Verwaltungsgericht Münster Urteil, 25. Aug. 2015 - 6 K 3042/13


Gericht
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 12. September 2013 wird aufgehoben. Der Beklagten wird verpflichtet, der Klägerin auf ihren Antrag vom 6. Dezember 2012 Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in Form der Übernahme der Kosten einer ganzheitlichen heilpädagogischen Behandlung in der Praxis von Frau C. T. , M.--------platz X, XXXXX E. , zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Eltern der am 20. September 2003 geborenen Klägerin teilte dem Beklagten im Dezember 2010 mit: Da sie sich große Sorgen um ihre Tochter machten, bäten sie um Hilfe. Ihnen sei eine ganzheitliche Behandlung empfohlen worden, die sowohl die sozialen Probleme, die Unsicherheiten in der Schule wie auch den Umgang damit beinhalte.
3Am 18. Februar 2011 ging beim Beklagten eine fachärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie Dr. L. -W. vom 17. Februar 2011 ein, wonach bei der Klägerin eine Störung von Sozialverhalten und Emotionen (ICD 10: F92.9), kombinierte umschriebene Entwicklungsstörungen (ICD 10: F83), eine Lernbehinderung (ICD 10: F81.9) sowie Beeinträchtigungen durch Probleme bei Alltagsverrichtungen (Hygiene) und durch mangelnde Integration in die Gruppe der Gleichaltrigen diagnostiziert worden sei.
4Am 29. März 2011 beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten die Gewährung von Jugendhilfe.
5Nach einem am 20. Juli 2011 erfolgten Teamgespräch gab der Beklagte den Eltern der Klägerin unter dem 29. August 2011 Gelegenheit, zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 8. September 2011 teilten die Eltern der Klägerin dem Beklagten mit: Sie seien mit einer Ablehnung nicht einverstanden. Vielmehr wünschten sie sich eine geeignete Therapie für ihre Tochter. Diese sei nicht sozial integriert und somit von einer seelischen Behinderung bedroht.
6Mit Bescheid vom 25. Oktober 2011 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche für die Klägerin ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen für eine Hilfegewährung lägen nicht vor. Bei der Klägerin liege keine seelische Störung vor, die eine Behinderung zur Folge haben könne. Alle gewonnenen Erkenntnisse ergäben eine Überforderung in der Schule bei sonst altersgemäßer Entwicklung und einer gesellschaftlichen Integration sowohl in der Familie, im Klassenverband als auch in der Freizeit. Eine Beeinträchtigung an der Teilhabe am sozialen Leben bestehe bei ihr in der Form, dass sie durch die Überforderung in der Schule zu Verweigerungshaltung, Schulunlust und aggressivem Sozialverhalten tendiere. Durch die Möglichkeit, die ersten beiden Schuljahre in drei Jahren zu absolvieren, könne der Klägerin mehr Zeit für die soziale und emotionale Nachreifung gegeben werden. Ihr Bedarf in den Bereichen Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Feinmotorik, Frustrationstoleranz und Regelakzeptanz könne durch eine Förderung in der offenen Ganztagsschule gedeckt werden.
7Im Protokoll über ein Hilfeplangespräch vom 2. November 2011 heißt es unter anderem: Für die Entwicklung der Klägerin seien eindeutige und starke Bezugspersonen wichtig. Die erforderliche Unterstützung der Eltern könne durch die Anbindung an die Erziehungsberatungsstelle geleistet werden. Um die weiteren Bedarfe der Klägerin zu decken, insbesondere ihre positive Entwicklung zu intensivieren, sähen die Fachkräfte der offenen Ganztagsschule die Einrichtung eines Förderplatzes mit einem motorischen Schwerpunkt als geeignet an.
8Mit Bescheid vom 8. November 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin „den OGS Fördergruppenplatz Plus nach § 27 SGB VIII für die Zeit vom 17.11.2011 bis zum 06.07.2012“. Diese Hilfe verlängerte der Beklagte mit Bescheiden vom 9. Juli 2012 und 9. August 2012 bis zur vorzeitigen Beendigung der Hilfe zum 1. Dezember 2012.
9Mit anwaltlichem Schreiben vom 6. Dezember 2012 beantragte die Klägerin, die Kosten einer psychomotorischen Einzelförderung in der Praxis von Frau C. T. in E. zu übernehmen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angegeben: Die Klägerin habe noch immer Probleme, sich innerhalb der Schule in das Sozialgefüge einzuordnen. Die psychomotorische Einzeltherapie in der Praxis T. sei bisher von den Eltern finanziert worden. Zwischenzeitlich sei es ihnen allerdings nicht mehr möglich, die Mittel hierfür aufzubringen. Eine weitere Förderung sei für die Klägerin allerdings zwingend erforderlich. Dies werde durch die vorliegenden Stellungnahmen unter anderem der Klassenlehrerin bestätigt.
10Daraufhin holte der Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme der von der Klägerin besuchten L1. -W1. -H. Grundschule E. sowie eine fachärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Dr. L. -W. ein. Diese führte unter dem 18. März 2013 im Wesentlichen aus: Bei der Klägerin seien eine Störung von Sozialverhalten und Emotionen (ICD 10: F92.9), kombinierte umschriebene Entwicklungsstörungen (ICD 10: F83), eine Lernbehinderung (ICD 10: F81.9) sowie eine mäßige Beeinträchtigung in mehreren (psychosozialen) Bereichen diagnostiziert worden. Neben der weiterhin bestehenden Lernbehinderung sowie einer ausgeprägten Aufmerksamkeitsstörung bestehe bei der Klägerin noch immer eine Störung von Sozialverhalten und Emotionen. Es gelinge ihr nicht altersentsprechend, ihre Emotionen zu regulieren, so dass sie häufig in der Familie, aber auch in Schule und Verein anecke. Langfristige Freundschaften könnten ihr dadurch nicht gelingen. Therapeutisch sei es dringend notwendig, dass sie in ihrer Wahrnehmung gefördert werde. Insbesondere bestünden Defizite in den Bereichen auditive Merkfähigkeit, Visuomotorik und Verarbeitungsgeschwindigkeit. Zusätzlich brauche sie Hilfe im sozial-emotionalen Bereich.
11Unter dem 20. Juni 2013 gab der Beklagte den Eltern der Klägerin Gelegenheit, zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf Eingliederungshilfe Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 2. Juli 2013 teilten die Eltern der Klägerin dem Beklagten mit: Die Beeinträchtigungen bei ihrer Tochter bestünden in unverminderter Form weiter. Das Gutachten sei noch besorgniserregender als das Gutachten aus dem Jahr 2011, weil nicht mehr mäßige, sondern dauernde Beeinträchtigungen festgestellt worden seien. Auch hätten die Lehrerin sowie die Mitarbeiter der Übermittagbetreuung angegeben, dass ihre Tochter keine Freunde habe und innerhalb der offenen Ganztagsschule und der Schule keine Freundschaften pflege. Daher sei ihre soziale Teilhabe an der Gesellschaft erheblich beeinträchtigt. Da sie in ihrer Wahrnehmung gefördert werden müsse, sei eine weitere Hilfe im sozial-emotionalen Bereich einzurichten, weshalb eine heilpädagogische Therapie sinnvoll sei.
12Mit Bescheid vom 12. September 2013 lehnte der Beklagte die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Das Bestehen seelischer Störungen werde nicht bestritten. Nach fachlicher Einschätzung seien die Störungen jedoch nicht ursächlich für eine mangelnde Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Die Klägerin sei sowohl in der Familie als auch in der Schule und Freizeit integriert. Im Hausbesuch habe sie sich als sehr selbstbewusstes und selbstständiges Mädchen gezeigt, das sich gut und ausdauernd behaupten könne. Auch der Schulbericht komme insgesamt zu einem positiven Befund. Die Klägerin sei leistungsbereit, ihr Sozialverhalten habe sich gebessert. Die Hospitation in der Schule habe zu ähnlichen Ergebnissen geführt. B. erscheine eindeutig integriert. Das Sozialspektrum werde als überdurchschnittlich umfangreich beschrieben. Streit oder sonstiges auffälliges Verhalten sei nicht zu bemerken. Auch habe sie bei der Therapeutin selbst angegeben, Freunde zu haben. Kennzeichen einer guten sozialen Integration sei es auch, dass im Abschlussbericht der OGS-Förderung eine positive Entwicklung in allen Bereichen beschrieben und die Maßnahme erfolgreich abgeschlossen worden sei. Daher lägen nach wie vor keine Anhaltspunkte dafür vor, dass durch die genannten Störungen die Teilhabe der Klägerin am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt sei.
13Die Klägerin hat am 17. Oktober 2013 Klage erhoben.
14Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht: Die Klägerin sei im Mai 2014 an der G. Waldorfschule F. aufgenommen worden. Auch auf der neuen Schule werde deutlich, dass sie nicht in der Lage sei, sich in eine Gruppe einzufügen. Dort sei bereits mehrfach thematisiert worden, dass sie keine Freunde habe und nur unzureichend in der Klassengemeinschaft integriert sei. Es sei aufgefallen, dass sie zwar öfter in den Pausen bei anderen Kindern stehe, aber nie in die Spiele mit einbezogen werde. Eine Interaktion mit anderen Kindern sei nicht vorhanden. Obwohl sie durch den Schulwechsel entlastet worden sei, habe sich in ihrem Verhalten keine Verbesserung eingestellt. Noch immer habe sie keine Freunde, verabrede sich nie und zeige auch sonst keine Tendenzen, mit anderen Kindern umgehen zu können. Durch ihr aggressives Verhalten, ihre mangelnde Kompromissbereitschaft, ihr geringes Selbstwertgefühl und ihre weit reichenden diagnostizierten Störungen könne sie keinen Kontakt zu anderen Kindern aufbauen. Es seien bereits Handgreiflichkeiten vorgekommen. Sie verweigere sich in der Schule, sei stark aggressiv und werde als Einzelgängerin dargestellt. Die Situation habe sich auch derart verschlechtert, dass sich die von ihr besuchte Walldorfschule trotz ihres freien Lernkonzepts nicht in der Lage gesehen habe, sie zu beschulen. Auch in der Teamschule in E. , die sie seit kurzem besuche, seien bereits die ersten Probleme aufgetreten. Die beantragte Therapie solle sie in die Lage versetzen, mit anderen Kindern in Kontakt zu treten und langfristige Beziehungen und Freundschaften aufzubauen.
15Die Klägerin beantragt,
16den Bescheid des Beklagten vom 12. September 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in Form der Übernahme der Kosten einer ganzheitlichen heilpädagogischen Behandlung in der Praxis von Frau C. T. , M.--------platz 3, 48317 E. , zu gewähren sowie, ihr eine Integrationskraft für den Schulbesuch zur Verfügung zu stellen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Er trägt vor: Der eingeholte Bericht der G. Waldorfschule F. vom 20. März 2015 enthalte Informationen, die Anlass gäben, weitere Ermittlungen aufzunehmen. Bei dieser Prüfung werde auch die Abgrenzung zu einem möglichen erzieherischen Bedarf vorgenommen. Der Allgemeine Soziale Dienst habe den Eltern der Klägerin bereits empfohlen, erzieherische Hilfen in Form einer sozialpädagogischen Familienhilfe in Anspruch zu nehmen. Bezüglich des angefochtenen Bescheides bleibe er jedoch nach wie vor bei der fachlichen Einschätzung, dass zum Zeitpunkt der Ablehnung der Eingliederungshilfe bei der Klägerin keine seelische Behinderung bestanden oder gedroht habe.
20Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle der Kammer einverstanden erklärt.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
24Die Klage ist hinsichtlich der beantragten Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin eine Integrationskraft für den Schulbesuch zur Verfügung zu stellen, unzulässig.
25Insoweit fehlt es der Klägerin an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Abgesehen davon, dass die Klägerin beim Beklagten noch keinen Antrag gestellt hat, ihr Kinder- und Jugendhilfe in dieser Form zu gewähren, und damit auch eine hier anfechtbare Entscheidung des Beklagten über einen solchen Antrag nicht vorhanden ist, besteht insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls deshalb nicht, weil der Beklagte nach seinen – von der Mutter der Klägerin bestätigten - Angaben im Erörterungstermin vom 19. August 2015 an der von der Klägerin besuchten Schule im Rahmen eines Modellprojekts bereits Integrationskräfte vorhält, die ohne weiteres auch für die Klägerin eingesetzt werden können. Auch sei die Klägerin nach den Angaben ihrer Mutter im genannten Termin auch schon hierfür angemeldet worden. Anhaltspunkte dafür, dass die demnach bereits bestehende Möglichkeit der Begleitung der Klägerin in der Schule durch eine Integrationskraft nicht ausreichend ist, um den Bedarf der Klägerin zu decken, bestehen nicht und werden von der Klägerin auch nicht dargetan.
26Im Übrigen ist die Klage als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
27Der angefochtene Bescheid, durch den der Beklagte die von der Klägerin beantragte Jugendhilfe abgelehnt hat, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin deshalb in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Klägerin hat hinsichtlich des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hier maßgeblichen Zeitraums auf Grund ihres Antrags vom 6. Dezember 2012 gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in Form der Übernahme der Kosten einer ganzheitlichen heilpädagogischen Behandlung in der Praxis von Frau C. T. in E. .
28Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist an den Zeitpunkt der vom Jugendamt getroffenen Entscheidung über das Vorliegen des geltend gemachten jugendhilferechtlichen Bedarfs, ggf. an die Prognose über die Geeignetheit und Notwendigkeit der begehrten Maßnahme anzuknüpfen. Da die Bewilligung von Kinder- und Jugendhilfe eine zeitabschnittsweise Hilfegewährung darstellt, die bei Vorliegen der Voraussetzungen im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Bewilligung nicht ein für allemal zugesprochen wird, sondern deren Voraussetzungen auf Grundlage der jeweils bestehenden, ggf. geänderten Verhältnisse vom Träger der Jugendhilfe zeitabschnittsweise neu zu prüfen sind, kann ein Hilfeanspruch grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle gemacht werden, in dem der Träger der Jugendhilfe den Hilfefall geregelt hat. Das ist regelmäßig der Zeitraum bis zur letzten Verwaltungsentscheidung. Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn die Behörde den Hilfefall für einen längeren Zeitraum geregelt hat. Auch wenn eine Dauerbewilligung von Kinder- und Jugendhilfe nicht in Betracht kommt, ist eine Bewilligung für längere Zeitabschnitte nicht ausgeschlossen, sondern im Interesse der Effektivität der Hilfegewährung in besonders gelagerten Fällen unter Umständen sogar angezeigt. Ein solcher weiterreichender Bewilligungszeitraum braucht nicht ausdrücklich benannt zu sein, sondern kann sich aus dem maßgeblichen Bescheid auch durch Auslegung ergeben,
29vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 – 5 C 30.93 -, juris.
30Ein derartiger Fall liegt hier vor: Der Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. September 2013 den Antrag der Klägerin vom 6. Dezember 2012 auf Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten einer psychomotorischen Einzelförderung der Klägerin in der Praxis von Frau C. T. in E. abgelehnt. Diese Entscheidung betraf nicht einen zurückliegenden Zeitraum – insbesondere war Gegenstand des Jugendhilfeantrags nicht etwa die Übernahme der Kosten einer bereits selbst beschafften Maßnahme i.S.v. § 36a Abs. 3 SGB VIII -, sondern war erkennbar in die Zukunft gerichtet, ohne dass dem Bescheid eine zeitliche Begrenzung der Entscheidung zu entnehmen ist. Dementsprechend hat der Beklagte auch nach seiner ablehnenden Entscheidung – wie er mit Schriftsatz vom 22. April 2015 ausdrücklich erklärt hat – weitere Ermittlungen angestellt, seinen Bescheid aber auch nach Erlangung neuerer Erkenntnisse nicht geändert, vielmehr noch im Erörterungstermin vom 20. August 2015 ausdrücklich erklärt hat, weiterhin bei seiner ablehnenden Entscheidung zu bleiben. Damit erstreckt sich der Regelungszeitraum des angefochtenen Bescheides - und damit auch der der gerichtlichen Kontrolle unterliegende Zeitraum – letztlich über den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hinaus auf die Zeit bis zu einer wesentlichen Veränderung der maßgebenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse.
31Zum damit hier maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche vor. Die Klägerin gehört zu dem Personenkreis, dem nach § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII Eingliederungshilfe zu gewähren ist. Nach dieser Vorschrift haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn (1.) ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und (2.) daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin erfüllt.
32So liegt bei ihr eine seelische Störung im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII vor. Für die Feststellung einer solchen Störung ist die Stellungnahme einer der in § 35a Abs. 1a Satz 1 SGB VIII genannten Fachkräfte einzuholen, wobei nach § 35a Abs. 1a Satz 2 SGB VIII die Stellungnahme auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen ist. Nach den vorgelegten Stellungnahmen der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie Dr. L. -W. vom 17. Februar 2011 und 18. März 2013 sei bei der Klägerin eine Störung von Sozialverhalten und Emotionen (ICD 10: F92.9), kombinierte umschriebene Entwicklungsstörungen (ICD 10: F83), eine Lernbehinderung (ICD 10: F81.9) sowie eine mäßige Beeinträchtigung in mehreren psychosozialen Bereichen diagnostiziert worden. Danach ist bei der Klägerin – was der Beklagte auch nicht mehr bestreitet – von einer seelischen Störung auszugehen.
33Ebenso ist im Fall der Klägerin von einer jedenfalls drohenden Teilhabebeeinträchtigung im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII auszugehen. Eine Teilhabebeeinträchtigung im Sinne dieser Bestimmung ist dann gegeben, wenn die seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv ist, dass sie die Fähigkeit des Betroffenen zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung erwarten lässt, also eine nachhaltige Einschränkung der „sozialen Funktionstüchtigkeit“ des Betreffenden vorliegt oder eine solche droht, was beispielsweise bei einer auf Versagensängsten beruhenden Schulphobie, bei einer totalen Schul- und Lernverweigerung, bei einem Rückzug aus jedem sozialen Kontakt oder bei einer Vereinzelung in der Schule anzunehmen ist, nicht aber bereits bei bloßen Schulproblemen oder Schulängsten, die andere Kinder oder Jugendliche teilen,
34vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 1998 - 5 C 38.97 - FEVS 49, 487, vom 28. September 2000 - 5 C 29.99 -, BVerwGE 112, 98, und vom 11. August 2005 - 5 C 18.04 BVerwGE 124, 83; OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2013 - 12 A 1677/12 -, www.nrwe.de, jeweils mit weiteren Nachweisen.
35Der Träger der Jugendhilfe hat aber, weil er möglichst den gesamten Hilfebedarf abzudecken hat, der durch eine seelische Behinderung hervorgerufen wird, alle von einer Teilhabebeeinträchtigung betroffenen Lebensbereiche in den Blick zu nehmen. Die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, an die § 35a Abs. 1 SGB VIII anknüpft, ist nämlich gekennzeichnet durch die aktive, selbstbestimmte und altersgemäße Ausübung sozialer Funktionen und Rollen in den das Kind oder den Jugendlichen betreffenden Lebensbereichen wie Familie, Schule/Ausbildung und Freizeit (Freundes- bzw. Bekanntenkreis), wobei eine Störung der Teilhabe bereits dann vorliegt, wenn sich die Störung in einem der Lebensbereiche auswirkt,
36vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2015
37- 12 A 566/15 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
38Anders als bei der Feststellung einer Abweichung der seelischen Gesundheit im Sinne des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII, die von einem Arzt oder einen Psychotherapeuten zu erfolgen hat, vgl. § 35a Abs. 1 a SGB VIII, ist die Feststellung, ob eine Beeinträchtigung der Teilhabe des Kindes oder des Jugendlichen am Leben in der Gesellschaft vorliegt, vom Jugendamt aufgrund seiner eigenen Fachkompetenz zu treffen, was im Ergebnis auch für die entsprechende Würdigung durch das Verwaltungsgericht gilt,
39vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2013, a.a.O.
40In Anwendung dieser Maßgaben ist eine zumindest drohende Teilhabebeeinträchtigung der Klägerin jedenfalls im schulischen Bereich anzunehmen. So hat die Klassenlehrerin der Klägerin in der von ihr bis zum Ende des Schuljahrs 2014/2015 besuchten G. Waldorfschule in F. , G1. X. , in ihrem Schulbericht vom 29. April 2015 u.a. hervorgehoben, „B. hat große soziale Schwierigkeiten innerhalb der gesunden/durchschnittlichen Klassengemeinschaft“ (Ziffer 1.3), sie zeige „Lernverweigerung, ausgeprägte Versagensängste“, sei „stark gestört durch soziale Schwierigkeiten“ (Ziffer 3.2) und „sehr traurig darüber, dass es ihr so schwer fällt, in offenen Situationen Freundschaften oder einfachste Begegnungen zu bewältigen“ (Ziffer 3.5), anfänglich sei sie in die Klassengemeinschaft integriert gewesen, „doch dies ließ von Woche zu Woche nach“ (Ziffer 3.7). Diese Beurteilung wird bestätigt durch den Abschlussbericht der Tagesklinik X1. in E. vom 19. Juni 2015 über die teilstationäre jugendpsychiatrische Behandlung der Klägerin, indem es u.a. heißt, es sei aufgefallen, dass die Klägerin „deutliche Defizite in Bezug auf soziale Kompetenzen im Umgang mit Gleichaltrigen“ aufweise, häufig versucht habe, schwierige Situationen zu vermeiden und sich verweigert habe, um Anforderungen aus dem Weg zu gehen (Seite 5). Dass danach eine Teilhabebeeinträchtigung der Klägerin jedenfalls droht, ergibt sich auch daraus, dass sich die „soziale Funktionstüchtigkeit“ der Klägerin nach dem Inhalt der vorliegenden Akten in den letzten Jahren offensichtlich verschlechtert hat. Während sie sich 2011 bei einem Hausbesuch von Mitarbeitern des Jugendamts „als ein sehr selbstbewusstes und selbständiges Mädchen“ gezeigt habe, „das sich gut und ausdauernd gegen Anforderungen der Eltern, anderer Autoritätspersonen oder der jüngeren Schwester wehren“ könne (siehe das Beschlussprotokoll des Beklagten vom 21. Juli 2011), sich in der seit dem 1. Grundschuljahr besuchten OGS „gut eingelebt und einige Freunde gewonnen“ habe (siehe Protokoll des Hilfeplangesprächs vom 2. bzw. 3. November 2011), und auch später „sehr große Fortschritte im Umgang mit den anderen Personen im OGS-Bereich“ gezeigt habe (siehe Protokoll des Hilfeplangesprächs vom 20. Juni 2012), auch in der Schule selbst „guten Kontakt zu den Mitschülern“ gefunden, „gern mit anderen zusammengearbeitet“ und sich in einem Zirkusprojekt „als Bauchtänzerin prima eingebracht“ habe (siehe Zeugnis der L1. –W1. -H. -Grundschule E. über das Schuljahr 2011/2012), in der Pause mit anderen Kindern spiele, wobei weder Streit noch sonstiges auffälliges Verhalten aufgetreten seien (siehe Beschlussprotokoll vom 5. Juni 2013), ist angesichts der neueren, oben auszugsweise zitierten Berichte von einer eher negativen Entwicklung der Klägerin hinsichtlich ihrer Teilnahme am Leben in der Gesellschaft und damit insoweit auch von der Gefahr einer weiteren Verschlechterung auszugehen.
41Anders als der Beklagte meint, ist die nach dem Vorstehenden zumindest drohende Teilhabebeeinträchtigung der Klägerin zumindest auch auf die bei ihr diagnostizierte seelische Störung zurückzuführen.
42Ein solcher Zusammenhang ist für den Anspruch auf Gewährung der begehrten Eingliederungshilfe erforderlich, weil die beiden Elemente des Begriffs der seelischen Behinderung im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht selbstständig nebeneinander stehen, sondern - wie das Wort „daher“ in § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII zeigt – kausal miteinander verbunden sind, also die beeinträchtigte Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durch das Abweichen der seelischen Gesundheit bedingt sein muss,
43vgl. Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 35a Rn. 6.
44Dies kann im Fall der Klägerin nicht verneint werden. Zwar weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass den eigenen Ermittlungen sowie den vorliegenden fachlichen Stellungnahmen Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass die oben genannten sozialen Schwierigkeiten der Klägerin in der Schule durch erzieherische Defizite bedingt sind. In der Tat spricht etwa die Mitteilung der Tagesklinik X1. vom 16. Juli 2015, derzeit stehe intensives Familientraining im Vordergrund, wobei „familientherapeutische Interventionen und intensive Elternberatung“ stattgefunden habe, oder auch die Diagnosen im Abschlussbericht der Tagesklinik vom 19. Juni 2015: „Mangel an Wärme in der Eltern-Kind-Erziehung“, „Unzureichende elterliche Steuerung“ (Seite 3) sowie die Empfehlung eines Eltern-Kompetenz-Trainings („Triple-P“, Seite 6) für einen erzieherischen Bedarf der Klägerin bzw. ihrer Eltern. Danach ist es durchaus nachvollziehbar, dass viele der Probleme der Klägerin von erzieherischen Defiziten herrühren und den Eltern der Klägerin deshalb etwa die Inanspruchnahme der Sozialpädagogischen Familienhilfe (§ 31 SGB VIII) zu empfehlen ist. Gleichwohl kann zur Überzeugung des Gerichts die festgestellte seelische Störung der Klägerin als Ursache für ihre zumindest drohende Teilhabebeeinträchtigung und damit ein eigener Hilfebedarf der Klägerin nicht ausgeblendet werden. So ist dem bereits zitierten Abschlussbericht der Tagesklinik X1. auch die Feststellung zu entnehmen, die Klägerin weise „einen eher geringen Selbstwert“ auf, weshalb „vor allem durch gruppenpädagogische Maßnahmen (z.B. Reflexionsrunden, Modelllernen, Feedback, Vermittlung sozialer Kompetenzen und sozial förderlicher Verhaltensweisen) B. Selbstwertgefühl und ihre Selbstwirksamkeit gesteigert“ worden seien (Seite 5). Um der Klägerin die Möglichkeit zu geben, „ihr Sozialverhalten gezielt trainieren“ zu können, sei der Mutter angeraten worden, „ein ambulantes Gruppenangebot für Psychomotorik für ihre Tochter wahrzunehmen, sodass B. weiterhin soziale Kontakte außerhalb der Schule aufsuchen kann“ ((Seite 6). Für einen eigenen Hilfebedarf der Klägerin spricht es auch, dass die nach den oben wiedergegebenen Feststellungen aus ihrer Grundschulzeit zu verzeichnenden anfänglichen Erfolge möglicherweise auf die seinerzeit durchgeführte psychomotorische Förderung der Klägerin zurückzuführen waren. Jedenfalls ist der Stellungnahme der damaligen Klassenlehrerin der Klägerin vom 12. November 2012 zu entnehmen, dass die durchgeführten psychomotorischen Maßnahmen „dem Kind spürbar gut getan“ hätten (Bl. 66 der Verwaltungsakten). Ebenso hatte der Träger der damaligen OGS-Betreuung der Klägerin, der Mütterzentrum C1. e.V., unter dem 20. November 2012 bestätigt, dass die psychomotorische Förderung der Klägerin „zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung beigetragen“ habe (Bl. 65 der Verwaltungsakten). Deutet danach einiges darauf h in, dass den Problemen der Klägerin zumindest auch mit Maßnahmen der Eingliederungshilfe begegnet werden kann, kann ein Zusammenhang zwischen ihrer seelischen Störung und ihrer Teilhabebeeinträchtigung nicht verneint werden.
45Ist die Klägerin mithin denjenigen Kindern und Jugendlichen zuzuordnen, denen nach § 35a SGB VIII Eingliederungshilfe zu gewähren ist, sind keine Gründe ersichtlich, die einer Hilfegewährung in Form der Übernahme der Kosten einer ganzheitlichen heilpädagogischen Behandlung in der Praxis von G1. C. T. in E. entgegen stehen könnten. Dass die dort wohl in erster Linie angebotene psychomotorische Förderung keine geeignete Maßnahme darstellen könnte, ist jedenfalls nicht erkennbar.
46Die Kosten des Verfahrens sind nach § 155 Abs. 1 VwGO verhältnismäßig zu teilen, weil die Beteiligten teils obsiegt haben, teils unterlegen sind. Die festgelegten Quoten entsprechen dem überschlägig berechneten Umfang des jeweiligen Teilobsiegens bzw. -unterliegens. Nach § 188 Satz 2 VwGO werden Gerichtskosten nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
47Rechtsmittelbelehrung
48Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht, Piusallee 38, 48147 Münster (Postanschrift: Postfach 8048, 48043 Münster), schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (Elektronische Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungs- und Finanzgerichte – ERVVO VG/FG) vom 7. November 2012 (GV. NRW S. 548) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster (Postanschrift: Postfach 6309, 48033 Münster) einzureichen. Statt in Schriftform kann die Begründung dort auch in elektronischer Form nach Maßgabe der ERVVO VG/FG eingereicht werden.
49Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte – außer im Prozesskostenhilfeverfahren – durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte sind nur die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten und ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.

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(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
- 1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, - 2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und - 3.
die Deckung des Bedarfs - a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder - b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.