Verwaltungsgericht Münster Urteil, 30. Aug. 2016 - 4 K 785/15
Verwaltungsgericht Münster
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, den Kläger auf seinen früheren, ihm erstmals am 6. November 1996 übertragenen und das Führen diensteigener Kraftfahrzeuge beinhaltenden Dienstposten mit dem Aufgabengebiet „Kraftfahrzeugangelegenheit der gestüteigenen Fahrzeuge“ mit Ausnahme der verwaltungsmäßigen Bearbeitung zurückzuübertragen.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der im Jahr 0000 geborene Kläger ist Beamter auf Lebenszeit und als Landesgestüthauptwärter (Besoldungsgruppe A 6) bei dem Landgestüt X tätig und dort Personalratsvorsitzender. Er ist Inhaber aller Fahrerlaubnisklassen. Am 6. November 1996 wurde ihm das Aufgabengebiet „Kraftfahrzeugangelegenheit der gestüteigenen Fahrzeuge“ mit Ausnahme der verwaltungsmäßigen Bearbeitung übertragen.
3Am 9. Juli 2011 verursachte der Kläger anlässlich einer Dienstfahrt einen Verkehrsunfall, als er bei dem Verlassen eines Grundstücks zwei Fahrradfahrer übersah und verletzte. Hierfür wurde er unter Erhebung eines Verwarnungsgeldes in Höhe von 35,00 EUR verwarnt. Im Anschluss daran entzog ihm der Beklagte im Juli 2011, das genaue Datum lässt sich nicht rekonstruieren, die Aufgaben des Führens von Kraftfahrzeugen, weil Zweifel an seiner Fahrtauglichkeit bestünden. In diesem Zusammenhang beauftragte der Beklagte den TÜV-Nord mit der Erstellung eines Gutachtens zur Dienstfähigkeit des Klägers. Im Rahmen des hiergegen betriebenen Klageverfahrens vor dem erkennenden Gericht (4 K 1930/11) erklärte der Beklagte im Erörterungstermin mit Blick auf die von der Einzelrichterin dargelegten Gründe für die voraussichtliche Rechtswidrigkeit der Untersuchungsanordnung, dass er an der Aufforderung, der Kläger solle sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung beim TÜV zum Zwecke der Feststellung seiner Dienstfähigkeit unterziehen, nicht festhalte.
4Vom 15. August 2011 bis zum 7. Januar 2013 war der Kläger dienstunfähig erkrankt. Vom 28. November 2011 bis zum 27. Januar 2012 befand er sich in stationärer Behandlung.
5In seiner amtsärztlich-gutachterlichen Stellungnahme vom 10. Oktober 2012 kam das mit der Überprüfung der Dienstfähigkeit des Klägers beauftragte Gesundheitsamt des Kreises X durch Kreisobermedizinalrat Dr. med. M1 nach Auswertung einer zusätzlich eingeholten, im St. Rochus-Hospital U durch Dr. med. P1 (Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie) erstellten fachpsychiatrischen Begutachtung unter anderem zu folgendem Ergebnis:
6„Aktuell erscheint Herr P2 voll dienstfähig zur Arbeit im Bereich Pferdebetreuung und Pferdepflege. In der gutachterlichen Exploration fanden sich keine Anhalte für eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit. Zur Absicherung der Fahrtauglichkeit wird vom St. Rochus-Hospital U wegen noch vorhandener depressiver Symptomatik ggfls. eine Überprüfung der Fahrtauglichkeit des Betroffenen nach Rücksprache mit dem Straßenverkehrsamt empfohlen. Darüber hinaus erschien Herr P2 aus psychiatrischer Sicht in seiner körperlichen, psychischen und geistigen Verfassung voll dienstfähig, auch zur Pflege und Betreuung der Kraftfahrzeuge. […]
7Herr P2 erscheint ab sofort für die Arbeit mit Pferden in der Pferdebetreuung als dienstfähig. Bezüglich der Führung von Kraftfahrzeugen ist - wie oben erwähnt - eine Überprüfung der Fahrtauglichkeit zu erwägen.“
8Auf die Mitteilung des Beklagten vom 23. November 2012, dass der Kläger ausweislich einer durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med. Q1 ausgestellten Bescheinigung nach wie arbeitsunfähig erkrankt sei, äußerte Kreisobermedizinalrat Dr. med. M1 mit Schreiben vom 27. November 2012, dass die Notwendigkeit einer fachpsychiatrischen Begutachtung bestehe. Von einer solchen Begutachtung wurde ausweislich eines handschriftlichen Vermerks vom 13. Dezember 2012 Abstand genommen.
9Mit Schreiben vom 9. Januar 2013 legte der Kläger seiner Dienststellenleiterin eine von der Betriebsärztin Dr. Q2 ausgestellte Bescheinigung aus Dezember 2012 über die ärztliche Untersuchung von Bewerbern um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E oder die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nach Anlage 6 Nr. 2.1 der Fahrerlaubnis-Verordnung vor.
10Mit Schreiben vom 18. März 2013 teilte der Beklagte dem Personalrat beim Nordrhein-Westfälischen Landgestüt und dem Kläger mit, dass dieser ab dem 19. März 2013 wieder mit Aufgaben im Bereich der Kraftfahrzeugangelegenheiten betraut werde. Dabei bleibe die Dienstanweisung aufrecht erhalten, ihm bis auf Weiteres das Fahren von diensteigenen Kraftfahrzeugen - das ausweislich des im personalvertretungsrechtlichen Verfahren ergangenen Beschlusses des erkennenden Gerichts vom 30. September 2015 (22 K 3274/13.PVL) ein prägender Teil seines bisherigen Dienstpostens war - zu untersagen. Die Dienststellenleitung hege große Zweifel, dass der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für das Führen von Kraftfahrzeugen erfülle. Nicht nur die amtsärztlich-gutachterliche Stellungnahme habe Zweifel geweckt, sondern auch die seit der Genesung des Klägers gewonnenen Erkenntnisse hätten die Besorgnisse an seiner Fahrtauglichkeit nicht ausräumen können. Vielmehr sei bei Gesprächen mit ihm in der Sache und auch in anderen Angelegenheiten der Eindruck gewonnen worden, dass Einsicht und Reaktionen primär emotional geprägt seien. Das Führen von Kraftfahrzeugen sei unter diesen Gegebenheiten ein Risiko, weshalb dem Kläger auch als Schutzmaßnahme ihm gegenüber das Führen von Kraftfahrzeugen zu untersagen sei.
11Gegen diese Verfügung vom 18. März 2013 erhob der Kläger am 15. April 2013 Klage zum erkennenden Gericht (4 K 1649/13). Im Erörterungstermin vom 26. August 2014 wies der Einzelrichter die Beteiligten darauf hin, dass nach dem Gutachten von Kreisobermedizinalrat Dr. med. M1 vom 10. Oktober 2012 klärungsbedürftige Zweifel an der Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen bestünden, die durch den Untersuchungsbericht der Betriebsärztin Dr. med. Q2 nicht ausgeräumt worden seien. Es spreche alles dafür, dass eine gemäß § 43 LPVG zustimmungspflichtige Umsetzung des Klägers vorliege, weil die Tätigkeit als Kraftfahrer prägender Bestandteil seiner Tätigkeit gewesen sei. Der Einzelrichter wies weiter ausdrücklich darauf hin, dass nach Aktenlage nicht von einer Kraftfahruntauglichkeit des Klägers auszugehen sei, sondern lediglich klärungsbedürftige Zweifel an der Kraftfahrtauglichkeit bestünden. Auf dringendes Anraten des Einzelrichters erklärte daraufhin der Kläger:
12„Ich bin bereit, mich einer Untersuchung der Kraftfahrtauglichkeit durch das Gesundheitsamt des Kreises X zu unterziehen. Außerdem erkläre ich mich damit einverstanden, dass der Amtsarzt, soweit er dies für notwendig hält, eine Stellungnahme eines fachkundigen Privatarztes einholt.“
13Auf weiteres dringendes Anraten des Einzelrichters erklärte der Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes:
14„Sobald der Kläger ein amtsärztliches Gutachten vorlegt, das seine Kraftfahrtauglichkeit bestätigt, wird ihm sein früherer, erstmals am 6. November 1996 übertragener Aufgabenbereich, wieder übertragen. Das bedeutet, der Kläger wird auch als Kraftfahrer eingesetzt, wie dies etwa in den Jahren 2007 bis 2011 der Fall war.“
15Der Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes erklärte unter anderem weiter:
16„Das Landesgestüt wird sich nach Erhalt des Protokolles über den heutigen Erörterungstermin mit dem Gesundheitsamt in X in Verbindung setzen.“
17Nachdem die Beteiligten daraufhin im Erörterungstermin den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, wurde das Verfahren 4 K 1649/13 eingestellt.
18Zwischenzeitlich wurde auf Veranlassung des Beklagten mit Blick auf die auch zur Begründung von Fahreignungszweifeln herangezogenen Verhaltensauffälligkeiten des Klägers eine Überprüfung seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit veranlasst. Das zu diesem Zweck eingeholte amtsärztliche Gutachten des Leitenden Amtsarztes und Facharztes für Psychiatrie beim Gesundheitsamt des Kreises M2 A ergab keine Anhaltspunkte, die die geistige oder körperliche Eignung des Klägers im Umgang mit Waffen weiterhin in Frage stellen.
19Mit Schreiben vom 16. Oktober 2014 teilte der von der Beklagten um Überprüfung der Fahrtauglichkeit ersuchte Kreisobermedizinalrat Dr. med. M1 mit, dass eine medizinisch-psychologische Untersuchung erforderlich sei. Als Fachgutachter werde der TÜV Nord Mobilität GmbH & Co. KG in N vorgeschlagen.
20Mit Schreiben vom 23. Januar 2013 teilte Kreisobermedizinalrat Dr. med. M1 dem Beklagten mit, dass der Kläger zur Mitwirkung an einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nicht bereit sei. Eine amtsärztliche Stellungnahme des Gesundheitsamts X zur Fahrtauglichkeit des Klägers sei damit nicht möglich. Gegen die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers gewünschte Beauftragung des Gesundheitsamts des Kreises M2 mit der Begutachtung der Fahrtauglichkeit des Klägers bestünden seitens des Gesundheitsamts des Kreises X keine Bedenken.
21Das mit Schreiben vom 29. Januar 2015 an ihn herangetragene Ansinnen des Klägers, seine Fahrtauglichkeit nicht im Wege einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, aber durch das zugleich mit der waffenrechtlichen Eignungsuntersuchung befasste Gesundheitsamt des Kreises M2 begutachten zu lassen, wies der Beklagte unter Hinweis auf den Wortlaut der im Erörterungstermin im Verfahren 4 K 1649/13 abgegebenen Erklärungen, wonach die Begutachtung durch das Gesundheitsamt des Kreises X erfolgen müsse, zurück.
22Mit seiner am 7. April 2015 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, er habe alles ihm Mögliche unternommen, gemäß seiner im Erörterungstermin vor dem Einzelrichter am 26. August 2014 abgegebenen Erklärung, ein amtsärztliches Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen. Es sei nicht ihm anzulasten, dass der Amtsarzt des Kreises X zu Unrecht die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verlangt habe. Der auch von diesem Amtsarzt gebilligten Lösung, die Fahreignung durch den Amtsarzt des Gesundheitsamts des Kreises M2 begutachten zu lassen, habe sich der Kläger zu Unrecht verweigert. Ohnehin sei die Entziehung seines Aufgabenbereichs von Anfang an sachlich nicht gerechtfertigt, sondern erniedrigend und Ausdruck eines Konflikts zwischen der inzwischen suspendierten Gestütsleitung und dem Personalrat gewesen.
23Der Kläger beruft sich auf ein hinsichtlich seiner Person durch den Leitenden Amtsarzt des Gesundheitsamtes des Kreises M2 und Facharzt für Psychiatrie A erstelltes forensisch-psychiatrisches Gutachten vom 27. April 2015, das insbesondere der Klärung diente, ob er die waffenrechtliche Eignung besitzt. In diesem nur auszugsweise vorgelegten Gutachten kommt der Amtsarzt zu dem Ergebnis, dass Einschränkungen der Fahreignung im Übrigen ebenfalls nicht vorgelegen hätten. Zu diesem Befund sei der Amtsarzt neben der persönlichen Untersuchung des Klägers durch Auswertung des fachpsychiatrischen Gutachtens des St. Rochus-Hospitals U vom 8. Oktober 2012, des amtsärztlichen Gutachtens des Kreises X vom 10. Oktober 2012 sowie des ärztlichen Berichts der seinerzeit behandelnden Ärztin Dr. med. C vom 2. Mai 2012 gelangt.
24Während des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes (4 L 655/15) unterbreitete der Beklagte dem Kläger das Angebot, den Amtsarzt A mit der Begutachtung und Fertigung einer Stellungnahme zur Fahrtauglichkeit des Klägers zu beauftragen, worauf der Kläger aber offenbar zunächst nicht einging.
25Mit Beschluss vom 4. November 2015 (4 L 655/15) hat die erkennende Kammer den Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn unverzüglich wieder auf dem Dienstposten zu verwenden, den er bis zum Juli 2011 innehatte und ihn wieder mit dem Aufgabengebiet Kraftfahrzeugangelegenheiten der gestütseigenen Fahrzeuge und der Pflege und Betreuung von Pferden zu betrauen, abgelehnt, weil er einen Anordnungsgrund für die angestrebte Vorwegnahme der Hauptsache nicht glaubhaft gemacht habe. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 7. Januar 2016 (6 B 1348/15) zurückgewiesen.
26Mit Schriftsatz vom 9. August 2015 legt der Kläger nunmehr ein von dem inzwischen in den Ruhestand getretenen Leitenden Amtsarzt und Facharzt für Psychiatrie A erstelltes psychiatrisches Gutachten vom 5. August 2016 zur Klärung der Frage vor, ob er, der Kläger, die umfassende Kraftfahrtauglichkeit aufweist. Das Gutachten stützt sich auf die Durchsicht und Auswertung der übersandten Unterlagen, das eigene Vorgutachten vom 27. April 2015 sowie die erneute Begutachtung einschließlich Testpsychologie vom 20. Januar 2016 im Gesundheitsamt des Kreises M2. Die dem Gutachten zugrundeliegende Untersuchung führte der Leitende Amtsarzt nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Klägers noch während seiner aktiven Dienstzeit als Amtsarzt durch; verschriftlicht hat er es erst nach seinem Eintritt in den Ruhestand.
27Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund von Vorgeschichte und Untersuchungsbefunden einschließlich Testpsychologie bei dem Kläger anamnetisch - zwischenzeitlich lange völlig abgeklungene - lediglich früher depressive Episoden vorgelegen hätten. Entsprechend bestehe schon seit Jahren keine nervenärztliche Behandlung mehr. Diagnostisch lägen aktuell weder eine Persönlichkeitsstörung noch andere relevante psychische Störungen vor, die Einschränkungen im Hinblick auf die erforderliche Fahreignung gemäß den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung der Bundesanstalt für Straßenwesen mit sich bringen würden. Dort aufgeführte Eignungsmängel hätten bei dem Kläger nicht vorgelegen. Nach jetzigem Kenntnisstand weise der Kläger gemäß den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung der Bundesanstalt für Straßenwesen zweifelsfrei keinerlei Eignungsmängel im Hinblick auf seine gesundheitliche/psychische Verfassung auf. Aus Sachverständigensicht sei er zweifelsfrei und uneingeschränkt zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E in der Lage. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten (Bl. 124 ff. der Gerichtsakte 4 K 785/15) Bezug genommen.
28Der Kläger beantragt,
29das beklagte Land zu verurteilen, ihn auf seinen früheren Dienstposten als Kraftfahrer beim Landgestüt, der ihm erstmals am 6. November 1996 mit dem Aufgabengebiet „Kraftfahrzeugangelegenheiten der gestütseigenen Fahrzeuge“ übertragen worden ist, rückumzusetzen.
30Die Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Dem Kläger fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil er den im Erörterungstermin vom 26. August 2014 abgegebenen Erklärungen zuwiderhandele, damit gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoße und sich dem Vorwurf prozessualer Arglist aussetze. Die Umsetzung des Klägers sei nicht zu beanstanden gewesen. Außerdem müsse er sich an der im Erörterungstermin vom 26. August 2014 abgegebenen Erklärung festhalten lassen und ein amtsärztliches Gutachten des Gesundheitsamts des Kreises X vorlegen. Das Gutachten des Leitenden Amtsarztes a.D. A vom 9. August 2016 erfülle diese Voraussetzungen nicht, weil es sich lediglich um ein Privatgutachten handele.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Klageverfahrens sowie der Gerichtsakten der Klageverfahren 4 K 1930/11 und 4 K 1649/13 und des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes (4 L 655/15) sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
34Entscheidungsgründe
35Die Klage ist als Leistungsklage zulässig (I.) und begründet (II.).
36I. Der Einwand des Beklagten, dem Kläger fehle wegen prozessualer Arglist das Rechtsschutzbedürfnis, ist unbehelflich. Es trifft zwar zu, dass das Verwaltungsgericht Köln mit dem vom Beklagten zitierten Urteil vom 8. August 2011 (7 K 117/06 -, juris, Rn. 14 ff.) einem Kläger das Rechtsschutzinteresse mit der Begründung abgesprochen hat, dass er sein mit der Klage verfolgte Rechtsschutzziel entgegen einer zuvor von ihm abgegebenen bindenden prozessualen Erklärung verfolge, damit gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoße und sich dem Vorwurf prozessualer Arglist aussetze.
37Ein solcher Fall des venire contra factum proprium liegt hier nicht vor. Das Klagebegehren ist gerade nicht auf eine - den im Erörterungstermin vom 26. August 2014 abgegebenen Erklärungen zuwiderlaufende - Rückumsetzung gerichtet. Stattdessen kommen diese Erklärungen sogar als Grundlage des geltend gemachten Rückübertragungsanspruchs in Betracht. Jedenfalls aber können sie dem Kläger deshalb nicht unter dem Aspekt des Verstoßes gegen das Gebot von Treu und Glauben entgegengehalten werden, weil der Beklagte selbst dem Kläger während der Anhängigkeit des Klageverfahrens das Angebot unterbreitet hat, seine Kraftfahreignung durch das Gesundheitsamt des Kreises M2 überprüfen zu lassen. Dieses Angebot geht über das hinaus, was - nach der Interpretation des Beklagten - im Erörterungstermin vom 26. August 2014 erklärt wurde. Ungeachtet dessen steht hier auch in Rede, ob und inwieweit dem Rückübertragungsbegehren des Klägers mit Blick auf die weiteren - der beabsichtigten einvernehmlichen und kooperativen Streitbeilegung abträglich gewesenen - Entwicklungen im Nachgang zu dem Erörterungstermin die dort abgegebenen Erklärungen überhaupt noch entgegengehalten werden können.
38Sonstige Anhaltspunkte für das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers oder sonst zur Unzulässigkeit der auf Rückumsetzung gerichteten Klage führende Umstände sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
39II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückübertragung des ihm erstmals am 6. November 1996 übertragenen und das Führen diensteigener Kraftfahrzeuge beinhaltenden Dienstposten mit dem Aufgabengebiet „Kraftfahrzeugangelegenheit der gestüteigenen Fahrzeuge“ mit Ausnahme der verwaltungsmäßigen Aufgaben.
40Grundsätzlich hat ein Beamter keinen Anspruch auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen Amts (Dienstpostens). Er muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe seines Amts im statusrechtlichen Sinne hinnehmen. Danach kann der Dienstherr aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich des Beamten verändern, solange diesem ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt. Besonderheiten des bisherigen Aufgabenbereichs des dem Beamten übertragenen Amts, wie beispielsweise der Vorgesetztenfunktion, Beförderungsmöglichkeiten oder einem etwaigen gesellschaftlichen Ansehen, kommt keine das Ermessen des Dienstherrn bei der Änderung des Aufgabenbereichs einschränkende Wirkung zu.
41BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Januar 2008 - 2 BvR 754/07 -, NVwZ 2008, 547 (547 f.), m.w.N.
42Das dem Dienstherrn danach grundsätzlich zustehende Organisationsermessen ist hier indes auf Grund der vom Beklagten im Erörterungstermin vom 26. August 2014 abgegebenen Erklärung auf Null reduziert.
43Eine solche Reduzierung des Ermessens kommt nur in engen Ausnahmefällen in Betracht. Sie setzt voraus, dass nach Lage der Dinge alle denkbaren Alternativen offenkundig nur unter pflichtwidriger Vernachlässigung eines eindeutig vorrangigen Sachgesichtspunkts gewählt werden können.
44BVerwG, Urteil vom 19. Mai 2016 - BVerwG 5 C 36.15 -, juris, Rn. 31.
45Diese Voraussetzungen liegen vor, weil die Bedingung, unter der sich der Beklagte zur Rückumsetzung des Klägers verpflichtet hat, eingetreten ist.
46Seine im Erörterungstermin vom 26. August 2014 abgegebene und anhand des objektiven Empfängerhorizonts auszulegende Erklärung, er werde dem Kläger dessen erstmals am 6. November 1996 übertragenen Dienstposten wieder übertragen, sobald dieser ein seine Kraftfahrtauglichkeit bestätigendes amtsärztliches Gutachten vorlegt, ist nicht lediglich Bestandteil einer informellen Absprache zwischen den Beteiligten. Vielmehr hat der Beklagte sie mit Rechtsbindungswillen abgegeben und dem Kläger damit das Recht eingeräumt, bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen seine Rückumsetzung beanspruchen und gegebenenfalls mit Rechtsbehelfen durchsetzen zu können.
47Mit dem psychiatrischen Gutachten des Leitenden Amtsarztes a.D. und Facharztes für Psychiatrie A vom 5. August 2016 hat der Kläger ein seine Kraftfahreignung bestätigendes Gutachten vorgelegt.
48Dieses Gutachten ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht deshalb unbeachtlich, weil es sich lediglich um ein Privatgutachten handelt. Das psychiatrische Gutachten vom 5. August 2016 ist vielmehr ein amtsärztliches Gutachten im Sinne der vom Beklagten im Erörterungstermin vom 24. August 2014 abgegebenen Erklärung. Die ihm zugrundeliegenden Untersuchungen hat der Amtsarzt nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Klägers während seiner aktiven Dienstzeit durchgeführt. Dies bestätigt die einleitende Mitteilung in dem Gutachten, dass die Begutachtung des Klägers einschließlich Testpsychologie im Gesundheitsamt des Kreises M2 durchgeführt wurde. Der sich daraus ergebende Charakter des psychiatrischen Gutachtens als amtsärztliches Gutachten entfällt nicht dadurch, dass der Leitende Amtsarzt das Ergebnis der Begutachtung erst nach seinem Eintritt in den Ruhestand verschriftlicht und seine Leistungen privat dem Kläger gegenüber liquidiert hat. Der erkennbare und allein mit der Fürsorgepflicht und dem Sachlichkeitsgebot vereinbare Zweck des vom Beklagten vorausgesetzten Erfordernisses eines amtsärztlichen Gutachtens ist das einem solchen Gutachten entgegengebrachte Vertrauen in die Objektivität und den auch dienstliche Belange umfassenden Sachverstand von Amtsärzten. Diesem Zweck wird mit dem vom Kläger vorgelegten psychiatrischen Gutachten vom 5. August 2016 umfassend Rechnung getragen, zumal der Urheber dieses Gutachtens als „Ltd. Amtsarzt a. D.“ firmiert und damit zum Ausdruck gebracht hat, sich der besonderen Stellung eines Amtsarztes bewusst gewesen zu sein.
49Mit Blick auf den genannten Zweck des Erfordernisses eines amtsärztlichen Gutachtens ist es weiter unschädlich, dass der Kläger entgegen seiner im Erörterungstermin vom 26. August 2014 abgegebenen Erklärung kein amtsärztliches Gutachten des örtlich zuständigen Gesundheitsamts des Kreises X vorgelegt hat, sondern ein solches des Kreises M2. Hinzu tritt, dass der Beklagte die Rückumsetzung ohnehin nicht davon abhängig gemacht hat, dass ein Gutachten des Kreises X vorgelegt wird, sondern davon, dass der Kläger „ein amtsärztliches Gutachten“ beibringt. Diese Auslegung ist nicht nur im Wortlaut eindeutig, sondern sie entspricht zugleich der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und dem Gebot der Sachlichkeit. Diese stehen dem Beharren auf das Einhalten der örtlichen Zuständigkeit, deren Verletzung auch der Gesetzgeber unter den hier erfüllten Voraussetzungen des § 46 VwVfG NRW keine entscheidungserhebliche Bedeutung beimisst, entgegen.
50Das psychiatrische Gutachten vom 5. August 2016 kommt zu dem Ergebnis, dass Eignungsmängel im Hinblick auf die gesundheitliche / psychische Verfassung des Klägers, die ursprünglich zum Anlass für die Annahme von Kraftfahreignungszweifel genommen worden war, nicht vorlägen. Aus Sachverständigensicht sei er zweifelsfrei und uneingeschränkt zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E in der Lage. Das Gutachten wurde unwidersprochen gemäß den einschlägigen Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung der Bundesanstalt für Straßenwesen erstellt. Zweifel hinsichtlich seiner Verwertbarkeit hat der Beklagte nicht im Ansatz vorgebracht; sie sind auch für die Kammer nicht ersichtlich.
51Unabhängig von dem Vorstehenden hat der Kläger deshalb einen Anspruch auf die begehrte Rückumsetzung, weil deren weiteres Vorenthalten mit einer an der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ausgerichteten Ermessensentscheidung unvereinbar ist. Denn selbst wenn der Kläger keinen unmittelbar auf die im Erörterungstermin vom 26. August 2014 abgegebene Erklärung des Beklagten gestützten Rückumsetzungsanspruch hätte, wäre das Ermessen des Beklagten, das er bei der Entscheidung über die vom Kläger hier offenkundig aus jedem in Betracht kommenden Rechtsgrund beanspruchte Rückumsetzung ausüben muss, auf Null reduziert.
52Die Ermessenserwägungen des Dienstherrn im Rahmen von Umsetzungen werden im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Allgemeinen nur daraufhin überprüft, ob sie durch Ermessensmissbrauch maßgebend geprägt sind (vgl. § 40 VwVfG NRW, § 114 Satz 1 VwGO). Sonach bleibt die Prüfung grundsätzlich darauf beschränkt, ob die Gründe des Dienstherrn seiner tatsächlichen Einschätzung entsprachen und nicht nur vorgeschoben sind, um eine in Wahrheit allein oder maßgebend mit auf anderen Beweggründen beruhende Entscheidung zu rechtfertigen, oder ob sie aus anderen Gründen willkürlich sind. Allerdings geht die Rechtsprechung davon aus, dass das Ermessen des Dienstherrn bei einer Umsetzung in besonders gelagerten Einzelfällen - in unterschiedlichem Maße - eingeschränkt sein kann. Solche Einschränkungen können sich beispielsweise aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergeben, etwa dann, wenn besondere Umstände des Einzelfalls, insbesondere gewichtige Grundrechte des Beamten, einer besonderen Berücksichtigung bedürfen und daher auch private Belange des Beamten in den Ermessenserwägungen bei der Umsetzungsentscheidung zu berücksichtigen sind.
53BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Januar 2008, a.a.O., S. 548, m.w.N.
54Die ursprüngliche, zuletzt mit Schreiben des Beklagten vom 18. März 2013 dokumentierte Umsetzung des Klägers erfolgte - als vorübergehende Maßnahme - allein vor dem Hintergrund der vom Beklagten angenommenen und noch ungeklärten Zweifel an der Kraftfahreignung des Klägers. Dementsprechend heißt es in dem Schreiben auch, dass die Untersagung des Führens diensteigener Kraftfahrzeuge „bis auf Weiteres“ erfolge. Nur diese Zweifel und nicht auch andere organisatorische Erwägungen macht der Beklagte bis heute dafür geltend, die Rückumsetzung des Klägers zu verweigern. Auch wenn sich der Kammer der Eindruck aufdrängt, dass der Beklagte mit der Umsetzung in Wahrheit auch andere Ziele verfolgt hat, ist die Umsetzung des Klägers im Lichte der vom Beklagten dafür angeführten Gründe eine allein den angenommenen, noch klärungsbedürftigen Fahreignungszweifeln geschuldete temporäre Maßnahme. Nicht zuletzt die Protokollerklärung des Beklagten vom 26. August 2014 und etwa dessen Angebot, die Kraftfahrtauglichkeit durch das Gesundheitsamt des Kreises M2 begutachten zu lassen, bekräftigen, dass auch nach Auffassung des Beklagten für das Aufrechterhalten der Umsetzung kein Sachgrund mehr besteht, sobald die Eignungszweifel ausgeräumt sind.
55Abgesehen davon, dass einmal aufgetretene Zweifel an der Kraftfahreignung durch Zeitablauf verblassen können, ist vor dem Hintergrund der hier inmitten stehenden besonderen Konstellation der Anlass für das Aufrechterhalten der Umsetzung des Klägers spätestens mit Vorlage des verwertbaren, die Kraftfahreignung des Klägers positiv feststellenden psychiatrischen Gutachtens vom 5. August 2016 entfallen und das Rückumsetzungsermessen des Beklagten aus Gründen der Fürsorgepflicht auf Null reduziert.
56Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
57Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
3Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem erstinstanzlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte stattgeben müssen.
4Das Verwaltungsgericht hat die begehrte einstweilige Anordnung abgelehnt, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragsteller unverzüglich wieder auf dem Dienstposten zu verwenden, den er bis Juli 2011 innehatte und ihn wieder mit dem Aufgabengebiet Kraftfahrzeugangelegenheiten der gestütseigenen Fahrzeuge und der Pflege und Betreuung von Pferden zu betrauen. Der Antrag sei jedenfalls mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO) erfolglos. Der Antragsteller strebe den Erlass einer die Hauptsache vorwegnehmenden einstweiligen Anordnung an und habe nicht – wie in diesen Fällen erforderlich – glaubhaft gemacht, dass ihm ohne einstweilige Anordnung bei Abwarten der Entscheidung im Hauptsacheverfahren schlechthin unzumutbare Nachteile drohten. Dabei könne dahinstehen, ob die ursprüngliche Umsetzung des Antragstellers, deren Rückgängigmachung er begehre, wegen fehlender Zustimmung des Personalrats gemäß § 43 Abs. 1 LPVG NRW rechtswidrig sei. Denn mit Blick auf die Einigung der Beteiligten am 26. August 2014 in dem Verfahren 4 K 1649/13 komme es nicht mehr (allein) auf die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Umsetzungsverfügung an, sondern auf die Erfüllung der vereinbarten Voraussetzungen. Unabhängig davon begründe allein der Umstand, dass ohne Erlass der einstweiligen Anordnung ein rechtswidriger Zustand bis zur Hauptsacheentscheidung aufrecht erhalte würde, noch keinen schlechthin unzumutbaren Nachteil. Daher verhelfe es dem Antragsteller auch nicht zum Erfolg, dass das Gutachten des Leitenden Amtsarztes des Kreises M. vom 27. April 2015 Einschränkungen der Fahreignung verneine. Unzumutbare Nachteile ergäben sich ferner nicht aus der Dauer des seit dem Jahr 2011 bestehenden Streits. Dass das Bestehen der Kraftfahreignung nicht zeitnah habe festgestellt werden können, sei – auch – auf das Verhalten des Antragstellers zurückzuführen.
5Diese Annahmen des Verwaltungsgerichts werden mit der Beschwerde nicht durchgreifend in Frage gestellt.
6Auch mit dem Beschwerdevorbringen wird nicht glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller ohne die begehrte Maßnahme schlechthin unzumutbare Nachteile drohen, die ausnahmsweise aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) eine – grundsätzlich der Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes widersprechende – Vorwegnahme der Hauptsache verlangten. Allein der Umstand, dass ohne die beantragte einstweilige Anordnung ein nach Auffassung des Antragsstellers rechtswidriger Zustand bis zur Entscheidung über die Hauptsache aufrecht erhalten würde, begründet noch keinen Nachteil, sondern ist regelmäßige Folge des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache. Nichts Abweichendes gilt nach der ständigen Senatsrechtsprechung, wenn Gegenstand des einstweiligen Anordnungsverfahrens eine beamtenrechtliche Umsetzungsentscheidung ist.
7Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Dezember 2014 – 6 B 1220/14 –, vom 7. Oktober 2014 – 6 B 1021/14 –, vom 13. Januar 2014 – 6 B 1457/13 –, vom 6. August 2013 – 6 B 834/13 –, vom 24. April 2012 – 6 B 1575/11 –, vom 6. Oktober 2010 – 6 B 1107/10 –, vom 9. August 2010 – 6 B 766/10 – und vom 27. Juni 2007 – 6 B 733/07 –, jeweils nrwe.de.
8Angesichts dessen ist es zunächst nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die – aus der möglicherweise fehlenden Beteiligung des Personalrats folgende – Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Umsetzungsverfügung hat dahinstehen lassen. Soweit der Antragsteller annimmt, die Umsetzungsverfügung sei nicht lediglich rechtswidrig, sondern „offenkundig unwirksam“, ist dies nicht nachvollziehbar. Aus dem zitierten Beschluss der Fachkammer für Personalvertretungssachen beim Verwaltungsgericht Münster vom 30. September 2015 (22 K 3274/13.PVL) folgt dies jedenfalls nicht. Dort wurde lediglich festgestellt, dass „die ab Januar 2013 vorgenommene Umsetzung … dem Erfordernis der Zustimmung … gemäß § 43 Abs. 1 LPVG NRW unterliegt“.
9Auch der Umstand, dass die Umsetzungsverfügung wegen dieses Mangels möglicherweise in dem Verfahren 4 K 1649/13 aufgehoben worden wäre, wenn sich der Antragsteller dort am 26. August 2014 nicht zu einer – die Erledigung herbeiführenden – Einigung bereit erklärt hätte, verlangt keine abweichende Einschätzung. Selbst wenn man dies im Sinne des Antragstellers als Beleg für die Rechtswidrigkeit der Umsetzung ansähe, hätte dies allein – wie oben dargestellt – keine unzumutbaren Nachteile zur Folge.
10Inwieweit sich durch die Einigung in dem Verfahren 4 K 1649/13 möglicherweise die Voraussetzungen für einen Anspruch des Antragstellers auf Rückumsetzung geändert haben, ist hier letztlich ebenfalls ohne Belang, da allein die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes bis zur Hauptsacheentscheidung auch unter diesem Gesichtspunkt noch keinen schlechthin unzumutbaren Nachteil begründen würde.
11Aber auch sonst lässt das Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass dem Antragsteller ohne die begehrte einstweilige Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen. Dabei bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung, ob die dem Antragsteller derzeit offenbar übertragenen Aufgaben wie „Hoffegen und Wegeharken“ eine amtsangemessene Beschäftigung für einen Landgestüthauptwärter (A 6) darstellen, auch wenn insoweit Zweifel bestehen dürften. Denn es ist nicht erkennbar, dass es gerade der im vorliegenden Verfahren allein beantragten Wiederbetrauung mit dem bis zum Jahr 2011 innegehabten Aufgabengebiet bedürfte, um unzumutbare Nachteile abzuwenden.
12Entsprechendes gilt im Hinblick auf das Vorbringen, dass das „massive Kränkungserleben“ zu einer „depressiven Anpassungsstörung“ führe, die sich „durch die derzeitige Degradierung“ verschärfe. Diesen Zusammenhang als zutreffend unterstellt, ist gleichwohl nicht ersichtlich, dass zur Vermeidung drohender unzumutbarer Nachteile eine erneute Beschäftigung gerade auf dem bis zum Jahr 2011 wahrgenommenen Dienstposten erforderlich wäre.
13Das Vorbringen zu dem vermeintlichen Anlass für die Umsetzungsentscheidung (Bagatellunfall) ist nicht verständlich. Ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen amtsärztlichen Stellungnahme des Kreisobermedizinalrats Dr. med. M1. vom 10. Oktober 2012 war eine Überprüfung der Fahrtüchtigkeit des Antragstellers auch aus gesundheitlichen Gründen (der Antragsteller war jedenfalls vom 15. August 2011 bis zum 5. April 2012 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt) zu erwägen. Ungeachtet dessen lässt auch dieses Vorbringen keine unzumutbaren Nachteile erkennen, die ohne die beantragte Wiederbetrauung gerade mit dem bis zum Jahr 2011 innegehabten Aufgabengebiet einträten.
14Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das Verwaltungsgericht unzumutbare Nachteile auch „mit Blick auf die Dauer des seit dem Jahr 2011 bestehenden Streits um die Rechtmäßigkeit der als Umsetzung zu qualifizierenden Untersagung des Führens gestütseigener Kraftfahrzeuge“ verneint hat. Daran ändert sich nichts, wenn der Antragsteller im Zusammenhang mit der Begutachtung seiner Kraftfahrttauglichkeit durch das Gesundheitsamt des Kreises M. vom 27. April 2015 – anders als vom Verwaltungsgericht angenommen – nicht „eigenmächtig“ gehandelt haben sollte. Weshalb dann unzumutbare, eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigende Nachteile drohen sollten, lässt das Beschwerdevorbringen nicht erkennen und ist auch sonst nicht ersichtlich.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
16Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 52 Abs. 2, 63 Abs. 3 GKG. Eine den grundsätzlich vorläufigen Charakter des Eilverfahrens berücksichtigende Verminderung des Auffangwertes ist nicht geboten, da der für die Streitwertbemessung maßgebliche Rechtsschutzantrag auf die – zumindest zeitweilige – Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
17Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Januar 2014 – 6 B 1457/13 – und vom 6. August 2013 – 6 B 834/13 –, jeweils a.a.O. und m.w.N.
18Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.