für die Erneuerung einer gemeinsamen Abwasserbeseitigungsanlage verpflichtet.

20

Dass dieser Investitionskostenanteil entgegen Nr. 12 Abs. 2 des Vertrages nicht in der Haushaltssatzung, sondern in § 10 der Satzung der Verbandsgemeinde A über die Festlegung der Gebühren- und Beitragssätze bei der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung, der Abwasserabgabe für Kleineinleiter und der Kostenanteile der Straßenbaulastträger bei der Abwasserbeseitigung an den Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung für die Entwässerung der öffentlichen Verkehrsanlagen vom 11. Dezember 2003 festgesetzt wurde, ist rechtlich unerheblich, da der Satzungsvorbehalt erfüllt ist.

21

3. Bei dem vertraglich geschuldeten Investitionskostenanteil für die Straßenoberflächenentwässerung handelt es sich um tatsächliche Investitionsaufwendungen der Beklagten im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG und nicht um einen im Rahmen der Erhebung von Ausbaubeiträgen für Verkehrsanlagen unzulässigen Durchschnittssatz nach § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG.

22

Zwar haben die Verbandsgemeindewerke den von der Beklagten gezahlten Investitionskostenanteil als Pauschalbetrag ermittelt. Jedoch führt dies nicht dazu, dass die streitgegenständliche Ausbaubeitragserhebung durch die Beklagte teilweise nach Durchschnittsätzen erfolgt ist. Denn ein Durchschnittssatz im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG wird von der beitragserhebenden Gemeinde aufgrund der von ihr erbrachten Aufwendungen für die maßgebliche Einrichtung kalkuliert und festgesetzt. Der hier in Rede stehende Investitionskostenanteil erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Er wurde von der Verbandsgemeinde und damit nicht von der Beklagten als beitragserhebender Gemeinde ermittelt. Des Weiteren lagen seiner Kalkulation die über mehrere Jahre entstandenen Investitionen der Verbandsgemeindewerke für die Abwasserbeseitigungsanlagen und damit keine Aufwendungen der Beklagten zugrunde. Somit hat die Beklagte der Ausbaubeitragserhebung keinen von ihr ermittelten Durchschnittssatz zugrunde gelegt.

23

Vielmehr handelt es sich bei dem Investitionskostenanteil um tatsächlich entstandene Investitionsaufwendungen, nach denen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG einmalige Beiträge für Verkehrsanlagen erhoben werden. Tatsächliche Kosten in diesem Sinne sind solche, die dem Straßenbaulastträger von Dritten in Rechnung gestellt werden und damit bei ihm anfallen. Dies ist bei dem von der Beklagten geschuldeten Investitionskostenanteil für die Erneuerung der Straßenoberflächenentwässerung der Straße „I…“ der Fall. Denn er wurde ihr von den Verbandsgemeindewerken aufgrund des Vertrages vom 16. Dezember 1982 so wie von jedem anderen mit der Durchführung der Ausbaumaßnahme beauftragten Unternehmer in Rechnung gestellt. Es handelt sich deshalb bei dem Investitionskostenanteil um tatsächlichen Aufwand, der gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG dem Grunde nach beitragsfähig ist.

24

4. Der Investitionskostenanteil ist auch seiner Höhe nach nicht zu bestanden. Da die Zuordnung der auf die einzelnen Komponenten eines Mischkanals (Abwasserbeseitigung, Straßenentwässerung und Grundstücksentwässerung) entfallenden Ausbaukosten mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden ist, sieht § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG die Beteiligung des Straßenbaulastträgers an den Kosten der Kanalerneuerung in Form eines Pauschalbetrages vor. Dieser hat sich gemäß § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG an der Menge des in den gemeinsamen Kanal eingeleiteten Straßenoberflächenwassers zu orientieren. Hiervon ausgehend ist ein Investitionsanteil nur zu beanstanden, wenn er offensichtlich fehlerhaft ermittelt worden ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

25

Für die Kalkulation des Investitionskostenanteils haben die Verbandsgemeindewerke zunächst die in früheren Jahren getätigten Investitionen für das gesamte hier maßgebliche Oberflächenentwässerungssystem ermittelt. Hiervon haben sie 35% der Straßenoberflächenentwässerung zugeordnet. Dieser Anteil beruht auf § 3 Abs. 2 der bis zum 31. Dezember 1995 gültigen Kommunalabgabenverordnung vom 24. Juli 1986 (GVBl. S. 199). Damit unterstellt die Kalkulation, dass im Durchschnitt 35% der insgesamt entwässerten Flächen (Grundstücks- und Straßenflächen) aus Straßenflächen bestehen. Bedenken gegen die Angemessenheit dieses Anteils sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Vielmehr entspricht er in etwa dem Verhältnis zwischen den gewichteten Grundstücksflächen und den entwässerten Straßenflächen (3,1 Mio qm : 1,08 Mio qm). Somit ist die Ermittlung des Investitionskostenanteils, den die Beklagte den Verbandsgemeindewerken vertraglich schuldet, sachlich nachvollziehbar und deshalb nicht zu beanstanden.

26

5. Schließlich scheidet ein Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung durch die Berücksichtigung des von der Beklagten an die Verbandsgemeindewerke gezahlten Investitionskostenanteils bei der Erhebung von Ausbaubeiträgen unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt aus. Mit dem Investitionskostenanteil wird - wie bereits ausgeführt - die Erneuerung der Straßenleitung finanziert. Demgegenüber betreffen die Aufwendungen für die Straßenoberflächenentwässerung, die in dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Herstellungsaufwand enthalten sind, die Kosten der Straßeneinläufe, der Mittelrinne und der Anschlussleitungen an die Straßenleitung. Somit handelt es sich um jeweils unterschiedliche Bestandteile des Straßenentwässerungssystems. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die Kosten der Straßenoberflächenentwässerung, die zu Recht in den Ausbauaufwand einbezogen wurden, zugleich der etwaigen Erhebung von Kanalerneuerungsabgaben zugrunde gelegt werden. Deshalb erhalten die Verbandsgemeindewerke von vornherein auch keinen Kostenersatz von Dritten im Sinne der Nr. 12 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages vom 16. Dezember 1982.

II.

27

Es kann offenbleiben, ob – wie das Verwaltungsgericht meint - die bei der Beitragsermittlung berücksichtigten Kosten um ersparte Aufwendungen hätten gemindert werden müssen, die durch die gemeinsame Durchführung des Ausbaus der Straße „I…“ und der Kanalerneuerung entstanden sind. Denn insoweit steht der zwischen den Beteiligten im März 2007 geschlossene Vergleich einer rechtlichen Überprüfung entgegen. Darin hat der Kläger die im Änderungsbescheid vom 30. April 2007 eingestellten Herstellungskosten nach einer Reduzierung akzeptiert und seinen Widerspruch lediglich auf die Frage beschränkt, ob in den beitragsfähigen Aufwand der Investitionskostenanteil in Höhe von 13.056,09 € eingestellt werden durfte. Somit hat der Kläger auf weitere Einwendungen gegen den angefochtenen Beitragsbescheid verzichtet.

28

Anlass für die vom Kläger beantragte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO besteht nicht, da die im nachgereichten Schriftsatz vom 28. April 2009 angesprochenen Rechtsfragen bereits Gegenstand des schriftsätzlichen Vorbringens waren und in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2009 ausführlich erörtert wurden.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

30

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet seine Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

31

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

32

Beschluss

33

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 665,70 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).


Tenor

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 30. April 2007 wird der Ausbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 sowie vom 22. Januar 2007 insoweit aufgehoben, als ein höherer Beitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge hat der Kläger ein Viertel, die Beklagte drei Viertel zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Ausbaubeiträgen für den Ausbau des Kurvenbereichs der L. Straße von der gemeinsamen Grundstücksgrenze zwischen den Parzellen … und … (L. Straße 141 und 143) bis zur Einmündung in die B. Straße („Nordkopf“ des Bahnhofsvorplatzes). Er ist Eigentümer eines Grundstückskomplexes zwischen der L. Straße und der B. Straße. Seine in geschlossener Bauweise sechsgeschossig bebaute und teilweise gewerblich genutzte Parzelle … grenzt an die L. Straße, während die Parzelle … an der B. Straße anliegt. Die zwischen diesen beiden Flurstücken befindliche, nur teilweise bebaute Parzelle … grenzt an keine Straße an und wird ebenso wie das Flurstück … als Kundenparkplatz und Anlieferungsfläche für den auf dem Flurstück … eingerichteten Gewerbebetrieb genutzt.

2

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 zog die Beklagte den Kläger zu endgültigen Ausbaubeiträgen für den Ausbau der L. Straße im Bereich zwischen dem Haus Nr. … und dem Haus B. Straße Nr. … in Höhe von 8.263,61 € heran. In der Folgezeit wurde dieser Bescheid wiederholt geändert und zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auf einen Beitrag von 4.585,56 € vermindert.

3

Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu Eigen macht.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Ausbaubeitragsbescheid insoweit aufgehoben, als für die Parzelle … mehr als 918,31 €, für die Parzelle … mehr als 813,96 € und für die Parzelle … mehr als 1.622,69 € festgesetzt wurden. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der streitgegenständliche Bescheid sei hinreichend bestimmt und nur in der Höhe zu beanstanden. Der satzungsrechtliche Verteilungsmaßstab, ein Grundstücksflächenmaßstab mit einem Zuschlag von 10 % für jedes Vollgeschoss, begegne keinen Bedenken. Dass sich die Zahl der maßgebenden Vollgeschosse in beplanten Gebieten ausschließlich nach der festgesetzten höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse richte, in unbeplanten Gebieten die auf einem Grundstück tatsächlich verwirklichte Vollgeschosszahl gelte, auch wenn sie größer sei als in der maßgebenden Umgebungsbebauung, verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

5

Die abgerechnete Maßnahme sei auch ausbaubeitragsfähig. Der Ausbau der L. Straße im Kurvenbereich des Nordkopfes komme der gesamten Verkehrsanlage zugute. Diese erstrecke sich bei natürlicher Betrachtungsweise von der Einmündung in die B. Straße bis zur Kreuzung an der R. Straße.

6

Das Ausbauprogramm sei durchgeführt; die letzte Unternehmerrechnung datiere vom 6. November 2002. Die Grundstücke des Klägers seien dem Grunde nach ausbaubeitragspflichtig: die an die L. Straße angrenzende Parzelle … als Anliegergrundstück, die Parzellen … und … als beitragspflichtige Hinterliegergrundstücke mit tatsächlichem Zugang von der L. Straße. Hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse habe die Beklagte für die Parzelle … zu Recht einen Zuschlag von 60 % und für die beiden rückwärtigen Parzellen einen Zuschlag von jeweils 50 % angenommen. Denn die maßgebende Umgebungsbebauung weise in der L. Straße überwiegend sechs und in der B. Straße überwiegend fünf Vollgeschosse auf. Hinsichtlich des Artzuschlags seien gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3 ABS jeweils 10 % für die Grundstücke des Klägers anzusetzen. Ein gebietsbezogener Artzuschlag von 20 % komme nicht in Betracht. Denn der Bereich zwischen Nordkopf und R. Straße sei kein faktisches Kerngebiet und die Grundstücke des Klägers würden nicht ausschließlich gewerblich genutzt.

7

Der Gemeindeanteil von 60 % sei angesichts des vom Gericht zu respektierenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden.

8

Bei der Flächenermittlung habe die Beklagte das Bahngelände zu Recht unberücksichtigt gelassen. Denn jene Grundstücke würden weder unmittelbar noch mittelbar durch die L. Straße erschlossen. Zwar sei das Bahnhofsgebäude, und damit indirekt auch das Bahnsteiggelände, zu Fuß von der L. Straße über den Bahnhofsvorplatz zu erreichen. Dieser stelle aber eine eigenständige Verkehrsanlage dar, die verschiedene Funktionen erfülle: Sie diene unter anderem als Fahrradabstellplatz, als Taxistand, als Pkw-Parkplatz, als Busbahnhof, als Touristeninformation und als fußläufige Verbindung zum Bahnhof aus mehreren Himmelsrichtungen.

9

Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung bekräftigt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Er hält die satzungsrechtliche Verteilungsregelung für unwirksam, weil in beplanten Gebieten – anders als in unbeplanten Gebieten – nur die zulässigen Vollgeschosse und nicht die über das zulässige Maß hinaus verwirklichten Geschosse maßgebend seien. Außerdem grenzten seine Grundstücke nicht an den so genannten „Nordkopf“ und seien deshalb nicht beitragspflichtig. Insbesondere könnten die nicht an die L. Straße angrenzenden rückwärtigen Grundstücke nicht als Hinterliegergrundstücke veranlagt werden. Sie stünden zwar in seinem Eigentum, eine Zufahrtsmöglichkeit sei jedoch von der L. Straße aus tatsächlich nicht vorhanden und rechtlich nicht durch Baulast gesichert. Der Vollgeschosszuschlag für die Hinterliegergrundstücke dürfe nur an der tatsächlich verwirklichten Bebauung orientiert werden, allenfalls an einer Bebaubarkeit mit einem viergeschossigen Gebäude. Der Gemeindeanteil müsse wegen des sehr starken Durchgangsverkehrs mindestens 70 % betragen. Das Bahngrundstück habe ebenfalls veranlagt werden müssen, zumal an der langen und hohen Stützmauer entlang der L. Straße mehrere großflächige Werbetafeln aufgestellt seien, also eine bauliche Nutzung verwirklicht sei, die der Deutschen Bahn AG einen beitragsrelevanten Vorteil vermittele. Schließlich seien die fiktiven Kosten der Bauleitung weder dem Grunde nach beitragsfähig noch in Höhe der Sätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure.

10

Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2007 ergangene Urteil des Senats wurde vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

11

Der Kläger beantragt,

12

das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und den Ausbaubeitragsbescheid vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 und vom 22. Januar 2007 in vollem Umfang aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie geht in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die rückwärtigen Grundstücke des Klägers fünfgeschossig bebaubar seien. Der Gemeindeanteil betrage nicht 70 %, denn die L. Straße habe trotz des überwiegenden Durchgangsverkehrs mehr als „nur wenig“ Anliegerverkehr. Das Bahngelände sei zu Recht nicht veranlagt worden, da die Treppe von der L. Straße zum Bahnsteig 1 keinen bestimmungsgemäßen Zugang biete und nicht ausreichend sei, um den gesamten Verkehr zum und vom Hauptbahnhof bewältigen zu können. Auch die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Kosten seien zutreffend ermittelt worden.

16

Die Beklagte hat Berechnungen vorgelegt, aus denen sich die Beitragsermittlung für den Fall ergibt, dass das Bahngelände als beitragspflichtig angesehen wird.

17

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus der Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen und Plänen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung des Klägers hat zum Teil Erfolg.

19

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 und vom 22. Januar 2007 ist dem Kläger gegenüber insoweit rechtswidrig und aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), als ein höherer Ausbaubeitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde. Das verwaltungsgerichtliche Urteil muss dementsprechend abgeändert werden.

20

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes in der hier noch anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 2. März 2006 – KAG – können die Gemeinden für den Ausbau öffentlicher Verkehrsanlagen einmalige Beiträge nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen erheben. Beim einmaligen Beitrag unterliegen gemäß § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG alle diejenigen baulich oder in ähnlicher Weise nutzbaren Grundstücke der Beitragspflicht, die die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu der ausgebauten Verkehrsanlage haben. Die Beitragspflicht entsteht nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG, wenn die Bauarbeiten an der einzelnen Verkehrsanlage abgeschlossen sind und, sofern der einmalige Beitrag – wie hier - nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt wird, der entstandene Aufwand feststellbar ist.

21

Nach Maßgabe dieser gesetzlichen Bestimmungen und der im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht gültigen Satzung der Beklagten über die Erhebung einmaliger Beiträge für öffentliche Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung) vom 19. Dezember 1995 in der Fassung der Satzung vom 14. Februar 1996 und der Änderung durch die Satzung vom 22. Juli 2003 – ABS - ist die Heranziehung des Klägers zum Teil rechtmäßig (1.), zum anderen Teil verletzt der angefochtene Bescheid den Kläger in seinen Rechten (2.).

22

1. Wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil bereits zutreffend ausgeführt hat, ist die abgerechnete Maßnahme beitragsfähig und sind die veranlagten Grundstücke des Klägers als Anlieger- bzw. als Hinterliegergrundstücke beitragspflichtig (vgl. hierzu auch OVG R-P, 6 A 10558/05.OVG, ESOVGRP; 6 A 10958/04.OVG, ESOVGRP). Deshalb kann sich der Senat diese Ausführungen zu Eigen machen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen. Gleiches gilt für die Ausdehnung der maßgeblichen Verkehrsanlage; der Senat schließt sich aufgrund seiner Ortskenntnis und der vorgelegten Pläne der Auffassung des Verwaltungsgerichts an, dass als ausgebaute Straße die L. Straße vom Kreuzungsbereich mit der R. Straße bis zur Einmündung in die B. Straße zu betrachten ist. Dem Kläger kann auch nicht hinsichtlich seiner Bedenken gegen die Bestimmung des § 6 Abs. 4 ABS gefolgt werden, wonach sich der Vollgeschosszuschlag in beplanten Gebieten nach der Zahl der zulässigen Vollgeschosse, in unbeplanten Gebieten grundsätzlich nach der Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse berechnet. Diese unterschiedliche Behandlung ist sachlich gerechtfertigt, wie das Bundesverwaltungsgericht (IV C 28.70, BVerwGE 38, 147) für das Erschließungsbeitragsrecht bereits entschieden hat. Im Ausbaubeitragsrecht gilt dies nach Ansicht des Senats ebenfalls.

23

Keinen Bedenken begegnet der Ansatz eines fünfzigprozentigen Vollgeschosszuschlags für die Hinterliegergrundstücke des Klägers. Die Parzellen … und … sind derzeit i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 2 ABS lediglich untergeordnet bebaut, nämlich mit ein- bzw. zweigeschossigen Lager-, Büro- und Garagengebäuden. Unter diesen Umständen kommt es auf die in der näheren Umgebung überwiegend vorhandene Zahl der Vollgeschosse an. Wie der Senat aufgrund seiner Ortskenntnis weiß, ist die in diesem Bereich der B. Straße tatsächlich vorhandene Bebauung überwiegend fünfgeschossig. Vereinzelt gibt es zwar auch ein-, vier- und achtgeschossige Gebäude; die meisten weisen jedoch fünf Geschosse auf. Eine fünfgeschossige Bebauung kann auf den Parzellen … und … in Übereinstimmung mit den maßgebenden Vorschriften insbesondere des Baurechts auch verwirklicht werden. Das gilt für den notwendigen baulichen Brandschutz auch dann, wenn man die Erschließung durch die B. Straße, die in jedem Fall eine hinreichende Brandbekämpfung ermöglicht, „hinwegdenkt“, was erforderlich ist, weil es um die Beitragspflicht dieser Parzellen für einen Ausbau der L. Straße geht. Die diesbezüglichen brandschutzfachlichen Stellungnahmen der Beklagten vom 17. Oktober 2007 und vom 4. November 2008 bringen überzeugend zum Ausdruck, dass sowohl der bauliche als auch der abwehrende Brandschutz gewährleistet werden können. Das Erfordernis des zweiten Rettungswegs lässt sich durch ein so genanntes Sicherheitstreppenhaus erfüllen, welches auch eine Brandbekämpfung in einem fünfgeschossigen Gebäude auf den Parzellen der Parzellen … und … von der L. Straße aus, also ohne Zufahrtsmöglichkeit der Feuerwehr, ermöglichen würde.

24

2. Die Heranziehung des Klägers beruht jedoch auf einem überhöhten Ansatz der Eigenleistungen der Beklagten für die Bauleitung (a). Außerdem ist die Aufwandsverteilung zu beanstanden, weil das Bahnhofsgelände dabei unberücksichtigt geblieben ist (b). Wegen der Notwendigkeit, das Bahnhofsgelände in die Verteilung des Ausbauaufwands einzubeziehen, muss der diesbezügliche Ziel- und Quellverkehr als Anliegerverkehr angesehen werden. Deshalb ist auch der Gemeindeanteil zu beanstanden, ohne dass deswegen der angefochtene Bescheid insgesamt aufgehoben werden muss (c).

25

a) Zu den Investitionsaufwendungen, auf deren Grundlage einmalige Beiträge gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG zu ermitteln sind, gehören die gesamten Ausgaben und die bewerteten Eigenleistungen der kommunalen Gebietskörperschaft, die diese zum Ausbau der Anlage aufwenden muss (§ 9 Abs. 1 Satz 3 KAG). Dementsprechend sind auch Kosten für die Planung und/oder Bauleitung durch eigene Bedienstete des Trägers der Ausbaumaßnahme berücksichtigungsfähig. Die im Urteil des Senats vom 10. November 1981 (6 A 282/80, AS 17, 113) zum Ausdruck gebrachte Auffassung, der Einsatz von ständig beschäftigten Bediensteten bei dem Ausbau rechtfertige es nicht, einen ihren Leistungen entsprechenden Kostenanteil in den beitragfähigen Ausbauaufwand einzustellen, bezog sich auf § 8 des Kommunalabgabengesetzes vom 2. September 1977. Diese Regelung wurde jedoch durch § 7 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes vom 5. Mai 1986 abgelöst, in dessen Satz 1 Nr. 6 ausdrücklich normiert war, dass Investitionsaufwendungen die gesamten Ausgaben und die bewerteten Eigenleistungen der kommunalen Gebietskörperschaften einschließlich der Kosten für den Einsatz eigenen Personals und eigener Sachen sind, insbesondere für die Planung und Bauleitung. Mit der im Jahre 1995 erfolgten Neuregelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG, wonach auch die bewerteten Eigenleistungen zu den Investitionsaufwendungen gehören, war eine inhaltliche Abkehr von der unmittelbaren Vorgängerbestimmung nicht beabsichtigt, auch wenn auf die erwähnte Aufzählung von Beispielen verzichtet wurde (vgl. LT-Drucks. 12/5443, S. 26). Damit ist indessen noch nicht entschieden, in welcher Weise die Eigenleistungen zu bewerten sind.

26

Die Wortwahl des Gesetzgebers lässt deutlich werden, dass die betragsmäßige Ermittlung der Eigenleistungen Ergebnis eines Wertungsvorgangs sein muss. Ein solcher vollzieht sich typischerweise innerhalb eines Bewertungsspielraums, dessen sich die Behörde bewusst sein muss und dessen Grenzen nicht überschritten werden dürfen. Die Bewertung kann gerichtlich nur darauf überprüft werden, ob die gesetzlichen Vorgaben oder deren Sinn und Zweck verkannt wurden, ob die Behörde von einem unzutreffenden Sachverhalt ausging und/oder die nach Lage der Dinge einzustellenden Gesichtspunkte nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht bei der Entscheidung berücksichtigt hat (vgl. hierzu auch BVerwG, 2 C 13/87, NVwZ-RR 1990, 619; BVerwG, 6 B 73/94, NJW 1995, 977). Vor diesem Hintergrund darf bei der Bewertung von Eigenleistungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG nicht übersehen werden, dass die Vorschrift den Zweck der Kostendeckung verfolgt. Die kommunale Gebietskörperschaft, die eine Verkehrsanlage ausbaut, darf – mit anderen Worten – durch die Beitragserhebung keinen Gewinn erzielen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn sie die Eigenleistungen beispielsweise nach Stundensätzen berechnet, die nach den Bezügen bzw. Entgelten der eingesetzten Mitarbeiter gestaffelt sind. Angesichts des vergleichsweise hohen Aufwands, den diese Art der Bewertung von Eigenleistungen mit sich bringt, dürfen auch fachlich einschlägige Honorar- bzw. Vergütungsvorschriften in sachgerecht modifizierter Form entsprechend angewendet werden. Der Rückgriff auf die Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und der Ingenieure – HOAI - ist nur dann frei von Bewertungsmängeln, wenn der in dieser Verordnung berücksichtigte Gewinn des Architekten bzw. Ingenieurs (vgl. hierzu: BGH, VII ZR 288/05, BauR 2007, 1592, juris; BGH, VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118) ausgeblendet wird. Gleiches gilt für die ebenfalls in den Honoraren enthaltenen allgemeinen Geschäftsunkosten, die über die gesondert erstattungsfähigen Auslagen (Nebenkosten gemäß § 7 HOAI) hinausgehen. Mit Rücksicht darauf dürfen die Mindesthonorarbeträge nach der HOAI nur zur Hälfte in die Aufwandsermittlung eingestellt werden. Denn nach der vom Senat eingeholten sachverständigen Äußerung des Dipl.-Ing. E., Mitglied des Vorstands des Ausschusses der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (AHO), enthalten die Honoraransätze der HOAI einerseits einen zehnprozentigen Anteil für „Wagnis und Gewinn“, andererseits entfällt, wie der Bürokostenvergleich 2006 zeige, ein Anteil von ca. 40% auf die sonstigen Bürokosten, also die allgemeinen Geschäftsunkosten. Vor diesem Hintergrund hält der Senat den von der Beklagten vorgeschlagenen lediglich zwanzigprozentigen Abschlag von den Honorarsätzen der HOAI nicht für ausreichend. Vielmehr sind weitere 30% von diesen Beträgen abzusetzen.

27

b) Außerdem ist die Aufwandsverteilung zu beanstanden, weil das Bahnhofsgelände dabei unberücksichtigt geblieben ist. Die zum Bahnhofsgelände gehörenden Grundstücke sind im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG qualifiziert nutzbar; das Bundesverwaltungsgericht (8 C 85/86, BVerwGE 78, 321) spricht bei einem Bahnhof von einer gewerbeähnlichen Nutzung. Diese Grundstücke haben außerdem die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt und eines Zugangs zur L. Straße, und zwar zum Teil als Anlieger- (aa), zum Teil als Hinterliegergrundstücke (bb).

28

aa) Unmittelbar von der L. Straße erschlossen sind die Anliegerparzellen … und …, die gleichsam nahtlos an die dem öffentlichen Verkehr gewidmete Wegeparzelle … in dem Bereich vor der Einmündung der L. Straße in die B. Straße anschließen. Soweit auf dem Flurstück … ein Bahnhofszugang für Fußgänger, Parkplätze und Taxistände errichtet wurden, handelt es sich nach dem maßgeblichen tatsächlichen Erscheinungsbild nicht um eine gegenüber der L. Straße selbständige Verkehrsanlage (vgl. auch BVerwG, IV C 28.71, DVBl 1972, 894, juris), sondern um einen Teil derselben.

29

An diesen Teil der L. Straße grenzen die bahneigenen Parzellen … und … an. Als Fortsetzung des Mehrzweckbereichs nördlich des Bahnhofsgebäudes bilden sie keine selbständige Erschließungsanlage in Form eines privaten Zugangs zum Hauptbahnhof. Nach der auf das Ausbaubeitragsrecht übertragbaren erschließungsbeitragsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 65/82, KStZ 1984, 149;IV C 151.68, Buchholz 406.11 § 123 BBauG Nr. 4, juris) kann eine private Straße, die eine Verbindung zwischen der öffentlichen Straße und zahlreichen Grundstücken darstellt und an Breite der öffentlichen Straße nicht nachsteht, als Erschließungsanlage für die an sie angrenzenden Grundstücke angesehen werden, wenn sie eine zum Anbau bestimmte, zur verkehrsmäßigen Erschließung geeignete und überdies selbständige Anlage ist. Bei der Abgrenzung zwischen erschließungsrechtlich selbständigen und unselbständigen Anlagen geht es um eine Differenzierung zwischen (schon) selbständigen Anbaustraßen und (noch) unselbständigen Zufahrten als "Anhängseln" der selbständigen Anbaustraßen, von denen sie abzweigen (BVerwG, 8 C 33/94, NVwZ-RR 1995, 695). Angesichts dessen ist für die Beantwortung der Frage, ob im Einzelfall eine befahrbare Verkehrsanlage als "nur" mehr oder weniger große unselbständige Zufahrt oder als "schon" selbständige Anbaustraße zu qualifizieren ist, grundsätzlich ausschlaggebend abzustellen auf den Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter von der zu beurteilenden Anlage vermitteln (BVerwG, 8 C 106/83, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 59, juris). Für diesen Gesamteindruck kommt es in erster Linie auf die Ausdehnung der zu beurteilenden Anlage an (BVerwG, 8 C 81/81, NVwZ 1983, 669). Ein ca. 280 m langes, befahrbares privates Wegenetz, das der "inneren Erschließung" einer Reihenhausanlage dient und im Miteigentum derjenigen steht, deren Wohngrundstücke an das Wegenetz grenzen, ist regelmäßig eine Erschließungsanlage im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB (BVerwG, 8 C 65/82, KStZ 1984, 149). Das trifft für private Zufahrten und Wege auf einem Anliegergrundstück nicht zu, die nur der internen Erreichbarkeit einzelner Teilflächen des Grundstücks oder bestimmter Standorte dienen, nicht aber der Erschließung weiterer Grundstücke (BVerwG, 8 C 8/97, NVwZ 1999, 997).

30

Nach diesen Maßstäben spricht wenig dafür, die Anliegerparzellen … und … aufgrund ihres Erscheinungsbilds als zum Anbau bestimmte Verkehrsanlage zu betrachten. Aber auch wenn man dies unterstellt, handelt es sich bei diesen Anliegerparzellen nicht um eine selbständige private Erschließungsanlage, sondern um die Fortsetzung der straßenrechtlich gewidmeten Wegeparzelle … (L. Straße im Bereich des „Nordkopfs“) mit dem Fußgängerbereich, den Taxiständen und den übrigen Fahrzeugabstellplätzen. Mangels in der Örtlichkeit erkennbarer Trennung zwischen den Parzellen … und … sowie … kann der Eindruck der Eigenständigkeit der bahneigenen Anliegerparzellen nicht entstehen. Wegen des fließenden Übergangs ähneln die Flurstücke … und … nicht einmal einer privaten Zufahrt, die als abgegrenzte Verkehrsfläche zumindest wahrgenommen werden kann. Die Flurstücke 1/18 und 1/19 sind deshalb noch weniger als eine solche eine selbständige Verkehrsanlage; sie stellen nicht die wegemäßige Erschließung des Bahnhofsgeländes dar, sondern vermitteln diese Erschließung lediglich. Auch was die Ausdehnung angeht, erscheinen sie als unselbständig. Ein Bahnhofsgelände wie das des K. Hauptbahnhofs kann angesichts des mit seinem Betrieb verbundenen erheblichen Ziel- und Quellverkehrs nicht von einer derart kleinen, überwiegend zwischen 10 und 20 Meter breiten Fläche erschlossen werden.

31

Als Teil des Betriebsgeländes des Hauptbahnhofs unterliegen die Parzellen … und … zudem einer bahnrechtlichen Zweckbestimmung. Sie sind nicht straßenrechtlich, sondern für Bahnzwecke gewidmet als das Be- und Entladen sowie den Zugang und Abgang ermöglichende und damit für den Betrieb der Schienenwege notwendige Anlagen (vgl. BVerwG, 11 A 2/96, BVerwGE 102, 269).

32

bb) Die Flurstücke … und …, auf dem das Bahnhofsgebäude errichtet ist, und das dahinter liegende Grundstück werden mittelbar (auch) von der L. Straße erschlossen. Sie unterliegen als Hinterliegergrundstücke der Beitragspflicht.

33

Nach der auf das Ausbaubeitragsrecht übertragbaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht (vgl. BVerwG, 8 C 27/96, NVwZ-RR 1998, 67) dürfen die Eigentümer der (übrigen) erschlossenen Grundstücke nach den im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten bestehenden tatsächlichen Verhältnissen schutzwürdig erwarten, auch ein Hinterliegergrundstück nehme an der Verteilung des für die abzurechnende beitragsfähige Erschließungsanlage angefallenen umlagefähigen Aufwands teil, wenn "typischerweise mit einer Inanspruchnahme der Anbaustraße (auch) durch das Hinterliegergrundstück gerechnet werden muss“. Ob damit zu rechnen ist, richtet sich im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans nach dessen Festsetzungen über die straßenmäßige Erschließung (BVerwG, 9 C 5/01, NVwZ-RR 2002, 770). Sind solche nicht getroffen, wird es darauf ankommen, aus dem dem Plan erkennbar zugrunde liegenden Verkehrskonzept oder anderen sich aus der Planbegründung ergebenden Anhaltspunkten Rückschlüsse auf die voraussichtliche Inanspruchnahme der Anbaustraße durch das Hinterliegergrundstück zu ziehen. Wird jedoch ein Hinterliegergrundstück, das im Eigentum derselben Person steht wie das selbständig bebaubare Anliegergrundstück, zusammen mit dem Anliegergrundstück einheitlich genutzt oder besitzt es tatsächlich eine Zufahrt zu der Anbaustraße, gehört es ohne Weiteres zum Kreis der durch diese Anlage erschlossenen Grundstücke (BVerwG, 8 C 111/86, BVerwGE 79, 1 = NVwZ 1988, 630).

34

Angesichts dessen sind die Hinterliegergrundstücke des Bahnhofsgeländes bereits wegen der einheitlichen wirtschaftlichen Nutzung und der vorhandenen Zugänglichkeit in den Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke einzubeziehen. Außerdem muss nach der Verkehrskonzeption der Beklagten mit einer Inanspruchnahme der L. Straße (auch) durch die Hinterliegergrundstücke des Bahnhofsgeländes gerechnet werden. Wie dem „Erläuterungsbericht zur Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes“ der Beklagten entnommen werden kann, soll die sogenannte Mehrzweckfläche im Bereich des „Nordkopfs“ dazu dienen, dass Fahrgäste mit Taxen, privaten Kraftwagen oder Fahrrädern den Hauptbahnhof über die L. Straße bequem erreichen können.

35

Damit wird gleichzeitig deutlich, dass nicht der gesamte Verkehr zum und vom Hauptbahnhof von der L. Straße bewältigt werden soll. Insbesondere der Busverkehr und ein Großteil des Pkw-Verkehrs, der in die Tiefgarage unter dem Bahnhofsplatz geleitet wird, fließen im Wesentlichen über andere Verkehrsanlagen. Eine solche Aufteilung des angesichts der zulässigen Grundstücksnutzung zu erwartenden Gesamtverkehrs auf unterschiedliche Verkehrsanlagen kann – wie hier geschehen - auf der Grundlage eines gemeindlichen Verkehrskonzepts erfolgen (vgl. auch OVG R-P, 6 A 10158/06.OVG, ESOVGRP).

36

Die Beitragspflicht scheitert nicht an dem Umstand, dass es sich (teilweise) um ein mit einem Erbbaurecht belastetes Hinterliegergrundstück handelt. Denn das davon betroffene Flurstück …, auf dem sich das Hauptbahnhofsgebäude befindet, ist über die unmittelbaren Anliegergrundstücke von der L. Straße aus zugänglich, mit dem übrigen Bahnhofsgelände einheitlich genutzt und für die Abwicklung des Eisenbahnbetriebs schlechthin unentbehrlich, so dass die unterschiedlichen dinglichen Berechtigungen für die Beurteilung des Ausbauvorteils dieser Hinterliegergrundstücke nicht von entscheidender Bedeutung sind.

37

Auch hinsichtlich des Umfangs des „Erschlossenseins“ eines Bahnhofsgeländes hält der Senat die erschließungsbeitragsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 85/86, BVerwGE 78, 321) für entsprechend anwendbar. Danach werden grundsätzlich die zwischen der Straße und dem Schienenweg liegenden Flächen eines als Bahnhofsgelände genutzten Bahnbetriebsgrundstücks erschlossen, wobei bei einem Bahnhof zwar die Bahnsteige und die Flächen, auf denen der Zugang von der Straße über das Bahnhofsgelände zum Bahnsteig erfolgt, nicht aber das Schienengelände als solches zu der durch eine Anbaustraße erschlossenen Fläche gehören. Der Senat legt seiner Entscheidung deshalb die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nachgebesserte Berechnung zugrunde, die neben den Grundstücken …, …, … und … auch die Bahnsteigflächen auf der Parzelle … in vollem Umfang berücksichtigt. Soweit letztere in den sich südlich an die überdachten Bahnsteigflächen anschließenden Bereichen in erster Linie Bahnbetriebszwecken dienen und von den Bahnkunden selten benutzt werden, wären sie nach den erwähnten Maßstäben eigentlich aus der Berechnung zu nehmen. Dies unterbleibt jedoch, weil dadurch ein rechnerischer Ausgleich geschaffen wird für die Bahnsteigflächen auf dem Flurstück …, die den Bahnkunden zur Verfügung stehen, aber in die von der Beklagten vorgelegte Berechnung nicht eingeflossen sind. Da diese bisher nicht berücksichtigten Bahnsteigflächen auf dem Flurstück … nach den vorliegenden Plänen ersichtlich kleiner sind als die sich südlich an die überdachten Bahnsteigflächen anschließenden Bereiche, die in erster Linie Bahnbetriebszwecken dienen, kann der Kläger durch diese Berechnung nicht in seinen Rechten verletzt werden. Im Übrigen kann das Flurstück …, das ganz überwiegend von der Gleisanlage in Anspruch genommen wird, nicht der Beitragspflicht unterliegen. Dies gilt unabhängig von der Frage seiner Zugänglichkeit über die (für den Verkehr gesperrte) Treppe, die von der L. Straße zum Bahnsteig 1 führt. Darauf kommt es angesichts der vorstehenden Ausführungen zur Zugänglichkeit des Bahnhofsgeländes nicht entscheidend an.

38

c) Wegen der Notwendigkeit, das Bahnhofsgelände in die Verteilung des Ausbauaufwands einzubeziehen, muss der diesbezügliche Ziel- und Quellverkehr als Anliegerverkehr angesehen werden. Deshalb ist auch die Festlegung des Gemeindeanteils auf 60% zu beanstanden. Diese fehlerhaft zu hohe Festsetzung, die die Beitragspflichtigen begünstigt, führt nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheids in vollem Umfang (aa), sondern nur insoweit, als ein höherer Beitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde (bb).

39

aa) Der angefochtene Bescheid wäre allerdings insgesamt aufzuheben, wenn die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils das Entstehen der Beitragspflicht verhindert hätte oder dazu führen würde, dass es am Satzungserfordernis des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG fehlt. Weder das eine noch das andere trifft zu.

40

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG, wonach kommunale Abgaben grundsätzlich nur aufgrund einer Satzung erhoben werden dürfen, wird durch die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils nicht verletzt, die – wie hier - nicht in Form einer gemeindlichen Satzung, sondern durch (schlichten) Beschluss des Stadtrats der Beklagten erfolgte. Eine Verletzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG läge darin allenfalls dann, wenn der Gemeindeanteil zu den Gegenständen gehören würde, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG zwingend in einer Abgabensatzung zu regeln sind (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 <414>), was indessen nicht der Fall ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG muss die Satzung die Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab sowie den Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuld bestimmen, also nicht den Gemeindeanteil. Ein auf der Grundlage eines (schlichten) Ratsbeschlusses über einen zu hohen Gemeindeanteil erlassener, die Beitragspflichtigen zu niedrig belastender Beitragsbescheid kann deshalb insoweit nicht in deren Rechte eingreifen (vgl. OVG R-P, 6 A 12238/97.OVG, ESOVGRP).

41

Durch die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils ist (auch) das Entstehen der Beitragspflicht nicht verhindert worden.

42

Der Anspruch auf den einmaligen Beitrag entsteht nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG, wenn die Bauarbeiten an der einzelnen Verkehrsanlage abgeschlossen sind und, sofern der einmalige Beitrag - wie hier - nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt wird, der entstandene Aufwand feststellbar ist. Schon der Wortlaut dieser Bestimmung lässt deutlich werden, dass die Beitragspflicht unabhängig von der Festlegung des Gemeindeanteils entsteht. Der entstandene Aufwand als die Summe der Ausbauaufwendungen kann festgestellt werden, ohne dass Klarheit über die Verteilung dieses Aufwands herrscht.

43

Zwar lässt sich im Zeitpunkt des Abschlusses der Bauarbeiten und der Feststellbarkeit des entstandenen Aufwands der auf das einzelne Grundstück entfallende Beitrag häufig noch nicht exakt beziffern; gleichwohl ist der Beitragsanspruch nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG vom rechtsdogmatischen Ansatzpunkt her in einer bestimmten Höhe entstanden (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 <413>). Das Entstehen der Beitragspflicht ist nicht gleichbedeutend mit der Berechenbarkeit und Festsetzbarkeit des Beitrags, was zusätzlich eine wirksame Beitragssatzung sowie die Festlegung des Gemeindeanteils erfordert.

44

Aus dieser Notwendigkeit kann aber nicht geschlossen werden, dass der Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht hinausgeschoben ist, bis sämtliche Voraussetzungen der Festsetzbarkeit des Beitrags erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. 6 A 56/75.OVG, AS 14, 321, ESOVGRP; 6 A 12181/90.OVG, ESOVGRP) und anderer Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG N-W, 15 A 3907/92, KStZ 1997, 117, juris; OVG S-H, 2 L 116/97, juris; OVG M-V, 6 M 93/97, DVBl 1998, 56, juris; a.A. OVG SL, 1 R 4/00, AS 29, 303) muss im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG erforderliche Satzung nicht vorhanden sein; es reicht, wenn eine später erlassene Ausbaubeitragssatzung sich Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht beimisst.

45

Soweit Driehaus (Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 34 Rn. 5, § 37 Rn. 10 unter Hinweis auf VG Dessau, 2 A 756/99.DE, NVwZ-RR 2001, 326 mit kritischer Anmerkung von Sendler , NVwZ 2001, 1006) die Auffassung vertritt, das Entstehen der Ausbaubeitragspflicht hänge vom Vorhandensein einer gültigen Satzung ab, in der auch die Höhe des Gemeindeanteils geregelt sein müsse, folgt dem der Senat nicht. Betrachtete man – wie im Erschließungsbeitragsrecht – eine Satzung als Voraussetzung des Entstehens der Beitragspflicht, würde die Festsetzungsfrist, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AbgabenordnungAO - mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Beitrag entstanden ist, bis zum In-Kraft-Treten dieser Satzung hinausgeschoben. Für eine solche Folge ist weder § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG noch § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO etwas zu entnehmen. Darüber hinaus könnte die Festsetzungsfrist durch Hinauszögern der Festlegung des Gemeindeanteils unterlaufen werden. Im Übrigen müssten unter diesen Umständen auch Bescheide aufgehoben werden, die auf einem eindeutig zu hohen und damit für die Beitragspflichtigen zu günstigen Gemeindeanteil beruhen.

46

bb) Die Berichtigung des Gemeindeanteils wegen der Notwendigkeit, den Ziel- und Quellverkehr zum und vom Bahnhofsgelände als Anliegerverkehr zu betrachten, kann der Senat nicht selbst vornehmen. Er hat den Beurteilungsspielraum der Beklagten zu respektieren und darf ihn nicht durch eine eigene Bewertung ersetzen (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 (414); 6 A 11315/06.OVG, ESOVGRP; NdsOVG, 9 A 56/86, KStZ 1988, 55; BayVGH, 6 B 82 A.2893, BayVBl 1985, 117). Der festgesetzte Stadtanteil von 60% wirkt sich allerdings günstig für den Kläger aus. Denn die Beklagte übernimmt damit einen größeren Anteil am Ausbauaufwand, als es der Durchgangsverkehr gebietet.

47

Da der Aufwand um weitere 30%, insgesamt also um die Hälfte der Honoraransätze der HOAI für die Bewertung der Bauleitungsaufwendungen durch die Stadtämter 65 (für die Beleuchtung) und 67 (für die Baumpflanzungen) zu kürzen ist, vermindert sich der Gesamtaufwand auf 70.977,83 €. Davon entfallen 40% auf die Beitragspflichtigen, also 28.391,13 €. Die gewichtete Gesamtfläche beträgt aufgrund der Einbeziehung des Bahnhofsgeländes 34.473,65 m², so dass sich ein Beitragssatz von 0,8235603 €/m² ergibt, der multipliziert mit der gewichteten Fläche der Grundstücke des Klägers (1.400,46 m²) zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von 1.153,36 € führt.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

49

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

50

Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

51

Beschluss

52

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren im zweiten Rechtszug auf 3.354,96 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.


Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 2. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens im zweiten Rechtszug zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung seitens des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des in N... gelegenen Grundstücks Flur ..., Parzelle .../... (H...straße ...), gegen seine Heranziehung zu einem einmaligen Ausbaubeitrag in Höhe von 1.238,53 € durch Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2008.

2

Der Ausbau der H...straße erfolgte nach ihrer Abstufung von einer Kreisstraße zu einer Gemeindestraße in dem räumlichen Umfang, in dem zuvor die Ortsdurchfahrt festgesetzt war. Der Rat der Beklagten beschloss hierzu am 4. Februar 1997 die Erneuerung der Fahrbahn mit einem frostsicheren Unterbau und einer durchgehend bituminös befestigten Fahrbahnoberfläche als Mischfläche für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr einschließlich der Erneuerung der Straßenoberflächenentwässerung. Für die Mündungsbereiche zu den anderen Gemeindestraßen wurde eine Pflasterung auf Teilflächen vorgesehen. Weiter hieß es in diesem Beschluss vom 4. Februar 1997:

3

„In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die beitragspflichtigen Grundstücksanlieger nur mit den Beiträgen belastet werden, wie sie angefallen wären, wenn die Fahrbahn noch in der Baulast des Landkreises und die Ortsgemeinde N... nur die Nebenanlagen auszubauen hätte.

4

Es werden daher von dem insgesamt entstehenden beitragsfähigen Aufwand die Kosten abgezogen, die anteilig auf die Fahrbahn entfallen. “

5

Diesen Beschluss vom 4. Februar 1997 übermittelte die Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach mit Schreiben vom 6. Juni 1997 an die Beitragspflichtigen. Es diente der Mitteilung über die Durchführung beitragsfähiger Baumaßnahmen und enthielt den Hinweis, diese Mitteilung sei unverbindlich.

6

Mit seiner nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung müssten bei der Aufwandsermittlung unberücksichtigt bleiben, weil der Anspruch der Verbandsgemeindewerke gegen die Beklagte auf Übernahme dieser Kosten verjährt gewesen sei, als er mit Abrechnung vom 22. September 2004 geltend gemacht wurde. Denn es handele sich um einen vertragsähnlichen, keinesfalls aber um einen der dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliegenden bereicherungs- oder erstattungsrechtlichen Anspruch.

7

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers und hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich insoweit zu eigen macht.

8

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, hinsichtlich der Kosten für den Ausbau der Fahrbahn liege ein Abgabenvorausverzicht der Beklagten vor. Im Übrigen sei der Beitragsanspruch mangels einer aussagekräftigen Schlussrechnung für die Entwässerung noch nicht entstanden. Außerdem habe der Gemeinderat den Gemeindeanteil nicht wirksam festgesetzt.

9

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor, die ausdrücklich als unverbindlich bezeichnete Mitteilung vom 6. Juni 1997 könne keinen Beitragsvorausverzicht darstellen, zumal es an der Bestimmtheit des Umfangs eines Verzichts fehle. Der Beitragsanspruch sei auch entstanden, nachdem die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung unter dem 22. September 2004 von den Verbandsgemeindewerken in Rechnung gestellt worden seien. Dabei handele es sich um tatsächliche Aufwendungen, auch wenn eine vertragliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Verbandsgemeindewerken nicht getroffen worden sei. Die Forderung der Verbandsgemeindewerke sei im Übrigen vor Eintritt der Verjährung geltend gemacht worden.

10

Die Beklagte beantragt,

11

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

13

die Berufung zurückzuweisen.

14

Er verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt sein erstinstanzliches Vorbringen, der vertragsähnliche Anspruch der Verbandsgemeindewerke gegen die Beklagte auf Übernahme der Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung sei verjährt gewesen, als die Verbandsgemeindewerke ihn mit der Abrechnung vom 22. September 2004 geltend gemacht hätten. Eine dreißigjährige Verjährungsfrist, die für bereicherungs- oder erstattungsrechtliche Ansprüche gelte, komme hier nicht in Betracht. Da der Beklagten deshalb insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht zugestanden habe, könnten die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung nicht als notwendige Aufwendungen im beitragsrechtlichen Sinn erachtet werden.

15

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen und den vorgelegten Verwaltungsvorgängen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

16

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Heranziehungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn er ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Zwar steht der Erhebung eines Ausbaubeitrags für die Fahrbahnkosten kein wirksamer Abgabenvorausverzicht entgegen (1.). Der Beitragsanspruch ist jedoch bisher nicht entstanden, weil die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung noch nicht feststehen (2.). Bedenken gegen den Beitragsbescheid bestehen auch hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung der der Veranlagung zugrunde gelegten Verkehrsanlage (3.).

17

1. Anders als das Verwaltungsgericht angenommen hat, stellt der Gemeinderatsbeschluss vom 4. Februar 1997, wonach von dem insgesamt entstehenden beitragsfähigen Aufwand die Kosten abgezogen werden, die anteilig auf die Fahrbahn entfallen, auch in Verbindung mit der Mitteilung der Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach vom 6. Juni 1997 keinen wirksamen Beitragsvorausverzicht in Bezug auf die Fahrbahnkosten dar.

18

Dies ergibt sich zunächst aus dem Umstand, dass dieses Schreiben vom 6. Juni 1997 in erster Linie der durch § 7 Abs. 6 KAG vorgeschriebenen Mitteilung über die Durchführung beitragsfähiger Baumaßnahmen diente und den Hinweis enthielt, diese Mitteilung sei unverbindlich und Änderungen der Planung, insbesondere der beitragsrechtlichen Bestimmungen, blieben vorbehalten. Abgesehen davon liegt ein wirksamer Vorausverzicht auf die für die Erneuerung der Fahrbahn entstehenden Beiträge mangels Bestimmtheit nicht vor. Denn der Beschluss des Ortsgemeinderats vom 4. Februar 1997, die beitragspflichtigen Grundstücksanlieger nur mit den Beiträgen zu belasten, die anfielen, wenn die Fahrbahn noch in der Baulast des Landkreises stünde und die Ortsgemeinde N... nur die Nebenanlagen auszubauen hätte, geht einerseits davon aus, dass Kosten für die Fahrbahn und davon zu unterscheidende Kosten für die Nebenanlagen, also insbesondere für die Gehwege, anfallen. Andererseits beinhaltet dieser Ratsbeschluss die Festlegung auf die Erneuerung der Fahrbahn als Mischfläche für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr. Die Errichtung einer solchen Mischfläche lässt jedoch nicht ohne Weiteres eine Aufteilung der Kosten für die dem Fahrzeugverkehr dienende Fahrbahn und der Kosten für den Fußgängerbereich zu. Es ist auch nicht ersichtlich, dass für den Fußgängerverkehr Randbereiche der H...straße in einem bestimmten Umfang vorgesehen waren. Damit stand im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Ortsgemeinderats nicht fest, welcher konkrete oder zumindest berechenbare Teil eines künftigen Beitragsanspruchs anteilig auf die Fahrbahn entfallen würde, wenn sie noch in der Baulast des Landkreises stünde. Kennzeichnend für einen Abgabenvorausverzicht ist jedoch die vollständige oder teilweise Verfügung über einen konkreten künftigen Beitragsanspruch, also dessen (bedingte) Vernichtung, ohne dass seitens des Beitragsgläubigers noch weitere Vollzugsakte notwendig sind (BVerwG, 8 C 174/81, NJW 1984, 2113, KStZ 1984, 112, juris; OVG RP, 6 A 68/86.OVG, esovgrp; OVG RP, 6 A 10558/05.OVG, esovgrp).

19

2. Der Beitragsanspruch ist aber noch nicht entstanden, weil die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung bislang nicht feststellbar sind (a). Allerdings würde ihre Höhe feststehen, wenn diese Kosten verjährt wären. Dann stünde der Beklagten gegenüber den Verbandsgemeindewerken ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Würde die Beklagte diese Forderung dennoch begleichen, könnten diese Kosten nicht als notwendiger Ausbauaufwand anerkannt werden (vgl. hierzu OVG RP, 6 A 11716/04.OVG, KStZ 2005, 116, esovgrp; 6 A 10389/06.OVG, esovgrp). Die Kosten, die die Beklagte den Verbandsgemeindewerken für die Herstellung bzw. Erneuerung der Straßenoberflächenentwässerung schuldet, sind indessen nicht verjährt (b).

20

a) Der Anspruch auf den einmaligen Beitrag entsteht nach § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG, wenn die Bauarbeiten an der einzelnen Verkehrsanlage abgeschlossen sind und, sofern der einmalige Beitrag - wie hier - nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt wird, der entstandene Aufwand feststellbar ist. An dieser Voraussetzung fehlt es hinsichtlich der gemäß § 12 Abs. 10 LStrG von der Beklagten zu tragenden Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung der ausgebauten Verkehrsanlage. Zwar erfolgte unter dem 22. September 2004 die Abrechnung der Verbandsgemeindewerke Puderbach gegenüber der Beklagten über die Investitionskostenbeteiligung der Ortsgemeinde für die Straßenoberflächenentwässerung, welche auf der Grundlage des Pauschalsatzes der Verbandsgemeindewerke von 9,43 €/m² insgesamt mit 37.843,14 € für die H...straße und mit 2.563,64 € für die A... Straße festgesetzt wurde. Die dadurch der Beklagten als Straßenbaulastträgerin in Rechnung gestellten Kosten können die Verbandsgemeindewerke aber auf der Grundlage des § 12 Abs. 10 LStrG nicht beanspruchen, so dass sie nicht als tatsächliche Investitionsaufwendungen bei der Beklagten angefallen sind (vgl. hierzu OVG RP, 6 A 10141/09.OVG, esovgrp, juris).

21

Nach § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG hat sich der Träger der Straßenbaulast vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung mit dem Träger der Kanalisation an den Kosten der Herstellung, den laufenden Kosten und den Kosten einer Erneuerung der Kanalisation entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn (vgl. hierzu OVG RP, 1 A 11617/01.OVG, esovgrp; OVG RP, 6 A 11364/08.OVG, AS 38, 246, esovgrp, juris) zu beteiligen, wenn die Fahrbahnentwässerung in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt. Diese Beteiligung an den Kosten für die Herstellung oder für die Erneuerung der Kanalisation soll gemäß § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG jeweils durch einen einmaligen Pauschalbetrag, die Beteiligung an den laufenden Kosten durch jährlich wiederkehrende Pauschalbeträge abgegolten werden. Die Ermittlung der für die Pauschalbeträge geltenden Richtwerte erfolgt durch den Träger der Kanalisation im Einvernehmen mit dem Träger der Straßenbaulast (§ 12 Abs. 10 Satz 3 LStrG). Das der Bestimmung des § 12 Abs. 10 LStrG zugrunde liegende Regelungskonzept sieht danach drei Möglichkeiten der Beteiligung des Trägers der Straßenbaulast an den Herstellungskosten der Kanalisation vor, wenn die Fahrbahnentwässerung – wie hier - in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt.

22

Zunächst ist durch den Gesetzeswortlaut ausdrücklich eine „anderweitige Vereinbarung“ zugelassen, also die Regelung des Investitionskostenanteils durch Vertrag zwischen dem Straßenbaulastträger und dem Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung. Anders als das Verwaltungsgericht meint, ist eine solche Vereinbarung jedoch keine notwendige Voraussetzung für eine auf § 12 Abs. 10 LStrG gestützte Kostenforderung gegenüber dem Straßenbaulastträger (vgl. OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris; OVG RP, 1 A 11553/04.OVG, esovgrp). Dass eine vertragliche Vereinbarung nicht zwingend erforderlich ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG, wonach sich der Träger der Straßenbaulast „vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung“ mit dem Träger der Kanalisation u. a. an den Kosten der Herstellung zu beteiligen hat. Es heißt nicht etwa, der Straßenbaulastträger habe sich nach Maßgabe einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Träger der Kanalisation an den Kosten zu beteiligen. Auch der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts kann nicht entnommen werden, dass nur auf vertraglicher Grundlage eine Kostenbeteiligung gemäß § 12 Abs. 10 LStrG in Betracht kommt. Zwar lagen den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts in den Verfahren 6 A 13131/97.OVG (esovgrp), 1 A 11553/04.OVG (esovgrp), 6 A 11364/08.OVG (AS 38, 246, esovgrp, juris) und 6 A 10141/09.OVG (esovgrp) Fallgestaltungen zugrunde, in denen solche Verträge geschlossen worden waren. Im Verfahren 6 A 11401/01.OVG war dies aber nicht der Fall.

23

Die zweite Möglichkeit einer Beteiligung des Straßenbaulastträgers an den Herstellungs- bzw. Erneuerungskosten der Kanalisation besteht in der Geltendmachung eines einmaligen Pauschalbetrags durch den Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung. Gemäß § 12 Abs. 10 Satz 3 LStrG erfolgt in diesem Fall die Ermittlung der für die Pauschalbeträge geltenden Richtwerte durch den Träger der Kanalisation im Einvernehmen mit dem Träger der Straßenbaulast (vgl. hierzu OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris). Dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber den Vorrang eingeräumt, weil von ihr nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG Gebrauch gemacht werden „soll“.

24

Diese Formulierung lässt außerdem deutlich werden, dass es noch eine dritte Möglichkeit gibt, den Straßenbaulastträger an den Herstellungskosten der Kanalisation zu beteiligen, nämlich aufgrund einer Berechnung der im konkreten Einzelfall auf die ausgebaute Verkehrsanlage entfallenden Kosten der Straßenoberflächenentwässerung (vgl. hierzu im einzelnen OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris).

25

Keine dieser Möglichkeiten wurde bislang in einer Weise umgesetzt, die eine Ermittlung der tatsächlichen Aufwendungen der Beklagten für die Straßenoberflächenentwässerung der ausgebauten Straße zulässt. Eine einzelfallbezogene Abrechnung der Kosten für die Beseitigung des Straßenoberflächenwassers in der H...straße ist nicht erfolgt, insbesondere nicht unter Anwendung des gesetzlich vorgegebenen Maßstabs „entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn“ (vgl. hierzu OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris; OVG RP, 1 A 11617/01.OVG, esovgrp). Die Schlussrechnung der Fa. B... B... vom 15. Mai 1997, die sich auf die „Ortsentwässerung B...“ bezieht, umfasst – wie in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen ausgeführt ist – zudem nicht nur Baumaßnahmen in der H...straße und gibt deshalb tatsächliche Aufwendungen für die ausgebaute Verkehrsanlage nicht ohne weitere Aufbereitung wieder. Auch von der zweiten dargestellten Möglichkeit ist nicht nach Maßgabe des § 12 Abs. 10 LStrG Gebrauch gemacht worden. Zwar erfolgte unter dem 22. September 2004 auf der Grundlage eines Pauschalsatzes die Abrechnung der Verbandsgemeindewerke Puderbach gegenüber der Beklagten über die Investitionskostenbeteiligung der Ortsgemeinde für die Straßenoberflächenentwässerung der ausgebauten Verkehrsanlage. An der in § 12 Abs. 10 Satz 3 LStrG vorgeschriebenen einvernehmlichen Ermittlung der für die Pauschalbeträge geltenden Richtwerte fehlt es aber, wie seitens der Beklagten in der mündlichen Berufungsverhandlung eingeräumt wurde. Diese einvernehmliche Ermittlung stellt aber die zwingende Voraussetzung dar, um die Höhe der der Kostenermittlung zugrunde gelegten Pauschalbeträge und damit auch die Höhe des für die Beitragserhebung maßgeblichen Gesamtaufwands hinreichend verlässlich zu konkretisieren. Schließlich haben die Beklagte und die Verbandsgemeindewerke bislang auch keine Vereinbarung über die Kosten der Straßenoberflächenentwässerung der H...straße geschlossen.

26

Eine solche Kostenvereinbarung ist aber noch möglich. Sie muss nämlich - wie sich aus § 12 Abs. 10 Satz 4 LStrG i.V.m. § 60 VwVfG ergibt - nicht bereits vor dem Beginn der Baumaßnahmen getroffen werden. Nach diesen Bestimmungen kann eine Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts verlangen, wenn eine Vereinbarung geschlossen ist, die Verhältnisse sich aber so wesentlich geändert haben, dass der Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen Regelung nicht zuzumuten ist. Die Übereinkunft über die Kosten der Straßenoberflächenentwässerung muss also nicht abschließend vor dem Ausbau erfolgen. Dem somit noch möglichen Abschluss einer Kostenvereinbarung steht zudem der Einwand der Verjährung nicht entgegen.

27

b) Der Anspruch der Verbandsgemeindewerke Puderbach gegen die Beklagte auf Beteiligung an den Kosten für die Herstellung bzw. Erneuerung der Kanalisation ist nämlich nicht verjährt, weil die hier maßgebliche dreißigjährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

28

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 3 C 37/07, BVerwGE 132, 324, juris; 3 C 6/08, juris) ist anerkannt, dass das Rechtsinstitut der Verjährung auch im öffentlichen Recht jedenfalls auf vermögensrechtliche Ansprüche Anwendung findet. Das gilt selbst dann, wenn Gläubiger und Schuldner juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Nach welchen Regeln sich die Verjährung richtet, ist – sofern spezielle Vorschriften des einschlägigen Fachrechts fehlen – im Wege der Analogie zu entscheiden. Auf öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche hat das Bundesverwaltungsgericht in Ermangelung spezieller Verjährungsregeln bislang die für bürgerlich-rechtliche Bereicherungsansprüche geltende kenntnisunabhängige dreißigjährige Verjährungsfrist angewendet (BVerwG, 2 C 14.81, BVerwGE 66, 251 <252 f.>; BVerwG, 2 C 10.05, juris; BVerwG, 5 C 25.07, juris; BVerwG, 7 A 2.07, juris). Sind speziellere Verjährungsfristen nicht analogiefähig, sieht das Bundesverwaltungsgericht in der dreißigjährigen Regelverjährung den Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens (BVerwG, 3 C 37/07, BVerwGE 132, 324, juris; 3 C 6/08, juris). Diese dreißigjährige Verjährungsfrist gilt auch unter den vorliegenden Umständen (vgl. hierzu auch OVG RP, 6 A 11401/01.OVG).

29

Da eine Vereinbarung über die Investitionskostenbeteiligung der Ortsgemeinde für die Straßenoberflächenentwässerung nicht geschlossen wurde, ist für eine Analogie der Verjährungsbestimmungen des vertraglichen Schuldrechts auf die hier gegebene öffentlich-rechtliche Sonderbeziehung (vgl. hierzu BVerwG, 9 C 4.10, BVerwGE 140, 34, juris) kein Raum. Eine besonders enge, mit einem privatrechtlichen Schuldverhältnis vergleichbare Beziehung ist nicht begründet worden (vgl. auch OVG RP, 1 A 11553/04.OVG, esovgrp). Angesichts der ausdrücklichen Regelung der Beteiligung des Straßenbaulastträgers an den Kosten der Straßenoberflächenentwässerung in § 12 Abs. 10 LStrG scheidet auch die entsprechende Anwendung der Bestimmungen über eine Geschäftsführung ohne Auftrag aus (vgl. BVerwG, 4 A 1/83, NJW 1986, 2524, juris; zum Bundesfernstraßenrecht vgl. OVG RP, 12 A 11746/00.OVG, AS 29, 50, esovgrp, juris).

30

Bei dem nicht auf eine Vereinbarung gestützten Anspruch des Trägers der Abwasserbeseitigungseinrichtung gegen den Straßenbaulastträger auf Beteiligung an den Kosten für die Herstellung bzw. Erneuerung der Kanalisation gemäß § 12 Abs. 10 LStrG handelt es sich vielmehr um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Dieser beruht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 7 C 48/82, BVerwGE 71, 85, juris) auf dem Rechtsgedanken, dass Leistungen ohne Rechtsgrund und sonstige mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden müssen. Er stellt ein eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts dar, das sich auf den verschiedenen Rechtsgebieten in einer Vielzahl von Vorschriften niedergeschlagen hat, in denen für das jeweilige Rechtsgebiet die Rückgewähr des entgegen der Rechtslage Erlangten geregelt ist. Zwar ist der Ausbau der Oberflächenentwässerung eine gesetzlich dem Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung übertragene Aufgabe, so dass die Durchführung der Erneuerungsmaßnahme in Übereinstimmung mit Rechtslage erfolgt ist. Der Gesetzgeber hat aber in § 12 Abs. 10 LStrG bestimmt, dass der Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung die dafür aufgewendeten Kosten nicht allein zu tragen hat, sondern dass sich der Träger der Straßenbaulast an den Kosten der Herstellung, den laufenden Kosten und den Kosten einer Erneuerung der Kanalisation entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn zu beteiligen hat. Solange diese Beteiligung nicht erfolgt ist, hat der Straßenbaulastträger somit durch die Herstellung bzw. Erneuerung der Kanalisation und die sich daraus ergebende Möglichkeit der Straßenoberflächenentwässerung etwas erlangt, dessen Wert er nach § 12 Abs. 10 LStrG nicht behalten, sondern - vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung – in aller Regel durch Zahlung eines Pauschalbetrags erstatten soll.

31

3. Ohne dass es angesichts der vorstehenden Ausführungen entscheidungserheblich darauf ankommt, soll kurz auf die Bedenken des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung der der Heranziehung zugrunde gelegten Verkehrsanlage eingegangen werden.

32

Der Senat teilt die in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen begründete Auffassung, dass die A... Straße nicht mehr zu dem einheitlichen Straßenzug der H...straße gehört. Nach den vorgelegten Fotos stellt die Pflasterung im Bereich des Buswendeplatzes eine Zäsur dar, die die abknickende A... Straße nicht als Fortsetzung der H...straße erscheinen lässt. An diesem Eindruck ändert der Umstand nichts, dass die in der H...straße beginnende Pflasterung bis weit in die A... Straße hineinreicht. Das tatsächliche Erscheinungsbild der H...straße – aus westlicher Richtung betrachtet – wird vielmehr dadurch bestimmt, dass die H...straße in gerader Richtung weitergeführt wird, die A... Straße aber in einem stumpfen Winkel abknickt. Die erwähnte Pflasterung unterbricht aber auch die H...straße. Dies ergibt sich des Weiteren aus den Unterschieden der Gestaltung der H...straße in diesem Bereich. Sie wird in dem westlich dieser Pflasterung liegenden Teil durch eine gepflasterte Rinne und einen andersfarbig gepflasterten Gehweg geprägt, während sie im östlichen Teil einen asphaltierten Gehweg, einen Bordstein sowie eine teilweise gepflasterte Fahrbahn aufweist.

33

Durch die Gestaltung des Einmündungsbereichs der Straße „Z...“ wird allerdings die H...straße nicht in mehrere Verkehrsanlagen aufgeteilt. Das dort erhöht errichtete, durch Pflastersteine befestigte und bepflanzte Rundbeet hat nicht die trennende Wirkung beispielsweise einer Kreisverkehrsanlage, die nicht überfahren werden kann. Denn der Verkehr wird nicht durch bauliche Vorkehrungen oder andere das tatsächliche Erscheinungsbild prägende Elemente in einer Richtung um dieses Beet herumgeführt. Vielmehr fällt bei natürlicher Betrachtungsweise sofort auf, dass die H...straße in diesem Bereich wesentlich breiter angelegt ist als die Straße „Z...“. Dadurch entsteht bei einer Betrachtung sowohl aus östlicher Richtung als auch aus südlicher Richtung der Eindruck, dass sich die H...straße auf dem jeweils breiteren „Ast“ fortsetzt, während die Straße „Z...“ als einmündende Verkehrsanlage erscheint.

34

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

35

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO.

36

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

37

Beschluss

38

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 1.238,53 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).



Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. April 2011 wie folgt abgeändert:

Der Ausbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 4. September 2009 wird insoweit aufgehoben, als ein höherer Beitrag als 8.915,99 € festgesetzt wurde.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Kläger drei Viertel, die Beklagte ein Viertel.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des Grundstücks in der Gemarkung B… H…, Flur …, Parzelle …, gegen seine Heranziehung zu einem den Betrag von 6.000,- € übersteigenden Einmalbeitrag für den Ausbau der Straße „A…“. Mit dem Bescheid der Beklagten vom 4. September 2009 wurde ihm gegenüber ein einmaliger Beitrag in Höhe von 10.188,84 € festgesetzt.

2

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens und hinsichtlich des Sachverhalts im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellung er sich insoweit zu eigen macht.

3

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, die Festlegung des Gemeindeanteils sei rechtswidrig erfolgt. Außerdem habe die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung von 50 m berücksichtigt werden müssen. Darüber hinaus bestünden Unklarheiten über das Bauprogramm und den Umfang, in dem von den Verbandsgemeindewerken Aufwendungen für eine Wiederherstellung der Straße nach Kanalbauarbeiten erspart worden seien.

4

Während der Frist zur Begründung des Berufungszulassungsantrags hat der Stadtrat der Beklagten mit Beschluss vom 8. Juni 2011 den Gemeindeanteil an den Kosten des Ausbaus der Straße „A…“ auf 60% festgelegt, und zwar aus Gründen, die in der „Problembeschreibung“ der Verwaltungsvorlage genannt sind.

5

Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Beklagte vorgetragen, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung sei durch den Beschluss vom 8. Juni 2011 unrichtig geworden. Anders als das Verwaltungsgericht angenommen habe, komme bei der Veranlagung des Grundstücks des Klägers eine Tiefenbegrenzung von 50 m nicht in Frage. Ferner entspreche der Ausbau dem abgeänderten Bauprogramm. Schließlich seien sämtliche berücksichtigten Kosten beitragsfähig. Hinsichtlich des vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Beweisantrages und des daraufhin ergangenen Senatsbeschlusses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12. Januar 2012 verwiesen.

6

Die Beklagte beantragt,

7

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,

9

die Berufung zurückzuweisen.

10

Er bekräftigt sein erstinstanzliches Vorbringen hinsichtlich der Festlegung des Gemeindeanteils. Die Straße „A…“ weise einen weit überwiegenden Durchgangsverkehr auf, so dass ein Gemeindeanteil von 70% angemessen sei. Wie in dem verwaltungsgerichtlichen Urteil ausgeführt, habe eine Tiefenbegrenzung berücksichtigt werden müssen. Das Bauprogramm umfasse weder die errichteten Parkflächen noch die Straßenoberflächenentwässerung. Im Übrigen habe die Beklagte Entwässerungskosten doppelt in den Ausbauaufwand eingestellt. Soweit hierfür eine Pauschale angesetzt worden sei, beruhe die Berechnung auf einer unzutreffenden Aufteilung der Kosten auf die einzelnen Kostenträger. Ferner seien die von der Verbandsgemeinde im Rahmen der Kanalerneuerung ersparten Aufwendungen zu niedrig veranschlagt worden. Hilfsweise hält der Kläger an seinem Begehren fest, die Beklagte zu verpflichten, ihm einen Billigkeitserlass im Hinblick auf die einseitige Anbaubarkeit der Straße „A…“ bzw. wegen „des überdimensionierten Parkstreifens“ zu gewähren.

11

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

12

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

13

Der Ausbaubeitragsbescheid vom 4. September 2009 ist nicht in dem vom Verwaltungsgericht entschiedenen Umfang aufzuheben, sondern nur insoweit, als ein höherer Beitrag als 8.915,99 € festgesetzt wurde. Deshalb ist die Berufung in diesem Umfang zurückzuweisen und der Klage insoweit stattzugeben (I.). Unbegründet ist die Klage im Übrigen und mit dem hilfsweise verfolgten Begehren, die Beklagte zu einem Billigkeitserlass zu verpflichten (II.).

I.

14

Mit dem Bescheid vom 4. September 2009 durfte dem Kläger gegenüber ein Ausbaubeitrag nur in Höhe von 8.915,99 € festgesetzt werden. Im Übrigen ist dieser Bescheid rechtswidrig. Er beruht auf § 10 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Ausbaubeiträgen der Beklagten vom 21. Juni 2007 i.d.F. vom 13. März 2008 – ABS -. Das veranlagte Grundstück des Klägers ist i.S.d. § 4 ABS baulich nutzbar und hat die rechtliche sowie die tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt zu der Verkehrsanlage „A…“, die erneuert sowie umgebaut (§ 1 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 ABS) und damit i.S.d. § 1 Abs. 1 ABS ausgebaut wurde. Die Voraussetzungen des Entstehens der Beitragspflicht sind erfüllt (1.). Die Verteilung des Ausbauaufwands ist jedoch zu korrigieren (2.).

15

1. Die einmalige Ausbaubeitragspflicht ist nach § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG entstanden, da die Bauarbeiten an der abgerechneten Verkehrsanlage „A…“ abgeschlossen (a) und die zu verteilenden tatsächlichen Investitionsaufwendungen feststellbar sind (b).

16

a) Der Abschluss der Bauarbeiten ist durch die technische Verwirklichung des Bauprogramms erfolgt. Dieses wurde zwar erst am 26. August 2009 beschlossen, also nach der tatsächlichen Fertigstellung der Ausbaumaßnahme. Da mit diesem Beschluss das nicht vollständig umgesetzte Bauprogramm vom 8. März 2006 abgeändert wurde, war diese Vorgehensweise aber zulässig. Eine Änderung des Bauprogramms ist nach der erschließungsbeitragsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 13/94, BVerwGE 99, 308; vgl. auch OVG RP, 6 A 11850/04.OVG, ESOVGRP), die auf das Ausbaubeitragsrecht zu übertragen ist (vgl. OVG RP, 6 A 11039/08.OVG), erst dann nicht mehr möglich, wenn das Bauprogramm verwirklicht ist und die Straße dem für sie aufgestellten Bauprogramm entspricht (OVG RP, 6 B 11320/10.OVG). Als am 26. August 2009 das Bauprogramm vom Rat der Beklagten beschlossen wurde, war aber das Bauprogramm vom 8. März 2006 nicht vollständig bzw. nur in Abweichung umgesetzt. Dies wird insbesondere durch den Umstand verdeutlicht, dass in diesem Bauprogramm nicht vorgesehene Parkflächen errichtet worden waren. Da der Ausbauzustand am 26. August 2009 daher dem Bauprogramm vom 8. März 2006 nicht entsprach, war eine Änderung des Bauprogramms vom 8. März 2006 noch möglich. Das geänderte Bauprogramm vom 26. August 2009 umfasst auch die bis dahin nicht vorgesehenen Parkflächen sowie die Straßenoberflächenentwässerung.

17

b) Des Weiteren ist der entstandene Aufwand feststellbar. Er ergibt sich im Wesentlichen aus der Schlussrechnung der Fa. H… vom 11. Dezember 2007, in die – anders als der Kläger meint - nur Straßenbaukosten einschließlich der unmittelbar der Straßenoberflächenentwässerung dienenden Aufwendungen eingeflossen sind. Die durchgeführten Kanalbauarbeiten sind nicht in dieser Schlussrechnung enthalten, sondern mit gesonderter Rechnung gegenüber der Trägerin der Abwasserbeseitigung, der Verbandsgemeinde Bad Hönningen, geltend gemacht worden.

18

Der auf die Straßenentwässerung entfallende Anteil dieser der Verbandsgemeinde Bad Hönningen entstandenen Kanalbaukosten ist zu Recht mit einem Betrag von 14.053,60 € in den Straßenausbauaufwand eingestellt worden. Die Berücksichtigung von Kanalbaukosten ist nicht zu beanstanden, weil zur Straßenoberflächenentwässerung nicht nur die ihr unmittelbar dienenden Straßeneinläufe einschließlich der Abdeckroste, der Sinkkästen und der Anschlussleitungen an die Straßenleitung gehören, sondern auch die Straßenleitung und die sonstigen Einrichtungen, deren Funktion auch in der Entwässerung der Straße besteht (vgl. OVG RP, 6 A 11364/08.OVG, AS 38, 246, ESOVGRP, juris). Deshalb hat sich nach § 12 Abs. 10 Sätze 1 und 2 des Landesstraßengesetzes - LStrG - der Träger der Straßenbaulast durch einen einmaligen Pauschalbetrag an den Herstellungs- bzw. Erneuerungskosten des Trägers der Kanalisation zu beteiligen, wenn die Straßenentwässerung - wie im vorliegenden Fall - in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt. Dieser Pauschalbetrag hat sich gemäß § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG an der Menge des in den gemeinsamen Kanal eingeleiteten Straßenoberflächenwassers zu orientieren. Hiervon ausgehend ist ein Investitionsanteil nur zu beanstanden, wenn er offensichtlich fehlerhaft ermittelt worden ist (vgl. OVG RP, 6 A 11364/08.OVG, AS 38, 246, ESOVGRP, juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr beruht er auf der Anlage I der Satzung über die Erhebung von Entgelten für die öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung der Verbandsgemeinde Bad Hönningen vom 15. März 1996 und orientiert sich hinsichtlich der Aufteilung an der bis zum 31. Dezember 1995 gültigen Kommunalabgabenverordnung - KAVO -. § 3 Abs. 1 KAVO bestimmte, dass bei Mischwasserleitungen je 50% auf das Schmutz- und das Oberflächenwasser entfallen. Gemäß § 3 Abs. 2 KAVO war der Anteil der Entwässerung öffentlicher Verkehrsanlagen mit 35% der Investitionsaufwendungen für die Oberflächenwasserbeseitigung anzusetzen. Angesichts dessen durfte die Beklagte 17,5% der Aufwendungen der Verbandsgemeinde für die Kanalbauarbeiten, also 14.053,60 €, als Straßenentwässerungsanteil übernehmen. Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (1 A 11204/90.OVG, ESOVGRP), wonach bei der Ermittlung des Zahlungsanspruchs des Trägers der Abwasserbeseitigungseinrichtung gegenüber dem Straßenbaulastträger wegen laufender Kosten der Oberflächenwasserbeseitigung nicht ohne weiteres in vollem Umfang auf § 3 Abs. 2 KAVO zurückgegriffen werden kann. Denn im vorliegenden Zusammenhang geht es nicht um laufende Kosten, sondern um Investitionskosten.

19

Auch die Ersparnis der Verbandsgemeinde Bad Hönningen durch den im Anschluss an die Erneuerung der Kanalisation erfolgten Straßenausbau ist zutreffend berechnet und vom beitragsfähigen Aufwand abgezogen worden. Nach der Rechtsprechung des Senats (6 A 11659/99.OVG; 6 B 11190/98.OVG, ESOVGRP) kann eine Gemeinde eine Kostenbeteiligung wegen von einem anderen Versorgungsträger ersparter Aufwendungen grundsätzlich nur insoweit beanspruchen, als dieser Versorgungsträger die Straße nach Abschluss seiner Maßnahme wieder in den früheren (gleichwertigen) Zustand hätte versetzen müssen. Dem entsprechend hat die Beklagte die Aufwendungen zusammengestellt, die die Verbandsgemeinde Bad Hönningen hinsichtlich der Herstellung des Planums, der bituminösen Tragschicht sowie der bituminösen Deckschicht bzw. des Pflasters erspart hat. Die Kosten für den Lavaeinbau in einer Stärke von 0,30 m waren in der die Straßenbaukosten betreffenden Rechnung bereits abgezogen worden. Soweit der Kläger rügt, die Beklagte habe eine größere Grabenbreite als 1,00 m bzw. als 1,20 m berücksichtigen müssen, folgt ihm der Senat nicht. Diese Grabenbreite ist vielmehr bereits im „Vorwort“ des Leistungsverzeichnisses „Auswechslung der Kanalleitung“ angegeben. Die Beklagte hat außerdem nachvollziehbar dargelegt, dass angesichts einer Aushubmenge von ungefähr 840 m³ sowie einer Grabentiefe zwischen 4,00 m und 5,00 m davon auszugehen ist, dass die Verbandsgemeinde Bad Hönningen die Wiederherstellung einer Grabenfläche in einer Größe von ca. 178 m², also in dem tatsächlich angesetzten Umfang, erspart hat. Aus den vom Kläger vorgelegten Fotografien, die nach Abschluss der Kanalbauarbeiten, aber vor Beginn des Straßenausbaus angefertigt wurden, ergibt sich nichts anderes. Zwar ist dort eine geschotterte Fläche in einer wesentlich größeren Breite als 1,00 m bzw. als 1,20 m zu erkennen. Daraus ergibt sich nur, dass der Fahrbahnbelag im Umfang der geschotterten Fläche beseitigt wurde. Die Fotografien lassen unter den vorliegenden Umständen jedoch nicht den Schluss zu, die Verbandsgemeinde Bad Hönningen habe die Wiederherstellung der geschotterten Fläche erspart. Denn als Ersparnis in diesem Sinn ist nur dasjenige anzusehen, was die Trägerin der Abwasserbeseitigung in dem Fall, dass nur Kanalbauarbeiten durchgeführt worden wären, für die Instandsetzung der Straße hätte aufwenden müssen. Da allen Beteiligten von vornherein bewusst war, dass im Anschluss an die Kanalbauarbeiten der Straßenausbau erfolgt, musste die Verbandsgemeinde Bad Hönningen nicht aus Kostengründen darauf achten, nur einen möglichst geringen Teil der Straße aufzubrechen. Der Umfang der geschotterten Fläche kann daher der Berechnung der Ersparnis nicht zugrunde gelegt werden.

20

2. Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands ist, was den Gemeindeanteil betrifft, nicht zu beanstanden (a), allerdings hinsichtlich der Anwendung der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung (b).

21

a) Da der Beschluss des Rats der Beklagten vom 8. Juni 2011 über die Festlegung des Gemeindeanteils auf 60% keinen Bedenken begegnet, braucht nicht erörtert zu werden, ob dies auch für den früheren Beschluss vom 8. März 2006 gilt.

22

Der Ratsbeschluss vom 8. Juni 2011 kann nicht wegen Fehlens einer Begründung als formell rechtswidrig angesehen werden. Denn einer förmlichen schriftlichen Begründung bedarf die Entscheidung des Gemeinderats über den Gemeindeanteil nicht (vgl. auch OVG RP, 6 C 11187/10.OVG, NVwZ-RR 2011, 577, ESOVGRP, juris). Vielmehr reicht es aus, dass sich der Rat beispielsweise Vorüberlegungen der Verwaltung, die in einer Sitzungsvorlage zusammengefasst sind, anschließt (vgl. OVG RP, 6 A 10170/03.OVG, AS 30, 370, ESOVGRP, juris). Dies ist vorliegend geschehen, als der Rat der Beklagten am 8. Juni 2011 ausdrücklich beschloss, den Gemeindeanteil „aus den in der Problembeschreibung genannten Gründen“ auf 60% festzusetzen. Damit gibt die Begründung des Beschlussvorschlags der Verwaltung nicht nur Aufschluss über den Informationsstand des Rats (vgl. OVG RP, 6 C 11187/10.OVG, NVwZ-RR 2011, 577, ESOVGRP, juris), sondern auch über dessen für die Festlegung des Gemeindeanteils maßgebliche Erwägungen.

23

Unter diesen Umständen kann ohne Weiteres überprüft werden, ob der Ratsbeschluss zur Festlegung des Gemeindeanteils auf nicht zu beanstandenden Überlegungen oder aber auf einer greifbaren Fehleinschätzung beruht (vgl. OVG RP, 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, ESOVGRP, juris). Dabei kann der Rat, der mit den örtlichen Verhältnissen, insbesondere den Grundstücksnutzungen, der flächenmäßigen Ausdehnung der Wegeparzelle, den Verkehrsströmen und der Bedeutung einer Gemeindestraße im Gefüge der innerörtlichen Verkehrswege vertraut ist, die Entscheidung über den Gemeindeanteil grundsätzlich ohne eine Verkehrszählung und ohne Einschaltung eines Sachverständigen hinreichend zuverlässig treffen (OVG RP, 6 A 11385/05.OVG; 6 A 10468/07.OVG; 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, ESOVGRP, juris). Eine greifbare Fehleinschätzung unterläuft dem Rat, wenn er die gesetzlichen Maßstäbe zur Festlegung des Gemeindeanteils in ihrer Ausformung durch die Rechtsprechung verfehlt, nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt oder sein Beschluss in sich widersprüchlich ist (OVG RP, 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, ESOVGRP, juris). Davon kann hier nicht die Rede sein. Die in der „Problembeschreibung“ genannten Gründe berücksichtigen widerspruchsfrei alle relevanten rechtlichen und tatsächlichen Umstände. Ausgehend von der Zahl der Wohnungen auf den Anliegergrundstücken sowie den dort vorhandenen Stellplätzen und unter Einbeziehung des in der Nähe befindlichen R…-Markts sowie des Bahnhofs wurde zutreffend eine nach Fahr- und Fußgängerverkehr getrennte Betrachtung des Anliegerverkehrs sowie des Durchgangsverkehrs vorgenommen, in nicht zu beanstandender Weise bewertet und zu dem (Gesamt-)Gemeindeanteil von 60% zusammengeführt.

24

Anders als der Kläger meint, kann nicht deshalb von einem „Ermessensausfall“ gesprochen werden, weil in der erwähnten „Problembeschreibung“ die Kategorie des ganz überwiegenden Durchgangsverkehrs mit nur wenig Anliegerverkehr, die regelmäßig einen Gemeindeanteil von 70% rechtfertigt, nicht erwähnt wurde. Denn in der „Problembeschreibung“ ist nachvollziehbar dargelegt worden, dass beim Fahrverkehr von überwiegendem Durchgangsverkehr auszugehen ist, also von einem regelmäßig bestehenden Spielraum zwischen 55% und 65%. Dass der Rat den „höchstmöglichen Gemeindeanteil“ festsetzen wollte, kann weder dem Beschluss vom 8. Juni 2011 noch der erwähnten „Problembeschreibung“ entnommen werden. Da in diesem Beschluss ausdrücklich auch die Parkflächen und die Straßenentwässerung genannt sind, geht die Rüge des Klägers fehl, das durch die Parkflächen ausgelöste Verkehrsaufkommen müsse bei der Festlegung des Gemeindeanteils unberücksichtigt bleiben. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, in der Straße „A…“ bestehe ein ganz überwiegender Durchgangsverkehr, so dass ein Gemeindeanteil von 70% festgesetzt werden müsse, folgt ihm der Senat nicht. Dass es sich (auch) beim Fußgängerverkehr ganz überwiegend um Durchgangsverkehr handelt, behauptet der Kläger zwar. Er vermag aber mit diesen nicht näher substantiierten Behauptungen, die auf wenig aussagekräftige Beobachtungen und Schlussfolgerungen des Klägers zurückgehen, die in der erwähnten „Problembeschreibung“ zusammengefassten Erwägungen nicht zu entkräften, die den durch die Nähe zum Bahnhof zu verzeichnenden Fußgängerverkehr ebenso wie die Verbindungen zum Gewerbe- bzw. Einkaufszentrum und zum Stadtzentrum berücksichtigen.

25

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass die Bildung eines Mischsatzes von 60% mit dem Hinweis begründet wurde, der größte Kostenanteil entfalle auf die Fahrbahn. Wenn – wie hier - das Verhältnis von Anlieger- und Durchgangsverkehr beim Fußgängerverkehr deutlich abweicht von dem entsprechenden Verhältnis beim Fahrverkehr, ist nach der Rechtsprechung des Senats (OVG RP, 6 A 11220/05.OVG, NVwZ-RR 2006, 285, ESOVGRP, juris; 6 A 11315/06, AS 34, 99, ESOVGRP, juris; 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, ESOVGRP, juris) ein mehrstufiges Verfahren zur Ermittlung des Gemeindeanteils anzuwenden, das aus der zunächst gesonderten Bewertung einerseits des Fußgänger- und andererseits des Fahrverkehrs und einer sich anschließenden Zusammenführung der so gewonnenen Teilgemeindeanteile besteht. Dem ist die Beklagte gerecht geworden, indem sie aus den ermittelten Teilgemeindeanteilen von 65% und 45% einen Mischsatz von 60% gebildet hat. Denn der Gesamtgemeindeanteil darf abweichend vom arithmetischen Mittel der Teilgemeindeanteile festgelegt werden, wenn es dafür sachlich einleuchtende Gründe gibt. Die Berücksichtigung unterschiedlich hoher Kostenanteile einerseits für die Fahrbahn und andererseits für den Gehweg ist ein hinreichender sachlicher Grund, um den Teilgemeindeanteil stärker zu gewichten, der für die Teileinrichtung(en) mit dem höheren Kostenanteil ermittelt wurde.

26

b) Der Höhe nach ist der angefochtene Bescheid insoweit zu beanstanden, als der Beitragsermittlung die gesamte Grundstücksfläche ohne Berücksichtigung der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung von 50 m zugrunde gelegt wurde.

27

Auf der Grundlage des § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. a ABS ist diese Tiefenbegrenzung von 50 m auf das Grundstück des Klägers anzuwenden. Eine Tiefenbegrenzung von 100 m gilt nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. d Satz 1 ABS nur, wenn die Grundstücksfläche hinter der Tiefenbegrenzungslinie von 50 m aufgrund der Umgebungsbebauung selbständig baulich oder in ähnlicher Weise nutzbar ist (Hinterbebauung in zweiter Baureihe). Das ist bei dem veranlagten Grundstück des Klägers nicht der Fall.

28

Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, reicht allein die Möglichkeit zur „Überbauung“ der Tiefenbegrenzungslinie von 50 m nicht aus, um eine selbständige Hinterbebauung in zweiter Baureihe im vorgenannten Sinn anzunehmen. Denn für eine „Überbauung“ der Tiefenbegrenzungslinie von 50 m sieht § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. d Satz 2 ABS nur eine Verschiebung der Tiefengrenze bis zum Ende der Überbauung bei tatsächlicher baulicher, gewerblicher, industrieller oder ähnlicher Nutzung vor.

29

Was unter einer selbständigen Hinterbebauung in zweiter Baureihe im vorgenannten Sinn zu verstehen ist, ergibt sich daraus, dass § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. d Satz 1 ABS wortgleich mit dem Satzungsmuster des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz (abgedruckt in: Bellefontaine u.a., Kommunalabgabengesetz Rheinland-Pfalz, Stand: 04/2009, II 4) ist. Dieses Satzungsmuster beruht auf der Entscheidung des Senats im Verfahren 6 C 10464/02.OVG (AS 30, 106, KStZ 2003, 35, ESOVGRP, juris), in der es auszugsweise heißt:

30

„Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass im rheinland-pfälzischen Ausbaubeitragsrecht eine Tiefenbegrenzungsregelung auch für übertiefe Grundstücke zulässig ist, die mit ihrer gesamten Fläche im unbeplanten Innenbereich gelegen sind. Insofern dient sie dazu, typisierend die hinteren Grundstücksteile abzugrenzen, die nicht baulich oder auf ähnliche Weise nutzbar im Sinne des § 10 Abs. 6 KAG sind. Allerdings folgt hieraus zugleich, dass eine Tiefenbegrenzungsregelung aus Rechtsgründen lediglich eine widerlegbare Vermutung aufstellen kann, nach der die jenseits der festgesetzten Tiefe liegenden Grundstücksteile nicht baulich oder in ähnlicher Weise nutzbar sind. Deshalb verstößt eine entsprechende Satzungsbestimmung gegen § 10 Abs. 6 KAG, die auch die hinteren Grundstücksteile von der Aufwandsverteilung ausschließt, welche aufgrund der Umgebungsbebauung im Sinne des § 34 BauGB - ggf. unter Einbeziehung von noch innerhalb der Tiefenbegrenzung liegender Grundstücksbereiche - selbständig baulich oder in ähnlicher Weise nutzbar sind, also gewissermaßen einen eigenständigen Bauplatz bilden.“

31

Die bei typisierender Betrachtung mit § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. a ABS verbundene Vermutung, dass das Grundstück des Klägers jenseits der Tiefenbegrenzung von 50 m nicht selbständig baulich oder in ähnlicher Weise genutzt werden kann, ist nicht in dem dargelegten Sinne erschüttert. Das wäre nur der Fall, wenn eine solche qualifizierte Nutzung des hintersten Teils des veranlagten Grundstücks unzweifelhaft zulässig wäre. Davon kann indessen nicht ausgegangen werden.

32

Einen eigenständigen Bauplatz oder eine anderweitig selbständig nutzbare Grundstücksfläche jenseits der Tiefenbegrenzungslinie von 50 m weist das Grundstück des Klägers schon mangels dafür erforderlicher Größe nicht auf. Aber auch zusammen mit den noch innerhalb der Tiefenbegrenzung liegenden Grundstücksbereichen ist zu bezweifeln, dass die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuchs - BauGB - für eine qualifizierte Bebauung in zweiter Baureihe vorliegen. Nach dieser Bestimmung ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Eine selbständige Nutzung des hintersten Bereichs des veranlagten Grundstücks in baulicher oder ähnlicher Weise dürfte schon deshalb ausscheiden, weil sich ein solches Vorhaben nach der Grundstücksfläche, die überbaut würde, in die Eigenart der näheren Umgebung nicht einfügen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (4 B 50/08, BauR 2009, 1564, juris) kommt es insoweit auf die konkrete Größe der Grundfläche des in Frage stehenden Vorhabens und auch auf seine räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung an, wobei zur näheren Konkretisierung auf die Begriffsbestimmungen in § 23 der Baunutzungsverordnung - BauNVO - zur "überbaubaren Grundstücksfläche" zurückgegriffen werden kann, die wiederum auch durch Festsetzung der Bautiefe (§ 23 Abs. 4 BauNVO) bestimmt werden kann. Ob ein solches Tiefenmaß, das die rückwärtige Bebauung in der gleichen Weise begrenzt wie eine festgesetzte hintere Baugrenze, einem Vorhaben auf dem veranlagten Grundstück jenseits der Tiefenbegrenzung von 50 m entgegensteht, bedarf keiner weiteren Erörterung. Denn ein Vorhaben im hintersten Bereich des Grundstücks des Klägers würde sich unabhängig von einer faktischen rückwärtigen Baugrenze (vgl. hierzu BVerwG, 4 C 10/03, NVwZ 2004, 1244, juris) voraussichtlich schon deshalb nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, kaum in die nähere Umgebung einfügen, weil es dort kein Vorbild für eine selbständige bauliche oder ähnliche Nutzung in zweiter Baureihe i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. d Satz 1 ABS gibt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (4 B 172/97, NVwZ-RR 1998, 539, juris; 4 B 50/08, BauR 2009, 1564, juris) fehlt es nämlich auch dann an einem Einfügen i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche, wenn das Vorhaben nach seinem Standort innerhalb der vorhandenen Bebauung ohne Vorbild in der näheren Umgebung ist.

33

Dafür spricht hier Überwiegendes. Die von der Beklagten vorgelegten und hinreichend aussagekräftigen Lagepläne weisen weder in der Straße „A…“ noch in der B…-Straße oder der S…straße, soweit diese zur hier betroffenen näheren Umgebung gehören, eine selbständige bauliche oder ähnliche Nutzung in zweiter Baureihe i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. d Satz 1 ABS auf. In den rückwärtigen Grundstücksbereichen sind vielmehr ersichtlich vereinzelt Nebengebäude errichtet, auf die sich der Kläger nicht als Vorbilder im vorbezeichneten Sinn berufen könnte (vgl. BVerwG, 4 B 172/97, NVwZ-RR 1998, 539, juris). Soweit auf dem Nachbargrundstück ein Wohngebäude errichtet worden ist, das bis an die Tiefengrenze von 50 m heranreicht, stellt dies keine Bebauung in zweiter, sondern in erster Baureihe dar. Ungeachtet dessen vermag diese Nachbarbebauung die nähere Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB nicht zu prägen (vgl. hierzu BVerwG, 4 B 50/08, BauR 2009, 1564, juris), weil eine solche Bebauung nur auf diesem Nachbargrundstück verwirklicht wurde, während die anderen bebauten Grundstücke eine Bebauung an der Grenze zur ausgebauten Wegeparzelle oder – wie das Grundstück des Klägers – von dieser Grenze um einige Meter zurückversetzt aufweisen.

34

Aus diesen Ausführungen ergibt sich gleichzeitig, dass es der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragten Beweiserhebung nicht bedurfte.

35

Unter Anwendung der in § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. a ABS festgelegten Tiefenbegrenzung auf das Grundstück des Klägers ist von einer beitragspflichtigen Fläche von 920,65 m² auszugehen, die sich durch den Vollgeschosszuschlag auf 1.288,91 m² erhöht. Dadurch vermindert sich die Gesamtgrundstücksfläche auf 6.322,51 m², während der Beitragssatz 6,9174679 €/m² beträgt. Daraus ergibt sich eine auf das veranlagte Grundstück entfallende Beitragsschuld in Höhe von 8.915,99 €.

II.

36

Der Hilfsantrag des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, ihm den festgesetzten Beitrag insoweit aus Billigkeitsgründen zu erlassen, als er den Betrag von 6.000,- € übersteigt, bleibt ohne Erfolg. Zwar hat der Kläger dieses Begehren bereits mit Schreiben vom 30. Oktober 2009 behördlich geltend gemacht (vgl. hierzu BVerwG, 11 B 59/00, juris; 8 C 124/82, BVerwGE 70, 96 <100 f.>, juris). Die Voraussetzungen eines (Teil-)Erlasses liegen jedoch nicht vor.

37

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 163 der Abgabenordnung - AO - können Abgaben niedriger festgesetzt, nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 KAG i.V.m. § 227 AO können Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die vom Kläger vorgetragenen Gründe, die Straße „A…“ sei nur einseitig anbaubar und der errichtete Parkstreifen überdimensioniert, rechtfertigen einen (teilweisen) Billigkeitserlass aus sachlichen Gründen nicht. Ein solcher Erlass setzt voraus, dass die Abgabenerhebung wegen eines Sachverhalts, der unter einen gesetzlichen Abgabentatbestand fällt, im Einzelfall mit dem Sinn und Zweck der Abgabennorm nicht vereinbar ist (BVerwG, 8 C 42.88, NJW 1991, 1073, juris; BVerwG, 8 C 90.81, NJW 1982, 2682, juris). So liegen die Dinge hier nicht.

38

Ist eine Straße auf einer Seite dauerhaft – beispielsweise wie hier wegen der Gleisanlage eines Eisenbahnunternehmens – nicht zum Anbau bestimmt, dient sie hinsichtlich des Anliegerverkehrs ausschließlich der wegemäßigen Erschließung der Grundstücke auf der anderen Straßenseite. Auf die Eigentümer dieser Grundstücke können die gesamten Kosten eines Straßenausbaus aber dennoch umgelegt werden, wenn der Ausbau auf den für die Erschließung dieser Grundstücke unerlässlichen Umfang beschränkt wird (vgl. BVerwG, IV C 1.75, BVerwGE 52, 364, juris; 8 C 31/90, BVerwGE 89, 362, juris; 9 C 6/03, DVBl 2004, 1038, juris; 9 C 3/09, BVerwGE 137, 95, juris). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Die Fahrbahn wurde nämlich in einer Breite von lediglich 3,00 m ausgebaut. Auch die Anlage des Parkstreifens war unerlässlich, weil auf den anliegenden Grundstücken nach den nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Beklagten nur 17 Stellplätze vorhanden, angesichts der Zahl der dort befindlichen Wohnungen aber 40 Parkplätze erforderlich sind (vgl. Beschluss des Rates der Beklagten vom 8. Juni 2011).

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

40

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

41

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

42

Beschluss

43

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 4.188,84 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).


Tenor

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 30. April 2007 wird der Ausbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 sowie vom 22. Januar 2007 insoweit aufgehoben, als ein höherer Beitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge hat der Kläger ein Viertel, die Beklagte drei Viertel zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Ausbaubeiträgen für den Ausbau des Kurvenbereichs der L. Straße von der gemeinsamen Grundstücksgrenze zwischen den Parzellen … und … (L. Straße 141 und 143) bis zur Einmündung in die B. Straße („Nordkopf“ des Bahnhofsvorplatzes). Er ist Eigentümer eines Grundstückskomplexes zwischen der L. Straße und der B. Straße. Seine in geschlossener Bauweise sechsgeschossig bebaute und teilweise gewerblich genutzte Parzelle … grenzt an die L. Straße, während die Parzelle … an der B. Straße anliegt. Die zwischen diesen beiden Flurstücken befindliche, nur teilweise bebaute Parzelle … grenzt an keine Straße an und wird ebenso wie das Flurstück … als Kundenparkplatz und Anlieferungsfläche für den auf dem Flurstück … eingerichteten Gewerbebetrieb genutzt.

2

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 zog die Beklagte den Kläger zu endgültigen Ausbaubeiträgen für den Ausbau der L. Straße im Bereich zwischen dem Haus Nr. … und dem Haus B. Straße Nr. … in Höhe von 8.263,61 € heran. In der Folgezeit wurde dieser Bescheid wiederholt geändert und zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auf einen Beitrag von 4.585,56 € vermindert.

3

Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu Eigen macht.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Ausbaubeitragsbescheid insoweit aufgehoben, als für die Parzelle … mehr als 918,31 €, für die Parzelle … mehr als 813,96 € und für die Parzelle … mehr als 1.622,69 € festgesetzt wurden. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der streitgegenständliche Bescheid sei hinreichend bestimmt und nur in der Höhe zu beanstanden. Der satzungsrechtliche Verteilungsmaßstab, ein Grundstücksflächenmaßstab mit einem Zuschlag von 10 % für jedes Vollgeschoss, begegne keinen Bedenken. Dass sich die Zahl der maßgebenden Vollgeschosse in beplanten Gebieten ausschließlich nach der festgesetzten höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse richte, in unbeplanten Gebieten die auf einem Grundstück tatsächlich verwirklichte Vollgeschosszahl gelte, auch wenn sie größer sei als in der maßgebenden Umgebungsbebauung, verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

5

Die abgerechnete Maßnahme sei auch ausbaubeitragsfähig. Der Ausbau der L. Straße im Kurvenbereich des Nordkopfes komme der gesamten Verkehrsanlage zugute. Diese erstrecke sich bei natürlicher Betrachtungsweise von der Einmündung in die B. Straße bis zur Kreuzung an der R. Straße.

6

Das Ausbauprogramm sei durchgeführt; die letzte Unternehmerrechnung datiere vom 6. November 2002. Die Grundstücke des Klägers seien dem Grunde nach ausbaubeitragspflichtig: die an die L. Straße angrenzende Parzelle … als Anliegergrundstück, die Parzellen … und … als beitragspflichtige Hinterliegergrundstücke mit tatsächlichem Zugang von der L. Straße. Hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse habe die Beklagte für die Parzelle … zu Recht einen Zuschlag von 60 % und für die beiden rückwärtigen Parzellen einen Zuschlag von jeweils 50 % angenommen. Denn die maßgebende Umgebungsbebauung weise in der L. Straße überwiegend sechs und in der B. Straße überwiegend fünf Vollgeschosse auf. Hinsichtlich des Artzuschlags seien gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3 ABS jeweils 10 % für die Grundstücke des Klägers anzusetzen. Ein gebietsbezogener Artzuschlag von 20 % komme nicht in Betracht. Denn der Bereich zwischen Nordkopf und R. Straße sei kein faktisches Kerngebiet und die Grundstücke des Klägers würden nicht ausschließlich gewerblich genutzt.

7

Der Gemeindeanteil von 60 % sei angesichts des vom Gericht zu respektierenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden.

8

Bei der Flächenermittlung habe die Beklagte das Bahngelände zu Recht unberücksichtigt gelassen. Denn jene Grundstücke würden weder unmittelbar noch mittelbar durch die L. Straße erschlossen. Zwar sei das Bahnhofsgebäude, und damit indirekt auch das Bahnsteiggelände, zu Fuß von der L. Straße über den Bahnhofsvorplatz zu erreichen. Dieser stelle aber eine eigenständige Verkehrsanlage dar, die verschiedene Funktionen erfülle: Sie diene unter anderem als Fahrradabstellplatz, als Taxistand, als Pkw-Parkplatz, als Busbahnhof, als Touristeninformation und als fußläufige Verbindung zum Bahnhof aus mehreren Himmelsrichtungen.

9

Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung bekräftigt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Er hält die satzungsrechtliche Verteilungsregelung für unwirksam, weil in beplanten Gebieten – anders als in unbeplanten Gebieten – nur die zulässigen Vollgeschosse und nicht die über das zulässige Maß hinaus verwirklichten Geschosse maßgebend seien. Außerdem grenzten seine Grundstücke nicht an den so genannten „Nordkopf“ und seien deshalb nicht beitragspflichtig. Insbesondere könnten die nicht an die L. Straße angrenzenden rückwärtigen Grundstücke nicht als Hinterliegergrundstücke veranlagt werden. Sie stünden zwar in seinem Eigentum, eine Zufahrtsmöglichkeit sei jedoch von der L. Straße aus tatsächlich nicht vorhanden und rechtlich nicht durch Baulast gesichert. Der Vollgeschosszuschlag für die Hinterliegergrundstücke dürfe nur an der tatsächlich verwirklichten Bebauung orientiert werden, allenfalls an einer Bebaubarkeit mit einem viergeschossigen Gebäude. Der Gemeindeanteil müsse wegen des sehr starken Durchgangsverkehrs mindestens 70 % betragen. Das Bahngrundstück habe ebenfalls veranlagt werden müssen, zumal an der langen und hohen Stützmauer entlang der L. Straße mehrere großflächige Werbetafeln aufgestellt seien, also eine bauliche Nutzung verwirklicht sei, die der Deutschen Bahn AG einen beitragsrelevanten Vorteil vermittele. Schließlich seien die fiktiven Kosten der Bauleitung weder dem Grunde nach beitragsfähig noch in Höhe der Sätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure.

10

Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2007 ergangene Urteil des Senats wurde vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

11

Der Kläger beantragt,

12

das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und den Ausbaubeitragsbescheid vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 und vom 22. Januar 2007 in vollem Umfang aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie geht in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die rückwärtigen Grundstücke des Klägers fünfgeschossig bebaubar seien. Der Gemeindeanteil betrage nicht 70 %, denn die L. Straße habe trotz des überwiegenden Durchgangsverkehrs mehr als „nur wenig“ Anliegerverkehr. Das Bahngelände sei zu Recht nicht veranlagt worden, da die Treppe von der L. Straße zum Bahnsteig 1 keinen bestimmungsgemäßen Zugang biete und nicht ausreichend sei, um den gesamten Verkehr zum und vom Hauptbahnhof bewältigen zu können. Auch die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Kosten seien zutreffend ermittelt worden.

16

Die Beklagte hat Berechnungen vorgelegt, aus denen sich die Beitragsermittlung für den Fall ergibt, dass das Bahngelände als beitragspflichtig angesehen wird.

17

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus der Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen und Plänen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung des Klägers hat zum Teil Erfolg.

19

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 und vom 22. Januar 2007 ist dem Kläger gegenüber insoweit rechtswidrig und aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), als ein höherer Ausbaubeitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde. Das verwaltungsgerichtliche Urteil muss dementsprechend abgeändert werden.

20

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes in der hier noch anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 2. März 2006 – KAG – können die Gemeinden für den Ausbau öffentlicher Verkehrsanlagen einmalige Beiträge nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen erheben. Beim einmaligen Beitrag unterliegen gemäß § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG alle diejenigen baulich oder in ähnlicher Weise nutzbaren Grundstücke der Beitragspflicht, die die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu der ausgebauten Verkehrsanlage haben. Die Beitragspflicht entsteht nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG, wenn die Bauarbeiten an der einzelnen Verkehrsanlage abgeschlossen sind und, sofern der einmalige Beitrag – wie hier - nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt wird, der entstandene Aufwand feststellbar ist.

21

Nach Maßgabe dieser gesetzlichen Bestimmungen und der im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht gültigen Satzung der Beklagten über die Erhebung einmaliger Beiträge für öffentliche Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung) vom 19. Dezember 1995 in der Fassung der Satzung vom 14. Februar 1996 und der Änderung durch die Satzung vom 22. Juli 2003 – ABS - ist die Heranziehung des Klägers zum Teil rechtmäßig (1.), zum anderen Teil verletzt der angefochtene Bescheid den Kläger in seinen Rechten (2.).

22

1. Wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil bereits zutreffend ausgeführt hat, ist die abgerechnete Maßnahme beitragsfähig und sind die veranlagten Grundstücke des Klägers als Anlieger- bzw. als Hinterliegergrundstücke beitragspflichtig (vgl. hierzu auch OVG R-P, 6 A 10558/05.OVG, ESOVGRP; 6 A 10958/04.OVG, ESOVGRP). Deshalb kann sich der Senat diese Ausführungen zu Eigen machen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen. Gleiches gilt für die Ausdehnung der maßgeblichen Verkehrsanlage; der Senat schließt sich aufgrund seiner Ortskenntnis und der vorgelegten Pläne der Auffassung des Verwaltungsgerichts an, dass als ausgebaute Straße die L. Straße vom Kreuzungsbereich mit der R. Straße bis zur Einmündung in die B. Straße zu betrachten ist. Dem Kläger kann auch nicht hinsichtlich seiner Bedenken gegen die Bestimmung des § 6 Abs. 4 ABS gefolgt werden, wonach sich der Vollgeschosszuschlag in beplanten Gebieten nach der Zahl der zulässigen Vollgeschosse, in unbeplanten Gebieten grundsätzlich nach der Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse berechnet. Diese unterschiedliche Behandlung ist sachlich gerechtfertigt, wie das Bundesverwaltungsgericht (IV C 28.70, BVerwGE 38, 147) für das Erschließungsbeitragsrecht bereits entschieden hat. Im Ausbaubeitragsrecht gilt dies nach Ansicht des Senats ebenfalls.

23

Keinen Bedenken begegnet der Ansatz eines fünfzigprozentigen Vollgeschosszuschlags für die Hinterliegergrundstücke des Klägers. Die Parzellen … und … sind derzeit i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 2 ABS lediglich untergeordnet bebaut, nämlich mit ein- bzw. zweigeschossigen Lager-, Büro- und Garagengebäuden. Unter diesen Umständen kommt es auf die in der näheren Umgebung überwiegend vorhandene Zahl der Vollgeschosse an. Wie der Senat aufgrund seiner Ortskenntnis weiß, ist die in diesem Bereich der B. Straße tatsächlich vorhandene Bebauung überwiegend fünfgeschossig. Vereinzelt gibt es zwar auch ein-, vier- und achtgeschossige Gebäude; die meisten weisen jedoch fünf Geschosse auf. Eine fünfgeschossige Bebauung kann auf den Parzellen … und … in Übereinstimmung mit den maßgebenden Vorschriften insbesondere des Baurechts auch verwirklicht werden. Das gilt für den notwendigen baulichen Brandschutz auch dann, wenn man die Erschließung durch die B. Straße, die in jedem Fall eine hinreichende Brandbekämpfung ermöglicht, „hinwegdenkt“, was erforderlich ist, weil es um die Beitragspflicht dieser Parzellen für einen Ausbau der L. Straße geht. Die diesbezüglichen brandschutzfachlichen Stellungnahmen der Beklagten vom 17. Oktober 2007 und vom 4. November 2008 bringen überzeugend zum Ausdruck, dass sowohl der bauliche als auch der abwehrende Brandschutz gewährleistet werden können. Das Erfordernis des zweiten Rettungswegs lässt sich durch ein so genanntes Sicherheitstreppenhaus erfüllen, welches auch eine Brandbekämpfung in einem fünfgeschossigen Gebäude auf den Parzellen der Parzellen … und … von der L. Straße aus, also ohne Zufahrtsmöglichkeit der Feuerwehr, ermöglichen würde.

24

2. Die Heranziehung des Klägers beruht jedoch auf einem überhöhten Ansatz der Eigenleistungen der Beklagten für die Bauleitung (a). Außerdem ist die Aufwandsverteilung zu beanstanden, weil das Bahnhofsgelände dabei unberücksichtigt geblieben ist (b). Wegen der Notwendigkeit, das Bahnhofsgelände in die Verteilung des Ausbauaufwands einzubeziehen, muss der diesbezügliche Ziel- und Quellverkehr als Anliegerverkehr angesehen werden. Deshalb ist auch der Gemeindeanteil zu beanstanden, ohne dass deswegen der angefochtene Bescheid insgesamt aufgehoben werden muss (c).

25

a) Zu den Investitionsaufwendungen, auf deren Grundlage einmalige Beiträge gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG zu ermitteln sind, gehören die gesamten Ausgaben und die bewerteten Eigenleistungen der kommunalen Gebietskörperschaft, die diese zum Ausbau der Anlage aufwenden muss (§ 9 Abs. 1 Satz 3 KAG). Dementsprechend sind auch Kosten für die Planung und/oder Bauleitung durch eigene Bedienstete des Trägers der Ausbaumaßnahme berücksichtigungsfähig. Die im Urteil des Senats vom 10. November 1981 (6 A 282/80, AS 17, 113) zum Ausdruck gebrachte Auffassung, der Einsatz von ständig beschäftigten Bediensteten bei dem Ausbau rechtfertige es nicht, einen ihren Leistungen entsprechenden Kostenanteil in den beitragfähigen Ausbauaufwand einzustellen, bezog sich auf § 8 des Kommunalabgabengesetzes vom 2. September 1977. Diese Regelung wurde jedoch durch § 7 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes vom 5. Mai 1986 abgelöst, in dessen Satz 1 Nr. 6 ausdrücklich normiert war, dass Investitionsaufwendungen die gesamten Ausgaben und die bewerteten Eigenleistungen der kommunalen Gebietskörperschaften einschließlich der Kosten für den Einsatz eigenen Personals und eigener Sachen sind, insbesondere für die Planung und Bauleitung. Mit der im Jahre 1995 erfolgten Neuregelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG, wonach auch die bewerteten Eigenleistungen zu den Investitionsaufwendungen gehören, war eine inhaltliche Abkehr von der unmittelbaren Vorgängerbestimmung nicht beabsichtigt, auch wenn auf die erwähnte Aufzählung von Beispielen verzichtet wurde (vgl. LT-Drucks. 12/5443, S. 26). Damit ist indessen noch nicht entschieden, in welcher Weise die Eigenleistungen zu bewerten sind.

26

Die Wortwahl des Gesetzgebers lässt deutlich werden, dass die betragsmäßige Ermittlung der Eigenleistungen Ergebnis eines Wertungsvorgangs sein muss. Ein solcher vollzieht sich typischerweise innerhalb eines Bewertungsspielraums, dessen sich die Behörde bewusst sein muss und dessen Grenzen nicht überschritten werden dürfen. Die Bewertung kann gerichtlich nur darauf überprüft werden, ob die gesetzlichen Vorgaben oder deren Sinn und Zweck verkannt wurden, ob die Behörde von einem unzutreffenden Sachverhalt ausging und/oder die nach Lage der Dinge einzustellenden Gesichtspunkte nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht bei der Entscheidung berücksichtigt hat (vgl. hierzu auch BVerwG, 2 C 13/87, NVwZ-RR 1990, 619; BVerwG, 6 B 73/94, NJW 1995, 977). Vor diesem Hintergrund darf bei der Bewertung von Eigenleistungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG nicht übersehen werden, dass die Vorschrift den Zweck der Kostendeckung verfolgt. Die kommunale Gebietskörperschaft, die eine Verkehrsanlage ausbaut, darf – mit anderen Worten – durch die Beitragserhebung keinen Gewinn erzielen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn sie die Eigenleistungen beispielsweise nach Stundensätzen berechnet, die nach den Bezügen bzw. Entgelten der eingesetzten Mitarbeiter gestaffelt sind. Angesichts des vergleichsweise hohen Aufwands, den diese Art der Bewertung von Eigenleistungen mit sich bringt, dürfen auch fachlich einschlägige Honorar- bzw. Vergütungsvorschriften in sachgerecht modifizierter Form entsprechend angewendet werden. Der Rückgriff auf die Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und der Ingenieure – HOAI - ist nur dann frei von Bewertungsmängeln, wenn der in dieser Verordnung berücksichtigte Gewinn des Architekten bzw. Ingenieurs (vgl. hierzu: BGH, VII ZR 288/05, BauR 2007, 1592, juris; BGH, VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118) ausgeblendet wird. Gleiches gilt für die ebenfalls in den Honoraren enthaltenen allgemeinen Geschäftsunkosten, die über die gesondert erstattungsfähigen Auslagen (Nebenkosten gemäß § 7 HOAI) hinausgehen. Mit Rücksicht darauf dürfen die Mindesthonorarbeträge nach der HOAI nur zur Hälfte in die Aufwandsermittlung eingestellt werden. Denn nach der vom Senat eingeholten sachverständigen Äußerung des Dipl.-Ing. E., Mitglied des Vorstands des Ausschusses der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (AHO), enthalten die Honoraransätze der HOAI einerseits einen zehnprozentigen Anteil für „Wagnis und Gewinn“, andererseits entfällt, wie der Bürokostenvergleich 2006 zeige, ein Anteil von ca. 40% auf die sonstigen Bürokosten, also die allgemeinen Geschäftsunkosten. Vor diesem Hintergrund hält der Senat den von der Beklagten vorgeschlagenen lediglich zwanzigprozentigen Abschlag von den Honorarsätzen der HOAI nicht für ausreichend. Vielmehr sind weitere 30% von diesen Beträgen abzusetzen.

27

b) Außerdem ist die Aufwandsverteilung zu beanstanden, weil das Bahnhofsgelände dabei unberücksichtigt geblieben ist. Die zum Bahnhofsgelände gehörenden Grundstücke sind im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG qualifiziert nutzbar; das Bundesverwaltungsgericht (8 C 85/86, BVerwGE 78, 321) spricht bei einem Bahnhof von einer gewerbeähnlichen Nutzung. Diese Grundstücke haben außerdem die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt und eines Zugangs zur L. Straße, und zwar zum Teil als Anlieger- (aa), zum Teil als Hinterliegergrundstücke (bb).

28

aa) Unmittelbar von der L. Straße erschlossen sind die Anliegerparzellen … und …, die gleichsam nahtlos an die dem öffentlichen Verkehr gewidmete Wegeparzelle … in dem Bereich vor der Einmündung der L. Straße in die B. Straße anschließen. Soweit auf dem Flurstück … ein Bahnhofszugang für Fußgänger, Parkplätze und Taxistände errichtet wurden, handelt es sich nach dem maßgeblichen tatsächlichen Erscheinungsbild nicht um eine gegenüber der L. Straße selbständige Verkehrsanlage (vgl. auch BVerwG, IV C 28.71, DVBl 1972, 894, juris), sondern um einen Teil derselben.

29

An diesen Teil der L. Straße grenzen die bahneigenen Parzellen … und … an. Als Fortsetzung des Mehrzweckbereichs nördlich des Bahnhofsgebäudes bilden sie keine selbständige Erschließungsanlage in Form eines privaten Zugangs zum Hauptbahnhof. Nach der auf das Ausbaubeitragsrecht übertragbaren erschließungsbeitragsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 65/82, KStZ 1984, 149;IV C 151.68, Buchholz 406.11 § 123 BBauG Nr. 4, juris) kann eine private Straße, die eine Verbindung zwischen der öffentlichen Straße und zahlreichen Grundstücken darstellt und an Breite der öffentlichen Straße nicht nachsteht, als Erschließungsanlage für die an sie angrenzenden Grundstücke angesehen werden, wenn sie eine zum Anbau bestimmte, zur verkehrsmäßigen Erschließung geeignete und überdies selbständige Anlage ist. Bei der Abgrenzung zwischen erschließungsrechtlich selbständigen und unselbständigen Anlagen geht es um eine Differenzierung zwischen (schon) selbständigen Anbaustraßen und (noch) unselbständigen Zufahrten als "Anhängseln" der selbständigen Anbaustraßen, von denen sie abzweigen (BVerwG, 8 C 33/94, NVwZ-RR 1995, 695). Angesichts dessen ist für die Beantwortung der Frage, ob im Einzelfall eine befahrbare Verkehrsanlage als "nur" mehr oder weniger große unselbständige Zufahrt oder als "schon" selbständige Anbaustraße zu qualifizieren ist, grundsätzlich ausschlaggebend abzustellen auf den Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter von der zu beurteilenden Anlage vermitteln (BVerwG, 8 C 106/83, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 59, juris). Für diesen Gesamteindruck kommt es in erster Linie auf die Ausdehnung der zu beurteilenden Anlage an (BVerwG, 8 C 81/81, NVwZ 1983, 669). Ein ca. 280 m langes, befahrbares privates Wegenetz, das der "inneren Erschließung" einer Reihenhausanlage dient und im Miteigentum derjenigen steht, deren Wohngrundstücke an das Wegenetz grenzen, ist regelmäßig eine Erschließungsanlage im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB (BVerwG, 8 C 65/82, KStZ 1984, 149). Das trifft für private Zufahrten und Wege auf einem Anliegergrundstück nicht zu, die nur der internen Erreichbarkeit einzelner Teilflächen des Grundstücks oder bestimmter Standorte dienen, nicht aber der Erschließung weiterer Grundstücke (BVerwG, 8 C 8/97, NVwZ 1999, 997).

30

Nach diesen Maßstäben spricht wenig dafür, die Anliegerparzellen … und … aufgrund ihres Erscheinungsbilds als zum Anbau bestimmte Verkehrsanlage zu betrachten. Aber auch wenn man dies unterstellt, handelt es sich bei diesen Anliegerparzellen nicht um eine selbständige private Erschließungsanlage, sondern um die Fortsetzung der straßenrechtlich gewidmeten Wegeparzelle … (L. Straße im Bereich des „Nordkopfs“) mit dem Fußgängerbereich, den Taxiständen und den übrigen Fahrzeugabstellplätzen. Mangels in der Örtlichkeit erkennbarer Trennung zwischen den Parzellen … und … sowie … kann der Eindruck der Eigenständigkeit der bahneigenen Anliegerparzellen nicht entstehen. Wegen des fließenden Übergangs ähneln die Flurstücke … und … nicht einmal einer privaten Zufahrt, die als abgegrenzte Verkehrsfläche zumindest wahrgenommen werden kann. Die Flurstücke 1/18 und 1/19 sind deshalb noch weniger als eine solche eine selbständige Verkehrsanlage; sie stellen nicht die wegemäßige Erschließung des Bahnhofsgeländes dar, sondern vermitteln diese Erschließung lediglich. Auch was die Ausdehnung angeht, erscheinen sie als unselbständig. Ein Bahnhofsgelände wie das des K. Hauptbahnhofs kann angesichts des mit seinem Betrieb verbundenen erheblichen Ziel- und Quellverkehrs nicht von einer derart kleinen, überwiegend zwischen 10 und 20 Meter breiten Fläche erschlossen werden.

31

Als Teil des Betriebsgeländes des Hauptbahnhofs unterliegen die Parzellen … und … zudem einer bahnrechtlichen Zweckbestimmung. Sie sind nicht straßenrechtlich, sondern für Bahnzwecke gewidmet als das Be- und Entladen sowie den Zugang und Abgang ermöglichende und damit für den Betrieb der Schienenwege notwendige Anlagen (vgl. BVerwG, 11 A 2/96, BVerwGE 102, 269).

32

bb) Die Flurstücke … und …, auf dem das Bahnhofsgebäude errichtet ist, und das dahinter liegende Grundstück werden mittelbar (auch) von der L. Straße erschlossen. Sie unterliegen als Hinterliegergrundstücke der Beitragspflicht.

33

Nach der auf das Ausbaubeitragsrecht übertragbaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht (vgl. BVerwG, 8 C 27/96, NVwZ-RR 1998, 67) dürfen die Eigentümer der (übrigen) erschlossenen Grundstücke nach den im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten bestehenden tatsächlichen Verhältnissen schutzwürdig erwarten, auch ein Hinterliegergrundstück nehme an der Verteilung des für die abzurechnende beitragsfähige Erschließungsanlage angefallenen umlagefähigen Aufwands teil, wenn "typischerweise mit einer Inanspruchnahme der Anbaustraße (auch) durch das Hinterliegergrundstück gerechnet werden muss“. Ob damit zu rechnen ist, richtet sich im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans nach dessen Festsetzungen über die straßenmäßige Erschließung (BVerwG, 9 C 5/01, NVwZ-RR 2002, 770). Sind solche nicht getroffen, wird es darauf ankommen, aus dem dem Plan erkennbar zugrunde liegenden Verkehrskonzept oder anderen sich aus der Planbegründung ergebenden Anhaltspunkten Rückschlüsse auf die voraussichtliche Inanspruchnahme der Anbaustraße durch das Hinterliegergrundstück zu ziehen. Wird jedoch ein Hinterliegergrundstück, das im Eigentum derselben Person steht wie das selbständig bebaubare Anliegergrundstück, zusammen mit dem Anliegergrundstück einheitlich genutzt oder besitzt es tatsächlich eine Zufahrt zu der Anbaustraße, gehört es ohne Weiteres zum Kreis der durch diese Anlage erschlossenen Grundstücke (BVerwG, 8 C 111/86, BVerwGE 79, 1 = NVwZ 1988, 630).

34

Angesichts dessen sind die Hinterliegergrundstücke des Bahnhofsgeländes bereits wegen der einheitlichen wirtschaftlichen Nutzung und der vorhandenen Zugänglichkeit in den Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke einzubeziehen. Außerdem muss nach der Verkehrskonzeption der Beklagten mit einer Inanspruchnahme der L. Straße (auch) durch die Hinterliegergrundstücke des Bahnhofsgeländes gerechnet werden. Wie dem „Erläuterungsbericht zur Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes“ der Beklagten entnommen werden kann, soll die sogenannte Mehrzweckfläche im Bereich des „Nordkopfs“ dazu dienen, dass Fahrgäste mit Taxen, privaten Kraftwagen oder Fahrrädern den Hauptbahnhof über die L. Straße bequem erreichen können.

35

Damit wird gleichzeitig deutlich, dass nicht der gesamte Verkehr zum und vom Hauptbahnhof von der L. Straße bewältigt werden soll. Insbesondere der Busverkehr und ein Großteil des Pkw-Verkehrs, der in die Tiefgarage unter dem Bahnhofsplatz geleitet wird, fließen im Wesentlichen über andere Verkehrsanlagen. Eine solche Aufteilung des angesichts der zulässigen Grundstücksnutzung zu erwartenden Gesamtverkehrs auf unterschiedliche Verkehrsanlagen kann – wie hier geschehen - auf der Grundlage eines gemeindlichen Verkehrskonzepts erfolgen (vgl. auch OVG R-P, 6 A 10158/06.OVG, ESOVGRP).

36

Die Beitragspflicht scheitert nicht an dem Umstand, dass es sich (teilweise) um ein mit einem Erbbaurecht belastetes Hinterliegergrundstück handelt. Denn das davon betroffene Flurstück …, auf dem sich das Hauptbahnhofsgebäude befindet, ist über die unmittelbaren Anliegergrundstücke von der L. Straße aus zugänglich, mit dem übrigen Bahnhofsgelände einheitlich genutzt und für die Abwicklung des Eisenbahnbetriebs schlechthin unentbehrlich, so dass die unterschiedlichen dinglichen Berechtigungen für die Beurteilung des Ausbauvorteils dieser Hinterliegergrundstücke nicht von entscheidender Bedeutung sind.

37

Auch hinsichtlich des Umfangs des „Erschlossenseins“ eines Bahnhofsgeländes hält der Senat die erschließungsbeitragsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 85/86, BVerwGE 78, 321) für entsprechend anwendbar. Danach werden grundsätzlich die zwischen der Straße und dem Schienenweg liegenden Flächen eines als Bahnhofsgelände genutzten Bahnbetriebsgrundstücks erschlossen, wobei bei einem Bahnhof zwar die Bahnsteige und die Flächen, auf denen der Zugang von der Straße über das Bahnhofsgelände zum Bahnsteig erfolgt, nicht aber das Schienengelände als solches zu der durch eine Anbaustraße erschlossenen Fläche gehören. Der Senat legt seiner Entscheidung deshalb die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nachgebesserte Berechnung zugrunde, die neben den Grundstücken …, …, … und … auch die Bahnsteigflächen auf der Parzelle … in vollem Umfang berücksichtigt. Soweit letztere in den sich südlich an die überdachten Bahnsteigflächen anschließenden Bereichen in erster Linie Bahnbetriebszwecken dienen und von den Bahnkunden selten benutzt werden, wären sie nach den erwähnten Maßstäben eigentlich aus der Berechnung zu nehmen. Dies unterbleibt jedoch, weil dadurch ein rechnerischer Ausgleich geschaffen wird für die Bahnsteigflächen auf dem Flurstück …, die den Bahnkunden zur Verfügung stehen, aber in die von der Beklagten vorgelegte Berechnung nicht eingeflossen sind. Da diese bisher nicht berücksichtigten Bahnsteigflächen auf dem Flurstück … nach den vorliegenden Plänen ersichtlich kleiner sind als die sich südlich an die überdachten Bahnsteigflächen anschließenden Bereiche, die in erster Linie Bahnbetriebszwecken dienen, kann der Kläger durch diese Berechnung nicht in seinen Rechten verletzt werden. Im Übrigen kann das Flurstück …, das ganz überwiegend von der Gleisanlage in Anspruch genommen wird, nicht der Beitragspflicht unterliegen. Dies gilt unabhängig von der Frage seiner Zugänglichkeit über die (für den Verkehr gesperrte) Treppe, die von der L. Straße zum Bahnsteig 1 führt. Darauf kommt es angesichts der vorstehenden Ausführungen zur Zugänglichkeit des Bahnhofsgeländes nicht entscheidend an.

38

c) Wegen der Notwendigkeit, das Bahnhofsgelände in die Verteilung des Ausbauaufwands einzubeziehen, muss der diesbezügliche Ziel- und Quellverkehr als Anliegerverkehr angesehen werden. Deshalb ist auch die Festlegung des Gemeindeanteils auf 60% zu beanstanden. Diese fehlerhaft zu hohe Festsetzung, die die Beitragspflichtigen begünstigt, führt nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheids in vollem Umfang (aa), sondern nur insoweit, als ein höherer Beitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde (bb).

39

aa) Der angefochtene Bescheid wäre allerdings insgesamt aufzuheben, wenn die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils das Entstehen der Beitragspflicht verhindert hätte oder dazu führen würde, dass es am Satzungserfordernis des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG fehlt. Weder das eine noch das andere trifft zu.

40

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG, wonach kommunale Abgaben grundsätzlich nur aufgrund einer Satzung erhoben werden dürfen, wird durch die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils nicht verletzt, die – wie hier - nicht in Form einer gemeindlichen Satzung, sondern durch (schlichten) Beschluss des Stadtrats der Beklagten erfolgte. Eine Verletzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG läge darin allenfalls dann, wenn der Gemeindeanteil zu den Gegenständen gehören würde, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG zwingend in einer Abgabensatzung zu regeln sind (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 <414>), was indessen nicht der Fall ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG muss die Satzung die Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab sowie den Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuld bestimmen, also nicht den Gemeindeanteil. Ein auf der Grundlage eines (schlichten) Ratsbeschlusses über einen zu hohen Gemeindeanteil erlassener, die Beitragspflichtigen zu niedrig belastender Beitragsbescheid kann deshalb insoweit nicht in deren Rechte eingreifen (vgl. OVG R-P, 6 A 12238/97.OVG, ESOVGRP).

41

Durch die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils ist (auch) das Entstehen der Beitragspflicht nicht verhindert worden.

42

Der Anspruch auf den einmaligen Beitrag entsteht nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG, wenn die Bauarbeiten an der einzelnen Verkehrsanlage abgeschlossen sind und, sofern der einmalige Beitrag - wie hier - nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt wird, der entstandene Aufwand feststellbar ist. Schon der Wortlaut dieser Bestimmung lässt deutlich werden, dass die Beitragspflicht unabhängig von der Festlegung des Gemeindeanteils entsteht. Der entstandene Aufwand als die Summe der Ausbauaufwendungen kann festgestellt werden, ohne dass Klarheit über die Verteilung dieses Aufwands herrscht.

43

Zwar lässt sich im Zeitpunkt des Abschlusses der Bauarbeiten und der Feststellbarkeit des entstandenen Aufwands der auf das einzelne Grundstück entfallende Beitrag häufig noch nicht exakt beziffern; gleichwohl ist der Beitragsanspruch nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG vom rechtsdogmatischen Ansatzpunkt her in einer bestimmten Höhe entstanden (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 <413>). Das Entstehen der Beitragspflicht ist nicht gleichbedeutend mit der Berechenbarkeit und Festsetzbarkeit des Beitrags, was zusätzlich eine wirksame Beitragssatzung sowie die Festlegung des Gemeindeanteils erfordert.

44

Aus dieser Notwendigkeit kann aber nicht geschlossen werden, dass der Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht hinausgeschoben ist, bis sämtliche Voraussetzungen der Festsetzbarkeit des Beitrags erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. 6 A 56/75.OVG, AS 14, 321, ESOVGRP; 6 A 12181/90.OVG, ESOVGRP) und anderer Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG N-W, 15 A 3907/92, KStZ 1997, 117, juris; OVG S-H, 2 L 116/97, juris; OVG M-V, 6 M 93/97, DVBl 1998, 56, juris; a.A. OVG SL, 1 R 4/00, AS 29, 303) muss im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG erforderliche Satzung nicht vorhanden sein; es reicht, wenn eine später erlassene Ausbaubeitragssatzung sich Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht beimisst.

45

Soweit Driehaus (Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 34 Rn. 5, § 37 Rn. 10 unter Hinweis auf VG Dessau, 2 A 756/99.DE, NVwZ-RR 2001, 326 mit kritischer Anmerkung von Sendler , NVwZ 2001, 1006) die Auffassung vertritt, das Entstehen der Ausbaubeitragspflicht hänge vom Vorhandensein einer gültigen Satzung ab, in der auch die Höhe des Gemeindeanteils geregelt sein müsse, folgt dem der Senat nicht. Betrachtete man – wie im Erschließungsbeitragsrecht – eine Satzung als Voraussetzung des Entstehens der Beitragspflicht, würde die Festsetzungsfrist, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AbgabenordnungAO - mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Beitrag entstanden ist, bis zum In-Kraft-Treten dieser Satzung hinausgeschoben. Für eine solche Folge ist weder § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG noch § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO etwas zu entnehmen. Darüber hinaus könnte die Festsetzungsfrist durch Hinauszögern der Festlegung des Gemeindeanteils unterlaufen werden. Im Übrigen müssten unter diesen Umständen auch Bescheide aufgehoben werden, die auf einem eindeutig zu hohen und damit für die Beitragspflichtigen zu günstigen Gemeindeanteil beruhen.

46

bb) Die Berichtigung des Gemeindeanteils wegen der Notwendigkeit, den Ziel- und Quellverkehr zum und vom Bahnhofsgelände als Anliegerverkehr zu betrachten, kann der Senat nicht selbst vornehmen. Er hat den Beurteilungsspielraum der Beklagten zu respektieren und darf ihn nicht durch eine eigene Bewertung ersetzen (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 (414); 6 A 11315/06.OVG, ESOVGRP; NdsOVG, 9 A 56/86, KStZ 1988, 55; BayVGH, 6 B 82 A.2893, BayVBl 1985, 117). Der festgesetzte Stadtanteil von 60% wirkt sich allerdings günstig für den Kläger aus. Denn die Beklagte übernimmt damit einen größeren Anteil am Ausbauaufwand, als es der Durchgangsverkehr gebietet.

47

Da der Aufwand um weitere 30%, insgesamt also um die Hälfte der Honoraransätze der HOAI für die Bewertung der Bauleitungsaufwendungen durch die Stadtämter 65 (für die Beleuchtung) und 67 (für die Baumpflanzungen) zu kürzen ist, vermindert sich der Gesamtaufwand auf 70.977,83 €. Davon entfallen 40% auf die Beitragspflichtigen, also 28.391,13 €. Die gewichtete Gesamtfläche beträgt aufgrund der Einbeziehung des Bahnhofsgeländes 34.473,65 m², so dass sich ein Beitragssatz von 0,8235603 €/m² ergibt, der multipliziert mit der gewichteten Fläche der Grundstücke des Klägers (1.400,46 m²) zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von 1.153,36 € führt.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

49

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

50

Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

51

Beschluss

52

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren im zweiten Rechtszug auf 3.354,96 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).


Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 2. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens im zweiten Rechtszug zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung seitens des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des in N... gelegenen Grundstücks Flur ..., Parzelle .../... (H...straße ...), gegen seine Heranziehung zu einem einmaligen Ausbaubeitrag in Höhe von 1.238,53 € durch Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2008.

2

Der Ausbau der H...straße erfolgte nach ihrer Abstufung von einer Kreisstraße zu einer Gemeindestraße in dem räumlichen Umfang, in dem zuvor die Ortsdurchfahrt festgesetzt war. Der Rat der Beklagten beschloss hierzu am 4. Februar 1997 die Erneuerung der Fahrbahn mit einem frostsicheren Unterbau und einer durchgehend bituminös befestigten Fahrbahnoberfläche als Mischfläche für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr einschließlich der Erneuerung der Straßenoberflächenentwässerung. Für die Mündungsbereiche zu den anderen Gemeindestraßen wurde eine Pflasterung auf Teilflächen vorgesehen. Weiter hieß es in diesem Beschluss vom 4. Februar 1997:

3

„In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die beitragspflichtigen Grundstücksanlieger nur mit den Beiträgen belastet werden, wie sie angefallen wären, wenn die Fahrbahn noch in der Baulast des Landkreises und die Ortsgemeinde N... nur die Nebenanlagen auszubauen hätte.

4

Es werden daher von dem insgesamt entstehenden beitragsfähigen Aufwand die Kosten abgezogen, die anteilig auf die Fahrbahn entfallen. “

5

Diesen Beschluss vom 4. Februar 1997 übermittelte die Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach mit Schreiben vom 6. Juni 1997 an die Beitragspflichtigen. Es diente der Mitteilung über die Durchführung beitragsfähiger Baumaßnahmen und enthielt den Hinweis, diese Mitteilung sei unverbindlich.

6

Mit seiner nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung müssten bei der Aufwandsermittlung unberücksichtigt bleiben, weil der Anspruch der Verbandsgemeindewerke gegen die Beklagte auf Übernahme dieser Kosten verjährt gewesen sei, als er mit Abrechnung vom 22. September 2004 geltend gemacht wurde. Denn es handele sich um einen vertragsähnlichen, keinesfalls aber um einen der dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliegenden bereicherungs- oder erstattungsrechtlichen Anspruch.

7

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers und hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich insoweit zu eigen macht.

8

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, hinsichtlich der Kosten für den Ausbau der Fahrbahn liege ein Abgabenvorausverzicht der Beklagten vor. Im Übrigen sei der Beitragsanspruch mangels einer aussagekräftigen Schlussrechnung für die Entwässerung noch nicht entstanden. Außerdem habe der Gemeinderat den Gemeindeanteil nicht wirksam festgesetzt.

9

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor, die ausdrücklich als unverbindlich bezeichnete Mitteilung vom 6. Juni 1997 könne keinen Beitragsvorausverzicht darstellen, zumal es an der Bestimmtheit des Umfangs eines Verzichts fehle. Der Beitragsanspruch sei auch entstanden, nachdem die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung unter dem 22. September 2004 von den Verbandsgemeindewerken in Rechnung gestellt worden seien. Dabei handele es sich um tatsächliche Aufwendungen, auch wenn eine vertragliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Verbandsgemeindewerken nicht getroffen worden sei. Die Forderung der Verbandsgemeindewerke sei im Übrigen vor Eintritt der Verjährung geltend gemacht worden.

10

Die Beklagte beantragt,

11

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

13

die Berufung zurückzuweisen.

14

Er verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt sein erstinstanzliches Vorbringen, der vertragsähnliche Anspruch der Verbandsgemeindewerke gegen die Beklagte auf Übernahme der Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung sei verjährt gewesen, als die Verbandsgemeindewerke ihn mit der Abrechnung vom 22. September 2004 geltend gemacht hätten. Eine dreißigjährige Verjährungsfrist, die für bereicherungs- oder erstattungsrechtliche Ansprüche gelte, komme hier nicht in Betracht. Da der Beklagten deshalb insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht zugestanden habe, könnten die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung nicht als notwendige Aufwendungen im beitragsrechtlichen Sinn erachtet werden.

15

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen und den vorgelegten Verwaltungsvorgängen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

16

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Heranziehungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn er ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Zwar steht der Erhebung eines Ausbaubeitrags für die Fahrbahnkosten kein wirksamer Abgabenvorausverzicht entgegen (1.). Der Beitragsanspruch ist jedoch bisher nicht entstanden, weil die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung noch nicht feststehen (2.). Bedenken gegen den Beitragsbescheid bestehen auch hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung der der Veranlagung zugrunde gelegten Verkehrsanlage (3.).

17

1. Anders als das Verwaltungsgericht angenommen hat, stellt der Gemeinderatsbeschluss vom 4. Februar 1997, wonach von dem insgesamt entstehenden beitragsfähigen Aufwand die Kosten abgezogen werden, die anteilig auf die Fahrbahn entfallen, auch in Verbindung mit der Mitteilung der Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach vom 6. Juni 1997 keinen wirksamen Beitragsvorausverzicht in Bezug auf die Fahrbahnkosten dar.

18

Dies ergibt sich zunächst aus dem Umstand, dass dieses Schreiben vom 6. Juni 1997 in erster Linie der durch § 7 Abs. 6 KAG vorgeschriebenen Mitteilung über die Durchführung beitragsfähiger Baumaßnahmen diente und den Hinweis enthielt, diese Mitteilung sei unverbindlich und Änderungen der Planung, insbesondere der beitragsrechtlichen Bestimmungen, blieben vorbehalten. Abgesehen davon liegt ein wirksamer Vorausverzicht auf die für die Erneuerung der Fahrbahn entstehenden Beiträge mangels Bestimmtheit nicht vor. Denn der Beschluss des Ortsgemeinderats vom 4. Februar 1997, die beitragspflichtigen Grundstücksanlieger nur mit den Beiträgen zu belasten, die anfielen, wenn die Fahrbahn noch in der Baulast des Landkreises stünde und die Ortsgemeinde N... nur die Nebenanlagen auszubauen hätte, geht einerseits davon aus, dass Kosten für die Fahrbahn und davon zu unterscheidende Kosten für die Nebenanlagen, also insbesondere für die Gehwege, anfallen. Andererseits beinhaltet dieser Ratsbeschluss die Festlegung auf die Erneuerung der Fahrbahn als Mischfläche für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr. Die Errichtung einer solchen Mischfläche lässt jedoch nicht ohne Weiteres eine Aufteilung der Kosten für die dem Fahrzeugverkehr dienende Fahrbahn und der Kosten für den Fußgängerbereich zu. Es ist auch nicht ersichtlich, dass für den Fußgängerverkehr Randbereiche der H...straße in einem bestimmten Umfang vorgesehen waren. Damit stand im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Ortsgemeinderats nicht fest, welcher konkrete oder zumindest berechenbare Teil eines künftigen Beitragsanspruchs anteilig auf die Fahrbahn entfallen würde, wenn sie noch in der Baulast des Landkreises stünde. Kennzeichnend für einen Abgabenvorausverzicht ist jedoch die vollständige oder teilweise Verfügung über einen konkreten künftigen Beitragsanspruch, also dessen (bedingte) Vernichtung, ohne dass seitens des Beitragsgläubigers noch weitere Vollzugsakte notwendig sind (BVerwG, 8 C 174/81, NJW 1984, 2113, KStZ 1984, 112, juris; OVG RP, 6 A 68/86.OVG, esovgrp; OVG RP, 6 A 10558/05.OVG, esovgrp).

19

2. Der Beitragsanspruch ist aber noch nicht entstanden, weil die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung bislang nicht feststellbar sind (a). Allerdings würde ihre Höhe feststehen, wenn diese Kosten verjährt wären. Dann stünde der Beklagten gegenüber den Verbandsgemeindewerken ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Würde die Beklagte diese Forderung dennoch begleichen, könnten diese Kosten nicht als notwendiger Ausbauaufwand anerkannt werden (vgl. hierzu OVG RP, 6 A 11716/04.OVG, KStZ 2005, 116, esovgrp; 6 A 10389/06.OVG, esovgrp). Die Kosten, die die Beklagte den Verbandsgemeindewerken für die Herstellung bzw. Erneuerung der Straßenoberflächenentwässerung schuldet, sind indessen nicht verjährt (b).

20

a) Der Anspruch auf den einmaligen Beitrag entsteht nach § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG, wenn die Bauarbeiten an der einzelnen Verkehrsanlage abgeschlossen sind und, sofern der einmalige Beitrag - wie hier - nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt wird, der entstandene Aufwand feststellbar ist. An dieser Voraussetzung fehlt es hinsichtlich der gemäß § 12 Abs. 10 LStrG von der Beklagten zu tragenden Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung der ausgebauten Verkehrsanlage. Zwar erfolgte unter dem 22. September 2004 die Abrechnung der Verbandsgemeindewerke Puderbach gegenüber der Beklagten über die Investitionskostenbeteiligung der Ortsgemeinde für die Straßenoberflächenentwässerung, welche auf der Grundlage des Pauschalsatzes der Verbandsgemeindewerke von 9,43 €/m² insgesamt mit 37.843,14 € für die H...straße und mit 2.563,64 € für die A... Straße festgesetzt wurde. Die dadurch der Beklagten als Straßenbaulastträgerin in Rechnung gestellten Kosten können die Verbandsgemeindewerke aber auf der Grundlage des § 12 Abs. 10 LStrG nicht beanspruchen, so dass sie nicht als tatsächliche Investitionsaufwendungen bei der Beklagten angefallen sind (vgl. hierzu OVG RP, 6 A 10141/09.OVG, esovgrp, juris).

21

Nach § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG hat sich der Träger der Straßenbaulast vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung mit dem Träger der Kanalisation an den Kosten der Herstellung, den laufenden Kosten und den Kosten einer Erneuerung der Kanalisation entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn (vgl. hierzu OVG RP, 1 A 11617/01.OVG, esovgrp; OVG RP, 6 A 11364/08.OVG, AS 38, 246, esovgrp, juris) zu beteiligen, wenn die Fahrbahnentwässerung in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt. Diese Beteiligung an den Kosten für die Herstellung oder für die Erneuerung der Kanalisation soll gemäß § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG jeweils durch einen einmaligen Pauschalbetrag, die Beteiligung an den laufenden Kosten durch jährlich wiederkehrende Pauschalbeträge abgegolten werden. Die Ermittlung der für die Pauschalbeträge geltenden Richtwerte erfolgt durch den Träger der Kanalisation im Einvernehmen mit dem Träger der Straßenbaulast (§ 12 Abs. 10 Satz 3 LStrG). Das der Bestimmung des § 12 Abs. 10 LStrG zugrunde liegende Regelungskonzept sieht danach drei Möglichkeiten der Beteiligung des Trägers der Straßenbaulast an den Herstellungskosten der Kanalisation vor, wenn die Fahrbahnentwässerung – wie hier - in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt.

22

Zunächst ist durch den Gesetzeswortlaut ausdrücklich eine „anderweitige Vereinbarung“ zugelassen, also die Regelung des Investitionskostenanteils durch Vertrag zwischen dem Straßenbaulastträger und dem Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung. Anders als das Verwaltungsgericht meint, ist eine solche Vereinbarung jedoch keine notwendige Voraussetzung für eine auf § 12 Abs. 10 LStrG gestützte Kostenforderung gegenüber dem Straßenbaulastträger (vgl. OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris; OVG RP, 1 A 11553/04.OVG, esovgrp). Dass eine vertragliche Vereinbarung nicht zwingend erforderlich ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG, wonach sich der Träger der Straßenbaulast „vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung“ mit dem Träger der Kanalisation u. a. an den Kosten der Herstellung zu beteiligen hat. Es heißt nicht etwa, der Straßenbaulastträger habe sich nach Maßgabe einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Träger der Kanalisation an den Kosten zu beteiligen. Auch der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts kann nicht entnommen werden, dass nur auf vertraglicher Grundlage eine Kostenbeteiligung gemäß § 12 Abs. 10 LStrG in Betracht kommt. Zwar lagen den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts in den Verfahren 6 A 13131/97.OVG (esovgrp), 1 A 11553/04.OVG (esovgrp), 6 A 11364/08.OVG (AS 38, 246, esovgrp, juris) und 6 A 10141/09.OVG (esovgrp) Fallgestaltungen zugrunde, in denen solche Verträge geschlossen worden waren. Im Verfahren 6 A 11401/01.OVG war dies aber nicht der Fall.

23

Die zweite Möglichkeit einer Beteiligung des Straßenbaulastträgers an den Herstellungs- bzw. Erneuerungskosten der Kanalisation besteht in der Geltendmachung eines einmaligen Pauschalbetrags durch den Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung. Gemäß § 12 Abs. 10 Satz 3 LStrG erfolgt in diesem Fall die Ermittlung der für die Pauschalbeträge geltenden Richtwerte durch den Träger der Kanalisation im Einvernehmen mit dem Träger der Straßenbaulast (vgl. hierzu OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris). Dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber den Vorrang eingeräumt, weil von ihr nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG Gebrauch gemacht werden „soll“.

24

Diese Formulierung lässt außerdem deutlich werden, dass es noch eine dritte Möglichkeit gibt, den Straßenbaulastträger an den Herstellungskosten der Kanalisation zu beteiligen, nämlich aufgrund einer Berechnung der im konkreten Einzelfall auf die ausgebaute Verkehrsanlage entfallenden Kosten der Straßenoberflächenentwässerung (vgl. hierzu im einzelnen OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris).

25

Keine dieser Möglichkeiten wurde bislang in einer Weise umgesetzt, die eine Ermittlung der tatsächlichen Aufwendungen der Beklagten für die Straßenoberflächenentwässerung der ausgebauten Straße zulässt. Eine einzelfallbezogene Abrechnung der Kosten für die Beseitigung des Straßenoberflächenwassers in der H...straße ist nicht erfolgt, insbesondere nicht unter Anwendung des gesetzlich vorgegebenen Maßstabs „entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn“ (vgl. hierzu OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris; OVG RP, 1 A 11617/01.OVG, esovgrp). Die Schlussrechnung der Fa. B... B... vom 15. Mai 1997, die sich auf die „Ortsentwässerung B...“ bezieht, umfasst – wie in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen ausgeführt ist – zudem nicht nur Baumaßnahmen in der H...straße und gibt deshalb tatsächliche Aufwendungen für die ausgebaute Verkehrsanlage nicht ohne weitere Aufbereitung wieder. Auch von der zweiten dargestellten Möglichkeit ist nicht nach Maßgabe des § 12 Abs. 10 LStrG Gebrauch gemacht worden. Zwar erfolgte unter dem 22. September 2004 auf der Grundlage eines Pauschalsatzes die Abrechnung der Verbandsgemeindewerke Puderbach gegenüber der Beklagten über die Investitionskostenbeteiligung der Ortsgemeinde für die Straßenoberflächenentwässerung der ausgebauten Verkehrsanlage. An der in § 12 Abs. 10 Satz 3 LStrG vorgeschriebenen einvernehmlichen Ermittlung der für die Pauschalbeträge geltenden Richtwerte fehlt es aber, wie seitens der Beklagten in der mündlichen Berufungsverhandlung eingeräumt wurde. Diese einvernehmliche Ermittlung stellt aber die zwingende Voraussetzung dar, um die Höhe der der Kostenermittlung zugrunde gelegten Pauschalbeträge und damit auch die Höhe des für die Beitragserhebung maßgeblichen Gesamtaufwands hinreichend verlässlich zu konkretisieren. Schließlich haben die Beklagte und die Verbandsgemeindewerke bislang auch keine Vereinbarung über die Kosten der Straßenoberflächenentwässerung der H...straße geschlossen.

26

Eine solche Kostenvereinbarung ist aber noch möglich. Sie muss nämlich - wie sich aus § 12 Abs. 10 Satz 4 LStrG i.V.m. § 60 VwVfG ergibt - nicht bereits vor dem Beginn der Baumaßnahmen getroffen werden. Nach diesen Bestimmungen kann eine Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts verlangen, wenn eine Vereinbarung geschlossen ist, die Verhältnisse sich aber so wesentlich geändert haben, dass der Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen Regelung nicht zuzumuten ist. Die Übereinkunft über die Kosten der Straßenoberflächenentwässerung muss also nicht abschließend vor dem Ausbau erfolgen. Dem somit noch möglichen Abschluss einer Kostenvereinbarung steht zudem der Einwand der Verjährung nicht entgegen.

27

b) Der Anspruch der Verbandsgemeindewerke Puderbach gegen die Beklagte auf Beteiligung an den Kosten für die Herstellung bzw. Erneuerung der Kanalisation ist nämlich nicht verjährt, weil die hier maßgebliche dreißigjährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

28

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 3 C 37/07, BVerwGE 132, 324, juris; 3 C 6/08, juris) ist anerkannt, dass das Rechtsinstitut der Verjährung auch im öffentlichen Recht jedenfalls auf vermögensrechtliche Ansprüche Anwendung findet. Das gilt selbst dann, wenn Gläubiger und Schuldner juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Nach welchen Regeln sich die Verjährung richtet, ist – sofern spezielle Vorschriften des einschlägigen Fachrechts fehlen – im Wege der Analogie zu entscheiden. Auf öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche hat das Bundesverwaltungsgericht in Ermangelung spezieller Verjährungsregeln bislang die für bürgerlich-rechtliche Bereicherungsansprüche geltende kenntnisunabhängige dreißigjährige Verjährungsfrist angewendet (BVerwG, 2 C 14.81, BVerwGE 66, 251 <252 f.>; BVerwG, 2 C 10.05, juris; BVerwG, 5 C 25.07, juris; BVerwG, 7 A 2.07, juris). Sind speziellere Verjährungsfristen nicht analogiefähig, sieht das Bundesverwaltungsgericht in der dreißigjährigen Regelverjährung den Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens (BVerwG, 3 C 37/07, BVerwGE 132, 324, juris; 3 C 6/08, juris). Diese dreißigjährige Verjährungsfrist gilt auch unter den vorliegenden Umständen (vgl. hierzu auch OVG RP, 6 A 11401/01.OVG).

29

Da eine Vereinbarung über die Investitionskostenbeteiligung der Ortsgemeinde für die Straßenoberflächenentwässerung nicht geschlossen wurde, ist für eine Analogie der Verjährungsbestimmungen des vertraglichen Schuldrechts auf die hier gegebene öffentlich-rechtliche Sonderbeziehung (vgl. hierzu BVerwG, 9 C 4.10, BVerwGE 140, 34, juris) kein Raum. Eine besonders enge, mit einem privatrechtlichen Schuldverhältnis vergleichbare Beziehung ist nicht begründet worden (vgl. auch OVG RP, 1 A 11553/04.OVG, esovgrp). Angesichts der ausdrücklichen Regelung der Beteiligung des Straßenbaulastträgers an den Kosten der Straßenoberflächenentwässerung in § 12 Abs. 10 LStrG scheidet auch die entsprechende Anwendung der Bestimmungen über eine Geschäftsführung ohne Auftrag aus (vgl. BVerwG, 4 A 1/83, NJW 1986, 2524, juris; zum Bundesfernstraßenrecht vgl. OVG RP, 12 A 11746/00.OVG, AS 29, 50, esovgrp, juris).

30

Bei dem nicht auf eine Vereinbarung gestützten Anspruch des Trägers der Abwasserbeseitigungseinrichtung gegen den Straßenbaulastträger auf Beteiligung an den Kosten für die Herstellung bzw. Erneuerung der Kanalisation gemäß § 12 Abs. 10 LStrG handelt es sich vielmehr um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Dieser beruht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 7 C 48/82, BVerwGE 71, 85, juris) auf dem Rechtsgedanken, dass Leistungen ohne Rechtsgrund und sonstige mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden müssen. Er stellt ein eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts dar, das sich auf den verschiedenen Rechtsgebieten in einer Vielzahl von Vorschriften niedergeschlagen hat, in denen für das jeweilige Rechtsgebiet die Rückgewähr des entgegen der Rechtslage Erlangten geregelt ist. Zwar ist der Ausbau der Oberflächenentwässerung eine gesetzlich dem Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung übertragene Aufgabe, so dass die Durchführung der Erneuerungsmaßnahme in Übereinstimmung mit Rechtslage erfolgt ist. Der Gesetzgeber hat aber in § 12 Abs. 10 LStrG bestimmt, dass der Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung die dafür aufgewendeten Kosten nicht allein zu tragen hat, sondern dass sich der Träger der Straßenbaulast an den Kosten der Herstellung, den laufenden Kosten und den Kosten einer Erneuerung der Kanalisation entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn zu beteiligen hat. Solange diese Beteiligung nicht erfolgt ist, hat der Straßenbaulastträger somit durch die Herstellung bzw. Erneuerung der Kanalisation und die sich daraus ergebende Möglichkeit der Straßenoberflächenentwässerung etwas erlangt, dessen Wert er nach § 12 Abs. 10 LStrG nicht behalten, sondern - vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung – in aller Regel durch Zahlung eines Pauschalbetrags erstatten soll.

31

3. Ohne dass es angesichts der vorstehenden Ausführungen entscheidungserheblich darauf ankommt, soll kurz auf die Bedenken des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung der der Heranziehung zugrunde gelegten Verkehrsanlage eingegangen werden.

32

Der Senat teilt die in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen begründete Auffassung, dass die A... Straße nicht mehr zu dem einheitlichen Straßenzug der H...straße gehört. Nach den vorgelegten Fotos stellt die Pflasterung im Bereich des Buswendeplatzes eine Zäsur dar, die die abknickende A... Straße nicht als Fortsetzung der H...straße erscheinen lässt. An diesem Eindruck ändert der Umstand nichts, dass die in der H...straße beginnende Pflasterung bis weit in die A... Straße hineinreicht. Das tatsächliche Erscheinungsbild der H...straße – aus westlicher Richtung betrachtet – wird vielmehr dadurch bestimmt, dass die H...straße in gerader Richtung weitergeführt wird, die A... Straße aber in einem stumpfen Winkel abknickt. Die erwähnte Pflasterung unterbricht aber auch die H...straße. Dies ergibt sich des Weiteren aus den Unterschieden der Gestaltung der H...straße in diesem Bereich. Sie wird in dem westlich dieser Pflasterung liegenden Teil durch eine gepflasterte Rinne und einen andersfarbig gepflasterten Gehweg geprägt, während sie im östlichen Teil einen asphaltierten Gehweg, einen Bordstein sowie eine teilweise gepflasterte Fahrbahn aufweist.

33

Durch die Gestaltung des Einmündungsbereichs der Straße „Z...“ wird allerdings die H...straße nicht in mehrere Verkehrsanlagen aufgeteilt. Das dort erhöht errichtete, durch Pflastersteine befestigte und bepflanzte Rundbeet hat nicht die trennende Wirkung beispielsweise einer Kreisverkehrsanlage, die nicht überfahren werden kann. Denn der Verkehr wird nicht durch bauliche Vorkehrungen oder andere das tatsächliche Erscheinungsbild prägende Elemente in einer Richtung um dieses Beet herumgeführt. Vielmehr fällt bei natürlicher Betrachtungsweise sofort auf, dass die H...straße in diesem Bereich wesentlich breiter angelegt ist als die Straße „Z...“. Dadurch entsteht bei einer Betrachtung sowohl aus östlicher Richtung als auch aus südlicher Richtung der Eindruck, dass sich die H...straße auf dem jeweils breiteren „Ast“ fortsetzt, während die Straße „Z...“ als einmündende Verkehrsanlage erscheint.

34

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

35

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO.

36

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

37

Beschluss

38

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 1.238,53 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).


Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 9. Mai 2011 unwirksam.

Im Übrigen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 9. Mai 2011 abgeändert und die Klage gegen die Beitragsbescheide der Beklagten vom 18. Januar 2010 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2011 abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug hat der Kläger vier Fünftel, die Beklagte ein Fünftel zu tragen. Die Kosten des Zulassungs- und des Berufungsverfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Eigentümer der Grundstücke in der Gemarkung St…, Flur 7, Parzelle …, und Flur 14, Parzelle … gegen seine Heranziehung zu wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen für das Jahr 2009. Beide Grundstücke liegen innerhalb der einheitlichen öffentlichen Einrichtung der Anbaustraßen des Ortsteils S… Dorf. Für das Grundstück Parzelle … ist teilweise eine Wohnnutzung, zum anderen Teil eine Nutzung als Golfgelände festgesetzt, während das Grundstück Parzelle … insgesamt zum Golfplatz gehört. Die Beitragsbescheide der Beklagten vom 18. Januar 2010 wurden mit Bescheiden vom 12. Dezember 2011 geändert und gemäß § 165 der AbgabenordnungAO - für vorläufig erklärt. Der sich auf das Grundstück Parzelle … beziehende Bescheid über 1.260,92 € wurde durch zwei Bescheide vom 12. Dezember 2011 ersetzt und auf 557,39 € und 39,85 € ermäßigt. Für das Grundstück Parzelle … trat durch den Änderungsbescheid vom 12. Dezember 2011 eine Erhöhung von 86,87 € auf 87,22 € ein.

2

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens und hinsichtlich des Sachverhalts im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellung er sich insoweit zu eigen macht.

3

Das Verwaltungsgericht gab der Klage im Wesentlichen mit der Begründung statt, die Ausbaubeitragssatzung sei insoweit rechtswidrig, als sie für das erste und zweite Vollgeschoss einen einheitlichen Zuschlag von 40% vorsehe. Außerdem verstoße die Aufteilung in vier Abrechnungsgebiete für die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge gegen § 10a Abs. 1 Sätze 2 bis 4 des Kommunalabgabengesetzes – KAG -.

4

Während der Frist zur Beantragung der Berufungszulassung hat die Beklagte ihre Ausbaubeitragssatzung durch die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für öffentliche Verkehrsanlagen – ABS - vom 25. Mai 2011 geändert, die rückwirkend zum 1. Dezember 2008 in Kraft gesetzt wurde. Danach erhebt die Beklagte wiederkehrende Straßenausbaubeiträge in der einheitlichen öffentlichen Einrichtung der Anbaustraßen des Ortsteils S… Dorf (Abrechnungsgebiet 1) und im übrigen Stadtgebiet (Abrechnungsgebiet 2) Einmalbeiträge. Der Vollgeschosszuschlag wurde für jedes Vollgeschoss auf 20% festgelegt. Die Grundstücksfläche für Golfübungsflächen ist – wie bei Sportplatz-, Friedhofs-, Festplatz- oder Freibadgrundstücken – mit 0,5 zu vervielfachen, für Golfplatzspielflächen wurde der Faktor 0,07 normiert.

5

Nach Zulassung der Berufung durch den Senat trägt die Beklagte vor, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung sei durch die Satzungsänderung unrichtig geworden. Soweit das Verwaltungsgericht von der Unwirksamkeit der Bebauungspläne ausgegangen sei, müsse die Bestimmung des § 204 Abs. 3 des Baugesetzbuchs berücksichtigt werden. Der rückwirkenden Inkraftsetzung der Bebauungspläne habe auch ein diesbezüglicher Ratsbeschluss zugrunde gelegen. Zwischen den Bebauungsplänen und der Bauausführung der Straßen im Abrechnungsgebiet bestehe Übereinstimmung. Die Satzungsregelung, wonach Golfplatzspielflächen mit dem Faktor 0,07 zu multiplizieren seien, beruhe auf dem großen Flächenverbrauch von Golfplätzen. Den erwähnten Änderungen werde mit den Bescheiden vom 12. Dezember Rechnung getragen. Mit ihnen werde die Heranziehung des Klägers zusätzlich gemäß § 165 AO für vorläufig erklärt bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dem aufgrund des Beschlusses des VG Koblenz vom 1. August 2011 anhängigen Verfahren.

6

Im Umfang der durch die Bescheide vom 12. Dezember eingetretenen Ermäßigung der Beitragshöhe haben die Beteiligten den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt.

7

Die Beklagte beantragt,

8

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Er bekräftigt sein erstinstanzliches Vorbringen, wonach die Bebauungspläne nicht rückwirkend hätten in Kraft gesetzt werden dürfen. Eine Abwägungsentscheidung habe die Beklagte nicht getroffen. Für das Grundstück Parzelle … ergebe sich die Rechtswidrigkeit des Bescheides auch daraus, dass dieses baulich nicht genutzt werden könne. Gleiches gelte für den nicht als Bauland festgesetzten Teil des Grundstücks Parzelle …. Außerdem sei die Erhebung eines Vollgeschosszuschlages für Golfplatzgrundstücke verfehlt. Die in der Satzung geregelte unterschiedliche Gewichtung für Sportplätze, Friedhöfe und Festplätze oder Freibäder mit 0,5 der Grundstücksfläche einerseits und für Golfplätze mit lediglich 0,07 andererseits entspreche in keiner Weise dem Vorteilsprinzip. Ein Golfplatz weise nämlich, relativ gesehen, einen genauso großen Besucher- oder Nutzerzugang auf wie ein Sportplatz. Während ein solcher in der Regel nur in wenigen Abendstunden oder an Wochenenden benutzt werde, stehe ein Golfplatz praktisch rund um die Uhr zur Verfügung.

12

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen sowie Plänen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

13

Nachdem die Beteiligten das Verfahren im Umfang der Ermäßigung durch die das Grundstück Parzelle … betreffenden Änderungsbeitragsbescheide vom 12. Dezember 2011 übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 9. Mai 2011 insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog).

14

Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten zulässig und begründet. Soweit die geringfügige Erhöhung der Beitragsforderung für das Grundstück Parzelle … durch den Änderungsbescheid vom 12. Dezember 2011 eine Klageänderung begründet, ist sie i.S.d. § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich. In der Sache sind die angegriffenen Bescheide in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2011 (1.) rechtmäßig. Sie beruhen auf einer hinreichenden satzungsrechtlichen Grundlage (2.) und können auch der Höhe nach nicht beanstandet werden (3.). Unter Abänderung des angefochtenen Urteils ist die Klage daher abzuweisen.

15

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 18. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids und der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2011.

16

Mit den Änderungsbescheiden vom 12. Dezember 2011 wurde die Beitragserhebung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig festgesetzt bis zu einer Entscheidung des Bundes-verfassungsgerichts in dem aufgrund des Beschlusses des VG Koblenz vom 1. August 2011 im Verfahren 4 K 1392/10.KO anhängigen Verfahren über die Verfassungsmäßigkeit der §§ 10 und 10a KAG. Diese Änderung der Bescheide durch Vorläufigkeitserklärung (vgl. hierzu BFH, II R 117/93, BFHE 173, 390, juris) verhindert den Eintritt der materiellen Bestandskraft der Abgabenfestsetzung (BVerwG, VII C 31.72, BVerwGE 45, 106), soweit es um die Verfassungsmäßigkeit der §§ 10 und 10a KAG geht. Die Vorläufigkeitserklärung lässt aber das Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Klärung der übrigen, im Zusammenhang mit seiner Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen streitigen Fragen nicht entfallen (vgl. BFH, XI R 4/03, juris; BFH, III B 73/94, BFHE 176, 435, juris), sondern ermöglicht gerade eine Entscheidung über diese Fragen (vgl. BFH, III R 61/91, BFHE 167, 279, juris). Insoweit unterscheidet sich die Vorläufigkeitserklärung eines angefochtenen Abgabenbescheides erheblich von einer Aussetzung des Verfahrens gemäß bzw. analog § 94 VwGO oder einem einvernehmlichen Ruhen des Verfahrens, die dazu führen, dass nicht nur eine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit, sondern auch die Klärung der übrigen aufgeworfenen Fragen zurückgestellt wird. Deshalb bejaht der Bundesfinanzhof (BFH, III R 61/91, BFHE 167, 279, juris) einen Rechtsanspruch auf Vorläufigkeitserklärung des angegriffenen Abgabenbescheids hinsichtlich einer vor dem Bundesverfassungsgericht umstrittenen gesetzlichen Regelung, wenn in dem Klageverfahren noch andere Fragen streitig sind.

17

Daraus ergibt sich gleichzeitig, dass die Vorläufigkeitserklärung eines Abgabenbescheids unter diesen – hier ebenfalls vorliegenden – Voraussetzungen den Abgabepflichtigen weder in materieller noch in verfahrensrechtlicher Hinsicht belastet und damit nicht von seiner Zustimmung abhängt.

18

2. Die angefochtenen Bescheide in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2011 sind auf der rechtlichen Grundlage des § 10a KAG und der mit Rückwirkung zum 1. Dezember 2008 erlassenen Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen für öffentliche Verkehrsanlagen vom 25. Mai 2011 - ABS - nicht zu beanstanden.

19

a) Die Rückwirkung zum 1. Dezember 2008, die sich die Ausbaubeitragssatzung vom 25. Mai 2011 beimisst, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Es handelt sich dabei um keine „echte“ Rückwirkung, weil der Beginn ihrer zeitlichen Anwendung nicht auf einen Zeitpunkt festgelegt wurde, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (vgl. hierzu BVerfG, 2 BvR 2029/01, BVerfGE 109, 133, juris). Von einer solchen „echten“ Rückwirkung spricht man im Abgabenrecht, wenn eine bereits entstandene Abgabenpflicht nachträglich geändert wird (vgl. OVG RP, 6 A 10323/07.OVG, KStZ 2008, 33, ESOVGRP, juris). Davon kann hier angesichts der Mängel der aufgehobenen Ausbaubeitragssatzung nicht die Rede sein. Wird aber eine rechtlich zweifelhafte Norm rückwirkend ersetzt und damit die Beitragspflicht begründet, kann schutzwürdiges Vertrauen der Beitragsschuldner dem nicht entgegen stehen (vgl. hierzu BVerwG, IV C 45.74, BVerwGE 50, 2 <8>). Aufgrund der Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen für die Aufwendungen des Jahres 2009 musste der Kläger damit rechnen, dass im Falle der Unzulänglichkeit der der Veranlagung zugrunde gelegten Satzung rückwirkend neues Satzungsrecht in Kraft gesetzt würde, das die Erhebung wiederkehrender Beiträge für das Jahr 2009 ermöglicht.

20

b) Die Bestimmungen der § 3a Abs. 1 und § 3b Abs. 1 ABS sind nicht zu beanstanden. Der Senat (OVG RP, 6 A 10505/10.OVG, NVwZ-RR 2010, 938, ESOVGRP, juris) hat bereits entschieden, dass sich eine Gemeinde nicht für ihr gesamtes Gebiet entweder für die Erhebung von Einmalbeiträgen oder von wiederkehrenden Beiträgen entscheiden muss. Die Neuregelung der wiederkehrenden Beitragserhebung in § 10a KAG, der ein neuer Einrichtungs- und Vorteilsbegriff zugrunde liegt, steht einem Nebeneinander von als öffentliche Einrichtungen konstituierten Gebietsteilen, in denen wiederkehrende Beiträge erhoben werden, und anderen Gebietsteilen mit Einmalbeiträgen nicht entgegen.

21

c) Auch die satzungsrechtliche Verteilungsregelung des § 5 Abs. 2 Satz 3 ABS, wonach der Zuschlag je Vollgeschoss 20% der nach § 5 Abs. 3 ABS ermittelten Grundstücksfläche beträgt, steht mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang. Im Verfahren 6 C 10255/08.OVG (AS 36, 195, NVwZ-RR 2008, 727, KStZ 2009, 37, ESOVGRP, juris) wurde entschieden, dass ein Verteilungsmaßstab zur Erhebung wiederkehrender Beiträge nach § 10a KAG, der das Nutzungsmaß unter Berücksichtigung der Bebaubarkeit mit Vollgeschossen bestimmt, regelmäßig (auch) zwischen ein- und zweigeschossig bebaubaren Grundstücken unterscheiden muss.

22

In dieser Entscheidung ist des Weiteren ausgeführt, dass ein Verteilungsmaßstab auch zu berücksichtigen hat, ob lediglich Stellplätze bzw. Garagen errichtet werden dürfen oder das Grundstück nur gewerblich nutzbar ist, aber nicht bebaut werden darf. Vor diesem Hintergrund erscheint die Satzungsregelung des § 5 Abs. 4 Nr. 3 ABS bedenklich, die bestimmt, dass zwei Vollgeschosse auch für Grundstücke angesetzt werden, die mit Bebauungsplan als Golfplatz festgesetzt und die allenfalls untergeordnet bebaubar sind, wenn eine ausreichende planungsrechtliche Festsetzung zur Ermittlung der Vollgeschosszahl nicht vorhanden ist. Gleichwohl ergibt sich daraus keine unzulässige Benachteiligung von Golfplatzgrundstücken. Denn § 5 Abs. 4 Nr. 3 ABS führt im Zusammenwirken mit der Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 2 ABS zu einer vorteilsgerechten Verteilung. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 ABS wird die gemäß § 5 Abs. 3 ABS ermittelte Grundstücksfläche auf 60% reduziert. Diese Reduzierung auf 60% und der erwähnte Vollgeschosszuschlag von 40% haben im Ergebnis zur Folge, dass es bei der Regelung des § 5 Abs. 3 UAbs. 2 Satz 2 ABS bleibt, wonach für als Golfplatzspielflächen genutzte Grundstücke die Grundstücksfläche mit 0,07 vervielfacht wird.

23

Damit werden Golfplatzspielflächen auch nicht in unangemessener Weise geringer veranschlagt als Sportplätze, Friedhöfe, Festplätze, Freibäder oder Golfübungsflächen, deren Grundstücksfläche jeweils zur Hälfte angesetzt wird. Die Einschätzung der Beklagten, Golfplatzspielflächen seien in erheblich niedrigerem Umfang Ziel bzw. Quelle von Verkehrsbewegungen und damit durch die Anbaustraßen in der öffentlichen Einrichtung deutlich geringer bevorteilt, ist nicht zu beanstanden. Der Stadtrat der Beklagten durfte berücksichtigen, dass Golfplatzspielflächen im Vergleich mit Sportplätzen, Friedhöfen, Festplätzen, Freibädern und Golfübungsflächen besonders großflächig sind und bezogen auf die Grundstücksfläche bei typisierenden Betrachtungsweise einen vergleichsweise sehr geringen Ziel- und Quellverkehr auslösen (vgl. hierzu auch OVG RP, 6 A 10845/00.OVG, KStZ 2001, 108, ESOVGRP). Der Golfplatz hat eine Gesamtgröße von ca. 378.000 m², davon entfallen ungefähr 20.500 m² auf die Übungsflächen. Ein Sportplatz verfügt hingegen üblicherweise über eine Größe von bis zu 15.000 m². Der Golfplatz S… Dorf umfasst damit die Fläche von mehr als 20 Sportplätzen. Unterstellt man, der Ziel- und Quellverkehr, der von einem Sportplatzgrundstück ausgelöst wird, entspreche im Umfang demjenigen eines Golfplatzgrundstücks unter Abzug des den Golfübungsflächen zuzurechnenden Verkehrs, wäre es vorteilsgerecht, für das Golfplatzgrundstück 0,5 durch 20 zu dividieren, also den Faktor 0,025 anzusetzen. Daraus ergibt sich, dass der satzungsrechtlich festgelegte Nutzungsfaktor von 0,07 erst dann ein solches Golfplatzgrundstück gegenüber einem Sportplatzgrundstück begünstigt, wenn der Verkehr vom und zum Golfplatz mehr als dreimal so stark ist wie der Ziel- und Quellverkehr, der von einem Sportplatzgrundstück ausgelöst wird. Dafür ist hier weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nichts anderes folgt aus der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (NdsOVG, 9 LA 23/10, juris), das für ein Golfplatzgelände – ohne Unterscheidung zwischen Golfplatzspielflächen und Golfübungsflächen – eine Gewichtung von 0,0333 abgelehnt, einen Nutzungsfaktor von 0,5 aber gebilligt hat.

24

d) Die Festsetzung des Gemeindeanteils in § 3a Abs. 3 ABS auf 20% ist ebenfalls in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften erfolgt. Damit hat sich die Beklagte für den in § 10a Abs. 3 Satz 3 KAG normierten Mindest-Gemeindeanteil entschieden, der nach der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 15/318, S. 9) und der Rechtsprechung des Senats (OVG RP, 6 A 11146/09.OVG, NVwZ-RR 2010, 62, ESOVGRP, juris; OVG RP, 6 C 11187/10.OVG, ESOVGRP, juris) nur dann ausreichend ist, wenn das Verkehrsaufkommen fast ausschließlich den Grundstücken im Abrechnungsgebiet zuzurechnen ist, d.h. wenn nahezu der gesamte Verkehr von Anliegergrundstücken innerhalb der öffentlichen Einrichtung ausgeht bzw. dorthin führt. Davon durfte der Stadtrat für das Abrechnungsgebiet 1 ausgehen, weil das S… Dorf nur über eine einzige, über weite Strecken durch den Außenbereich führende öffentliche Straße mit dem übrigen Stadtgebiet und damit mit dem örtlichen sowie mit dem überörtlichen Verkehrsnetz verbunden ist. Dabei wurde vom Rat der Beklagten nicht übersehen, dass die Ringstraße „E…“ als nicht-öffentliche Verkehrsanlage dem Abrechnungsgebiet 1 nicht angehört und der Verkehr zu und von dem dort gelegenen Residenz-Hotel als Durchgangsverkehr zu werten ist. Da dieser dem Residenz-Hotel zuzurechnende Verkehr aber im Vergleich mit dem übrigen Verkehr zum und vom S… Dorf nach der nicht zu beanstandenden Auffassung des Stadtrats der Beklagten zu vernachlässigen ist, durfte er den gesetzlichen Mindest-Gemeindeanteil festsetzen.

25

3. Der Höhe nach sind die angefochtenen Bescheide in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2011 nicht zu beanstanden.

26

a) Die gewichtete Gesamtfläche, auf die der im Jahre 2009 entstandene Aufwand zu verteilen ist, wurde von der Beklagten nach der bereits erwähnten Satzungsänderung mit 462.272,27 m² ermittelt. Diese Berechnung beruht auch bezüglich des Vollgeschosszuschlags auf den wirksamen bauplanerischen Festsetzungen.

27

Die das S… Dorf betreffenden Bebauungspläne „Erholungsgebiet S…“ und die dazu ergangenen Änderungen sind gültig, nachdem sie ausgefertigt und (neu) bekannt gemacht wurden. Das gilt auch für Planurkunden, die auf einer Beschlussfassung der Gemeinde E… beruhen und rückwirkend auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beschlusses über die Änderung der Gemeindegrenze zwischen der Beklagten und der Gemeinde E… in Kraft gesetzt wurden. Insoweit kann sich die Beklagte auf die Bestimmung des § 204 Abs. 3 Satz 1 des BaugesetzbuchsBauGB - stützen. Danach können Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bebauungsplänen nach einer Gebiets- oder Bestandsänderung in ihrem jeweiligen Stand fortgeführt werden. Da ohne eine Ausfertigung ein Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nicht abgeschlossen wird, kann es auf der Grundlage des § 204 Abs. 3 Satz 1 BauGB im Falle einer Gebietsänderung weitergeführt werden.

28

Die Pläne sind auch nicht in Kraft gesetzt worden, ohne dass der Stadtrat der Beklagten dem zugestimmt hatte. Vielmehr ging den Ausfertigungen eine Befassung des Stadtrats und ein diesbezüglicher Ratsbeschluss vom 5. Oktober 2010 voraus. Dabei ist in der Sitzungsniederschrift vermerkt, dass der Bebauungsplan „Erholungsgebiet S…“ (S… Dorf) zwischenzeitlich mehrere Änderungen erfahren habe, die ihrerseits ordnungsgemäß ausgefertigt worden seien. Hinsichtlich der planerischen Festsetzungen hätten sich keine grundlegenden Veränderungen ergeben. Der Bebauungsplan und die hierzu ergangenen Änderungen – so heißt es in der Sitzungsniederschrift vom 5. Oktober 2010 weiter - seien im Wesentlichen ausgeführt, ohne dass es zu Problemen gekommen sei; die Abwägung sei nach wie vor haltbar.

29

Daraus ergibt sich gleichzeitig, dass die nachträgliche Ausfertigung und rückwirkende Inkraftsetzung der Bebauungspläne „Erholungsgebiet S…“ und einiger ihrer Änderungen ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der bereits rechtsverbindlich gewordenen Änderungen bleiben sollen. Vielmehr dienten die nachträgliche Ausfertigung und rückwirkende Inkraftsetzung zur Herstellung des Rechtszustands, den man glaubte erreicht zu haben, bevor die Ausfertigungsmängel entdeckt wurden. Dabei nahm man in Kauf, dass Teile der nachträglich ausgefertigten Planurkunden mit ihrem Wirksamwerden insoweit wieder außer Kraft traten, als ihre rückwirkende Inkraftsetzung zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte als der Eintritt der Rechtsverbindlichkeit einer diesbezüglichen Planänderung. Die spätere Norm, die die frühere ersetzt, ist die später in Kraft getretene, nicht die später beschlossene Vorschrift.

30

b) Indem die gewichtete Gesamtfläche, auf die der im Jahre 2009 entstandene Aufwand zu verteilen ist, nach der Satzungsänderung auf der Grundlage der bauplanerisch festgesetzten Vollgeschosse neu ermittelt wurde, hat die Beklagte ihre ursprüngliche Berechnung korrigiert, die einen einheitlichen Vollgeschosszuschlag von 40% für alle ein- und zweigeschossig bebaubaren Grundstücke angesetzt hatte. Dies war zu beanstanden, weil die Beklagte von der auf allen Grundstücken gegebenen Zulässigkeit einer zweigeschossigen Bebauung allein aufgrund der bauplanerisch zugelassenen Abweichung von der Festsetzung einer eingeschossigen Bebauung ausging. Zwar gehen die Bebauungspläne „Erholungsgebiet S…“ in ihren textlichen Festsetzungen davon aus, dass bei eingeschossigen Bauten der Ausbau des Keller- bzw. Dachgeschosses zu Wohnzwecken erfolgen könne. Wie das Verwaltungsgericht aber bereits ausführlich begründet hat, entsteht durch einen solchen Ausbau des Keller- bzw. Dachgeschosses nicht ohne Weiteres ein zweites Vollgeschoss i.S.d. § 2 Abs. 4 der Landesbauordnung. Soweit die Herrichtung von Wohnraum im Keller- oder Dachgeschoss die Merkmale eines Vollgeschosses nicht erfüllt, bedarf es nicht der Zulassung einer Abweichung von der festgesetzten Vollgeschosszahl. Aus der Möglichkeit, eine Ausnahme von der festgesetzten Vollgeschosszahl zuzulassen, und aus der Tatsache, dass auf allen eingeschossig bebaubaren Grundstücken der Keller bzw. das Dach zu Wohnzwecken ausgebaut werden darf, folgt deshalb nicht, dass allgemein zwei Vollgeschosse zulässig sind. Also ist eine eingeschossige Bebauung zugrunde zu legen, wenn sie bauplanerisch für ein Grundstück festgesetzt wurde.

31

c) Auf dieser Grundlage ist für das Grundstück Parzelle …, soweit auf diesem eine Wohnnutzung zugelassen ist, von einer maßgeblichen Berechnungsfläche von 1.590,72 m² auszugehen. Sie errechnet sich aus der auf 60% reduzierten Teilgrundstücksfläche von 1.988,40 m² zuzüglich des Vollgeschosszuschlags von 20%. Die Multiplikation von 1.590,72 m² mit dem Beitragssatz von 0,3504 €/m² ergibt einen Beitrag von 557,39 € für diesen Grundstücksteil. Der als Golfgelände festgesetzte Teil des Grundstücks Parzelle … hat eine Größe von 1.624,60 m², die mit 0,07 vervielfacht die Berechnungsfläche von 113,72 m² ergibt. Das Produkt aus dieser Berechnungsfläche und dem Beitragssatz von 0,3504 €/m² beträgt 39,85 €. Das Grundstück Parzelle … mit einer Größe von 3.556 m², das insgesamt zum Golfplatz gehört, hat eine Berechnungsfläche von 248,92 m² (3.556 m² x 0,07) und ist dementsprechend in Höhe von 87,22 € veranlagt worden.

32

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den Bestimmungen der §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 und 2, 161 Abs. 2 VwGO. Danach sind die Kosten des Zulassungs- und des Berufungsverfahrens hälftig zu teilen. Denn einerseits sind dem Kläger die Verfahrenskosten insoweit aufzuerlegen, als er unterlegen ist. Andererseits entspricht es der nach § 161 Abs. 2 VwGO maßgebenden Billigkeit, dass der Beklagten die Hälfte der Kosten zur Last fällt, nachdem sie die Bescheide ungefähr um die Hälfte der Beitragsforderungen ermäßigt hat und der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Was die erstinstanzlichen Kosten angeht, ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Klage im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zum überwiegenden Teil (konkludent) zurückgenommen hat.

33

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

34

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

35

Beschluss

36

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren bis zur Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen auf 1347,79 € und für die Zeit danach auf 684,46 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).


Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. August 2008 wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich insoweit gegen die Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag, als im Aufwand ein Investitionskostenanteil in Höhe von 13.056,09 € für die Straßenoberflächenentwässerung enthalten ist.

2

Mit Bescheid vom 14. August 2006, geändert durch Bescheid vom 30. April 2007, zog die Beklagte den Kläger zu einem Ausbaubeitrag für die Erneuerung der Straße „I…“ in Höhe von 9.525,95 € heran. Der Ausbau dieser Straße, an die das veranlagte Grundstück des Klägers grenzt, erfolgte gleichzeitig mit der Erneuerung der Kanalisation. In den beitragsfähigen Kosten sind 13.056,09 € für die Straßenoberflächenentwässerung enthalten. Dieser Betrag beruht auf dem zwischen den Verbandsgemeindewerken und der Beklagten am 16. Dezember 1982 geschlossenen „Vertrag zur Regelung der Inanspruchnahme von städtischen Straßen durch Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen“. Nach Nr. 12 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages zahlt die Beklagte den Verbandsgemeindewerken für die Straßenoberflächenentwässerung in einen gemeinsamen Kanal einen Investitionskostenanteil. Er beträgt nach § 10 der Satzung der Verbandsgemeinde A über die Festlegung der Gebühren- und Beitragssätze bei der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung, der Abwasserabgabe für Kleineinleiter und der Kostenanteile der Straßenbaulastträger bei der Abwasserbeseitigung an den Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung für die Entwässerung der öffentlichen Verkehrsanlagen vom 11. Dezember 2003 ab 1. Januar 2004 12,47 € pro qm entwässerter öffentlicher Verkehrsfläche.

3

Nach erfolglosem Widerspruch, den der Kläger in einem Vergleich vom März 2007 auf die Beitragsfähigkeit des Investitionskostenanteils von 13.056,09 € beschränkte, hat er Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass laut Schlussrechnung des Bauunternehmers für die Straßenentwässerung 5.887,61 € entstanden seien. Darüber hinaus könnten keine weiteren Kosten aufgrund der Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Verbandsgemeindewerken vom 16. Dezember 1982 geltend gemacht werden. Anderenfalls läge eine unzulässige Doppelbelastung vor.

4

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu Eigen macht.

5

Das Verwaltungsgericht hat den Ausbaubeitragsbescheid im angefochtenen Umfang aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung seien dem Grunde nach auch insoweit beitragsfähig, als sie Aufwendungen der Verbandsgemeindewerke für die Erneu-erung des Mischkanals enthielten. Eine doppelte Berücksichtigung von Kosten liege nicht vor, weil sich der in der Unternehmerrechnung enthaltene Aufwand auf andere Teile der Straßenentwässerungseinrichtung als den Kanal beziehe. Allerdings seien die in Form eines Investitionskostenanteils geltend gemachten Kanalkosten der Höhe nach zu beanstanden. Nach § 10 Abs. 2 KAG könnten einmalige Beiträge für einzelne Verkehrsanlagen nur nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen erhoben werden, so dass eine Veranlagung nach Durchschnittssätzen unzulässig sei. Um einen Durchschnittssatz handele es sich aber bei dem Investitionskostenanteil. Da die Beklagte die anteiligen tatsächlichen Kosten der Kanalerneuerung sowie ersparte Aufwendungen durch die gemeinschaftliche Maßnahme nicht ausreichend darlegt habe, sei der Bescheid im angefochtenen Umfang rechtswidrig.

6

Die Beklagte hat die vom Senat zugelassene Berufung im Wesentlichen damit begründet, dass das erkennende Gericht die Geltendmachung eines Investitionskostenanteils für die Straßenoberflächenentwässerung aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Verbandsgemeindewerken und den Ortsgemeinden als zulässig angesehen habe. Dabei sei gerade keine Berücksichtigung tatsächlicher Herstellungskosten gefordert worden. Im Übrigen mache sie gegenüber den Beitragspflichtigen keinen Aufwand nach Einheits- oder Durchschnittssätzen, sondern Kosten geltend, die ihr von den Verbandsgemeindewerken tatsächlich in Rechnung gestellt worden seien.

7

Die Beklagte beantragt,

8

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil dem Ergebnis nach zutreffe. Kosten für die Kanalerneuerung dürften bereits deshalb nicht im Rahmen von Ausbaubeiträgen geltend gemacht werden, weil dies dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung widerspreche. Dies gelte sowohl für die Verbandsgemeindewerke als auch für die Beklagte. Dabei sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte durch die Vereinbarung vom 16. Dezember 1982 die Herstellung, den Ausbau, den Betrieb und die Unterhaltung der Straßenoberflächenentwässerungsanlagen mit Ausnahme der Straßeneinläufe sowie Anschlussleitungen bis zur Straßenleitung und damit die Straßenbaulast teilweise der Verbandsgemeinde übertragen habe. Auch deshalb könne die Beklagte den Investitionskostenanteil nicht auf die beitragspflichtigen Grundstücke umlegen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

13

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

I.

14

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, weil der allein im Streit befindliche Investitionskostenanteil des Straßenbaulastträgers an den Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung beitragsfähiger Ausbauaufwand ist und deshalb zu Recht der Erhebung eines Beitrages für die Erneuerung der Straße „I…“ zugrunde gelegt wurde.

15

Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Kommunalabgabengesetz - KAG - können einmalige Ausbaubeiträge für die einzelne Verkehrsanlage nur nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen erhoben werden, weil § 10 Abs. 8 KAG nicht auf § 9 Abs. 3 KAG verweist, der die Abrechnung nach Durchschnittssätzen betrifft. Zu den tatsächlichen Investitionsaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG gehört auch der Investitionskostenanteil für die Straßenoberflächenentwässerung. Denn der Ausbau der Straßenentwässerungseinrichtung ist hinsichtlich sämtlicher Bestandteile eine beitragsfähige Maßnahme (1.). Soweit die Straßenoberflächenentwässerung in eine Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde erfolgt, schuldet der Träger der Baulast für die Gemeindestraßen - hier die Beklagte - den Verbandsgemeindewerken den vertraglich vereinbarten Investitionskostenanteil (2.). Bei ihm handelt es sich um tatsächlichen Ausbauaufwand der Beklagten und nicht um einen Durchschnittssatz im Sinne des § 9 Abs. 3 KAG (3.). Der im vorliegenden Fall von den Verbandsgemeindewerken erhobene Investitionskostenanteil von 12,47 € pro qm entwässerter öffentlicher Verkehrsfläche ist auch seiner Höhe nach nicht zu beanstanden (4.). Seine Berücksichtigung als beitragsfähiger Aufwand stellt keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung dar (5.).

16

1. Bei der Erneuerung sämtlicher Bestandteile der Straßenoberflächenentwässerung der Straße „I…“ handelt es sich um eine beitragsfähige Maßnahme. Denn die Straßenoberflächenentwässerung stellt eine Teileinrichtung der Verkehrsanlage dar. Ihr Ausbau ist beitragsfähig, weil er - was im vorliegenden Fall unstreitig ist - Teil des gemeindlichen Bauprogramms ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., 2007, § 33 Rn. 23).

17

Entgegen der Auffassung des Klägers gehören zur Straßenoberflächenentwässerung nicht nur die Straßeneinläufe einschließlich der Abdeckroste und Sinkkästen und der Anschlussleitungen an die Straßenleitung, deren Kosten Teil des dem angefochtenen Beitragsbescheid zugrunde liegenden Herstellungsaufwandes ist. Vielmehr besteht das Entwässerungssystem auch aus der Straßenleitung und den sonstigen Einrichtungen, die funktional der Entwässerung der Straße dienen (vgl. Driehaus, a.a.O., § 13 Rn. 64).

18

Im Hinblick auf die Straßenleitung hat die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast die Wahl, entweder eine straßeneigene Kanalisation zu betreiben, die ausschließlich zur Aufnahme des Straßenniederschlagwassers bestimmt ist, oder sich an der Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde zu beteiligen. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte von der zuletzt genannten Möglichkeit Gebrauch gemacht und gemäß Nr. 11 Abs. 1 des Vertrags zur Regelung der Inanspruchnahme von städtischen Straßen durch Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen vom 16. Dezember 1982 die Herstellung, den Ausbau und die Unterhaltung der gemeinsamen Entwässerungsanlagen den Verbandsgemeindewerken übertragen. Von dieser vertraglichen Regelung wird der Umfang der Straßenbaulast der Beklagten für die Gemeindestraßen im Sinne der §§ 11, 14 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Nr. 1 Landesstraßengesetz - LStrG - nicht berührt. Im Verhältnis zu Dritten ist die Beklagte nämlich nach wie vor im Sinne des § 11 Abs. 1 LStrG für den Bau, die Unterhaltung und die Erneuerung der für die Straßenentwässerung erforderlichen Straßenleitung verantwortlich. Denn die Übertragung u.a. des Ausbaus eines Teils des Straßenentwässerungssystems (Straßenleitung) auf die Verbandsgemeindewerke beschränkt sich lediglich auf die technische Durchführung der Baumaßnahmen. Deshalb müsste die Beklagte gegebenenfalls eine straßeneigene Kanalisation verlegen, falls die Verbandsgemeindewerke ihre vertragliche Verpflichtung u. a. zur Erneuerung des gemeinschaftlichen Kanals nachhaltig nicht erfüllen würden. Dem Verbleib der Straßenbaulast bei der Beklagten stehen des Weiteren nicht die Abwasserbeseitigungspflicht der Verbandsgemeinde gemäß §§ 51, 52 Landeswassergesetz - LWG - entgegen. Denn die Bestimmungen über die Straßenbaulast für die Gemeindestraßen, einschließlich der Einrichtung zur Entwässerung des Straßenniederschlagswassers gehen als speziellere Regelungen den insoweit allgemeinen Regelungen über die Abwasserbeseitigung vor.

19

2. Für die Straßenentwässerung in die Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde schuldet die Beklagte den Verbandsgemeindewerken einen Investitionskostenanteil. Nach § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG, der über seinen engen Wortlaut hinaus auch auf das Verhältnis der Verbandsgemeinden zu den Ortsgemeinden anwendbar ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 1995 – 1 A 11204/90.OVG -), hat sich der Träger der Straßenbaulast an den Kosten des Trägers der Kanalisation zu beteiligen, wenn die Straßenentwässerung - wie im vorliegenden Fall - in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt. Dementsprechend hat sich die Beklagte gemäß § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG in Verbindung mit Nr. 12 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages mit den Verbandsgemeindewerken vom 16. Dezember 1982 zur Zahlung eines Investitionskostenanteils als Pauschschalbetrag für die Erneuerung einer gemeinsamen Abwasserbeseitigungsanlage verpflichtet.

20

Dass dieser Investitionskostenanteil entgegen Nr. 12 Abs. 2 des Vertrages nicht in der Haushaltssatzung, sondern in § 10 der Satzung der Verbandsgemeinde A über die Festlegung der Gebühren- und Beitragssätze bei der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung, der Abwasserabgabe für Kleineinleiter und der Kostenanteile der Straßenbaulastträger bei der Abwasserbeseitigung an den Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung für die Entwässerung der öffentlichen Verkehrsanlagen vom 11. Dezember 2003 festgesetzt wurde, ist rechtlich unerheblich, da der Satzungsvorbehalt erfüllt ist.

21

3. Bei dem vertraglich geschuldeten Investitionskostenanteil für die Straßenoberflächenentwässerung handelt es sich um tatsächliche Investitionsaufwendungen der Beklagten im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG und nicht um einen im Rahmen der Erhebung von Ausbaubeiträgen für Verkehrsanlagen unzulässigen Durchschnittssatz nach § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG.

22

Zwar haben die Verbandsgemeindewerke den von der Beklagten gezahlten Investitionskostenanteil als Pauschalbetrag ermittelt. Jedoch führt dies nicht dazu, dass die streitgegenständliche Ausbaubeitragserhebung durch die Beklagte teilweise nach Durchschnittsätzen erfolgt ist. Denn ein Durchschnittssatz im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG wird von der beitragserhebenden Gemeinde aufgrund der von ihr erbrachten Aufwendungen für die maßgebliche Einrichtung kalkuliert und festgesetzt. Der hier in Rede stehende Investitionskostenanteil erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Er wurde von der Verbandsgemeinde und damit nicht von der Beklagten als beitragserhebender Gemeinde ermittelt. Des Weiteren lagen seiner Kalkulation die über mehrere Jahre entstandenen Investitionen der Verbandsgemeindewerke für die Abwasserbeseitigungsanlagen und damit keine Aufwendungen der Beklagten zugrunde. Somit hat die Beklagte der Ausbaubeitragserhebung keinen von ihr ermittelten Durchschnittssatz zugrunde gelegt.

23

Vielmehr handelt es sich bei dem Investitionskostenanteil um tatsächlich entstandene Investitionsaufwendungen, nach denen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG einmalige Beiträge für Verkehrsanlagen erhoben werden. Tatsächliche Kosten in diesem Sinne sind solche, die dem Straßenbaulastträger von Dritten in Rechnung gestellt werden und damit bei ihm anfallen. Dies ist bei dem von der Beklagten geschuldeten Investitionskostenanteil für die Erneuerung der Straßenoberflächenentwässerung der Straße „I…“ der Fall. Denn er wurde ihr von den Verbandsgemeindewerken aufgrund des Vertrages vom 16. Dezember 1982 so wie von jedem anderen mit der Durchführung der Ausbaumaßnahme beauftragten Unternehmer in Rechnung gestellt. Es handelt sich deshalb bei dem Investitionskostenanteil um tatsächlichen Aufwand, der gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG dem Grunde nach beitragsfähig ist.

24

4. Der Investitionskostenanteil ist auch seiner Höhe nach nicht zu bestanden. Da die Zuordnung der auf die einzelnen Komponenten eines Mischkanals (Abwasserbeseitigung, Straßenentwässerung und Grundstücksentwässerung) entfallenden Ausbaukosten mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden ist, sieht § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG die Beteiligung des Straßenbaulastträgers an den Kosten der Kanalerneuerung in Form eines Pauschalbetrages vor. Dieser hat sich gemäß § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG an der Menge des in den gemeinsamen Kanal eingeleiteten Straßenoberflächenwassers zu orientieren. Hiervon ausgehend ist ein Investitionsanteil nur zu beanstanden, wenn er offensichtlich fehlerhaft ermittelt worden ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

25

Für die Kalkulation des Investitionskostenanteils haben die Verbandsgemeindewerke zunächst die in früheren Jahren getätigten Investitionen für das gesamte hier maßgebliche Oberflächenentwässerungssystem ermittelt. Hiervon haben sie 35% der Straßenoberflächenentwässerung zugeordnet. Dieser Anteil beruht auf § 3 Abs. 2 der bis zum 31. Dezember 1995 gültigen Kommunalabgabenverordnung vom 24. Juli 1986 (GVBl. S. 199). Damit unterstellt die Kalkulation, dass im Durchschnitt 35% der insgesamt entwässerten Flächen (Grundstücks- und Straßenflächen) aus Straßenflächen bestehen. Bedenken gegen die Angemessenheit dieses Anteils sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Vielmehr entspricht er in etwa dem Verhältnis zwischen den gewichteten Grundstücksflächen und den entwässerten Straßenflächen (3,1 Mio qm : 1,08 Mio qm). Somit ist die Ermittlung des Investitionskostenanteils, den die Beklagte den Verbandsgemeindewerken vertraglich schuldet, sachlich nachvollziehbar und deshalb nicht zu beanstanden.

26

5. Schließlich scheidet ein Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung durch die Berücksichtigung des von der Beklagten an die Verbandsgemeindewerke gezahlten Investitionskostenanteils bei der Erhebung von Ausbaubeiträgen unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt aus. Mit dem Investitionskostenanteil wird - wie bereits ausgeführt - die Erneuerung der Straßenleitung finanziert. Demgegenüber betreffen die Aufwendungen für die Straßenoberflächenentwässerung, die in dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Herstellungsaufwand enthalten sind, die Kosten der Straßeneinläufe, der Mittelrinne und der Anschlussleitungen an die Straßenleitung. Somit handelt es sich um jeweils unterschiedliche Bestandteile des Straßenentwässerungssystems. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die Kosten der Straßenoberflächenentwässerung, die zu Recht in den Ausbauaufwand einbezogen wurden, zugleich der etwaigen Erhebung von Kanalerneuerungsabgaben zugrunde gelegt werden. Deshalb erhalten die Verbandsgemeindewerke von vornherein auch keinen Kostenersatz von Dritten im Sinne der Nr. 12 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages vom 16. Dezember 1982.

II.

27

Es kann offenbleiben, ob – wie das Verwaltungsgericht meint - die bei der Beitragsermittlung berücksichtigten Kosten um ersparte Aufwendungen hätten gemindert werden müssen, die durch die gemeinsame Durchführung des Ausbaus der Straße „I…“ und der Kanalerneuerung entstanden sind. Denn insoweit steht der zwischen den Beteiligten im März 2007 geschlossene Vergleich einer rechtlichen Überprüfung entgegen. Darin hat der Kläger die im Änderungsbescheid vom 30. April 2007 eingestellten Herstellungskosten nach einer Reduzierung akzeptiert und seinen Widerspruch lediglich auf die Frage beschränkt, ob in den beitragsfähigen Aufwand der Investitionskostenanteil in Höhe von 13.056,09 € eingestellt werden durfte. Somit hat der Kläger auf weitere Einwendungen gegen den angefochtenen Beitragsbescheid verzichtet.

28

Anlass für die vom Kläger beantragte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO besteht nicht, da die im nachgereichten Schriftsatz vom 28. April 2009 angesprochenen Rechtsfragen bereits Gegenstand des schriftsätzlichen Vorbringens waren und in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2009 ausführlich erörtert wurden.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

30

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet seine Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

31

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

32

Beschluss

33

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 665,70 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. August 2008 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem einmaligen Ausbaubeitrag für die Erneuerung der Z. Straße in W.. Er ist Eigentümer des an diese Straße angrenzenden Grundstücks Gemarkung W., Flur …, Flurstück Nr. ….

2

In den Jahren 2002/2003 wurde die Z. Straße auf ihrer gesamten Breite unter Anlegung eines beiderseitigen Bürgersteiges und eines Parkstreifens ausgebaut. Bereits am 12. Dezember 2001 setzte der Stadtrat der Beklagten den Stadtanteil auf 30 % fest.

3

Mit Bescheid vom 25. April 2006 erhob die Beklagte vom Kläger für den Ausbau der Z. Straße einen einmaligen Beitrag in Höhe von 4.178,15 €. Hiergegen hat der Kläger nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben, mit der er sich im Wesentlichen gegen den Stadtanteil, die Vermessungskosten, die Investitionskosten für die Straßenoberflächenentwässerung, die Fremdfinanzierungskosten sowie die Aufwendungen für ein Beweissicherungsgutachten, die Änderung der Planung und die Sicherheits- und Gesundheitskoordination gewandt hat.

4

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu Eigen macht.

5

Das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als der Ausbaubeitrag 4.112,92 € übersteigt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Bescheid dem Grunde nach rechtmäßig sei. Die abgerechnete Maßnahme stelle sich als Erneuerung dar, weil die ausgebaute Anlage mit der bisherigen Straße im Wesentlichen vergleichbar sei. Des Weiteren sei das baulich nutzbare Grundstück des Klägers auch beitragspflichtig, da von ihm aus Zugang zur ausgebauten Verkehrsanlage genommen werden könne.

6

Allerdings seien in den Ausbauaufwand zu Unrecht Beweissicherungskosten in Höhe von 4.012,96 € eingestellt worden. Denn das entsprechende Gutachten habe nicht der Verwirklichung des Bauprogramms, sondern der Abwehr etwaiger zivilrechtlicher Ansprüche gedient. Beitragsfähig seien demgegenüber die Kosten, die durch die Umplanung entstanden seien. Denn ihre Notwendigkeit habe sich erst während der Durchführung der Maßnahme herausgestellt. Da die Sicherung von Grenzsteinen wegen der Auskofferung der Straße bis zu den Hauswänden mit zu hohem Aufwand verbunden gewesen wäre, seien Vermessungskosten zu Recht in den Aufwand eingestellt worden. Die berücksichtigten Fremdfinanzierungskosten seien trotz der gezahlten Vorausleistungen angefallen. Des Weiteren habe die Beklagte grundsätzlich sowohl die vom Bauunternehmen in der Schlussrechnung geltend gemachten Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung als auch einen den Stadtwerken W. geschuldeten Investitionskostenanteil in den beitragsfähigen Aufwand einbeziehen dürfen. Hierbei habe es sich um verschiedene Positionen gehandelt. Allerdings könne der Investitionskostenanteil in Höhe von 8,48 €/qm bei der Aufwandsermittlung nicht berücksichtigt werden. Dieser Betrag stelle einen Durchschnittssatz dar, der einer Beitragserhebung nach dem neuen KAG nicht zugrunde gelegt werden dürfe. Da die tatsächlichen Aufwendungen für die Straßenleitung jedoch höher als der Investitionskostenanteil seien, könne offen bleiben, ob die Kosten des Sicherheits- und Gesundheitskoordinators beitragsfähig seien. Schließlich sei der Gemeindeanteil nicht zu beanstanden, da der Durchgangsverkehr in der Z. Straße angemessen berücksichtigt worden sei.

7

Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Berufung im Wesentlichen damit begründet, dass die Kosten für die Sicherheits- und Gesundheitskoordination nicht beitragsfähig sei. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Baustellenverordnung lägen nicht vor. Es sei bereits zweifelhaft, ob der Ausbau einer Straße als Bauvorhaben im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen sei. Jedenfalls sei die Baumaßnahme an nur einen Unternehmer vergeben worden, so dass auf der Baustelle keine Beschäftigten mehrerer Arbeitgeber tätig gewesen seien. Der Aufwand für die Änderung der Planung werde von den Leistungsphasen 2 und 3 des § 15 HOAI abschließend erfasst und könne deshalb nicht erneut honoriert werden. Die Kosten der Beweissicherung seien nicht umlagefähig, da sie lediglich im Hinblick auf etwaige zivilrechtliche Verfahren entstanden seien. Des Weiteren fehle es an der Erforderlichkeit der Kosten für die Grenzwiederherstellung, da die Baumaßnahme sich auf die Straßenparzelle beschränkt habe. Der Investitionskostenanteil für die Straßenoberflächenentwässerung dürfe nicht auf die Anlieger umgelegt werden. Insoweit habe die Beklagte die Baulast auf die Verbandsgemeinde übertragen.

8

Der Kläger beantragt,

9

unter Abänderung des angefochtenen Urteil den Beitragsbescheid vom 24. April 2007 und den Widerspruchsbescheid vom 14. August 2007 aufzuheben, soweit ein Ausbaubeitrag von mehr als 3.349,87 € festgesetzt wurde.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Berufung zurückzuweisen.

12

Sie hält die in den Aufwand eingestellten Kosten für beitragsfähig. Dies gelte insbesondere für den Investitionskostenanteil für die Straßenoberflächenentwässerung, da es sich hierbei um tatsächlichen Aufwand handele. Außerdem habe sie zu Recht einen Sicherheits- und Gesundheitskoordinator bestellt.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14

Die Berufung hat keinen Erfolg.

15

Der Ausbaubeitragsbescheid vom 24. April 2007 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 14. August 2007 sind in der im Berufungsverfahren noch streitigen Höhe nicht zu beanstanden. Die insoweit geltend gemachten Einwendungen gegen den der Beitragserhebung zugrunde gelegten Ausbauaufwand greifen nicht durch.

16

Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Kommunalabgabengesetz - KAG - können einmalige Ausbaubeiträge für die einzelnen Verkehrsanlagen nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen erhoben werden. Zu diesen Aufwendungen gehören der der Beitragserhebung zugrunde gelegte Investitionskostenanteil für die Straßenentwässerung (I.), die Kosten für die Sicherheits- und Gesundheitskoordination nach der Baustellenverordnung (II.), die Kosten des Planers für die Änderung der Ausbauplanung (III.) sowie die Vermessungskosten (IV.).

I.

17

Bei dem Investitionskostenanteil für die Straßenoberflächenentwässerung handelt es sich um tatsächliche Investitionsaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG. Denn der Ausbau der Straßenentwässerungseinrichtung ist hinsichtlich sämtlicher Bestandteile eine beitragsfähige Maßnahme (1.). Soweit die Straßenoberflächenentwässerung in eine Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde erfolgt, schuldet der Träger der Baulast für die Gemeindestraßen - hier die Beklagte - der Verbandsgemeinde den vertraglich vereinbarten Investitionskostenanteil (2.). Bei ihm handelt es sich um tatsächlichen Ausbauaufwand der Beklagten und nicht um einen Durchschnittssatz im Sinne des § 9 Abs. 3 KAG (3.). Die Berücksichtigung des Investitionskostenanteils als beitragsfähigen Aufwand stellt keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung dar (4.).

18

1. Bei der Erneuerung sämtlicher Bestandteile der Straßenoberflächenentwässerung der Z. Straße handelt es sich um eine beitragsfähige Maßnahme. Denn die Straßenoberflächenentwässerung stellt eine Teileinrichtung der Verkehrsanlage dar. Ihr Ausbau ist beitragsfähig, weil er - was im vorliegenden Fall unstreitig ist - Teil des gemeindlichen Bauprogramms ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., 2007, § 33 Rn. 23).

19

Entgegen der Auffassung des Klägers gehören zur Straßenoberflächenentwässerung nicht nur die Straßeneinläufe einschließlich der Abdeckroste und Sinkkästen und der Anschlussleitungen an die Straßenleitung, deren Kosten Teil des dem angefochtenen Beitragsbescheid zugrunde liegenden Herstellungsaufwandes ist. Vielmehr besteht das Entwässerungssystem auch aus der Straßenleitung und den sonstigen Einrichtungen, die funktional der Entwässerung der Straße dienen (vgl. Driehaus, a.a.O., § 13 Rn. 64).

20

Im Hinblick auf die Straßenleitung hat die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast die Wahl, entweder eine straßeneigene Kanalisation zu betreiben, die ausschließlich zur Aufnahme des Straßenniederschlagwassers bestimmt ist, oder sich an der Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde zu beteiligen. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte von der zuletzt genannten Möglichkeit Gebrauch gemacht und gemäß § 11 Abs. 1 des Vertrags vom 1. Dezember 1987 die Herstellung, den Ausbau und die Unterhaltung der gemeinsamen Entwässerungsanlagen der Verbandsgemeinde übertragen. Von dieser vertraglichen Regelung wird der Umfang der Straßenbaulast der Beklagten für die Gemeindestraßen im Sinne der §§ 11, 14 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Nr. 1 Landesstraßengesetz - LStrG - nicht berührt. Im Verhältnis zu Dritten ist die Beklagte nämlich nach wie vor im Sinne des § 11 Abs. 1 LStrG für den Bau, die Unterhaltung und die Erneuerung der für die Straßenentwässerung erforderlichen Straßenleitung verantwortlich. Denn die Übertragung u.a. des Ausbaus eines Teils des Straßenentwässerungssystems (Straßenleitung) auf die Verbandsgemeindewerke beschränkt sich lediglich auf die technische Durchführung der Baumaßnahmen. Deshalb müsste die Beklagte gegebenenfalls eine straßeneigene Kanalisation verlegen, falls die Verbandsgemeinde ihre vertragliche Verpflichtung u. a. zur Erneuerung des gemeinschaftlichen Kanals nachhaltig nicht erfüllen würde. Dem Verbleib der Straßenbaulast bei der Beklagten stehen des Weiteren nicht die Abwasserbeseitigungspflicht der Verbandsgemeinde gemäß §§ 51, 52 Landeswassergesetz - LWG - entgegen. Denn die Bestimmungen über die Straßenbaulast für die Gemeindestraßen, einschließlich der Einrichtung zur Entwässerung des Straßenniederschlagswassers gehen als speziellere Regelungen den insoweit allgemeinen Regelungen über die Abwasserbeseitigung vor.

21

2. Für die Straßenentwässerung in die Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde schuldet die Beklagte den Verbandsgemeindewerken einen Investitionskostenanteil. Nach § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG, der über seinen engen Wortlaut hinaus auch auf das Verhältnis der Verbandsgemeinden zu den Ortsgemeinden anwendbar ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 1995 – 1 A 11204/90.OVG -), hat sich der Träger der Straßenbaulast an den Kosten des Trägers der Kanalisation zu beteiligen, wenn die Straßenentwässerung - wie im vorliegenden Fall - in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt. Dementsprechend hat sich die Beklagte gemäß § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Vertrages mit der Verbandsgemeinde vom 1. Dezember 1987 zur Zahlung eines Investitionskostenanteils als Pauschschalbetrag für die Erneuerung einer gemeinsamen Abwasserbeseitigungsanlage verpflichtet.

22

3. Bei dem vertraglich geschuldeten Investitionskostenanteil für die Straßenoberflächenentwässerung handelt es sich um tatsächliche Investitionsaufwendungen der Beklagten im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG und nicht um einen im Rahmen der Erhebung von Ausbaubeiträgen für Verkehrsanlagen unzulässigen Durchschnittssatz nach § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG.

23

Zwar hat die Verbandsgemeinde den von der Beklagten gezahlten Investitionskostenanteil als Pauschalbetrag ermittelt. Jedoch führt dies nicht dazu, dass die streitgegenständliche Ausbaubeitragserhebung durch die Beklagte teilweise nach Durchschnittsätzen erfolgt ist. Denn ein Durchschnittssatz im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG wird von der beitragserhebenden Gemeinde aufgrund der von ihr erbrachten Aufwendungen für die maßgebliche Einrichtung kalkuliert und festgesetzt. Der hier in Rede stehende Investitionskostenanteil erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Er wurde von der Verbandsgemeinde und damit nicht von der Beklagten als beitragserhebender Gemeinde ermittelt. Des Weiteren lagen seiner Kalkulation die Investitionen der Verbandsgemeinde für die Abwasserbeseitigungsanlagen und damit keine Aufwendungen der Beklagten zugrunde. Somit hat die Beklagte der Ausbaubeitragserhebung keinen von ihr ermittelten Durchschnittssatz zugrunde gelegt.

24

Vielmehr handelt es sich bei dem Investitionskostenanteil um tatsächlich entstandene Investitionsaufwendungen, nach denen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG einmalige Beiträge für Verkehrsanlagen erhoben werden. Tatsächliche Kosten in diesem Sinne sind solche, die dem Straßenbaulastträger von Dritten in Rechnung gestellt werden und damit bei ihm anfallen. Dies ist bei dem von der Beklagten geschuldeten Investitionskostenanteil für die Erneuerung der Straßenoberflächenentwässerung der Z. Straße der Fall. Denn er wurde ihr von der Verbandsgemeinde aufgrund des Vertrages vom 1. Dezember 1987 so wie von jedem anderen mit der Durchführung der Ausbaumaßnahme beauftragten Unternehmer in Rechnung gestellt. Es handelt sich deshalb bei dem Investitionskostenanteil um tatsächlichen Aufwand, der gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG dem Grunde nach beitragsfähig ist.

25

4. Die Ausbaubeitragsfähigkeit des von der Beklagten an die Verbandsgemeinde gezahlten Investitionskostenanteils, gegen dessen Höhe Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich sind, verstößt unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung. Mit dem Investitionskostenanteil wird - wie bereits ausgeführt - die Erneuerung der Straßenleitung finanziert. Demgegenüber betreffen die Aufwendungen für die Straßenoberflächenentwässerung, die in dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Herstellungsaufwand enthalten sind, die Kosten der Straßeneinläufe und der Anschlussleitungen an die Straßenleitung. Somit handelt es sich um jeweils unterschiedliche Bestandteile des Straßenentwässerungssystems. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die Kosten der Straßenoberflächenentwässerung, die zu Recht in den Ausbauaufwand einbezogen wurden, zugleich der etwaigen Erhebung von Kanalerneuerungsabgaben zugrunde gelegt werden.

II.

26

Zum beitragsfähigen Aufwand gehören auch die Kosten für die Sicherheits- und Gesundheitskoordination nach der Baustellenverordnung in Höhe von 2.826,92 €. Aufwendungen sind beitragsfähig, wenn sie für die Ausbaumaßnahme erforderlich waren. Hierzu gehören auch Kosten, die aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung der Gemeinde entstanden sind. Dies ist bei der Sicherheits- und Gesundheitskoordination nach der Baustellenverordnung - BaustellV - der Fall. Denn eine Straßenausbaumaßnahme erfüllt den Begriff der Baustelle im Sinne des § 1 Abs. 3 BaustellV (1.). Hinsichtlich der Erneuerung der Z. Straße lagen die Voraussetzungen des § 3 BaustellV für die Bestellung eines Koordinators vor (2.). Des Weiteren konnte der Auftrag zur Sicherheits- und Gesundheitskoordination freihändig vergeben werden (3.).

27

1. Bei einer Straßenausbaumaßnahme handelt es sich um eine Baustelle, auf die die Baustellenverordnung Anwendung finden kann. Gemäß § 1 Abs. 3 BaustellV ist Baustelle der Ort, an dem ein Bauvorhaben ausgeführt wird. Ein Bauvorhaben ist das Vorhaben, eine oder mehrere bauliche Anlagen zu errichten, zu ändern oder abzubrechen. Nach Art. 2a der der Baustellenverordnung zugrunde liegenden Richtlinie 92/57/EWG handelt es sich hierbei um alle Baustellen, an denen Hoch- oder Tiefbauarbeiten ausgeführt werden, die in der nicht erschöpfenden Liste in Anhang I ausgeführt sind. Hierunter fallen u.a. solche Baustellen, auf denen Erdarbeiten ausgeführt werden. Dementsprechend handelt es sich auch bei einer Straßenausbaumaßnahme um eine Baustelle im Sinne der Baustellenverordnung. Allein diese Auslegung des § 1 Abs. 3 BaustellV wird im Übrigen dem Sinn und Zweck der Richtlinie 92/57/EWG gerecht. Sie dient dem Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer. Hierfür besteht auch auf Baustellen, auf denen Straßen erneuert werden, ein Bedürfnis.

28

2. Des Weiteren waren die Voraussetzungen des § 3 BaustellV für die Bestellung eines Sicherheits- und Gesundheitskoordinators erfüllt. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 BaustellV sind für Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, ein oder mehrere geeignete Koordinatoren zu bestellen. Im vorliegenden Fall haben auf der Baustelle „Z. Straße“ neben der Firma, die die Straßen- und Kanalerneuerungsmaßnahmen ausgeführt hat, auch die Stadtwerke W. GmbH (Verlegung neuer Gasleitungen), die RWE (Verlegung neuer Stromkabel) und die Deutsche Telekom (Verlegung von Fernmeldekabeln) und damit mehrere Arbeitgeber Arbeiten verrichtet. Der somit zu bestellende Koordinator hat unabhängig von den in § 2 Abs. 2 und 3 BaustellV genannten Voraussetzungen (große Baustellen und Baustellen, auf denen gefährliche Arbeiten nach Anhang II ausgeführt werden) während der Planung und Ausführung des Bauvorhabens die nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes vorgesehenen Maßnahmen zu koordinieren (§ 3 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BaustellV), eine Unterlage mit den erforderlichen, bei möglichen späteren Arbeiten an der baulichen Anlage zu berücksichtigenden Angabe zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz zusammenzustellen (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 BaustellV), darauf zu achten, dass die Arbeitgeber und Unternehmer ohne Beschäftigte ihre Pflichten nach dieser Verordnung erfüllen (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 BaustellV), die Zusammenarbeit der Arbeitgeber zu organisieren (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 BaustellV) und die Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der Arbeitsverfahren durch die Arbeitgeber zu koordinieren (§ 3 Abs. 3 Nr. 5 BaustellV). Angesichts dieser von der Baustellenverordnung vorgegebenen Aufgaben des Koordinators waren die hierfür aufgewandten Kosten erforderlich und deshalb beitragsfähig.

29

3. Der Auftrag zur Sicherheits- und Gesundheitskoordination konnte gemäß § 3 Nr. 4c VOB/A auch freihändig an den Planer der Ausbaumaßnahme vergeben werden, weil es sich um eine im Verhältnis zum gesamten Planungsauftrag kleine Leistung gehandelt hat, die sich nicht ohne Nachteil von dem umfassenden Planungsauftrag hätte trennen lassen.

III.

30

Auch die Kosten der Änderung der Planung in Höhe von 2.275,25 € sind beitragsfähig. Für die Umplanung lagen sachliche Gründe vor (1.) und der Mehraufwand war nicht bereits von der Honorarvereinbarung nach § 55 der Honorarordnung für Architekten und IngenieureHOAI – umfasst (2.).

31

1. Die Umplanung war sachlich gerechtfertigt. Sie wurde notwendig, weil während der Leistungsphase 2 (Vorplanung) im Sinne des § 55 HOAI Schadstoffbelastungen des Asphaltbelages in der Z. Straße festgestellt wurden. Daraufhin sah es die Beklagte als unzumutbar an, den Anliegern Teile der ursprünglichen Straßenfläche zu übereignen. Außerdem sollte ein einheitliches Straßenbild gewährleistet werden. Aufgrund dieser Erwägungen konnte die Beklagte im Rahmen des ihr zustehenden Gestaltungsspielraums abweichend von der bisherigen Vorplanung von einer Reduzierung der Verkehrsfläche von 10,00 m auf 6,50 m absehen.

32

2. Die durch die Änderung der Planung angefallenen Kosten sind neben dem Honorar nach § 55 HOAI angefallen, weil die zusätzlichen Planungsarbeiten nicht zum Leistungsbild der Leistungsphase 2 gehören. Zwar umfasst die Vorplanung die „Erarbeitung eines Planungskonzepts einschließlich Untersuchung alternativer Lösungsmöglichkeiten nach gleichen Anforderungen“. Allerdings sind unter „alternativen Lösungsmöglichkeiten“ entgegen dem eher weiten Wortlaut keine echten Alternativen, sondern lediglich Varianten zu verstehen, bei denen die Anforderungen gleich oder nur geringfügig anders sind. Hierunter fallen beispielsweise unterschiedliche Befestigungsarten (Pflaster oder Asphalt) einer in ihrer flächenmäßigen Ausdehnung unveränderten Verkehrsanlage. Demgegenüber liegen Alternativen vor, wenn sich die geänderte Planung von dem bisherigen Entwurf z.B. im Umfang erheblich unterscheidet (vgl. Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, 9. Aufl., 2005, § 55 Rn. 22, § 15 Rn. 37).

33

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, stellt der Ausbau der Z. Straße in ihrer gesamten Breite von 10 m gegenüber der ursprünglich beabsichtigten Reduzierung der Verkehrsfläche auf 6,50 m eine „echte“ Alternative dar. Ihre Planung ging über die von der Leistungsphase 2 des § 55 HOAI umfassten Untersuchung alternativer Lösungsmöglichkeiten hinaus. Deshalb handelt es sich bei den Aufwendungen für die Planungsänderung um beitragsfähigen Aufwand.

IV.

34

Schließlich gehören auch die in den Ausbauaufwand eingestellten Vermessungskosten in Höhe von 8.831,53 € zu den ausbaubeitragsfähigen Kosten. Nach der der Auftragsvergabe zugrunde liegenden Planung war die Erneuerung der Z. Straße bis zur Grenze der anliegenden Privatgrundstücke vorgesehen. Deshalb konnten die Grenzsteine im Ausbaubereich nicht mit zumutbarem Aufwand gesichert werden, so dass die Neuvermessung erforderlich war (vgl. OVG RP, AS 30, 182, 185 f.).

35

Anlass für die vom Kläger beantragte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO besteht nicht, da die im nachgereichten Schriftsatz vom 28. April 2009 angesprochenen Rechtsfragen bereits Gegenstand des schriftsätzlichen Vorbringens waren und in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2009 ausführlich erörtert wurden.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

38

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

39

Beschluss

40

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 763,05 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).



Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. April 2011 wie folgt abgeändert:

Der Ausbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 4. September 2009 wird insoweit aufgehoben, als ein höherer Beitrag als 8.915,99 € festgesetzt wurde.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Kläger drei Viertel, die Beklagte ein Viertel.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des Grundstücks in der Gemarkung B… H…, Flur …, Parzelle …, gegen seine Heranziehung zu einem den Betrag von 6.000,- € übersteigenden Einmalbeitrag für den Ausbau der Straße „A…“. Mit dem Bescheid der Beklagten vom 4. September 2009 wurde ihm gegenüber ein einmaliger Beitrag in Höhe von 10.188,84 € festgesetzt.

2

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens und hinsichtlich des Sachverhalts im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellung er sich insoweit zu eigen macht.

3

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, die Festlegung des Gemeindeanteils sei rechtswidrig erfolgt. Außerdem habe die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung von 50 m berücksichtigt werden müssen. Darüber hinaus bestünden Unklarheiten über das Bauprogramm und den Umfang, in dem von den Verbandsgemeindewerken Aufwendungen für eine Wiederherstellung der Straße nach Kanalbauarbeiten erspart worden seien.

4

Während der Frist zur Begründung des Berufungszulassungsantrags hat der Stadtrat der Beklagten mit Beschluss vom 8. Juni 2011 den Gemeindeanteil an den Kosten des Ausbaus der Straße „A…“ auf 60% festgelegt, und zwar aus Gründen, die in der „Problembeschreibung“ der Verwaltungsvorlage genannt sind.

5

Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Beklagte vorgetragen, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung sei durch den Beschluss vom 8. Juni 2011 unrichtig geworden. Anders als das Verwaltungsgericht angenommen habe, komme bei der Veranlagung des Grundstücks des Klägers eine Tiefenbegrenzung von 50 m nicht in Frage. Ferner entspreche der Ausbau dem abgeänderten Bauprogramm. Schließlich seien sämtliche berücksichtigten Kosten beitragsfähig. Hinsichtlich des vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Beweisantrages und des daraufhin ergangenen Senatsbeschlusses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12. Januar 2012 verwiesen.

6

Die Beklagte beantragt,

7

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,

9

die Berufung zurückzuweisen.

10

Er bekräftigt sein erstinstanzliches Vorbringen hinsichtlich der Festlegung des Gemeindeanteils. Die Straße „A…“ weise einen weit überwiegenden Durchgangsverkehr auf, so dass ein Gemeindeanteil von 70% angemessen sei. Wie in dem verwaltungsgerichtlichen Urteil ausgeführt, habe eine Tiefenbegrenzung berücksichtigt werden müssen. Das Bauprogramm umfasse weder die errichteten Parkflächen noch die Straßenoberflächenentwässerung. Im Übrigen habe die Beklagte Entwässerungskosten doppelt in den Ausbauaufwand eingestellt. Soweit hierfür eine Pauschale angesetzt worden sei, beruhe die Berechnung auf einer unzutreffenden Aufteilung der Kosten auf die einzelnen Kostenträger. Ferner seien die von der Verbandsgemeinde im Rahmen der Kanalerneuerung ersparten Aufwendungen zu niedrig veranschlagt worden. Hilfsweise hält der Kläger an seinem Begehren fest, die Beklagte zu verpflichten, ihm einen Billigkeitserlass im Hinblick auf die einseitige Anbaubarkeit der Straße „A…“ bzw. wegen „des überdimensionierten Parkstreifens“ zu gewähren.

11

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

12

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

13

Der Ausbaubeitragsbescheid vom 4. September 2009 ist nicht in dem vom Verwaltungsgericht entschiedenen Umfang aufzuheben, sondern nur insoweit, als ein höherer Beitrag als 8.915,99 € festgesetzt wurde. Deshalb ist die Berufung in diesem Umfang zurückzuweisen und der Klage insoweit stattzugeben (I.). Unbegründet ist die Klage im Übrigen und mit dem hilfsweise verfolgten Begehren, die Beklagte zu einem Billigkeitserlass zu verpflichten (II.).

I.

14

Mit dem Bescheid vom 4. September 2009 durfte dem Kläger gegenüber ein Ausbaubeitrag nur in Höhe von 8.915,99 € festgesetzt werden. Im Übrigen ist dieser Bescheid rechtswidrig. Er beruht auf § 10 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Ausbaubeiträgen der Beklagten vom 21. Juni 2007 i.d.F. vom 13. März 2008 – ABS -. Das veranlagte Grundstück des Klägers ist i.S.d. § 4 ABS baulich nutzbar und hat die rechtliche sowie die tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt zu der Verkehrsanlage „A…“, die erneuert sowie umgebaut (§ 1 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 ABS) und damit i.S.d. § 1 Abs. 1 ABS ausgebaut wurde. Die Voraussetzungen des Entstehens der Beitragspflicht sind erfüllt (1.). Die Verteilung des Ausbauaufwands ist jedoch zu korrigieren (2.).

15

1. Die einmalige Ausbaubeitragspflicht ist nach § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG entstanden, da die Bauarbeiten an der abgerechneten Verkehrsanlage „A…“ abgeschlossen (a) und die zu verteilenden tatsächlichen Investitionsaufwendungen feststellbar sind (b).

16

a) Der Abschluss der Bauarbeiten ist durch die technische Verwirklichung des Bauprogramms erfolgt. Dieses wurde zwar erst am 26. August 2009 beschlossen, also nach der tatsächlichen Fertigstellung der Ausbaumaßnahme. Da mit diesem Beschluss das nicht vollständig umgesetzte Bauprogramm vom 8. März 2006 abgeändert wurde, war diese Vorgehensweise aber zulässig. Eine Änderung des Bauprogramms ist nach der erschließungsbeitragsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 13/94, BVerwGE 99, 308; vgl. auch OVG RP, 6 A 11850/04.OVG, ESOVGRP), die auf das Ausbaubeitragsrecht zu übertragen ist (vgl. OVG RP, 6 A 11039/08.OVG), erst dann nicht mehr möglich, wenn das Bauprogramm verwirklicht ist und die Straße dem für sie aufgestellten Bauprogramm entspricht (OVG RP, 6 B 11320/10.OVG). Als am 26. August 2009 das Bauprogramm vom Rat der Beklagten beschlossen wurde, war aber das Bauprogramm vom 8. März 2006 nicht vollständig bzw. nur in Abweichung umgesetzt. Dies wird insbesondere durch den Umstand verdeutlicht, dass in diesem Bauprogramm nicht vorgesehene Parkflächen errichtet worden waren. Da der Ausbauzustand am 26. August 2009 daher dem Bauprogramm vom 8. März 2006 nicht entsprach, war eine Änderung des Bauprogramms vom 8. März 2006 noch möglich. Das geänderte Bauprogramm vom 26. August 2009 umfasst auch die bis dahin nicht vorgesehenen Parkflächen sowie die Straßenoberflächenentwässerung.

17

b) Des Weiteren ist der entstandene Aufwand feststellbar. Er ergibt sich im Wesentlichen aus der Schlussrechnung der Fa. H… vom 11. Dezember 2007, in die – anders als der Kläger meint - nur Straßenbaukosten einschließlich der unmittelbar der Straßenoberflächenentwässerung dienenden Aufwendungen eingeflossen sind. Die durchgeführten Kanalbauarbeiten sind nicht in dieser Schlussrechnung enthalten, sondern mit gesonderter Rechnung gegenüber der Trägerin der Abwasserbeseitigung, der Verbandsgemeinde Bad Hönningen, geltend gemacht worden.

18

Der auf die Straßenentwässerung entfallende Anteil dieser der Verbandsgemeinde Bad Hönningen entstandenen Kanalbaukosten ist zu Recht mit einem Betrag von 14.053,60 € in den Straßenausbauaufwand eingestellt worden. Die Berücksichtigung von Kanalbaukosten ist nicht zu beanstanden, weil zur Straßenoberflächenentwässerung nicht nur die ihr unmittelbar dienenden Straßeneinläufe einschließlich der Abdeckroste, der Sinkkästen und der Anschlussleitungen an die Straßenleitung gehören, sondern auch die Straßenleitung und die sonstigen Einrichtungen, deren Funktion auch in der Entwässerung der Straße besteht (vgl. OVG RP, 6 A 11364/08.OVG, AS 38, 246, ESOVGRP, juris). Deshalb hat sich nach § 12 Abs. 10 Sätze 1 und 2 des Landesstraßengesetzes - LStrG - der Träger der Straßenbaulast durch einen einmaligen Pauschalbetrag an den Herstellungs- bzw. Erneuerungskosten des Trägers der Kanalisation zu beteiligen, wenn die Straßenentwässerung - wie im vorliegenden Fall - in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt. Dieser Pauschalbetrag hat sich gemäß § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG an der Menge des in den gemeinsamen Kanal eingeleiteten Straßenoberflächenwassers zu orientieren. Hiervon ausgehend ist ein Investitionsanteil nur zu beanstanden, wenn er offensichtlich fehlerhaft ermittelt worden ist (vgl. OVG RP, 6 A 11364/08.OVG, AS 38, 246, ESOVGRP, juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr beruht er auf der Anlage I der Satzung über die Erhebung von Entgelten für die öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung der Verbandsgemeinde Bad Hönningen vom 15. März 1996 und orientiert sich hinsichtlich der Aufteilung an der bis zum 31. Dezember 1995 gültigen Kommunalabgabenverordnung - KAVO -. § 3 Abs. 1 KAVO bestimmte, dass bei Mischwasserleitungen je 50% auf das Schmutz- und das Oberflächenwasser entfallen. Gemäß § 3 Abs. 2 KAVO war der Anteil der Entwässerung öffentlicher Verkehrsanlagen mit 35% der Investitionsaufwendungen für die Oberflächenwasserbeseitigung anzusetzen. Angesichts dessen durfte die Beklagte 17,5% der Aufwendungen der Verbandsgemeinde für die Kanalbauarbeiten, also 14.053,60 €, als Straßenentwässerungsanteil übernehmen. Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (1 A 11204/90.OVG, ESOVGRP), wonach bei der Ermittlung des Zahlungsanspruchs des Trägers der Abwasserbeseitigungseinrichtung gegenüber dem Straßenbaulastträger wegen laufender Kosten der Oberflächenwasserbeseitigung nicht ohne weiteres in vollem Umfang auf § 3 Abs. 2 KAVO zurückgegriffen werden kann. Denn im vorliegenden Zusammenhang geht es nicht um laufende Kosten, sondern um Investitionskosten.

19

Auch die Ersparnis der Verbandsgemeinde Bad Hönningen durch den im Anschluss an die Erneuerung der Kanalisation erfolgten Straßenausbau ist zutreffend berechnet und vom beitragsfähigen Aufwand abgezogen worden. Nach der Rechtsprechung des Senats (6 A 11659/99.OVG; 6 B 11190/98.OVG, ESOVGRP) kann eine Gemeinde eine Kostenbeteiligung wegen von einem anderen Versorgungsträger ersparter Aufwendungen grundsätzlich nur insoweit beanspruchen, als dieser Versorgungsträger die Straße nach Abschluss seiner Maßnahme wieder in den früheren (gleichwertigen) Zustand hätte versetzen müssen. Dem entsprechend hat die Beklagte die Aufwendungen zusammengestellt, die die Verbandsgemeinde Bad Hönningen hinsichtlich der Herstellung des Planums, der bituminösen Tragschicht sowie der bituminösen Deckschicht bzw. des Pflasters erspart hat. Die Kosten für den Lavaeinbau in einer Stärke von 0,30 m waren in der die Straßenbaukosten betreffenden Rechnung bereits abgezogen worden. Soweit der Kläger rügt, die Beklagte habe eine größere Grabenbreite als 1,00 m bzw. als 1,20 m berücksichtigen müssen, folgt ihm der Senat nicht. Diese Grabenbreite ist vielmehr bereits im „Vorwort“ des Leistungsverzeichnisses „Auswechslung der Kanalleitung“ angegeben. Die Beklagte hat außerdem nachvollziehbar dargelegt, dass angesichts einer Aushubmenge von ungefähr 840 m³ sowie einer Grabentiefe zwischen 4,00 m und 5,00 m davon auszugehen ist, dass die Verbandsgemeinde Bad Hönningen die Wiederherstellung einer Grabenfläche in einer Größe von ca. 178 m², also in dem tatsächlich angesetzten Umfang, erspart hat. Aus den vom Kläger vorgelegten Fotografien, die nach Abschluss der Kanalbauarbeiten, aber vor Beginn des Straßenausbaus angefertigt wurden, ergibt sich nichts anderes. Zwar ist dort eine geschotterte Fläche in einer wesentlich größeren Breite als 1,00 m bzw. als 1,20 m zu erkennen. Daraus ergibt sich nur, dass der Fahrbahnbelag im Umfang der geschotterten Fläche beseitigt wurde. Die Fotografien lassen unter den vorliegenden Umständen jedoch nicht den Schluss zu, die Verbandsgemeinde Bad Hönningen habe die Wiederherstellung der geschotterten Fläche erspart. Denn als Ersparnis in diesem Sinn ist nur dasjenige anzusehen, was die Trägerin der Abwasserbeseitigung in dem Fall, dass nur Kanalbauarbeiten durchgeführt worden wären, für die Instandsetzung der Straße hätte aufwenden müssen. Da allen Beteiligten von vornherein bewusst war, dass im Anschluss an die Kanalbauarbeiten der Straßenausbau erfolgt, musste die Verbandsgemeinde Bad Hönningen nicht aus Kostengründen darauf achten, nur einen möglichst geringen Teil der Straße aufzubrechen. Der Umfang der geschotterten Fläche kann daher der Berechnung der Ersparnis nicht zugrunde gelegt werden.

20

2. Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands ist, was den Gemeindeanteil betrifft, nicht zu beanstanden (a), allerdings hinsichtlich der Anwendung der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung (b).

21

a) Da der Beschluss des Rats der Beklagten vom 8. Juni 2011 über die Festlegung des Gemeindeanteils auf 60% keinen Bedenken begegnet, braucht nicht erörtert zu werden, ob dies auch für den früheren Beschluss vom 8. März 2006 gilt.

22

Der Ratsbeschluss vom 8. Juni 2011 kann nicht wegen Fehlens einer Begründung als formell rechtswidrig angesehen werden. Denn einer förmlichen schriftlichen Begründung bedarf die Entscheidung des Gemeinderats über den Gemeindeanteil nicht (vgl. auch OVG RP, 6 C 11187/10.OVG, NVwZ-RR 2011, 577, ESOVGRP, juris). Vielmehr reicht es aus, dass sich der Rat beispielsweise Vorüberlegungen der Verwaltung, die in einer Sitzungsvorlage zusammengefasst sind, anschließt (vgl. OVG RP, 6 A 10170/03.OVG, AS 30, 370, ESOVGRP, juris). Dies ist vorliegend geschehen, als der Rat der Beklagten am 8. Juni 2011 ausdrücklich beschloss, den Gemeindeanteil „aus den in der Problembeschreibung genannten Gründen“ auf 60% festzusetzen. Damit gibt die Begründung des Beschlussvorschlags der Verwaltung nicht nur Aufschluss über den Informationsstand des Rats (vgl. OVG RP, 6 C 11187/10.OVG, NVwZ-RR 2011, 577, ESOVGRP, juris), sondern auch über dessen für die Festlegung des Gemeindeanteils maßgebliche Erwägungen.

23

Unter diesen Umständen kann ohne Weiteres überprüft werden, ob der Ratsbeschluss zur Festlegung des Gemeindeanteils auf nicht zu beanstandenden Überlegungen oder aber auf einer greifbaren Fehleinschätzung beruht (vgl. OVG RP, 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, ESOVGRP, juris). Dabei kann der Rat, der mit den örtlichen Verhältnissen, insbesondere den Grundstücksnutzungen, der flächenmäßigen Ausdehnung der Wegeparzelle, den Verkehrsströmen und der Bedeutung einer Gemeindestraße im Gefüge der innerörtlichen Verkehrswege vertraut ist, die Entscheidung über den Gemeindeanteil grundsätzlich ohne eine Verkehrszählung und ohne Einschaltung eines Sachverständigen hinreichend zuverlässig treffen (OVG RP, 6 A 11385/05.OVG; 6 A 10468/07.OVG; 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, ESOVGRP, juris). Eine greifbare Fehleinschätzung unterläuft dem Rat, wenn er die gesetzlichen Maßstäbe zur Festlegung des Gemeindeanteils in ihrer Ausformung durch die Rechtsprechung verfehlt, nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt oder sein Beschluss in sich widersprüchlich ist (OVG RP, 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, ESOVGRP, juris). Davon kann hier nicht die Rede sein. Die in der „Problembeschreibung“ genannten Gründe berücksichtigen widerspruchsfrei alle relevanten rechtlichen und tatsächlichen Umstände. Ausgehend von der Zahl der Wohnungen auf den Anliegergrundstücken sowie den dort vorhandenen Stellplätzen und unter Einbeziehung des in der Nähe befindlichen R…-Markts sowie des Bahnhofs wurde zutreffend eine nach Fahr- und Fußgängerverkehr getrennte Betrachtung des Anliegerverkehrs sowie des Durchgangsverkehrs vorgenommen, in nicht zu beanstandender Weise bewertet und zu dem (Gesamt-)Gemeindeanteil von 60% zusammengeführt.

24

Anders als der Kläger meint, kann nicht deshalb von einem „Ermessensausfall“ gesprochen werden, weil in der erwähnten „Problembeschreibung“ die Kategorie des ganz überwiegenden Durchgangsverkehrs mit nur wenig Anliegerverkehr, die regelmäßig einen Gemeindeanteil von 70% rechtfertigt, nicht erwähnt wurde. Denn in der „Problembeschreibung“ ist nachvollziehbar dargelegt worden, dass beim Fahrverkehr von überwiegendem Durchgangsverkehr auszugehen ist, also von einem regelmäßig bestehenden Spielraum zwischen 55% und 65%. Dass der Rat den „höchstmöglichen Gemeindeanteil“ festsetzen wollte, kann weder dem Beschluss vom 8. Juni 2011 noch der erwähnten „Problembeschreibung“ entnommen werden. Da in diesem Beschluss ausdrücklich auch die Parkflächen und die Straßenentwässerung genannt sind, geht die Rüge des Klägers fehl, das durch die Parkflächen ausgelöste Verkehrsaufkommen müsse bei der Festlegung des Gemeindeanteils unberücksichtigt bleiben. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, in der Straße „A…“ bestehe ein ganz überwiegender Durchgangsverkehr, so dass ein Gemeindeanteil von 70% festgesetzt werden müsse, folgt ihm der Senat nicht. Dass es sich (auch) beim Fußgängerverkehr ganz überwiegend um Durchgangsverkehr handelt, behauptet der Kläger zwar. Er vermag aber mit diesen nicht näher substantiierten Behauptungen, die auf wenig aussagekräftige Beobachtungen und Schlussfolgerungen des Klägers zurückgehen, die in der erwähnten „Problembeschreibung“ zusammengefassten Erwägungen nicht zu entkräften, die den durch die Nähe zum Bahnhof zu verzeichnenden Fußgängerverkehr ebenso wie die Verbindungen zum Gewerbe- bzw. Einkaufszentrum und zum Stadtzentrum berücksichtigen.

25

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass die Bildung eines Mischsatzes von 60% mit dem Hinweis begründet wurde, der größte Kostenanteil entfalle auf die Fahrbahn. Wenn – wie hier - das Verhältnis von Anlieger- und Durchgangsverkehr beim Fußgängerverkehr deutlich abweicht von dem entsprechenden Verhältnis beim Fahrverkehr, ist nach der Rechtsprechung des Senats (OVG RP, 6 A 11220/05.OVG, NVwZ-RR 2006, 285, ESOVGRP, juris; 6 A 11315/06, AS 34, 99, ESOVGRP, juris; 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, ESOVGRP, juris) ein mehrstufiges Verfahren zur Ermittlung des Gemeindeanteils anzuwenden, das aus der zunächst gesonderten Bewertung einerseits des Fußgänger- und andererseits des Fahrverkehrs und einer sich anschließenden Zusammenführung der so gewonnenen Teilgemeindeanteile besteht. Dem ist die Beklagte gerecht geworden, indem sie aus den ermittelten Teilgemeindeanteilen von 65% und 45% einen Mischsatz von 60% gebildet hat. Denn der Gesamtgemeindeanteil darf abweichend vom arithmetischen Mittel der Teilgemeindeanteile festgelegt werden, wenn es dafür sachlich einleuchtende Gründe gibt. Die Berücksichtigung unterschiedlich hoher Kostenanteile einerseits für die Fahrbahn und andererseits für den Gehweg ist ein hinreichender sachlicher Grund, um den Teilgemeindeanteil stärker zu gewichten, der für die Teileinrichtung(en) mit dem höheren Kostenanteil ermittelt wurde.

26

b) Der Höhe nach ist der angefochtene Bescheid insoweit zu beanstanden, als der Beitragsermittlung die gesamte Grundstücksfläche ohne Berücksichtigung der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung von 50 m zugrunde gelegt wurde.

27

Auf der Grundlage des § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. a ABS ist diese Tiefenbegrenzung von 50 m auf das Grundstück des Klägers anzuwenden. Eine Tiefenbegrenzung von 100 m gilt nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. d Satz 1 ABS nur, wenn die Grundstücksfläche hinter der Tiefenbegrenzungslinie von 50 m aufgrund der Umgebungsbebauung selbständig baulich oder in ähnlicher Weise nutzbar ist (Hinterbebauung in zweiter Baureihe). Das ist bei dem veranlagten Grundstück des Klägers nicht der Fall.

28

Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, reicht allein die Möglichkeit zur „Überbauung“ der Tiefenbegrenzungslinie von 50 m nicht aus, um eine selbständige Hinterbebauung in zweiter Baureihe im vorgenannten Sinn anzunehmen. Denn für eine „Überbauung“ der Tiefenbegrenzungslinie von 50 m sieht § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. d Satz 2 ABS nur eine Verschiebung der Tiefengrenze bis zum Ende der Überbauung bei tatsächlicher baulicher, gewerblicher, industrieller oder ähnlicher Nutzung vor.

29

Was unter einer selbständigen Hinterbebauung in zweiter Baureihe im vorgenannten Sinn zu verstehen ist, ergibt sich daraus, dass § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. d Satz 1 ABS wortgleich mit dem Satzungsmuster des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz (abgedruckt in: Bellefontaine u.a., Kommunalabgabengesetz Rheinland-Pfalz, Stand: 04/2009, II 4) ist. Dieses Satzungsmuster beruht auf der Entscheidung des Senats im Verfahren 6 C 10464/02.OVG (AS 30, 106, KStZ 2003, 35, ESOVGRP, juris), in der es auszugsweise heißt:

30

„Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass im rheinland-pfälzischen Ausbaubeitragsrecht eine Tiefenbegrenzungsregelung auch für übertiefe Grundstücke zulässig ist, die mit ihrer gesamten Fläche im unbeplanten Innenbereich gelegen sind. Insofern dient sie dazu, typisierend die hinteren Grundstücksteile abzugrenzen, die nicht baulich oder auf ähnliche Weise nutzbar im Sinne des § 10 Abs. 6 KAG sind. Allerdings folgt hieraus zugleich, dass eine Tiefenbegrenzungsregelung aus Rechtsgründen lediglich eine widerlegbare Vermutung aufstellen kann, nach der die jenseits der festgesetzten Tiefe liegenden Grundstücksteile nicht baulich oder in ähnlicher Weise nutzbar sind. Deshalb verstößt eine entsprechende Satzungsbestimmung gegen § 10 Abs. 6 KAG, die auch die hinteren Grundstücksteile von der Aufwandsverteilung ausschließt, welche aufgrund der Umgebungsbebauung im Sinne des § 34 BauGB - ggf. unter Einbeziehung von noch innerhalb der Tiefenbegrenzung liegender Grundstücksbereiche - selbständig baulich oder in ähnlicher Weise nutzbar sind, also gewissermaßen einen eigenständigen Bauplatz bilden.“

31

Die bei typisierender Betrachtung mit § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. a ABS verbundene Vermutung, dass das Grundstück des Klägers jenseits der Tiefenbegrenzung von 50 m nicht selbständig baulich oder in ähnlicher Weise genutzt werden kann, ist nicht in dem dargelegten Sinne erschüttert. Das wäre nur der Fall, wenn eine solche qualifizierte Nutzung des hintersten Teils des veranlagten Grundstücks unzweifelhaft zulässig wäre. Davon kann indessen nicht ausgegangen werden.

32

Einen eigenständigen Bauplatz oder eine anderweitig selbständig nutzbare Grundstücksfläche jenseits der Tiefenbegrenzungslinie von 50 m weist das Grundstück des Klägers schon mangels dafür erforderlicher Größe nicht auf. Aber auch zusammen mit den noch innerhalb der Tiefenbegrenzung liegenden Grundstücksbereichen ist zu bezweifeln, dass die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuchs - BauGB - für eine qualifizierte Bebauung in zweiter Baureihe vorliegen. Nach dieser Bestimmung ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Eine selbständige Nutzung des hintersten Bereichs des veranlagten Grundstücks in baulicher oder ähnlicher Weise dürfte schon deshalb ausscheiden, weil sich ein solches Vorhaben nach der Grundstücksfläche, die überbaut würde, in die Eigenart der näheren Umgebung nicht einfügen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (4 B 50/08, BauR 2009, 1564, juris) kommt es insoweit auf die konkrete Größe der Grundfläche des in Frage stehenden Vorhabens und auch auf seine räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung an, wobei zur näheren Konkretisierung auf die Begriffsbestimmungen in § 23 der Baunutzungsverordnung - BauNVO - zur "überbaubaren Grundstücksfläche" zurückgegriffen werden kann, die wiederum auch durch Festsetzung der Bautiefe (§ 23 Abs. 4 BauNVO) bestimmt werden kann. Ob ein solches Tiefenmaß, das die rückwärtige Bebauung in der gleichen Weise begrenzt wie eine festgesetzte hintere Baugrenze, einem Vorhaben auf dem veranlagten Grundstück jenseits der Tiefenbegrenzung von 50 m entgegensteht, bedarf keiner weiteren Erörterung. Denn ein Vorhaben im hintersten Bereich des Grundstücks des Klägers würde sich unabhängig von einer faktischen rückwärtigen Baugrenze (vgl. hierzu BVerwG, 4 C 10/03, NVwZ 2004, 1244, juris) voraussichtlich schon deshalb nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, kaum in die nähere Umgebung einfügen, weil es dort kein Vorbild für eine selbständige bauliche oder ähnliche Nutzung in zweiter Baureihe i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. d Satz 1 ABS gibt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (4 B 172/97, NVwZ-RR 1998, 539, juris; 4 B 50/08, BauR 2009, 1564, juris) fehlt es nämlich auch dann an einem Einfügen i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche, wenn das Vorhaben nach seinem Standort innerhalb der vorhandenen Bebauung ohne Vorbild in der näheren Umgebung ist.

33

Dafür spricht hier Überwiegendes. Die von der Beklagten vorgelegten und hinreichend aussagekräftigen Lagepläne weisen weder in der Straße „A…“ noch in der B…-Straße oder der S…straße, soweit diese zur hier betroffenen näheren Umgebung gehören, eine selbständige bauliche oder ähnliche Nutzung in zweiter Baureihe i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. d Satz 1 ABS auf. In den rückwärtigen Grundstücksbereichen sind vielmehr ersichtlich vereinzelt Nebengebäude errichtet, auf die sich der Kläger nicht als Vorbilder im vorbezeichneten Sinn berufen könnte (vgl. BVerwG, 4 B 172/97, NVwZ-RR 1998, 539, juris). Soweit auf dem Nachbargrundstück ein Wohngebäude errichtet worden ist, das bis an die Tiefengrenze von 50 m heranreicht, stellt dies keine Bebauung in zweiter, sondern in erster Baureihe dar. Ungeachtet dessen vermag diese Nachbarbebauung die nähere Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB nicht zu prägen (vgl. hierzu BVerwG, 4 B 50/08, BauR 2009, 1564, juris), weil eine solche Bebauung nur auf diesem Nachbargrundstück verwirklicht wurde, während die anderen bebauten Grundstücke eine Bebauung an der Grenze zur ausgebauten Wegeparzelle oder – wie das Grundstück des Klägers – von dieser Grenze um einige Meter zurückversetzt aufweisen.

34

Aus diesen Ausführungen ergibt sich gleichzeitig, dass es der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragten Beweiserhebung nicht bedurfte.

35

Unter Anwendung der in § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. a ABS festgelegten Tiefenbegrenzung auf das Grundstück des Klägers ist von einer beitragspflichtigen Fläche von 920,65 m² auszugehen, die sich durch den Vollgeschosszuschlag auf 1.288,91 m² erhöht. Dadurch vermindert sich die Gesamtgrundstücksfläche auf 6.322,51 m², während der Beitragssatz 6,9174679 €/m² beträgt. Daraus ergibt sich eine auf das veranlagte Grundstück entfallende Beitragsschuld in Höhe von 8.915,99 €.

II.

36

Der Hilfsantrag des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, ihm den festgesetzten Beitrag insoweit aus Billigkeitsgründen zu erlassen, als er den Betrag von 6.000,- € übersteigt, bleibt ohne Erfolg. Zwar hat der Kläger dieses Begehren bereits mit Schreiben vom 30. Oktober 2009 behördlich geltend gemacht (vgl. hierzu BVerwG, 11 B 59/00, juris; 8 C 124/82, BVerwGE 70, 96 <100 f.>, juris). Die Voraussetzungen eines (Teil-)Erlasses liegen jedoch nicht vor.

37

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 163 der Abgabenordnung - AO - können Abgaben niedriger festgesetzt, nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 KAG i.V.m. § 227 AO können Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die vom Kläger vorgetragenen Gründe, die Straße „A…“ sei nur einseitig anbaubar und der errichtete Parkstreifen überdimensioniert, rechtfertigen einen (teilweisen) Billigkeitserlass aus sachlichen Gründen nicht. Ein solcher Erlass setzt voraus, dass die Abgabenerhebung wegen eines Sachverhalts, der unter einen gesetzlichen Abgabentatbestand fällt, im Einzelfall mit dem Sinn und Zweck der Abgabennorm nicht vereinbar ist (BVerwG, 8 C 42.88, NJW 1991, 1073, juris; BVerwG, 8 C 90.81, NJW 1982, 2682, juris). So liegen die Dinge hier nicht.

38

Ist eine Straße auf einer Seite dauerhaft – beispielsweise wie hier wegen der Gleisanlage eines Eisenbahnunternehmens – nicht zum Anbau bestimmt, dient sie hinsichtlich des Anliegerverkehrs ausschließlich der wegemäßigen Erschließung der Grundstücke auf der anderen Straßenseite. Auf die Eigentümer dieser Grundstücke können die gesamten Kosten eines Straßenausbaus aber dennoch umgelegt werden, wenn der Ausbau auf den für die Erschließung dieser Grundstücke unerlässlichen Umfang beschränkt wird (vgl. BVerwG, IV C 1.75, BVerwGE 52, 364, juris; 8 C 31/90, BVerwGE 89, 362, juris; 9 C 6/03, DVBl 2004, 1038, juris; 9 C 3/09, BVerwGE 137, 95, juris). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Die Fahrbahn wurde nämlich in einer Breite von lediglich 3,00 m ausgebaut. Auch die Anlage des Parkstreifens war unerlässlich, weil auf den anliegenden Grundstücken nach den nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Beklagten nur 17 Stellplätze vorhanden, angesichts der Zahl der dort befindlichen Wohnungen aber 40 Parkplätze erforderlich sind (vgl. Beschluss des Rates der Beklagten vom 8. Juni 2011).

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

40

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

41

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

42

Beschluss

43

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 4.188,84 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).


Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. August 2008 wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich insoweit gegen die Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag, als im Aufwand ein Investitionskostenanteil in Höhe von 13.056,09 € für die Straßenoberflächenentwässerung enthalten ist.

2

Mit Bescheid vom 14. August 2006, geändert durch Bescheid vom 30. April 2007, zog die Beklagte den Kläger zu einem Ausbaubeitrag für die Erneuerung der Straße „I…“ in Höhe von 9.525,95 € heran. Der Ausbau dieser Straße, an die das veranlagte Grundstück des Klägers grenzt, erfolgte gleichzeitig mit der Erneuerung der Kanalisation. In den beitragsfähigen Kosten sind 13.056,09 € für die Straßenoberflächenentwässerung enthalten. Dieser Betrag beruht auf dem zwischen den Verbandsgemeindewerken und der Beklagten am 16. Dezember 1982 geschlossenen „Vertrag zur Regelung der Inanspruchnahme von städtischen Straßen durch Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen“. Nach Nr. 12 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages zahlt die Beklagte den Verbandsgemeindewerken für die Straßenoberflächenentwässerung in einen gemeinsamen Kanal einen Investitionskostenanteil. Er beträgt nach § 10 der Satzung der Verbandsgemeinde A über die Festlegung der Gebühren- und Beitragssätze bei der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung, der Abwasserabgabe für Kleineinleiter und der Kostenanteile der Straßenbaulastträger bei der Abwasserbeseitigung an den Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung für die Entwässerung der öffentlichen Verkehrsanlagen vom 11. Dezember 2003 ab 1. Januar 2004 12,47 € pro qm entwässerter öffentlicher Verkehrsfläche.

3

Nach erfolglosem Widerspruch, den der Kläger in einem Vergleich vom März 2007 auf die Beitragsfähigkeit des Investitionskostenanteils von 13.056,09 € beschränkte, hat er Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass laut Schlussrechnung des Bauunternehmers für die Straßenentwässerung 5.887,61 € entstanden seien. Darüber hinaus könnten keine weiteren Kosten aufgrund der Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Verbandsgemeindewerken vom 16. Dezember 1982 geltend gemacht werden. Anderenfalls läge eine unzulässige Doppelbelastung vor.

4

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu Eigen macht.

5

Das Verwaltungsgericht hat den Ausbaubeitragsbescheid im angefochtenen Umfang aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung seien dem Grunde nach auch insoweit beitragsfähig, als sie Aufwendungen der Verbandsgemeindewerke für die Erneu-erung des Mischkanals enthielten. Eine doppelte Berücksichtigung von Kosten liege nicht vor, weil sich der in der Unternehmerrechnung enthaltene Aufwand auf andere Teile der Straßenentwässerungseinrichtung als den Kanal beziehe. Allerdings seien die in Form eines Investitionskostenanteils geltend gemachten Kanalkosten der Höhe nach zu beanstanden. Nach § 10 Abs. 2 KAG könnten einmalige Beiträge für einzelne Verkehrsanlagen nur nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen erhoben werden, so dass eine Veranlagung nach Durchschnittssätzen unzulässig sei. Um einen Durchschnittssatz handele es sich aber bei dem Investitionskostenanteil. Da die Beklagte die anteiligen tatsächlichen Kosten der Kanalerneuerung sowie ersparte Aufwendungen durch die gemeinschaftliche Maßnahme nicht ausreichend darlegt habe, sei der Bescheid im angefochtenen Umfang rechtswidrig.

6

Die Beklagte hat die vom Senat zugelassene Berufung im Wesentlichen damit begründet, dass das erkennende Gericht die Geltendmachung eines Investitionskostenanteils für die Straßenoberflächenentwässerung aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Verbandsgemeindewerken und den Ortsgemeinden als zulässig angesehen habe. Dabei sei gerade keine Berücksichtigung tatsächlicher Herstellungskosten gefordert worden. Im Übrigen mache sie gegenüber den Beitragspflichtigen keinen Aufwand nach Einheits- oder Durchschnittssätzen, sondern Kosten geltend, die ihr von den Verbandsgemeindewerken tatsächlich in Rechnung gestellt worden seien.

7

Die Beklagte beantragt,

8

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil dem Ergebnis nach zutreffe. Kosten für die Kanalerneuerung dürften bereits deshalb nicht im Rahmen von Ausbaubeiträgen geltend gemacht werden, weil dies dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung widerspreche. Dies gelte sowohl für die Verbandsgemeindewerke als auch für die Beklagte. Dabei sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte durch die Vereinbarung vom 16. Dezember 1982 die Herstellung, den Ausbau, den Betrieb und die Unterhaltung der Straßenoberflächenentwässerungsanlagen mit Ausnahme der Straßeneinläufe sowie Anschlussleitungen bis zur Straßenleitung und damit die Straßenbaulast teilweise der Verbandsgemeinde übertragen habe. Auch deshalb könne die Beklagte den Investitionskostenanteil nicht auf die beitragspflichtigen Grundstücke umlegen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

13

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

I.

14

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, weil der allein im Streit befindliche Investitionskostenanteil des Straßenbaulastträgers an den Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung beitragsfähiger Ausbauaufwand ist und deshalb zu Recht der Erhebung eines Beitrages für die Erneuerung der Straße „I…“ zugrunde gelegt wurde.

15

Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Kommunalabgabengesetz - KAG - können einmalige Ausbaubeiträge für die einzelne Verkehrsanlage nur nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen erhoben werden, weil § 10 Abs. 8 KAG nicht auf § 9 Abs. 3 KAG verweist, der die Abrechnung nach Durchschnittssätzen betrifft. Zu den tatsächlichen Investitionsaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG gehört auch der Investitionskostenanteil für die Straßenoberflächenentwässerung. Denn der Ausbau der Straßenentwässerungseinrichtung ist hinsichtlich sämtlicher Bestandteile eine beitragsfähige Maßnahme (1.). Soweit die Straßenoberflächenentwässerung in eine Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde erfolgt, schuldet der Träger der Baulast für die Gemeindestraßen - hier die Beklagte - den Verbandsgemeindewerken den vertraglich vereinbarten Investitionskostenanteil (2.). Bei ihm handelt es sich um tatsächlichen Ausbauaufwand der Beklagten und nicht um einen Durchschnittssatz im Sinne des § 9 Abs. 3 KAG (3.). Der im vorliegenden Fall von den Verbandsgemeindewerken erhobene Investitionskostenanteil von 12,47 € pro qm entwässerter öffentlicher Verkehrsfläche ist auch seiner Höhe nach nicht zu beanstanden (4.). Seine Berücksichtigung als beitragsfähiger Aufwand stellt keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung dar (5.).

16

1. Bei der Erneuerung sämtlicher Bestandteile der Straßenoberflächenentwässerung der Straße „I…“ handelt es sich um eine beitragsfähige Maßnahme. Denn die Straßenoberflächenentwässerung stellt eine Teileinrichtung der Verkehrsanlage dar. Ihr Ausbau ist beitragsfähig, weil er - was im vorliegenden Fall unstreitig ist - Teil des gemeindlichen Bauprogramms ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., 2007, § 33 Rn. 23).

17

Entgegen der Auffassung des Klägers gehören zur Straßenoberflächenentwässerung nicht nur die Straßeneinläufe einschließlich der Abdeckroste und Sinkkästen und der Anschlussleitungen an die Straßenleitung, deren Kosten Teil des dem angefochtenen Beitragsbescheid zugrunde liegenden Herstellungsaufwandes ist. Vielmehr besteht das Entwässerungssystem auch aus der Straßenleitung und den sonstigen Einrichtungen, die funktional der Entwässerung der Straße dienen (vgl. Driehaus, a.a.O., § 13 Rn. 64).

18

Im Hinblick auf die Straßenleitung hat die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast die Wahl, entweder eine straßeneigene Kanalisation zu betreiben, die ausschließlich zur Aufnahme des Straßenniederschlagwassers bestimmt ist, oder sich an der Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde zu beteiligen. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte von der zuletzt genannten Möglichkeit Gebrauch gemacht und gemäß Nr. 11 Abs. 1 des Vertrags zur Regelung der Inanspruchnahme von städtischen Straßen durch Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen vom 16. Dezember 1982 die Herstellung, den Ausbau und die Unterhaltung der gemeinsamen Entwässerungsanlagen den Verbandsgemeindewerken übertragen. Von dieser vertraglichen Regelung wird der Umfang der Straßenbaulast der Beklagten für die Gemeindestraßen im Sinne der §§ 11, 14 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Nr. 1 Landesstraßengesetz - LStrG - nicht berührt. Im Verhältnis zu Dritten ist die Beklagte nämlich nach wie vor im Sinne des § 11 Abs. 1 LStrG für den Bau, die Unterhaltung und die Erneuerung der für die Straßenentwässerung erforderlichen Straßenleitung verantwortlich. Denn die Übertragung u.a. des Ausbaus eines Teils des Straßenentwässerungssystems (Straßenleitung) auf die Verbandsgemeindewerke beschränkt sich lediglich auf die technische Durchführung der Baumaßnahmen. Deshalb müsste die Beklagte gegebenenfalls eine straßeneigene Kanalisation verlegen, falls die Verbandsgemeindewerke ihre vertragliche Verpflichtung u. a. zur Erneuerung des gemeinschaftlichen Kanals nachhaltig nicht erfüllen würden. Dem Verbleib der Straßenbaulast bei der Beklagten stehen des Weiteren nicht die Abwasserbeseitigungspflicht der Verbandsgemeinde gemäß §§ 51, 52 Landeswassergesetz - LWG - entgegen. Denn die Bestimmungen über die Straßenbaulast für die Gemeindestraßen, einschließlich der Einrichtung zur Entwässerung des Straßenniederschlagswassers gehen als speziellere Regelungen den insoweit allgemeinen Regelungen über die Abwasserbeseitigung vor.

19

2. Für die Straßenentwässerung in die Entwässerungseinrichtung der Verbandsgemeinde schuldet die Beklagte den Verbandsgemeindewerken einen Investitionskostenanteil. Nach § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG, der über seinen engen Wortlaut hinaus auch auf das Verhältnis der Verbandsgemeinden zu den Ortsgemeinden anwendbar ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 1995 – 1 A 11204/90.OVG -), hat sich der Träger der Straßenbaulast an den Kosten des Trägers der Kanalisation zu beteiligen, wenn die Straßenentwässerung - wie im vorliegenden Fall - in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt. Dementsprechend hat sich die Beklagte gemäß § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG in Verbindung mit Nr. 12 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages mit den Verbandsgemeindewerken vom 16. Dezember 1982 zur Zahlung eines Investitionskostenanteils als Pauschschalbetrag für die Erneuerung einer gemeinsamen Abwasserbeseitigungsanlage verpflichtet.

20

Dass dieser Investitionskostenanteil entgegen Nr. 12 Abs. 2 des Vertrages nicht in der Haushaltssatzung, sondern in § 10 der Satzung der Verbandsgemeinde A über die Festlegung der Gebühren- und Beitragssätze bei der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung, der Abwasserabgabe für Kleineinleiter und der Kostenanteile der Straßenbaulastträger bei der Abwasserbeseitigung an den Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung für die Entwässerung der öffentlichen Verkehrsanlagen vom 11. Dezember 2003 festgesetzt wurde, ist rechtlich unerheblich, da der Satzungsvorbehalt erfüllt ist.

21

3. Bei dem vertraglich geschuldeten Investitionskostenanteil für die Straßenoberflächenentwässerung handelt es sich um tatsächliche Investitionsaufwendungen der Beklagten im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG und nicht um einen im Rahmen der Erhebung von Ausbaubeiträgen für Verkehrsanlagen unzulässigen Durchschnittssatz nach § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG.

22

Zwar haben die Verbandsgemeindewerke den von der Beklagten gezahlten Investitionskostenanteil als Pauschalbetrag ermittelt. Jedoch führt dies nicht dazu, dass die streitgegenständliche Ausbaubeitragserhebung durch die Beklagte teilweise nach Durchschnittsätzen erfolgt ist. Denn ein Durchschnittssatz im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG wird von der beitragserhebenden Gemeinde aufgrund der von ihr erbrachten Aufwendungen für die maßgebliche Einrichtung kalkuliert und festgesetzt. Der hier in Rede stehende Investitionskostenanteil erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Er wurde von der Verbandsgemeinde und damit nicht von der Beklagten als beitragserhebender Gemeinde ermittelt. Des Weiteren lagen seiner Kalkulation die über mehrere Jahre entstandenen Investitionen der Verbandsgemeindewerke für die Abwasserbeseitigungsanlagen und damit keine Aufwendungen der Beklagten zugrunde. Somit hat die Beklagte der Ausbaubeitragserhebung keinen von ihr ermittelten Durchschnittssatz zugrunde gelegt.

23

Vielmehr handelt es sich bei dem Investitionskostenanteil um tatsächlich entstandene Investitionsaufwendungen, nach denen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG einmalige Beiträge für Verkehrsanlagen erhoben werden. Tatsächliche Kosten in diesem Sinne sind solche, die dem Straßenbaulastträger von Dritten in Rechnung gestellt werden und damit bei ihm anfallen. Dies ist bei dem von der Beklagten geschuldeten Investitionskostenanteil für die Erneuerung der Straßenoberflächenentwässerung der Straße „I…“ der Fall. Denn er wurde ihr von den Verbandsgemeindewerken aufgrund des Vertrages vom 16. Dezember 1982 so wie von jedem anderen mit der Durchführung der Ausbaumaßnahme beauftragten Unternehmer in Rechnung gestellt. Es handelt sich deshalb bei dem Investitionskostenanteil um tatsächlichen Aufwand, der gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG dem Grunde nach beitragsfähig ist.

24

4. Der Investitionskostenanteil ist auch seiner Höhe nach nicht zu bestanden. Da die Zuordnung der auf die einzelnen Komponenten eines Mischkanals (Abwasserbeseitigung, Straßenentwässerung und Grundstücksentwässerung) entfallenden Ausbaukosten mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden ist, sieht § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG die Beteiligung des Straßenbaulastträgers an den Kosten der Kanalerneuerung in Form eines Pauschalbetrages vor. Dieser hat sich gemäß § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG an der Menge des in den gemeinsamen Kanal eingeleiteten Straßenoberflächenwassers zu orientieren. Hiervon ausgehend ist ein Investitionsanteil nur zu beanstanden, wenn er offensichtlich fehlerhaft ermittelt worden ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

25

Für die Kalkulation des Investitionskostenanteils haben die Verbandsgemeindewerke zunächst die in früheren Jahren getätigten Investitionen für das gesamte hier maßgebliche Oberflächenentwässerungssystem ermittelt. Hiervon haben sie 35% der Straßenoberflächenentwässerung zugeordnet. Dieser Anteil beruht auf § 3 Abs. 2 der bis zum 31. Dezember 1995 gültigen Kommunalabgabenverordnung vom 24. Juli 1986 (GVBl. S. 199). Damit unterstellt die Kalkulation, dass im Durchschnitt 35% der insgesamt entwässerten Flächen (Grundstücks- und Straßenflächen) aus Straßenflächen bestehen. Bedenken gegen die Angemessenheit dieses Anteils sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Vielmehr entspricht er in etwa dem Verhältnis zwischen den gewichteten Grundstücksflächen und den entwässerten Straßenflächen (3,1 Mio qm : 1,08 Mio qm). Somit ist die Ermittlung des Investitionskostenanteils, den die Beklagte den Verbandsgemeindewerken vertraglich schuldet, sachlich nachvollziehbar und deshalb nicht zu beanstanden.

26

5. Schließlich scheidet ein Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung durch die Berücksichtigung des von der Beklagten an die Verbandsgemeindewerke gezahlten Investitionskostenanteils bei der Erhebung von Ausbaubeiträgen unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt aus. Mit dem Investitionskostenanteil wird - wie bereits ausgeführt - die Erneuerung der Straßenleitung finanziert. Demgegenüber betreffen die Aufwendungen für die Straßenoberflächenentwässerung, die in dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Herstellungsaufwand enthalten sind, die Kosten der Straßeneinläufe, der Mittelrinne und der Anschlussleitungen an die Straßenleitung. Somit handelt es sich um jeweils unterschiedliche Bestandteile des Straßenentwässerungssystems. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die Kosten der Straßenoberflächenentwässerung, die zu Recht in den Ausbauaufwand einbezogen wurden, zugleich der etwaigen Erhebung von Kanalerneuerungsabgaben zugrunde gelegt werden. Deshalb erhalten die Verbandsgemeindewerke von vornherein auch keinen Kostenersatz von Dritten im Sinne der Nr. 12 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages vom 16. Dezember 1982.

II.

27

Es kann offenbleiben, ob – wie das Verwaltungsgericht meint - die bei der Beitragsermittlung berücksichtigten Kosten um ersparte Aufwendungen hätten gemindert werden müssen, die durch die gemeinsame Durchführung des Ausbaus der Straße „I…“ und der Kanalerneuerung entstanden sind. Denn insoweit steht der zwischen den Beteiligten im März 2007 geschlossene Vergleich einer rechtlichen Überprüfung entgegen. Darin hat der Kläger die im Änderungsbescheid vom 30. April 2007 eingestellten Herstellungskosten nach einer Reduzierung akzeptiert und seinen Widerspruch lediglich auf die Frage beschränkt, ob in den beitragsfähigen Aufwand der Investitionskostenanteil in Höhe von 13.056,09 € eingestellt werden durfte. Somit hat der Kläger auf weitere Einwendungen gegen den angefochtenen Beitragsbescheid verzichtet.

28

Anlass für die vom Kläger beantragte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO besteht nicht, da die im nachgereichten Schriftsatz vom 28. April 2009 angesprochenen Rechtsfragen bereits Gegenstand des schriftsätzlichen Vorbringens waren und in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2009 ausführlich erörtert wurden.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet seine Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

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Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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Beschluss

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Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 665,70 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.