Verwaltungsgericht München Urteil, 26. Juni 2017 - M 8 K 16.2602
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)
den Bescheid vom 9. Juni 2016 aufzuheben.
die Klage abzuweisen.
Gründe
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(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
Tenor
I.
Die Baugenehmigung vom ... Mai 2015, Plan-Nr. ... wird aufgehoben.
II.
Die Beklagte und die Beigeladenen haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckungsschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, Eigentümerin des Reihenhauses ...-str. 119, Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., wendet sich gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom ... Mai 2015. Das zu der aus vier Reihenhäusern bestehenden Reihenhauszeile gehörende Haus der Klägerin grenzt nordwestlich an das zwischen dem streitgegenständlichen Reihenendhaus ...-str. 115, Fl.Nr. ... und dem klägerischen Gebäude liegende Reihenhaus ...-str. 117, Fl.Nr. ... an.
(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)
Mit Antrag vom
Der Neubau, zweigeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss, weist demgegenüber eine Grundfläche von 8,145 m x 10,355 m auf. Hierbei wird sowohl die Länge des Hauses in Ost-West-Richtung vergrößert, als auch das Reihenendhaus dergestalt verbreitert, dass die südliche Außenwand soweit vorgesetzt wird, dass sie profilgleich an das Geländer des überdachten Balkons des Nachbargebäudes und des klägerischen Gebäudes anschließt. Sowohl das klägerische Gebäude ...-str. 119 als auch die östlich und westlich daran anschließenden Gebäude ...-str. 117 und 121 verfügen über einen überdachten, 1,20 m tiefen Balkon, der jeweils über die gesamte Südfront des ersten Obergeschosses verläuft.
Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben ist an der Südseite in der Süd-Ost-Ecke ein eingeschossiger Anbau mit den Maßen 4,49 m (Südseite) x 3 m (Ost- und Westseite) mit einer Höhe von 3,25 m (+ 3,25 m vermaßt bei einer Geländeoberkante von - 0,05 m) vorgesehen; auf diesem eingeschossigen Anbau soll eine Dachterrasse errichtet werden, deren Umwehrung im Osten und im Westen um 0,40 m und im Süden um 0,50 m (alle Maße abgegriffen) zurückgesetzt werden soll.
Das Dachgeschoss schließt zwar mit dem im westlichen Teilbereich vorgesehenen Satteldach profilgleich an das Satteldach des klägerischen Gebäudes an, allerdings mit der Maßgabe, dass es auf der Nordseite eine um 0,40 m (abgegriffen, da in den Plänen nicht vermaßt) höhere Traufe aufweist. Im östlichen Teil der Südseite wird das Satteldach zur Hälfte durch die auf einer Breite von 3,30 m bis auf eine Höhe von 7,96 m (+ 7,81 m vermaßt bei einem Gelände, das hier bei - 0,25 m liegt) hochgezogene Außenwand ersetzt. Die östliche Außenwand des Dachgeschosses des Vorhabens ist von der Außenwand der beiden darunterliegenden Geschosse um 1,50 m zurückgesetzt und verfügt über einen horizontalen Abschluss mit einer Höhe, von 8,50 m (vermaßt). Der nördliche Abschluss dieser östlichen Außenwand ist von dem darunterliegenden Geschoss um 1,20 m zurückgesetzt und wird auf der Nordseite mit einer Breite von 1,70 m (abgegriffen) und einer Höhe von 8,50 m fortgeführt und ersetzt auch hier insoweit den östlichen Teil des Satteldaches.
Weiterhin wird auf der Nordseite in einem Abstand von 1 m vom klägerischen Gebäude die Außenwand nochmals auf einer Breite von 1,60 m (abgegriffen) und einer Höhe von 8 m (abgegriffen, erst ab der Traufe vermaßt) hoch- und vor das insoweit zurücktretende Satteldach vorgezogen.
An der Ostseite des streitgegenständlichen Gebäudes befindet sich auf dem zweiten Obergeschoss eine Dachterrasse, deren Geländer auf der Ostseite um 0,45 m, auf der Südseite um 0,40 m und auf der Nordseite um 1,20 m von den darunterliegenden Außenwänden der unteren Geschosse zurückgesetzt ist. Die Dachterrasse verfügt nahezu über ihrer gesamten Länge über eine 1,35 m vor die östliche Außenwand des Dachgeschosses hervortretende Überdachung. In der Ostansicht ist über dieser Überdachung, ca. in deren Mitte, die Spitze des zurückgesetzten Satteldaches erkennbar.
(vgl. hierzu die Umrisse der südlichen, östlichen und nördlichen Außenwand)
Ansicht SÜD
Ansicht Ost
Ansicht Nord
Mit Bescheid vom
Der Bescheid vom ... Mai 2015 wurde der Klägerin am
Mit einem am 4. Juni 2015 beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage und beantragten,
den Bescheid vom ... Mai 2015 aufzuheben.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Die angefochtene Genehmigung sei wegen fehlender Nachbarbeteiligung, fehlender vollständiger Bekanntgabe des Verwaltungsaktes gegenüber der Klägerin, Falschbezeichnung des Vorhabens, fehlender Angabe zur rechtlichen Relevanz der FlNr. ... als öffentliche Verkehrsfläche, Überschreitung der Abstandsflächen und zum Garagenhofgrundstück der Klägerin auf der Ostseite des Vorhabens rechtswidrig.
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei unbegründet, da die Klägerin nichts rüge, was entscheidungserheblich sein könnte. Die Prüfung der Abstandsflächen gehöre im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zum Prüfprogramm, im Übrigen fielen aufgrund des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen an, weil bei der hier vorhandenen Reihenhauszeile an die benachbarte Grundstücksgrenze gebaut werden dürfe. Die Rechtsprechung verlange für das Vorliegen eines Doppel- oder Reihenhauses keinen profilgleichen Anbau. Ein Doppel- bzw. Reihenhaus mit der Folge, dass keine Abstandsflächen anfielen, liege auch bei einem Versatz vor. Dementsprechend habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den erdgeschossigen Anbau mit Dachterrasse sowohl bauplanungs- wie bauordnungsrechtlich für zulässig erachtet. Diese Entscheidung sei auch vom Bundesverwaltungsgericht (B. v. 10.4.2012 - BauR 2012, 1218 f.) bestätigt worden. Weiterhin wurde auf die Rechtsprechung des OVG Münster im Urteil vom 26. Juni 2014 verwiesen. Rein rechnerisch würde die Abstandsfläche entweder nach Osten auf die Garagengrundstücke fallen oder nach Norden in den südlichsten Bereich der auf der gegenüberliegenden Seite des Weges liegenden Grundstücke, so wie dies seit jeher, nicht nur für das bislang bestehende Gebäude, sondern auch für die Nachbargebäude der Fall sei. Von einem Verstoß gegen das im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zu prüfende Gebot der Rücksichtnahme könne also offenkundig nicht die Rede sein.
Mit Schriftsatz vom
Auch entfalte das Bauvorhaben gegenüber der Klägerin eine „erdrückende“ Wirkung und sei somit rücksichtslos. Im Verhältnis zum Garagengrundstück Fl.Nr. ... der Klägerin betrage der Abstand der mehr als 8,50 m hohen Außenwand auf einer Länge von fast 12 m nur 1,08 m bis 3 m. Eine Bebauung auf dem Garagengrundstück der Klägerin sei - zusammengenommen mit den anderen Garagengrundstücken - möglich. Von der Dachterrasse des Anbaus in der Südostecke des Vorhabens bestünden unmittelbare Einsichtsmöglichkeiten in das Gebäude der Klägerin.
Die Befreiung wegen Überschreitung der Baulinie sei ermessensfehlerhaft, die Feststellung zu den nachbarrechtlich geschützten Belangen rechtswidrig. Das Bauvorhaben füge sich nicht in die nähere Umgebung ein, da alle Reihenhäuser der Zeile ...-str. 115 bis 121 über ein klassisches Giebeldach verfügten. In diese im kleinmaßstäblichen Stil errichtete Siedlung mit Giebeldächern füge sich ein kubistischer Fremdkörper - wie das Bauvorhaben - nicht ein.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Etwaige Fehler des Verwaltungsverfahrens würden die Baugenehmigung für sich allein dem Nachbarn gegenüber nicht rechtswidrig machen. Im Übrigen hätten sich Gegenstand und Umfang des Bauvorhabens eindeutig aus den Bauvorlagen ergeben; die ordnungsgemäße Einzeichnung der Abstandsflächen könne offen bleiben, da diese im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen gewesen seien. Die Feststellungen zu den nachbarrechtlich geschützten Belangen auf S. 4 der Baugenehmigung hätten sich nur auf die insoweit geprüften Vorschriften bezogen. Im Übrigen verletze die Baugenehmigung keine Nachbarrechte, da das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt sei. Etwaige Einblicksmöglichkeiten könnten nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots führen. Sofern ein spezieller Gebietsprägungserhaltungsanspruch überhaupt existiere, sei dieser vorliegend jedenfalls nicht verletzt. Die Abstandsflächen gehörten nicht zum Prüf-programm; Baulinien und rückwärtige Baugrenzen seien nicht nachbarschützend, weshalb sich die Klägerin auf eine Befreiung wegen deren Überschreitung nicht berufen könne.
Im Schriftsatz vom
Weiterhin wurde auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts München
Das Gericht hat am
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist in der Sache begründet, da die Baugenehmigung vom ... Mai 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08/2132 - juris Rn. 3).
2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich vorliegend im Hinblick auf das vorhandene, gemäß § 173 Abs. 3 BBauG und § 233 Abs. 3 BauGB übergeleitete und fortgeltende Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 BauGB und im Übrigen, da keine weitergehenden bauplanungsrechtlichen Festsetzungen vorhanden sind, nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Vorliegend fügt sich das streitgegenständliche Vorhaben nach der Bauweise nicht ein, weil es aus der bestehenden vierteiligen Reihenhauszeile in einer Weise ausbricht, die gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt.
2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 24.2.2000 - 4 C 12/98, BVerwGE 110, 355 - juris Rn. 16 ff.) werden gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO in der „offenen Bauweise“ die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Ein Doppelhaus im Sinne dieser Vorschrift ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch ein Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Im System „der offenen Bauweise“ gewinnt der Begriff des „Doppelhauses“ seine planungsrechtliche Bedeutung dadurch, dass die bauliche Anlage auf zwei Nachbargrundstücken errichtet wird. Die Festsetzung der „offenen Bauweise“ betrifft allein die Anordnung der Gebäude auf einem Baugrundstück im Verhältnis zu den seitlichen Grenzen der Nachbargrundstücke. Doppelhäuser und Hausgruppen, die auf verschiedenen Grundstücken errichtet werden, zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinsame Grundstücksgrenzen ohne seitlichen Grenzabstand überwinden, weshalb sie zunächst in der „offenen Bauweise“ als systemwidrig erscheinen. Gleichwohl hat sie der Verordnungsgeber in § 22 Abs. 2 BauNVO auch für den Bereich der „offenen Bauweise“ planungsrechtlich für zulässig erklärt. Darin liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Modifikation der „offenen Bauweise“, die dem Begriff des „Doppelhauses“ und der „Hausgruppe“ eine eigenständige, das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze überwindende Bedeutung verleiht (BVerwG, U. v. 24.2. 2000 - a. a. O., Rn. 17). „Gebäude“ im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist das Doppelhaus bzw. die Hausgruppe als bauliche Einheit, da die Errichtung als Gesamtgebäude (mit seitlichem Grenzabstand) mit einem Grenzabstand vor den äußeren Seitenwänden des Doppel- oder Reihenhauses erfolgt. Ein Doppelhaus entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann, wenn zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Zwar können die ein Doppelhaus bildenden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zueinander versetzt oder gestaffelt aneinander gebaut werden; soweit diese Gebäude jedoch als zwei selbstständige Baukörper erscheinen, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, bilden sie kein Doppelhaus. Erforderlich ist weiterhin, dass die beiden „Haushälften“ in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden, da insoweit das Erfordernis der baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element enthält (BVerwG, U. v. 24.2.2000, a. a. O., Rn. 20).
Im
2.2 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze fügt sich das streitgegenständliche Bauvorhaben nicht in einer die wechselseitige Verträglichkeit beachtenden Weise in die dazugehörige Hausgruppe ein. Vielmehr verletzt es das bei einem Doppelhaus bzw. einer Hausgruppe im Lichte des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO zu sehende Rücksichtnahmegebot. Der auf dem ein- bzw. bei einer Hausgruppe zum Teil beidseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände basierende Interessenausgleich ist nicht mehr gewahrt, wenn ein Gebäude verwirklicht wird, das sich als gänzlich anderer Haustyp mit unterschiedlichen Gebäudeabmessungen und Höhenentwicklungen darstellt. So liegt der Fall hier.
Das streitgegenständliche Bauvorhaben verfügt bei einer größeren Länge und Tiefe - mit einem im Süden gegenüber der benachbarten Außenwand um 1,24 m vorgesetzten Außenwandteil - über eine erheblich andere Kubatur als die übrige Reihenhauszeile. Diese weitgehend andersartige Kubatur wird auch nicht etwa dadurch wesentlich relativiert, dass der Anschluss an das westliche Nachbargebäude bis auf die 0,40 m höhere Traufe im Norden profilgleich gestaltet wird. Denn die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus - bzw. mehrerer als Reihenhaus - hängt nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinandergebaut sind. Das Vorliegen eines Doppelhauses kann mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung und Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Straßenbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (BVerwG, B. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12, a. a. O.). Das streitgegenständliche Bauvorhaben setzt sich in einer Weise von den übrigen Reihenhäusern ab, die zur Verwirklichung einer einseitigen grenzständigen Bebauung führt, die insoweit vorbildlos ist. Anders als die westlich benachbarten Häuser entfaltet das Vorhaben mit den bis knapp unter den First hochgezogenen, in der Summe jeweils die Hälfte der Länge des Dachgeschosses einnehmenden Außenwandteilen (3,30 m) auf der Süd- und Nordseite eine dreigeschossige Wirkung. Demgegenüber verfügen die westlichen Nachbarhäuser - wie die in das Verfahren eingeführten Luft- und Straßenansichten des BayernAltlas und von Google-Streetview belegen - lediglich über Dachliegefenster und kleinere/mittlere Gauben entweder auf der Süd- oder der Nordseite, die die ausschließliche Zweigeschossigkeit dieser Häuser unberührt lassen.
Die Ostseite des Vorhabens stellt sich demgegenüber ohnehin als ein dreigeschossiger Flachdachbau dar, da dessen Wandhöhe auf der gesamten Ostseite bei 8,40 m liegt, und die Terrassenüberdachung die Spitze des Firstes des zurückgesetzten Satteldaches optisch verdrängt. Dabei spielt es keine Rolle, dass das Dachgeschoss rechnerisch wohl kein Vollgeschoss (vgl. Art. 2 Abs. 4 Satz 1 BayBO 98) darstellt, da es - nach den Berechnungen des Gerichts - die Höhe von 2,30 m über 2/3 seiner Grundfläche knapp verfehlt. Im unbeplanten Innenbereich kommt es nicht auf exakte Maßzahlen an (BVerwG, U. v. 23.3.1994 - 4 C 18.92, BVerwGE 95, 277 f. und
Entgegen der Ansicht der Beigeladenen führt die Existenz des an der Westseite der ...-str. 121 vorhandenen Anbaus zu keinem anderen Ergebnis. Dieser hat auf das - bisher - einheitliche Erscheinungsbild der zweigeschossigen, 28 m langen Reihenhauszeile ebenso wenig Einfluss wie die östlich der ...-str. 115 situierten Garagen.
2.3 Die Klägerin kann auch als nicht direkt angrenzender Nachbar unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots geltend machen, dass sich das Vorhaben nicht in die Reihenhauszeile einfügt.
Die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens hat, da es für die Existenz als Hausgruppe auf die wechselseitige Verträglichkeit - aller - zugehörigen Häuser ankommt, nicht nur Auswirkungen auf den direkt angrenzenden Nachbarn. Vielmehr stellt ein solcher „Ausbruch“ aus der Häusergruppe deren Existenz insgesamt in Frage mit der Folge, dass auch weitergehenden Veränderungen der anderen Häuser von Seiten der Nachbarn nicht mehr entgegengetreten werden könnte.
Da somit das streitgegenständliche Bauvorhaben das nachbarliche Austauschverhältnis auch gegenüber der Klägerin aus dem Gleichgewicht bringt und die harmonische Beziehung der Gebäude zueinander in Frage stellt, stellt es sich als planungsrechtlich unzulässig dar und verletzt auch insoweit das Rücksichtnahmegebot.
3. Die Unstimmigkeit der genehmigten Pläne hinsichtlich der Darstellung des Satteldachs im Anschluss an die westliche Nachbarbebauung spielt daher keine entscheidende Rolle mehr. Allerdings ist festzustellen, dass die Pläne insoweit unstimmig sind, als die Traufe im Norden 0,4 m (abgegriffen) höher liegt als die des westlich anschließenden Nachbarhauses der Klägerin, die Traufe im Süden profilgleich anschließt und dennoch das Dach in der Ansicht West und im Schnitt A-A mit exakt gleich langen, symmetrischen Schenkeln dargestellt wird.
4. Ebenso kann offen bleiben, ob das Bauvorhaben auch gegen Abstandsflächenvorschriften verstößt. Da die Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren ergangen ist und keine Abweichungen erteilt wurden, war die Einhaltung der Abstandsflächen gemäß Art. 59 Satz 1 BayBO nicht Gegenstand der Prüfung im Genehmigungsverfahren. Hierauf hat die Beklagte im Bescheid unter der Rubrik „Inhalt der Baugenehmigung“ hingewiesen. Die Feststellung unter der Rubrik „Nachbarwürdigung: … Das Bauvorhaben entspricht den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind, nachbarrechtlich geschützte Belange werden nicht beeinträchtigt“ bezieht sich daher ganz eindeutig allein auf die planungsrechtliche Prüfung. Die von der Klagepartei aufgestellte Behauptung, durch die Feststellung „nachbarrechtliche geschützte Belange werden nicht beeinträchtigt“ sei das Abstandsflächenrecht Gegenstand der Prüfung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens geworden, ist dementsprechend abwegig.
5. Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 und 3 Satz 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO stattzugeben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 7.500,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Tenor
I.
Die Baugenehmigung vom ... Mai 2015, Plan-Nr. ... wird aufgehoben.
II.
Die Beklagte und die Beigeladenen haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckungsschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, Eigentümerin des Reihenhauses ...-str. 117, Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., wendet sich gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom ... Mai 2015. Das zu der aus vier Reihenhäusern bestehenden Reihenhauszeile gehörende Haus der Klägerin grenzt direkt nordwestlich an das südöstlich gelegene, streitgegenständliceh Reihenendhaus ...-str. 115, Fl.Nr. ..., an.
(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)
Mit Antrag vom
Der Neubau, zweigeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss, weist demgegenüber eine Grundfläche von 8,145 m x 10,355 m auf. Hierbei wird sowohl die Länge des Hauses in Ost-West-Richtung vergrößert, als auch das Reihenendhaus dergestalt verbreitert, dass die südliche Außenwand so weit vorgezogen wird, dass sie profilgleich an das Geländer des überdachten Balkons des klägerischen Gebäudes anschließt. Sowohl das klägerische Gebäude ...-str. 117 als auch die westlich daran anschließenden Gebäude ...-str. 119 und 121 verfügen über überdachte, 1,20 m tiefe Balkone, die jeweils über die gesamte Südfront des 1. Obergeschosses verlaufen.
Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben ist an der Südseite in der Süd-Ost-Ecke ein eingeschossiger Anbau mit den Maßen 4,49 m (Südseite) x 3 m (Ost- und Westseite) und mit einer Höhe von 3,25 m (+ 3,25 m vermaßt bei einer Geländeoberkante von - 0,05 m) vorgesehen; auf diesem eingeschossigen Anbau soll eine Dachterrasse errichtet werden, deren Umwehrung im Osten und im Westen um 0,40 m und im Süden um 0,50 m (alle Maße abgegriffen) zurückgesetzt werden soll.
Das Dachgeschoss schließt zwar mit dem im westlichen Teilbereich vorgesehenen Satteldach profilgleich an das Satteldach des klägerischen Gebäudes an, allerdings mit der Maßgabe, dass es auf der Nordseite eine um 0,40 m (abgegriffen, da in den Plänen nicht vermaßt) höhere Traufe aufweist. Im östlichen Teil der Südseite wird das Satteldach zur Hälfte durch die auf einer Breite von 3,30 m bis auf eine Höhe von 7,96 m (+ 7,81 m vermaßt bei einem Gelände, das hier bei - 0,25 m liegt) hochgezogene Außenwand ersetzt. Die östliche Außenwand des Dachgeschosses des Vorhabens ist von der Außenwand der beiden darunter liegenden Geschosse um 1,50 m zurückgesetzt und verfügt über einen horizontalen Abschluss mit einer Höhe von 8,50 (vermaßt). Der nördliche Abschluss dieser östlichen Außenwand ist von dem darunter liegenden Geschoss um 1,20 m zurückgesetzt und wird auf der Nordseite mit einer Breite von 1,70 m (abgegriffen) und mit einer Höhe von 8,50 m fortgeführt und ersetzt auch hier insoweit den östlichen Teil des Satteldaches.
Weiterhin wird auf der Nordseite in einem Abstand von 1 m vom klägerischen Gebäude die Außenwand nochmals auf einer Breite von 1,60 m (abgegriffen) und einer Höhe von 2,06 m (ab der Traufe vermaßt) hoch- und vor das insoweit zurücktretende Satteldach vorgezogen.
An der Ostseite des streitgegenständlichen Gebäudes befindet sich auf dem 2. Obergeschoss eine Dachterrasse, deren Geländer auf der Ostseite um 0,45 m, auf der Südseite um 0,40 m und auf der Nordseite um 1,20 m von den darunter liegenden Außenwänden der unteren Geschosse zurückgesetzt ist. Die Dachterrasse verfügt nahezu über ihrer gesamten Länge über eine 1,35 m vor die östliche Außenwand des Dachgeschosses hervortretende Überdachung. In der Ostansicht ist über dieser Überdachung, circa in deren Mitte, die Spitze des zurückgesetzten Satteldaches erkennbar.
(vgl. hierzu die Umrisse der südlichen, östlichen und nördlichen Außenwand)
Ansicht Süd
Ansicht Ost
Ansicht Nord
Mit Bescheid vom ... Mai 2015 genehmigte die Beklagte den Bauantrag vom
Der Bescheid vom ... Mai 2015 wurde der Klägerin am
Mit einem am 4. Juni 2015 beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage und beantragten,
den Bescheid vom ... Mai 2015 aufzuheben.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Die angefochtene Genehmigung sei wegen fehlender Nachbarbeteiligung, fehlender vollständiger Bekanntgabe des Verwaltungsaktes gegenüber der Klägerin, Falschbezeichnung des Vorhabens, fehlender Angabe zur rechtlichen Relevanz der Fl.Nr. ... als öffentliche Verkehrsfläche, Überschreitung der Abstandsflächen zum Grundstück der Klägerin und zu deren Garagenhofgrundstück auf der Ostseite des Vorhabens rechtswidrig.
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei unbegründet, da die Klägerin nichts rüge, was entscheidungserheblich sein könnte. Die Prüfung der Abstandsflächen gehöre im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zum Prüfprogramm, im Übrigen fielen aufgrund des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen an, weil bei der hier vorhandenen Reihenhauszeile an die benachbarte Grundstücksgrenze gebaut werden dürfe. Die Rechtsprechung verlange für das Vorliegen eines Doppel- oder Reihenhauses keinen profilgleichen Anbau. Ein Doppel- bzw. Reihenhaus mit der Folge, dass keine Abstandsflächen anfielen, liege auch bei einem Versatz vor. Dementsprechend habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den erdgeschossigen Anbau mit Dachterrasse sowohl bauplanungs- wie bauordnungsrechtlich für zulässig erachtet. Diese Entscheidung sei auch vom Bundesverwaltungsgericht (B. v. 10.4.2012 - BauR 2012, 1218 f.) bestätigt worden. Weiterhin wurde auf die Rechtsprechung des OVG Münster im Urteil vom 26. Juni 2014 verwiesen. Rein rechnerisch würde die Abstandsfläche entweder nach Osten auf die Garagengrundstücke fallen oder nach Norden in den südlichsten Bereich der auf der gegenüberliegenden Seite des Weges liegenden Grundstücke, so wie dies seit jeher, nicht nur für das bislang bestehende Gebäude, sondern auch für die Nachbargebäude der Fall sei. Von einem Verstoß gegen das im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zu prüfende Gebot der Rücksichtnahme könne also offenkundig nicht die Rede sein.
Mit Schriftsatz vom
Auch sei das Bauvorhaben gegenüber der Klägerin rücksichtslos, da von der Dachterrasse des Anbaus in der Süd-Ost-Ecke des Vorhabens Einsichtsmöglichkeiten in das Gebäude der Klägerin entstehen würden.
Die Befreiung wegen Überschreitung der Baulinie sei ermessensfehlerhaft, die Feststellung zu den nachbarrechtlich geschützten Belangen rechtswidrig. Das Bauvorhaben füge sich nicht in die nähere Umgebung ein, da alle Reihenhäuser der Zeile ...-str. 115 - 121 über ein klassisches Giebeldach verfügten. In diese im kleinmaßstäblichen Stil errichtete Siedlung mit Giebeldächern füge sich ein kubistischer Fremdkörper - wie das Bauvorhaben - nicht ein.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Etwaige Fehler des Verwaltungsverfahrens würden die Baugenehmigung für sich allein dem Nachbarn gegenüber nicht rechtswidrig machen. Im Übrigen hätten sich Gegenstand und Umfang des Bauvorhabens eindeutig aus den Bauvorlagen ergeben; die ordnungsgemäße Einzeichnung der Abstandsflächen könne offenbleiben, da diese im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen gewesen seien. Die Feststellungen zu den nachbarrechtlich geschützten Belangen auf S. 4 der Baugenehmigung hätten sich nur auf die insoweit geprüften Vorschriften bezogen. Im Übrigen verletze die Baugenehmigung keine Nachbarrechte, da das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt sei. Etwaige Einblicksmöglichkeiten könnten nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebotes führen. Sofern ein spezieller Gebietsprägungserhaltungsanspruch überhaupt existiere, sei dieser vorliegend jedenfalls nicht verletzt. Die Abstandsflächen gehörten nicht zum Prüf-programm; Baulinien und rückwärtige Baugrenzen seien nicht nachbarschützend, weshalb sich die Klägerin auf eine Befreiung wegen deren Überschreitung nicht berufen könne.
Im Schriftsatz vom
Weiterhin wurde auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts München
Das Gericht hat am
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist in der Sache begründet, da die Baugenehmigung vom ... Mai 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08/2132 - juris Rn. 3).
2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich vorliegend im Hinblick auf das vorhandene, gemäß § 173 Abs. 3 BBauG und § 233 Abs. 3 BauGB übergeleitete und fortgeltende Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 BauGB und im Übrigen, da keine weitergehenden bauplanungsrechtlichen Festsetzungen vorhanden sind, nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Vorliegend fügt sich das streitgegenständliche Vorhaben nach der Bauweise nicht ein, weil es aus der bestehenden vierteiligen Reihenhauszeile in einer Weise ausbricht, die gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt.
2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 24.2.2000 - 4 C 12/98, BVerwGE 110, 355 - juris Rn. 16 ff.) werden gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO in der „offenen Bauweise“ die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Ein Doppelhaus im Sinne dieser Vorschrift ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch ein Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Im System „der offenen Bauweise“ gewinnt der Begriff des „Doppelhauses“ seine planungsrechtliche Bedeutung dadurch, dass die bauliche Anlage auf zwei Nachbargrundstücken errichtet wird. Die Festsetzung der „offenen Bauweise“ betrifft allein die Anordnung der Gebäude auf einem Baugrundstück im Verhältnis zu den seitlichen Grenzen der Nachbargrundstücke. Doppelhäuser und Hausgruppen, die auf verschiedenen Grundstücken errichtet werden, zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinsame Grundstücksgrenzen ohne seitlichen Grenzabstand überwinden, weshalb sie zunächst in der „offenen Bauweise“ als systemwidrig erscheinen. Gleichwohl hat sie der Verordnungsgeber in § 22 Abs. 2 BauNVO auch für den Bereich der „offenen Bauweise“ planungsrechtlich für zulässig erklärt. Darin liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Modifikation der „offenen Bauweise“, die dem Begriff des „Doppelhauses“ und der „Hausgruppe“ eine eigenständige, das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze überwindende Bedeutung verleiht (BVerwG, U. v. 24.2. 2000 - a. a. O., Rn. 17). „Gebäude“ im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist das Doppelhaus bzw. die Hausgruppe als bauliche Einheit, da die Errichtung als Gesamtgebäude (mit seitlichem Grenzabstand) mit einem Grenzabstand vor den äußeren Seitenwänden des Doppel- oder Reihenhauses erfolgt. Ein Doppelhaus entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann, wenn zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Zwar können die ein Doppelhaus bildenden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zueinander versetzt oder gestaffelt aneinander gebaut werden; soweit diese Gebäude jedoch als zwei selbstständige Baukörper erscheinen, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, bilden sie kein Doppelhaus. Erforderlich ist weiterhin, dass die beiden „Haushälften“ in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden, da insoweit das Erfordernis der baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element enthält (BVerwG, U. v. 24.2.2000, a. a. O., Rn. 20).
Im
2.2 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze fügt sich das streitgegenständliche Bauvorhaben nicht in einer die wechselseitige Verträglichkeit beachtenden Weise in die dazugehörige Hausgruppe ein. Vielmehr verletzt es das bei einem Doppelhaus bzw. einer Hausgruppe im Lichte des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO zu sehende Rücksichtnahmegebot. Der auf dem ein- bzw. bei einer Hausgruppe zum Teil beidseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände basierende Interessenausgleich ist nicht mehr gewahrt, wenn ein Gebäude verwirklicht wird, das sich als gänzlich anderer Haustyp mit unterschiedlichen Gebäudeabmessungen und Höhenentwicklungen darstellt. So liegt der Fall hier.
Das streitgegenständliche Bauvorhaben verfügt bei einer größeren Länge und Tiefe - mit einem im Süden gegenüber der benachbarten Außenwand um 1,24 m vorgesetzten Außenwandteil - über eine erheblich andere Kubatur als die übrige Reihenhauszeile. Diese weitgehend andersartige Kubatur wird auch nicht etwa dadurch relativiert, dass der Anschluss an das westliche Nachbargebäude bis auf die 0,40 m höhere Traufe im Norden profilgleich gestaltet wird. Denn die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus - bzw. mehrerer als Reihenhaus - hängt nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinandergebaut sind. Das Vorliegen eines Doppelhauses kann mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung und Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Straßenbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (BVerwG, B. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12, a. a. O.). Das streitgegenständliche Bauvorhaben setzt sich in einer Weise von den übrigen Reihenhäusern ab, die zur Verwirklichung einer einseitigen grenzständigen Bebauung führt, die insoweit vorbildlos ist. Anders als die westlich benachbarten Häuser entfaltet das Vorhaben mit den bis knapp unter den First hochgezogenen, in der Summe jeweils die Hälfte der Länge des Dachgeschosses einnehmenden Außenwandteilen (3,30 m) auf der Süd- und Nordseite eine dreigeschossige Wirkung. Demgegenüber verfügen die westlichen Nachbarhäuser - wie die in das Verfahren eingeführten Luft- und Straßenansichten des BayernAltlas und von Google Streetview belegen - lediglich über Dachliegefenster und kleinere/mittlere Gauben entweder auf der Süd- oder der Nordseite, die die ausschließliche Zweigeschossigkeit dieser Häuser unberührt lassen.
Die Ostseite des Vorhabens stellt sich demgegenüber ohnehin als ein drei-geschossiger Flachdachbau dar, da dessen Wandhöhe auf der gesamten Ostseite bei 8,40 m liegt, und die Terrassenüberdachung die Spitze des Firstes des zurückgesetzten Satteldaches optisch verdrängt. Dabei spielt es keine Rolle, dass das Dachgeschoss rechnerisch wohl kein Vollgeschoss (vgl. Art. 2 Abs. 4 Satz 1 BayBO 98) darstellt, da es - nach den Berechnungen des Gerichts - die Höhe von 2,30 m über 2/3 seiner Grundfläche knapp verfehlt. Im unbeplanten Innenbereich kommt es nicht auf exakte Maßzahlen an (BVerwG, U. v. 23.3. 1994 - 4 C 18.92, BVerwGE 95, 277 f. und
Entgegen der Ansicht der Beigeladenen führt die Existenz des an der Westseite der ...-str. 121 vorhandenen Anbaus zu keinem anderen Ergebnis. Dieser hat auf das - bisher - einheitliche Erscheinungsbild der zweigeschossigen, 28 m langen Reihenhauszeile ebenso wenig Einfluss wie die östlich der ...-str. 115 situierten Garagen.
Da somit das streitgegenständliche Bauvorhaben das nachbarliche Austauschverhältnis aus dem Gleichgewicht bringt und die harmonische Beziehung der Gebäude zueinander in Frage stellt, stellt es sich als planungsrechtlich unzulässig dar und verletzt gegenüber der Klägerin das Rücksichtnahmegebot.
3. Die Unstimmigkeit der genehmigten Pläne hinsichtlich der Darstellung des Satteldachs im Anschluss an die westliche Nachbarbebauung spielt daher keine entscheidende Rolle mehr. Allerdings ist festzustellen, dass die Pläne insoweit unstimmig sind, als die Traufe im Norden 0,4 m (abgegriffen) höher liegt als die des westlich anschließenden Nachbarhauses der Klägerin, die Traufe im Süden profilgleich anschließt und dennoch das Dach in der Ansicht West und im Schnitt A-A mit exakt gleich langen, symmetrischen Schenkeln dargestellt wird.
4. Ebenso kann offen bleiben, ob das Bauvorhaben auch gegen Abstandsflächenvorschriften verstößt. Da die Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren ergangen ist und keine Abweichungen erteilt wurden, war die Einhaltung der Abstandsflächen gemäß Art. 59 Satz 1 BayBO nicht Gegenstand der Prüfung im Genehmigungsverfahrens. Hierauf hat die Beklagte im Bescheid unter der Rubrik „Inhalt der Baugenehmigung“ hingewiesen. Die Feststellung unter der Rubrik „Nachbarwürdigung: … Das Bauvorhaben entspricht den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind, nachbarrechtlich geschützte Belange werden nicht beeinträchtigt“, bezieht sich daher ganz eindeutig allein auf die planungsrechtliche Prüfung. Die von der Klagepartei aufgestellte Behauptung, durch die Feststellung „nachbarrechtliche geschützte Belange werden nicht beeinträchtigt“ sei das Abstandsflächenrecht Gegenstand der Prüfung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens geworden, ist dementsprechend abwegig.
5. Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 und 3 Satz 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO stattzugeben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 7.500,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Tenor
I.
Die Baugenehmigung vom ... Mai 2015, Plan-Nr. ... wird aufgehoben.
II.
Die Beklagte und die Beigeladenen haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckungsschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, Eigentümerin des Reihenhauses ...-str. 119, Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., wendet sich gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom ... Mai 2015. Das zu der aus vier Reihenhäusern bestehenden Reihenhauszeile gehörende Haus der Klägerin grenzt nordwestlich an das zwischen dem streitgegenständlichen Reihenendhaus ...-str. 115, Fl.Nr. ... und dem klägerischen Gebäude liegende Reihenhaus ...-str. 117, Fl.Nr. ... an.
(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)
Mit Antrag vom
Der Neubau, zweigeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss, weist demgegenüber eine Grundfläche von 8,145 m x 10,355 m auf. Hierbei wird sowohl die Länge des Hauses in Ost-West-Richtung vergrößert, als auch das Reihenendhaus dergestalt verbreitert, dass die südliche Außenwand soweit vorgesetzt wird, dass sie profilgleich an das Geländer des überdachten Balkons des Nachbargebäudes und des klägerischen Gebäudes anschließt. Sowohl das klägerische Gebäude ...-str. 119 als auch die östlich und westlich daran anschließenden Gebäude ...-str. 117 und 121 verfügen über einen überdachten, 1,20 m tiefen Balkon, der jeweils über die gesamte Südfront des ersten Obergeschosses verläuft.
Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben ist an der Südseite in der Süd-Ost-Ecke ein eingeschossiger Anbau mit den Maßen 4,49 m (Südseite) x 3 m (Ost- und Westseite) mit einer Höhe von 3,25 m (+ 3,25 m vermaßt bei einer Geländeoberkante von - 0,05 m) vorgesehen; auf diesem eingeschossigen Anbau soll eine Dachterrasse errichtet werden, deren Umwehrung im Osten und im Westen um 0,40 m und im Süden um 0,50 m (alle Maße abgegriffen) zurückgesetzt werden soll.
Das Dachgeschoss schließt zwar mit dem im westlichen Teilbereich vorgesehenen Satteldach profilgleich an das Satteldach des klägerischen Gebäudes an, allerdings mit der Maßgabe, dass es auf der Nordseite eine um 0,40 m (abgegriffen, da in den Plänen nicht vermaßt) höhere Traufe aufweist. Im östlichen Teil der Südseite wird das Satteldach zur Hälfte durch die auf einer Breite von 3,30 m bis auf eine Höhe von 7,96 m (+ 7,81 m vermaßt bei einem Gelände, das hier bei - 0,25 m liegt) hochgezogene Außenwand ersetzt. Die östliche Außenwand des Dachgeschosses des Vorhabens ist von der Außenwand der beiden darunterliegenden Geschosse um 1,50 m zurückgesetzt und verfügt über einen horizontalen Abschluss mit einer Höhe, von 8,50 m (vermaßt). Der nördliche Abschluss dieser östlichen Außenwand ist von dem darunterliegenden Geschoss um 1,20 m zurückgesetzt und wird auf der Nordseite mit einer Breite von 1,70 m (abgegriffen) und einer Höhe von 8,50 m fortgeführt und ersetzt auch hier insoweit den östlichen Teil des Satteldaches.
Weiterhin wird auf der Nordseite in einem Abstand von 1 m vom klägerischen Gebäude die Außenwand nochmals auf einer Breite von 1,60 m (abgegriffen) und einer Höhe von 8 m (abgegriffen, erst ab der Traufe vermaßt) hoch- und vor das insoweit zurücktretende Satteldach vorgezogen.
An der Ostseite des streitgegenständlichen Gebäudes befindet sich auf dem zweiten Obergeschoss eine Dachterrasse, deren Geländer auf der Ostseite um 0,45 m, auf der Südseite um 0,40 m und auf der Nordseite um 1,20 m von den darunterliegenden Außenwänden der unteren Geschosse zurückgesetzt ist. Die Dachterrasse verfügt nahezu über ihrer gesamten Länge über eine 1,35 m vor die östliche Außenwand des Dachgeschosses hervortretende Überdachung. In der Ostansicht ist über dieser Überdachung, ca. in deren Mitte, die Spitze des zurückgesetzten Satteldaches erkennbar.
(vgl. hierzu die Umrisse der südlichen, östlichen und nördlichen Außenwand)
Ansicht SÜD
Ansicht Ost
Ansicht Nord
Mit Bescheid vom
Der Bescheid vom ... Mai 2015 wurde der Klägerin am
Mit einem am 4. Juni 2015 beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage und beantragten,
den Bescheid vom ... Mai 2015 aufzuheben.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Die angefochtene Genehmigung sei wegen fehlender Nachbarbeteiligung, fehlender vollständiger Bekanntgabe des Verwaltungsaktes gegenüber der Klägerin, Falschbezeichnung des Vorhabens, fehlender Angabe zur rechtlichen Relevanz der FlNr. ... als öffentliche Verkehrsfläche, Überschreitung der Abstandsflächen und zum Garagenhofgrundstück der Klägerin auf der Ostseite des Vorhabens rechtswidrig.
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei unbegründet, da die Klägerin nichts rüge, was entscheidungserheblich sein könnte. Die Prüfung der Abstandsflächen gehöre im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zum Prüfprogramm, im Übrigen fielen aufgrund des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen an, weil bei der hier vorhandenen Reihenhauszeile an die benachbarte Grundstücksgrenze gebaut werden dürfe. Die Rechtsprechung verlange für das Vorliegen eines Doppel- oder Reihenhauses keinen profilgleichen Anbau. Ein Doppel- bzw. Reihenhaus mit der Folge, dass keine Abstandsflächen anfielen, liege auch bei einem Versatz vor. Dementsprechend habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den erdgeschossigen Anbau mit Dachterrasse sowohl bauplanungs- wie bauordnungsrechtlich für zulässig erachtet. Diese Entscheidung sei auch vom Bundesverwaltungsgericht (B. v. 10.4.2012 - BauR 2012, 1218 f.) bestätigt worden. Weiterhin wurde auf die Rechtsprechung des OVG Münster im Urteil vom 26. Juni 2014 verwiesen. Rein rechnerisch würde die Abstandsfläche entweder nach Osten auf die Garagengrundstücke fallen oder nach Norden in den südlichsten Bereich der auf der gegenüberliegenden Seite des Weges liegenden Grundstücke, so wie dies seit jeher, nicht nur für das bislang bestehende Gebäude, sondern auch für die Nachbargebäude der Fall sei. Von einem Verstoß gegen das im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zu prüfende Gebot der Rücksichtnahme könne also offenkundig nicht die Rede sein.
Mit Schriftsatz vom
Auch entfalte das Bauvorhaben gegenüber der Klägerin eine „erdrückende“ Wirkung und sei somit rücksichtslos. Im Verhältnis zum Garagengrundstück Fl.Nr. ... der Klägerin betrage der Abstand der mehr als 8,50 m hohen Außenwand auf einer Länge von fast 12 m nur 1,08 m bis 3 m. Eine Bebauung auf dem Garagengrundstück der Klägerin sei - zusammengenommen mit den anderen Garagengrundstücken - möglich. Von der Dachterrasse des Anbaus in der Südostecke des Vorhabens bestünden unmittelbare Einsichtsmöglichkeiten in das Gebäude der Klägerin.
Die Befreiung wegen Überschreitung der Baulinie sei ermessensfehlerhaft, die Feststellung zu den nachbarrechtlich geschützten Belangen rechtswidrig. Das Bauvorhaben füge sich nicht in die nähere Umgebung ein, da alle Reihenhäuser der Zeile ...-str. 115 bis 121 über ein klassisches Giebeldach verfügten. In diese im kleinmaßstäblichen Stil errichtete Siedlung mit Giebeldächern füge sich ein kubistischer Fremdkörper - wie das Bauvorhaben - nicht ein.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Etwaige Fehler des Verwaltungsverfahrens würden die Baugenehmigung für sich allein dem Nachbarn gegenüber nicht rechtswidrig machen. Im Übrigen hätten sich Gegenstand und Umfang des Bauvorhabens eindeutig aus den Bauvorlagen ergeben; die ordnungsgemäße Einzeichnung der Abstandsflächen könne offen bleiben, da diese im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen gewesen seien. Die Feststellungen zu den nachbarrechtlich geschützten Belangen auf S. 4 der Baugenehmigung hätten sich nur auf die insoweit geprüften Vorschriften bezogen. Im Übrigen verletze die Baugenehmigung keine Nachbarrechte, da das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt sei. Etwaige Einblicksmöglichkeiten könnten nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots führen. Sofern ein spezieller Gebietsprägungserhaltungsanspruch überhaupt existiere, sei dieser vorliegend jedenfalls nicht verletzt. Die Abstandsflächen gehörten nicht zum Prüf-programm; Baulinien und rückwärtige Baugrenzen seien nicht nachbarschützend, weshalb sich die Klägerin auf eine Befreiung wegen deren Überschreitung nicht berufen könne.
Im Schriftsatz vom
Weiterhin wurde auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts München
Das Gericht hat am
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist in der Sache begründet, da die Baugenehmigung vom ... Mai 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08/2132 - juris Rn. 3).
2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich vorliegend im Hinblick auf das vorhandene, gemäß § 173 Abs. 3 BBauG und § 233 Abs. 3 BauGB übergeleitete und fortgeltende Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 BauGB und im Übrigen, da keine weitergehenden bauplanungsrechtlichen Festsetzungen vorhanden sind, nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Vorliegend fügt sich das streitgegenständliche Vorhaben nach der Bauweise nicht ein, weil es aus der bestehenden vierteiligen Reihenhauszeile in einer Weise ausbricht, die gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt.
2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 24.2.2000 - 4 C 12/98, BVerwGE 110, 355 - juris Rn. 16 ff.) werden gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO in der „offenen Bauweise“ die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Ein Doppelhaus im Sinne dieser Vorschrift ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch ein Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Im System „der offenen Bauweise“ gewinnt der Begriff des „Doppelhauses“ seine planungsrechtliche Bedeutung dadurch, dass die bauliche Anlage auf zwei Nachbargrundstücken errichtet wird. Die Festsetzung der „offenen Bauweise“ betrifft allein die Anordnung der Gebäude auf einem Baugrundstück im Verhältnis zu den seitlichen Grenzen der Nachbargrundstücke. Doppelhäuser und Hausgruppen, die auf verschiedenen Grundstücken errichtet werden, zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinsame Grundstücksgrenzen ohne seitlichen Grenzabstand überwinden, weshalb sie zunächst in der „offenen Bauweise“ als systemwidrig erscheinen. Gleichwohl hat sie der Verordnungsgeber in § 22 Abs. 2 BauNVO auch für den Bereich der „offenen Bauweise“ planungsrechtlich für zulässig erklärt. Darin liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Modifikation der „offenen Bauweise“, die dem Begriff des „Doppelhauses“ und der „Hausgruppe“ eine eigenständige, das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze überwindende Bedeutung verleiht (BVerwG, U. v. 24.2. 2000 - a. a. O., Rn. 17). „Gebäude“ im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist das Doppelhaus bzw. die Hausgruppe als bauliche Einheit, da die Errichtung als Gesamtgebäude (mit seitlichem Grenzabstand) mit einem Grenzabstand vor den äußeren Seitenwänden des Doppel- oder Reihenhauses erfolgt. Ein Doppelhaus entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann, wenn zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Zwar können die ein Doppelhaus bildenden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zueinander versetzt oder gestaffelt aneinander gebaut werden; soweit diese Gebäude jedoch als zwei selbstständige Baukörper erscheinen, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, bilden sie kein Doppelhaus. Erforderlich ist weiterhin, dass die beiden „Haushälften“ in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden, da insoweit das Erfordernis der baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element enthält (BVerwG, U. v. 24.2.2000, a. a. O., Rn. 20).
Im
2.2 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze fügt sich das streitgegenständliche Bauvorhaben nicht in einer die wechselseitige Verträglichkeit beachtenden Weise in die dazugehörige Hausgruppe ein. Vielmehr verletzt es das bei einem Doppelhaus bzw. einer Hausgruppe im Lichte des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO zu sehende Rücksichtnahmegebot. Der auf dem ein- bzw. bei einer Hausgruppe zum Teil beidseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände basierende Interessenausgleich ist nicht mehr gewahrt, wenn ein Gebäude verwirklicht wird, das sich als gänzlich anderer Haustyp mit unterschiedlichen Gebäudeabmessungen und Höhenentwicklungen darstellt. So liegt der Fall hier.
Das streitgegenständliche Bauvorhaben verfügt bei einer größeren Länge und Tiefe - mit einem im Süden gegenüber der benachbarten Außenwand um 1,24 m vorgesetzten Außenwandteil - über eine erheblich andere Kubatur als die übrige Reihenhauszeile. Diese weitgehend andersartige Kubatur wird auch nicht etwa dadurch wesentlich relativiert, dass der Anschluss an das westliche Nachbargebäude bis auf die 0,40 m höhere Traufe im Norden profilgleich gestaltet wird. Denn die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus - bzw. mehrerer als Reihenhaus - hängt nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinandergebaut sind. Das Vorliegen eines Doppelhauses kann mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung und Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Straßenbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (BVerwG, B. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12, a. a. O.). Das streitgegenständliche Bauvorhaben setzt sich in einer Weise von den übrigen Reihenhäusern ab, die zur Verwirklichung einer einseitigen grenzständigen Bebauung führt, die insoweit vorbildlos ist. Anders als die westlich benachbarten Häuser entfaltet das Vorhaben mit den bis knapp unter den First hochgezogenen, in der Summe jeweils die Hälfte der Länge des Dachgeschosses einnehmenden Außenwandteilen (3,30 m) auf der Süd- und Nordseite eine dreigeschossige Wirkung. Demgegenüber verfügen die westlichen Nachbarhäuser - wie die in das Verfahren eingeführten Luft- und Straßenansichten des BayernAltlas und von Google-Streetview belegen - lediglich über Dachliegefenster und kleinere/mittlere Gauben entweder auf der Süd- oder der Nordseite, die die ausschließliche Zweigeschossigkeit dieser Häuser unberührt lassen.
Die Ostseite des Vorhabens stellt sich demgegenüber ohnehin als ein dreigeschossiger Flachdachbau dar, da dessen Wandhöhe auf der gesamten Ostseite bei 8,40 m liegt, und die Terrassenüberdachung die Spitze des Firstes des zurückgesetzten Satteldaches optisch verdrängt. Dabei spielt es keine Rolle, dass das Dachgeschoss rechnerisch wohl kein Vollgeschoss (vgl. Art. 2 Abs. 4 Satz 1 BayBO 98) darstellt, da es - nach den Berechnungen des Gerichts - die Höhe von 2,30 m über 2/3 seiner Grundfläche knapp verfehlt. Im unbeplanten Innenbereich kommt es nicht auf exakte Maßzahlen an (BVerwG, U. v. 23.3.1994 - 4 C 18.92, BVerwGE 95, 277 f. und
Entgegen der Ansicht der Beigeladenen führt die Existenz des an der Westseite der ...-str. 121 vorhandenen Anbaus zu keinem anderen Ergebnis. Dieser hat auf das - bisher - einheitliche Erscheinungsbild der zweigeschossigen, 28 m langen Reihenhauszeile ebenso wenig Einfluss wie die östlich der ...-str. 115 situierten Garagen.
2.3 Die Klägerin kann auch als nicht direkt angrenzender Nachbar unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots geltend machen, dass sich das Vorhaben nicht in die Reihenhauszeile einfügt.
Die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens hat, da es für die Existenz als Hausgruppe auf die wechselseitige Verträglichkeit - aller - zugehörigen Häuser ankommt, nicht nur Auswirkungen auf den direkt angrenzenden Nachbarn. Vielmehr stellt ein solcher „Ausbruch“ aus der Häusergruppe deren Existenz insgesamt in Frage mit der Folge, dass auch weitergehenden Veränderungen der anderen Häuser von Seiten der Nachbarn nicht mehr entgegengetreten werden könnte.
Da somit das streitgegenständliche Bauvorhaben das nachbarliche Austauschverhältnis auch gegenüber der Klägerin aus dem Gleichgewicht bringt und die harmonische Beziehung der Gebäude zueinander in Frage stellt, stellt es sich als planungsrechtlich unzulässig dar und verletzt auch insoweit das Rücksichtnahmegebot.
3. Die Unstimmigkeit der genehmigten Pläne hinsichtlich der Darstellung des Satteldachs im Anschluss an die westliche Nachbarbebauung spielt daher keine entscheidende Rolle mehr. Allerdings ist festzustellen, dass die Pläne insoweit unstimmig sind, als die Traufe im Norden 0,4 m (abgegriffen) höher liegt als die des westlich anschließenden Nachbarhauses der Klägerin, die Traufe im Süden profilgleich anschließt und dennoch das Dach in der Ansicht West und im Schnitt A-A mit exakt gleich langen, symmetrischen Schenkeln dargestellt wird.
4. Ebenso kann offen bleiben, ob das Bauvorhaben auch gegen Abstandsflächenvorschriften verstößt. Da die Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren ergangen ist und keine Abweichungen erteilt wurden, war die Einhaltung der Abstandsflächen gemäß Art. 59 Satz 1 BayBO nicht Gegenstand der Prüfung im Genehmigungsverfahren. Hierauf hat die Beklagte im Bescheid unter der Rubrik „Inhalt der Baugenehmigung“ hingewiesen. Die Feststellung unter der Rubrik „Nachbarwürdigung: … Das Bauvorhaben entspricht den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind, nachbarrechtlich geschützte Belange werden nicht beeinträchtigt“ bezieht sich daher ganz eindeutig allein auf die planungsrechtliche Prüfung. Die von der Klagepartei aufgestellte Behauptung, durch die Feststellung „nachbarrechtliche geschützte Belange werden nicht beeinträchtigt“ sei das Abstandsflächenrecht Gegenstand der Prüfung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens geworden, ist dementsprechend abwegig.
5. Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 und 3 Satz 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO stattzugeben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 7.500,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.
(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.
(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.
(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.
(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.
(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.
(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.
(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 12. November 2012 wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
Tenor
-
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. August 2014 wird zurückgewiesen.
-
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
-
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.
Gründe
- 1
-
Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos.
- 2
-
I. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
- 3
-
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 9. April 2014 - 4 BN 3.14 - ZfBR 2014, 479 Rn. 2).
- 4
-
Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob
-
bei der Prüfung der Frage, ob ein grenzständiger Anbau noch das Erfordernis der baulichen Einheit gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO entsprechend den planerischen Festsetzungen wahrt, zu berücksichtigen ist,
-
welche weiteren Bebauungen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hausgrundstück der Betroffenen zulässig sind
-
und ob die Betroffenen selbst die Möglichkeit haben, durch eine intensivere bauliche Nutzung ihres Grundstückes die Nachbarbebauung zu kompensieren.
- 5
-
Diese Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Eine Klärung durch eine höchstrichterliche Entscheidung in einem Revisionsverfahren ist nicht erforderlich, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt (BVerwG, Beschlüsse vom 24. August 1999 - 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> und vom 16. November 2004 - 4 B 71.04 - NVwZ 2005, 449 <450>). So liegt es hier.
- 6
-
Nach der Rechtsprechung des Senats erfordert der planungsrechtliche Begriff des Doppelhauses im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (BVerwG, Urteile vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <357 ff.> und vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 13). Für den Begriff der Hausgruppe im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gelten diese Grundsätze entsprechend. Aus ihnen folgt, dass es für die Frage, ob grenzständige Gebäude eine Hausgruppe bilden, allein auf die wechselseitige Verträglichkeit dieser Gebäude ankommt. Dies schließt es sowohl aus, die Bebauung anderer Grundstücke als der Hausgruppe in den Blick zu nehmen, als auch, bestehende oder fehlende Bebauungsmöglichkeiten zu betrachten. Maßgebend ist allein, ob das Bauvorhaben mit der vorhandenen grenzständigen Bebauung eine Hausgruppe bildet.
- 7
-
II. Die Revision ist nicht wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
- 8
-
Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
- 9
-
Anders als die Beschwerde meint, weicht das angegriffene Urteil nicht von dem Senatsurteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - (BVerwGE 148, 290 Rn. 22 f.) ab. Das Oberverwaltungsgericht hat an der von der Beschwerde angeführten Stelle (UA S. 11) angenommen, dass es für die Auslegung des § 22 BauNVO allein auf die Verhältnisse innerhalb der jeweiligen Hausgruppe ankommt. Dies steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats, dass für den Zulässigkeitsmaßstab des § 34 Abs. 1 BauGB die Umgebungsbebauung maßgeblich ist (a.a.O.). Denn während sich das Oberverwaltungsgericht zu der Frage äußert, ob eine Bebauung in der offenen Bauweise zulässig ist, betrifft die Aussage des Senats die Frage, wann das Einfügen in die nähere Umgebung eine offene Bauweise erfordert. Dies sind unterschiedliche Fragen. Im Übrigen übersieht die Beschwerde, dass § 34 Abs. 1 BauGB im Streitfall keine Bedeutung zukommt, weil das angegriffene Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans errichtet wurde.
- 10
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III. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
- 11
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1. Die Beschwerde hält die gerichtliche Aufklärungspflicht für verletzt, weil das Oberverwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, die Örtlichkeit in Augenschein zu nehmen, abgelehnt und angenommen hat, dem Gericht erschlössen sich die örtlichen Verhältnisse durch die vorliegenden Lichtbilder und Karten (UA S. 15).
- 12
-
Dies führt nicht auf einen Verfahrensfehler. Lichtbilder und Lagepläne sind im Rahmen von § 86 Abs. 1 VwGO unbedenklich verwertbar, wenn sie die Örtlichkeiten in ihren für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Merkmalen so eindeutig ausweisen, dass sich der mit einer Ortsbesichtigung erreichbare Zweck mit ihrer Hilfe ebenso zuverlässig erfüllen lässt. Ist dies der Fall, so bedarf es unter dem Gesichtspunkt des Untersuchungsgrundsatzes keiner Durchführung einer Ortsbesichtigung. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein Beteiligter geltend macht, dass die Karten oder Lichtbilder in Bezug auf bestimmte, für die Entscheidung wesentliche Merkmale keine Aussagekraft besitzen, und dies zutreffen kann (BVerwG, Urteil vom 14. November 1991 - 4 C 1.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236; Beschluss vom 3. Dezember 2008 - 4 BN 26.08 - BRS 73 Nr. 91 Rn. 3).
- 13
-
Dem Oberverwaltungsgericht lagen Lichtbilder aus dem Eilverfahren und dem Hauptsacheverfahren vor, ferner Planunterlagen. Die Beschwerde legt nicht dar, inwieweit diese Unterlagen unzureichend gewesen sein sollten. Dass die Verhältnisse auf den Grundstücken beengt sind, hat das Oberverwaltungsgericht erkannt und gewürdigt (UA S. 11 f.) und hinsichtlich der Besonnung, Belichtung und Belüftung auf die bloße Eingeschossigkeit des Anbaus und den von der Klägerin errichteten Sichtschutz verwiesen (UA S. 13). Welche weiteren Erkenntnisse sich die Klägerin von einer Ortsbesichtigung verspricht, legt sie nicht substantiiert dar.
- 14
-
2. Die Klägerin zeigt auch keinen Verfahrensfehler mit der Rüge auf, das Oberverwaltungsgericht hätte aufklären müssen, ob es sich bei dem Anbau um einen unbeheizten Wintergarten oder eine beheizte Wohnraumerweiterung gehandelt habe, weil im letztgenannten Fall die Privilegierung nach § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 LBauO RP nicht eingreife und daher Abstandsflächen nach § 8 Abs. 1 LBauO RP einzuhalten seien. Maßgeblich für die Frage, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist der materiell-rechtliche Standpunkt des Tatsachengerichts, auch wenn dieser rechtlichen Bedenken begegnen sollte (stRspr, BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>). Das Oberverwaltungsgericht hat aber nicht angenommen, dass der streitgegenständliche Anbau wegen § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 LBauO RP keine Abstandsflächen einhalten müsse, sondern hat seine Annahme auf § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBauO RP gestützt. Dass es mit Blick auf diese Norm auf die Nutzung und Ausstattung des Anbaus ankommen könnte, legt die Beschwerde nicht dar.
- 15
-
3. Der Vorwurf der Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht habe den Umfang des Vorhabens unberücksichtigt gelassen, zeigt keinen Verfahrensfehler auf, sondern wendet sich gegen die Anwendung nicht revisiblen Landesrechts. Dies kann nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen. Dass es zur Feststellung der baulichen Maße des Anbaus und der Grundstücksgröße einer Ortsbesichtigung bedurft haben könnte, legt die Beschwerde nicht einmal im Ansatz dar.
- 16
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Von einer weiteren Begründung, namentlich zur Beschwerdebegründung in dem Schriftsatz vom 11. November 2014, sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
- 17
-
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 12. November 2012 wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Gründe
- 1
-
I. Über die Beschwerde entscheidet der Senat ohne die Mitwirkung des Richters am Bundesverwaltungsgericht ..., zu dessen engerem Freundeskreis eine Beteiligte gehört. Dieser Grund ist geeignet, im Sinne von § 42 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 54 Abs. 1 VwGO Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Denn es reicht aus, wenn vom Standpunkt der Beteiligten aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unparteilichkeit eines Richters zu zweifeln (stRspr, BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1975 - 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <38> und Beschluss vom 25. Juni 2015 - 9 B 31.15 - juris Rn. 3). Dies ist jedenfalls bei nahen persönlichen Beziehungen zwischen einem Richter und einem Beteiligten der Fall (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2005 - II ZR 304/03 - BGHReport 2005, 1350).
- 2
-
II. Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.
- 3
-
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
- 4
-
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 9. April 2014 - 4 BN 3.14 - ZfBR 2014, 479 Rn. 2).
- 5
-
a) Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob die vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 26. Juni 2014 - 7 A 2725/12 - BauR 2014, 1919) entwickelten und vom Verwaltungsgerichtshof übernommenen Kriterien für den bauplanungsrechtlichen Begriff des Doppelhauses mit Bundesrecht in Übereinstimmung stehen. Dies führt nicht zur Zulassung der Revision, weil der Senat die von der Beschwerde insoweit angesprochenen Fragen in dem nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist veröffentlichten Revisionsurteil vom 19. März 2015 (- 4 C 12.14 - BauR 2015, 1309 zu OVG Münster, Urteil vom 26. Juni 2014 - 7 A 1276/13 -) beantwortet hat. Danach lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual bestimmen, ob zwei grenzständig errichtete Baukörper ein Doppelhaus bilden. Es bedarf vielmehr einer Würdigung des Einzelfalls unter Betrachtung quantitativer und qualitativer Gesichtspunkte (BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 4 C 12.14 - BauR 2015, 1309 = juris Rn. 19). Für den Begriff der Hausgruppe gelten diese Grundsätze entsprechend (BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 - 4 B 65.14 - juris Rn. 6).
- 6
-
b) Die Revision ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen, ob die Grundstücksgröße, die Länge der einseitigen Bebauung der gemeinsamen Grenze sowie das Verhältnis dieser Länge zur unbebaut bleibenden gemeinsamen Grenze für das Gebot der Rücksichtnahme von Bedeutung sind.
- 7
-
Für die Begriffe der Hausgruppe und des Doppelhauses ist in der Rechtsprechung bereits geklärt, dass es allein auf die wechselseitige Verträglichkeit der grenzständigen Gebäude ankommt. Bestehende oder fehlende Bebauungsmöglichkeiten sind danach unbeachtlich (BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 - 4 C 12.14 - BauR 2015, 1309), ebenso die Größe der jeweiligen Grundstücke. Die Länge der einseitig grenzständigen Bebauung hat der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <361>) in den Blick genommen (UA Rn. 28). Das Verhältnis der Länge der einseitigen Grenzbebauung zur verbleibenden unbebauten Grenze ist dagegen für die Verträglichkeit der Gebäude nicht von Bedeutung.
- 8
-
Sollte die Frage auf das Gebot der Rücksichtnahme im Übrigen gemünzt sein, so ist in der Rechtsprechung geklärt, dass ein Vorhaben, das in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich dann in die Eigenart der näheren Umgebung nicht einfügt, wenn dieses Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <378>). Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 C 11.11 - BVerwGE 145, 290 Rn. 32). Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung der Größe der verbleibenden Freiflächen auf dem klägerischen Grundstück sowie Länge und Höhe der einseitigen grenzständigen Bebauung einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme verneint (UA Rn. 29 f.). Die Kläger legen nicht dar, inwiefern eine Berücksichtigung des Verhältnisses von einseitig grenzständiger Bebauung zur Länge der verbleibenden unbebauten Grenze dieses Ergebnis in Zweifel ziehen könnte, namentlich, welchen nachbarlichen Belang sie insoweit beeinträchtigt sehen.
- 9
-
c) Die Kläger halten für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob allein die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens dieses zwangsläufig rücksichtsvoll im Sinne des Bauplanungsrechts und im Sinne des nachbarrechtlichen Ausgleichsverhältnisses macht. Auch dies führt nicht zur Zulassung der Revision.
- 10
-
Die Frage ist weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme auch verletzt sein kann, wenn etwa die landesrechtlichen Vorschriften über die Abstandsflächen gewahrt sind (BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1999 - 4 B 128.98 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 159 S. 2 m.w.N.). Der Verwaltungsgerichtshof legt seiner Entscheidung keinen hiervon abweichenden Rechtssatz zugrunde, sondern verneint tatrichterlich eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme (UA Rn. 29 f.). Die in diesem Zusammenhang angeführten bauordnungsrechtlichen Vorschriften illustrieren seine Argumentation, gehen aber nicht auf den von der Beschwerde angenommenen Rechtssatz zurück. Ob die Wirkungen des streitgegenständlichen Anbaus auf dem klägerischen Grundstück einer Grenzgarage oder einem Sichtschutzzaun vergleichbar sind, ist eine Tatfrage, die keiner revisionsgerichtlichen Kontrolle unterliegt.
- 11
-
2. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
- 12
-
Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14). Ferner muss dargelegt werden, inwiefern das angefochtene Urteil auf dieser Abweichung beruht (BVerwG, Beschluss vom 11. Juni 1974 - 6 B 42.74 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 122 S. 70).
- 13
-
a) Die Revision ist nicht wegen einer Divergenz zum Senatsurteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - (BVerwGE 110, 355 <360>) oder einer nachträglichen Divergenz zu dem Senatsurteil vom 19. März 2015 - 4 C 12.14 - (BauR 2015, 1309 = juris Rn. 14 f.) zuzulassen.
- 14
-
Nach diesen Urteilen lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen, in welchem Umfang bei einem Doppelhaus die beiden Haushälften aneinander gebaut sein müssen. Der Verwaltungsgerichtshof legt hiervon abweichend den Rechtssatz zugrunde, ein einheitlicher Baukörper könne jedenfalls dann nicht mehr angenommen werden, wenn sich auch nur eines der Merkmale Geschosszahl, Gebäudehöhe, Bebauungstiefe und -breite sowie das Brutto-Raumvolumen um mehr als die Hälfte unterscheide (UA Rn. 27 a.E.). Die Revision ist dennoch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, weil das Urteil auf dieser Abweichung nicht beruht.
- 15
-
Der Rechtssatz des Verwaltungsgerichtshofs stellt - in negativer Formulierung - notwendige Bedingungen für das Vorliegen eines einheitlichen Baukörpers auf, deren mangelnde Erfüllung das Bestehen einer Hausgruppe oder eines Doppelhauses ausschließt. Der so verstandene Rechtssatz trägt das Urteil schon deshalb nicht, weil der Verwaltungsgerichtshof das Bestehen einer Hausgruppe bejaht und nicht etwa - in Anwendung dieses Rechtssatzes - verneint hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Entscheidung dagegen nicht den darüber hinausgehenden Rechtssatz zugrunde gelegt, die angeführten Bedingungen seien hinreichende Bedingungen, bei deren Erfüllung stets ein einheitlicher Baukörper vorliege (vgl. zu dieser Unterscheidung BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 4 C 12.14 - BauR 2015, 1309 = juris Rn. 14). Seine Annahme, es bestehe weiterhin eine Hausgruppe, beruht nicht auf einer vom Senat als bundesrechtswidrig beanstandeten mathematisch-prozentualen Bestimmung. Dies zeigen die weiteren Ausführungen: Als maßgeblich hat der Verwaltungsgerichtshof die konkreten Umstände des Einzelfalls angesehen, die angeführten quantitativen Kriterien sind nach seiner Auffassung nicht abschließend (UA Rn. 27 a.E. "insbesondere"). Er hat ergänzend die absolute Gebäudehöhe betrachtet, das Maß der jeweiligen Abweichung gewichtet ("deutlich weniger als die Hälfte"; "Unterordnung"), die absolute Höhe des grenzständigen Anbaus in den Blick genommen und durch den Vergleich der Kubatur mit einem typischen Garagenanbau qualitativ bewertet, die Bausituation im Übrigen gewürdigt und abschließend eine Wahrung des Charakters als Hausgruppe bejaht (UA Rn. 28).
- 16
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b) Die Beschwerde entnimmt im Übrigen dem Senatsurteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - (BVerwGE 110, 355) den Rechtssatz, bei der Beurteilung eines Doppelhauses oder einer Hausgruppe dürften absolute oder relative Größenangaben nicht in Rechnung gestellt werden. Einen solchen Rechtssatz hat der Senat indes weder in dem genannten Urteil noch in seinem Urteil vom 19. März 2015 - 4 C 12.14 - (BauR 2015, 1309) aufgestellt.
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c) Die weiter behauptete Divergenz zu den Senatsurteilen vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - (BVerwGE 110, 355 <359>) und vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - (BVerwGE 148, 290 Rn. 21) ist nicht dargelegt. Dies gilt sowohl für das (grundsätzliche) Verbot eines einseitigen Grenzanbaus in der offenen Bauweise (UA Rn. 26) als auch für die geforderte Rücksicht auf die Bebauung in unmittelbarer Nähe (vgl. UA Rn. 29). Der bloße Vorwurf, der Verwaltungsgerichtshof habe Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts fehlerhaft angewendet, führt nicht zur Zulassung wegen Divergenz (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14).
- 18
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3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG verfehlt die Darlegungsanforderungen, weil die Kläger nicht - wie erforderlich - vortragen, was sie auf den von ihnen vermissten rechtlichen Hinweis noch vorgetragen hätten (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. März 2013 - 4 B 15.12 - BauR 2013, 1248 Rn. 14 und vom 19. Februar 2014 - 4 B 40.13 - juris Rn. 15
).
- 19
-
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 12. November 2012 wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Gründe
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München
2 B 15.1431
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 29. Oktober 2015
(VG München, Entscheidung vom 11. November 2013, Az.: M 8 K 12.3084)
2. Senat
H.-Z. als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Sachgebietsschlüssel: 920
Hauptpunkte: Baugenehmigung, Prüfungsumfang, Abstandsflächen, Abweichung
Rechtsquellen:
Leitsätze:
In der Verwaltungsstreitsache
...
gegen
Landeshauptstadt München,
vertreten durch den Oberbürgermeister, Lokalbaukommission, Blumenstr. 19, München,
- Beklagte -
beigeladen:
1. ...,
vertreten durch den Geschäftsführer, ...
2. ...
bevollmächtigt zu 1 und 2: Rechtsanwälte ...
beteiligt:
Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, München,
wegen Baugenehmigung ..., Fl. Nr. 17139 Gemarkung ...
hier: Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 2. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dösing, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Bauer, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Winkler aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15. Oktober 2015 folgendes Urteil:
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Entscheidungsgründe:
Rechtsmittelbelehrung
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger sind Eigentümer des Reihenendhauses ...-str. 115, Fl.Nr. ..., Gemarkung ... Das Reihenendhaus der Kläger bildet mit drei weiteren nordwestlich angrenzenden Häusern eine Reihenhauszeile.
(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)
Mit Antrag vom
Der Neubau, zweigeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss, weist demgegenüber eine Grundfläche von 8,145 m x 10,355 m auf. Hierbei wird sowohl die Länge des Hauses in Ost-West-Richtung vergrößert, als auch das Reihenendhaus dergestalt verbreitert, dass die südliche Außenwand soweit vorgesetzt wird, dass sie profilgleich an die Umwehrung des überdachten Balkons des Nachbargebäudes anschließt. Sowohl das Nachbargebäude ...-str. 117 als auch die westlich daran anschließenden Gebäude ...-str. 119 und 121 verfügen über diesen überdachten, 1,20 m tiefen Balkon, der jeweils über die gesamte Südfront des 1. Obergeschosses verläuft.
Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben ist an der Südseite in der Süd-Ost-Ecke ein eingeschossiger Anbau mit den Maßen 4,49 m (Südseite) x 3 m (Ost- und Westseite) mit einer Höhe von 3,20 m (+ 3,25 m vermaßt bei einer Geländeoberkante von - 0,05 m) vorgesehen; auf diesem eingeschossigen Anbau soll eine Dachterrasse errichtet werden, deren Umwehrung im Osten und im Westen um 0,40 m und im Süden um 0,50 m (alle Maße abgegriffen) zurückgesetzt werden soll.
Das Dachgeschoss schließt zwar mit dem im westlichen Teilbereich vorgesehenen Satteldach profilgleich an das Satteldach des Nachbargebäudes ...-str. 117 an, allerdings mit der Maßgabe, dass es auf der Nordseite eine um 0,40 m (abgegriffen, da in den Plänen nicht vermaßt) höhere Traufe aufweist. Im östlichen Teil der Südseite wird das Satteldach zur Hälfte durch die auf einer Breite von 3,30 m bis auf eine Höhe von 7,96 m (+ 7,81 m vermaßt bei einem Gelände, das hier bei - 0,25 m liegt) hochgezogene Außenwand ersetzt. Die östliche Außenwand des Dachgeschosses des Vorhabens ist von der Außenwand der beiden darunter liegenden beiden Geschosse um 1,50 m zurückgesetzt und verfügt über einen horizontalen Abschluss mit einer Höhe, von 8,50 m, wobei auch der nördliche Abschluss dieser östlichen Außenwand von dem darunter liegenden Geschoss um 1,20 m zurückgesetzt ist und auf der Nordseite mit einer Breite von 1,70 m (abgegriffen) und einer Höhe von 8,50 m festgesetzt wird und auch hier insoweit den östlichen Teil des Satteldachs ersetzt.
Weiterhin wird auf der Nordseite in einem Abstand von 1 m vom Nachbargebäude die Außenwand nochmals auf einer Breite von 1,60 m (abgegriffen) und einer Höhe von 8,00 m (abgegriffen, erst ab der Traufe vermaßt) hoch- und vor das insoweit zurücktretende Satteldach vorgezogen.
An der Ostseite des streitgegenständlichen Gebäudes befindet sich auf dem 2. Obergeschoss eine Dachterrasse, deren Geländer auf der Ostseite um 0,45 m, auf der Südseite um 0,40 m und auf der Nordseite um 1,20 m von den darunter liegenden Außenwänden der unteren Geschosse zurückgesetzt ist. Die Dachterrasse verfügt nahezu über ihrer gesamten Länge über eine 1,35 m vor die östliche Außenwand des Dachgeschosses hervortretende Überdachung. In der Ostansicht ist über dieser Überdachung, circa in deren Mitte, die Spitze des zurückgesetzten Satteldaches erkennbar.
Mit Bescheid vom
Laut Aktenvermerk der Beklagten wurde am
Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde zunächst festgestellt, dass die Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren ohne Prüfung, ob das Vorhaben allen Bauvorschriften entspreche und auch die Abstandsflächen eingehalten würden, erteilt worden sei. Der begrenzte Prüfumfang entbinde jedoch nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung aller Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an das Bauvorhaben gestellt werden würden.
Weiterhin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorhaben die erforderlichen Abstandsflächen nach Osten und Norden nicht einhalte, weshalb das Vorhaben nicht ausgeführt werden dürfe.
Die Baueinstellung sei daher in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens notwendig, da nur auf diese Weise ordnungsgemäße Zustände hergestellt werden könnten.
Die schriftliche Baueinstellungsverfügung wurde der Klägerin zu 2) mit Postzustellungsurkunde am
Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2015, beim Verwaltungsgericht München
den Baueinstellungsbescheid vom
Gleichzeitig stellten sie einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO mit dem Ziel, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baueinstellungsbescheid vom 8. Dezember 2015 wiederherzustellen (M 8 S 15.5671).
Zur Begründung von Klage und Antrag wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass keine Abstandsflächen anfielen, da Art. 6 Abs. 1 Satz 3 und Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO greifen würden. Im gesamten Gebiet bestehe geschlossene (Reihenhaus-) Bebauung; das klägerische Anwesen könne nur deshalb nicht vollständig an die nördliche Grundstücksgrenze gesetzt werden, da die bestehenden 4 Reihenhäuser ...-str. 115-121 etwas schräg zur Grundstücksgrenze stünden.
Die knapp 3 m breiten Garagengrundstücke im Osten könnten für sich genommen nicht bebaut werden, mit der Folge, dass hier auch Art 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO greife.
Dasselbe gelte im Norden. Die Abstandsfläche falle hier auf den vorbeiführenden Weg Fl.Nr. ..., der ebenfalls nicht bebaut werden könne, weshalb das Vorhaben die volle Breite dieses Weges in Anspruch nehmen könne. Auf den südlichen Flächen der nördlich an den Weg anstoßenden Grundstücke könne aufgrund des Baulinienplanes Nr. ... weder eine irgendwie geartete bauliche Anlage errichtet werden, noch könnten die dort bestehenden Häuser in einer Form erweitert werden, die auch nur theoretisch dazu führen könnte, dass Abstandsflächen bis auf den Weg fielen. Damit stehe nicht nur der Weg, sondern auch südlichen Flächen der nördlich anstoßenden Grundstücke für die Abstandsflächen des Vorhabens zur Verfügung.
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen
und verwies zur Begründung auf ihre Ausführungen vom
Hier legte die Beklagte dar, dass sich die Kläger weder auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO noch auf Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO berufen könnten, da das Vorhaben weder an die nördliche noch an die südliche Grundstücksgrenze angebaut sei. Abgesehen davon erlaube § 22 Abs. 3 BauNVO bei geschlossener Bauweise auch nur den Anbau an seitliche Grundstücksgrenzen. Die südlichen Flächen der nördlichen Nachbargrundstücke seien nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf Dauer unüberbaubar.
Das Gericht hat am
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom
1. Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden.
Eine Baueinstellung kommt sowohl bei genehmigungs- wie nicht genehmigungspflichtigen Bauvorhaben in Betracht. Bei genehmigungspflichtigen Vorhaben kann eine Baueinstellung bei formeller Baurechtswidrigkeit verfügt werden, wenn also für das Vorhaben keine Genehmigung vorliegt oder von genehmigten Plänen abgewichen wird (vgl. Art 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i. V. m. Art 68 Abs. 5 BayBO). Das Gleiche gilt bei materieller Baurechtswidrigkeit, wenn ein Verstoß gegen Vorschriften im Raum steht, die im Rahmen des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens gem. Art. 59 Abs. 1 Satz 1 BayBO nicht geprüft werden. Die Baueinstellung beinhaltet folglich auch keine Aussage über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens, sondern soll nur sicherstellen, dass eine Prüfung und Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens aufgrund ordnungsgemäßer Bauvorlagen in dem dafür vorgesehenen Verfahren erfolgt bzw. bei einem Verstoß gegen materielle, nicht geprüfte Vorschriften durch die Errichtung keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden (st. Rspr. vgl. BayVGH, B. v. 14.11.2001 - 20 ZB 01.2648 - juris).
Im Hinblick auf die Zweckrichtung der Baueinstellung als bauaufsichtlicher Sofortmaßnahme zur Verhinderung der Schaffung vollendeter Tatsachen ist diese nicht erst dann gerechtfertigt, wenn feststeht, dass die Bauarbeiten einem rechtswidrigen Vorhaben dienen. Vielmehr reicht für den Erlass der durch Tatsachen belegte „Anfangsverdacht“ eines formellen oder materiellen Rechtverstoßes aus. Die Bauarbeiten dürfen demgemäß schon dann unterbunden werden, wenn objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es wahrscheinlich machen, dass ein dem öffentlichen Recht formell oder materiell widersprechender Zustand geschaffen wird (vgl. BayVGH, U. v. 4.7.1973 - Nr. 60 II 71 - BayVBl 1974, 436 und
1.1 Die Voraussetzungen des Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO lagen hier zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses vor und sind auch weiterhin gegeben.
1.1.1 Zurecht ist die Beklagte davon ausgegangen, dass das Vorhaben die erforderlichen Abstandsflächen nach Norden zu den Grundstücken ...-str. 16 und 18 (Fl.Nrn. ... und ...) nicht einhält.
Der Abstand der nördlichen Außenwand des Vorhabens zu seiner nördlichen Grundstücksgrenze beträgt zwischen 0,75 m (abgegriffen, nicht vermaßt) an der engsten Stelle im Osten und 1,25 m an der Nord-West-Ecke des Grundstücks. Der Weg (Fl.Nr. ...), der nach Westen zwischen den Reihenhausanlagen ...-str. 115 - 121 und ...-str. 12 - 20 hindurchführt, hat in diesem Bereich eine Breite von 2,40 m (abgegriffen).
Die Traufhöhe der nördlichen Außenwand beträgt 5,80 m - abgegriffen, die Nordseite ist nicht vermaßt, die Wandhöhe auf der Südseite beträgt + 5,75 m, die Geländeoberkante auf der Nordseite liegt bei - 0,05 m, so dass ein Vergleich mit der Südseite ein Maß ergibt, das dem abgegriffenen Maß von 5,80 m entspricht. Zusammen mit dem 1,65 m breiten bis auf eine Höhe von 8 m (abgegriffen, da ebenfalls nicht ab der Geländeoberkante vermaßt) hochgezogenen westlichen Außenwandteil auf der Nordseite und dem zurückgesetzten östlichen Teil der nördlichen Außenwand mit einer Wandhöhe von 8,40 m (vermaßt mit + 8,35 m, Geländeoberkante bei - 0,05 m) ergeben sich Abstandsflächentiefen von 5,80 m, 8 m und 8,40 m. Diese Abstandsflächen fallen im Bereich des Satteldaches mit einer Tiefe von 2,15 m bis 2,65 m (5,80 m Wandhöhe - 2,40 m Weg - 1,25 m/0,75 m Grundstücksbreite), im Bereich des hochgezogenen - westlichen - Wandteils mit einer Tiefe von 4,35 m (8,00 m - 2,40 m - 1,25 m - fällt nur auf die Fl.Nr. ...) und im Bereich des östlichen Außenwandteils der Nordseite mit einer Tiefe von 3,75 m (8,40 m - 2,40 m - 0,75 m - 1,20 m
Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Klagepartei kann das Vorhaben im Norden nicht den Wegfall der Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO für sich beanspruchen. Zum einen ist das Vorhaben in einer Entfernung von 0,75 m - 1,25 m von dieser Grundstücksgrenze situiert. Zum anderen bedingt ein Zusammenfallen von Baugrenze und Grundstücksgrenze - anders als bei einer Baulinie - nicht ohne weiteres die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Grenzanbaus im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO.
Die Abstandsflächen dürfen sich auch nicht nach Art. 6 Abs. 2 Satz 3 Alt. 1 BayBO auf die Nachbargrundstücke erstrecken. Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO bestimmt, dass sich Abstandsflächen sowie Abstände im Sinne des Satzes 1 des Art. 6 Abs. 2 BayBO ganz oder teilweise auf andere Grundstücke erstrecken dürfen, wenn rechtlich oder tatsächlich gesichert ist, dass sie nicht überbaut werden. Rechtliche Gründe, die einer Überbauung entgegenstehen, liegen nur vor, wenn eine zivilrechtlich dingliche Sicherung besteht, wie die Übernahme der Abstandsflächen durch eine Grunddienstbarkeit und/oder eine inhaltsgleich beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Molodovsky/Famers/Kraus, Komm. zur BayBO, Art. 6 Rn. 99 und 100). Öffentlich-rechtliche Gründe stehen der Überbaubarkeit nicht entgegen, da deren Annahme voraussetzt, dass das Maß einer öffentlich-rechtlichen Sicherung aufgrund anderer Vorschriften dem der Sicherung durch eine - in Bayern nicht existierende - Baulast vergleichbar sein muss (vgl. OVG NRW, B. v. 17.3.1994 - 11 B 2666/93 - juris Rn. 2 und 3).
Dementsprechend ist vorliegend auch durch die Bauraumfestsetzung die Unüberbaubarkeit der südlichen Bereiche der beiden Fl.Nrn. ... und ... nicht mit der im Hinblick auf den massiven Eigentumseingriff, den die Erstreckung der Abstandsfläche auf benachbarte Grundstücke beinhaltet, notwendigen Sicherheit festgeschrieben.
Zum einen können von Bauraumfestsetzungen Befreiungen erteilt werden, auch können derartige Festsetzungen obsolet oder in einem Bebauungsplanänderungsverfahren aufgehoben werden. Vorliegend weist die rückwärtige Baugrenze der Reihenhauszeile ...-str. 12 - 20 ohnehin bereits massive Überschreitungen auf. Sie wird in ihrem Geltungsbereich für fünf Grundstücke bereits bei drei Grundstücken nicht unerheblich überschritten.
Auch können gemäß § 23 Abs. 5 BauNVO auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen nach § 14 BauNVO zugelassen werden, die nicht das Privileg des Art. 6 Abs. 9 BayBO in Anspruch nehmen können und somit abstandsflächenpflichtig sind. Dementsprechend hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem
Eine tatsächliche Unüberbaubarkeit ist ebenfalls nicht gegeben. Der Hauptanwendungsfall der tatsächlichen Unüberbaubarkeit liegt dann vor, wenn ein Grundstück oder ein Teilbereich hiervon als Erschließungsfläche benötigt wird; denkbar ist in Ausnahmefällen auch eine Unüberbaubarkeit aufgrund topographischer Besonderheiten. Die Voraussetzungen für eine solche tatsächliche Unüberbaubarkeit liegen bei den beiden Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... - auf die die Abstandsflächen des Bauvorhabens mit den oben dargestellten Tiefen fallen - ersichtlich nicht vor, weshalb diese sich auch nicht gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 3 Alt. 1 BayBO auf diese Grundstücke erstrecken dürfen.
Die zweite Alternative des Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO - Zustimmung des/der Nachbarn - ist ersichtlich ebenfalls nicht gegeben.
1.1.2 Aufgrund dieses erheblichen Abstandsflächenverstoßes durch die nördliche Außenwand des Vorhabens spielt es keine Rolle, dass die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 8. Dezember 2015 zu Unrecht auch einen weiteren Verstoß hinsichtlich der östlichen Außenwand zu den Fl.Nrn. ..., ... und ... (Garagengrundstücke) angenommen hat, der nach Auffassung des Gerichts nicht vorliegt.
Soweit die Abstandsflächen der Ostseite des Bauvorhabens auf die, diesem nicht zugeordneten Garagengrundstücke fallen, bestehen aufgrund der Vorschrift des Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO hiergegen keine Bedenken. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO bestimmt unter anderem, dass in den Abstandsflächen eines Gebäudes sowie ohne eigene Abstandsflächen Garagen einschließlich deren Nebenräume zulässig sind. Dies kann aber im Umkehrschluss nur bedeuten, dass auch die Abstandsflächen eines Gebäudes auf die mit der/den Garage(n) bebauten Fläche(n) fallen dürfen, zumal hierdurch die Intentionen des Abstandsflächenrechts, ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung zu gewährleisten, nicht berührt werden. Vielmehr sind diese Belange bei der Zulassung von Garagen in den Abstandsflächen eines Gebäudes eher tangiert, da hier eine Verschattung des Wohngebäudes im Erdgeschossbereich durch die Garage denkbar ist. Demgegenüber lässt eine Verschattung der Garage durch das Wohngebäude diese Belange völlig unberührt, da eine Garage gerade keine Belichtung, Besonnung und Belüftung bedarf, um ihrer Funktion gerecht zu werden.
2. Die Baueinstellungsverfügung ist auch hinsichtlich der Ermessensausübung durch die Beklagte nicht zu beanstanden.
Eine Baueinstellung bezweckt - wie ausgeführt - primär sicherzustellen, dass bei berechtigten Bedenken gegen die Zulässigkeit und/oder die Rechtmäßigkeit des Vorhabens keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden. Es ist daher regelmäßig sachgerecht, eine entsprechende Verfügung zu erlassen, wenn festgestellt wird, dass ein Bauvorhaben ohne die erforderliche Genehmigung ausgeführt wird oder Umstände die Annahme rechtfertigen, dass gegen materiell-rechtliche Vorschriften verstoßen wird, die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 Abs. 1 Satz 1 BayBO nicht geprüft werden bzw. worden sind (sog. „intendiertes Ermessen“). Die Annahme einer (ausnahmsweisen) Unverhältnismäßigkeit der Verfügung kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil die Beklagte bei der östlichen Außenwand zu Unrecht einen Abstandsflächenverstoß angenommen hat. Dem Abstandsflächenverstoß im Norden hat die Beklagte das entsprechende Gewicht beigemessen, so dass dieser Verstoß - gerade auch im Hinblick auf das oben angeführte „intendierte Ermessen“, die Baueinstellungsverfügung trägt. Dieser Abstandsflächenverstoß kann auch nicht ohne Weiteres durch eine entsprechende Abweichung ausgeräumt werden, obwohl grundsätzlich ein atypischer Grundstückszuschnitt vorliegt, da der Bauraum auf dem streitgegenständlichen und den westlich benachbarten Grundstücken in nur geringer Entfernung der nördlichen, schräg verlaufenden Grundstücksgrenzen situiert ist. Allerdings scheitert die Annahme einer atypischen Situation für das Vorhaben daran, dass es sich planungsrechtlich nicht in seine maßgebliche Umgebung einfügt und insoweit auch gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt (vgl. hierzu die Urteilsgründe in dem Verfahren M 8 K 15.2294 und M 8 K 15.2295 - zwischen den Beteiligten und den hier jeweils klagenden Nachbarn). Da der Abstandsflächenverstoß somit nicht ohne Weiteres durch eine entsprechende Abweichung in Bezug auf das streitgegenständliche Bauvorhaben ausgeräumt werden kann, ist die Baueinstellung auch nicht im Hinblick auf eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit unverhältnismäßig.
Für die Begründung der Ermessensentscheidung reicht es aus, wenn darauf hingewiesen wird, dass die Verfügung im Hinblick auf die formelle und/oder materielle Baurechtswidrigkeit, also das Fehlen einer Genehmigung oder sonstigen Zulassungsentscheidung bzw. den Widerspruch zu materiellem Recht, erfolgt ist. Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen in den Gründen des angefochtenen Bescheides.
3. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung - deren Höhe im unteren Bereich des gesetzlich vorgegebenen Rahmens liegt (vgl. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG) - bestehen nicht. Insbesondere ist es auch nicht zu beanstanden, dass den Klägern keine Frist für die Einstellung der Arbeiten, nach deren Ablauf das Zwangsgeld fällig würde, gesetzt wurde, da das grundsätzliche Erfordernis einer Fristsetzung für die Erfüllung einer Verpflichtung (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) im Falle einer reinen Unterlassungsverpflichtung, um die es sich hier handelt, entfällt (vgl. BayVGH, B. v. 29.3.1993 - 14 CE 93.434 - juris Rn. 31).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.