Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Jan. 2013 - 6 A 10940/12

ECLI: ECLI:DE:OVGRLP:2013:0114.6A10940.12.0A
published on 14/01/2013 00:00
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Jan. 2013 - 6 A 10940/12
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Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 2. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens im zweiten Rechtszug zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung seitens des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des in N... gelegenen Grundstücks Flur ..., Parzelle .../... (H...straße ...), gegen seine Heranziehung zu einem einmaligen Ausbaubeitrag in Höhe von 1.238,53 € durch Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2008.

2

Der Ausbau der H...straße erfolgte nach ihrer Abstufung von einer Kreisstraße zu einer Gemeindestraße in dem räumlichen Umfang, in dem zuvor die Ortsdurchfahrt festgesetzt war. Der Rat der Beklagten beschloss hierzu am 4. Februar 1997 die Erneuerung der Fahrbahn mit einem frostsicheren Unterbau und einer durchgehend bituminös befestigten Fahrbahnoberfläche als Mischfläche für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr einschließlich der Erneuerung der Straßenoberflächenentwässerung. Für die Mündungsbereiche zu den anderen Gemeindestraßen wurde eine Pflasterung auf Teilflächen vorgesehen. Weiter hieß es in diesem Beschluss vom 4. Februar 1997:

3

„In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die beitragspflichtigen Grundstücksanlieger nur mit den Beiträgen belastet werden, wie sie angefallen wären, wenn die Fahrbahn noch in der Baulast des Landkreises und die Ortsgemeinde N... nur die Nebenanlagen auszubauen hätte.

4

Es werden daher von dem insgesamt entstehenden beitragsfähigen Aufwand die Kosten abgezogen, die anteilig auf die Fahrbahn entfallen. “

5

Diesen Beschluss vom 4. Februar 1997 übermittelte die Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach mit Schreiben vom 6. Juni 1997 an die Beitragspflichtigen. Es diente der Mitteilung über die Durchführung beitragsfähiger Baumaßnahmen und enthielt den Hinweis, diese Mitteilung sei unverbindlich.

6

Mit seiner nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung müssten bei der Aufwandsermittlung unberücksichtigt bleiben, weil der Anspruch der Verbandsgemeindewerke gegen die Beklagte auf Übernahme dieser Kosten verjährt gewesen sei, als er mit Abrechnung vom 22. September 2004 geltend gemacht wurde. Denn es handele sich um einen vertragsähnlichen, keinesfalls aber um einen der dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliegenden bereicherungs- oder erstattungsrechtlichen Anspruch.

7

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers und hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich insoweit zu eigen macht.

8

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, hinsichtlich der Kosten für den Ausbau der Fahrbahn liege ein Abgabenvorausverzicht der Beklagten vor. Im Übrigen sei der Beitragsanspruch mangels einer aussagekräftigen Schlussrechnung für die Entwässerung noch nicht entstanden. Außerdem habe der Gemeinderat den Gemeindeanteil nicht wirksam festgesetzt.

9

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor, die ausdrücklich als unverbindlich bezeichnete Mitteilung vom 6. Juni 1997 könne keinen Beitragsvorausverzicht darstellen, zumal es an der Bestimmtheit des Umfangs eines Verzichts fehle. Der Beitragsanspruch sei auch entstanden, nachdem die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung unter dem 22. September 2004 von den Verbandsgemeindewerken in Rechnung gestellt worden seien. Dabei handele es sich um tatsächliche Aufwendungen, auch wenn eine vertragliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Verbandsgemeindewerken nicht getroffen worden sei. Die Forderung der Verbandsgemeindewerke sei im Übrigen vor Eintritt der Verjährung geltend gemacht worden.

10

Die Beklagte beantragt,

11

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

13

die Berufung zurückzuweisen.

14

Er verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt sein erstinstanzliches Vorbringen, der vertragsähnliche Anspruch der Verbandsgemeindewerke gegen die Beklagte auf Übernahme der Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung sei verjährt gewesen, als die Verbandsgemeindewerke ihn mit der Abrechnung vom 22. September 2004 geltend gemacht hätten. Eine dreißigjährige Verjährungsfrist, die für bereicherungs- oder erstattungsrechtliche Ansprüche gelte, komme hier nicht in Betracht. Da der Beklagten deshalb insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht zugestanden habe, könnten die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung nicht als notwendige Aufwendungen im beitragsrechtlichen Sinn erachtet werden.

15

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen und den vorgelegten Verwaltungsvorgängen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

16

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Heranziehungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn er ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Zwar steht der Erhebung eines Ausbaubeitrags für die Fahrbahnkosten kein wirksamer Abgabenvorausverzicht entgegen (1.). Der Beitragsanspruch ist jedoch bisher nicht entstanden, weil die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung noch nicht feststehen (2.). Bedenken gegen den Beitragsbescheid bestehen auch hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung der der Veranlagung zugrunde gelegten Verkehrsanlage (3.).

17

1. Anders als das Verwaltungsgericht angenommen hat, stellt der Gemeinderatsbeschluss vom 4. Februar 1997, wonach von dem insgesamt entstehenden beitragsfähigen Aufwand die Kosten abgezogen werden, die anteilig auf die Fahrbahn entfallen, auch in Verbindung mit der Mitteilung der Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach vom 6. Juni 1997 keinen wirksamen Beitragsvorausverzicht in Bezug auf die Fahrbahnkosten dar.

18

Dies ergibt sich zunächst aus dem Umstand, dass dieses Schreiben vom 6. Juni 1997 in erster Linie der durch § 7 Abs. 6 KAG vorgeschriebenen Mitteilung über die Durchführung beitragsfähiger Baumaßnahmen diente und den Hinweis enthielt, diese Mitteilung sei unverbindlich und Änderungen der Planung, insbesondere der beitragsrechtlichen Bestimmungen, blieben vorbehalten. Abgesehen davon liegt ein wirksamer Vorausverzicht auf die für die Erneuerung der Fahrbahn entstehenden Beiträge mangels Bestimmtheit nicht vor. Denn der Beschluss des Ortsgemeinderats vom 4. Februar 1997, die beitragspflichtigen Grundstücksanlieger nur mit den Beiträgen zu belasten, die anfielen, wenn die Fahrbahn noch in der Baulast des Landkreises stünde und die Ortsgemeinde N... nur die Nebenanlagen auszubauen hätte, geht einerseits davon aus, dass Kosten für die Fahrbahn und davon zu unterscheidende Kosten für die Nebenanlagen, also insbesondere für die Gehwege, anfallen. Andererseits beinhaltet dieser Ratsbeschluss die Festlegung auf die Erneuerung der Fahrbahn als Mischfläche für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr. Die Errichtung einer solchen Mischfläche lässt jedoch nicht ohne Weiteres eine Aufteilung der Kosten für die dem Fahrzeugverkehr dienende Fahrbahn und der Kosten für den Fußgängerbereich zu. Es ist auch nicht ersichtlich, dass für den Fußgängerverkehr Randbereiche der H...straße in einem bestimmten Umfang vorgesehen waren. Damit stand im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Ortsgemeinderats nicht fest, welcher konkrete oder zumindest berechenbare Teil eines künftigen Beitragsanspruchs anteilig auf die Fahrbahn entfallen würde, wenn sie noch in der Baulast des Landkreises stünde. Kennzeichnend für einen Abgabenvorausverzicht ist jedoch die vollständige oder teilweise Verfügung über einen konkreten künftigen Beitragsanspruch, also dessen (bedingte) Vernichtung, ohne dass seitens des Beitragsgläubigers noch weitere Vollzugsakte notwendig sind (BVerwG, 8 C 174/81, NJW 1984, 2113, KStZ 1984, 112, juris; OVG RP, 6 A 68/86.OVG, esovgrp; OVG RP, 6 A 10558/05.OVG, esovgrp).

19

2. Der Beitragsanspruch ist aber noch nicht entstanden, weil die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung bislang nicht feststellbar sind (a). Allerdings würde ihre Höhe feststehen, wenn diese Kosten verjährt wären. Dann stünde der Beklagten gegenüber den Verbandsgemeindewerken ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Würde die Beklagte diese Forderung dennoch begleichen, könnten diese Kosten nicht als notwendiger Ausbauaufwand anerkannt werden (vgl. hierzu OVG RP, 6 A 11716/04.OVG, KStZ 2005, 116, esovgrp; 6 A 10389/06.OVG, esovgrp). Die Kosten, die die Beklagte den Verbandsgemeindewerken für die Herstellung bzw. Erneuerung der Straßenoberflächenentwässerung schuldet, sind indessen nicht verjährt (b).

20

a) Der Anspruch auf den einmaligen Beitrag entsteht nach § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG, wenn die Bauarbeiten an der einzelnen Verkehrsanlage abgeschlossen sind und, sofern der einmalige Beitrag - wie hier - nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt wird, der entstandene Aufwand feststellbar ist. An dieser Voraussetzung fehlt es hinsichtlich der gemäß § 12 Abs. 10 LStrG von der Beklagten zu tragenden Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung der ausgebauten Verkehrsanlage. Zwar erfolgte unter dem 22. September 2004 die Abrechnung der Verbandsgemeindewerke Puderbach gegenüber der Beklagten über die Investitionskostenbeteiligung der Ortsgemeinde für die Straßenoberflächenentwässerung, welche auf der Grundlage des Pauschalsatzes der Verbandsgemeindewerke von 9,43 €/m² insgesamt mit 37.843,14 € für die H...straße und mit 2.563,64 € für die A... Straße festgesetzt wurde. Die dadurch der Beklagten als Straßenbaulastträgerin in Rechnung gestellten Kosten können die Verbandsgemeindewerke aber auf der Grundlage des § 12 Abs. 10 LStrG nicht beanspruchen, so dass sie nicht als tatsächliche Investitionsaufwendungen bei der Beklagten angefallen sind (vgl. hierzu OVG RP, 6 A 10141/09.OVG, esovgrp, juris).

21

Nach § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG hat sich der Träger der Straßenbaulast vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung mit dem Träger der Kanalisation an den Kosten der Herstellung, den laufenden Kosten und den Kosten einer Erneuerung der Kanalisation entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn (vgl. hierzu OVG RP, 1 A 11617/01.OVG, esovgrp; OVG RP, 6 A 11364/08.OVG, AS 38, 246, esovgrp, juris) zu beteiligen, wenn die Fahrbahnentwässerung in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt. Diese Beteiligung an den Kosten für die Herstellung oder für die Erneuerung der Kanalisation soll gemäß § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG jeweils durch einen einmaligen Pauschalbetrag, die Beteiligung an den laufenden Kosten durch jährlich wiederkehrende Pauschalbeträge abgegolten werden. Die Ermittlung der für die Pauschalbeträge geltenden Richtwerte erfolgt durch den Träger der Kanalisation im Einvernehmen mit dem Träger der Straßenbaulast (§ 12 Abs. 10 Satz 3 LStrG). Das der Bestimmung des § 12 Abs. 10 LStrG zugrunde liegende Regelungskonzept sieht danach drei Möglichkeiten der Beteiligung des Trägers der Straßenbaulast an den Herstellungskosten der Kanalisation vor, wenn die Fahrbahnentwässerung – wie hier - in eine nicht straßeneigene Kanalisation erfolgt.

22

Zunächst ist durch den Gesetzeswortlaut ausdrücklich eine „anderweitige Vereinbarung“ zugelassen, also die Regelung des Investitionskostenanteils durch Vertrag zwischen dem Straßenbaulastträger und dem Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung. Anders als das Verwaltungsgericht meint, ist eine solche Vereinbarung jedoch keine notwendige Voraussetzung für eine auf § 12 Abs. 10 LStrG gestützte Kostenforderung gegenüber dem Straßenbaulastträger (vgl. OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris; OVG RP, 1 A 11553/04.OVG, esovgrp). Dass eine vertragliche Vereinbarung nicht zwingend erforderlich ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 10 Satz 1 LStrG, wonach sich der Träger der Straßenbaulast „vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung“ mit dem Träger der Kanalisation u. a. an den Kosten der Herstellung zu beteiligen hat. Es heißt nicht etwa, der Straßenbaulastträger habe sich nach Maßgabe einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Träger der Kanalisation an den Kosten zu beteiligen. Auch der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts kann nicht entnommen werden, dass nur auf vertraglicher Grundlage eine Kostenbeteiligung gemäß § 12 Abs. 10 LStrG in Betracht kommt. Zwar lagen den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts in den Verfahren 6 A 13131/97.OVG (esovgrp), 1 A 11553/04.OVG (esovgrp), 6 A 11364/08.OVG (AS 38, 246, esovgrp, juris) und 6 A 10141/09.OVG (esovgrp) Fallgestaltungen zugrunde, in denen solche Verträge geschlossen worden waren. Im Verfahren 6 A 11401/01.OVG war dies aber nicht der Fall.

23

Die zweite Möglichkeit einer Beteiligung des Straßenbaulastträgers an den Herstellungs- bzw. Erneuerungskosten der Kanalisation besteht in der Geltendmachung eines einmaligen Pauschalbetrags durch den Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung. Gemäß § 12 Abs. 10 Satz 3 LStrG erfolgt in diesem Fall die Ermittlung der für die Pauschalbeträge geltenden Richtwerte durch den Träger der Kanalisation im Einvernehmen mit dem Träger der Straßenbaulast (vgl. hierzu OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris). Dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber den Vorrang eingeräumt, weil von ihr nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 12 Abs. 10 Satz 2 LStrG Gebrauch gemacht werden „soll“.

24

Diese Formulierung lässt außerdem deutlich werden, dass es noch eine dritte Möglichkeit gibt, den Straßenbaulastträger an den Herstellungskosten der Kanalisation zu beteiligen, nämlich aufgrund einer Berechnung der im konkreten Einzelfall auf die ausgebaute Verkehrsanlage entfallenden Kosten der Straßenoberflächenentwässerung (vgl. hierzu im einzelnen OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris).

25

Keine dieser Möglichkeiten wurde bislang in einer Weise umgesetzt, die eine Ermittlung der tatsächlichen Aufwendungen der Beklagten für die Straßenoberflächenentwässerung der ausgebauten Straße zulässt. Eine einzelfallbezogene Abrechnung der Kosten für die Beseitigung des Straßenoberflächenwassers in der H...straße ist nicht erfolgt, insbesondere nicht unter Anwendung des gesetzlich vorgegebenen Maßstabs „entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn“ (vgl. hierzu OVG RP, 1 A 11204/90.OVG, esovgrp, juris; OVG RP, 1 A 11617/01.OVG, esovgrp). Die Schlussrechnung der Fa. B... B... vom 15. Mai 1997, die sich auf die „Ortsentwässerung B...“ bezieht, umfasst – wie in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen ausgeführt ist – zudem nicht nur Baumaßnahmen in der H...straße und gibt deshalb tatsächliche Aufwendungen für die ausgebaute Verkehrsanlage nicht ohne weitere Aufbereitung wieder. Auch von der zweiten dargestellten Möglichkeit ist nicht nach Maßgabe des § 12 Abs. 10 LStrG Gebrauch gemacht worden. Zwar erfolgte unter dem 22. September 2004 auf der Grundlage eines Pauschalsatzes die Abrechnung der Verbandsgemeindewerke Puderbach gegenüber der Beklagten über die Investitionskostenbeteiligung der Ortsgemeinde für die Straßenoberflächenentwässerung der ausgebauten Verkehrsanlage. An der in § 12 Abs. 10 Satz 3 LStrG vorgeschriebenen einvernehmlichen Ermittlung der für die Pauschalbeträge geltenden Richtwerte fehlt es aber, wie seitens der Beklagten in der mündlichen Berufungsverhandlung eingeräumt wurde. Diese einvernehmliche Ermittlung stellt aber die zwingende Voraussetzung dar, um die Höhe der der Kostenermittlung zugrunde gelegten Pauschalbeträge und damit auch die Höhe des für die Beitragserhebung maßgeblichen Gesamtaufwands hinreichend verlässlich zu konkretisieren. Schließlich haben die Beklagte und die Verbandsgemeindewerke bislang auch keine Vereinbarung über die Kosten der Straßenoberflächenentwässerung der H...straße geschlossen.

26

Eine solche Kostenvereinbarung ist aber noch möglich. Sie muss nämlich - wie sich aus § 12 Abs. 10 Satz 4 LStrG i.V.m. § 60 VwVfG ergibt - nicht bereits vor dem Beginn der Baumaßnahmen getroffen werden. Nach diesen Bestimmungen kann eine Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts verlangen, wenn eine Vereinbarung geschlossen ist, die Verhältnisse sich aber so wesentlich geändert haben, dass der Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen Regelung nicht zuzumuten ist. Die Übereinkunft über die Kosten der Straßenoberflächenentwässerung muss also nicht abschließend vor dem Ausbau erfolgen. Dem somit noch möglichen Abschluss einer Kostenvereinbarung steht zudem der Einwand der Verjährung nicht entgegen.

27

b) Der Anspruch der Verbandsgemeindewerke Puderbach gegen die Beklagte auf Beteiligung an den Kosten für die Herstellung bzw. Erneuerung der Kanalisation ist nämlich nicht verjährt, weil die hier maßgebliche dreißigjährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

28

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 3 C 37/07, BVerwGE 132, 324, juris; 3 C 6/08, juris) ist anerkannt, dass das Rechtsinstitut der Verjährung auch im öffentlichen Recht jedenfalls auf vermögensrechtliche Ansprüche Anwendung findet. Das gilt selbst dann, wenn Gläubiger und Schuldner juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Nach welchen Regeln sich die Verjährung richtet, ist – sofern spezielle Vorschriften des einschlägigen Fachrechts fehlen – im Wege der Analogie zu entscheiden. Auf öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche hat das Bundesverwaltungsgericht in Ermangelung spezieller Verjährungsregeln bislang die für bürgerlich-rechtliche Bereicherungsansprüche geltende kenntnisunabhängige dreißigjährige Verjährungsfrist angewendet (BVerwG, 2 C 14.81, BVerwGE 66, 251 <252 f.>; BVerwG, 2 C 10.05, juris; BVerwG, 5 C 25.07, juris; BVerwG, 7 A 2.07, juris). Sind speziellere Verjährungsfristen nicht analogiefähig, sieht das Bundesverwaltungsgericht in der dreißigjährigen Regelverjährung den Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens (BVerwG, 3 C 37/07, BVerwGE 132, 324, juris; 3 C 6/08, juris). Diese dreißigjährige Verjährungsfrist gilt auch unter den vorliegenden Umständen (vgl. hierzu auch OVG RP, 6 A 11401/01.OVG).

29

Da eine Vereinbarung über die Investitionskostenbeteiligung der Ortsgemeinde für die Straßenoberflächenentwässerung nicht geschlossen wurde, ist für eine Analogie der Verjährungsbestimmungen des vertraglichen Schuldrechts auf die hier gegebene öffentlich-rechtliche Sonderbeziehung (vgl. hierzu BVerwG, 9 C 4.10, BVerwGE 140, 34, juris) kein Raum. Eine besonders enge, mit einem privatrechtlichen Schuldverhältnis vergleichbare Beziehung ist nicht begründet worden (vgl. auch OVG RP, 1 A 11553/04.OVG, esovgrp). Angesichts der ausdrücklichen Regelung der Beteiligung des Straßenbaulastträgers an den Kosten der Straßenoberflächenentwässerung in § 12 Abs. 10 LStrG scheidet auch die entsprechende Anwendung der Bestimmungen über eine Geschäftsführung ohne Auftrag aus (vgl. BVerwG, 4 A 1/83, NJW 1986, 2524, juris; zum Bundesfernstraßenrecht vgl. OVG RP, 12 A 11746/00.OVG, AS 29, 50, esovgrp, juris).

30

Bei dem nicht auf eine Vereinbarung gestützten Anspruch des Trägers der Abwasserbeseitigungseinrichtung gegen den Straßenbaulastträger auf Beteiligung an den Kosten für die Herstellung bzw. Erneuerung der Kanalisation gemäß § 12 Abs. 10 LStrG handelt es sich vielmehr um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Dieser beruht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 7 C 48/82, BVerwGE 71, 85, juris) auf dem Rechtsgedanken, dass Leistungen ohne Rechtsgrund und sonstige mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden müssen. Er stellt ein eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts dar, das sich auf den verschiedenen Rechtsgebieten in einer Vielzahl von Vorschriften niedergeschlagen hat, in denen für das jeweilige Rechtsgebiet die Rückgewähr des entgegen der Rechtslage Erlangten geregelt ist. Zwar ist der Ausbau der Oberflächenentwässerung eine gesetzlich dem Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung übertragene Aufgabe, so dass die Durchführung der Erneuerungsmaßnahme in Übereinstimmung mit Rechtslage erfolgt ist. Der Gesetzgeber hat aber in § 12 Abs. 10 LStrG bestimmt, dass der Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung die dafür aufgewendeten Kosten nicht allein zu tragen hat, sondern dass sich der Träger der Straßenbaulast an den Kosten der Herstellung, den laufenden Kosten und den Kosten einer Erneuerung der Kanalisation entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn zu beteiligen hat. Solange diese Beteiligung nicht erfolgt ist, hat der Straßenbaulastträger somit durch die Herstellung bzw. Erneuerung der Kanalisation und die sich daraus ergebende Möglichkeit der Straßenoberflächenentwässerung etwas erlangt, dessen Wert er nach § 12 Abs. 10 LStrG nicht behalten, sondern - vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung – in aller Regel durch Zahlung eines Pauschalbetrags erstatten soll.

31

3. Ohne dass es angesichts der vorstehenden Ausführungen entscheidungserheblich darauf ankommt, soll kurz auf die Bedenken des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung der der Heranziehung zugrunde gelegten Verkehrsanlage eingegangen werden.

32

Der Senat teilt die in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen begründete Auffassung, dass die A... Straße nicht mehr zu dem einheitlichen Straßenzug der H...straße gehört. Nach den vorgelegten Fotos stellt die Pflasterung im Bereich des Buswendeplatzes eine Zäsur dar, die die abknickende A... Straße nicht als Fortsetzung der H...straße erscheinen lässt. An diesem Eindruck ändert der Umstand nichts, dass die in der H...straße beginnende Pflasterung bis weit in die A... Straße hineinreicht. Das tatsächliche Erscheinungsbild der H...straße – aus westlicher Richtung betrachtet – wird vielmehr dadurch bestimmt, dass die H...straße in gerader Richtung weitergeführt wird, die A... Straße aber in einem stumpfen Winkel abknickt. Die erwähnte Pflasterung unterbricht aber auch die H...straße. Dies ergibt sich des Weiteren aus den Unterschieden der Gestaltung der H...straße in diesem Bereich. Sie wird in dem westlich dieser Pflasterung liegenden Teil durch eine gepflasterte Rinne und einen andersfarbig gepflasterten Gehweg geprägt, während sie im östlichen Teil einen asphaltierten Gehweg, einen Bordstein sowie eine teilweise gepflasterte Fahrbahn aufweist.

33

Durch die Gestaltung des Einmündungsbereichs der Straße „Z...“ wird allerdings die H...straße nicht in mehrere Verkehrsanlagen aufgeteilt. Das dort erhöht errichtete, durch Pflastersteine befestigte und bepflanzte Rundbeet hat nicht die trennende Wirkung beispielsweise einer Kreisverkehrsanlage, die nicht überfahren werden kann. Denn der Verkehr wird nicht durch bauliche Vorkehrungen oder andere das tatsächliche Erscheinungsbild prägende Elemente in einer Richtung um dieses Beet herumgeführt. Vielmehr fällt bei natürlicher Betrachtungsweise sofort auf, dass die H...straße in diesem Bereich wesentlich breiter angelegt ist als die Straße „Z...“. Dadurch entsteht bei einer Betrachtung sowohl aus östlicher Richtung als auch aus südlicher Richtung der Eindruck, dass sich die H...straße auf dem jeweils breiteren „Ast“ fortsetzt, während die Straße „Z...“ als einmündende Verkehrsanlage erscheint.

34

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

35

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO.

36

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

37

Beschluss

38

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 1.238,53 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
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published on 04/11/2015 00:00

Diese Entscheidung zitiert Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 1.9.2014, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.6.2015, wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig
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Annotations

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Haben die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen. Die Behörde kann den Vertrag auch kündigen, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.

(2) Die Kündigung bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist. Sie soll begründet werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.