Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, afghanischer Staatsangehöriger, dem Volk der Hazara zugehörig und schiitischen Glaubens, reiste laut eigenen Angaben am … 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 11. Juli 2016 einen Asylantrag.

Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … … 2016 beschränkte der Kläger seinen Asylantrag gemäß § 13 Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) auf die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und gab im Wesentlichen an, er sei Bodensoldat beim Militär gewesen. Sein Vater habe deshalb einen Drohbrief erhalten. Er selber sei nicht bedroht worden. Er sei in … stationiert gewesen, von dort aus sei er nach … gereist. Einen Tag später habe er Afghanistan verlassen. Dies sei etwa zwanzig Tage nach dem Telefonat mit seinem Vater gewesen. Den Drohbrief, habe er erst in der Türkei erhalten. Sein Cousin habe ihm diesen über Facebook zugesandt. Er habe das Leben seiner Familie nicht gefährden wollen, zumal sie wegen der Taliban unter großem psychischen Druck gestanden hätten. Mit seiner Familie habe er keinen Kontakt. Afghanistan sei kein Land, wo man ohne Gefahr leben könnte.

Mit Bescheid vom 13. Januar 2017, dem Kläger am 17. Januar 2017 mit Post-zustellungsurkunde (Bl. 117 BA) zugestellt, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Nr. 2) ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 3). Der Kläger wurde aufgefordert die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Afghanistan oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Kläger einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 4). Das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 5). Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.

Der Kläger erhob bei der Rechtsantragstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München zur Niederschrift am 25. Januar 2017 Klage mit dem Antrag,

den Bescheid des Bundesamtes vom 13. Januar 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen und den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, sowie festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG bestehen.

Zur Begründung führte der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 6. Juni 2017 aus, dass der vorgelegte Militärausweis belege, dass der Kläger Mitglied in der Afghanischen Nationalarmee gewesen sei. Auch das Bundesamt habe im Asylverfahren keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der Echtheit des Ausweises erhoben. Soweit der Kläger sein Eintrittsdatum in die Armee nicht mehr genau habe angeben können, sei zu berücksichtigen, dass dieser Zeitpunkt fast drei Jahre zurückgelegen habe und sich diesbezüglich sehr wohl Erinnerungslücken eingestellt haben können. Auch hinsichtlich der Echtheit des Drohbriefes habe das Bundesamt keine Zweifel erhoben. Nach seiner Rückkehr müsse der Kläger befürchten, dass das im Drohbrief ausgesprochene Todesurteil von den Taliban vollstreckt werde. Der afghanische Staat könne keinen wirksamen Schutz vor den Taliban leisten. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe dem Kläger nicht zur Verfügung. Aus der Schilderung der Fluchtgründe sei keine Widersprüchlichkeit zu konstruieren. Der Kläger habe nachvollziehbar seine Gründe geschildert und diese glaubhaft gemacht. Zudem handele es sich bei den Mitarbeitern des Bundesamtes, die einerseits den Kläger persönlich angehört, andererseits den Bescheid gefertigt haben, um unterschiedliche Personen. Sämtliche subjektiven Wertungen hinsichtlich der Glaubhaftigkeit des Vortrags seien demnach wertlos, da sich der Entscheider persönlich keinen Eindruck vom Kläger habe machen können.

Die Beklagte übersandte die Behördenakte und stellte keinen Antrag.

Mit Beschluss vom 19. Mai 2017 wurde der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylG auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf den Sachvortrag des Klägers, die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 13. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Er hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Auch ein Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht nicht. Die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung sowie das dreißigmonatige Einreise- und Aufenthaltsverbot sind nicht zu beanstanden.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.

1.1. Danach ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Von einer „Verfolgung“ kann dabei nur ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es dabei regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsstaat zu erleiden hat, etwa in Folge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen. Dementsprechend muss auch eine kriminelle Verfolgung an ein in § 3 AsylG genanntes Merkmal anknüpfen, um als politische Verfolgung gelten zu können (OVG NW, B.v. 28.3.2014 - 13 A 1305/13.A - juris Rn. 17 f.).

1.2. Gemessen an diesen Maßstäben befindet sich der Kläger nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Heimatlandes, weil die vorgetragene individuelle Verfolgung nicht an diese Merkmale anknüpft.

1.2.1. Soweit die Klagepartei eine Furcht vor Verfolgung darauf stützt, dass das afghanische Militär eine bestimmte soziale Gruppe im Sinn des § 3b Abs. 2 Nr. 4 AsylG sei und der Kläger als Angehöriger der afghanischen Armee dieser Gruppe angehört habe, dringt die Klagepartei nicht durch.

Das afghanische Militär ist keine bestimmte soziale Gruppe im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Abs. 2 Nr. 4 AsylG i. V. m. Art. 10 Abs. 1 Buchstabe d) der Richtlinie 2011/95/EU. Für eine solchermaßen erforderliche Gruppenidentität fehlt es beim afghanischen Militär an angeborenen Merkmalen wie auch an einem gemeinsamen, unveränderbaren Hintergrund der Gruppenmitglieder. Angehörige des afghanischen Militärs teilen weder eine Glaubensüberzeugung oder ein anderes bedeutsames identitätsstiftendes und insoweit auch unverzichtbares Merkmal für die Identität oder des Gewissens (vgl. VG München, U.v. 4.4.2016 - M 24 K 16.30170; VG Dresden, U.v. 10.5.2017 - 3 K 1710/16.A - juris Rn. 25).

1.2.2. Nach Auffassung des Gerichts befindet sich der Kläger auch nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes, weil die vorgetragene individuelle Verfolgung nicht an dieses Merkmal anknüpft.

Aufgrund der vorgelegten Unterlagen und der schlüssigen Darstellung durch den Kläger zweifelt das Gericht im Gegensatz zum Bundesamt nicht daran, dass dieser von 2013 bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan 2014 Mitglied der Afghan National Army (ANA) war. Der Kläger hat dies in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und nachvollziehbar geschildert. Zwar stehen einzelne Angaben im Widerspruch zu seinem Vortrag bei der Anhörung gemäß § 25 AsylG, die wesentlichen Angaben stimmen jedoch weitgehend überein und der Kläger machte bei seinen Schilderungen insgesamt einen glaubwürdigen Eindruck. Auf Nachfrage war er im Stande, den Namen des damaligen Befehlshabers des Generalsstabs, … …, zu nennen, die Ausbildung näher zu umschreiben und die Struktur der Armee zu erläutern, indem er u.a. darlegte, dass einer Infanterieeinheit, genannt ´ …´, angehörte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger aus einfachen Verhältnissen stammt. Weiterhin ist er auf einen Sprachmittler angewiesen, um sich verständlich zu machen. Die in der Bundesamtsakte enthaltene Kopie des vom Kläger vorgelegten Militärausweises, hält das Gericht dem äußeren Anschein und dem Inhalt nach daher für authentisch.

Ebenso erscheint es nachvollziehbar, dass der Vater des Klägers Drohbriefe durch Talibankämpfer erhalten hat, obgleich Zweifel hinsichtlich der Echtheit des vorgelegten Drohbriefes nicht vollständig ausgeräumt werden konnten, da dieser weder ein Datum noch ein Aktenzeichen, in der hierfür vorgesehenen Zeile des Briefkopfes, enthält und es damit an der Möglichkeit einer zeitlichen Einordnung mangelt. Davon abgesehen hält UNAMA Drohbriefe für die größte Quelle der Einschüchterung und stellt fest, dass diese eine verbreitete Taktik der Taliban in den meisten Gebieten darstellten, einschließlich der Provinzen im Süden, Südosten, Westen und sogar in … Laut UNAMA werden die Personen normalerweise durch mehrere Briefe gewarnt (vgl. Danish Immigration Service: Report from Danish Immigration Service`s fact finding mission to …, Afghanistan, Mai 2012, S. 32). Laut UNHCR schließt die Bedrohung oft auch Familienmitglieder des Opfers ein (vgl. Danish Immigration Service a.a.O., S. 31). Das Gericht hält es damit für möglich, dass der Kläger aus diesen Gründen „ins Visier“ örtlicher Talibanangehöriger geraten sein kann.

Dieser Vortrag steht zweifelsohne in Einklang mit der Erkenntnislage zu Afghanistan, wonach Regierungs- und Behördenmitarbeiter sowie Angehörige der Sicherheitskräfte in besonderer Weise gefährdet sind, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Dienstes Opfer von Anschlägen durch die Taliban zu werden (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19. Oktober 2016, S. 5, 17; Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2016, S. 21 f.; UNHCR Richtlinien vom 19. April 2016, Seite 41 f.; United Nations Assistance Mission in Afghanistan - UNAMA, Jahresbericht 2015, Februar 2016; VG Augsburg v. 06.10.2011 - Au 6 K 11.30209 - juris Rn. 24; VG Würzburg U.v. 30.7.2013 - W 1 K 12.30186 - juris Rn. 20).

Gleichwohl führt dies nicht dazu, dass sich der Kläger aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet. Zwar mögen die radikalislamistischen Taliban einen Teil des afghanischen Staatsgebiets beherrschen und eine andere Ordnung des Staates insgesamt anstreben. Um dieses Ziel zu erreichen, werden von ihren Kämpfern nach den vorliegenden Erkenntnissen (s. o.) in erster Linie Mitglieder der staatlichen afghanischen Sicherheitskräfte attackiert und bedroht. Dem liegt jedoch nicht zugrunde, dass diese eine von der Auffassung der Taliban abweichende Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG vertreten. Vielmehr geht es darum, das staatliche Sicherheitsgefüge als solches zu erschüttern und in Frage zu stellen. Allerdings besteht die dienstliche Aufgabe des Klägers als Soldat gerade darin, diesem Ziel entgegenzutreten und die Bevölkerung vor Aktionen der Taliban zu schützen. Dass er in dieser Eigenschaft als Repräsentant des afghanischen Staates von den Taliban als Gegner angesehen und bekämpft wird, liegt in der Natur der Sache, kann aber allein nicht dazu führen, ihm zu einer Flüchtlingseigenschaft zu verhelfen (vgl. VG Dresden, U.v. 10.5.2017 - 3 K 1710/16.A - juris Rn. 24; a.A. VG Würzburg, U.v. 17.3.2017 - W 1 K 16.30817 - juris Rn. 19).

1.3. Die in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend gemachte Desertion des Klägers als Infanteriesoldat der afghanischen Armee (ANA) begründet gleichermaßen keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG (vgl. VG Würzburg, U.v. 18.7.2016 - W 2 K 15.30787 - juris Rn. 25). Nach Angaben des Auswärtigen Amtes besteht in Afghanistan keine Wehrpflicht. Es sei ein gängiges Phänomen, dass Soldaten das Militär vorübergehend verließen, um zu ihren Familien zurückzukehren. Diese „Deserteure“ würde schon aufgrund der sehr hohen „attrition rate“ (unerlaubte Abwesenheiten oder Fahnenflucht) nach der Rückkehr zu ihrem ursprünglichen Standort wieder in die Armee aufgenommen (Auswärtiges Amt, Bericht vom 19. Oktober 2016 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan Stand September 2016, S. 12). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich führt in seiner Länderinformation der Staatendokumentation aus, etwa 4.000 Soldaten verließen monatlich die afghanischen Sicherheitskräfte. Das Problem der Abwesenheit in der ANA sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass Soldaten oftmals nicht in ihrer Heimatprovinz dienten. Laut Verteidigungsministerium gebe es keine Strafe für Desertion (Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, 21.1.2016, letzte Kurzinformation eingefügt am 5.4.2016, unter Bezugnahme auf die NYT - The New York Times v. 27.6.2011). Diese Angaben stimmen mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 9. September 2013 (Au 6 K 13.30065 - juris) überein. In diesem Verfahren hatte das Verwaltungsgericht eine Auskunft zu der Frage eingeholt, ob Deserteure bei einer Rückkehr nach Afghanistan Bestrafung zu erwarten hätten. Das Auswärtige Amt teilte mit, dass dies nicht der Fall und Desertion in Afghanistan durchaus üblich sei. Wer in die Armee zurückkehren wolle, werde wieder aufgenommen (VG Augsburg, U.v. 9.9.2013 - Au 6 K 13.30065 - juris unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 2.7.2013).

1.4. Dem Kläger droht auch nicht als Zugehöriger der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan eine Gefährdung, die die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigt. Volkszugehörige der Hazara unterliegen in Afghanistan zwar noch einer gewissen Diskriminierung, sind aber weder in ganz Afghanistan noch in der Heimatprovinz des Klägers einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden, gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung durch die Taliban oder andere nichtstaatliche Akteure ausgesetzt (BayVGH, B.v. 20.1.2017 - 13a ZB 16.30996 - juris Rn. 11 m.w.N.). Gemäß der aktuellen Auskunftslage, insbesondere nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes, hat sich die Lage für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara grundsätzlich verbessert (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016, S. 9).

1.5. Unabhängig davon ist aber auch davon auszugehen, dass für den Kläger im Hinblick auf seine individuellen Umstände gemäß § 3e Abs. 1 AsylG, Art. 8 Abs. 1 QualRL eine sogenannte interne Schutzalternative besteht. Dem Ausländer wird der Flüchtlingsstatus sowie der subsidiäre Schutzstatus (§ 4 Abs. 3 AsylG) nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und von vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Dem Ausländer dürfen in dem in Betracht kommenden Gebiet keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung gleichkommen, sofern diese existenzielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde (BVerfG, B.v. 10.11.1989 - 2 BvR 403/84 - juris; Hailbronner, Asyl und Ausländerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1325). Der Flüchtling muss für eine gewisse Dauerhaftigkeit Schutz erhalten und sich dort niederlassen können. Die Verweisung auf eine interne Fluchtalternative ist daher nur zumutbar, wenn dort nicht andere, unzumutbare Nachteile drohen. Eine drohende konkrete Beeinträchtigung elementarer Menschenrechte kann eine Unzumutbarkeit begründen. Zumutbar ist eine Rückkehr nur dann, wenn der Ort der inländischen Schutzalternative ein wirtschaftliches Existenzminimum ermöglicht, zum Beispiel durch zumutbare Beschäftigung oder auf sonstige Weise, oder durch Mittel der Existenzsicherung aufgrund von Leistungen humanitärer Organisationen. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn den Asylsuchenden am Ort der internen Schutzalternative ein Leben erwartet, dass zu Hunger, Verelendung und zum Tod führt oder wenn er dort nichts anderes zu erwarten hat als ein „Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums“ (BVerwG, B.v. 17.5.2006 - 1 B 100/05 - juris; BVerwG, B.v. 21.5.2003 - 1 B 298/02 - juris). Im Hinblick auf den internen Schutz gem. § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG muss für den Rückkehrer in dem schutzgewährenden Landesteil auch die Existenzgrundlage damit soweit gesichert sein, dass von ihm erwartet werden kann, dass er sich vernünftigerweise dort aufhält. Dies geht als Zumutbarkeitsmaßstab über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und Satz 5 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus, wobei das Bundesverwaltungsgericht bislang offen gelassen hat, welche darüber hinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Standards erfüllt sein müssen (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 10 C 11.07 - juris Rn. 35; U.v. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 20, jeweils zu § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 3 AufenthG a. F.; NdsOVG, U.v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 - juris; OVG NW, B.v. 6.6.2016 - 13 A 1882/15.A - juris Rn. 14). Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen vom 19. April 2016 hält eine innerstaatliche Fluchtalternative in Afghanistan nur für zumutbar, wenn der betreffende Ausländer dort Zugang zu Obdach, Grundleistungen wie Trinkwasser, sanitären Einrichtungen, Gesundheitsfürsorge und Bildung sowie die Möglichkeit, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen, hat. Als Ausnahme vom Erfordernis einer externen Unterstützung sieht er alleinstehende, leistungsfähige Männer und Ehepaare im Arbeitsalter an, die nicht aufgrund persönlicher Umstände auf eine besondere Unterstützung angewiesen sind. Solche Personen können dazu in der Lage sein, ohne die Unterstützung durch die Familie oder durch eine Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten zu leben, die unter staatlicher Kontrolle sind und die nötige Infrastruktur und die Möglichkeit bieten, die Grundbedürfnisse zu befriedigen (vgl. UNHCR, Eligibility Guidelines for accessing the international protection needs of asylum-seekers from Afghanistan, 19.4.2016, S. 83 f.; NdsOVG, U.v. 19.9.2016 - 9 LB 100/15 - juris Rn. 76). Außerdem muss das Zufluchtsgebiet für den Betroffenen sicher und legal erreichbar sein (Hailbronner, Asyl und Ausländerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1325).

Gemessen daran ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der Kläger in Afghanistan für ihn zumutbar an einem Ort niederlassen kann, an dem er nach seinem individuellen Risikoprofil verfolgungssicher ist.

Für den Kläger ist es zumutbar, sich in … oder … niederzulassen, wo er aufgrund der Anonymität der Großstadt und unter Berücksichtigung der bisher geringen Bedrohungsintensität nicht aufgefunden würde, da dort auch die Gebietsgewalt beim afghanischen Staat liegt. Diese Einschätzung entspricht auch der aktuellen Auskunftslage (vgl. VG Ansbach, U.v. 13.01.2017 - AN 11 K 15.31065 - juris Rn. 29; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 25 ff.; VG Augsburg, B.v. 14.3.2017 - Au 5 E 17.31264 - juris Rn. 32 ff.). Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bieten größere Städte aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleinere Städte oder Dorfgemeinschaften (Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 - Stand September 2016 - S. 16). Daher könnte sich der erwerbsfähige Kläger in … oder … niederlassen, ohne einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, in … oder … einen Lebensunterhalt oberhalb des Existenzminimums insoweit zu verdienen, dass von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, sich dort aufzuhalten (vgl. VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 25 ff.; OVG NW, B.v. 8.6.2016 - 13 A 1222/16.A - juris Rn. 10; NdsOVG, U.v. 20.07.2015 - 9 LB 320/14 - juris S. 8; OVG NW, U.v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A - juris Rn. 46; U.v. 26.08.2014 - 13 A 2998/11.A - juris Rn. 197). Das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (VG München, U.v. 16.3.2017 - M 17 K 16.35014; BayVGH, B.v. 30.1.2017 - 13a ZB 16.30824 - juris; B.v. 17.8.2016 - 13a ZB 16.30090 - juris, Rn. 10; B.v. 5.2.2015 - 13a ZB 14.30172 - juris, Rn. 7, B.v. 27.5.2014 - 13a ZB 13.30309 - juris, Rn. 4, B.v. 19.6.2013 - 13a ZB 12.30386 - juris und B.v. 18.7.2012 - 13a ZB 12.30150 - juris Rn. 7 ff.; OVG NW, U.v. 3.3.2016 - 13 A 1828/09.A - juris, Rn. 73; B.v. 20.7.2015 - 13 A 1531/15.A - juris Rn. 8; VG Lüneburg U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 29 ff.; U.v. 6.2.2017 - 3 A 126/16 - juris Rn. 46 ff.).

Dass es der Kläger bisher versucht habe, innerhalb von Afghanistan Schutz zu suchen, wurde nicht vorgetragen. Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger heute in das Visier seiner vermeintlichen Verfolger gelangen sollte. Das Ausmaß der Vorverfolgung des Klägers ist - unterstellt man den Wahrheitsgehalt der klägerischen Angaben - als eher gering einzuschätzen. Nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung und seiner Anhörung vor dem Bundesamt wurde der Kläger selbst außerhalb von Kampfhandlungen seiner Infanterieeinheit, die sich zudem nur in der Provinz … zutrugen, nicht von Taliban bedroht. Die Bedrohungen fanden ausschließlich über die Drohbriefe der Taliban statt. Eine direkte Bedrohung auch seiner Familie gegenüber habe es nicht gegeben.

Zudem ist es nicht nachvollziehbar, dass der Kläger nicht zunächst den Schutz seines Dienstherrn bzw. seiner Kollegen in Anspruch genommen hat bzw. nimmt, indem er bei seiner Infanterieeinheit geblieben wäre oder dorthin zurückkehrt. Dies erscheint umso unverständlicher, als er davon berichtet hat, dass lediglich sein Vater in seiner Heimatregion einen Drohbrief erhalten hat, weder dieser noch er selbst jedoch direkten Beeinträchtigungen ausgesetzt gewesen seien. Er hat dagegen nicht vorgetragen, dass ihn Taliban auch an seinem Dienstort aufgespürt oder bedroht hätten. Insoweit ist auch nicht zu prognostizieren, dass dies in Zukunft der Fall sein wird.

Dem Kläger, als gesunden, jungen und arbeitsfähigen Mann, sind die Lebensumstände und der Arbeitsmarkt in … bereits bekannt, da er dort als Tagelöhner auf Baustellen gearbeitet hat, bevor er zur Armee gegangen ist. Auch während seiner Armeezugehörigkeit hielt sich der Kläger nach seinen eigenen Angaben in … auf ohne dort Ziel von Talibankämpfern geworden zu sein. Er ist 24 Jahre jung und hat den Großteil seines Lebens, nämlich die Zeit von seiner Geburt bis zur seiner Ausreise in Afghanistan verbracht, ist also mit der dortigen Kultur und den dortigen Lebensumständen vertraut. Zwar trifft es zu, dass die Situation auf dem Arbeitsmarkt in Afghanistan allgemein schwierig ist. So wird die Arbeitslosenrate in Afghanistan auf bis zu 50% geschätzt (Fortschrittsbericht der Bundesregierung von Nov. 2014, Update der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13.9.2015, S. 20). Jedes Jahr gelangen weitere ca. 500.000 junge Personen auf den Arbeitsmarkt (Update der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13.9.2015, S. 20). Es gibt kaum legale Erwerbsmöglichkeiten, insbesondere nicht für Menschen ohne qualifizierte Berufsausbildung oder persönliche Beziehungen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 2.3.2015). Dem Kläger kommt allerdings zugute, dass er jung und arbeitsfähig ist sowie über eine praktische berufliche Erfahrung verfügt, so dass ihm in seiner Heimat der Aufbau eines Lebens, beispielsweise in …, zumutbar ist. Er besitzt eine solide Schulbildung (12 Jahre), kann lesen und schreiben. Wie dargestellt, ist auch nicht auszuschließen, dass er nach seiner Rückkehr nach Afghanistan in die Armee zurückkehren kann (AA, Lagebericht a.a.O., S. 12; VG Augsburg, U.v. 9.9.2013 - Au 6 K 13.30065 - juris). Es ist daher davon auszugehen, dass er als volljähriger, junger, gesunder Mann, der mangels familiärer Bindungen keine Unterhaltslasten hat, auch ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt im Falle einer Rückkehr in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen. Er war schließlich in der Lage seine Reisekosten aus seinen eigenen Ersparnissen zu finanzieren, wobei er sich auch Teile davon geliehen hat. Außerdem leben die Eltern, Geschwister und seine Großfamilie in Afghanistan. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass die Familienangehörigen des Klägers bei seiner Rückkehr nach Afghanistan nicht mehr willens oder in der Lage wären, diesen zu unterstützen. Somit liegen keine Erkenntnisse vor, dass er in eine existentielle Notlage geraten würde. Demnach kann es dem Kläger zugemutet werden, sich in diesem sicheren Landesteil aufzuhalten.

2. Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Dabei gilt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

2.1. Dass dem Kläger in Afghanistan die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe von Seiten des afghanischen Staates droht, ist nicht ersichtlich. Soweit der Kläger geltend macht, durch die Taliban bedroht zu sein, ist es unter Hinweis auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz und unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht beachtlich wahrscheinlich, dass ihm bei Rückkehr nach Afghanistan ein ernsthafter Schaden droht. Auch insofern wird im Übrigen auf die Möglichkeit einer inländischen Fluchtalternative verwiesen (§ 4 Abs. 3 i.V.m. § 3 e AsylG).

2.2. Aber auch eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG kann nicht bejaht werden.

2.2.1. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist rechtsgrundsätzlich geklärt, dass und unter welchen Voraussetzungen eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., nunmehr § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) besteht und dass es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte u.a. einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos bedarf (BVerwG, B.v. 27.6.2013 a.a.O.).

Für die Frage, ob der Kläger bei Rückkehr in sein Heimatland einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, ist zu prüfen, ob von einem bewaffneten Konflikt in der Zielregion für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr ausgeht, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 17.1.2017 - 13a ZB 16.30182 - juris Rn. 4; BVerwG, U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 = juris Rn. 23; BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 = juris Rn. 17; BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris Rn. 7; U.v. 17.11.2011 a.a.O.; U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360; U.v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198). Denn auch eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. und des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllen. Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 19; U.v. 14.7.2009 - 10 C 9.08 - BVerwGE 134,188 Rn. 15 mit Verweis auf EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07 - Slg. 2009, I-921 = NVwZ 2009, 705). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 19; U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). In jedem Fall setzt § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.) für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht, was sich aus dem Tatbestandsmerkmal „… tatsächlich Gefahr liefe …“ in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG ergibt (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 20). Der darin enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“; BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 20 unter Anführung von EGMR, U.v. 28.2.2008 - Saadi/Italien, Nr. 37201/06 - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125 ff.), was dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht (BVerwG, U.v. 27.4.2010 a.a.O. Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG; BayVGH, B.v. 17.1.2017 - 13a ZB 16.30182 - juris Rn. 7 m.w.N.).

Zur Ermittlung einer für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichenden Gefahrendichte ist - in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu BVerwG, U.v. 18.7.2006 - 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) - aufgrund aktueller Quellen die Gesamtzahl der in der Herkunftsprovinz lebenden Zivilpersonen annäherungsweise zu ermitteln und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung zu setzen. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ermittelte Risiko für das Jahr 2009 von ca. 1:800 oder 0,12%, in der Herkunftsprovinz verletzt oder getötet zu werden, sowie die auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt sei, im Ergebnis revisionsgerichtlich nicht beanstandet (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 22).

2.2.2. Gemessen daran ist die Annahme subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG für den Kläger nicht gerechtfertigt.

Vorliegend kann dahinstehen, ob in der Heimatprovinz des Klägers ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG herrscht, weil jedenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit sein Leben oder seine Unversehrtheit in … oder … infolge willkürlicher Gewalt bedroht ist. Weder in … noch in … geht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich in der Person der Kläger so verdichtet, dass sie für diese eine erhebliche individuelle Gefahr (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 - juris Rn. 17) bzw. Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt.

Das Bestehen individueller, gefahrerhöhender Umstände, die eine Gefährdung im o.g. Sinne dennoch begründen könnten, ergibt sich für den Kläger nach dessen Vorbringen nicht in einem rechtlich relevanten Maße. Insbesondere die Tatsache, dass er Schiit und Hazara ist, führt zu keiner Gefahrenerhöhung (s.o. unter 1.4.). Zwar ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass für den Kläger, soweit er seinen Beruf als Soldat weiter ausübt, wiederum ein „berufsbedingt“ höheres Risiko bestehen wird, als für eine Zivilperson. Das Gericht verkennt nicht, dass für Soldaten ein weitaus höheres Risiko besteht, als für die Zivilbevölkerung. Dies ist jedoch berufsimmanent und letztlich der labilen Sicherheitslage geschuldet, die gerade von dieser Berufsgruppe verbessert werden soll (VG Dresden, U.v. 10.5.2017 - 3 K 1710/16.A - juris Rn. 26).

In der Nord-Ostregion Afghanistans, zu der auch die Heimatregion des Klägers … gehört, wurden laut UNAMA (www.unama.unmissions.org; Afghanistan - protection of civilians in armed conflict, annual report 2016) im Jahr 2016 1.270 Zivilpersonen getötet oder verletzt. Ausgehend von einer Einwohnerzahl von insgesamt ca. 3,855 Millionen (Badakhshan ca. 950.953 Einwohner; … ca. 910.784 Einwohner; Kunduz ca. 1.010.037 Einwohner und Takhar ca. 983.336 Einwohner), ergibt sich ein Risiko von 1:3.035, verletzt oder getötet zu werden. Selbst bei einer Verdreifachung der UNAMA-Zahlen aufgrund einer hohen Dunkelziffer ergebe sich eine Wahrscheinlichkeit von 1:1.011, was keine erhebliche individuelle Gefahr darstellt (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - Rn. 22).

Dem Kläger wäre es - wie dargestellt - aber z.B. auch zumutbar, sich in … oder … niederzulassen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der jüngsten Anschläge in Afghanistan (vgl. auch VG Lüneburg, U.v. 15.5.2017 - 3 A 156/16 - juris hinsichtlich der Provinz Balkh unter Bezugnahme auf aktuelle Anschläge; BayVGH, B.v. 17.08.2016 - 13a ZB 16.30090 - juris Rn. 10; OVG NW, B.v. 8.6.2016 - 13 A 1222/16.A - juris Rn. 10; NdsOVG, B.v. 27.4.2016 - 9 LA 46/16; B.v. 13.4.2015 - 9 LA 58/13). Die Mehrzahl der Binnenflüchtlinge zieht es dementsprechend gerade auch nach … (vgl. etwa Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 48). In der Zentralregion Afghanistans, zu der auch … gehört, wurden laut UNAMA (www.unama.unmissions.org; Afghanistan - protection of civilians in armed conflict, annual report 2016) im Jahr 2016 2.348 Zivilpersonen getötet oder verletzt. Ausgehend von einer Einwohnerzahl von insgesamt ca. 6,5 Millionen (vgl. VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 32), ergibt sich ein Risiko von 1:2768, verletzt oder getötet zu werden. Selbst bei einer Verdreifachung der UNAMA-Zahlen aufgrund einer hohen Dunkelziffer ergebe sich eine Wahrscheinlichkeit von 1:922, was keine erhebliche individuelle Gefahr darstellt (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - Rn. 22). In der westlichen Region, in der … liegt, gab es 836 Opfer. Bei einer Einwohnerzahl von ca. 3,5 Millionen ergibt sich ein Risiko von nur ca. 1:4.187 bzw. - bei Berücksichtigung der Dunkelziffer - von 1:1.396 (vgl. VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 35 ff.). Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Vierteljahresbericht von UNAMA vom 25. April 2017. Danach wurden zwischen 1. Januar 2017 und 31. März 2017 2.181 Zivilpersonen getötet oder verletzt. Hochgerechnet auf das Jahr ergäben sich damit 8.724 Opfer, so dass sich - bezogen auf die Bevölkerungszahl Afghanistans von ca. 33,3 Millionen (vgl. www.wikipedia.org) - ein Risiko von 1:3.817 bzw. 1:1.272 errechnet.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar entschieden, dass es neben der quantitativen Ermittlung des Risikos, in der Rückkehrprovinz verletzt oder getötet zu werden, auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen bei der Zivilbevölkerung bedarf. Ist allerdings die Höhe des quantitativ festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens - wie hier - weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, vermöge sich das Unterbleiben einer wertenden Gesamtbetrachtung im Ergebnis nicht auszuwirken. Zudem sei die wertende Gesamtbetrachtung erst auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung der Gefahrendichte möglich (U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24; 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 23; 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33).

Nach alledem ist es auch bei einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände weder in … noch in … oder … beachtlich wahrscheinlich, aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden. Zumindest für alleinstehende männliche Staatsangehörige besteht in Afghanistan keine extreme Gefahrenlage (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 - 13a ZB 16.30374 - juris Rn. 11).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den aktuellen Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern vom Dezember 2016. Die Bewertung beruht auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den dargelegten Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung decken (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2017 - 13a ZB 17.30294 - juris Rn. 6 f.; B.v. 4.4.2017 - 13a ZB 17.30231 - juris Rn. 12; B.v. 28.3.2017 - 13a ZB 17.30212 - juris Rn. 5; B.v. 25.1.2017 - 13a ZB 16.30374 - juris Rn. 11; B.v. 20.1.2017 - 13a ZB 16.30996 - juris Rn. 9; VG Augsburg, U.v.19.12.2016 - Au 5 K 16. 31939 - juris Rn. 42).

3. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG liegen nicht vor.

Bei den national begründeten Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und dem nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand (BVerwG, U.v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16f.).

3.1. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tat-sächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit. Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen.

In Afghanistan ist die allgemeine bzw. humanitäre Lage aber nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn.12; VG München, U.v. 9.3.2017 - M 17 K 16.35022; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 55 ff.). Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen eine auf eine Bevölkerungsgruppe bezogene Gefahrenlage darstellen, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 3 EMRK führt. Dies ist bei der Rückkehr von arbeitsfähigen, gesunden jungen Männern unter den in Afghanistan derzeit herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen jedoch nicht der Fall.

3.2. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG liegt nicht vor.

Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die drohenden Gefahren müssten nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Dies setzt voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Ausreise in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann, der Ausländer somit gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - juris Rn. 15).

Arbeitsfähige, gesunde junge Männer sind auch ohne besondere Qualifikation, nennenswertes Vermögen und familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen zu erwirtschaften und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten, so dass für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (BayVGH, B.v. 25.1.2017 - 13a ZB 16.30374 - juris Rn. 12; B.v. 23.1.2017 - 13a ZB 17.30044 - juris Rn. 5; B.v. 17.1.2017 - 13a ZB 16.30929 - juris Rn. 2; B.v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 - juris Rn. 7; U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 17; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 60). Gerade Rückkehrer aus dem Westen sind dabei in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch die Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber den Flüchtlingen, die in Nachbarländer Afghanistans geflohen sind, wesentlich höher (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 21).

Im Hinblick auf eine mögliche Eigenexistenzsicherung hat der Kläger die hierfür erforderliche Leistungsfähigkeit eines gesunden jungen Mannes (s.o.). Die Chancen des Klägers im Verdrängungskampf um die knappen Arbeitsmarktressourcen sind zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt als nicht aussichtslos im Vergleich bei der derzeitigen afghanischen Konkurrenzsituation einzuschätzen.

Nach alledem ist vorliegend davon auszugehen, dass der Kläger in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Falle einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland in der Lage wäre, durch Gelegenheitsjobs in der Herkunftsregion bzw. …, wohin eine Abschiebung erfolgen würde (vgl. zum Abschiebeweg Auswärtiges Amt, Lagebericht, S. 26), ein Einkommen zu erzielen, dass ein Leben über dem Existenzminimums ermöglicht und sich allmählich wieder in die afghanische Gesellschaft zu integrieren.

4. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung rechtmäßig.

5. Schließlich begegnet auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG in Nr. 5 des Bescheids vom 13. Januar 2017 keinen rechtlichen Bedenken. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal die Klägerseite diesbezüglich keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt hat.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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bei uns veröffentlicht am 12.02.2015

Tenor I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. März 2014 wird die Klage abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. III. Das Urteil ist im

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2015 - 13a ZB 14.30172

bei uns veröffentlicht am 05.02.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung g

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Mai 2014 - 13a ZB 13.30309

bei uns veröffentlicht am 27.05.2014

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung g

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2016 - 13a ZB 16.30090

bei uns veröffentlicht am 17.08.2016

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Ur

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Apr. 2017 - 13a ZB 17.30231

bei uns veröffentlicht am 04.04.2017

Tenor I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhobe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Apr. 2017 - 13a ZB 17.30294

bei uns veröffentlicht am 11.04.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. März 2017 - 13a ZB 17.30212

bei uns veröffentlicht am 28.03.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ge

Verwaltungsgericht München Urteil, 16. März 2017 - M 17 K 16.35014

bei uns veröffentlicht am 16.03.2017

Tenor I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstre

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 17. März 2017 - W 1 K 16.30817

bei uns veröffentlicht am 17.03.2017

Tenor I. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. Juni 2016 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung e

Verwaltungsgericht München Urteil, 09. März 2017 - M 17 K 16.35022

bei uns veröffentlicht am 09.03.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger ist Staatsangehöriger Afghani

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 08. Juni 2016 - 13 A 1222/16.A

bei uns veröffentlicht am 08.06.2016

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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 06. Juni 2016 - 13 A 1882/15.A

bei uns veröffentlicht am 06.06.2016

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 26. Juni 2015 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1G r ü

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 03. März 2016 - 13 A 1828/09.A

bei uns veröffentlicht am 03.03.2016

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 22. Juni 2009 geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt in allen Instanzen der

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 20. Juli 2015 - 13 A 1531/15.A

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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 27. Jan. 2015 - 13 A 1201/12.A

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. März 2012 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 26. Aug. 2014 - 13 A 2998/11.A

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 16. November 2011 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Ko

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 28. März 2014 - 13 A 1305/13.A

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Tenor Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. März 2013 wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Kosten nicht erhoben werden. 1Der Antrag der

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 31. Jan. 2013 - 10 C 15/12

bei uns veröffentlicht am 31.01.2013

Tatbestand 1 Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren. 2

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 17. Nov. 2011 - 10 C 13/10

bei uns veröffentlicht am 17.11.2011

Tatbestand 1 Der Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm im Irak drohender Gefahren.
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juni 2017 - M 17 K 17.31284.

Verwaltungsgericht München Urteil, 25. März 2019 - M 26 K 17.40464

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu

Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Aug. 2017 - M 17 K 16.35668

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger, afghanischer Staatsangehörig

Referenzen

(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:

1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder
2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Kosten nicht erhoben werden.


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(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.

(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. Juni 2016 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wurde eigenen Angaben zufolge am … in der Provinz Maydan-Wardak geboren. Er ist afghanischer Staatsangehöriger sunnitischer Religions- und paschtunischer Volkszugehörigkeit. Der Kläger gibt an, sein Heimatland im Juli 2015 verlassen und am 7. September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein. Hier stellte er am 21. Januar 2016 einen Asylantrag.

Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab der Kläger im Wesentlichen an, er habe in Afghanistan die zwölfte Schulklasse abgeschlossen und sein Abitur abgelegt. Danach habe er Grundwehrdienst geleistet und sei Soldat bei der afghanischen Polizei gewesen. Die wirtschaftliche Situation der Familie sei gut gewesen; die Familie habe eine Landwirtschaft und Obstplantagen gehabt. Seine Eltern und Geschwister lebten mittlerweile in Kabul. Zu seinen Fluchtgründen gab der Kläger im Wesentlichen an, dass er im Rahmen seines Polizeidienstes in seinem Heimatort zwei Talibanmitglieder festgenommen habe, die versucht hätten, Jugendliche für sich anzuwerben und von Landwirten einen Teil der Ernte zu beanspruchen. Kurz darauf seien die Brüder der Festgenommenen sowie weitere Taliban zum Elternhaus gekommen und hätten nach ihm gesucht; er habe fliehen können. Sie hätten seinen Eltern gesagt, dass sie ihn umbrächten, wenn sie ihn finden würden. Im Zusammenhang mit diesem Vorfall sei er in die Stadt Maydan-Wardak geflüchtet. Ein Freund, mit dem zusammen er die Taliban im Heimatort festgenommen habe, sei von den Taliban erschossen worden. Danach habe er beschlossen, Afghanistan zu verlassen. Zudem hätten die Taliban bei seinem Bruder einen Drohbrief abgegeben, wonach S … mit den Besatzungsmilitärmächten zusammengearbeitet und durch seine geheimdienstlichen und militärischen Operationen mehrere Dutzend Mudschaheddin zu Tode und in Haft gebracht habe. Falls er oder ein Mitglied seiner Familie in die Hände der Mudschaheddin fallen würde, würde an ihnen Rache genommen. Der Drohbrief wurde dem Bundesamt sowie dem Gericht vorgelegt.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 6. Juni 2016 wurde dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt (Ziffer 1 des Bescheides) und der Asylantrag im Übrigen abgelehnt (Ziffer 2). Die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wurde damit begründet, dass keine Gründe dafür ersichtlich seien, dass der Kläger aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt werde. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des Bescheides im Übrigen Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Gegen den am 8. Juni 2016 zugestellten Bescheid ließ der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 23. Juni 2016, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am gleichen Tage, Klage erheben und beantragen,

Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. Juni 2016 in Ziffer 2 abzuändern und dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass dem Kläger in dem vorgelegten Drohbrief vorgeworfen werde, als Polizeibeamter an Tötungen und Verhaftungen von Mudschaheddin mitgewirkt zu haben. Er gehöre damit zu den sogenannten „Arbarki“, einem Schimpfwort für staatliche Ordnungshüter, auf die das islamische Gesetz anzuwenden sei. Als verhasster Ordnungshüter, der von den Taliban zu den „Arbaki“ gezählt werde, gehöre der Kläger einer verfolgten Gruppe im Sinne der internationalen Flüchtlingsdefinition an.

Mit Schriftsatz der Beklagten vom 7. Juli 2016 beantragte diese,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 9. Februar 2017 hat die Kammer den Rechtsstreit auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand Januar 2017, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 17. März 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG. Der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes vom 6. Juni 2016 ist daher, soweit er noch Gegenstand der Klage ist und der Verpflichtung zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegensteht, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die erhobene Klage ist zulässig. Eine Verfristung ist vorliegend nicht gegeben, da die zweiwöchige Klagefrist des § 74 Abs. 1 AsylG gewahrt wurde. Die Zustellung des streitgegenständlichen Bundesamtsbescheides erfolgte entsprechend den auf dem Kuvert, in welchem der Bundesamtsbescheid übergeben wurde, angebrachten Vermerken am 9. Juni 2016 gegenüber der Kreisverwaltungsbehörde Stadt Aschaffenburg, unter deren Adresse der Kläger gemeldet war. Der Zusteller hat darauf die zunächst vermerkte Zustellung am 8. Juni 2016 auf den Folgetag berichtigt und dies durch seine Unterschrift bestätigt; anhand des Schriftbildes ist zu erkennen, dass die Berichtigung tatsächlich durch den Zusteller erfolgt ist. Infolgedessen wurde die Klage, welche am 23. Juni 2016 beim Verwaltungsgericht Würzburg eingegangen ist, rechtzeitig erhoben, § 57 Abs. 1, Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1,188 Abs. 2 BGB.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG.

Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i.S.d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 6. August 2016 geltenden, durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939 ff.) geschaffenen Fassung anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.

1. Es steht vorliegend zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger in seinem Heimatland über einen Zeitraum von zwei Jahren bis etwa sechs Wochen vor seiner Ausreise als Polizist für den afghanischen Staat tätig gewesen ist. Dies ergibt sich für das Gericht zum einen aus vier vorgelegten Fotoaufnahmen, welche den Kläger in Uniform und bewaffnet mit einem Gewehr zeigen. Darüber hinaus hat er eine Bestätigung der örtlichen Polizeizentrale seines Heimatsdistrikts im Original vorgelegt, wonach der Kläger in dem von ihm benannten Zeitraum als Polizist tätig gewesen sei. Das Gericht geht diesbezüglich unter Berücksichtigung des insgesamt glaubhaften Vortrags des Klägers sowie des Fehlens gegenteiliger Hinweise von der Echtheit der vorgelegten Bestätigung aus. Der Kläger hat darüber hinaus glaubhaft und widerspruchsfrei sowohl vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er im Rahmen der Ausübung seiner Polizeidiensttätigkeit in seinem Heimatort zwei Talibanangehörige festgenommen habe, die versucht hätten Jugendliche zu rekrutieren und von den Dorfbewohnern unrechtmäßig einen Anteil an der Ernte gefordert hätten. Aufgrund einer Bedrohung durch die Brüder der Verhafteten sowie weitere Taliban sei er in die Stadt Maydan-Wardak geflohen, wo er sich bis zu seiner Ausreise aufgehalten habe. Lediglich einmal sei er noch in seinen Heimatort zurückgekehrt, um seine kranke Mutter zu besuchen. Die Taliban seien dann zu seinem Elternhaus gekommen und hätten sich gewaltsam Zutritt verschafft, um dem Kläger habhaft zu werden. Der Kläger schilderte sodann nachvollziehbar, dass und auf welche Weise er Hals über Kopf habe fliehen müssen und sich unmittelbar wieder in die Stadt und die Obhut seiner Polizeikollegen begeben habe. Die Zeitabläufe zwischen der Festnahme der Taliban und der Ausreise hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar darlegen können. Der Kläger hat insoweit seine Angabe vor dem Bundesamt zur Dauer seiner Tätigkeit in der Polizeizentrale der Stadt Maydan-Wardak von sechs auf drei Wochen berichtigt, wobei diesbezüglich auch Übersetzungsprobleme nicht fernliegend erscheinen, nachdem sich der Kläger zu seiner eigenen Sicherheit auch während der Vorbereitung seiner Ausreise weiterhin maßgeblich im Gebäude der Polizeizentrale aufgehalten habe. Der Glaubhaftigkeit des Vortrages sowie der persönlichen Glaubwürdigkeit des Klägers steht dies jedenfalls nicht entgegen. Schließlich sei ein Freund, mit dem zusammen er gearbeitet und die beiden Talibanmitglieder in seinem Heimatort verhaftet habe, von den Taliban erschossen worden, weshalb er dann sehr zeitnah seine Ausreise organisiert und das Land verlassen habe. Seine ebenfalls in Gefahr befindliche Familie habe er zunächst in die Stadt Maydan-Wardak nachholen können; mittlerweile lebe sie aufgrund der Gefährdungslage in Kabul. Aufgrund dieser Sachlage hat die Beklagte dem Kläger auch bereits den subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG zuerkannt.

Schließlich sei das Leben des Klägers auch deshalb in Gefahr, da am 28.4.2015 ein Drohbrief durch die Taliban in seinem Elternhaus abgegeben worden sei, in welchem der Kläger namentlich benannt und ihm vorgeworfen wird, mehrere Dutzend Mudschaheddin zu Tode gebracht und diese bei der Regierung angezeigt zu haben, weshalb sich diese noch in Haft befänden. Es wird ihm und seiner Familie angedroht, deswegen Rache zu nehmen. Das Gericht geht aufgrund des insgesamt glaubhaften Vorbringens sowie des Fehlens entgegenstehender anderweitiger Hinweise von der Echtheit dieses im Original vorgelegten Schreibens aus. Gegen die Echtheit spricht nach Überzeugung des Gerichts auch nicht, dass in dem Drohbrief von der Tötung und Verhaftung mehrerer Dutzend Talibankämpfer die Rede ist, während der Kläger nur zwei Taliban verhaftet haben will. Dass der Kläger angibt, nur zwei Taliban verhaftet zu haben, spricht vielmehr für seine Ehrlichkeit und die Glaubhaftigkeit seines Vortrags. Zu der genannten Abweichung hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung ebenfalls nachvollziehbar angegeben, dass die Taliban regelmäßig übertreiben würden, damit sie einen besseren Grund hätten, gegen die Leute vorzugehen.

Der klägerische Vortrag steht darüber hinaus auch in Einklang mit der Erkenntnislage zu Afghanistan, wonach Regierungs- und Behördenmitarbeiter sowie Angehörige der Sicherheitskräfte in besonderer Weise gefährdet sind, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Dienstes Opfer von Anschlägen durch die Taliban zu werden; dies gilt auch für ehemalige Mitarbeiter (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2016, S. 5,17; Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30.9.2016, S. 21 f.; UNHCR Richtlinien vom 19.4.2016, Seite 41 f.).

2. Darüber hinaus wurde der Kläger vorliegend auch wegen eines Verfolgungsgrundes nach § 3b AsylG in seinem Heimatland verfolgt. Dem Kläger wurde nach Überzeugung des Gerichts vorliegend von den ihn verfolgenden Taliban, § 3c Nr. 3 AsylG, eine gegen deren Organisation gerichtete abweichende politische Überzeugung nach § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG zumindest zugeschrieben, § 3b Abs. 2 AsylG. Unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potentiellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist. Der Kläger hat vorliegend zumindest durch die in Ausübung der Polizeidiensttätigkeit vorgenommene Verhaftung zweier Taliban wegen des Versuchs der zwangsweisen Rekrutierung von Jugendlichen sowie des Erpressens eines Teils der Ernte klar und deutlich gegenüber den Taliban zum Ausdruck gebracht, dass er sich als Mitarbeiter der afghanischen Polizei gegen diese angewandten Praktiken und Verfahren wendet. Gerade wegen dieser Tätigkeit für die afghanische Polizei sowie insbesondere der Verhaftung zweier ihrer Mitglieder wurde der Kläger durch die Organisation der Taliban verfolgt; dieser Zusammenhang ergibt sich eindeutig und nachvollziehbar aus dem glaubhaften klägerischen Vortrag. Darüber hinaus haben die Taliban aber auch in dem oben genannten Drohbrief ihm gegenüber unzweideutig erklärt, dass man ihn wegen seiner gegen die Taliban gerichteten Tätigkeiten in Ausübung seines Berufes verfolgen werde. Ihm wird demzufolge das Merkmal der gegen die Taliban gerichteten politischen Überzeugung von diesen zumindest zugeschrieben, § 3b AsylG.

3. Der Kläger ist nach alledem vorverfolgt aus seinem Heimatland ausgereist und es sind keine stichhaltigen Gründe ersichtlich, die dagegen sprächen, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Heimatland erneut von den Taliban bedroht würde. Auf Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG durch den afghanischen Staat kann der Kläger nicht verwiesen werden, da dieser erkennbar nicht in der Lage ist, für die Sicherheit des Klägers zu sorgen, wie vorliegend auch das Schicksal des von den Taliban getöteten Kameraden des Klägers beweist, der mit diesem zusammen die Verhaftung zweier Taliban vorgenommen hat. Ebenso kann der Kläger auch nicht auf internen Schutz nach § 3e AsylG verwiesen werden. Einem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nach § 3e AsylG nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zum Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Hierbei sind die allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsland und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Art. 4 der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen. Das Gericht geht - unter Berücksichtigung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie - davon aus, dass der Kläger im vorliegenden Fall weder in der afghanischen Hauptstadt Kabul noch andernorts in Afghanistan internen Schutz erlangen kann, sondern auch dort Verfolgungsgefahr zu befürchten hätte. Zwar lebt nach dem klägerischen Vortrag seine Familie nunmehr in der Hauptstadt Kabul; allerdings weist der Kläger aufgrund der Tatsache, dass er selbst rund zwei Jahre für die afghanische Polizei und damit gegen die Taliban gearbeitet hat und im Rahmen dessen auch zwei ihrer Mitglieder in Haft gebracht hat, ein erkennbar erhöhtes Risikoprofil für Vergeltungsmaßnahmen auf, da er durch diese Tätigkeit direkt ins Visier der Taliban geraten ist. Der Kläger hat sich durch diese konkrete Tätigkeit in einer Weise gegen die Taliban exponiert, welche diese realistischerweise veranlassen könnte, den Kläger auch in der Hauptstadt Kabul aufzuspüren und ihn für seine früheren Tätigkeiten zu bestrafen. Die hohe Gefahr für den Kläger lässt sich unter anderem auch daraus ableiten, dass die Taliban den Arbeitskollegen des Klägers, der mit ihm die beiden Taliban verhaftet hat, ermordet haben. Dieser Einschätzung steht auch nicht entgegen, dass der Kläger auf Frage des Gerichts vorgetragen hat, dass die Taliban bei seinen Eltern nicht nach ihm gesucht hätten. Denn die Organisation der Taliban ist zumindest in der Lage, ihre Gegner auch in der Hauptstadt Kabul grundsätzlich aufzuspüren (Dr. Danesch, Gutachten an das OVG Lüneburg vom 30.4.2013, ACCORD: „Fähigkeit der Taliban, Personen (insbesondere Dolmetscher, die für die US-Armee gearbeitet haben) in ganz Afghanistan aufzuspüren und zu verfolgen“ vom 15. Februar 2013), sodass es nur eine Frage der Zeit sein kann, bis dies tatsächlich geschieht. Nach alledem sprechen hinsichtlich des vorverfolgt ausgereisten Klägers keine stichhaltigen Gründe im Sinne des Art. 4 Abs. 4 der EU Qualifikationsrichtlinie dafür, dass er in Kabul vor einer erneuten politischen Verfolgung durch die Taliban sicher wäre.

Nach alledem war der Klage stattzugeben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

I.

Der am … 1995 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volks- und sunnitischer Glaubenszugehörigkeit. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland am 5. Juli 2015 stellte er am 23. Juli 2015 einen Asylantrag.

In seiner Anhörung am 23. September 2015 vor dem Bundesamt für ... (im Folgenden: Bundesamt) gab der Kläger im Wesentlichen an: Er habe in Afghanistan nur Krieg erlebt. Er sei Soldat gewesen und in Kabul am Flughafen als Wache eingesetzt worden. Dort habe er auch ein Selbstmordattentat erlebt, sei aber nicht verletzt worden. Der Grund seiner Ausreise sei gewesen, dass er als Soldat nach Helmand abkommandiert worden sei. Diese Provinz sei eine der gefährlichsten in Afghanistan. Er habe daher um sein Leben gefürchtet und wolle dort nicht hin. Zudem sei er von den Aufständischen verfolgt worden, da er bei einem Urlaubsaufenthalt in seinem Heimatdorf in Panjshir in der Moschee aus Unwissenheit ein Werbeplakat der IS-Partei Tahrir abgerissen habe. Danach habe er von Unbekannten Drohanrufe erhalten. Diese Unbekannten seien Mitglieder der Partei aus seinem Heimatort gewesen. Sie hätten ihm telefonisch mit dem Tod gedroht, weil er das Plakat entfernt habe und als Soldat für die Regierung arbeite. Die Unbekannten seien sogar nachts bei ihm zuhause in Kabul gewesen, um seinen Eltern etwas anzutun. Da die Einbrecher jedoch ein an die Wand gelehntes Eisentor beim Überklettern einer Mauer übersehen hätten, habe der Lärm beim Umfallen des Tores die Nachbarn herbeigerufen, sodass die Einbrecher geflüchtet seien.

Mit Bescheid vom 10. November 2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab, erkannte die Flüchtlingseigenschaft und einen subsidiären Schutzstatus nicht zu, und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Außerdem wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Es erscheine unglaubhaft, dass die Verfolger drei Stunden Fahrstrecke vom Heimatdorf des Klägers nach Kabul zurücklegten, um beim Kläger einzubrechen und dann unverrichteter Dinge das Weite suchten, weil die Nachbarn auftauchten. Es sei kaum nachvollziehbar, warum die Verfolger den alten Eltern des Klägers etwas hätten antun wollen. Selbst bei Wahrunterstellung sei ein Flüchtlingsschutz nicht zu gewähren, da die berichteten Verfolgungshandlungen nicht ausreichend schwerwiegend seien. Es sei bei dem Einbruch zu keinem tätlichen Angriff gekommen. Auch in den Tagen danach seien keine Übergriffe mehr zu beklagen gewesen. Vor diesem Hintergrund erscheine eine Verfolgung nicht hinreichend wahrscheinlich. Soweit der Kläger vortrage, wegen seiner Versetzung in die Provinz Helmand geflohen zu sein, könne dies nicht zur Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG führen. Selbst bei Wahrunterstellung der berichteten Desertion führe diese in Afghanistan nicht zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Bestrafung. Eine Desertation sei in Afghanistan alltäglich, werde nicht bestraft und führe nicht dazu, dass sich der desertierte Soldat nicht erneut als Soldat verpflichten könne. Der subsidiäre Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG bleibe unbeachtlich, da der Kläger als Soldat nicht dem geschützten Personenkreis angehöre. Bei einer angenommenen Rückkehr des Klägers als Zivilperson nach Afghanistan könne er dem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt, den er als Soldat fürchte, leicht ausweisen, da innerstaatliche Fluchtalternativen bestünden. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus und für die Zuerkennung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG seien ebenfalls nicht gegeben.

II.

Dagegen ließ der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 24. November 2015, eingegangen bei Gericht am 25. November 2015, Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben.

Zur Begründung ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigen im Wesentlichen ausführen: Der Kläger habe einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, da ihm in Afghanistan seitens nichtstaatlicher Akteure eine politische und religiöse Verfolgung drohe. Eine inländische Fluchtalternative sei nicht gegeben. Der Kläger könne in einem anderen Landesteil Afghanistans sein wirtschaftliches Existenzminimum nicht sichern. Dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach Afghanistan zumindest eine Gefängnisstrafe. In Afghanistan bestünden gewichtige Umstände dafür, dass dem Kläger in der Haft eine unmenschliche Behandlung drohe. Entgegen der Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid stelle die Verfolgung wegen Desertion in Afghanistan wegen der herrschenden Haftbedingungen keine „normale“ strafrechtliche Verfolgung dar. Dem Kläger drohten bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der Sicherheitslage und der sozialen Bedingungen schlechte humanitäre Bedingungen, die einen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 3 EMRK begründeten. Durch den Rückzug der internationalen Streitkräfte Ende 2014 sei eine erhebliche Verschlechterung der afghanischen Wirtschaft und der generellen Sicherheitslage eingetreten.

Der Kläger ließ durch seinen Bevollmächtigten beantragen,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 10. November 2015 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verwies die Beklagte auf den angegriffenen Bescheid.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 wurde der Rechtsstreit der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Mit Beschluss vom 27. Mai 2016 wurde der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.

Im Übrigen wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2016, auf das weitere schriftliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakte der Beklagten, auf die Akte im Verfahren W 2 K 15.30788, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die auch in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG. Es liegen in seiner Person auch keine nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vor.

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

1.1 Gemäß § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. In den §§ 3a bis 3e AsylG sind in Umsetzung von Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337/9 vom 20.12.2011) - QRL - (vgl. BT-Drs. 17/13063 S. 19) die Voraussetzungen für Verfolgungshandlungen, Verfolgungsgründe, Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann und Akteure, die Schutz bieten können, und für internen Schutz geregelt. Nach § 3c AsylG kann eine Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i.S. des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 - II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2).

Der Schutzsuchende muss sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darlegen. Er muss die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, zu denen insbesondere seine persönlichen Erlebnisse fallen, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, den geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen (VG Bayreuth, U.v. 13.7.2015 - B 3 K 14.30344 - juris). Dies ist nicht der Fall, wenn der Schutzsuchende im Laufe der Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen unauflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich erachtet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris, VGH Kassel, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Gericht auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit - und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit - des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen (vgl. VG München, U.v. 31.3.2014 - M 25 K 13.31344 - juris). Aufgrund der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B.v. 21.7.1989 - 9 B 239/89 - InfAuslR 1989, 349). Maßgeblich sind die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person (VG München, U.v. 20.12.2012 - M 15 K 12.30068 - juris). Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist daher eine gesteigerte Bedeutung beizumessen. Auch unter Berücksichtigung des Herkommens, Bildungsstands und Alters muss der Asylbewerber im Wesentlichen gleichbleibende möglichst detaillierte und konkrete Angaben zu den Umständen machen, die für die von ihm befürchtete Gefahr maßgeblich sind.

1.2 Unter Zugrundelegung der Voraussetzungen des § 3 AsylG hat der Kläger in Anbetracht der Sachverhaltsdarstellung im Asylverfahren und in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts vor seiner Ausreise keine solche Verfolgung erlitten.

1.2.1 Die Angaben des Klägers zur behaupteten Verfolgung durch IS-Anhänger sind oberflächlich und unpräzise und teils nicht nachvollziehbar. Der Kläger trug vor, er habe in der Provinz Panjsher in der Moschee Tanbanah an einem Freitagsgebet teilgenommen. Dort sei mit einem Plakat von einer Partei namens Tahrir, deren Führer Al Baghdadi sei, für ein islamisches Kalifat geworben worden. Er habe das Plakat entfernt, weil er mit dem Inhalt nicht einverstanden gewesen sei. Danach sei er nach Kabul zurückgekehrt. Ab dem folgenden Tag habe er täglich Drohanrufe erhalten. Die Anrufer hätten wissen wollen, warum der Kläger das Plakat entfernt habe und hätten gesagt, er arbeite für die Regierung und sei deswegen kein Muslim. Die Drohungen hätten zugenommen bis hin zu Morddrohungen. Am Abend des 4.3.1394 habe er sich im Dienst befunden. Seine Eltern seien zuhause gewesen. Gegen 22:00 Uhr seien „Personen“ in den Hof gekommen. Die angelehnte Tür sei auf den Boden gefallen und seine Mutter habe Angst bekommen und geschrien. Sie habe nicht gesehen, wer im Hof gewesen sei. „Die Leute“ hätten dann Angst bekommen und seien gegangen. Die Nachbarschaft habe auf die Hilferufe der Mutter reagiert und daraufhin seien sie geflohen. Am nächsten Tag habe er einen weiteren Anruf erhalten. Die Anrufer hätten mitgeteilt, der Kläger habe Glück gehabt, dass die Nachbarn aufgeschreckt worden seien. Andernfalls hätte man sie umgebracht. Die Anrufer hätten angekündigt, den Kläger und seine Eltern überall zu finden und mit ihrem Tod gedroht.

Das Gericht verkennt nicht, dass die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung getätigten Angaben im Wesentlichen mit seinen Ausführungen gegenüber dem Bundesamt übereinstimmen. Gleichwohl sind die vagen und oberflächlichen Angaben des Klägers unzureichend, um eine Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit des Verfolgungsschicksals herbeizuführen. So gab der Kläger an, er wisse nicht, wer ihn angerufen habe. Auch wisse er nicht genau, woher die Anrufer seine Telefonnummer gehabt hätten; in seinem Heimatort seien einige seiner Verwandten zu der Partei übergelaufen. Es erscheint unglaubhaft, dass die Anhänger der IS-Partei aus der Provinz Panjsher den Kläger und seine Eltern bei einer Fahrzeit von zweieinhalb Stunden bis nach Kabul verfolgt haben sollen. Zu einer anderen Bewertung führt auch nicht der Einwand des Klägerbevollmächtigten, wonach die Eindringlinge nicht aus Panjsher sondern aus Kabul stammten. Zwar erscheint es grundsätzlich denkbar, dass die IS-Partei über Anhänger in verschiedenen Landesteilen verfügt. Allerdings verfügt der Islamische Staat (IS) nach Angaben der Schweizerischen Flüchtlingshilfe in Afghanistan nur über schwache Strukturen und tritt (noch) nicht in Verbänden auf. Der IS soll in Logar und besonders in Nangarhar Mitglieder angeworben haben (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 13.9.2015, S. 8). Demnach steht bereits die fehlende landesweite Etablierung des IS einer Verfolgung des Klägers durch Anhänger der IS-Partei bis nach Kabul entgegen. Darüber hinaus ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die IS-Anhänger dem bloßen Abreißen eines Plakats eine derart große Bedeutung zumessen und eine Verfolgung des Klägers sowie seiner Eltern in Kabul mit Tötungsabsicht initiieren würden. Auch die Schilderung des gescheiterten Einbruchsversuchs ist insgesamt unzureichend, um eine Überzeugung des Gerichts vom Verfolgungsschicksal des Klägers zu begründen. Die diesbezüglichen Angaben des Klägers sind äußerst vage. Nach seinen Angaben befand er sich zum Zeitpunkt des behaupteten Einbruchsversuchs nicht zu Hause, sondern im Dienst. Es erscheint bereits fragwürdig, dass die unbekannten Personen einerseits die Anschrift des Klägers kannten, andererseits aber nicht in der Lage gewesen sein sollen, den Einbruchsversuch zu einem Zeitpunkt der Anwesenheit des Klägers durchzuführen, auf den sie es primär abgesehen hatten. Selbst unter der Prämisse, dass die unbekannten Personen nicht aus der Provinz Panjsher, sondern aus Kabul stammten, ist bereits fraglich, wie sie Kenntnis von der Anschrift des Klägers erlangten. Die Angabe des Klägers, seine Verwandte in seinem Heimatdorf hätten gewusst, wo er wohne, führt zu keinem anderen Ergebnis. Es erscheint fernliegend, dass die IS-Anhänger in Kabul die Anschrift des Klägers von IS-Anhängern in Panjsher übermittelt bekamen. Des Weiteren ist nicht nachvollziehbar, warum die nach dem Vortrag des Klägers mit Tötungsvorsatz handelnden Personen alleine aufgrund des umgefallenen Tores, der Schreie der Mutter der Klägers und des Auftauchens der Nachbarn wieder Abstand von ihrem Vorhaben nahmen. Schließlich hatten weder die Eltern des Klägers noch die Nachbarn die Eindringlinge gesehen. Insoweit ist auch die Angabe des Klägers, die Eindringlinge seien wegen der Nachbarn geflohen, da sie unter Umständen erkannt worden wären, nicht nachvollziehbar. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Angaben der Eltern des Klägers, die in der mündlichen Verhandlung informatorisch gehört wurden. Sie bestätigten zwar die Sachverhaltsdarstellung des Klägers, konnten aber die Ungereimtheiten nicht ausräumen. Unterstellt, es habe ein Einbruchsversuch stattgefunden, ist trotz des vom Kläger behaupteten nachfolgenden Anrufs nicht klar, ob es sich bei den Tätern überhaupt um die Anhänger der IS-Partei handelte. Schließlich haben weder die Eltern des Klägers noch die Nachbarn die Eindringlinge gesehen.

1.2.2 Die behauptete Desertion von der afghanischen Armee (ANA) begründet gleichermaßen keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes besteht in Afghanistan keine Wehrpflicht. Es sei ein gängiges Phänomen, dass Soldaten das Militär vorübergehend verließen, um zu ihren Familien zurückzukehren. Diese „Deserteure“ würde schon aufgrund der sehr hohen „attrition rate“ (unerlaubte Abwesenheiten oder Fahnenflucht) nach der Rückkehr zu ihrem ursprünglichen Standort wieder in die Armee aufgenommen (Auswärtiges Amt, Bericht vom 6.11.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 13). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich führt in seiner Länderinformation der Staatendokumentation aus, etwa 4.000 Soldaten verließen monatlich die afghanischen Sicherheitskräfte. Das Problem der Abwesenheit in der ANA sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass Soldaten oftmals nicht in ihrer Heimatprovinz dienten. Laut Verteidigungsministerium gebe es keine Strafe für Desertion (Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, 21.1.2016, letzte Kurzinformation eingefügt am 5.4.2016, unter Bezugnahme auf die NYT - The New York Times v. 27.6.2011). Diese Angaben stimmen mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 9. September 2013, Au 6 K 13.30065 (BeckRS 2013, 56539) überein. In diesem Verfahren hatte das Verwaltungsgericht eine Auskunft zu der Frage eingeholt, ob Deserteure bei einer Rückkehr nach Afghanistan Bestrafung zu erwarten hätten. Das Auswärtige Amt teilte mit, dass dies nicht der Fall und Desertion in Afghanistan durchaus üblich sei. Wer in die Armee zurückkehren wolle, werde wieder aufgenommen (VG Augsburg, U.v. 9.9.2013 - Au 6 K 13.30065 - BeckRS 2013, 56539 unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 2.7.2013). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, was für Folgen sein unterlassener Dienstantritt in Helmand habe, erklärte, er denke, er werde nicht bestraft. Zudem tätigte der Kläger widersprüchliche Angaben bzgl. seiner Gründe für das Verlassen der Armee. Während er in der Anhörung gegenüber dem Bundesamt ausführte, er habe aufgrund der Situation in der Provinz Helmand nicht dorthin gehen wollen, gab er in der mündlichen Verhandlung an, der einzige Grund seien seine Eltern gewesen. Die Angabe des Klägers, wonach er bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht wieder bei der Armee anfangen könne, stimmt nicht mit den vorliegenden Erkenntnismitteln überein.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Danach ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als solcher gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG gelten dabei die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend. Damit werden die dortigen Bestimmungen über den Vorverfolgungsmaßstab, Nachfluchtgründe, Verfolgungs- und Schutzakteure und internen Schutz als anwendbar auch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erklärt.

2.1 Dem Kläger steht kein subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 AsylG zu. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger wegen einer Straftat gesucht wird und bei seiner Rückkehr nach Afghanistan die Gefahr einer Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe besteht, liegen nicht vor. Die behauptete Desertion des Klägers aus der afghanischen Armee ist, wie zuvor erläutert, nicht strafbar. Die Voraussetzung für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG liegen ebenfalls nicht vor. In diesem Zusammenhang ist vor allem Art. 3 EMRK sowie die Rechtsprechung des EGMR zu berücksichtigen (EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465/07, Elgafaji - juris Rn. 28; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris). Das Gericht hat nicht die Überzeugung erlangt, dass sich die vom Kläger behaupteten Ereignisse - Verfolgung durch IS-Anhänger - tatsächlich zugetragen haben, so dass sich hieraus keine Anhaltspunkte ergeben, dass ihm bei einer Rückkehr Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Die behauptete Desertion begründet, wie zuvor erläutert, ebenfalls nicht die Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung.

Auch aus den allgemeinen humanitären Verhältnissen in Afghanistan folgt keine Gefahr im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 3 EMRK. Nur in ganz außergewöhnlichen Fällen können schlechte humanitäre Verhältnisse für sich isoliert zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen. In Afghanistan ist die Lage für alleinstehende männliche arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167, BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; B.v. 30.9.2015 - 13a ZB 15.30063 - juris). Unter Einbeziehung der vorliegenden Erkenntnismittel ist nicht davon auszugehen, dass insoweit eine deutliche Verschlechterung der humanitären Verhältnisse eingetreten ist. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe bezeichnet die Situation für Rückkehrende als „weiterhin schwierig“ (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 13.9.2015, S. 22). Dieser Angabe ist zu entnehmen, dass sich im Hinblick auf die Rückkehrersituation in den vergangenen Monaten keine erheblichen Veränderungen ergeben haben. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes ist die Grundversorgung für große Teile der Bevölkerung in Afghanistan eine Herausforderung. Die internationale Gemeinschaft unterstütze die afghanische Regierung maßgeblich in ihren Bemühungen, die Lebensbedingungen in Afghanistan zu verbessern. (Auswärtiges Amt, Bericht vom 6.11.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 23 f.). Laut der Schweizerischen Flüchtlingshilfe verfügten nur etwa 39% der afghanischen Bevölkerung über Zugang zu sauberem Trinkwasser und gar erst 7,5% zu einer adäquaten Abwasserentsorgung (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 13.9.2015, S. 20 ff.). Nach Angaben des afghanischen Statistikamtes sei die Arbeitslosenquote im Oktober 2015 auf 40 Prozent gestiegen (Auswärtiges Amt, Bericht vom 6.11.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 23). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe geht von einer Arbeitslosigkeit von bis zu 50% aus. Es gelangten jedes Jahr weitere ca. 500.000 junge Personen auf den Arbeitsmarkt. Die hohe Arbeitslosigkeit treffe vor allem Jugendliche. Der Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen und anderen Dienstleistungen sei teilweise erschwert. Aufgrund der fehlenden Netzwerke sei es äußerst schwierig, eine Verdienstmöglichkeit und eine Unterkunft zu finden. Die Unterstützung durch Hilfswerke mit Nahrungsmitteln oder Bargeld habe eher symbolischen Wert (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 13.9.2015, S. 20 ff.). Naber berichtet u.a. davon, dass junge zurückkehrende Männer im Durchschnitt ca. neun Monate lang nach einer Arbeit suchen und sich in Kabul vielfach auf eigene Faust durchschlagen, weil sie dort keine Familie haben oder sich nicht in deren Obhut begeben wollen. Außerdem ist vom Tagelöhnerdasein mit temporärer Minimalgrundsicherung und von absoluter Armut die Rede (Naber, Afghanistan: Gründe der Flucht und Sorgen jugendlicher Rückkehrer, Asylmagazin 1-2/2016, S. 4 ff.). Den dem Gericht vorliegenden Auskünften zur wirtschaftlichen Lage ist eine höhere Aussagekraft als der Stellungnahme von Dr. D. (Dr. D., Bayerischer Flüchtlingsrat, Stellungnahme vom 9.2.2015, Keine Abschiebungen nach Afghanistan), in der auf eine erhebliche Verschlechterung der afghanischen Wirtschaft im Jahr 2014 durch die Einfrierung von Hilfsmitteln hingewiesen wird, beizumessen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes ringt die afghanische Wirtschaft mit sinkenden internationalen Investitionen und einer stark schrumpfenden Nachfrage. Das Jahr 2015 werde nach Weltbank-Angaben mit einem geringen Wirtschaftswachstum schließen. Die afghanische Regierung erhalte weiterhin erhebliche finanzielle Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft. Nach den USA und Japan sei Deutschland der drittgrößte Geber (Auswärtiges Amt, Bericht vom 6.11.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 24). Etwas anders ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerseite vorgelegten Vortrag des Rechtsanwalts C. vom 8. April 2016, der sich im Wesentlichen in einer Wiedergabe der Rechtsprechung erschöpft. Insgesamt lässt sich auch unter Berücksichtigung der Zunahme der Arbeitslosigkeit und der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Afghanistan aus den vorliegenden Erkenntnismitteln nicht der Schluss ziehen, dass der Kläger aufgrund der Versorgungslage einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ausgesetzt ist. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der alleinstehende und gesunde Kläger vergleichsweise gute Möglichkeiten hat, eine Arbeit zur Sicherung seines Existenzminimums zu erlangen. Er hat die Schule bis zur 6. Klasse besucht und war im Anschluss in einer Werkstatt im Bereich Elektro tätig. Im Anschluss trat er der der afghanischen Armee bei. Demnach ist er flexibel einsetzbar.

2.2 Der Kläger hat in Bezug auf Kabul (bei einer Rückkehr als Zivilperson) auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.

Als ernsthafter Schaden i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG eine ersthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt liegt jedenfalls dann vor, wenn bewaffnete Konflikte im Hoheitsgebiet eines Staates zwischen dessen Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten Gruppen stattfinden, die unter verantwortlicher Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebietes des Staates ausüben, dass sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen ausüben können. Hiervon abzugrenzen sind Fälle bloßer innerer Unruhen oder Spannungen wie Tumulte oder vereinzelt auftretende Gewalttaten. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes zwar nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss dann aber ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, was beispielsweise bei Bürgerkriegsauseinandersetzungen oder Guerillakämpfen der Fall ist (vgl. EuGH, U.v. 30.1.2014 - Elgafaji, C-285/12 - juris; VGH BW, U.v. 6.3.2012 - A 11 S 3070/11 - juris Rn. 23). Aufgrund eines derartigen Konflikts muss für den Schutzsuchenden eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit bestehen. Hierbei ist zu prüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende und damit allgemeine Gefahr in der Person des Schutzsuchenden so verdichtet hat, dass sie eine ernsthafte und individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt. Hierbei ist auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die ein Kläger typischerweise zurückkehren würde (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BVerwGE 134, 188; BayVGH, U.v. 12.1.2012 - 13a B 11.30427 - juris Rn. 15 m.w.N.), also auf seinen „tatsächlichen Zielort“ (EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465/07 - juris Rn. 40). Da der Kläger nach eigenen Angaben vor seiner Ausreise aus Afghanistan in Kabul gelebt hat, ist auf diese Herkunftsregion abzustellen.

Hierbei ist jedenfalls annäherungsweise eine quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betroffenen Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Anzahl der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben der Zivilpersonen verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4/09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). Ob die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllt sind, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden (BVerwG, U.v. 21.4.2009 - 10 C 11/08 - NVwZ 2009, 1237).

Normalerweise hat ein derartiger bewaffneter Konflikt nicht eine solche Gefahrendichte, dass alle Bewohner des betroffenen Gebietes ernsthaft individuell bedroht sein werden. Ein Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land/die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit tatsächlich Gefahr liefe, einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dies bleibt allerdings außergewöhnlichen Situationen vorbehalten, die durch einen sehr hohen Gefahrengrad gekennzeichnet sind (BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - juris; EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07 - juris). Eine Individualisierung kann sich auch bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden persönlichen Umständen in der Person des Schutzsuchenden ergeben, die ihn von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen. Solche persönlichen Umstände können sich z.B. aus dem Beruf des Schutzsuchenden als Arzt oder Journalist ergeben, ebenso aber aus seiner religiösen und ethnischen Zugehörigkeit, aufgrund derer der Schutzsuchende zusätzlich der Gefahr gezielter Gewalttaten ausgesetzt ist.

Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof geht in seiner aktuellen Rechtsprechung auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Zentralregion, zu der Kabul zählt, nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sind (vgl. BayVGH, B.v. 20.8.2015 - 13a ZB 15.30062 - juris; B.v. 16.4.2014 - 13a ZB 14.30069 - juris; B.v. 11.3.2014 - 13a ZB 13.30246 - juris; U.v. 4.6.2013 - 13a B 12.30111 - juris). Das Gericht schließt sich der Einschätzung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs an. Aus den aktuellen Erkenntnismitteln ergibt sich trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage keine derart hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson schon alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in Kabul einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt wäre (EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation, Januar 2016, S. 34 ff.; Auswärtiges Amt, Bericht vom 6.11.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 4). Trotz einer Reihe von Selbstmordanschlägen ist Kabul sicherer als andere Orte in Afghanistan. Zwar ist den Erkenntnismitteln eine Verschlechterung der Sicherheitslage in Kabul zu entnehmen (EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation, Januar 2016, S. 30 ff.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage, 13.9.2015, S. 3 ff., 10, 22; ECOI, Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für Kabul, 15.3.2016; UNAMA, Afghanistan Annual Report, Februar 2016). Allerdings stellt sich diese nicht derart prekär dar, als dass aufgrund dessen jede dort lebende Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt wäre. So weist das Auswärtige Amt in seinem aktuellen Lagebericht explizit darauf hin, dass die Provinz Kabul im Vergleich mit anderen Landesteilen relativ sicher sei; die Mehrheit der Binnenflüchtlinge halte sich im Großraum Kabul auf (Auswärtiges Amt, Bericht vom 6.11.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 4). Das Risiko eines Zivilisten erreicht in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl (die Provinz Kabul verfügt über ca. 4 Mio. Einwohner) trotz der Häufung von Anschlägen nicht die erforderliche Gefährdungsdichte. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die im gesamten Land unzureichende medizinischen Versorgungslage, bei der nur eingeschränkt gewährleistet sein dürfte, dass den Opfern nach schweren körperlichen Verletzungen keine dauerhaften Schäden verbleiben (Auswärtiges Amt, Bericht vom 6.11.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 24 f.). In der Person des Klägers sind keine gefahrerhöhenden Gesichtspunkte vorhanden.

3. Kann der Schutzsuchende keinen subsidiären Schutz erlangen, sind weiter hilfsweise die nationalen Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 AufenthG und des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu prüfen (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4/09 - BVerwGE 136, 360).

3.1 Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. In Konstellationen wie der Vorliegenden, in der gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, weshalb in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris; VG München, U.v. 8.5.2014 - M 15 K 12.30903 - juris Rn. 37). Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Fallgestaltung.

3.2 Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht ebenfalls nicht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Allerdings sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG derartige Gefahren, denen die Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Demnach kann der Schutzsuchende auf der Grundlage von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG lediglich individuelle nur ihm persönlich drohende Gefahren geltend machen (BVerwG, U.v. 29.6.2010 - 10 C 10/09 - NVwZ 2011, 48). Hingegen können allgemeine Gefahren außerhalb bewaffneter Konflikte, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Schutzsuchende angehört, nur bei Anordnungen nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG berücksichtigt werden. Hierzu zählt auch eine unzureichende Versorgungslage in Afghanistan, die insbesondere für Rückkehrer ohne Berufsausbildung und ohne familiäre Unterstützung besteht. Diese Gefahr kann auch dann nicht im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt wird, aber nur eine typische Auswirkung der allgemeinen Gefahrenlage darstellt (BVerwG, U.v. 8.12.1998 - 9 C 4.98 - BVerwGE 108, 77). Dann greift grundsätzlich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Eine Abschiebestoppanordnung besteht jedoch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht.

Jedoch ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG angehören, für die kein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 AufenthG vorliegt, ausnahmsweise Schutz vor der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Dies ist der Fall, wenn der Schutzsuchende gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde (st. Rspr. des BVerwG, z.B. U.v. 12.7.2001 - 1 C 5/01 - BVerwGE 115,1 m.w.N.).

Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Wann allgemeine Gefahren sich zu einer extremen Gefahr verdichten und somit zu einem Abschiebungsverbot von Verfassungswegen führen, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Zudem müssen sich die Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Schutzsuchende mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (z.B. U.v. 3.2.2011 - 13a B 10.30394 - juris Rn. 31 ff.; U.v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris Rn. 28 ff; U.v. 15.3.2013 - 13a B 12.30292, 13a B 113a B 12.30325 - juris Rn. 35 ff.; B.v. 19.12.2014 - 13a ZB 14.30065; B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; B.v. 10.8.2015 - 13a ZB 15.30050 - juris; B.v. 15.6.2016 - 13a ZB 16.30083 - juris; s.a. OVG NW, U.v. 3.3.2016 - 13 A 1828/09.A - juris), der sich das Gericht anschließt, ist unter Zugrundelegung sämtlicher Auskünfte und Erkenntnismittel nicht davon auszugehen, dass ein arbeitsfähiger männlicher afghanischer Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Dies gilt grundsätzlich auch für Rückkehrer, die keine Berufsausbildung haben und über keinen aufnahmefähigen Familienverband verfügen. Den vorliegenden Erkenntnismitteln sind keine Anhaltspunkte dahingehend zu entnehmen, dass diese Einschätzung überholt wäre.

In Bezug auf Kabul ist, wie zuvor erläutert, im Hinblick auf die derzeitige Sicherheitslage nicht von einer extremen allgemeinen Gefahrenlage auszugehen. Die Versorgungslage ist, wie zuvor umfassend erläutert (2.1), zwar kritisch. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes ist Afghanistan eines der ärmsten Länder der Welt und belegt trotz Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, erheblicher Anstrengungen der Regierung und kontinuierlicher Fortschritte im Jahr 2015 weiterhin einen sehr niedrigen Rang im Human Development Index (Auswärtiges Amt, Bericht vom 6.11.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 24.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 13.9.2015, S. 20 ff.). Wie zuvor erläutert stieg die Arbeitslosenquote im Oktober 2015 auf 40% an. Demgegenüber ringt die afghanische Wirtschaft nach Angaben des Auswärtigen Amtes mit sinkenden internationalen Investitionen und einer stark schrumpfenden Nachfrage. Das Jahr 2015 werde nach Weltbank-Angaben mit einem geringen Wirtschaftswachstum schließen. Die afghanische Regierung erhalte weiterhin erhebliche finanzielle Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft (Auswärtiges Amt, Bericht vom 6.11.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 24).

Zusammenfassend lassen sich damit auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln keine für die Beurteilung der hier relevanten Gefahrenlage bedeutsamen Änderungen entnehmen. Aufgrund der in den Auskünften geschilderten Rahmenbedingungen sind insbesondere Rückkehrer aus dem Westen in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch ihre Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber Flüchtlingen, die in Nachbarländer geflohen sind, wesentlich höher. Hinzu kommt, dass eine extreme Gefahrenlage zwar auch dann besteht, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226), jedoch Mangelernährung, unzureichende Wohnverhältnisse und eine schwierige Arbeitssuche nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit „alsbald“ zu einer extremen Gefahr führen. Diese muss zwar, wie oben ausgeführt, nicht sofort, also noch am Tag der Ankunft eintreten. Erforderlich ist allerdings eine hinreichende zeitliche Nähe zwischen Rückkehr und unausweichlichem lebensbedrohenden Zustand. Die Gefahr muss sich alsbald nach der Rückkehr realisieren. Dies ist aus den genannten Erkenntnismitteln nicht ersichtlich. Aus den von der Klägerseite vorgelegten Berichten ergibt sich nichts anderes.

Im Sinne einer Gesamtgefahrenschau ist nicht davon auszugehen, dass dem Kläger bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohe oder ernste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Dem steht nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs nicht entgegen, dass er in Kabul über keinen aufnahmefähigen Familienverband verfügt (vgl. BayVGH, B.v. 15.6.2016 - 13a ZB 16.30083 - juris). Der Kläger ist gesund, leistungsfähig und verfügt über Landeskenntnisse. Ihm kommt insbesondere zugute, dass er bereits für einen Zeitraum von 10 Jahren in Kabul gelebt hat und sich dort auskennt. Der Kläger hat die Schule bis zur 6. Klasse besucht und war im Anschluss in einer Werkstatt im Bereich Elektro tätig. Demnach ist er als Arbeitskraft flexibel einsetzbar. Auch eine Rückkehr zur Afghanischen Armee wäre, wie zuvor erläutert (1.2.2), möglich. Es ist auch in Anbetracht seines noch jungen Alters davon auszugehen, dass er befähigt sein wird, sich sein Existenzminimum zumindest in Kabul zu sichern.

4. Die vom Bundesamt verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden. Die betreffende Entscheidung beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 bis 3 AufenthG, § 38 Abs. 1 AsylG. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind gegeben. Die Bezeichnung des Abschiebezielstaats im Bescheid des Bundesamtes genügt den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen (BayVGH, B.v. 10.1.2000 - 19 BZ 99.33208 - juris Rn. 4).

5. Schließlich sind auch gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots des § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6 des Bescheids) keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Insbesondere sind keine Ermessensfehler des Bundesamts bei der Bemessung der Frist nach § 11 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 AufenthG zu erkennen.

Somit konnte die Klage keinen Erfolg haben.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. November 2016 ist unbegründet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen. Die Nennung der insoweit nicht einschlägigen, aber wortgleichen Vorschrift des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist unerheblich.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger, ein hazarischer Volkszugehöriger, hält für klärungsbedürftig,

„1. ob im Hinblick auf die in Afghanistan stattfindenden, gewalttätigen Auseinandersetzungen und der sich stetig verschlechternden Sicherheitslage, insbesondere in Bezug auf den Großraum Ghazni, von einem innerstaatlichen, bewaffneten Konflikt auszugehen ist und

2. ob bei Annahme eines solchen innerstaatlichen, bewaffneten Konflikts davon ausgegangen werden kann und muss, dass dieser Konflikt gekennzeichnet ist von willkürlicher Gewalt, welche ein so hohes Niveau erreicht hat, dass praktisch jede Zivilperson in der Region, und grundsätzlich auch unabhängig von der individuellen Herkunftsregion, einer ernsthaften auch individuellen Bedrohung von Leib und Leben ausgesetzt ist, sowie

3. ob die durch das Erstgericht angenommenen Verweisung des Klägers auf innerstaatliche Fluchtalternativen letztlich den Anforderungen einer „Zumutbarkeit“ für den Kläger nach Artikel 8 der maßgeblichen Durchführungsrichtlinie entspricht und schließlich,

4. ob die vom Kläger vorgetragene Gruppenverfolgung des klägerischen Volksstammes des Hazara in Afghanistan mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann.“

Die Sicherheitslage habe sich nach dem Abzug der ISAF-Schutztruppe im Jahre 2014 kontinuierlich und dramatisch verschlechtert. Es gäbe keine sicheren Provinzen mehr. Aus den UNHCR-Richtlinien zur Schutzbedürftigkeit von Asylbewerbern aus Afghanistan vom 19. April 2016, aus Veröffentlichungen von Pro Asyl und dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ ergebe sich, wie fragil die Sicherheitslage in Afghanistan sei. Das Auswärtige Amt rate deshalb auch von Auslandsbesuchen dort ab. Die im Urteil des Verwaltungsgerichts zugrunde gelegten Tatsachen seien unrichtig und zwischenzeitlich überholt.

Die (erneute) Klärungsbedürftigkeit der unter 1. und 2. aufgeworfenen Fragen wurde vom Kläger nicht dargelegt. Vielmehr ist geklärt, dass in Afghanistan bzw. in der Provinz Ghazni die Voraussetzungen einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) nicht vorliegen (BayVGH, B. v. 5.2.2014 - 13a ZB 13.30224; U. v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris; jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AsylVfG a. F.). Für eine verlässliche Prognose, dass sich die Gefahrenlage im Jahre 2016 entscheidend verändert hätte, fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Aus den vom Kläger genannten Berichten ergibt sich nichts anderes. Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Lagebewertung einzutreten. So werden in den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Schutzsuchender vom 19. April 2016 vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage nur Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten zur Sicherheitslage genannt würden, die die bisherige Einschätzung in Frage stellen könnten. Zudem beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu Afghanistan geben ebenfalls keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B. v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B. v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Der weiteren (dritten) Frage, ob innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen, kommt bereits deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Bereits aus der Fragestellung ergibt sich, dass ihre Beantwortung wesentlich von den Umständen des Einzelfalls abhängt und es auf die individuellen Verhältnisse des Klägers ankommt.

Geklärt ist auch die vierte Frage, ob Volkszugehörige der Hazara in Afghanistan einer Gefährdung unterliegen, die die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigt. Mit rechtskräftigem Urteil vom 3. Juli 2012 (Az. 13a B 11.30064 - juris) ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nach Würdigung und Bewertung der im Einzelnen genannten Erkenntnismittel im Wege einer Gesamtschau zur Überzeugung gelangt, dass Hazara in Afghanistan zwar noch einer gewissen Diskriminierung unterliegen, derzeit und in überschaubarer Zukunft aber weder einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung noch einer erheblichen Gefahrendichte im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. (nunmehr § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) ausgesetzt sind. Für die Zentralregion hat der Senat dies mit Urteil vom 1. Februar 2013 (für Maydan-Wardak in der Zentralregion: Az. 13a B 12.30045 - juris) sowie landesweit mit Beschluss vom 28. Februar 2014 (Az. 13a ZB 13.30390 - juris) und vom 1. Dezember 2015 (Az. 13a ZB 15.30224 - juris) nochmals bestätigt (vgl. auch B. v. 19.12.2016 - 13a ZB 16.30581).

Neuere Erkenntnisse wurden vom Kläger nicht vorgetragen. Aus dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan des Auswärtigen Amts vom 19. Oktober 2016 ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung. Vielmehr ist danach von einer grundsätzlichen Verbesserung der Lage der Hazara auszugehen, wenngleich sie in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert seien. Unklar sei, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist (Lagebericht II.1.3.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren.

2

Der 1986 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er stammt aus der Provinz Helmand (Afghanistan), ist schiitischen Glaubens und gehört dem Volk der Hazara an. Im Februar 2009 reiste er nach Deutschland ein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte seinen Asylantrag mit Bescheid vom 17. März 2010 ab. Zugleich stellte es fest, dass weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen, und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan an.

3

Nach Rücknahme der Klage auf Asylanerkennung hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Afghanistans verpflichtet und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. April 2012 die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dem Kläger stehe weder unionsrechtlicher noch nationaler Abschiebungsschutz zu. Hinsichtlich eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die konkrete Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung drohe. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 3 AufenthG sei nicht erkennbar. Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor. Da in Afghanistan kein landesweiter bewaffneter Konflikt herrsche, komme eine individuelle Bedrohung nur in Betracht, wenn sich der Konflikt auf den tatsächlichen Zielort bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat erstrecke. Dies sei die Herkunftsregion des Ausländers, in der er zuletzt gelebt habe bzw. in die er typischerweise zurückkehren könne und voraussichtlich auch werde. Der Kläger habe glaubhaft vorgetragen, dass er in seiner Heimatregion Helmand keine aufnahmebereiten Bekannten oder Verwandten und keine Existenzgrundlage mehr habe. Zudem habe er Angst vor einer dort lebenden Privatperson, außerdem befürchte er Diskriminierungen, denen seine Volksgruppe in Helmand in besonderem Maße ausgesetzt sei. Wolle bzw. werde der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren, sei auf das derzeit einzig mögliche Abschiebungsziel Kabul abzustellen. Dort herrsche kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt mehr. Die Sicherheitslage werde in Kabul, abgesehen von einigen spektakulären Anschlägen, relativ einheitlich als stabil und weiterhin deutlich ruhiger als noch etwa vor zwei Jahren bewertet.

4

Dem Kläger stehe hinsichtlich Afghanistans auch nicht der hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz zur Seite. Es sei nicht ersichtlich, welches Menschenrecht der EMRK ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnte. Einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen der allgemein schlechten Lebensverhältnisse in Afghanistan stehe § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG entgegen. Eine extreme Gefahrenlage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ausnahmsweise nicht greife, liege für Kabul nicht (mehr) vor. Vielmehr sei eine gewisse Verbesserung der allgemeinen Versorgungslage in Kabul zu erkennen, die nach den strengen Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen einer wertenden Gesamtschau der Annahme einer alsbald nach der Abschiebung eintretenden Extremgefahr für gesunde ledige afghanische Männer auch ohne Vermögen oder Anbindung an lokale Familien- bzw. Stammesstrukturen entgegenstehe. Der Senat sehe keine hinreichenden Anhaltspunkte mehr dafür, dass bei dieser Personengruppe im Falle der Abschiebung alsbald der Tod oder schwerste gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten wären. Es sei vielmehr zu erwarten, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Zwar dürfte aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen in der Tat eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten kaum zumutbar sein. Diese Zumutbarkeit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Im Falle des Klägers seien auch keine hinreichenden individuellen Faktoren gegeben, die ausnahmsweise eine extreme Gefahrenlage begründen könnten.

5

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 60 Abs. 2, 5 sowie 7 Satz 1 und 2 AufenthG. Außerdem macht er Verfahrensfehler geltend und regt zur weiteren Klärung des Gehalts der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 und 7 Satz 2 AufenthG eine Vorlage an den EuGH an.

6

Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet. Das Berufungsurteil verletzt hinsichtlich des vom Kläger mit seinem Hauptantrag verfolgten Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes Bundesrecht. Das Berufungsgericht hat bei der im Rahmen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gebotenen Prüfung, ob am tatsächlichen Zielort des Klägers bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein bewaffneter Konflikt besteht, nicht auf die Herkunftsregion des Klägers, sondern auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt. Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil nicht selbst abschließend über die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden kann, ist das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

1. Gegenstand des Verfahrens ist neben dem unionsrechtlichen Abschiebungsschutz weiterhin auch der vom Kläger hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz. Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht die Zulassung der Revision allein mit der grundsätzlichen Bedeutung einer auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz zugeschnittenen Frage begründet hat. Die Urteilsformel enthält keine Beschränkung der Zulassung auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz. Der Umfang der Zulassung ist daher unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Rechtsmittelklarheit durch Auslegung zu ermitteln. Danach ist hier von einer uneingeschränkten Zulassung auszugehen. Die vom Kläger im Berufungsverfahren gestellten (Haupt- und Hilfs-)Anträge betreffen zwar unterschiedliche Streitgegenstände. Diese sind aber eng miteinander verflochten, insbesondere stellt sich die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage des maßgeblichen Anknüpfungsortes nicht nur beim unionsrechtlichen, sondern auch beim nationalen Abschiebungsschutz. Für eine uneingeschränkte Zulassung der Revision spricht im Übrigen auch die dem Berufungsurteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung, die sich lediglich auf das Rechtsmittel der Revision bezieht.

10

2. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens auf Gewährung von Abschiebungsschutz ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 10). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte. Maßgeblich ist daher für das Revisionsverfahren das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 86). Unionsrechtlich finden sowohl die Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - Qualifikations-Richtlinie - vom 29. April 2004 (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) Anwendung als auch die - während des Berufungsverfahrens in Kraft getretene - Neufassung durch die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 337 vom 20. Dezember 2011 S. 9). Für die in der Neufassung inhaltlich geänderten Bestimmungen wurde den Mitgliedstaaten eine Umsetzungsfrist bis zum 21. Dezember 2013 eingeräumt (Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU) und es bleibt bis zum Ablauf dieser Frist bei der Anwendung der Richtlinie 2004/83/EG (vgl. Art. 41 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU). Hinsichtlich der unverändert übernommenen Bestimmungen gilt die Neufassung hingegen schon jetzt (vgl. Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU).

11

3. Das Berufungsurteil verletzt in Bezug auf den vom Kläger primär begehrten unionsrechtlichen Abschiebungsschutz Bundesrecht. Die diesbezüglichen Vorgaben des Art. 15 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG) sind in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG - in überschießender Umsetzung - als absolute Abschiebungsverbote ausgestaltet und bilden einen eigenständigen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (Urteile vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 11 und vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 13 und 16).

12

3.1 Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG mit einer Begründung abgelehnt, die revisionsrechtlicher Prüfung nicht standhält. Nach dieser Vorschrift ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist.

13

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses - die Vorgaben des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU) umsetzenden - Abschiebungsverbots können auch dann erfüllt sein, wenn sich der bewaffnete Konflikt nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 25). In diesem Fall ist Bezugspunkt für die Gefahrenprognose der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr. Das ist in der Regel die Herkunftsregion des Ausländers, in die er typischerweise zurückkehren wird (Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - NVwZ 2009, 705 Rn. 40).

14

Das Berufungsgericht hat dies zutreffend zu Grunde gelegt. Es hat aber nicht geprüft, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht, sondern stattdessen auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt, weil der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 14. November 2012 (BVerwG 10 B 22.12 - juris Rn. 7) als geklärt gesehen hat, kommt es für die Frage, welche Region als Zielort der Rückkehr eines Ausländers anzusehen ist, aber weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Ein Abweichen von der Regel kann insbesondere nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen ihm § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewähren soll. Dies ergibt sich schon aus dem systematischen Zusammenhang der unionsrechtlichen Abschiebungsverbote mit den Bestimmungen über den internen Schutz (Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG; künftig: Art. 8 der Richtlinie 2011/95/EU). Kommt die Herkunftsregion als Zielort wegen der dem Ausländer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf eine andere Region des Landes verwiesen werden. Der Begriff des "tatsächlichen Zielortes der Rückkehr" ist daher kein rein empirischer Begriff, bei dem auf die tatsächlich wahrscheinlichste oder subjektiv gewollte Rückkehrregion abzustellen ist. Da es bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG um den Schutz vor den Gefahren eines - nicht notwendig landesweiten - bewaffneten Konflikts im Heimatstaat geht, kommt bei der Bestimmung des Ortes der (voraussichtlichen) tatsächlichen Rückkehr der Herkunft als Ordnungs- und Zuschreibungsmerkmal eine besondere Bedeutung zu. Ein Abweichen von der Herkunftsregion kann daher auch nicht damit begründet werden, dass der Ausländer infolge eines bewaffneten Konflikts den personalen Bezug zu seiner Herkunftsregion verloren hat, etwa weil Familienangehörige getötet worden sind oder diese Gebiete ebenfalls verlassen haben. Auch soweit die nachlassende subjektive Bindung zur Herkunftsregion durch Umstände begründet worden ist, die mittelbare Folgen des bewaffneten Konflikts sind (z.B. Beeinträchtigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, nachhaltige Verschlechterung der Versorgungslage), und es mangels Existenzgrundlage und Zukunftsperspektive eine nachvollziehbare Haltung ist, nicht in die Herkunftsregion zurückkehren zu wollen, behält diese für die schutzrechtliche Betrachtung grundsätzlich ihre Relevanz. Allerdings ist jedenfalls dann nicht (mehr) auf die Herkunftsregion abzustellen, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit dem Ziel niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben. Durch eine solche freiwillige Ablösung verliert die Herkunftsregion ihre Bedeutung als Ordnungs- und Zurechnungsmerkmal und scheidet damit als Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG aus.

15

Diese Ausdeutung des vom Gerichtshof der Europäischen Union - EuGH - (Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 40) verwandten Begriffs des tatsächlichen Zielorts der Rückkehr kann vorgenommen werden, ohne diesem die Rechtssache zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der EuGH hat den Begriff in seinem Urteil vom 17. Februar 2009 zwar nicht abschließend definiert. Die hier entfaltete Auslegung trägt aber dem Zweck der Vorschriften über den internen Schutz Rechnung und folgt damit der Vorgabe des EuGH, die Auslegung nationalen Rechts so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Art. 249 Abs. 3 EG (inzwischen: Art. 288 AEUV) nachzukommen (EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 42).

16

Das Berufungsurteil verstößt nach den vorstehenden Grundsätzen gegen Bundesrecht, weil es für das Bestehen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht die Verhältnisse in der Herkunftsregion des Klägers in den Blick genommen, sondern auf die Lage in Kabul als dem voraussichtlichen Zielort einer Abschiebung abgestellt hat. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist aber nicht zu entnehmen, dass der Kläger sich vor seiner Ausreise dauerhaft in einer anderen Region als Helmand niedergelassen hat. Er ist zwar zunächst mit seiner Lebensgefährtin nach Kabul (und später in den Iran zu seiner Schwester) gegangen. Dies geschah nach seinen Angaben aber allein aus Angst vor dem Vater seiner Lebensgefährtin; zur Dauer und den näheren Umständen des Aufenthalts in Kabul enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen. Die vom Berufungsgericht angeführten Erwägungen, warum der Kläger nicht nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde, lassen die Relevanz der Heimatregion für die Gefahrenprognose bei einem bewaffneten Konflikt nicht entfallen.

17

3.2 Das Berufungsurteil beruht auf diesem Fehler. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zur Lage in der Provinz Helmand getroffen. Ob in dieser Region ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht und dem Kläger dort die in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG definierte Gefahr droht, kann daher revisionsgerichtlich weder festgestellt noch ausgeschlossen werden.

18

3.3 Die Entscheidung erweist sich hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO) oder unrichtig, so dass der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann.

19

a) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG scheidet nicht schon deshalb aus, weil der Kläger - einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in seiner Herkunftsregion unterstellt - in Kabul internen Schutz finden könnte. Dies würde nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG voraussetzen, dass für den Kläger in Kabul nicht nur keine Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, sondern von ihm auch vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält.

20

Auch hierzu fehlen hinreichende tatrichterliche Feststellungen. Das Berufungsgericht hat in Bezug auf Kabul zwar festgestellt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG nicht vorliegen, weil dort keine extreme Gefahrenlage herrsche und zu erwarten sei, dass Rückkehrer durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Nach Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG muss beim internen Schutz die Existenzgrundlage aber so weit gesichert sein, dass vom Ausländer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus; weiterhin offenbleiben kann, welche darüber hinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Standards erfüllt sein müssen (vgl. Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 Rn. 35).

21

b) Umgekehrt kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Berufungsurteil hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes aus anderen Gründen unrichtig ist. Das Berufungsgericht hat vor allem im Ergebnis zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG verneint. Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revision - insbesondere nicht aus den allgemeinen humanitären Verhältnissen in Afghanistan.

22

Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Mit diesem Abschiebungsverbot wird Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU) umgesetzt. Die Europäische Kommission hat sich bei der Formulierung dieser Richtlinienbestimmung an Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685) - EMRK - orientiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - Bezug genommen (Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen vom 12. September 2001 KOM <2001> 510 endgültig S. 6, 30). Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG auch über Art. 19 Abs. 2 der Grundrechte-Charta (ABl EU 2010 Nr. C 83, 389) - GR-Charta - zu berücksichtigen. Danach darf niemand in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn das ernsthafte Risiko der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Dies gilt nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta auch für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach den gemäß Art. 52 Abs. 7 GR-Charta bei ihrer Auslegung gebührend zu berücksichtigenden Erläuterungen (ABl EU 2007 Nr. C 303 S. 17 = EuGRZ 2008, 92) wird durch die Regelung in Art. 19 Abs. 2 GR-Charta die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK in Auslieferungs-, Ausweisungs- und Abschiebungsfällen übernommen (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 15 und 17).

23

Entgegen der Auffassung der Revision ist der neueren Rechtsprechung des EGMR nicht zu entnehmen, dass sich der Maßstab für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bei Abschiebungen in Staaten mit schwierigen Lebensbedingungen nach den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung" bestimmt. Entsprechendes ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/06 - NVwZ 2011, 413). Bereits in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (BVerwG 10 B 16.12 - juris Rn. 8 f.) hat der Senat dargelegt, dass der EGMR davon ausgeht, dass die Staaten - unbeschadet ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich derer aus der Konvention selbst - das Recht haben, die Einreise fremder Staatsbürger in ihr Hoheitsgebiet zu regeln (EGMR, Urteile vom 28. Mai 1985 - Nr. 15/1983/71/107-109, Abdulaziz u. a./Vereinigtes Königreich - NJW 1986, 3007 Rn. 67; vom 18. Oktober 2006 - Nr. 46410/99, Üner/Niederlande - NVwZ 2007, 1279 Rn. 54 und vom 28. Juni 2012 - Nr. 14499/09, A.A. u.a. - Rn. 71). Die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann aber dessen Verantwortlichkeit nach der Konvention begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. In einem solchen Fall ergibt sich aus Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die Person nicht in dieses Land abzuschieben (stRspr, EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 1/1989/161/217, Soering/Vereinigtes Königreich - NJW 1990, 2183 Rn. 90 f. und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 - Nr. 26565/05, N./Vereinigtes Königreich - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42). So hat der EGMR ein Abschiebungsverbot aus Art. 3 EMRK zugunsten eines im fortgeschrittenen, tödlichen und unheilbaren Stadiums an Aids Erkrankten angenommen, weil die Abschiebung seinen Tod beschleunigen würde, er keine angemessene Behandlung erreichen könne und kein Beweis für irgendeine mögliche moralische oder soziale Unterstützung im Zielstaat zu erbringen sei (EGMR, Urteil vom 2. Mai 1997 - Nr. 146/1996/767/964, D./Vereinigtes Königreich - NVwZ 1998, 161 Rn. 52 f.). Zusammenfassend führt der Gerichtshof zur Herleitung eines Abschiebungsverbots aus Art. 3 EMRK aufgrund von Krankheiten aus, dass angesichts der grundlegenden Bedeutung von Art. 3 EMRK im System der Konvention zwar eine gewisse Flexibilität notwendig sei, um eine Ausweisung (expulsion) in besonderen Ausnahmefällen zu verhindern. Doch verpflichte Art. 3 EMRK die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 a.a.O. Rn. 44).

24

Wie der Senat in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (a.a.O. Rn. 9) ausgeführt hat, ist diese gefestigte Rechtsprechung durch das Urteil der Großen Kammer vom 21. Januar 2011 (a.a.O.) im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland nicht grundsätzlich revidiert worden. Dieses Urteil verhält sich - entgegen der Auffassung der Revision - erkennbar nicht zu den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung". Zwar hat der EGMR eine Verletzung von Art. 3 EMRK durch das Königreich Belgien als abschiebenden Staat angenommen, weil der betroffene Asylantragsteller mit seiner Überstellung an Griechenland als Signaturstaat der EMRK einer Situation äußerster materieller Armut ausgeliefert worden sei, was den belgischen Behörden bewusst gewesen sei (Rn. 263 f., 366 f.). Jedoch erstreckt diese Entscheidung den Schutzbereich des Art. 3 EMRK ausdrücklich nicht allgemein auf soziale Leistungsrechte; der EGMR betont vielmehr die Fortgeltung seiner insoweit sehr zurückhaltenden Rechtsprechung (Rn. 249 m.w.N.) und begründet seine Entscheidung mit dem Schutz der Menschenwürde von Personen, die - in einem ihnen völlig fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und behördlicher Gleichgültigkeit gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden (Rn. 253). Als eine hiernach in Betracht zu ziehende Personengruppe führt der EGMR die Gruppe der Asylsuchenden an, die er als besonders verletzlich und schutzbedürftig qualifiziert (Rn. 251, 259).

25

Dass damit keine generelle Erstreckung des Schutzes nach Art. 3 EMRK auf zu gewährleistende Standards im Heimatstaat des Betroffenen einhergeht, ergibt sich auch aus nachfolgenden Urteilen des EGMR (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 9 m.w.N.). In seinem Urteil vom 28. Juni 2011 im Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich (Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681) stellt der EGMR nochmals klar, dass in Abschiebungsfällen nur zu prüfen ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände ernstliche Gründe für die Annahme nachgewiesen worden sind, dass der Betroffene im Fall seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr liefe, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Wenn eine solche Gefahr nachgewiesen ist, verletzt die Abschiebung des Ausländers notwendig Art. 3 EMRK, einerlei, ob sich die Gefahr aus einer allgemeinen Situation der Gewalt ergibt, einem besonderen Merkmal des Ausländers oder einer Verbindung von beiden (Rn. 218). Zugleich weist der EGMR darauf hin, dass die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Bestimmungsland hingegen nicht notwendig für die Frage bedeutend und erst recht nicht dafür entscheidend sind, ob der Betroffene in diesem Gebiet wirklich der Gefahr einer Misshandlung unter Verstoß gegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Denn die Konvention zielt hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Die grundlegende Bedeutung von Art. 3 EMRK macht nach Auffassung des EGMR aber eine gewisse Flexibilität erforderlich, um in sehr ungewöhnlichen Fällen eine Abschiebung zu verhindern. In ganz außergewöhnlichen Fällen können daher auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung "zwingend" sind (Rn. 278). Nur soweit die schlechten humanitären Bedingungen - wie in Somalia - nicht nur oder überwiegend auf Armut oder fehlende staatliche Mittel beim Umgang mit Naturereignissen zurückzuführen sind, sondern überwiegend auf direkte und indirekte Aktionen der Konfliktparteien zurückgehen, hält der EGMR das im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (a.a.O.) entwickelte Kriterium für besser geeignet, nach dem die Fähigkeit des Beschwerdeführers berücksichtigt werden muss, seine elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, weiter seine Verletzlichkeit für Misshandlungen und seine Aussicht auf eine Verbesserung der Lage in angemessener Zeit (Rn. 282 f.).

26

Welche Anforderungen sich aus dieser Rechtsprechung des EGMR im Einzelnen für Abschiebungen in den Herkunftsstaat bei schlechten humanitären Bedingungen ergeben, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst der EGMR geht in Bezug auf Afghanistan davon aus, dass die allgemeine Lage dort nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK wäre (EGMR, Urteil vom 13. Oktober 2011 - Nr. 10611/09, Husseini/Schweden - NJOZ 2012, 952 Rn. 84). Auch auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für eine allein auf die allgemeinen Lebensbedingungen im Herkunftsland gestützte Verletzung des Art. 3 EMRK ersichtlich nicht vor. Maßgeblich ist dabei die Perspektive des abschiebenden Staates, aus dessen Sicht zu prüfen ist, ob der Betroffene durch die Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Bei dieser Prüfung stellt der EGMR grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat ab und prüft zunächst, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 a.a.O. Rn. 265, 301, 309). Das gilt auch bei der Beurteilung von Umständen, die nicht in die unmittelbare Verantwortung des Abschiebungszielstaates fallen, dem abschiebenden Staat nach Art. 3 EMRK aber dennoch eine Abschiebung des Ausländers verbieten.

27

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass derzeit nur eine Abschiebung nach Kabul möglich ist (UA S. 14). Zugleich hat es sich bezüglich der allgemeinen Lebensbedingungen in Kabul - im Rahmen seiner Ausführungen zu § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG - in tatsächlicher Hinsicht der Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs angeschlossen, dass zu erwarten sei, dass Rückkehrer dort durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten (UA S. 23). Die daran anschließende Bemerkung des Berufungsgerichts, aufgrund der schlechten Gesamtsituation dürfte ohne schützende Familien- und Stammesstrukturen eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten "kaum zumutbar" sein, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Sie umfasst nicht die tatsächliche Feststellung, die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Abschiebezielstaat seien so schlecht, dass nach Art. 3 EMRK von einer Abschiebung zwingend abgesehen werden müsse. Mit dieser Formulierung bringt das Berufungsgericht lediglich seine Haltung zum Ausdruck, dass die rechtlichen "Hürden" des Bundesverwaltungsgerichts für die Annahme eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG seiner Auffassung nach zu hoch sind, und lässt in der Sache sein Bedauern erkennen, dass die oberste Landesbehörde für Afghanistan keinen generellen Abschiebestopp aus humanitären Gründen gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG angeordnet hat und das Gericht diese politische Entscheidung - unterhalb der hier nicht erreichten Grenze verfassungsrechtlich gebotenen Abschiebungsschutzes - nicht zu ersetzen vermag (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 5).

28

Damit liegen die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG - ungeachtet des Umstandes, dass bei § 60 Abs. 2 AufenthG und bei § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in rechtlicher Hinsicht unterschiedliche Maßstäbe gelten - ersichtlich nicht vor. Selbst bei Zugrundelegung der - vom EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland für einen gänzlich anderen Anwendungsfall entwickelten und in den Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich auf eine ebenfalls andere Ausgangssituation im Herkunftsstaat übertragenen - abgesenkten und auf die Situation besonderer Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit bezogenen Maßstäbe ergäbe sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Verhältnissen in Kabul für den Kläger kein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 10).

29

Auch insoweit bedarf es keiner Vorlage an den EuGH. Die Voraussetzungen, unter denen einen abschiebenden Staat aus Art. 3 EMRK ausnahmsweise eine Verantwortung für nicht dem Abschiebezielstaat oder anderen Akteuren zuzurechnende Umstände trifft, ergeben sich aus der Rechtsprechung des EGMR und werfen im vorliegenden Verfahren keine entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Zweifelsfragen auf. Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU zu beachten. Dass die Richtlinie in Bezug auf Art. 3 EMRK bei Umständen, die weder in die Verantwortung des Abschiebezielstaats noch eines sonstigen Akteurs fallen, keinen über die Rechtsprechung des EGMR hinausgehenden Schutz gewährt, ergibt sich schon aus Art. 6 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 6 der Richtlinie 2004/83/EG). Denn dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass es nach den Vorstellungen des Richtliniengebers auch beim subsidiären Schutz grundsätzlich eines Akteurs bedarf, von dem ein ernsthafter Schaden ausgehen kann.

30

4. Kann der Senat mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen weder positiv noch negativ abschließend über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden, so ist das Berufungsurteil schon aus diesem Grund aufzuheben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, ohne dass es auf die von der Revision fristgerecht erhobenen Verfahrensrügen ankommt. Zur Klarstellung weist der Senat allerdings darauf hin, dass die gerügten Verfahrensfehler nicht vorliegen. Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen in den Beschlüssen des Senats vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 16.12 und 10 B 20.12 - zu vergleichbaren Verfahrensrügen des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, weil es den Rechtsstreit nicht dem EuGH vorgelegt hat. Ein solcher Verstoß scheidet schon deswegen aus, weil es nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zwar zur Vorlage berechtigt, nicht aber verpflichtet ist. Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen für eine Vorlage an den EuGH aber auch nicht vor. Die entscheidungserheblichen Fragen des Unionsrechts sind in der Rechtsprechung des EuGH geklärt bzw. unterliegen keinen Zweifeln, die eine Vorlage rechtfertigen oder gar gebieten. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.

31

5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

32

5.1 Das Berufungsgericht wird hinsichtlich des Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes vor allem mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG auf aktueller Tatsachengrundlage zu klären haben, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht und ihm dort die Gefahren drohen, vor denen § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewährt. Ist dies der Fall, hat es weiter zu prüfen, ob der Kläger nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf die Möglichkeit internen Schutzes in einem anderen Landesteil - insbesondere Kabul - verwiesen werden kann.

33

5.2 Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes hat, wird es auf aktueller Erkenntnislage auch erneut über den Hilfsantrag des Klägers auf Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 und 3 AufenthG zu entscheiden haben.

34

a) Dabei kann dahinstehen, wie die Aussage des Berufungsgerichts bei § 60 Abs. 5 AufenthG zu verstehen ist, dass bezüglich Art. 3 EMRK die weitergehende und unionsrechtlich aufgeladene Schutznorm des § 60 Abs. 2 AufenthG "vorrangig, d.h. im vorliegenden Falle nicht zu prüfen" sei. Sollte das Berufungsgericht damit zum Ausdruck bringen wollen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK durch § 60 Abs. 2 AufenthG verdrängt wird, wäre dies allerdings nicht mit Bundesrecht zu vereinbaren.

35

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG (Urteil vom 11. November 1997 - BVerwG 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen ("zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse).

36

Der Verweis auf Abschiebungsverbote, die sich aus der Anwendung der EMRK ergeben, umfasst auch das Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Bei § 60 Abs. 5 AufenthG sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK), ist der sachliche Regelungsbereich zwar weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinaus. Denn § 60 Abs. 2 AufenthG knüpft - wie dargelegt - an Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EG an, der seinerseits die Verantwortung des Abschiebestaats nach Art. 3 EMRK übernimmt. Auch wenn bei Anträgen auf internationalen Schutz der unionsrechtliche Abschiebungsschutz - und damit auch das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG - vor dem nationalen Abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in Bezug auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK keine (verdrängende) Spezialität des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG, die eine Prüfung des § 60 Abs. 5 AufenthG bereits dem Grunde nach ausschließt. Die Gewährleistung nach nationalem Recht tritt vielmehr selbstständig neben die aus Unionsrecht. Eine tatbestandsausschließende Spezialität des § 60 Abs. 2 AufenthG wäre mit dem hohen Rang, den die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsgüter haben, unvereinbar. Damit ist hinsichtlich des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in jedem Fall materiell zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllt sind. In Fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei Verneinung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind.

37

b) Schließlich soll nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat auch dann abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Allerdings sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, grundsätzlich nur nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung).

38

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Ausländer im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen kann, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (stRspr, vgl. Urteil vom 8. September 2012 - BVerwG 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 - Rn. 22 f. m.w.N.). Auch insoweit sind die Verhältnisse im ganzen Land in den Blick zu nehmen und - wie bei § 60 Abs. 2 und 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK - zunächst die Verhältnisse am Zielort der Abschiebung zu prüfen.

39

Das Berufungsgericht hat in Anwendung dieser Maßstäbe ein Abschiebungsverbot verneint, weil in tatsächlicher Hinsicht zu erwarten sei, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Dabei hat es weder die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit, dass es infolge der problematischen Versorgungslage, die neben der Versorgung mit Lebensmitteln auch die medizinische Versorgung und die Versorgung mit Wohnraum umfasst, zur Beeinträchtigung fundamentaler Schutzgüter kommen werde, überspannt noch hat es seine tatrichterliche Überzeugung auf einer zu schmalen Tatsachenbasis gebildet. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe im Rahmen der Beurteilung einer extremen Gefahrenlage die medizinische Versorgungslage nicht hinreichend berücksichtigt, verkennt sie, dass diese nur bei akut behandlungsbedürftigen Vorerkrankungen oder in Fällen von Bedeutung ist, in denen aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse mit einer entsprechend hohen Wahrscheinlichkeit eine lebensbedrohliche Erkrankung zu erwarten ist, für die dann faktisch kein Zugang zu medizinischer (Grund-)Versorgung besteht (s.a. Beschluss vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 20.12 - Rn. 14).

40

Soweit das Berufungsgericht im Übrigen der Auffassung ist, das Bundesverwaltungsgericht stelle an das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung überzogene rechtliche Anforderungen, geben die Ausführungen dem Senat keine Veranlassung zu einer Änderung seiner Rechtsprechung. Das Berufungsgericht begründet seine Kritik damit, dass die Zumutbarkeit einer Rückkehr unter humanitären Gesichtspunkten, die es aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen selbst für gesunde alleinstehende Männer "kaum" für gegeben hält, nach der Rechtsprechung "kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG" sei. Mit diesen Erwägungen stellt es dem aus dem Verfassungsrecht abgeleiteten Rechtsbegriff der Zumutbarkeit eine eigene - mit außerrechtlichen Erwägungen begründete und enger gefasste - Zumutbarkeit gegenüber und vermischt damit die Grenze zwischen einer dem Betroffenen rechtlich (noch) zumutbaren und einer nicht (mehr) zumutbaren Rückkehr. Dabei vernachlässigt es zudem, dass es bei der verfassungskonformen Auslegung nicht um die Bestimmung eines aus Sicht des jeweiligen Gerichts "sinnvollen" und/oder "menschenrechtsfreundlichen" Abschiebungsschutzregimes geht, sondern um die Festlegung der Voraussetzungen, unter denen im gewaltenteilenden Rechtsstaat die Rechtsprechung befugt ist, über eine verfassungskonforme Auslegung ausnahmsweise die Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, allgemeine Gefahren nur im Rahmen einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen, unbeachtet zu lassen. Hierbei macht es in der Sache einen erheblichen Unterschied, ob ein Mensch ohne jeden Ausweg in eine Situation gebracht wird, in der er so gut wie keine Überlebensmöglichkeit hat, oder ob er bei allen - auch existenzbedrohenden - Schwierigkeiten nicht chancenlos ist, sondern die Möglichkeit hat, Einfluss auf sein Schicksal zu nehmen.

41

Die weiteren Zweifel des Berufungsgerichts, ob ein Obergericht revisionsrechtlich dazu verpflichtet werden könne, sich mit der abweichenden Einschätzung anderer Obergerichte auseinanderzusetzen, betreffen nicht den materiell-rechtlichen Maßstab für die Beurteilung einer extremen Gefahrenlage selbst. Die damit ausgedrückte Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. Urteil vom 29. Juni 2010 - BVerwG 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 Rn. 22) vernachlässigt, dass diese Auseinandersetzung nicht als Selbstzweck gefordert wird. Sie zielt auf eine Verbesserung der Entscheidungsqualität durch Verbreiterung der erkennbar in die tatrichterliche Bewertung eingestellten Tatsachen- und Argumentationsbasis. Dies gilt namentlich in Fällen, in denen es - wie hier - im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG um eine "Korrektur" des demokratisch legitimierten Gesetzgebers geht, für die im Rahmen der Tatsachen- und Lagebeurteilung eine umfassende Gesamtwürdigung der voraussichtlichen Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat und der damit verbundenen Gefahren erforderlich ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 26. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

1. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der Antragsteller, nach eigenen Angaben am ... 1990 in ... geboren, ist afghanischer Staatsangehöriger, paschtunischer Volkszugehörigkeit. Er gab an, über den Iran, die Türkei und Griechenland auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland am .... April 2012 eingereist zu sein und stellte am .... Mai 2012 einen Asylantrag.

Bei seiner persönlichen Anhörung am .... Juli 2012 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) legte er eine Kopie seiner Geburtsurkunde vor, einen Drohbrief der Taliban sowie seine Heiratsurkunde. Diese Papiere waren ihm nach Deutschland gefaxt worden, nach eigenen Angaben vom Mann seiner Schwester. Der Kläger gab an, im Dorf ..., Landkreis ..., Provinz ... im Hause seiner Eltern gewohnt zu haben. Er habe dort bis zu seiner Ausreise gewohnt. Er habe im Jahr 1385 (2006/2007) geheiratet. Seine Frau lebe bei ihrem Vater. Er habe zwei Töchter, sie seien ein Jahr und zwei Jahre alt. Diese seien bei ihrer Mutter. Zum Schulbesuch befragt gab er an, fünf Jahre lang die Grundschule in ... besucht und ein Jahr lang in einer Werkstatt als Schweißer gelernt zu haben. Danach habe er sich als Schweißer selbstständig gemacht und diesen Beruf in ... bis zu seiner Ausreise ausgeübt.

Zu den unmittelbaren Gründen seiner Ausreise aus Afghanistan befragt, erklärte der Kläger, sein Bruder sei Taxifahrer gewesen und zwischen dem Dorf des Klägers und der Stadt ... gependelt. Die Taliban hätten seinem Bruder vorgeworfen, für die Regierung zu arbeiten. Die Taliban hätten seinem Bruder gesagt, er solle nicht mehr Taxi fahren. Dann haben die Taliban seinen Bruder festgenommen und verschleppt. Sie hätten ihn überall gesucht und später seine Leiche gefunden. Dies sei zwei bis drei Monate vor der Ausreise des Klägers gewesen. Der Kläger gab weiter an, nach dem Tod seines Bruders habe er einen Brief bekommen, worin behauptet wurde, sein Bruder habe für die Regierung gearbeitet und er müsse dafür nun Strafe zahlen. Dem Kläger sei gedroht worden, er werde umgebracht, sollte er nicht zahlen. In dem Drohbrief der Taliban habe gestanden, er müsse sich am ....1390 (....2011) melden. Laut Übersetzung durch den anwesenden Dolmetscher steht in dem Drohbrief „am ....1390 ist ... nicht erschienen und geflüchtet.“

Der Kläger sagte weiter aus, er sei zu seinem Schwiegervater nach ... gegangen, nachdem er den Drohbrief erhalten habe. Auf Vorhalt, er habe anfangs behauptet, bis zu seiner Ausreise im Elternhaus gewohnt zu haben, erklärte er, er habe gedacht, es sei gemeint, ob er in diesem Gebiet gewesen sei. Das Dorf seines Schwiegervaters sei nicht so weit von seinem Elternhaus entfernt. Die letzten drei Monate sei er bei seinem Schwiegervater gewesen und nur ab und zu heimlich nach Hause zu seiner Mutter gegangen.

Auf Frage, ob der Kläger andere persönliche und konkrete Probleme mit den Taliban gehabt habe, gab der Kläger an, ja, diese hätten immer Geld verlangt. Sie seien Diebe, die wollten immer auf irgendeine Weise Geld von den Leuten. Auf die Anhörung (S. 41-48 Bundesamtsakte - BA) wird im Übrigen Bezug genommen.

Mit Schreiben vom .... Januar 2013 reichte der Kläger beim Bundesamt Dokumente, die er als Originaldokumente aus Afghanistan bezeichnete, für sein Asylverfahren ein. Der übersetzte Drohbrief lautet: „Islamische Bewegung der afghanischen Taliban, Oberhaupt der Gläubigen ... .... Der genannte ..., Sohn des ..., sein Großvater ..., muss wissen, dass laut Anzeige der Taliban der Bruder des ... mit den Behörden der jetzigen Regierung in Verbindung stand, und die Talban hatten ihn gewarnt, seinen Bruder zu den Taliban zu bringen. Aber sein Bruder flüchtete und verschwand aus der Szene, und der ... selbst erschien auch nicht, und in dem Jahr ....1390 flüchtete er. An diesem Datum erschien auch ... nicht. Nun wird ... zu 3.500.000 Afghanis Geldstrafe verurteilt, wenn er diese Strafe nicht zahlt, hat er keinen Grund zur Beschwerde“. Ein weiterer Brief lautet: „Nach der Begrüßung wird die Person ..., Sohn des ..., Enkel des ..., seitens der für den Distrikt ... verantwortlichen Taliban darüber informiert, im Jahre 1390 nach Sonnenkalender am Samstagmorgen um 9 Uhr zum Distrikt zu kommen. Im Falle eines Nichterscheinens, hast du kein Recht auf Beschwerde. Grüße“. Auf die verschiedenen Dokumente wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom .... Juli 2015, zugestellt am .... Juli 2015, wurde dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus ihm nicht zuerkannt (Ziffer 3) und festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). In Ziffer 5 des Bescheides wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland binnen 30 Tagen zu verlassen, andernfalls wurde ihm die Abschiebung, zuvorderst nach Afghanistan, angedroht.

Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe seine Furcht vor Verfolgung durch die Taliban nicht glaubhaft gemacht. Sein Sachvortrag sei in sich nicht stimmig. Wichtige Einzelheiten, wie vor allem der zeitliche Ablauf der Geschehnisse seien bis zum Schluss unklar geblieben und auch auf mehrere Nachfragen des anhörenden Entscheiders hätten diese Unklarheiten nicht ausgeräumt werden können. Der Kläger habe sich in seinem Vortrag zunächst nur auf die Verschleppung und den Tod seines Bruders bezogen und auf Nachfrage erklärt, er habe einen Drohbrief bekommen, in dem gestanden habe, er solle sich am ... 2011 melden. Dies wäre jedoch bereits vor dem Tod des Bruders gewesen. Der Kläger habe vorgetragen, er sei zu seinem Schwager nach ... geflohen, nachdem er den Drohbrief erhalten habe. Eingangs sei der Kläger jedoch ausdrücklich nach seinem Aufenthaltsort bis zu seiner Ausreise gefragt worden. Dort habe er zunächst angegeben, er habe sich bis zu seiner Ausreise im Haus seiner Eltern in ... aufgehalten. Später habe er jedoch angegeben, sich zuletzt bei seinem Schwiegervater aufgehalten zu haben.

Das Bundesamt führt in dem Bescheid weiter aus, die Echtheit des vorgelegten Drohbriefes müsse bezweifelt werden, da die Angaben über den Großvater nicht übereinstimmten.

Selbst wenn man den Sachvortrag als wahr unterstellte, bestünde für den Kläger die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil Afghanistans niederzulassen. Auf den Bescheid (S. 68-78 BA) wird im Übrigen Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 3. August 2015, bei Gericht eingegangen per Telefax am 5. August 2015, ließ der Kläger Klage erheben und beantragen:

I.

Der Bescheid der Beklagten vom ....07.2015 Gz: ... wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen.

III.

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG, der subsidiäre Schutz nach § 4 AsylVfG und die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Mit Schriftsatz vom 14. August 2015 wurde die Klage dahingehend begründet, dass der Kläger verheiratet sei und zwei Kinder habe, die noch in der Heimat lebten. Grund für die Flucht des Klägers sei, dass er von den Taliban unter Druck gesetzt worden sei, sich ihnen anzuschließen und für sie zu kämpfen. Dies habe der Kläger nicht gewollt und hatte daher nur die Möglichkeit zu fliehen. Die Taliban hätten bereits den Bruder des Klägers, der Taxifahrer gewesen sei, bedroht und gewollt, dass er aufhöre, Taxi zu fahren. Da er nicht gehorcht habe, sei er von den Taliban entführt, verschleppt und getötet worden. Dies sei zwei bis drei Monate vor der Flucht des Klägers geschehen. Nach dem Tod des Bruders hätten die Taliban angefangen, den Kläger zu bedrohen, zunächst Geld zu fordern und dann verlangt, dass er vorspreche. Dem sei der Kläger nicht nachgekommen, sondern zunächst zu seinem Schwiegervater und dann aus dem Lande geflohen.

Mit Schriftsatz vom 12. August 2015 beantragte die Beklagte

Klageabweisung.

In der mündlichen Verhandlung stellte die Klägervertreterin folgenden unbedingten Antrag:

Zum Beweis der Echtheit der Dokumente Blatt 53-56 der Bundesamtsakte Einholung eines Sachverständigengutachtens nach Auswahl der Gerichts.

Das Gericht lehnte den Antrag mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss ab und begründete dies mit dessen Ungeeignetheit.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts-, die beigezogene Behördenakte sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2017 Bezug genommen.

Gründe

Über die Verwaltungsstreitsache konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2017 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Die Parteien wurden zur Verhandlung ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen, dass auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.

I.

Einzustellen war das Verfahren hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhaltenen Primärantrags auf Verpflichtung, den Kläger als Asylberechtigen anzuerkennen. Dieses Abstandnehmen von der schriftsätzlich beantragten Zielsetzung diesbezüglich stellt sich als teilweise Klagerücknahme dar, so dass das Verfahren insoweit einzustellen ist, § 92 Abs. 1 und 3 VwGO.

II.

Soweit die Klage aufrechterhalten wurde, ist sie zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom .... Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs.1 Satz 1 VwGO. Ihm steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG (Hauptantrag) noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG (Hilfsanträge) zu.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG, § 60 Abs. 1 AufenthG, da sich sein Vorbringen insgesamt als unglaubwürdig erweist, da es in sich höchst widersprüchlich ist. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Eine Verfolgung im Sinne dieser Bestimmung kann nach § 3 c AsylG ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Eine entsprechende Verfolgung konnte der Kläger nicht glaubhaft machen.

a) Es bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Klägers. Das Vorbringen des Klägers ist insgesamt nicht glaubhaft. Die Angaben vor dem Bundesamt und im Rahmen der mündlichen Verhandlung weichen teilweise gravierend voneinander ab. Seine unterschiedlichen Aussagen lassen sich nicht miteinander in Einklang bringen. So hat der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, es seien zwischen der Verschleppung seines Bruders und dem Auffinden seiner Leiche drei Tage und drei Nächte vergangen. Vor Gericht hingegen gab er einen Zeitraum von etwa zwei Monaten an. Auch wenn man dem Hinweis der Klägervertreterin folgt, man könne die vom Kläger angegebenen Zeiträume nicht an unseren Maßstäben messen, so ist der Unterschied zwischen drei Tagen und zwei Monaten doch so gravierend, dass hier von einer reinen Ungenauigkeit/Unkenntnis über Zeiträume bzw. Zeitangaben nicht ausgegangen werden kann, wie dies evtl. bei wenigen Tagen Differenz der Fall sein könnte. Vor dem Bundesamt sagte der Kläger, nach dem Tod seines Bruders habe er einen Drohbrief von den Taliban bekommen. Vor Gericht hingegen behauptete er, er habe den Brief nach der Verschleppung seiner Bruders aber noch vor dessen Tod bekommen. Zum Inhalt des Briefes gab der Kläger beim Bundesamt noch an, darin habe gestanden, er müsse sich am ...1390 (....2011) bei den Taliban melden. Vor Gericht sagte er aus, in dem Brief stehe nicht, wann er sich melden solle. Tatsächlich ist der Brief insoweit nicht genau gefasst. Dennoch ist der Kläger vor dem Bundesamt noch davon ausgegangen, dass er sich an dem im Brief genannten Datum melden solle, vor Gericht hingegen hat er das Datum nicht mehr so aufgefasst. Diese unterschiedlichen Aussagen zeigen nach Auffassung des Gerichts, dass der Kläger diese vor dem Bundesamt gemachte Aussage abzuändern versuchte, weil das in dem Brief genannte Datum vom Bundesamt unter anderem als wichtiges Indiz für die Unglaubwürdigkeit der klägerischen Vortrags gewertet wurde, weil es sich nicht in die Chronologie der vorgetragenen Abläufe einfügte. Der Kläger machte auch bei weiteren Angaben widersprüchliche Aussagen. So hat er vor dem Bundesamt zuerst angegeben, bis zu seiner Ausreise bei der Mutter gewohnt zu haben. Später sagte er dann, er habe bei seinem Schwiegervater gewohnt. In der mündlichen Verhandlung widersprach er sich ebenfalls. Zuerst sagte er, er sei nach Erhalt des Drohbriefes bei seiner Mutter geblieben, nach Vorhalt des Gerichts, vor dem Bundesamt habe er am Ende gesagt, er sei bei seinem Schwiegervater gewesen, bestätigte er, bei seinem Schwiegervater gewesen zu sein. Gleichzeitig gab er an, tagsüber bei seiner Mutter gewesen zu sein, wohingegen er vor dem Bundesamt gesagt hatte, nur ab und zu nach Hause zu seiner Mutter gegangen zu sein. Auch den Wohnort seiner Frau und seiner Kinder hat er vor dem Bundesamt und vor dem Gericht unterschiedlich angegeben.

Den von der Klägervertreterin gestellten Beweisantrag hat das Gericht mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss wegen Ungeeignetheit abgelehnt. Es wurde im Beweisantrag nicht ausgeführt und ist dem Gericht auch nicht klar, wo der Sachverständige mit seinen Untersuchungen anknüpfen soll. Die Taliban haben kein spezielles Papier oder eine spezielle Schrift oder ähnliches, an der sich die Echtheit eines Drohbriefes eruieren lassen könnte. Es ist kein Vergleichsmaterial vorhanden, das hier zugrunde gelegt werden kann. Der Beweisantrag war daher abzulehnen.

b) Nur ergänzend ist auszuführen, dass für den Kläger jedenfalls eine inländische Fluchtalternative bestünde. Nach § 3e Abs. 1 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen des § 3e Abs. 1 AsylG erfüllt, sind gemäß § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylG die im sicheren Teil des Herkunftslandes vorhandenen allgemeinen Gegebenheiten sowie die persönlichen Umstände des Klägers zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Die Beurteilung erfordert dabei eine Einzelfallprüfung (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 13A ZB 13.30185 -). Dabei sind die individuellen Besonderheiten wie Sprache, Bildung, persönliche Fähigkeiten, vorangegangene Aufenthalte des Klägers in dem in Betracht kommenden Landesteil, örtliche und familiäre Bindungen, Geschlecht, Alter, ziviler Status, Lebenserfahrung, soziale Einrichtungen, gesundheitliche Versorgung und verfügbares Vermögen zu berücksichtigen. Entscheidend dafür, ob eine inländische Fluchtalternative als zumutbar angesehen werden kann, ist dabei insbesondere auch die Frage, ob an dem verfolgungssicheren Ort das wirtschaftliche Existenzminimum des Asylsuchenden gewährleistet ist. Dies in der Regel anzunehmen, wenn der Asylsuchende durch eigene Arbeit oder Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen kann.

Gemessen an diesen Grundsätzen geht das Gericht davon aus, dass für den Kläger eine inländische Fluchtalternative besteht. Das Gericht ist davon überzeugt, dass sich der Kläger für ihn zumutbar in Kabul niederlassen kann, wo er aufgrund der Anonymität der Großstadt und unter Berücksichtigung des Zeitablaufs sowie der Entfernung zu seinem Heimatort von den Taliban nicht aufgefunden würde, da dort auch die Gebietsgewalt beim afghanischen Staat liegt und nicht bei den Taliban. Diese Einschätzung entspricht auch der aktuellen Auskunftslage. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bieten größere Städte aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleinere Städte oder Dorfgemeinschaften (Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 - Stand September 2016 - S. 16). Daher könnte sich der erwerbsfähige Kläger in Kabul niederlassen, ohne einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Dem Kläger ist es auch möglich, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, da er bereits in Afghanistan als Schweißer gearbeitet hat. Gegen die Fluchtalternative spricht auch nicht, dass der Kläger in Afghanistan eine Frau und zwei Kinder hat. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass seine Frau zu Hause Näharbeiten ausführt. Einer derartigen Arbeit könnte sie auch in Kabul nachgehen und gleichzeitig in der Nähe der Kinder sein. Da diese nach wie vor in Afghanistan leben, kennen sie auch die Sprache und Gewohnheiten, so dass es der Familie insgesamt zumutbar ist, in eine andere Umgebung zu ziehen.

2. Im Hinblick auf die weiterhin geltend gemachte Feststellung der subsidiären Schutzberechtigung sowie der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AsylG nimmt das Gericht Bezug auf die obigen Ausführungen, die auch für diese Aspekte gelten. Darüber hinaus bezieht sich das Gericht nach § 77 Abs. 2 AsylG auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid, denen es insoweit folgt.

3. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung unter Abschiebungsandrohung ist rechtmäßig. Die Voraussetzungen des §§ 34 AsylG, 59 AufenthG liegen vor.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 83 b AsylG bezüglich des streitig zu entscheidenden Antrags, bezüglich der Klagerücknahme aus § 155 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 83 b AsylG.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege einstweiligen Rechtschutzes gegen den Vollzug einer bestandskräftigen Abschiebungsandrohung nach Afghanistan.

Der am ... 1989 in ... (Afghanistan) geborene Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Tadschiken und sunnitischem Glauben. Vor seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland lebte der Antragsteller in * (Afghanistan).

Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 14. Juni 2016 wurde der Asylerstantrag des Antragstellers abgelehnt. Auf die Gründe des diesbezüglichen Bescheides wird verwiesen. Dem Antragsteller wurde die Abschiebung nach Afghanistan bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht.

Die vom Antragsteller gegen die Entscheidung des Bundesamtes erhobene Klage wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. August 2016 (Az. Au 6 K 16.30946) abgelehnt. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird verwiesen.

Ein gegen die vorbezeichnete Entscheidung gerichteter Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Januar 2017 abgelehnt (Az.: 13a ZB 16.30374). Auf die Gründe dieser Entscheidung wird verwiesen.

Am 9. Februar 2017 stellte der Antragsteller beim Bundesamt einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag). Weiter begehrte der Antragsteller das Wiederaufgreifen des Verfahrens zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach Afghanistan.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 21. Februar 2017 wurde der Antrag des Antragstellers auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1) In Ziffer 2 wurde auch der weitergehende Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 14. Juni 2016 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) abgelehnt.

In den Gründen ist ausgeführt, dass der Antrag unzulässig sei, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Ein Asylantrag sei unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrages nach § 71 Asylgesetz (AsylG) ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen sei. Ein weiteres Asylverfahren gemäß § 71 Abs. 1 AsylG sei nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) erfüllt seien, folglich zu Gunsten des Antragstellers Wiederaufgreifensgründe vorlägen. Es sei bereits nicht ersichtlich, warum der Antragsteller ohne grobes Verschulden außerstande gewesen sein könnte, seinen jetzt geltend gemachten psychischen Zustand nicht schon im Erstverfahren geltend zu machen. Aus dem im Verfahren vorgelegten Attest gehe u.a. hervor, dass eine psychische Beeinträchtigung seit der Kindheit gegeben sei. Zu dieser habe der Antragsteller weder im Verfahren vor dem Bundesamt noch im Erstverfahren etwas vorgetragen. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG seien ebenfalls nicht gegeben. Was eine akute Suizidalität im Falle einer Rückführung ins Heimatland angehe, so handele es sich hierbei zudem um ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis, welches sich der Zuständigkeit des Bundesamtes entziehe. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG seien stets nur solche Umstände, die sich der Sache nach aus der Unzumutbarkeit des Aufenthalts im Zielland für diesen Ausländer herleiten ließen und damit in Gefahren begründet lägen, welche dem Asylbewerber im Zielstaat der Abschiebung drohten (zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote). Würden die befürchteten negativen Auswirkungen jedoch allein durch die Abschiebung als solche und nicht wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung eintreten, so handele es sich um ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Die im Erstbescheid erlassene Abschiebungsandrohung sei weiter gültig und vollziehbar.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 21. Februar 2017 wird ergänzend verwiesen.

Der Antragsteller hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 7. März 2017 Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Bundesamtes vom 21. Februar 2017 aufzuheben (Az. Au 5 K 17.31263). Über die vorbezeichnete Klage ist noch nicht entschieden worden.

Daneben hat der Antragsteller ebenfalls mit Schriftsatz vom 7. März 2017 im Wege vorläufigen Rechtschutzes beantragt,

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Mitteilung gemäß § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG einstweilig zurückzunehmen und der Zentralen Ausländerbehörde, Regierung, mitzuteilen, dass ein Asylfolgeverfahren durchgeführt wird.

Zur Begründung ist vorgetragen, dass der Antragsteller einen Anspruch auf die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens habe. Es gebe eine Vielzahl neuer Erkenntnismittel, die belegten, dass die Taliban und eine Vielzahl von kriminellen Machthabern das Land Afghanistan beherrschten und imstande seien, Zivilpersonen jederzeit im ganzen Land ausfindig zu machen. Darüber hinaus gebe es eine Vielzahl neuer Erkenntnisse dazu, dass im gesamten Staatsgebiet Afghanistan ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt bestehe, wodurch dem Antragsteller eine individuelle Bedrohung des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG drohe. Ebenfalls belegten die neuen Erkenntnismittel, dass bei einer Rückkehr nach Afghanistan dem Antragsteller die Verelendung sowie eine konkrete Lebens- und Gesundheitsgefahr drohe. Der Antragsteller sei nicht in der Lage, ein Existenzminimum zu erwirtschaften. Des Weiteren lägen neue Beweise dafür vor, dass der Antragsteller psychisch erkrankt sei. Er leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung und sei medikamentös-psychiatrisch und therapeutisch dringend behandlungsbedürftig. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liege vor, da dem Antragsteller im Falle einer Rückkehr in sein Heimatstaat eine Verschärfung der Krankheit und eine Gefahr für Leib und Leben drohe. Eine adäquate medizinische Behandlung sei in Afghanistan nicht erhältlich. Insoweit wurde Bezug genommen auf den fachärztlichen Bericht vom 13. November 2016. Für den weiteren Vortrag des Antragstellers wird auf den weitergehenden Inhalt des Schriftsatzes vom 7. März 2017 Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bleibt ohne Erfolg.

1. Der Antrag ist zwar zulässig. Insbesondere ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens einstweilen sichern und etwaigen Abschiebemaßnahmen der Ausländerbehörde entgegenwirken will, statthaft.

Die Antragsgegnerin hat den Antrag des Antragstellers auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag) bzw. auf Abänderung des Ausgangsbescheides im Erstverfahren vom 14. Juni 2016 abgelehnt, ohne eine weitere Abschiebungsandrohung zu erlassen, § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG. Mangels einer erneuten Abschiebungsandrohung bildet die im Bescheid vom 14. Juni 2016 enthaltene bestandskräftige Abschiebungsandrohung i.V.m. der Mitteilung an die Ausländerbehörde, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG nicht vorliegen, gemäß § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG die Grundlage für den Vollzug einer Abschiebung des Antragstellers. Da die auf §§ 24 Abs. 3, 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG gestützte Mitteilung an die Ausländerbehörde kein Verwaltungsakt ist (OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 31.5.200 - 2 R 186/00 - juris), somit in der Hauptsache auch nicht mit der Anfechtungsklage angefochten werden kann, ist vorläufiger Rechtschutz nach zutreffender Auffassung nicht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, sondern dergestalt zu gewähren, dass der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO aufgegeben wird, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig nicht aufgrund der nach Ablehnung des Folgeantrages an die ergangene Mitteilung eine Abschiebung erfolgen darf (vgl. grundlegend BVerfG, B.v. 16.3.1999 - 2 BvR 2131/95 -, InfAuslR 1999, 256; VGH Baden-Württemberg, B.v. 2.12.1997 - A 14 S 3104/97 -, InfAuslR 1998, 193; B.v. 13.9.2000 - 11 S 988/00 -, EZAR 632 Nr. 35).

Der Antrag ist auch zutreffend gegen die Antragsgegnerin gerichtet. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde kommt nur in begründeten Ausnahmefällen etwa dann in Betracht, wenn angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalles zu befürchten ist, dass die Antragsgegnerin gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde nicht mehr rechtzeitig den Vollzug der Abschiebung durch die beschriebene Mitteilung verhindern kann (vgl. Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 71 AsylVfG Rn. 49).

Dies gilt auch für die Sicherung des Wiederaufnahmebegehrens betreffend die Feststellung von Abschiebungshindernissen gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG. Nach der Asylantragstellung obliegt dem Bundesamt gemäß § 24 Abs. 2 AsylG die alleinige Entscheidung über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG. An diese Entscheidung ist die zuständige Ausländerbehörde gemäß § 42 Satz 1 AsylG gebunden. Wirkungsvoller Rechtsschutz ist damit im spezifisch asylrechtlichen Verfahren gewährleistet. Das zu sichernde Wiederaufnahmebegehren zielt darauf ab, im Wege der Änderung der frühen Entscheidung nunmehr eine positive Feststellung des Bundesamtes für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses zu erlangen. Dieses Ziel ist nach Erlass eines ablehnenden Bescheides mit der Verpflichtungsklage gegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verfolgen (vgl. BVerwG, U.v. 7.9.1999 - 1 C 6.99 -, InfAuslR 2000, 16), dementsprechend ist auch hier vorläufiger Rechtschutz durch Erlass einer einstweiligen Anordnung § 123 VwGO gegenüber dem Bundesamt als Antragsgegnerin zu gewähren.

2. Der Antrag ist jedoch in der Sache nicht begründet.

a) Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung).

Eine derartige einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in einem (etwaigen) Hauptsacheverfahren. Das Vorliegen eines derartigen Anordnungsgrunds und Anordnungsanspruchs ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 54).

Wie sich aus § 71 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 4 AsylG ergibt, kann vorliegend einstweiliger Rechtsschutz nur gewährt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen (vgl. VG Augsburg, B.v. 1.10.2015 - Au 4 E 15.30540 - juris Rn. 17).

Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze ist vorliegend jedenfalls kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Folgeantrags bzw. des Antrags auf Wiederaufgreifen des Verfahrens durch das Bundesamt bestehen nicht.

Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist im Fall der Stellung eines erneuten Asylantrags nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags (Folgeantrag) ein weiteres Asylverfahren nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Diese Vorschrift verlangt, dass sich die der Erstentscheidung zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Asylbewerbers geändert hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), neue Beweismittel vorliegen, die eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG). Der Asylfolgeantrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (§ 51 Abs. 3 VwVfG).

Bereits in dem Folgeantrag hat der Ausländer gemäß § 71 Abs. 3 Satz 1 AsylG seine Anschrift sowie die Tatsachen und Beweismittel substantiiert anzugeben, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ergibt. Den Asylfolgeantragsteller trifft insoweit die Darlegungspflicht (vgl. VG Bayreuth, B.v. 13.2.2015 - B 3 S. 15.30037 - juris Rn. 23).

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Asylfolgeantrages des Antragstellers mit Bescheid des Bundesamtes vom 21. Februar 2017. Auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid des Bundesamtes wird in vollem Umfang Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). und ergänzend ausgeführt.

Der Antragsteller hat entgegen § 51 Abs. 1 VwVfG nicht glaubhaft gemacht, dass sich die dem ablehnenden Bescheid zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zu seinen Gunsten geändert hätte (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG). Die im Antragsschriftsatz vom 7. März 2017 angeführten neueren Erkenntnisse führen nach Auffassung des Gerichts nicht dazu, dass dem Antragsteller nunmehr internationaler Schutz zuzuerkennen wäre. Der Antragsteller macht als Wiederaufnahmegrund im Wesentlichen geltend, dass in Afghanistan mittlerweile landesweit ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vorliegen würde, der die Gewährung subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erforderlich machen würde. Diesbezüglich vermag das Gericht keine veränderte Sachlage zu erkennen, die eine von der bestandskräftigen Entscheidung im Asylerstfahren abweichende Bewertung nahelegen könnte.

Nach § 3e Abs. 1 AsylG i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG wird einem Ausländer subsidiärer Schutz nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen des § 3e Abs. 1 AsylG erfüllt, sind gemäß § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylG die im sicheren Teil des Herkunftslandes vorhandenen allgemeinen Gegebenheiten sowie die persönlichen Umstände des Klägers zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 2 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 20; U.v. 29.5.2008 - 10 C 11/07 - juris Rn. 35). Die Beurteilung erfordert dabei eine Einzelfallprüfung (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 13A ZB 13.30185 - juris Rn. 5). Dabei sind die individuellen Besonderheiten wie Sprache, Bildung, persönliche Fähigkeiten, vorangegangene Aufenthalte des Klägers in dem in Betracht kommenden Landesteil, örtliche und familiäre Bindungen, Geschlecht, Alter, ziviler Status, Lebenserfahrung, soziale Einrichtungen, gesundheitliche Versorgung und verfügbares Vermögen zu berücksichtigen. Entscheidend dafür, ob eine inländische Fluchtalternative als zumutbar angesehen werden kann, ist dabei insbesondere auch die Frage, ob an dem verfolgungssicher Ort das wirtschaftliche Existenzminimum des Asylsuchenden gewährleistet ist. Dies in der Regel anzunehmen, wenn der Asylsuchende durch eigene Arbeit oder Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen kann. Nicht mehr zumutbar ist die Fluchtalternative demgegenüber dann, wenn der Asylsuchende an dem verfolgungssicheren Ort bei der gebotenen grundsätzlich generalisierenden Betrachtungsweise auf Dauer ein Leben zu erwarten hat, das zu Hunger, Verelendung und schließlich zum Tode führt, oder wenn er dort nichts anderes zu erwarten als ein Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums (vgl. VG Gelsenkirchen, U.v. 22.8.2013 - 5A K 156/11.A - juris Rn. 38).

Gemessen an diesen Grundsätzen geht das Gericht davon aus, dass für den Antragsteller eine inländische Fluchtalternative besteht.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass sich der Antragsteller in Afghanistan für ihn zumutbar an einem Ort niederlassen kann, an dem er verfolgungssicher ist. Für den Antragsteller als jungen Mann dürfte es in einer größeren afghanischen Stadt auch abseits seiner Herkunftsprovinz möglich sein, sich ein Existenzminimum zu sichern. Diese Einschätzung entspricht auch der aktuellen Auskunftslage. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bieten größere Städte aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleinere Städte oder Dorfgemeinschaften (Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016, Stand: September 2016 - im Folgenden: Lagebericht - S.18). Eine schützende Anonymität bieten nach Auffassung des Gerichts daher insbesondere die Städte Kabul, Herat oder Kandahar.

Dem Antragsteller ist nach Überzeugung des Gerichts eine Rückkehr insbesondere nach Kabul i.S. einer innerstaatlichen Fluchtalternative auch zumutbar. Grundsätzlich ist Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage als Fluchtalternative geeignet. Das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (BayVGH, B.v.19.6.2013 - 13a ZB 12.30386 - juris). Auch aus den letzten Lageberichten des Auswärtigen Amtes ergibt sich nicht, dass sich die Sicherheitslage in Kabul im Vergleich zur Einschätzung in den vorangegangenen Lageberichten wesentlich verändert hätte (Lagebericht vom 6.11.2015, S. 4: Lagebericht vom 19.10.2016, S. 4). Zwar war teilweise ein Anstieg von zivilen Opfern im Vergleich zu den Vorjahreszeiträumen zu verzeichnen. Dass dieser Anstieg jedoch die Sicherheitslage in Kabul derart gravierend verschlechtert hat, dass der Antragsteller dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit alsbald einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt wären, ergibt sich aus den Auskünften nicht (s. auch BayVGH, B.v. 14.1.2015 - 13a ZB 14.30410 - juris Rn.5). Auch soweit die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) in ihrem im Februar 2016 veröffentlichten Jahresbericht für 2015 anführt, dass sie im Jahr 2015 die höchste Zahl an zivilen Opfern seit 2009 dokumentiert hat, ändert dies obige Einschätzung nicht. Nachdem es bereits in den Jahren 2013 und 2014 einen Anstieg in der Zahl der zivilen Todesopfer und Verletzten gegeben hatte, stieg im Jahr 2015 die Zahl der durch konfliktbedingte Gewalt getöteten und verletzten Zivilisten im Vergleich zum Jahr 2014 um vier Prozent auf 11.002 zivile Opfer (3.545 Tote und 7.457 Verletzte). Wie UNAMA erläutert, ist der Anstieg in der Gesamtzahl der zivilen Opfer vor allem durch eine Zunahme an komplexen Anschlägen und Selbstmordanschlägen sowie gezielten Tötungen durch regierungsfeindliche Kräfte zu erklären. Darüber hinaus stieg auch die Zahl von Opfern, die durch Regierungskräfte im Zuge von Luft- und Bodengefechten verursacht wurden. Insbesondere in der Provinz Kunduz geriet zudem eine steigende Zahl von Zivilisten zwischen die Frontlinien der Konfliktparteien. UNAMA zu Folge führten komplexe Anschläge und Selbstmordanschläge in der Zentralregion, insbesondere in der Stadt Kabul, zu einem 18-prozentigen Anstieg in der Zahl der zivilen Opfer im Jahr 2015 (vgl. ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan

& Chronologie für Kabul, Stand: 5.7.2016, http: …www.ecoi.net/news/188769::

afghanistan/101.allgemeine-sicherheitslage-in-afghanistan-chronologie-fuer-kabul.htm).

Allerdings hat die Zunahme von Anschlägen nach Überzeugung des Gerichts nicht zu einer solchen Verschlechterung der Sicherheitslage in der Zentralregion und in Kabul geführt, dass vernünftigerweise nicht mehr erwartet werden könnte, dass ein Rückkehrer sich dort niederlässt. Die allgemeine Gefährdungslage dort erreicht nicht eine Intensität, dass ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG anzunehmen wäre. Soweit Organisationen wie UNHCR und Pro Asyl sowie Presseberichte auf die Zunahme von Anschlägen in Kabul verweisen, folgen sie eigenen Maßstäben, aber nicht den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen an die Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (vgl. BayVGH, B.v. 17.8.2016 - 13a ZB 16.30090 - Rn. 10 m.w.N.). Auch erreicht die allgemeine Gefährdungslage dort nicht eine Intensität, dass Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage als Fluchtalternative nicht mehr geeignet wäre, denn das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist noch weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. bisher schon BayVGH, B.v.19.6.2013 - 13a ZB 12.30386 - juris). Dies gilt auch zum jetzt entscheidungserheblichen Zeitpunkt.

b) Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens unter Abänderung des Bescheides vom 14. Juni 2016 bezüglich der Feststellung zur § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG hat der Antragsteller ebenfalls nicht glaubhaft gemacht.

Der Antragsteller macht vorliegend unter Berufung auf ein fachärztliches Attest vom 13. November 2016 geltend, er leide an einer zielstaatsbezogenen Erkrankung, die ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG darstelle bzw. begründe. Ausweislich des im Verfahren vorgelegten Attestes hat der Antragsteller geltend gemacht, er habe Alpträume hinsichtlich seiner Abschiebung nach Afghanistan und seiner Furcht, dort getötet zu werden. Er plage sich mit Suizidgedanken. Für den Antragsteller sei eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine schwere depressive Episode attestiert. Ebenfalls bestünden Suizidgedanken im Falle einer Abschiebung nach Afghanistan. Ein gesicherter Verbleib in Deutschland sei Voraussetzung für eine Therapie. Diese Diagnosen führen nicht zu einer Änderung der Sachlage zu Gunsten des Antragstellers, da es sich, soweit der Antragsteller bzw. das vorgelegte fachärztliche Attest auf Folgeprobleme im Falle einer Abschiebung des Antragstellers nach Afghanistan hinweisen, nicht um eine zielstaatsbezogene Erkrankung handelt.

Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätzen ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers auf Grund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen ist. Hingegen ist eine bereits im Bundesgebiet entstandene, auf die Abschiebung bezogene Erkrankung inlandsbezogen.

Soweit der Kläger also Ängste geltend macht, bei einer Rückkehr nach Afghanistan von den Taliban ermordet zu werden, beziehen sich seine Befürchtungen auf den bereits im ersten Asylverfahren gewürdigten und vom Verwaltungsgericht insgesamt abschließend bestandskräftig bewerteten Sachvortrag. Dass subjektiv empfundene Ängste die in einem unanfechtbar gewordenen Urteil niedergelegte Würdigung der Sachlage durch das Verwaltungsgericht insoweit nicht erschüttern können, liegt auf der Hand. Sie sind keine Änderung der Sachlage.

Soweit der Kläger aber Ängste in Reaktion auf eine drohende Abschiebung entwickelt haben will, sind diese nicht zielstaatsbezogen sondern beziehen sich auf die Vollstreckung der Abschiebungsandrohung. Sie sind inlandsbezogen (vgl. zur Differenzierung BVerwG, U.v. 15.4.1997 - 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265/278; BVerwGE, U.v. 21.9.1999 - 9 C 12.99 - BVerwGE 109, 305 ff., juris Rn. 14 f.) und führen daher ebenfalls nicht zu einer Änderung der Sachlage zu Gunsten des Antragstellers. Überdies ist eine „erhebliche konkrete Gefahr“ durch eine zielstaatsbezogene Verschlimmerung einer Erkrankung nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, gegeben (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG); nicht - wie hier - bei einer Erkrankung oder potenziellen Suizidalität in Bezug auf den Abschiebungsvorgang als solchen (vgl. BVerwG, U.v. 21.9.1999 - 9 C 8.99 -, juris Rn. 13).

Soweit der Antragsteller weitergehend darauf verweist, dass er psychische Probleme bereits seit dem Kindheitsalter habe, wäre dieser Umstand vom Antragsteller im Erstverfahren geltend zu machen gewesen. Die Erkrankung war dem Antragsteller seit längerem bekannt und wäre von diesem unschwer möglich im Verfahren vor dem Bundesamt bzw. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, das sich über zwei Instanzen erstreckt hat, geltend zu machen gewesen. Gleiches gilt im Übrigen im Hinblick auf das Attest vom 13. November 2016. Da das Asylerstverfahren erst mit der Ablehnung des Antrages auf Zulassung der Berufung durch den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs am 25. Januar 2017 seinen Abschluss gefunden hat, handelt es sich bei den vorgelegten ärztlichen Berichten streng genommen ebenfalls nicht um ein neues Beweismittel i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG. Es wäre am Antragsteller gelegen, dieses fachärztliche Attest im erstinstanzlichen Verfahren geltend zu machen, was der Antragsteller wohl offensichtlich unterlassen hat. Insoweit ist vom Antragsteller zu verlangen, dass er diese Beweismittel nach § 51 Abs. 2 VwVfG im Asylerstverfahren geltend macht.

c) Auch die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens des Verfahrens im Ermessenswege nach § 51 Abs. 5 VwVfG durch Widerruf des Bescheides vom 14. Juni 2016 hinsichtlich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG ist ebenso wenig glaubhaft gemacht. Eine Reduzierung des behördlichen Ermessensspielraums der Antragsgegnerin auf Null mit der Folge ihrer Verpflichtung zu einem solchen Wiederaufgreifen ist auch mit Blick auf die zu schützenden Grundrechte des Antragstellers nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) nicht ersichtlich. Das Gericht vermag ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG nicht zu erkennen. Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass der evtl. Abbruch einer begonnenen psychiatrischen Therapie nicht als zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis geltend gemacht werden kann, dann fremde Staatsangehörige können ein Recht auf Verbleib in dem Hoheitsgebiet des abschiebenden Staates grundsätzlich nicht beanspruchen, um weiterhin in den Genuss einer medizinischen, sozialen oder anderen adäquaten Versorgung zu gelangen, die der abschiebende Staat während ihres Aufenthaltes gewährt hat (vgl. EGMR, Entscheid vom 7.10.2004 - 33743/03 - NVwZ 2005, S. 1043 ff.). Dies gilt insbesondere auch für die durch eine Abschiebung möglicherweise abgebrochene medikamentöse Therapie des Antragstellers wegen seiner durch die drohende Abschiebung ausgelösten psychischen Reaktionen, die allenfalls - wie aufgezeigt - ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis betreffen.

3. Das ein Anordnungsgrund nach § 123 VwGO mit Blick auf die in Kürze geplante Abschiebung des Antragstellers vorliegt, ändert nichts am Fehlen eines Anordnungsanspruchs, so dass der Antrag nach § 123 VwGO insgesamt erfolglos bleibt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 21. April 2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. März 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 16. November 2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, zugehörig zur Volksgruppe der Tadschiken, sunnitischen Glaubens und stammt aus Kabul. Er reiste am … November 2015 auf dem Landweg in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein stellte am 8. August 2016 Asylantrag.

Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … Oktober 2016 begründete er sein Asylbegehren im Wesentlichen mit der schlechten Sicherheitslage in Afghanistan. Er habe in … im Stadtteil … … gelebt. In der Nähe seines Wohnorts habe sich eine Schule, in ca. einem Kilometer Entfernung der damalige Sitz des afghanischen Parlaments und ca. 150 m entfernt eine Polizeistation befunden. Auf die Schule sei vor ca. zwei oder zweieinhalb Jahren ein Selbstmordattentat verübt worden. Er selbst habe sich zu diesem Zeitpunkt im benachbarten … … aufgehalten und habe die Folgen des Attentats, insbesondere viele Leichen und Körperteile, später gesehen. Ferner sei auf den damaligen Sitz des afghanischen Parlaments ein Angriff verübt worden. Hierbei sei der Laden, in dem der Kläger gearbeitet hätte, von vielen Kugeln getroffen worden. Des Weiteren sei vor ca. zwei Jahren auf Mitglieder des afghanischen Parlaments, die in der Nähe seines Hauses gewohnt hätten, ein Selbstmordanschlag verübt worden. Bei einem dieser Angriffe sei sein Chef verletzt worden, ihm selbst sei jedoch nichts geschehen. Der Kläger erklärte weiter, er sei von zwei Räubern überfallen worden. Diese hätten sein Mobiltelefon sowie ca. 2.500 bis 3.000 Afghani, die er bei sich gehabt hätte, gestohlen. Darüber hinaus sei das Haus seiner Familie abgebrannt, er wisse aber nicht, wie es zu diesem Brand gekommen sei. Er sei bei diesem Brand verletzt worden und habe sich deshalb ca. fünf Monate im Krankenhaus befunden. Der Kläger befürchte, im Falle der Rückkehr nach Afghanistan Opfer eines Selbstmordattentats oder einer Einführung zu werden. Eine Ausweichmöglichkeit innerhalb Kabuls habe er nicht, da seinen Eltern lediglich ihr Wohnhaus gehöre.

Mit Bescheid vom 22. November 2016, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Nr. 3) ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Afghanistan oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Kläger einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Ziffer 5.). Das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6.).

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers erhoben mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom 22. November 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen der § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung bezogen sich die Klägerbevollmächtigten auf Seite 2, 2. Absatz des Bescheides des Bundesamtes vom 22. November 2016.

Die Beklagte übersandte die Behördenakte und stellte keinen Antrag.

Mit Beschluss vom 22. Februar 2017 wurde der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylG auf den Einzelrichter übertragen In der mündlichen Verhandlung vom16. März 2017 erläuterte der Kläger sein bisheriges Vorbringen näher und trug vor, erst 16 Jahre alt zu sein. Die Prozessbevollmächtigte nahm den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigten zurück und beantragte unter Anpassung des Klageantrags an die seit 1. Dezember 2013 geltende Rechtslage, den Bescheid des Bundesamts vom 22. November 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen,

hilfsweise subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zu gewähren, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf den Sachvortrag des Klägers, die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Soweit die Klagepartei die Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 VwGO.

Die Klage in ihrem verbliebenen Umfang hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 22. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Er hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Auch ein Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht nicht. Die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung sowie das dreißigmonatige Einreise- und Aufenthaltsverbot sind nicht zu beanstanden.

Zur Begründung wird auf die zutreffende Begründung in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend hierzu wird ausgeführt:

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.

Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

Die einzelnen Verfolgungshandlungen werden in § 3a AsylG näher umschrieben, die einzelnen Verfolgungsgründe werden in § 3b AsylG einer näheren Begriffsbestimmung zugeführt. Eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG kann nach § 3c AsylG ausgehen vom Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder die ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3).

Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen. Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft (ebenso wie bei der des subsidiären Schutzes, s.u.) in Orientierung an der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK („real risk“) der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen, wie er in Art. 2 Buchst. d) RL 2011/95/EU in der Umschreibung „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ zu Grunde liegt (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2012 - 10 C 7.11 - juris). Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - juris; BVerwG, U.v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 - juris).

Es ist dabei Sache des jeweiligen Schutzsuchenden darzulegen, dass in seinem Falle die tatsächlichen Grundlagen für eine Schutzgewährung, insbesondere also ein Verfolgungsschicksal und eine (noch) anhaltende Gefährdungssituation gegeben sind. Eine Glaubhaftmachung derjenigen Umstände, die den eigenen Lebensbereich des Asylbewerbers betreffen, erfordert insoweit einen substantiierten, im Wesentlichen widerspruchsfreien und nicht wechselnden Tatsachenvortrag, der geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen, und der auch mit den objektiven Umständen in Einklang zu bringen ist. Der Asylsuchende hat seine guten Gründe für eine ihm drohende Verfolgung unter Angabe genauer Einzelheiten und in sich stimmig zu schildern (BVerwG, B.v. 10.5.1994 - 9 C 434.93 - NVwZ 1994, 1123 f., B.v. 26.10.1989 - 9 B 405.89 - InfAuslR 1990, 38 ff.; OVG NW, B.v. 22.6.1982 - 18 A 10375/81).

Die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist gem. Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Betroffene erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. Vorgeschädigten wird in Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU (sowohl für die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz als auch für die Gewährung subsidiären Schutzes) eine tatsächliche (aber im Einzelfall widerlegbare) Vermutung normiert, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden, sofern ein innerer Zusammenhang zwischen der erlittenen Verfolgung bzw. dem erlittenen Schaden und der befürchteten Verfolgung bzw. dem befürchteten Schaden besteht. Dadurch wird der Vorverfolgte / Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden (BVerwG, U.v. 07.09.2010 - 10 C 11.09 - juris; BVerwG, U.v. 27.04.2010 - 10 C 5.09 - juris).

Diese Anforderungen zugrunde gelegt, kann dem Vorbringen des Klägers weder mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit entnommen werden, dass er zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren vor seiner Ausreise aus Afghanistan aus asylrelevanten Gründen verfolgt worden ist, noch dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit von diesen verfolgt werden würde.

Der Kläger befindet sich nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Heimatlandes. Der gesamte Vortrag des Klägers bietet hierfür keinen Anhaltspunkt, insbesondere nicht hinsichtlich des Erfordernisses der Anknüpfung an ein Verfolgungsmerkmal. Vielmehr begründete der Kläger sein Asylbegehren im Wesentlichen mit der allgemein schlechten Sicherheitslage in Afghanistan. Soweit der Kläger befürchtet, im Falle der Rückkehr nach Afghanistan Opfer eines Selbstmordattentats oder einer Einführung zu werden, führt dies damit schon mangels Verfolgungsgrundes i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 3b AsylG nicht zu einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

2. Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Dabei gilt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

2.1. Dass dem Kläger in Afghanistan die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe droht, ist nicht ersichtlich. Ferner hat der Kläger auch nicht vorgetragen, dass er mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit befürchten muss, dass ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan von staatlichen bzw. nichtstaatlichen Stellen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Die Berufung auf die allgemein schlechte Sicherheitslage in Afghanistan erfüllt nicht die Voraussetzungen hinsichtlich einer individuell konkreten Gefahr. Soweit der Kläger geltend macht, einmal durch zwei Räuber überfallen und beraubt worden zu sein, ist dies auch bei Wahrunterstellung unbeachtlich. Es handelt sich hierbei um einen Fall einfacher Kriminalität, die das Schutz auslösenden Mindestmaß an Schwere nicht erreicht.

2.2. Aber auch eine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG kann nicht bejaht werden.

2.2.1. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist rechtsgrundsätzlich geklärt, dass und unter welchen Voraussetzungen eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Entsprechend ist zu prüfen, ob von einem bewaffneten Konflikt in der Zielregion für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr ausgeht, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 17.1.2017 - 13a ZB 16.30182 - juris Rn. 4; BVerwG, U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 = juris Rn. 23; BVerwG, U.v. 17.11.2011 -10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 = juris Rn. 17; BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris Rn. 7; U.v. 17.11.2011 a.a.O.; U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360; U.v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198). Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 19; U.v. 14.7.2009 - 10 C 9.08 - BVerwGE 134,188 Rn. 15 mit Verweis auf EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07 - Slg. 2009, I-921 = NVwZ 2009, 705). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 19; U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33).

Zur Ermittlung einer für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichenden Gefahrendichte ist - in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu BVerwG, U.v. 18.7.2006 - 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) - aufgrund aktueller Quellen die Gesamtzahl der in der Herkunftsprovinz lebenden Zivilpersonen annäherungsweise zu ermitteln und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung zu setzen. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ermittelte Risiko für das Jahr 2009 von ca. 1:800 oder 0,12%, in der Herkunftsprovinz verletzt oder getötet zu werden, sowie die auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt sei, im Ergebnis revisionsgerichtlich nicht beanstandet (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 22).

2.2.2. Gemessen daran ist die Annahme subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG für den Kläger nicht gerechtfertigt.

Vorliegend kann dahinstehen, ob in der Heimatprovinz des Klägers ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG herrscht, weil jedenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit sein Leben oder seine Unversehrtheit in Kabul infolge willkürlicher Gewalt bedroht sind. In Kabul geht nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich in der Person der Kläger so verdichtet, dass sie für diese eine erhebliche individuelle Gefahr (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 17) bzw. Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt.

a) Das Bestehen individueller, gefahrerhöhender Umstände, die eine Gefährdung im o.g. Sinne dennoch begründen könnten, ergibt sich für den Kläger nach dessen Vorbringen nicht in einem rechtlich relevanten Maße. Er gehört keiner Berufsgruppe an, wie z.B. Ärzte oder Journalisten, die in besonderem Maße der Gefahr ausgesetzt sind, Opfer von sicherheitsrelevanten Vorfällen zu werden. Jedenfalls unter Beachtung der obigen Ausführungen zur Flüchtlingseigenschaft erfüllt er auch sonst kein persönliches Merkmal, das ihn in besonderem Maße der Gefahr, Opfer von Anschlägen zu werden, aussetzen würde. Der Umstand, dass sich das Wohnhaus seiner Eltern in der Nähe des Parlaments befindet, begründet schon deshalb keinen gefahrerhöhenden Umstand, da es sich nicht in unmittelbarer Nähe des Parlaments als primäres Anschlagsziel, sondern laut eigenen Angaben des Klägers (Bl. 34 BA) ca. einen Kilometer bzw. sechs bis sieben Gehminuten entfernt befindet. Auch die Lage des Elternhauses in der Nähe einer Schule (wenige hundert Meter bzw. zwei Minuten zu Fuß) und einer Polizeistation (ca. 150 m), mithin Institutionen, die gewöhnliche Bestandteile einer städtischen Infrastruktur sind, vermag kein in der Person des Klägers liegendes gefahrerhöhendes Merkmal zu begründen.

b) In Bezug auf die Herkunftsregion Kabul, wohin sich der Kläger bei seiner Rückkehr aufgrund der dort bestehenden familiären Verbindungen voraussichtlich begeben wird, hat sich die Sicherheitslage trotz der aktuellen Häufung von Anschlägen nicht derart verschärft, dass jede Zivilperson unabhängig von besonderen gefahrerhöhenden Umständen allein aufgrund ihrer Anwesenheit im betreffenden Gebiet konkret und individuell gefährdet ist, einen ernsthaften Schaden zu erleiden (BayVGH, B.v. 30.1.2017 - 13a ZB 16.30824 - juris; B.v. 17.8.2016 - 13a ZB 16.30090 - juris, Rn. 10; B.v. 5.2.2015 - 13a ZB 14.30172 - juris, Rn. 7, B.v. 27.5.2014 - 13a ZB 13.30309 - juris, Rn. 4 und B.v. 18.7.2012 - 13a ZB 12.30150 - juris Rn. 7 ff.; OVG NW, U.v. 3.3.2016 - 13 A 1828/09.A - juris, Rn. 73; B.v. 20.7.2015 - 13 A 1531/15.A - juris Rn. 8; VG Lüneburg U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 29 ff.; U.v. 6.2.2017 - 3 A 126/16 - juris Rn. 46 ff. unter Aufzählung einzelner jüngster Anschläge). Die Wahrscheinlichkeit für Zivilperson dort verletzt oder getötet zu werden ist nicht so hoch, dass jeder Zivilperson aus Kabul subsidiärer Schutz zuzuerkennen wäre.

aa) In der Zentralregion Afghanistans, die neben … (Einwohnerzahl ca. 4,3 Millionen, jeweils nach EASO Country of Origin Information Report Afghanistan vom November 2016 und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 57 ff.) die Provinzen Parwan (Einwohnerzahl ca. 665.000 - siehe EASO Country of Origin Information Report Afghanistan vom November 2016 und UNOCHA Afghanistan: Population estimate for 2015 vom 26. August 2015; entgegen 65.000 im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), Kapisa (Einwohnerzahl ca. 440.000), Logar (Einwohnerzahl ca. 390.000), Panjshir (Einwohnerzahl ca. 150.000) und Wardak (Einwohnerzahl ca. 595.000) umfasst (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 49; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 12) und in der insgesamt ca. 6,5 Millionen Einwohner leben, wurden bei einem Anstieg von 34% im Vergleich zum Jahr 2015 im Zeitraum Januar bis Dezember 2016 2.348 Zivilpersonen verletzt oder getötet (UNAMA, Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, Februar 2017, S. 4). Damit ergibt sich ein Risiko von 1:2.768, verletzt oder getötet zu werden. Selbst bei einer Verdreifachung der UNAMA-Zahlen aufgrund einer hohen Dunkelziffer (vgl. hierzu NdsOVG, U.v. 7.9.2015 - 9 LB 98/13 - juris Rn. 65) ergebe sich eine Wahrscheinlichkeit von 1:922, was keine erhebliche individuelle Gefahr darstellt (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - Rn. 22).

bb) Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar entschieden, dass es neben der quantitativen Ermittlung des Risikos, in der Rückkehrprovinz verletzt oder getötet zu werden, auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen bei der Zivilbevölkerung bedarf. Ist allerdings die Höhe des quantitativ festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens - wie hier - weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, vermöge sich das Unterbleiben einer wertenden Gesamtbetrachtung im Ergebnis nicht auszuwirken. Zudem sei die wertende Gesamtbetrachtung erst auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung der Gefahrendichte möglich (U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24; 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 23; 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33; BayVGH, B.v. 17.1.2017 - 13a ZB 16.30182 - juris Rn. 7 m.w.N.).

Nach alledem ist es angesichts der Bevölkerungszahl auf der einen und den Verletzten und getöteten Zivilpersonen auf der anderen Seite für eine Zivilperson auch bei einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände in Kabul nicht beachtlich wahrscheinlich, aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden (vgl. auch BayVGH, B.v. 17.08.2016 - 13a ZB 16.30090 -, juris Rn. 10; OVG NW, B.v. 8.6.2016 - 13 A 1222/16.A - juris Rn. 10; NdsOVG, B.v. 27.4.2016 - 9 LA 46/16; B.v. 13.4.2015 - 9 LA 58/13). Die Mehrzahl der Binnenflüchtlinge zieht es dementsprechend gerade auch nach Kabul (vgl. etwa Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 48).

3. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG liegen nicht vor.

Bei den national begründeten Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und dem nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand (BVerwG, U.v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16f.).

3.1. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tat-sächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit. Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen.

In Afghanistan ist die allgemeine bzw. humanitäre Lage aber nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde (VG München, U.v. 9.3.2017 - M 17 K 16.35022; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 55 ff.; vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn.12). Für das Vorliegen eines Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG wurde nichts vorgetragen und ist auch in Bezug auf den Kläger als arbeitsfähigen, gesunden jungen Mann unter den in Afghanistan derzeit herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen nichts ersichtlich (vgl. zur Reichweite der Schutznorm des § 60 Abs. 5 AufenthG BayVGH, B.v. 30.9.2015 - 13a ZB 15.30063 und die darin zit. obergerichtliche Rspr.).

3.2. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG liegt nicht vor.

3.2.1. Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die drohenden Gefahren müssten nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Dies setzt voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Ausreise in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann, der Ausländer somit gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - juris Rn. 15).

Arbeitsfähige, gesunde junge Männer sind auch ohne besondere Qualifikation, nennenswertes Vermögen und familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen zu erwirtschaften und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten, so dass für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (BayVGH, B.v. 25.1.2017 - 13a ZB 16.30374 - juris Rn. 12; B.v. 23.1.2017 - 13a ZB 17.30044 - juris Rn. 5; B.v. 17.1.2017 - 13a ZB 16.30929 - juris Rn. 2; B.v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 - juris Rn. 7; U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 17; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 60). Gerade Rückkehrer aus dem Westen sind dabei in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch die Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber den Flüchtlingen, die in Nachbarländer Afghanistans geflohen sind, wesentlich höher (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 21).

Im Hinblick auf eine mögliche Eigenexistenzsicherung hat der Kläger die hierfür erforderliche Leistungsfähigkeit eines gesunden jungen Mannes. Die Chancen des Klägers im Verdrängungskampf um die knappen Arbeitsmarktressourcen sind zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt als nicht aussichtslos im Vergleich bei der derzeitigen afghanischen Konkurrenzsituation einzuschätzen.

Soweit der Kläger nunmehr in der mündlichen Verhandlung am 16. März 2017 angab, erst 16 Jahre alt zu sein, sind seine Angaben unglaubhaft.

Bei der Aufnahme seiner Personalien vor dem Bundesamt gab der Kläger an, am 15. Februar 1997 geboren zu sein (Bl. 27 BA). Diese Angaben wurden dem Kläger übersetzt, der daraufhin die Richtigkeit seiner persönlichen Daten durch Unterschrift insgesamt dreimal bestätigte (Bl. 9, 12, 27 BA). Auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung, wieso er nicht bereits während seines Asylverfahrens auf seine Minderjährigkeit hingewiesen habe, erklärte der Kläger, dass er dies nicht gewusst und ihm die Erfahrung in Deutschland gefehlt habe. Erst bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 24. Oktober 2016 gab der Kläger an, dass sein Geburtsdatum nicht stimme. Aber auch bei Wahrunterstellung seiner nachträglichen Angaben während der Anhörung vor dem Bundesamt, ist er zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) volljährig und nicht er 16 Jahre, wie er in der mündlichen Verhandlung auch zur Überraschung seiner Prozessbevollmächtigten erstmalig behauptete. Laut Niederschrift über die Anhörung vor dem Bundesamt am … Oktober 2017 zeigte der Kläger auf seinem Mobiltelefon abgespeicherte Bilder seiner …, wonach sein Geburtsdatum der … September 1998 sei. Daran gemessen ist der Kläger zwischenzeitlich 18 Jahre alt. Aus welchen Gründen der Kläger nun entgegen seiner eigenen Darstellungen erst 16 Jahre sein soll, erschließt sich nicht. Dokumente, die dies belegen, konnte der Kläger auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung am 16. März 2017 nicht vorlegen.

Ungeachtet dessen ist davon auszugehen, dass sich der Kläger ein Existenzminimum selbst erwirtschaften kann. So gab er an, zwei Jahre in seinem Heimatland als Installateur gearbeitet und damit ca. 500,-- bis 1.000,-- Afghanis pro Tag verdient zu haben. Seine finanzielle Situation beschrieb der Kläger als durchschnittlich. Für seine Ausreise habe er sich dadurch und durch den Verkauf seines Motorrades 4.000,-- US-Dollar ersparen können. Zudem leben nach eigenen Angaben des Klägers seine 66jährige Mutter sowie fünf Tanten und sieben Onkel im Heimatland. Obwohl der Kläger den Kontakt als nicht besonders gut beschrieb, ist davon auszugehen, dass er auf das soziale Netz seiner Familie bzw. Großfamilie in Afghanistan zurückgreifen kann, die auch eine ausreichende Versorgung seiner Mutter sicherstellt.

Nach alledem ist vorliegend davon auszugehen, dass der Kläger in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Falle einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland in der Lage wäre, durch Gelegenheitsjobs in der Herkunftsregion Provinz … bzw. … …, wohin eine Abschiebung erfolgen würde (vgl. zum Abschiebeweg Auswärtiges Amt, Lagebericht, S. 26), wenigstens ein kümmerliches Einkommen zu erzielen, damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren und sich allmählich wieder in die afghanische Gesellschaft zu integrieren.

Somit kann von einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht ausgegangen werden.

4. Nach alledem ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung rechtmäßig.

5. Schließlich begegnet auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG in Nr. 6 des Bescheids vom22. November 2016 keinen rechtlichen Bedenken. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal die Klägerseite diesbezüglich keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt hat.

6. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 26. Oktober 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 und 3 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob „aufgrund der in den letzten Monaten trotz der sehr hohen Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Anschlags in Kabul zu werden, immer noch von einer stabilen Sicherheitslage auszugehen ist, die dazu führt, dass Kabul als eine inländische Fluchtalternative angesehen werden kann“. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht unter Berufung auf Lageberichte aus den Jahren 2013/2014 davon aus, dass Kabul eine inländische Fluchtalternative für ihn darstellen bzw. dass kein Anspruch auf subsidiären Schutz bestehen würde, da dort eine stabile Sicherheitslage vorliegen würde. Zu berücksichtigen sei die aktuelle, sich erheblich verschlechternde Sicherheitslage für Zivilisten. Zur Klärung müssten aktuelle Auskünfte und Gutachten eingeholt werden. Da die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und von subsidiärem Schutz wesentlich auf der Einstufung Kabuls als inländische Fluchtalternative beruhe, sei die Frage auch entscheidungserheblich.

Letzteres ist nicht zutreffend, weil der Kläger aus Kabul stammt und das Verwaltungsgericht deshalb eine Rückkehr nach Kabul als seine Heimatstadt und nicht als Fluchtalternative geprüft hat. Im Hinblick auf die Sicherheitslage hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, das Risiko, in Kabul durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Dabei hat es im Wesentlichen den Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 6. November 2015 und den Jahresbericht der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen (UNAMA, Afghanistan, Annual Report 2015, Februar 2016) herangezogen, nicht aber Lageberichte aus den Jahren 2013/2014, wie der Kläger einwendet. Mit dessen Hinweis auf die Verschlechterung der Sicherheitslage und den Anstieg von zivilen Opfern hat sich das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt (UA S. 7 f.). Hierbei hat es sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gestützt und ist zu der Erkenntnis gelangt, dass das Risiko, durch Anschläge Schaden zu erleiden, in der Zentralregion, welche auch die Heimatprovinz des Klägers, Kabul, umfasst, weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit liege (siehe hierzu BayVGH, B.v. 17.8.2016 - 13a ZB 16.30090 - juris; BayVGH, U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris; U.v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris). Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr nur unzutreffend ein, die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismittel seien veraltet. Neuere Berichte, die die Einschätzung des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten, legt er ebenfalls nicht vor.

Soweit der Kläger eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt, ist sein Antrag ebenfalls unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO nicht vorliegen.

Der Kläger trägt hierzu vor, das Verwaltungsgericht habe wesentliche Umstände bei der Entscheidung nicht erwogen. Sein Vorbringen im Zusammenhang mit der Bedrohung der gesamten Familie sei nicht ausreichend gewürdigt worden. Das Verwaltungsgericht hätte sich mit der Bedrohungslage bei einer Rückkehr, insbesondere auch mit der Maßgabe, dass seiner Familie nun der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei, auseinandersetzen müssen.

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Es gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaßes, dass ein Kläger die Möglichkeit haben muss, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (BVerfG, B.v. 21.4.1982 - 2 BvR 810/81 - BVerfGE 60, 305/310). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wonach vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte von ihnen entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrages schließen (BVerfG, B.v. 29.10.2015 - 2 BvR 1493/11 - NVwZ 2016, 238), sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, B.v. 23.7.2003 - 2 BvR 624/01 - NVwZ-RR 2004, 3; B.v. 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133/146; BayVerfGH, E.v. 7.7.2015 - Vf. 3-VI-15 - BayVBl 2015, 853).

Gemessen an diesen höchstrichterlichen Grundsätzen war dem Kläger das rechtliche Gehör nicht versagt. Wie aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, hat sich das Verwaltungsgericht mit den vom Kläger geschilderten persönlichen Verhältnissen befasst (UA S. 5 f., 9). Es ist aber zu der Einschätzung gelangt, dass weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch für subsidiären Schutz vorliegen. Dabei hat es auch zur Kenntnis genommen, dass die Eltern und zwei Geschwister als Flüchtlinge anerkannt worden seien (UA S. 3). Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör jedoch grundsätzlich nicht begründet werden (BVerfG, E.v. 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267/273; BVerwG, B.v. 30.7.2014 - 5 B 25.14 - juris; B.v. 15.5.2014 - 9 B 14.14 - juris Rn. 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Dr. Mayr

Dr. Köhler-Rott

Dengler

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. März 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig,

„1. ob im Hinblick auf die in Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen und der sich stetig verschlechternden Sicherheitslage, insbesondere in Bezug auf die Stadt Kabul, von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt auszugehen ist und

2. ob bei Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts davon ausgegangen werden kann, der diesen Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt habe ein so hohes Niveau erreicht, dass praktisch jede Zivilperson in Kabul, unabhängig von der Herkunftsregion, einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist,

3. ob (sich) die durch das Erstgericht angenommene Verweisung des Klägers auf die innerstaatliche Fluchtalternative nach Kabul im Rahmen der gebotenen Zumutbarkeit nach Artikel 8 der maßgeblichen Durchführungsrichtlinie bewegt.“

Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, der Kläger habe weder eine politische Verfolgung durch den Staat oder durch nichtstaatliche Akteure noch die Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG glaubhaft gemacht (UA S. 7 ff.). Sein Vorbringen sei allgemein, vage und enthalte wesentliche Widersprüche sowie Ungereimtheiten. Selbst wenn man jedoch die Angaben des Klägers als wahr unterstellen wollte, wäre er auf eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verweisen. Die Frage, ob die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Afghanistan oder Teilen davon als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren seien, könne dahinstehen, weil der Kläger jedenfalls keiner erheblichen individuellen Gefahr ausgesetzt wäre (UA S. 11). Damit hat das Verwaltungsgericht sowohl einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als auch auf Gewährung von subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG abgelehnt, weil der Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen nicht glaubhaft geschildert habe. Er wäre außerdem auf eine inländische Fluchtalternative zu verweisen.

Ob der Zulassungsantrag bereits deshalb abzulehnen ist, weil der Kläger nur Fragen zur erheblichen Gefahr im Rahmen eines bewaffneten Konflikts und zur Fluchtalternative aufgeworfen hat, nicht aber dazu, dass das Verwaltungsgericht die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens verneint hat, kann dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls vermögen die von ihm aufgeworfenen Fragen die Zulassung der Berufung nicht zu begründen.

Die Frage Nr. 1 betreffend das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts kann nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich dahinstehen lassen, ob ein bewaffneter Konflikt besteht.

Die weiter aufgeworfene Frage Nr. 2, ob praktisch jede Zivilperson in Kabul einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei, hat das Verwaltungsgericht verneint. Individuelle gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren in der Person des Klägers führen könnten, habe dieser ebenfalls nicht vorgetragen. Mit dem Hinweis des Klägers auf die Verschlechterung der Sicherheitslage und den Anstieg von zivilen Opfern hat sich das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt (UA S. 9, 11). Hierbei hat es sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sowie auf die auch vom Kläger genannten Lageberichte des Auswärtigen Amts gestützt und ist zu der Erkenntnis gelangt, dass das Risiko, durch Anschläge Schaden zu erleiden, in der Zentralregion, welche auch die Heimatprovinz des Klägers, Kabul, umfasst, weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit liege (siehe hierzu BayVGH, B. v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; BayVGH, U. v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris; U. v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris). Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr nur pauschal ein, die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 6. November 2015 träfen bezüglich der Hauptstadt Kabul nicht mehr die Lebensrealität und seien überholt. Aus welchem Grund die Auskunftslage keine Geltung mehr beanspruchen sollte, bleibt offen. Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Soweit sich der Kläger im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt auf die „UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016“, wonach sich die Sicherheitslage verschlechtert habe, bezieht, ergibt sich nichts anderes. Zum einen werden dort nur vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Zum anderen beruht die dortige Bewertung auf den von UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung (s. BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360) decken. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Zulassungsantrag angeführten Internetpublikation von Pro Asyl vom Dezember 2015 (Kein sicheres Herkunftsland, Keine Fluchtalternativen - Zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan) sowie den genannten Presseberichten. Dort wird ebenfalls nur die Sicherheitslage nach eigenen Maßstäben bewertet. Andere Ausgangsdaten, die darauf hindeuten, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären, sind dort ebenfalls nicht genannt. Schließlich geben auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu Afghanistan keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B. v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris).

Die Frage Nr. 3, ob (sich) die Verweisung auf die innerstaatliche Fluchtalternative nach Kabul im Rahmen der gebotenen Zumutbarkeit nach Art. 8 RL 2011/95/EU (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - ABl. Nr. L 337 S. 9) bewegt, war der Urteilsbegründung zufolge ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen ist es einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich, ob die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zutreffend ist. Vielmehr hängt es wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der Kläger bei einer Rückkehr jedenfalls in Kabul keiner Verfolgung ausgesetzt wäre. Das Verwaltungsgericht hat sich hierzu mit dem Vortrag des Klägers auseinandergesetzt und u. a. auf den Zeitablauf sowie darauf verwiesen, dass sich der Kläger nicht derart exponiert habe, dass er über sein engeres Umfeld hinaus landesweit eine Verfolgung fürchten müsste (UA S. 10).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 2. Mai 2014 ist unbegründet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob ihn „bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine sichere und vor allem dauerhafte Sicherheitslage erwartet, so dass ihm eine Rückkehr zugemutet werden kann oder ob nicht doch wegen der unsicheren Gesamtlage ein Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 7 AufenthG zusteht“. Entgegen den Ausführungen des Gerichts müsse die Sicherheitslage durchaus kritischer betrachtet und die Verschlechterung der Sicherheitslage nach Abzug der ausländischen Truppen Ende 2014 ins Blickfeld genommen werden.

In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist jedoch geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U. v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U. v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris; U. v. 22.3.2013 - 13a B 12.30044 - juris; U. v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U. v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-; U. v. 3.2.2011 - 13a B 10.30394 - juris). Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht angenommen, dass trotz der schlechten Sicherheits- und Versorgungslage nicht jeder Rückkehrer mit einer existenziellen Bedrohung rechnen müsste (UA S. 27). Aus dem Hinweis des Klägers auf den Abzug der internationalen Streitkräfte ergibt sich nichts anderes.

Im Übrigen hängt es wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen; es entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung (BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 = NVwZ-RR 2011, 48).

Sollte das Vorbringen des Klägers im Antragsschriftsatz zur Verschlechterung der Sicherheitslage als Frage verstanden werden, ob für Rückkehrer eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts bestehe (§ 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG), würde der Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg führen.

In der auch vom Verwaltungsgericht genannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F.) ist ebenfalls geklärt, dass für Afghanistan im Ganzen und für die zur Zentralregion gehörende Heimatprovinz des Klägers, Kabul, derzeit nicht davon auszugehen ist, dass praktisch jede Zivilperson schon allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben infolge militanter Gewalt ausgesetzt wäre (vgl. BayVGH, B. v. 27.5.2014 - 13a ZB 13.30309 - juris; B. v. 18.7.2012 - 13a ZB 12.30150 - juris; U. v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris = KommunalPraxisBY 2012, 87 -LS-; U. v. 3.2.2011 - 13a B 10.30394 - juris). Die Gefährdungswahrscheinlichkeit dort liegt im unteren Promillebereich. Das Verwaltungsgericht ist in Übereistimmung mit dieser Rechtsprechung zu der Erkenntnis gelangt, dass der Kläger als Angehöriger der Zivilbevölkerung keiner erheblichen individuellen Gefahr ausgesetzt wäre (UA S. 10 ff.). Die allgemeinen Ausführungen zu einer Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 9. September 2013 bleibt ohne Erfolg. Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 AsylVfG nicht gegeben.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG. Dieser Zulassungsantrag setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargestellte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält zunächst für klärungsbedürftig, ob „in Afghanistan ein bewaffneter Konflikt im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG herrscht und nahezu jede Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung für Leib und Leben ausgesetzt ist.“ Gemäß den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts im Lagebericht vom 9. Februar 2011 und vom 10. Januar 2012 sei die Sicherheitslage in Afghanistan weder sicher noch stabil. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Afghanistan Update vom 23.8.2011) führe aus, dass sich die Sicherheitslage im Norden, Nordosten, Westen und in den Zentralprovinzen dramatisch verschlechtert habe. Das österreichische Bundesasylamt habe im Bericht zur Fact Finding Mission (Afghanistan) vom Dezember 2010 festgestellt, dass die Sicherheitslage im Süden und Südwesten immer noch schlecht sei und sie sich im Norden und Westen verschlechtert habe. UNHCR weise in seiner Auskunft vom 11. November 2011 ebenfalls auf die sich weiter verschlechternde Sicherheitslage in Afghanistan hin. Von den Aktivitäten der bewaffneten regierungsfeindlichen Gruppen seien auch Gebiete betroffen, die zuvor als relativ stabil angesehen worden seien.

Die aufgeworfene Frage rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Falls der Kläger trotz seiner unerlaubten Entfernung von der Truppe im August 2011 (Nato-Truppenübungsplatz Ho./Opf.) weiterhin Angehöriger der Afghan National Army (ANA) ist, wäre die Frage nicht entscheidungserheblich, weil er als Militärperson kein subsidiär Schutzberechtigter im Rahmen eines bewaffneten Konflikts wäre (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG bzw. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG). Falls der Kläger nicht mehr Angehöriger der ANA sein sollte, wäre die aufgeworfene Frage nicht klärungsbedürftig. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Gefährdungswahrscheinlichkeit für Afghanistan im Ganzen und speziell bezüglich der Heimatregion des Klägers (Zentralregion mit Hauptstadt Kabul) bereits geklärt. Gemäß Urteilen vom 20. Januar 2012 (13a B 11.30425 - juris), vom 8. November 2012 (13a B 11.30391 - juris) und vom 1. Februar 2013 (13a B 12.30045 - juris) liegt jene im unteren Promillebereich und folglich von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit weit entfernt. Der Kläger hat hinsichtlich der Entwicklung der dortigen Sicherheitslage im Jahr 2013 keine konkreten Informationen, Auskünfte, Presseberichte benannt, denen gemäß eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spräche, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nunmehr praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Der Hinweis des Klägers auf den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 23. August 2011 (Afghanistan Update: Die aktuelle Sicherheitslage) zeigt keinen neuen Klärungsbedarf auf. Neuere Erkenntnisse, welche die bisher angenommene Größenordnung des Risikos, durch militante Gewalt Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, liegen nicht vor (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update vom 3.9.2012 und 30.9.2013; Auswärtiges Amt, Lagebericht Stand März 2013 und Februar 2014). Die vom Kläger angeführte Auskunft des UNHCR und der Bericht des österreichischen Bundesasylamts verleihen der Rechtssache ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung. Der Verwaltungsgerichtshof geht unter ständiger Auswertung aktueller Erkenntnisquellen (insbesondere United Nations Assistance Mission in Afghanistan) nach wie vor davon aus, dass sich in der Zentralregion mit Hauptstadt Kabul die Sicherheitslage nicht wesentlich verschlechtert hat und die Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eines drohenden Schadens an Leib oder Leben nicht erreicht wird (vgl. UNAMA, Annual Report 2013, S. 17, 40).

Die zusätzliche Frage, ob „Deserteure der afghanischen Armee bei einer Rückkehr in den Herkunftstaat unmenschliche Behandlung befürchten müssten, zumindest dann, wenn es sich - wie hier - um einen Offizier und ehemaligen Mitarbeiter des afghanischen Verteidigungsministeriums handelt“, ist ebenfalls nicht klärungsbedürftig.

Der Kläger macht in diesem Zusammenhang geltend, dass er aus der afghanischen Armee desertiert sei und nach dem afghanischen Militärstrafgesetzbuch eine Haftstrafe vorgesehen sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass in afghanischen Gefängnissen Folter angewandt werde und die Haftinsassen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sind. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge selbst habe mit Bescheid vom 31. Januar 2013 in dem Fall eines Deserteurs aus Afghanistan festgestellt, dass dieser eine Haftstrafe und eine unmenschliche Behandlung zu befürchten hätte. Hiermit hat der Kläger jedoch keine grundsätzlich bedeutsame Frage im Sinn von § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG aufgeworfen. Wie sich aus der Akte des Bundesamts ergibt, ist der Kläger gemäß eines vom Oberkommando der Operation Enduring Freedom - Combined Command Afghanistan - im November 2008 auf Englisch ausgestellten Zertifikats „Staff Sergeant“ (s. S. 48, 91 d. Akte). Dieser Dienstgrad gehört zur Unteroffizierslaufbahn (vgl. Wikipedia, Stichwort „Staff Sergeant“ - Oberfeldwebel). Dies entspricht auch den persönlichen Angaben des Klägers vom 19. August 2011 gegenüber der Polizeiinspektion P. („Sergeant“ - s. Bundesamtsakte S. 48). Außerdem war der Kläger nach eigenen Angaben schon seit 2006/2007 als Funker bei der kämpfenden Truppe (Bundesamtsakte S. 97). Da er also keinen hohen Posten bekleidet hat, wäre insofern ohnehin nicht von einem besonderen Gefahrenmoment auszugehen. Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage der Auskunft des Auswärtigen Amts vom 2. Juli 2013 festgestellt, dass dem Kläger als Deserteur bei Rückkehr keine Strafe drohe (UA S. 9). Der aktuelle Lagebericht des Auswärtigen Amts (Stand Februar 2014) entspricht diesen Feststellungen (a. a. O. Nr. 1.6). Der Kläger hat keine anderen Erkenntnismittel dafür benannt, dass die aufgrund der Beweisaufnahme gewonnene Einschätzung des Verwaltungsgerichts unzutreffend ist (Berlit in GK-AsylVfG, Stand Januar 2014, Rn. 611 ff.). Der Hinweis des Klägers auf einen Auszug aus einem Bescheid des Bundesamts vom 31. Januar 2013 (ohne Aktenzeichen und ohne Nennung des Namens), wonach bei einem afghanischen Deserteur ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG wegen der Gefahr unmenschlicher Behandlung festgestellt worden sei, vermag die Annahme der grundsätzlichen Bedeutung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass es hier nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG näherer Darlegungen zum Ursprung des Bescheids bedurft hätte, lässt sich aus dem zitierten Auszug ohnehin keine tragfähige Begründung für ein Abschiebungsverbot entnehmen. Die allgemeine Gefahr einer Strafverfolgung und die konkrete Gefahr einer gesetzmäßigen Bestrafung stehen einer Abschiebung grundsätzlich nicht entgegen (§ 60 Abs. 6 AufenthG). Die Annahme, dass der betreffende Ausländer der Folter unterworfen wäre, setzt nach § 60 Abs. 2 AufenthG (a. F.) und § 60 Abs. 2 AufenthG (n. F.) i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG eine konkrete/ernsthafte Gefahr voraus. Die lapidare Feststellung, dass die Gefahr nicht auszuschließen sei, genügt nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach stichhaltige Gründe für eine tatsächliche Gefährdung vorliegen müssten (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 Rn. 23). Im Übrigen gibt es auch keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass der genannte Bescheid nicht nur eine Einzelfallentscheidung ist, sondern der allgemeinen Verwaltungsübung des Bundesamts in vergleichbaren Fällen entspräche.

Der geltend gemachte Verfahrensmangel im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor. Dem Kläger war das rechtliche Gehör nicht versagt.

Das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist ein prozessuales Grundrecht und außerdem ein rechtsstaatliches konstitutives Verfahrensprinzip, das mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in funktionalem Zusammenhang steht. Es sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395/409). Die Ablehnung eines beachtlichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, B.v. 30.1.1985 - 1 BvR 39384 - BVerfGE 69, 141/144). Liegen zu einer erheblichen Tatsache bereits amtliche Auskünfte oder gutachtliche Stellungnahmen vor, kann das Gericht von einer erneuten Begutachtung absehen, wenn die bisherigen Erkenntnismittel für die Würdigung ausreichen (BVerwG, B.v. 27.3.2013 - 10 B 34.12 - NVwZ-RR 2013, 620). Gemäß diesen höchstrichterlichen Grundsätzen war das Verwaltungsgericht befugt, den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2013 mit der Begründung abzulehnen, es fehle an einer substantiierten Darlegung, inwieweit die beantragte Beweiserhebung andere bzw. bessere Erkenntnisse als die bereits vorliegenden erbringen würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 22. Juni 2009 geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt in allen Instanzen der Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 28. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 2. Mai 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG - ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts wie derzeit in Afghanistan - nicht statt auf eine sogenannte beachtliche Wahrscheinlichkeit vielmehr auf andere Kriterien wie etwa eine wertende Gesamtbetrachtung abzustellen ist.“ Das Verwaltungsgericht habe sich den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 21. November 2014 (Az. 13a B 14.30107) angeschlossen und zu § 4 AsylG judiziert, die Gefährdungswahrscheinlichkeit in der Provinz Herat liege im unteren Promillebereich, im Jahr 2012 bei 0,05% pro Person und Jahr. Eine Gefahrendichte von weniger als 1:1000 liege weit unter der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454). Nach Ansicht des Klägers ist der Begriff der sog. beachtlichen Wahrscheinlichkeit völlig nichtssagend, weil er die Frage offen lasse, welche Wahrscheinlichkeit beachtlich sein solle. Das Bundesverwaltungsgericht setze den Begriff der beachtlichen Wahrscheinlichkeit mit dem der überwiegenden Wahrscheinlichkeit gleich, was mehr als 50% bedeute. Unter Hinweis auf einen Aufsatz (Tiedemann, ZAR 2016, 53) führt der Kläger weiter aus, dass bei Vornahme einer statistischen Analyse des Bombenkriegs während des Zweiten Weltkriegs festzustellen sei, dass die Bewohner von Coventry, Stalingrad, Hamburg, Frankfurt oder Dresden keiner ernsthaften Bedrohung von Leib und Leben ausgesetzt gewesen wären, was aber nicht ernsthaft vertreten werden könne.

Der vom Kläger aufgeworfenen Frage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, da in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtsgrundsätzlich geklärt ist, dass und unter welchen Voraussetzungen eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F., nunmehr § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) besteht (BVerwG, B. v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris Rn. 7; U. v. 17.11.2011 a. a. O.; U. v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360; U. v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198) und dass es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte u. a. einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos bedarf (BVerwG, B. v. 27.6.2013 a. a. O.).

In seinem Urteil vom 17. November 2011 hat das Bundesverwaltungsgericht zum damaligen, inhaltlich mit dem nunmehr maßgeblichen unionsrechtlichen subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG übereinstimmenden (vgl. BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 = juris Rn. 23) unionsrechtlichen Abschiebungsschutz in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. entschieden, dass für die Frage, ob der Kläger bei Rückkehr in sein Heimatland einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, zu prüfen ist, ob von einem bewaffneten Konflikt in der Zielregion für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr ausgeht, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr darstellt (10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 = juris Rn. 17). Denn auch eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. und des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllen. Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19; U. v. 14.7.2009 - 10 C 9.08 - BVerwGE 134,188 Rn. 15 mit Verweis auf EuGH, U. v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07 - Slg. 2009, I-921 = NVwZ 2009, 705). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19; U. v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). In jedem Fall setzt § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht, was sich aus dem Tatbestandsmerkmal „... tatsächlich Gefahr liefe ...“ in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG ergibt (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 20). Der darin enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“; BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 20 unter Anführung von EGMR, U. v. 28.2.2008 - Saadi/Italien, Nr. 37201/06 - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125 ff.), was dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht (U. v. 27.4.2010 a. a. O. Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG).

Zur Ermittlung einer für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichenden Gefahrendichte ist - in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu U. v. 18.7.2006 - 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) - aufgrund aktueller Quellen die Gesamtzahl der in der Herkunftsprovinz lebenden Zivilpersonen annäherungsweise zu ermitteln und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung zu setzen. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ermittelte Risiko für das Jahr 2009 von ca. 1:800 oder 0,12%, in der Herkunftsprovinz verletzt oder getötet zu werden, sowie die auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt sei, im Ergebnis revisionsgerichtlich nicht beanstandet (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 22).

Soweit der Kläger statt auf eine quantitative Ermittlung des Risikos auf eine wertende Gesamtbetrachtung abstellen will, ohne die seines Erachtens hierfür relevanten Kriterien zu benennen, ist darauf hinzuweisen, dass eine wertende Gesamtbetrachtung bereits Gegenstand der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu prüfenden Voraussetzungen ist (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 23; U. v. 27.4.2010 a. a. O. Rn. 33). Danach bedarf es neben der quantitativen Ermittlung des Risikos, in der Rückkehrprovinz verletzt oder getötet zu werden, auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 23; U. v. 27.4.2010 a. a. O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. Ist allerdings die Höhe des quantitativ festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, vermag sich das Unterbleiben einer wertenden Gesamtbetrachtung im Ergebnis nicht auszuwirken (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 23). Allerdings betont das Bundesverwaltungsgericht, dass die wertende Gesamtbetrachtung erst auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung der Gefahrendichte möglich ist (BVerwG, U. v. 13.2.2014 a. a. O. Rn. 24).

Die vom Kläger letztendlich in der Sache kritisierte erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer individuellen Bedrohung aufgrund der Gefahrendichte liegt darin begründet, dass eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr zwar auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers fehlen, eintreten kann. Allerdings kann dies nur ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19). Hieraus folgt, dass ohne gefahrerhöhende persönliche Umstände ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich ist (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19), das selbst bei den vom Kläger als Vergleich herangezogenen Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg in quantitativer Hinsicht zum Teil nicht erreicht worden wäre. Der vom Kläger angeführte Wahrscheinlichkeitsgrad von mehr als 50% aufgrund einer Gleichsetzung des Begriffs der beachtlichen Wahrscheinlichkeit mit dem der überwiegenden Wahrscheinlichkeit dürfte allerdings für die erforderliche Gefahrendichte in Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nicht zutreffen, zumal das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner Rechtsprechung zur beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung im Rahmen des Art. 16a Abs. 1 GG mittlerweile statt auf eine überwiegende Wahrscheinlichkeit auf das Kriterium der Zumutbarkeit abstellt (vgl. BVerwG, U. v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162 = juris Rn. 17; U. v. 17.1.1989 - 9 C 62.87 - NVwZ 1989, 776 = juris Rn. 6; U. v. 15.3.1988 - 9 C 278.86 - BVerwGE 79, 143 = juris Rn. 23; vgl. hierzu Randelzhofer in Maunz/Dürig, GG, Stand September 2016, Art. 16a Rn. 43 f.). Ein weitergehende Klärung dieser Frage wäre im vorliegenden Verfahren nicht zu erwarten, da die vom Verwaltungsgericht ermittelte Wahrscheinlichkeit von 0,05% oder weniger als 1:1000 nochmals deutlich unterhalb der vom Bundesverwaltungsgericht und vom erkennenden Senat gebilligten Wahrscheinlichkeit von 0,12% oder 1:800 liegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 2. Mai 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG - ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts wie derzeit in Afghanistan - nicht statt auf eine sogenannte beachtliche Wahrscheinlichkeit vielmehr auf andere Kriterien wie etwa eine wertende Gesamtbetrachtung abzustellen ist.“ Das Verwaltungsgericht habe sich den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 21. November 2014 (Az. 13a B 14.30107) angeschlossen und zu § 4 AsylG judiziert, die Gefährdungswahrscheinlichkeit in der Provinz Herat liege im unteren Promillebereich, im Jahr 2012 bei 0,05% pro Person und Jahr. Eine Gefahrendichte von weniger als 1:1000 liege weit unter der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454). Nach Ansicht des Klägers ist der Begriff der sog. beachtlichen Wahrscheinlichkeit völlig nichtssagend, weil er die Frage offen lasse, welche Wahrscheinlichkeit beachtlich sein solle. Das Bundesverwaltungsgericht setze den Begriff der beachtlichen Wahrscheinlichkeit mit dem der überwiegenden Wahrscheinlichkeit gleich, was mehr als 50% bedeute. Unter Hinweis auf einen Aufsatz (Tiedemann, ZAR 2016, 53) führt der Kläger weiter aus, dass bei Vornahme einer statistischen Analyse des Bombenkriegs während des Zweiten Weltkriegs festzustellen sei, dass die Bewohner von Coventry, Stalingrad, Hamburg, Frankfurt oder Dresden keiner ernsthaften Bedrohung von Leib und Leben ausgesetzt gewesen wären, was aber nicht ernsthaft vertreten werden könne.

Der vom Kläger aufgeworfenen Frage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, da in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtsgrundsätzlich geklärt ist, dass und unter welchen Voraussetzungen eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F., nunmehr § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) besteht (BVerwG, B. v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris Rn. 7; U. v. 17.11.2011 a. a. O.; U. v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360; U. v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198) und dass es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte u. a. einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos bedarf (BVerwG, B. v. 27.6.2013 a. a. O.).

In seinem Urteil vom 17. November 2011 hat das Bundesverwaltungsgericht zum damaligen, inhaltlich mit dem nunmehr maßgeblichen unionsrechtlichen subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG übereinstimmenden (vgl. BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 = juris Rn. 23) unionsrechtlichen Abschiebungsschutz in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. entschieden, dass für die Frage, ob der Kläger bei Rückkehr in sein Heimatland einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, zu prüfen ist, ob von einem bewaffneten Konflikt in der Zielregion für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr ausgeht, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr darstellt (10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 = juris Rn. 17). Denn auch eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. und des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllen. Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19; U. v. 14.7.2009 - 10 C 9.08 - BVerwGE 134,188 Rn. 15 mit Verweis auf EuGH, U. v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07 - Slg. 2009, I-921 = NVwZ 2009, 705). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19; U. v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). In jedem Fall setzt § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht, was sich aus dem Tatbestandsmerkmal „... tatsächlich Gefahr liefe ...“ in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG ergibt (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 20). Der darin enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“; BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 20 unter Anführung von EGMR, U. v. 28.2.2008 - Saadi/Italien, Nr. 37201/06 - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125 ff.), was dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht (U. v. 27.4.2010 a. a. O. Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG).

Zur Ermittlung einer für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichenden Gefahrendichte ist - in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu U. v. 18.7.2006 - 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) - aufgrund aktueller Quellen die Gesamtzahl der in der Herkunftsprovinz lebenden Zivilpersonen annäherungsweise zu ermitteln und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung zu setzen. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ermittelte Risiko für das Jahr 2009 von ca. 1:800 oder 0,12%, in der Herkunftsprovinz verletzt oder getötet zu werden, sowie die auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt sei, im Ergebnis revisionsgerichtlich nicht beanstandet (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 22).

Soweit der Kläger statt auf eine quantitative Ermittlung des Risikos auf eine wertende Gesamtbetrachtung abstellen will, ohne die seines Erachtens hierfür relevanten Kriterien zu benennen, ist darauf hinzuweisen, dass eine wertende Gesamtbetrachtung bereits Gegenstand der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu prüfenden Voraussetzungen ist (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 23; U. v. 27.4.2010 a. a. O. Rn. 33). Danach bedarf es neben der quantitativen Ermittlung des Risikos, in der Rückkehrprovinz verletzt oder getötet zu werden, auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 23; U. v. 27.4.2010 a. a. O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. Ist allerdings die Höhe des quantitativ festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, vermag sich das Unterbleiben einer wertenden Gesamtbetrachtung im Ergebnis nicht auszuwirken (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 23). Allerdings betont das Bundesverwaltungsgericht, dass die wertende Gesamtbetrachtung erst auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung der Gefahrendichte möglich ist (BVerwG, U. v. 13.2.2014 a. a. O. Rn. 24).

Die vom Kläger letztendlich in der Sache kritisierte erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer individuellen Bedrohung aufgrund der Gefahrendichte liegt darin begründet, dass eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr zwar auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers fehlen, eintreten kann. Allerdings kann dies nur ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19). Hieraus folgt, dass ohne gefahrerhöhende persönliche Umstände ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich ist (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19), das selbst bei den vom Kläger als Vergleich herangezogenen Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg in quantitativer Hinsicht zum Teil nicht erreicht worden wäre. Der vom Kläger angeführte Wahrscheinlichkeitsgrad von mehr als 50% aufgrund einer Gleichsetzung des Begriffs der beachtlichen Wahrscheinlichkeit mit dem der überwiegenden Wahrscheinlichkeit dürfte allerdings für die erforderliche Gefahrendichte in Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nicht zutreffen, zumal das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner Rechtsprechung zur beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung im Rahmen des Art. 16a Abs. 1 GG mittlerweile statt auf eine überwiegende Wahrscheinlichkeit auf das Kriterium der Zumutbarkeit abstellt (vgl. BVerwG, U. v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162 = juris Rn. 17; U. v. 17.1.1989 - 9 C 62.87 - NVwZ 1989, 776 = juris Rn. 6; U. v. 15.3.1988 - 9 C 278.86 - BVerwGE 79, 143 = juris Rn. 23; vgl. hierzu Randelzhofer in Maunz/Dürig, GG, Stand September 2016, Art. 16a Rn. 43 f.). Ein weitergehende Klärung dieser Frage wäre im vorliegenden Verfahren nicht zu erwarten, da die vom Verwaltungsgericht ermittelte Wahrscheinlichkeit von 0,05% oder weniger als 1:1000 nochmals deutlich unterhalb der vom Bundesverwaltungsgericht und vom erkennenden Senat gebilligten Wahrscheinlichkeit von 0,12% oder 1:800 liegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm im Irak drohender Gefahren.

2

Der 1976 in Mosul geborene Kläger ist kurdischer Volkszugehöriger sunnitischen Glaubens. Zur Begründung des im Juli 2001 beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) gestellten Asylantrags gab er an, dass er in Mosul ein Lebensmittelgeschäft betrieben habe. Eine von einem Kunden in seinem Laden abgestellte Tasche, die Flugblätter von Schiiten enthalten habe, sei von einem Unbekannten inspiziert worden. Sein Vater habe ihm daraufhin zur Flucht geraten und sei seinetwegen später verhaftet worden. Er befürchte, wegen des Vorfalls getötet oder lebenslang inhaftiert zu werden. Mit Bescheid vom 14. September 2001 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab, stellte jedoch fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (inzwischen § 60 Abs. 1 AufenthG) hinsichtlich des Irak vorliegen. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund der illegalen Ausreise und der Asylantragstellung verfolgt werde.

3

Wegen der veränderten politischen Verhältnisse im Irak widerrief das Bundesamt am 16. März 2006 die Flüchtlingsanerkennung und stellte zugleich fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen.

4

Die hiergegen erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 1. Februar 2007 im Wesentlichen ausgeführt, der Widerruf sei rechtmäßig, weil der Kläger im Irak nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein keine Verfolgung mehr zu befürchten habe. Er könne auch keine Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bzw. subsidiären Schutz gemäß Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG beanspruchen. Im Irak liege kein landesweiter innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor. Zudem habe der Kläger die Möglichkeit, in Teilen des Irak internen Schutz zu finden. Im Übrigen stehe die Erlasslage des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, die bei allgemeinen Gefahren vergleichbaren Abschiebungsschutz biete, der Gewährung richtliniengemäßen subsidiären Schutzes entgegen.

5

Während des Revisionsverfahrens hat der Kläger seine Revision hinsichtlich des Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung zurückgenommen. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 44.07 - das Revisionsverfahren insoweit eingestellt. Im Übrigen hat er, soweit die Verpflichtung zur Feststellung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes aus § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG und hilfsweise nationalen Abschiebungsschutzes aus § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG begehrt wird, das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat er darauf abgestellt, dass § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG keinen landesweiten bewaffneten Konflikt voraussetze. Die zusätzliche Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger könne innerhalb des Irak internen Schutz finden, beruhe auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage. Schließlich verletze der Verweis auf die Aussetzung von Abschiebungen durch ministerielle Erlasse revisibles Recht. Denn § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG sei richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Sperrwirkung nicht greife, wenn die Voraussetzungen des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllt seien.

6

Während des neuen Berufungsverfahrens hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sei. Damit sei sein Aufenthalt gesichert und es komme auf subsidiären Schutz nicht mehr an.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 21. Januar 2010 zurückgewiesen, soweit sie sich auf das noch anhängige Begehren zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bezieht. Die Berufung sei zulässig, denn für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, obwohl der Kläger mittlerweile im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG sei. Die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach Art. 18 der Richtlinie 2004/83/EG könne dem Kläger eine zusätzliche Rechtsposition vermitteln. Die Berufung sei aber unbegründet. Mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG führt das Berufungsgericht aus, es könne dahinstehen, ob die im Irak seit 2003 andauernden und durch staatliche Sicherheitskräfte bekämpften terroristischen Handlungen nach Intensität und Größenordnung als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren seien. Jedenfalls sei der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt. An seinem Herkunftsort in Mosul bestehe keine so hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei. Dies ergebe sich aus der Zahl der Anschläge und der Anzahl der Opfer im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Die Wahrscheinlichkeit, durch einen Terroranschlag in der Provinz Ninive verletzt oder getötet zu werden, habe 2009 ca. 0,12 % oder ca. 1:800 pro Jahr betragen. Für eine Verschärfung der Sicherheitslage gebe es keine Anhaltspunkte. Gefahrerhöhende individuelle Umstände seien bei dem Kläger nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen des hilfsweise begehrten nationalen Abschiebungsschutzes (§ 60 Abs. 7 Satz 1 und § 60 Abs. 5 AufenthG) lägen ebenfalls nicht vor.

8

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision wendet sich der Kläger allein gegen die Ablehnung der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Er rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe bei der Ermittlung der Gefahrendichte auf die im Rahmen der Gruppenverfolgung entwickelten Kriterien der Verfolgungsdichte abgestellt, ohne zwischen den Schutzsystemen zu differenzieren und die Besonderheiten des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen. Auch seien die in das Verfahren eingeführten Quellen zur Häufigkeit von Anschlägen im Irak und zur Zahl der Toten und Verletzten nicht interpretiert und bewertet worden.

9

Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die begehrte Verpflichtung zur Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes ohne Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt.

11

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch das Verpflichtungsbegehren auf Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes. Die darüber hinausgehende Beschränkung des Revisionsantrags auf das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erweist sich als unwirksam. Denn der geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung zur Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG (entsprechend den Voraussetzungen für den subsidiären Schutz in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 S. 12; ber. ABl EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24) bildet nach dem dafür maßgeblichen materiellen Recht einen einheitlichen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (Urteile vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 11 und vom 8. September 2011 - BVerwG 10 C 14.10 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen - Rn. 16). Eine Revision kann daher nicht wirksam auf einzelne materielle Anspruchsgrundlagen dieses einheitlichen prozessualen Anspruchs beschränkt werden (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 13).

12

Für diesen Verpflichtungsantrag ist, obwohl der Kläger mittlerweile eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG besitzt, entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen. Dieses Interesse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (Urteil vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1 <3>). Der Beklagten ist einzuräumen, dass sich nach nationalem Aufenthaltsrecht die Rechtsstellung eines Ausländers in der Situation des Klägers, der im Besitz einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG ist, durch die Zuerkennung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes derzeit nicht verbessern kann. Diese Betrachtung greift aber zu kurz. Denn aus dem Umsetzungsdefizit des deutschen Gesetzgebers, der - entgegen den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG im 5. Erwägungsgrund, in Art. 2 Buchst. f und in Art. 18 - den Status des subsidiär Schutzberechtigten im nationalen Recht nicht explizit ausgeformt hat, darf für den Kläger kein Nachteil entstehen (vgl. auch Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 13). Er hat daher ein legitimes Interesse, dass trotz seiner gesicherten aufenthaltsrechtlichen Stellung mit Blick auf diesen Schutzstatus und die damit einhergehenden Vergünstigungen über das Bestehen eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbots entschieden wird.

13

Die zulässige Klage ist aber unbegründet. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und das Revisionsgericht daher bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) greift keines der auf Unionsrecht beruhenden Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG).

14

1. Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Diese Bestimmung entspricht nach der Rechtsprechung des Senats trotz geringfügig abweichender Formulierungen den Vorgaben des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG und ist in diesem Sinne auszulegen (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 17 und Rn. 36).

15

Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die im Irak seit 2003 andauernden und durch staatliche Sicherheitskräfte bekämpften terroristischen Handlungen nach Intensität und Größenordnung als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt anzusprechen sind, weil der Kläger auch bei Annahme eines derartigen Konflikts keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wären. Das hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.

16

a) Für seine Prognose, ob der Kläger bei Rückkehr in den Irak einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht auf die tatsächlichen Verhältnisse in seiner Herkunftsregion Mosul abgestellt. Dort hat der Kläger zuletzt gelebt, so dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass er dorthin zurückkehren wird (Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17).

17

b) Das Berufungsgericht hat des Weiteren zutreffend geprüft, ob von dem - zugunsten des Klägers unterstellten - bewaffneten Konflikt in der Region von Mosul für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr ausgeht, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG darstellt. Denn auch eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG und des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllen (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 34).

18

Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). Gefahrerhöhende individuelle Umstände hat das Berufungsgericht bei dem Kläger nicht festgestellt (UA S. 12); dem ist der Kläger mit der Revision auch nicht entgegengetreten.

19

Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann aber auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (Urteil vom 14. Juli 2009 a.a.O. Rn. 15 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - Slg. 2009, I-921 = NVwZ 2009, 705). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 33).

20

In jedem Fall setzt § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht. Das ergibt sich aus dem Tatbestandsmerkmal "... tatsächlich Gefahr liefe ..." in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG. Der darin enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab ("real risk"; vgl. nur EGMR (GK), Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330 ); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG).

21

Gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG gilt für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG u.a. die Beweisregel des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Beweiserleichterung in Gestalt einer widerleglichen tatsächlichen Vermutung setzt aber auch im Rahmen des subsidiären Schutzes voraus, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem vor der Ausreise erlittenen oder damals unmittelbar drohenden Schaden (Vorschädigung) und dem befürchteten künftigen Schaden besteht. Denn die der Vorschrift zugrunde liegende Wiederholungsvermutung beruht wesentlich auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungs- oder Schadenswiederholung - bei gleichbleibender Ausgangssituation - aus tatsächlichen Gründen naheliegt (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 31).

22

Eine für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichende Gefahrendichte hat das Berufungsgericht für den Bereich der Stadt Mosul verneint. Es hat - in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu Urteil vom 18. Juli 2006 - BVerwG 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) - aufgrund aktueller Quellen die Gesamtzahl der in der Provinz Ninive und deren Hauptstadt Mosul lebenden Zivilpersonen annäherungsweise ermittelt und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung gesetzt. Dabei hat es festgestellt, dass das Risiko, in der Provinz Ninive verletzt oder getötet zu werden, für das gesamte Jahr 2009 ungefähr 1:800 betrug. Einen Trend zur Verschlechterung der Sicherheitslage vermochte es nicht festzustellen (UA S. 12). Seine auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, ist revisionsgerichtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.

23

Zwar bedarf es - wie die Revision im Ansatz zu Recht rügt - neben dieser quantitativen Ermittlung auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. Der Mangel in der Vorgehensweise des Berufungsgerichts bleibt aber im vorliegenden Fall ohne Folgen. Denn die Höhe des vom Berufungsgericht festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens ist so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, dass sich der Mangel im Ergebnis nicht auszuwirken vermag.

24

Auch der Umstand, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht auf die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG eingegangen ist, verhilft der Revision nicht zum Erfolg, denn das Vorfluchtschicksal des Klägers gab dazu keinen Anlass. Dieses lässt keine Beeinträchtigung erkennen, die auch unter dem Blickwinkel des Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG die Qualität einer Vorschädigung erreichen könnte. Zudem bestünde kein sachlicher Zusammenhang mit den nunmehr im Irak drohenden Gefahren.

25

2. Das Berufungsgericht hat auch die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2 und 3 AufenthG in den Blick genommen, sie aber nicht als durchgreifend angesehen. Dagegen bestehen aus revisionsgerichtlicher Sicht keine Bedenken.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. März 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig,

„1. ob im Hinblick auf die in Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen und der sich stetig verschlechternden Sicherheitslage, insbesondere in Bezug auf die Stadt Kabul, von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt auszugehen ist und

2. ob bei Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts davon ausgegangen werden kann, der diesen Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt habe ein so hohes Niveau erreicht, dass praktisch jede Zivilperson in Kabul, unabhängig von der Herkunftsregion, einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist,

3. ob (sich) die durch das Erstgericht angenommene Verweisung des Klägers auf die innerstaatliche Fluchtalternative nach Kabul im Rahmen der gebotenen Zumutbarkeit nach Artikel 8 der maßgeblichen Durchführungsrichtlinie bewegt.“

Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, der Kläger habe weder eine politische Verfolgung durch den Staat oder durch nichtstaatliche Akteure noch die Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG glaubhaft gemacht (UA S. 7 ff.). Sein Vorbringen sei allgemein, vage und enthalte wesentliche Widersprüche sowie Ungereimtheiten. Selbst wenn man jedoch die Angaben des Klägers als wahr unterstellen wollte, wäre er auf eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verweisen. Die Frage, ob die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Afghanistan oder Teilen davon als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren seien, könne dahinstehen, weil der Kläger jedenfalls keiner erheblichen individuellen Gefahr ausgesetzt wäre (UA S. 11). Damit hat das Verwaltungsgericht sowohl einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als auch auf Gewährung von subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG abgelehnt, weil der Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen nicht glaubhaft geschildert habe. Er wäre außerdem auf eine inländische Fluchtalternative zu verweisen.

Ob der Zulassungsantrag bereits deshalb abzulehnen ist, weil der Kläger nur Fragen zur erheblichen Gefahr im Rahmen eines bewaffneten Konflikts und zur Fluchtalternative aufgeworfen hat, nicht aber dazu, dass das Verwaltungsgericht die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens verneint hat, kann dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls vermögen die von ihm aufgeworfenen Fragen die Zulassung der Berufung nicht zu begründen.

Die Frage Nr. 1 betreffend das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts kann nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich dahinstehen lassen, ob ein bewaffneter Konflikt besteht.

Die weiter aufgeworfene Frage Nr. 2, ob praktisch jede Zivilperson in Kabul einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei, hat das Verwaltungsgericht verneint. Individuelle gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren in der Person des Klägers führen könnten, habe dieser ebenfalls nicht vorgetragen. Mit dem Hinweis des Klägers auf die Verschlechterung der Sicherheitslage und den Anstieg von zivilen Opfern hat sich das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt (UA S. 9, 11). Hierbei hat es sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sowie auf die auch vom Kläger genannten Lageberichte des Auswärtigen Amts gestützt und ist zu der Erkenntnis gelangt, dass das Risiko, durch Anschläge Schaden zu erleiden, in der Zentralregion, welche auch die Heimatprovinz des Klägers, Kabul, umfasst, weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit liege (siehe hierzu BayVGH, B. v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; BayVGH, U. v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris; U. v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris). Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr nur pauschal ein, die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 6. November 2015 träfen bezüglich der Hauptstadt Kabul nicht mehr die Lebensrealität und seien überholt. Aus welchem Grund die Auskunftslage keine Geltung mehr beanspruchen sollte, bleibt offen. Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Soweit sich der Kläger im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt auf die „UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016“, wonach sich die Sicherheitslage verschlechtert habe, bezieht, ergibt sich nichts anderes. Zum einen werden dort nur vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Zum anderen beruht die dortige Bewertung auf den von UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung (s. BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360) decken. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Zulassungsantrag angeführten Internetpublikation von Pro Asyl vom Dezember 2015 (Kein sicheres Herkunftsland, Keine Fluchtalternativen - Zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan) sowie den genannten Presseberichten. Dort wird ebenfalls nur die Sicherheitslage nach eigenen Maßstäben bewertet. Andere Ausgangsdaten, die darauf hindeuten, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären, sind dort ebenfalls nicht genannt. Schließlich geben auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu Afghanistan keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B. v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris).

Die Frage Nr. 3, ob (sich) die Verweisung auf die innerstaatliche Fluchtalternative nach Kabul im Rahmen der gebotenen Zumutbarkeit nach Art. 8 RL 2011/95/EU (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - ABl. Nr. L 337 S. 9) bewegt, war der Urteilsbegründung zufolge ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen ist es einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich, ob die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zutreffend ist. Vielmehr hängt es wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der Kläger bei einer Rückkehr jedenfalls in Kabul keiner Verfolgung ausgesetzt wäre. Das Verwaltungsgericht hat sich hierzu mit dem Vortrag des Klägers auseinandergesetzt und u. a. auf den Zeitablauf sowie darauf verwiesen, dass sich der Kläger nicht derart exponiert habe, dass er über sein engeres Umfeld hinaus landesweit eine Verfolgung fürchten müsste (UA S. 10).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 21. April 2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag aus nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. August 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob für Angehörige der Zivilbevölkerung allein schon durch die Anwesenheit in A1 aufgrund des Vorliegens eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben gemäß § 4 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 15c der RL 2004/83/EG, hilfsweise nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG, anzunehmen ist und auch Kabul keine interne Schutzmöglichkeit darstellt“.

Die Lage in A1 habe sich seit 2015 drastisch verschlechtert und seien aktuell die Opferzahlen 2015/2016 höher als 2009, weshalb die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsse.

Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach A1 keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts (UA S. 8). Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten oder als anhaltende Kampfhandlungen zu qualifizieren seien, könne dahinstehen, weil nach der Überzeugung des Gerichts der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre (UA S. 9). Denn es fehle vorliegend an einer Verdichtung allgemeiner Gefahren, die weitere Voraussetzung für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG sei. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen erreiche in der Heimatprovinz des Klägers, Kabul, der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt kein so hohes Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Individuelle gefahrerhöhende Umstände habe der Kläger nicht vorgetragen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor (UA S. 9). Für den Kläger ergebe sich in Kabul weder aus seiner Volkszugehörigkeit noch hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage eine extreme allgemeine Gefahrenlage. Unter Heranziehung der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 6. November 2015, vom 31. März 2014 und vom 4. Juni 2013 kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, das Risiko, in K. durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (UA S. 6 f.) und könne der volljährige, arbeitsfähige und mit den Lebensverhältnissen in A1 vertraute Kläger in Kabul seinen Lebensunterhalt sicherstellen (UA S. 7 f. und 9 f.).

Die Frage betreffend das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts kann nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die gewalttätigen Auseinandersetzungen in A1 oder Teilen hiervon als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren sind.

Auch die Frage zu K. als „interne Schutzmöglichkeit“, gemeint sein dürfte damit, ob Kabul als interner Schutz im Sinn von § 3e AsylG in Betracht kommt, vermag keine grundsätzliche Bedeutung zu begründen, da es für die Zumutbarkeit nach § 3e AsylG auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls und die individuellen Verhältnisse des Klägers ankommt und die Frage damit einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Hinzu kommt, dass diese Frage im Hinblick darauf, dass die Herkunftsregion des Klägers K. ist und er vor seiner Ausreise zuletzt in der Provinz K. gelebt hat (Akte des Bundesamts Bl. 30 und 31), auch wenn das Verwaltungsgericht zusätzlich auf K. als Fluchtalternative abgestellt hat (UA S. 6 f.), in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre und damit ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung führen kann. Damit scheidet mangels Entscheidungserheblichkeit auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „niederlässt“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2011 L 337/9) im Unterschied zur vorhergehenden Fassung „aufhält“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG aus.

Die weiter aufgeworfene Frage, ob praktisch jede Zivilperson in A1 bzw. K. einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei, hat das Verwaltungsgericht verneint. Individuelle gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren in der Person des Klägers führen könnten, habe dieser nicht vorgetragen. Hierbei ist das Verwaltungsgericht unter Heranziehung aktueller Lageberichte zu der Erkenntnis gelangt, dass das Risiko, durch Anschläge Schaden zu erleiden, in der Herkunftsregion des Klägers, K., weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit liege (siehe hierzu BayVGH, B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; BayVGH, U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris; U.v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris).

Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr pauschal ein, dass sich die Lage in A1 seit dem Jahr 2015 wieder extrem verschlechtert habe und somit die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsste. Hierzu wurde aus dem Jahresbericht der United Nations Assistance Mission in A1 (UNAMA) für das Jahr 2015, aus zahlreichen Presseartikeln und den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs A1 Asylsuchender vom 19. April 2016 zitiert. Auch wird eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts mit Stand vom 7. Juli 2016 angeführt sowie auf Berichte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 22. Juli 2014 und vom 13. September 2015, auf eine Stellungnahme der International NGO Safety Organisation (INSO) und den Amnesty Report 2016 A1 von Amnesty International verwiesen.

Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher weiterhin davon aus, dass in A1 für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (zuletzt B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600 - juris). So werden in den UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016, wonach sich die Sicherheitslage verschlechtert habe, vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Auch beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung (s. BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360) decken. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Zulassungsantrag angeführten Publikation der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13. September 2015 (A1: Update, Die aktuelle Sicherheitslage) sowie den genannten Presseberichten. Dort wird ebenfalls nur die Sicherheitslage nach eigenen Maßstäben bewertet. Andere Ausgangsdaten, die darauf hindeuten, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären, sind dort ebenfalls nicht genannt. Schließlich geben auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu A1 keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zudem geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U.v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U.v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 - LS; U.v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U.v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland A1 in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in K. ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 23. Januar 2017 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob ihm „aufgrund der stark verschlechterten Sicherheitslage und den stark gestiegenen Opferzahlen seit 2016 nun ein ernsthafter Schaden infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht“, und ob für ihn „eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bzw. die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung bei einer Rückkehr nach Afghanistan besteht, weil sich die Sicherheits- und Existenzsicherungssituation auch aufgrund der gestiegenen Anzahl von Binnenvertriebenen und Rückkehrern und der wirtschaftlichen Situation in Afghanistan seit 2016 grundlegend und massiv verschlechtert hat“. Das Verwaltungsgericht habe die neueren Berichte hierzu nicht gewürdigt. Nach den „Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Inneren“ vom Dezember 2016 habe sich die Sicherheitslage seit April 2016 insgesamt nochmals deutlich verschlechtert. UNAMA (Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report, Februar 2017) beziffere den Anstieg ziviler Opfer in Afghanistan auf 11.408, was einer Zunahme von 3% entspreche. Von den Zivilopfern durch Suizid- und komplexe Angriffe entfielen allein auf Kabul 77%. Zudem sei bei interner Flucht und Vertreibung ein Rekordniveau erreicht (UNHCR a.a.O.). Hinzu komme die sehr große Anzahl von Rückkehrern aus Iran und Pakistan. Dies führe zu einer extremen Belastung der ohnehin bereits überstrapazierten Aufnahmekapazitäten. Das Wirtschaftswachstum in Afghanistan liege nach den Prognosen der Weltbank nur im 1-Prozent-Bereich.

Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Zwar sei von einem landesweiten bewaffneten Konflikt auszugehen, trotz der Zunahme der Gewalt könne aber weder für das ganze Land noch für einzelne Gebiete auf eine Extremgefahr im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG geschlossen werden (UA S. 7 f.). Es hat dabei insbesondere auf die Opferzahlen Bezug genommen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hat das Verwaltungsgericht ebenfalls verneint (UA S. 10 f.). Für den Kläger ergebe sich keine extreme allgemeine Gefahrenlage.

Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., der Vorgängerregelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, für die in der Zentralregion gelegene Stadt Kabul die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts verneint hat (BayVGH, B.v. 4.4.2017 - 13a ZB 17.30231; B.v. 17.8.2016 - 13a ZB 16.30090 - juris; B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.). Hierauf hat das Verwaltungsgericht abgestellt. Auch geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Lage in Afghanistan nicht derart ist, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG anzunehmen wäre (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris - unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167, das wiederum verweist auf EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U.v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U.v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952). Auch in Bezug auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600 - juris; BayVGH, U.v. 12.2.2015 a.a.O.; U.v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris).

Die klägerischen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Sie berücksichtigen nicht die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, wann eine für die Gewährung subsidiären Schutzes notwendige erhebliche individuelle Gefährdung anzunehmen sein kann (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 = NVwZ 2011, 56). Danach bedarf es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte einer wertenden Gesamtbetrachtung auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos (BVerwG, U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487; U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454). Ausgehend von mindestens 27 Millionen Einwohnern (vielfach wird eine höhere Bevölkerungszahl angenommen) und von (entsprechend den klägerischen Angaben) hochgerechnet ca. 11.500 Opfern in Afghanistan ergibt sich für das Jahr 2016 eine Gefahrendichte, die weit unter der vom Bundesverwaltungsgericht gebilligten Wahrscheinlichkeit von 0,12% oder 1:800 liegt.

Aus den Anmerkungen des UNHCR vom Dezember 2016, die sich auf die UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016 beziehen, wonach sich die Sicherheitslage nochmals deutlich verschlechtert habe, ergibt sich nichts anderes. Vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage werden dort Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass Zahlen genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Die dortige Bewertung beruht zudem auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (Richtlinien vom 19.4.2016 S. 10). Aus den weiteren Ausführungen im Zulassungsantrag ergeben sich ebenfalls keine anderen Ausgangsdaten, die darauf schließen ließen, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären. Dies gilt sowohl hinsichtlich des subsidiären wie des nationalen Abschiebungsschutzes.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag aus nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 10. Januar 2017 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob

1. „für Angehörige der Zivilbevölkerung durch ihre Anwesenheit in Afghanistan aufgrund des Vorliegens eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Sinne von § 4 I Satz 2 Nr. 3 AsylG in Verbindung mit Art. 15 c RL 2004/83/EG“ besteht,

2. „dieser Personenkreis internen Schutz im Sinne von § 3 e AsylG in anderen Landesteilen, insbesondere den afghanischen Großstädten“ finden kann,

3. „aufgrund der Situation in Afghanistan für Angehörige der Zivilbevölkerung von einem nationalen Abschiebeverbot im Sinne von § 60 V/VII Satz 1 AufenthG auszugehen“ ist.

Der UNHCR habe in seiner Stellungnahme vom Dezember 2016 („Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Inneren Dezember 2016“) darauf hingewiesen, dass sich die Sicherheitslage seit April 2016 insgesamt nochmals deutlich verschlechtert habe. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum sei ein Anstieg an Opfern um 4% zu verzeichnen (gemäß dem dort zitierten Bericht von UNAMA, Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Mid-Year Report, Juli 2016). Auch sei eine Unterscheidung zwischen sicheren und unsicheren Gebieten aufgrund der sich ständig ändernden Sicherheitslage nicht möglich. Daher erwäge auch der Innenminister von Schleswig-Holstein einen Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Afghanistan. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2016 (Az.: 1 BvR 2557/16) die Frage, ob angesichts der aktuellen Lage in Afghanistan Abschiebungen derzeit verfassungsrechtlich vertretbar seien, ausdrücklich offen gelassen. Insgesamt sei jedenfalls eine neue Risikobewertung durch den Senat geboten.

Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Zwar sei von einem landesweiten bewaffneten Konflikt auszugehen, trotz der Zunahme der Gewalt könne aber weder für das ganze Land noch für einzelne Gebiete auf eine Extremgefahr im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG geschlossen werden (UA S. 5 f.). Es hat dabei insbesondere auf die Opferzahlen Bezug genommen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hat das Verwaltungsgericht ebenfalls verneint (UA S. 6 f.). Für den Kläger ergebe sich keine extreme allgemeine Gefahrenlage.

Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., der Vorgängerregelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, für die in der Nordregion gelegene Herkunftsprovinz des Klägers Balkh die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) verneint hat (BayVGH, B.v. 19.2.2015 - 13a ZB 14.30450 - juris; B.v. 30.6.2014 - 13a ZB 13.30359; B.v. 25.7.2012 - 13a ZB 12.30171 - juris). Gleiches gilt für die in der Zentralregion gelegene Stadt Kabul (BayVGH, B.v. 31.1.2017 - 13a ZB 16.31055; B.v. 17.8.2016 - 13a ZB 16.30090 - juris; B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.), auf die das Verwaltungsgericht abgestellt hat. Auch geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Lage in Afghanistan nicht derart ist, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG anzunehmen wäre (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris - unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167, das wiederum verweist auf EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U.v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U.v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952). Auch in Bezug auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600 - juris; BayVGH, U.v. 12.2.2015 a.a.O.; U.v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris).

Die klägerischen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Sie berücksichtigen nicht die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, wann eine für die Gewährung subsidiären Schutzes notwendige erhebliche individuelle Gefährdung anzunehmen sein kann (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 = NVwZ 2011, 56). Danach bedarf es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte einer wertenden Gesamtbetrachtung auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos (BVerwG, U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487; U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454). Ausgehend von mindestens 27 Millionen Einwohnern (vielfach wird eine höhere Bevölkerungszahl angenommen) und von (entsprechend den klägerischen Angaben) hochgerechnet ca. 11.500 Opfern in Afghanistan ergibt sich für das Jahr 2016 eine Gefahrendichte, die weit unter der vom Bundesverwaltungsgericht gebilligten Wahrscheinlichkeit von 0,12% oder 1:800 liegt.

Aus den Anmerkungen des UNHCR vom Dezember 2016, die sich auf die UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016 beziehen, wonach sich die Sicherheitslage nochmals deutlich verschlechtert habe, ergibt sich nichts anderes. Vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage werden dort Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass dort Zahlen genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Die dortige Bewertung beruht zudem auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (Richtlinien vom 19.4.2016 S. 10). Aus den weiteren Ausführungen im Zulassungsantrag ergeben sich ebenfalls keine anderen Ausgangsdaten, die darauf schließen ließen, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären. Dies gilt sowohl hinsichtlich des subsidiären wie des nationalen Abschiebungsschutzes. Die Überlegungen des Innenministers von Schleswig-Holstein zu einem Abschiebestopp basieren auf politischen Erwägungen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Dezember 2016 (B.v. 14.12.2017 - 2 BvR 2557/16 - NVwZ-RR 2017, 208) lag ein Folgeantrag eines afghanischen Asylbewerbers zugrunde, dessen Erstverfahren rund 30 Monate zurücklag und dem der Folgeantragsbescheid noch nicht bekannt gegeben worden war. Hier bedürfe es der Überprüfung, ob es Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebiete, in Fällen der Mitteilung des Bundesamts an die Ausländerbehörde nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen, das Bundesamt zur Offenlegung der Gründe hierfür zu verpflichten und dem Asylbewerber Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (BVerfG a.a.O. Rn. 13). Ein Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage ergibt sich hieraus nicht.

Der weiteren Frage, ob in Afghanistan Schutzalternativen im Sinne von § 3e AsylG bestehen, kommt bereits deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil diese einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist, da ihre Beantwortung wesentlich von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den individuellen Verhältnissen des Klägers abhängt, vgl. § 3e Abs. 2 AsylG i.V.m. Art. 4 Richtlinie 2011/95/EU.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. Dezember 2016 bleibt ohne Erfolg.

Im Antragsschriftsatz vom 20. Januar 2017 beruft sich der Kläger 1. auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, 2. unter Vorlage eines Arztbriefs auf eine Erkrankung an einem Bizepssehnenriss und 3. einen Ermessensfehler im angefochtenen Bescheid. Zu den letzten beiden Punkten nennt er weder einen Zulassungsgrund noch ist ein solcher aus dem Zusammenhang ersichtlich. Das genügt nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, wonach die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen sind.

Lediglich in Nr. 1 bezieht sich der Kläger auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG, wobei die Nennung von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO unschädlich ist. Eine klärungsbedürftige Frage wird auch hier nicht explizit aufgeworfen, sondern nur zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Stellung genommen, dass sein Vortrag, wegen privater Grundstücksstreitigkeiten bedroht worden zu sein, nicht glaubhaft sei. Im Übrigen verweist der Kläger - ebenfalls ohne eine Frage aufzuwerfen - darauf, dass Kabul, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, nicht als Fluchtalternative in Betracht komme, weil die Sicherheitslage dort nicht stabil sei, die Gefahr einer Zwangsrekrutierung bestehe und er wegen einer Erkrankung nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Im Zusammenhang mit seinem Schreiben vom 13. Januar 2017 lässt sich hieraus jedoch zumindest sinngemäß die Frage entnehmen, ob Kabul im Hinblick auf die schlechte Sicherheitslage und seine Erkrankung eine Fluchtalternative darstellen kann. Eine grundsätzliche Bedeutung kommt der so verstandenen Frage allerdings nicht zu.

Der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass in Afghanistan bzw. in der Zentralregion einschließlich Kabul, worauf das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die von ihm angenommene Fluchtalternative in erster Linie abgestellt hat, die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) nicht vorliegen (BayVGH, B.v. 31.1.2017 - 13a ZB 16.31055; B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.). Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat auch das Verwaltungsgericht ausgeführt, das Risiko, in Kabul durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die (erneute) Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die Sicherheitslage wurde vom Kläger nicht dargelegt. Mit seinem Hinweis auf die Verschlechterung der Sicherheitslage und den Anstieg von zivilen Opfern hat sich das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt (UA S. 4 f.). Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr nur unzutreffend ein, die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismittel seien veraltet. Neuere Berichte, die die Einschätzung des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten, legt er ebenfalls nicht vor. Seine allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Lagebewertung einzutreten. So werden in den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Schutzsuchender vom 19. April 2016 vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage nur Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten zur Sicherheitslage genannt würden, die die bisherige Einschätzung in Frage stellen könnten. Zudem beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu Afghanistan geben ebenfalls keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Soweit sich der Kläger darauf bezieht, ob im Hinblick auf die Gefahr einer Zwangsrekrutierung und seine Erkrankung eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, kommt der Frage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Ihre Beantwortung hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den individuellen Gegebenheiten des Klägers, ab. Es bedarf einer Würdigung, inwieweit ihm zugemutet werden kann, sich an einem anderen Ort niederzulassen. Die Frage ist damit einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich.

Selbst wenn man die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht von einer bloßen Gewebeschwäche aus, wohingegen sein Arm in Wahrheit nur bedingt einsatzfähig und die Ausübung einer Arbeit deshalb unmöglich sei, ohne eine entsprechende Darlegung dahin verstehen wollte, dass er eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO geltend machen möchte, führt sein Antrag nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat sich eingehend mit dem Vortrag des Klägers und dem vorgelegten Arztbrief auseinandergesetzt. Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör jedoch grundsätzlich nicht begründet werden (BVerfG, B.v. 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267/273; BVerwG, B.v. 30.7.2014 - 5 B 25.14 - juris; B.v. 15.5.2014 - 9 B 14.14 - juris Rn. 8).

Gleiches gilt für den Einwand des Klägers, sein Vortrag, er sei wegen privater Grundstücksstreitigkeiten bedroht worden, sei durchaus glaubwürdig. Auch hier hat das Verwaltungsgericht das Vorbringen des Klägers durchaus zur Kenntnis genommen, dann allerdings eine von der Auffassung des Klägers abweichende Beweiswürdigung vorgenommen. Ein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung des Klägers anschließt, kann aus dem Grundrecht auf rechtliches Gehör nicht hergeleitet werden (BayVerfGH, E.v. 2.10.2013 - Vf. 7-VI-12 - VerfGH 66, 179 = BayVBl 2014, 171).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag aus nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. August 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob für Angehörige der Zivilbevölkerung allein schon durch die Anwesenheit in A1 aufgrund des Vorliegens eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben gemäß § 4 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 15c der RL 2004/83/EG, hilfsweise nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG, anzunehmen ist und auch Kabul keine interne Schutzmöglichkeit darstellt“.

Die Lage in A1 habe sich seit 2015 drastisch verschlechtert und seien aktuell die Opferzahlen 2015/2016 höher als 2009, weshalb die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsse.

Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach A1 keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts (UA S. 8). Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten oder als anhaltende Kampfhandlungen zu qualifizieren seien, könne dahinstehen, weil nach der Überzeugung des Gerichts der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre (UA S. 9). Denn es fehle vorliegend an einer Verdichtung allgemeiner Gefahren, die weitere Voraussetzung für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG sei. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen erreiche in der Heimatprovinz des Klägers, Kabul, der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt kein so hohes Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Individuelle gefahrerhöhende Umstände habe der Kläger nicht vorgetragen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor (UA S. 9). Für den Kläger ergebe sich in Kabul weder aus seiner Volkszugehörigkeit noch hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage eine extreme allgemeine Gefahrenlage. Unter Heranziehung der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 6. November 2015, vom 31. März 2014 und vom 4. Juni 2013 kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, das Risiko, in K. durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (UA S. 6 f.) und könne der volljährige, arbeitsfähige und mit den Lebensverhältnissen in A1 vertraute Kläger in Kabul seinen Lebensunterhalt sicherstellen (UA S. 7 f. und 9 f.).

Die Frage betreffend das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts kann nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die gewalttätigen Auseinandersetzungen in A1 oder Teilen hiervon als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren sind.

Auch die Frage zu K. als „interne Schutzmöglichkeit“, gemeint sein dürfte damit, ob Kabul als interner Schutz im Sinn von § 3e AsylG in Betracht kommt, vermag keine grundsätzliche Bedeutung zu begründen, da es für die Zumutbarkeit nach § 3e AsylG auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls und die individuellen Verhältnisse des Klägers ankommt und die Frage damit einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Hinzu kommt, dass diese Frage im Hinblick darauf, dass die Herkunftsregion des Klägers K. ist und er vor seiner Ausreise zuletzt in der Provinz K. gelebt hat (Akte des Bundesamts Bl. 30 und 31), auch wenn das Verwaltungsgericht zusätzlich auf K. als Fluchtalternative abgestellt hat (UA S. 6 f.), in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre und damit ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung führen kann. Damit scheidet mangels Entscheidungserheblichkeit auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „niederlässt“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2011 L 337/9) im Unterschied zur vorhergehenden Fassung „aufhält“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG aus.

Die weiter aufgeworfene Frage, ob praktisch jede Zivilperson in A1 bzw. K. einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei, hat das Verwaltungsgericht verneint. Individuelle gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren in der Person des Klägers führen könnten, habe dieser nicht vorgetragen. Hierbei ist das Verwaltungsgericht unter Heranziehung aktueller Lageberichte zu der Erkenntnis gelangt, dass das Risiko, durch Anschläge Schaden zu erleiden, in der Herkunftsregion des Klägers, K., weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit liege (siehe hierzu BayVGH, B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; BayVGH, U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris; U.v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris).

Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr pauschal ein, dass sich die Lage in A1 seit dem Jahr 2015 wieder extrem verschlechtert habe und somit die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsste. Hierzu wurde aus dem Jahresbericht der United Nations Assistance Mission in A1 (UNAMA) für das Jahr 2015, aus zahlreichen Presseartikeln und den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs A1 Asylsuchender vom 19. April 2016 zitiert. Auch wird eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts mit Stand vom 7. Juli 2016 angeführt sowie auf Berichte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 22. Juli 2014 und vom 13. September 2015, auf eine Stellungnahme der International NGO Safety Organisation (INSO) und den Amnesty Report 2016 A1 von Amnesty International verwiesen.

Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher weiterhin davon aus, dass in A1 für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (zuletzt B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600 - juris). So werden in den UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016, wonach sich die Sicherheitslage verschlechtert habe, vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Auch beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung (s. BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360) decken. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Zulassungsantrag angeführten Publikation der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13. September 2015 (A1: Update, Die aktuelle Sicherheitslage) sowie den genannten Presseberichten. Dort wird ebenfalls nur die Sicherheitslage nach eigenen Maßstäben bewertet. Andere Ausgangsdaten, die darauf hindeuten, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären, sind dort ebenfalls nicht genannt. Schließlich geben auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu A1 keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zudem geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U.v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U.v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 - LS; U.v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U.v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland A1 in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in K. ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. November 2016 ist unbegründet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen. Die Nennung der insoweit nicht einschlägigen, aber wortgleichen Vorschrift des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist unerheblich.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger, ein hazarischer Volkszugehöriger, hält für klärungsbedürftig,

„1. ob im Hinblick auf die in Afghanistan stattfindenden, gewalttätigen Auseinandersetzungen und der sich stetig verschlechternden Sicherheitslage, insbesondere in Bezug auf den Großraum Ghazni, von einem innerstaatlichen, bewaffneten Konflikt auszugehen ist und

2. ob bei Annahme eines solchen innerstaatlichen, bewaffneten Konflikts davon ausgegangen werden kann und muss, dass dieser Konflikt gekennzeichnet ist von willkürlicher Gewalt, welche ein so hohes Niveau erreicht hat, dass praktisch jede Zivilperson in der Region, und grundsätzlich auch unabhängig von der individuellen Herkunftsregion, einer ernsthaften auch individuellen Bedrohung von Leib und Leben ausgesetzt ist, sowie

3. ob die durch das Erstgericht angenommenen Verweisung des Klägers auf innerstaatliche Fluchtalternativen letztlich den Anforderungen einer „Zumutbarkeit“ für den Kläger nach Artikel 8 der maßgeblichen Durchführungsrichtlinie entspricht und schließlich,

4. ob die vom Kläger vorgetragene Gruppenverfolgung des klägerischen Volksstammes des Hazara in Afghanistan mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann.“

Die Sicherheitslage habe sich nach dem Abzug der ISAF-Schutztruppe im Jahre 2014 kontinuierlich und dramatisch verschlechtert. Es gäbe keine sicheren Provinzen mehr. Aus den UNHCR-Richtlinien zur Schutzbedürftigkeit von Asylbewerbern aus Afghanistan vom 19. April 2016, aus Veröffentlichungen von Pro Asyl und dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ ergebe sich, wie fragil die Sicherheitslage in Afghanistan sei. Das Auswärtige Amt rate deshalb auch von Auslandsbesuchen dort ab. Die im Urteil des Verwaltungsgerichts zugrunde gelegten Tatsachen seien unrichtig und zwischenzeitlich überholt.

Die (erneute) Klärungsbedürftigkeit der unter 1. und 2. aufgeworfenen Fragen wurde vom Kläger nicht dargelegt. Vielmehr ist geklärt, dass in Afghanistan bzw. in der Provinz Ghazni die Voraussetzungen einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) nicht vorliegen (BayVGH, B. v. 5.2.2014 - 13a ZB 13.30224; U. v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris; jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AsylVfG a. F.). Für eine verlässliche Prognose, dass sich die Gefahrenlage im Jahre 2016 entscheidend verändert hätte, fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Aus den vom Kläger genannten Berichten ergibt sich nichts anderes. Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Lagebewertung einzutreten. So werden in den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Schutzsuchender vom 19. April 2016 vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage nur Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten zur Sicherheitslage genannt würden, die die bisherige Einschätzung in Frage stellen könnten. Zudem beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu Afghanistan geben ebenfalls keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B. v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B. v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Der weiteren (dritten) Frage, ob innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen, kommt bereits deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Bereits aus der Fragestellung ergibt sich, dass ihre Beantwortung wesentlich von den Umständen des Einzelfalls abhängt und es auf die individuellen Verhältnisse des Klägers ankommt.

Geklärt ist auch die vierte Frage, ob Volkszugehörige der Hazara in Afghanistan einer Gefährdung unterliegen, die die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigt. Mit rechtskräftigem Urteil vom 3. Juli 2012 (Az. 13a B 11.30064 - juris) ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nach Würdigung und Bewertung der im Einzelnen genannten Erkenntnismittel im Wege einer Gesamtschau zur Überzeugung gelangt, dass Hazara in Afghanistan zwar noch einer gewissen Diskriminierung unterliegen, derzeit und in überschaubarer Zukunft aber weder einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung noch einer erheblichen Gefahrendichte im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. (nunmehr § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) ausgesetzt sind. Für die Zentralregion hat der Senat dies mit Urteil vom 1. Februar 2013 (für Maydan-Wardak in der Zentralregion: Az. 13a B 12.30045 - juris) sowie landesweit mit Beschluss vom 28. Februar 2014 (Az. 13a ZB 13.30390 - juris) und vom 1. Dezember 2015 (Az. 13a ZB 15.30224 - juris) nochmals bestätigt (vgl. auch B. v. 19.12.2016 - 13a ZB 16.30581).

Neuere Erkenntnisse wurden vom Kläger nicht vorgetragen. Aus dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan des Auswärtigen Amts vom 19. Oktober 2016 ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung. Vielmehr ist danach von einer grundsätzlichen Verbesserung der Lage der Hazara auszugehen, wenngleich sie in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert seien. Unklar sei, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist (Lagebericht II.1.3.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. März 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am 31. Dezember 1993 in Herat geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger schiitischen Glaubens und Hazara. Er reiste auf dem Landweg vom Iran über die Türkei, Griechenland, Italien und Österreich am 25. März 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 11. April 2012 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylantrag.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 11. Juli 2012 gab der Kläger an, er spreche Dari, außerdem Farsi und ein wenig Englisch. Seit seinem zweiten Lebensjahr habe er mit seiner Familie im Iran gelebt. Die Familie stamme aus der Provinz Herat, Gebiet Guzara. Seine Eltern hätten sich zwar über Afghanistan unterhalten, aber er habe mit ihnen nicht darüber gesprochen. Sie seien wegen der schlechten Sicherheitslage, insbesondere für Hazara, geflohen. In Afghanistan habe er keine Verwandten. Er habe im Iran, in Bodjnord, fünf Jahre die Schule besucht und anschließend sowohl in Restaurants gearbeitet als auch Motorräder in Stand gesetzt. Er habe immer drei bis vier Monate in Teheran gearbeitet und sei dann wieder zur Familie zurückgekehrt. Wann er aus dem Iran ausgereist sei, wisse er nicht. Er sei seit über zweieinhalb Jahren unterwegs. Eineinhalb Jahre sei er in der Türkei gewesen, neun bis zehn Monate in Griechenland. Die Fahrt habe er mit seinem Verdienst in Teheran finanziert. In Griechenland habe er nicht gearbeitet, in der Türkei als Spüler in Restaurants. Den Iran habe er verlassen, weil die Afghanen dort unterdrückt würden. Die Familie habe auch keine offiziellen Dokumente und sei nicht einmal sozialversichert. Er habe eine Schwester mit elfeinhalb Jahren und einen Bruder mit ca. zehn Jahren.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 5. September 2013 wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter abgelehnt (1.), festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (2.) sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG a. F. (3.) nicht vorliegen und dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan angedroht (4.). Zur Begründung ist ausgeführt, wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara liege keine Verfolgung vor. Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt in Herat bestehe nicht. Auch die Voraussetzungen von nationalen Abschiebungsverboten lägen nicht vor, insbesondere bestehe keine extreme Gefahrenlage nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Da der Kläger nach seinen Angaben bereits nach Beendigung der Schule in Restaurants gearbeitet und Motorräder repariert habe, könne er auch ohne den Rückhalt seiner Familie das erforderliche Einkommen erzielen.

Mit der hiergegen gerichteten Klage an das Verwaltungsgericht München verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. In der mündlichen Verhandlung am 25. März 2014 erklärte der Kläger, Bodjnord sei etwa 17 bis 18 Stunden mit dem Bus von Teheran entfernt, wo er gearbeitet habe. In Deutschland habe er keine Schule besucht und keine Berufsausbildung gemacht. Derzeit arbeite er in einem Restaurant. Mit Urteil vom 25. März 2014 wurde der Bescheid des Bundesamts vom 5. September 2013 antragsgemäß in Nr. 3 insoweit aufgehoben, als festgestellt wurde, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht vorliegt. Zudem wurde er in Nr. 4 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegen. Die allgemeine Gefahr in Afghanistan habe sich in der Person des Klägers trotz seiner Volljährigkeit ausnahmsweise zu einer extremen Gefahr verdichtet. Aufgrund der besonderen Umstände kommt das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass der Kläger, der bereits im Alter von zwei Jahren sein Herkunftsland dauerhaft mit seiner Familie verlassen habe, mit den Verhältnissen in Afghanistan nicht vertraut sei und zudem über keine Berufsausbildung verfüge, nicht dazu in der Lage wäre, die hohen Anforderungen so bewältigen zu können, dass er sich ohne die Hilfe eines aufnahmebereiten Familienverbands wenigstens ein Existenzminimum erwirtschaften könnte. Allein aufgrund seiner langjährigen Abwesenheit sei davon auszugehen, dass ihm die aktuellen Lebensumstände in Afghanistan fremd seien. Er sei mit den Gepflogenheiten der afghanischen Gesellschaft nicht vertraut, zumal dort während seiner Abwesenheit entscheidende Umbrüche und Veränderungen stattgefunden hätten. Erschwerend wirke sich die fehlende Berufsausbildung aus.

Auf Antrag der Beklagten hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. August 2014 die Berufung zugelassen wegen Divergenz zur Rechtsprechung des Senats zur extremen Gefahrenlage in den Fällen, in denen der betreffende Ausländer Afghanistan bereits im Kleinkindalter verlassen hat (BayVGH, U. v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris). Unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Zulassungsantrag und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs führt die Beklagte aus, dass bei alleinstehenden, arbeitsfähigen und gesunden männlichen afghanischen Rückkehrern in aller Regel kein Abschiebungsschutz in Betracht käme, zumal Mittel der Rückkehrförderung in Anspruch genommen werden könnten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. März 2014 vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger geht davon aus, dass er gemessen an seiner persönlichen Situation ausnahmsweise alsbald nach der Rückkehr in eine extreme Gefahrenlage geraten würde. Er beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und begründet (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 128 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylVfG) nicht verpflichtet festzustellen, dass für den Kläger ein national begründetes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht. Beim national begründeten Abschiebungsverbot handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand, weshalb alle entsprechenden Anspruchsgrundlagen zu prüfen sind (BVerwG, U. v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16 und 17). Allerdings sind weder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 noch diejenigen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig (EMRK) ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG(U. v. 11.11.1997 - 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen („zielstaatsbezogene“ Abschiebungshindernisse). Dabei sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat können jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. In Afghanistan ist die Lage jedoch nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK wäre (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167 unter Verweis auf EGMR, U. v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U. v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U. v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952). Besondere Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung gebieten würden, hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch nicht erkennbar.

Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird.

Auf eine individuelle erhebliche konkrete Gefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hat sich der Kläger, der sich nach seinen Angaben ab seinem zweiten Lebensjahr nicht mehr in Afghanistan aufgehalten hat, nicht berufen. Vielmehr trägt er vor, dass seine Eltern Afghanistan wegen der damaligen schlechten Sicherheitslage - eine allgemeine Gefahr im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG - verlassen hätten. Diese kann auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt wird, aber nur eine typische Auswirkung der allgemeinen Gefahrenlage ist (BVerwG, U. v. 8.12.1998 - 9 C 4.98 - BVerwGE 108, 77). Dann greift grundsätzlich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Eine Abschiebestoppanordnung besteht jedoch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht (mehr). Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat durch die Verwaltungsvorschriften zum Ausländerrecht (BayVVAuslR) mit Rundschreiben vom 3. März 2014, Az. IA2-2081.13-15 bezüglich der Rückführungen nach Afghanistan verfügt, dass nach wie vor alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige, die volljährig sind, vorrangig zurückzuführen sind (s. BayVVAuslR Nr. C.3.2).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 AufenthG oder eine andere Regelung, die vergleichbaren Schutz gewährleistet, nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (st. Rspr. des BVerwG; vgl. nur BVerwGE 99, 324; 102, 249; 108, 77; 114, 379; 137, 226). Diese Grundsätze über die Sperrwirkung bei allgemeinen Gefahren und die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise verfassungskonforme Anwendung in den Fällen, in denen dem Betroffenen im Abschiebezielstaat eine extrem zugespitzte Gefahr droht, sind auch für die Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes maßgeblich (BVerwG, B. v. 23.8.2006 - 1 B 60.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 19).

Im Hinblick auf die unzureichende Versorgungslage hat sich die allgemeine Gefahr in Afghanistan für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten wäre. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren - zeitlichen - Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich aus den Erkenntnismitteln nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher afghanischer Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären (seit U. v. 3.2.2011 - 13a B 10.30394 - juris; zuletzt U. v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris). Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Der Senat hat sich dabei im Urteil vom 30. Januar 2014 (a. a. O.) u. a. auf die Lageberichte des Auswärtigen Amtes (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: 4. Juni 2013) gestützt sowie auf die Stellungnahmen von Dr. Danesch vom 7. Oktober 2010 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof, von Dr. Karin Lutze (stellvertretende Geschäftsführerin der AGEF - Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte im Bereich der Migration und der Entwicklungszusammenarbeit i.L.) vom 8. Juni 2011 an das OVG Rheinland-Pfalz (zum dortigen Verfahren 6 A 11048/10.OVG) und von ACCORD (Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation) vom 1. Juni 2012. Nach den dortigen Erkenntnissen geht der Senat davon aus, dass trotz großer Schwierigkeiten grundsätzlich auch für Rückkehrer durchaus Perspektiven im Hinblick auf die Sicherung des Lebensunterhalts bestehen und jedenfalls der Tod oder schwerste Gesundheitsgefährdungen alsbald nach der Rückkehr nicht zu befürchten sind.

Aus den aktuellen Erkenntnismitteln ergibt sich nichts anderes. Der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 31. März 2014 (Stand: Februar 2014, S. 19 ff. - Lagebericht 2014) stellt zum einen fest, dass sich Afghanistans Bewertung im Human Development Index kontinuierlich verbessert habe. Auch wenn Afghanistan weiterhin einen sehr niedrigen Rang belege und der Entwicklungsbedarf noch beträchtlich sei, habe es sich einerseits in fast allen Bereichen positiv entwickelt. Die afghanische Wirtschaft wachse, wenn auch nach einer starken Dekade vergleichsweise schwach. Andererseits würden Investitionen aufgrund der politischen Unsicherheit weitgehend zurückgehalten. Allerdings könne nach dem Wahljahr 2014 mit einer Normalisierung des durch die starke Präsenz internationaler Truppen aufgeblähten Preis- und Lohnniveaus zu rechnen sein. Eine weitere Abwertung der afghanischen Währung könnte zu einer gestärkten regionalen Wettbewerbsfähigkeit afghanischer Produkte führen. Negativ würde sich jedoch zum anderen eine zunehmende Unsicherheit und Destabilisierung des Landes auswirken. Die Schaffung von Arbeitsplätzen sei auch bei einer stabilen Entwicklung der Wirtschaft eine zentrale Herausforderung. Für größere Impulse mangle es bisher an Infrastruktur und förderlichen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und einer umfassenden politischen Strategie. Da die Schaffung von Perspektiven auch zu Sicherheit und Stabilität beitrage, sei die Unterstützung der Privatwirtschaft einer der Schlüsselbereiche der bilateralen Zusammenarbeit. Im Übrigen greift der Lagebericht 2014 mit Ausnahme der medizinischen Versorgung keine Einzelaspekte auf, sondern stellt nur die generelle Situation für Rückkehrer und die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dar. Es wird darauf verwiesen, dass es an grundlegender Infrastruktur fehle und die Grundversorgung - wie schon bisher - für große Teile der Bevölkerung eine große Herausforderung sei. Die medizinische Versorgung habe sich in den letzten zehn Jahren erheblich verbessert, falle allerdings im regionalen Vergleich weiterhin drastisch zurück. Nach wie vor seien die Verfügbarkeit von Medikamenten und die Ausstattung von Kliniken landesweit unzureichend.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Afghanistan: Update, die aktuelle Sicherheitslage vom 5.10.2014, S. 18 ff. - SFH) führt aus, dass 36% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten. Besonders die ländliche Bevölkerung sei den starken klimatischen Schwankungen hilflos ausgeliefert. Die Zahl der Arbeitslosen werde weiter ansteigen. 73,6% aller Arbeitstätigen gehörten zu den working poor, die pro Tag zwei US$ oder weniger verdienten. Die Analphabetenrate sei weiterhin hoch und die Anzahl der gut qualifizierten Fachkräfte sehr tief.

Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6.8.2013, S. 9 [UNHCR-Richtlinien] und Darstellung allgemeiner Aspekte hinsichtlich der Situation in Afghanistan - Erkenntnisse u. a. aus den UNHCR-Richtlinien 2013 vom August 2014 [UNHCR-2014]) geht davon aus, dass es für eine Neuansiedlung grundsätzlich bedeutender Unterstützung durch die (erweiterte) Familie, die Gemeinschaft oder den Stamm bedarf. Die einzige Ausnahme seien alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten Schutzbedarf, die unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben könnten, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung böten, und die unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle ständen.

Zusammenfassend lassen sich damit aus diesen Berichten keine für die Beurteilung der Gefahrenlage relevanten Änderungen entnehmen. Aufgrund der in den Auskünften geschilderten Rahmenbedingungen sind insbesondere Rückkehrer aus dem Westen in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber den Flüchtlingen, die in die Nachbarländer geflüchtet sind, wesentlich höher. Hinzu kommt, dass eine extreme Gefahrenlage zwar auch dann besteht, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226), jedoch Mangelernährung, unzureichende Wohnverhältnisse und eine schwierige Arbeitssuche nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit „alsbald“ zu einer extremen Gefahr führen. Diese muss zwar nicht sofort, also noch am Tag der Ankunft eintreten. Erforderlich ist allerdings eine hinreichende zeitliche Nähe zwischen Rückkehr und unausweichlichem lebensbedrohenden Zustand. Die Gefahr muss sich alsbald nach der Rückkehr realisieren. Dies ist aus den genannten Erkenntnismitteln nicht ersichtlich. Nach der Beurteilung des Auswärtigen Amts in der Auskunft vom 2. Juli 2013 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof (um Verfahren 8 A 2344/11.A) dürfte es unwahrscheinlich sein, dass besonders in der Hauptstadt Kabul Personen verhungern oder verdursten. Im Urteil vom 4. September 2014 (8 A 2434/11.A - juris) teilt der Hessische Verwaltungsgerichtshof die vorliegende Einschätzung (ebenso OVG NW, U. v. 27.1.2015 - 13 A 1201/12.A - juris). Demgegenüber stellt der Kläger lediglich die Vermutung auf, dass sich die Situation für Rückkehrer verschlechtert habe. Konkrete Anzeichen, die auf eine Verschlechterung hinweisen würden, benennt er nicht. Er beschränkt sich vielmehr auf Annahmen, ohne dass sich diese auf signifikante Veränderungen stützen würden.

Bei dieser Ausgangslage bedurfte es auch nicht der Einholung einer neuen Auskunft.

Die vorhandenen Auskünfte ergeben einen ausreichenden Einblick in die tatsächliche Lage in Afghanistan. Im Hinblick auf den teilweisen Abzug der internationalen Truppen ergibt sich nichts anderes. Anhaltspunkte, dass sich bei der Versorgungs- und Sicherheitslage im jetzt maßgeblichen Zeitpunkt erhebliche Veränderungen ergeben hätten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Ob in Zukunft Verschlechterungen eintreten werden, lässt sich derzeit nicht beurteilen.

Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Kläger als Angehöriger der Minderheit der Hazara keine Chance hätte, sich als Tagelöhner oder Gelegenheitsarbeiter zu verdingen. Die vorliegenden Gutachten und Berichte enthalten keine entsprechenden Hinweise. Der Umstand, dass der Kläger seit seinem zweiten Lebensjahr mit seiner Familie im Iran gelebt hat, steht der Annahme, er könne sich in Kabul auf sich allein gestellt notfalls „durchschlagen“, ebenfalls nicht entgegen. Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Urteil vom 24. Oktober 2013 (13a B 13.30031 - juris) ausgeführt, dass eine Rückkehr nach Afghanistan grundsätzlich nicht am fehlenden vorherigen Aufenthalt im Heimatland scheitere. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Betroffene den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht hat und eine der beiden Landessprachen spricht. Ein spezielles „Vertrautsein mit den afghanischen Verhältnissen“ mag die Sicherung des Lebensunterhalts vereinfachen. Anhaltspunkte, dass dies erforderlich sein könnte, sind jedoch nicht ersichtlich. Damit liegt die für eine verfassungskonforme Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger alsbald existenzbedrohenden Mangellagen ausgesetzt wäre, nicht vor. Der Kläger ist im Iran, einer islamisch geprägten Umgebung, aufgewachsen und spricht Farsi sowie die hiermit sehr eng verwandte Landessprache Afghanistans Dari. Zudem hebt er sich bereits dadurch von der Masse der Arbeit suchenden Analphabeten ab, dass er im Iran fünf Jahre lang die Schule besucht hat. In Teheran hat er anschließend sowohl in Restaurants gearbeitet als auch Motorräder in Stand gesetzt. Damit konnte er nicht nur seinen Lebensunterhalt erwirtschaften, sondern auch die Ausreise sowie seinen neun- bis zehnmonatigen Aufenthalt in Griechenland, wo er nach seinen Angaben nicht gearbeitet hat, finanzieren. Während seines eineinhalb jährigen Aufenthalts in der Türkei hat er - ohne Kenntnis der Landessprache - als Spüler in Restaurants gearbeitet. Ebenso ist er derzeit in Deutschland in einem Gasthof als Küchenhilfe beschäftigt. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem relativ gut Deutsch gesprochen. Mit diesen Erfahrungen und Kenntnissen ist davon auszugehen, dass der Kläger selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt im Falle einer zwangsweisen Rückkehr nach Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten, etwa in Kabul, wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Das entspricht auch der Auffassung des UNHCR, wonach bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht komme (UNHCR-2014).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist Staatsangehöriger Afghanistans, Zugehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischen Glaubens. Er reiste nach eigenen Angaben am … November 2014 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 14. Januar 2015 Asylantrag.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … August 2016 gab er im Wesentlichen an, dass er im Iran geboren und aufgewachsen sei. Iranische Polizisten hätten ihn mitgenommen und ihn geschlagen, als er gefragt habe, wohin sie fahren. In einer Art Sicherheitszentrale hätten sie ihn nach seinem Bruder gefragt. Sie hätten ihm nicht geglaubt, dass er nicht wisse, wo dieser sei und ihn geschlagen. Sie hätten auch gewollt, dass er nach Syrien gehe und dort auf Seiten der Schiiten die ISIS bekämpfe. Nach einiger Zeit hätten sie ihn ins Freie geführt. Er habe sich in einen großen Lkw-Reifen legen müssen und die Männer hätten den Reifen mehrmals einen Hang runterlaufen lassen. Er habe versucht, aus dem Reifen herauszukommen und habe sich dabei das Knie an einem großen Stein aufgeschlagen und das Bein gebrochen. Einer der Männer sei zu ihm gekommen und habe auf ihn eingeschlagen und getreten, vor allem in seinen Bauch, woraufhin er bewusstlos geworden sei. Sie hätten ihn dann in der Nähe seines Geschäftes auf dem Boden zurückgelassen. Er sei im Krankenhaus aufgewacht, nachdem er acht Tage bewusstlos gewesen und ihm die Milz entfernt worden sei. Danach habe er noch zwei Knie-OPs gehabt. Nach eineinhalb Monaten sei er aus dem Krankenhaus entlassen worden. Nach ca. drei Wochen habe er noch einmal ins Krankenhaus gemusst, ihm seien die Schienen abgenommen und mehrere Schrauben in das Knie gebohrt worden. Er habe zuerst nicht gehen können und sei bei seinen Eltern zuhause geblieben. Nach eineinhalb Jahren hätten er und sein Bruder Iran verlassen. Afghanistan sei nie eine Option gewesen, sein Vater habe in Afghanistan Probleme gehabt und seinerzeit wegen Erbstreitigkeiten in den Iran fliehen müssen. Die Cousins des Vaters würden diesen oder auch andere Familienmitglieder, die einen Erbanspruch stellen könnten, töten. Sein Vater sei telefonisch gewarnt worden, dass, wenn er zurückkomme, die Verwandten schon einen Plan hätten, ihn zu töten. Jeder der Familie, der nach Afghanistan komme, sei mit dem Leben bedroht. Er könne keinen Schutz von der Polizei erhalten. Da er Dari mit persischem Akzent spreche, wäre die Polizei ihm feindlich gesinnt. Aufgrund des Akzents wäre er zu erkennen, so dass seine Verwandten ihn finden würden. Auch gäbe es einen Foto-Austausch mit einer Cousine in Afghanistan.

Atteste vom … Mai 2016 sowie … und … August 2016, wonach der Kläger Gastritiden und Kniebeschwerden habe und die freie Gehstrecke auf unter 1000m begrenzt sei, wurde vorgelegt.

Mit Bescheid vom 22. November 2016, zugestellt am 24. November 2016, erkannte das Bundesamt die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Nr. 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Nr. 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, andernfalls wurde ihm die Abschiebung nach Afghanistan oder in einen anderen Staat, in den der Kläger einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Der Kläger habe nichts vorgetragen, keine konkreten individuellen Verfolgungsgründe oder Unterlagen vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass in Afghanistan die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens im flüchtlingsrechtlichen Sinne erfüllt seien. Die geschilderten Ausreisegründe des Jahres 2012 in die Bundesrepublik Deutschland bezögen sich auf den Iran. Der Kläger habe sich pauschal, vage und vielmehr nur ganz allgemein auf eine Bedrohung wegen Erbstreitigkeiten seines Vaters vor vielen Jahren berufen. Konkrete Bedrohungen im Sinne von Verfolgungshandlungen, die in ihrer Art und Wiederholung so gravierend seien, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellten, seien im Fall des Klägers nicht erkennbar. Aus seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara folge nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Bei vorgekommenen Entführungen und Ermordungen habe es sich um lokal begrenzte Einzelfälle gehandelt. Es könne dem Kläger auch zugemutet werden, sich in einem sicheren Landesteil aufzuhalten. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes lägen nicht vor. Dem Kläger drohe im Rahmen der Rückkehr keine Todesstrafe, Folter oder erniedrigende, unmenschliche Behandlung oder Bestrafung. Er habe in keinem staatlichen oder nichtstaatlichen Konflikt gestanden und keine Berührungspunkte mit öffentlichen Organen oder anderen Gruppierungen in Afghanistan gehabt. Der Kläger müsse keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit befürchten, weil er als Zivilperson nicht von willkürlicher Gewalt im Rahmen eines in seinem Herkunftsland bestehenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikts betroffen sei. Für keine der afghanischen Provinzen könne generell ein Gefährdungsgrad für Zivilpersonen angenommen werden, der die Feststellung einer erheblichen individuellen Gefahr allein auf Grund einer Rückkehr in das Herkunftsgebiet und Anwesenheit dort rechtfertige. Schließlich habe der Kläger auch keine persönlichen Umstände vorgetragen, die die Gefahr für ihn so erhöhten, dass von individuellen konfliktbedingten Gefahren gesprochen werden könne. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger bei Rückkehr nach Afghanistan einer individuellen Gefahrerhöhung ausgesetzt wäre. Er gehöre zur Gruppe der arbeitsfähigen Männer, bei denen grundsätzlich davon auszugehen sei, dass innere Schutzmöglichkeiten zumindest in afghanischen Städten wie z.B. …, Herat oder Mazar-e-Sharif sowie in den Provinzen Bamiyan und Panjshir bestünden und dass sie dort das erforderliche Existenzminimum erlangen könnten. Dies gelte auch, wenn er bei einer Rückkehr nicht auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen könne. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Dem Kläger drohe in Afghanistan keine durch einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur verursachte Folter oder relevante unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Afghanistan führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Soweit er vortrage, er habe sich nur im Iran aufgehalten, führe dies nicht zu der Annahme, er könne bei einer Rückkehr nach Afghanistan dort nicht existieren. Selbst ein fehlender vorheriger Aufenthalt in Afghanistan schließe eine Rückkehr dorthin nicht grundsätzlich aus. Maßgeblich sei vielmehr, ob der Kläger den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht habe und eine der beiden Landessprachen spreche. Ein spezielles „Vertrautsein mit den afghanischen Verhältnissen“ möge die Sicherung des Lebensunterhalts vereinfachen. Anhaltspunkte, dass dies erforderlich sein könnte, seien jedoch vorliegend nicht ersichtlich. Der Kläger sei ein volljähriger Mann, der im Falle einer Rückkehr in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen, sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Es drohe dem Kläger auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben. Auch aus dem Vorbringen hinsichtlich bestehender Erkrankungen ergäben sich keine ernsthaften Anhaltspunkte für ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Entgegen der aus § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG abzuleitenden Verpflichtung zur Darlegung der relevanten Umstände, sei bislang nicht ausreichend substantiiert vorgetragen worden, dass der Kläger an einer Erkrankung leide, deren notwendige Behandlung im Heimatland nicht erlangbar wäre und dies in absehbarer Zeit zu einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben im Sinne einer beachtlichen Gesundheitsbeeinträchtigung führe.

Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 4. Dezember 2016, erhoben die Prozessbevollmächtigten des Klägers Klage und beantragten,

  • 1.den Bescheid vom 22. November 2016 in Ziff. 1 und 3 bis 6 aufzuheben,

  • 2.die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, subsidiären Schutzstatus zu gewähren, hilfsweise, das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich laut der UNHCR-Stellungnahme vom Dezember 2016 die Situation derart verschärft/verschlechtert habe, dass die bisherige Rechtsprechung zur Rückkehrmöglichkeit junger, gesunder Flüchtlinge grundlegend neu bewertet werden müsse. Es sei keine Unterscheidung von „sicheren“ und „unsicheren“ Gebieten vorzunehmen, sondern die Bedrohungslage sei auf der Basis eines bereits neu festgestellten hohen Niveaus unter Einbeziehung sämtlicher individueller Aspekte des Einzelfalls zu bewerten. Für „normale“ Rückkehrer müsse im Rahmen einer Relevanzprüfung von einer fehlenden Rückkehrmöglichkeit sowohl nach … als auch in andere Gebiete gesprochen werden. Zu einem anderen Ergebnis komme man nur bei einem starken sozialen Netzwerk. UNHCR berücksichtige den sich massiv verschärfenden Konflikt, der sich landesweit ausgebreitet habe, den massiven Anstieg von Opfern bei Militär, Polizei und Zivilisten sowie die Zunahme an interner Flucht und Vertreibung sowie an Rückkehrern. In … führe dies zu katastrophalen Verhältnissen in der Wohnraumsituation, der medizinischen Betreuung sowie zum Fehlen jeglicher zumutbarer Arbeit. Für den Kläger, der keinerlei verwandtschaftliche oder sonstige Bezüge nach Afghanistan habe und nicht der Mehrheitsreligion angehöre, bedeute die Abschiebung die Rückkehr in eine für ihn aussichtslose Lage.

Die Beklagte stellte keinen Antrag.

In der mündlichen Verhandlung beantragte die Klägerseite,

  • 1.den Bescheid vom 22. November 2016 in Nrn. 3 bis 6 aufzuheben,

  • 2.die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutzstatus zu gewähren, hilfsweise, das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. März 2017 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 6. März 2017 entschieden werden, obwohl die Beklagtenseite nicht erschienen war. Denn in der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da die angefochtenen Nrn. 3 bis 6 des Bescheids vom 22. November 2016 rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen; dieser hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes (s.u. 1.) oder auf die Feststellung von Abschiebungshindernissen (s.u. 2.; vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).

1. Die Beklagte hat zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG abgelehnt.

1.1 Nach § 4 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

  • 1.die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,

  • 2.Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder

  • 3.eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

1.2 Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Kläger in Afghanistan die Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bzw. Bestrafung droht.

Aber auch eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG kann nicht bejaht werden:

a) Bezugspunkt für die Beurteilung der Bedrohung ist der tatsächliche Zielort des Ausländers. Da der Kläger im Iran geboren und aufgewachsen ist, ist zu erwarten und für ihn auch zumutbar, sich in größeren Städten, wie … und Herat, niederzulassen. In diesen Städten ist jedoch nicht von einer erheblichen individuellen Gefahr auszugehen. Eine Individualisierung der Gefahr kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben, wie etwa berufsbedingter Nähe zu einer Gefahrenquelle oder einer bestimmten religiösen Zugehörigkeit (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 - juris Rn. 18).

Derartige Umstände liegen in der Person des Klägers jedoch nicht vor. Insbesondere die Tatsache, dass er Schiit und Hazara ist, führt zu keiner Gefahrenerhöhung. Zwar ist der überwiegende Anteil der Bevölkerung sunnitischer Religionszugehörigkeit, aber Auseinandersetzungen sind selten und seit dem Ende des Taliban-Regimes hat sich die Situation der schiitisch-muslimischen Gemeinde wesentlich verbessert (vgl. VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 42 m.w.N.). Zudem sind gerade in Herat große Teile der Bevölkerung Schiiten (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.4.2016, S. 59). Hazara unterliegen zwar noch einer gewissen Diskriminierung, sind derzeit und in überschaubarer Zukunft aber weder einer an ihre Volks- bzw. Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten Verfolgung noch einer erheblichen Gefahrendichte ausgesetzt (BayVGH, B.v. 20.1.2017 - 13a ZB 16.30996).

Beim Fehlen individueller gefahrerhöhender Umstände kann eine Individualisierung nur ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre, was ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt voraussetzt (BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 - juris Rn. 19).

In … und Herat besteht aber nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine existenzielle Gefährdung, insbesondere die Gefahr einer Verletzung von Leib und Leben. In der Zentralregion Afghanistans, zu der auch … gehört, wurden laut UNAMA (www.unama.unmissions.org; Afghanistan - protection of civilians in armed conflict, annual report 2016) im Jahr 2016 2.348 Zivilpersonen getötet oder verletzt. Ausgehend von einer Einwohnerzahl von knapp 6 Millionen (vgl. VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 32), ergibt sich ein Risiko von 1:2.530, verletzt oder getötet zu werden. Selbst bei einer Verdreifachung der UNAMA-Zahlen aufgrund einer hohen Dunkelziffer ergebe sich eine Wahrscheinlichkeit von 1:868, was keine erhebliche individuelle Gefahr darstellt (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - Rn. 22). In der westlichen Region, in der Herat liegt, gab es 836 Opfer. Bei einer Einwohnerzahl von über 3,5 Millionen (vgl. VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 35) ergibt sich ein Risiko von nur ca. 1:4.244 bzw. - bei Berücksichtigung der Dunkelziffer - von 1:1.415.

b) Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar entschieden, dass es neben der quantitativen Ermittlung des Risikos, in der Rückkehrprovinz verletzt oder getötet zu werden, auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen bei der Zivilbevölkerung bedarf. Ist allerdings die Höhe des quantitativ festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens - wie hier - weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, vermöge sich das Unterbleiben einer wertenden Gesamtbetrachtung im Ergebnis nicht auszuwirken. Zudem sei die wertende Gesamtbetrachtung erst auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung der Gefahrendichte möglich (U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24; 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 23; 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33).

Nach alledem ist es auch bei einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände weder in … noch in Herat beachtlich wahrscheinlich, aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden. Zumindest für alleinstehende männliche Staatsangehörige besteht in Afghanistan keine extreme Gefahrenlage (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 - 13a ZB 16.30374 - juris Rn. 11).

c) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den aktuellen Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern vom Dezember 2016.

Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan deutlich verschlechtert habe. Es werde keine Unterscheidung von „sicheren“ und „unsicheren“ Gebieten vorgenommen, sondern die Bedrohung unter Einbeziehung sämtlicher individueller Aspekte des Einzelfalls bewertet. UNHCR ist der Auffassung, dass das gesamte Staatsgebiet Afghanistans von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt betroffen sei. Es müsse ein starkes soziales Netzwerk im Gebiet der Neuansiedlung geben. Die Wohnraumsituation sowie der Dienstleistungsbereich seien in … aufgrund der andauernden Primär- und Sekundärfluchtbewegungen extrem angespannt und auch in Herat halte sich eine große Zahl von Binnenvertriebenen auf.

Abgesehen davon, dass auch bei der vom UNHCR geforderten Einbeziehung der individuellen Aspekte des Klägers nicht von einer Gefahr, aufgrund eines innerstaatlichen Konflikts getötet oder verletzt zu werden, auszugehen ist (s.o. a), beruht die Bewertung in den genannten Anmerkungen auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den oben (s. a, b) dargelegten Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung decken (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 - 13a ZB 16.30374 - juris Rn. 11; B.v. 20.1.2017 - 13a ZB 16.30996 - juris Rn. 9; VG Augsburg, U.v.19.12.2016 - Au 5 K 16. 31939 - juris Rn. 42). Basierend auf den oben dargelegten Zahlen ist auch bei einer Gesamtbetrachtung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dem Kläger, bei dem keine individuellen gefahrerhöhenden Umstände vorliegen, ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 AsylG droht.

2. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG liegen nicht vor.

2.1 § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (vgl. z.B. VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017, 3 A 140/16 - juris Rn. 53 m.w.N.). Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen. In Afghanistan ist die allgemeine bzw. humanitäre Lage aber nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn.12; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 55 ff.).

Arbeitsfähige, gesunde junge Männer sind auch ohne besondere Qualifikation, nennenswertes Vermögen und familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen zu erwirtschaften und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten, so dass für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (BayVGH, B.v. 25.1.2017 - 13a ZB 16.30374 - juris Rn. 12; B.v. 23.1.2017 - 13a ZB 17.30044 - juris Rn. 5; B.v. 17.1.2017 - 13a ZB 16.30929 - juris Rn. 2; B.v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 - juris Rn. 7; U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 17; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 - 3 A 140/16 - juris Rn. 60). Gerade Rückkehrer aus dem Westen sind dabei in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch die Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber den Flüchtlingen, die in Nachbarländer Afghanistans geflohen sind, wesentlich höher (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 21). Insbesondere werden in den vorgelegten Attesten vom … Mai 2016 und … bzw. … August 2016 lediglich Gastritiden und Kniebeschwerden diagnostiziert. Dass der Kläger deswegen nicht arbeitsfähig ist, kann diesen Unterlagen nicht entnommen werden.

2.2 Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG liegt nicht vor.

a) Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die drohenden Gefahren müssten nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Dies setzt voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Ausreise in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann, der Ausländer somit gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - juris Rn. 15).

Für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige ist im Allgemeinen nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen, die zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (in entsprechender Anwendung) führen würde (BayVGH, B.v. 25.1.2017 - 13a ZB 16.30374 - juris Rn. 12; B.v. 23.1.2017 - 13a ZB 17.30044 - juris Rn. 5). Wie bereits ausgeführt (s.o. 2.1), sind alleinstehende junge Männer auch ohne besondere Qualifikation, nennenswertes Vermögen und familiäre Unterstützung grundsätzlich in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen zu erwirtschaften und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.

b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger im Iran geboren und aufgewachsen ist. Auch für Afghanen, die sich nicht in Afghanistan aufgehalten haben, besteht, jedenfalls dann, wenn sie - wie der Kläger - eine der Landessprachen (hier: Dari) beherrschen, die Chance, insbesondere in … durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen zu erzielen. Maßgeblich ist, dass der Kläger den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht hat und eine der beiden Landessprachen beherrscht, nicht, ob ein spezielles „Vertrautsein mit den afghanischen Verhältnissen“ gegeben ist (BayVGH, B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600 - juris Rn. 7; B.v. 20.12.2016 - 13a ZB 16.30129 - juris Rn. 10).

c) Gleiches gilt für den Umstand, dass der Kläger Hazara und Shiit ist. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen (s. 1.2 a) Bezug genommen.

d) Sofern der Kläger geltend macht, es bestünde mit Verwandten seines Vaters eine Erbstreitigkeit um ein Grundstück und diese hätten gedroht, den Vater bzw. die gesamte Familie zu töten, kann dies ebenfalls zu keinem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen.

aa) Zum einen sind die Angaben des Klägers insoweit nicht nur sehr pauschal, sondern auch widersprüchlich und damit nicht glaubhaft. So gab er beim Bundesamt am … August 2016 an, dass die Bedrohung von Cousins seines Vaters ausgehe, während er in der mündlichen Verhandlung am 6. März 2017 erklärte, dass das Problem mit dem Neffen seines Vaters bestehe.

bb) Zum anderen haben die Eltern bereits vor 30 Jahren Afghanistan verlassen und die angebliche telefonische Bedrohung des Vaters ist nach Angaben des Klägers auch schon zehn bis zwölf Jahre her, so dass nach diesem langen Zeitraum eine konkrete Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht mehr wahrscheinlich ist (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2013 - 13a B 12.30170 - juris Rn. 29 zu einem Zeitraum von drei bzw. fünf Jahren).

cc) Hinzukommt, dass - wie bereits ausgeführt - davon auszugehen ist, dass sich der Kläger, der nach eigenen Angaben in Afghanistan ansonsten keine Verwandte hat, in einer Großstadt, wie z.B. … oder Herat, niederlassen wird. Es ist aber nicht ersichtlich, wie ihn seine Verwandten, selbst wenn diese ihn suchen sollten, dort finden könnten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger, wie er angibt, Dari mit persischem Akzent spricht, da es in den Großstädten zahlreiche Flüchtlinge und Rückkehrer gibt, die Dari nicht akzentfrei sprechen.

Somit kann von einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht ausgegangen werden.

3. Nach alledem ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung rechtmäßig.

4. Schließlich begegnet auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG in Nr. 6 des Bescheids vom22. November 2016 keinen rechtlichen Bedenken.

Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal die Klägerseite diesbezüglich keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt hat.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO bzw. - soweit die Klage teilweise zurückgenommen wurde - aus § 155 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag aus nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. August 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob für Angehörige der Zivilbevölkerung allein schon durch die Anwesenheit in A1 aufgrund des Vorliegens eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben gemäß § 4 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 15c der RL 2004/83/EG, hilfsweise nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG, anzunehmen ist und auch Kabul keine interne Schutzmöglichkeit darstellt“.

Die Lage in A1 habe sich seit 2015 drastisch verschlechtert und seien aktuell die Opferzahlen 2015/2016 höher als 2009, weshalb die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsse.

Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach A1 keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts (UA S. 8). Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten oder als anhaltende Kampfhandlungen zu qualifizieren seien, könne dahinstehen, weil nach der Überzeugung des Gerichts der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre (UA S. 9). Denn es fehle vorliegend an einer Verdichtung allgemeiner Gefahren, die weitere Voraussetzung für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG sei. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen erreiche in der Heimatprovinz des Klägers, Kabul, der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt kein so hohes Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Individuelle gefahrerhöhende Umstände habe der Kläger nicht vorgetragen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor (UA S. 9). Für den Kläger ergebe sich in Kabul weder aus seiner Volkszugehörigkeit noch hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage eine extreme allgemeine Gefahrenlage. Unter Heranziehung der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 6. November 2015, vom 31. März 2014 und vom 4. Juni 2013 kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, das Risiko, in K. durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (UA S. 6 f.) und könne der volljährige, arbeitsfähige und mit den Lebensverhältnissen in A1 vertraute Kläger in Kabul seinen Lebensunterhalt sicherstellen (UA S. 7 f. und 9 f.).

Die Frage betreffend das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts kann nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die gewalttätigen Auseinandersetzungen in A1 oder Teilen hiervon als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren sind.

Auch die Frage zu K. als „interne Schutzmöglichkeit“, gemeint sein dürfte damit, ob Kabul als interner Schutz im Sinn von § 3e AsylG in Betracht kommt, vermag keine grundsätzliche Bedeutung zu begründen, da es für die Zumutbarkeit nach § 3e AsylG auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls und die individuellen Verhältnisse des Klägers ankommt und die Frage damit einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Hinzu kommt, dass diese Frage im Hinblick darauf, dass die Herkunftsregion des Klägers K. ist und er vor seiner Ausreise zuletzt in der Provinz K. gelebt hat (Akte des Bundesamts Bl. 30 und 31), auch wenn das Verwaltungsgericht zusätzlich auf K. als Fluchtalternative abgestellt hat (UA S. 6 f.), in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre und damit ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung führen kann. Damit scheidet mangels Entscheidungserheblichkeit auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „niederlässt“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2011 L 337/9) im Unterschied zur vorhergehenden Fassung „aufhält“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG aus.

Die weiter aufgeworfene Frage, ob praktisch jede Zivilperson in A1 bzw. K. einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei, hat das Verwaltungsgericht verneint. Individuelle gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren in der Person des Klägers führen könnten, habe dieser nicht vorgetragen. Hierbei ist das Verwaltungsgericht unter Heranziehung aktueller Lageberichte zu der Erkenntnis gelangt, dass das Risiko, durch Anschläge Schaden zu erleiden, in der Herkunftsregion des Klägers, K., weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit liege (siehe hierzu BayVGH, B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; BayVGH, U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris; U.v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris).

Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr pauschal ein, dass sich die Lage in A1 seit dem Jahr 2015 wieder extrem verschlechtert habe und somit die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsste. Hierzu wurde aus dem Jahresbericht der United Nations Assistance Mission in A1 (UNAMA) für das Jahr 2015, aus zahlreichen Presseartikeln und den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs A1 Asylsuchender vom 19. April 2016 zitiert. Auch wird eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts mit Stand vom 7. Juli 2016 angeführt sowie auf Berichte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 22. Juli 2014 und vom 13. September 2015, auf eine Stellungnahme der International NGO Safety Organisation (INSO) und den Amnesty Report 2016 A1 von Amnesty International verwiesen.

Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher weiterhin davon aus, dass in A1 für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (zuletzt B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600 - juris). So werden in den UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016, wonach sich die Sicherheitslage verschlechtert habe, vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Auch beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung (s. BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360) decken. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Zulassungsantrag angeführten Publikation der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13. September 2015 (A1: Update, Die aktuelle Sicherheitslage) sowie den genannten Presseberichten. Dort wird ebenfalls nur die Sicherheitslage nach eigenen Maßstäben bewertet. Andere Ausgangsdaten, die darauf hindeuten, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären, sind dort ebenfalls nicht genannt. Schließlich geben auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu A1 keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zudem geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U.v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U.v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 - LS; U.v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U.v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland A1 in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in K. ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 1. Dezember 2016 bleibt ohne Erfolg.

Soweit sich der Kläger auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) beruft, macht er keinen der in § 78 Abs. 3 AsylG genannten Zulassungsgründe geltend. Das ist zwar der Fall bei der weiter von ihm erhobenen Grundsatzrüge, jedoch ist sein Antrag insoweit unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger trägt insoweit vor, nachdem seinem jüngeren Bruder vom Bundesamt die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen worden sei, müssten bei ihm die Voraussetzungen erst recht vorliegen. Damit wird jedoch bereits nicht deutlich, welche Frage von grundsätzlicher Bedeutung hier aufgeworfen werden sollte. Sofern als grundsätzlich klärungsbedürftig angesprochen werden sollte, ob Familienangehörigen mit vorgetragenem gleichen Sachverhalt eine unterschiedliche bzw. keine Schutzgewährung zugesprochen werden könnte, ließe sich dies nur im Einzelfall, nicht aber in verallgemeinerungsfähiger Form beantworten.

Auch mit dem weiteren Vortrag, die Sicherheitslage habe sich in Afghanistan in den letzten zwölf Monaten massiv verschlechtert, wird keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige im Allgemeinen derzeit keine extreme Gefahrenlage anzunehmen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U. v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U. v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 -LS-; U. v. 22.3.2013 - 13a B 12.30044 - juris; U. v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U. v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-; U. v. 3.2.2011 - 13a B 10.30394 - juris). Der Verwaltungsgerichtshof geht weiterhin davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in Kabul ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten. Für eine Veränderung der Lage im Jahre 2016, die eine andere Beurteilung erfordern würde, fehlen ausreichende Anhaltspunkte (BayVGH, B. v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600).

Der Kläger rügt weiter, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Verfolgungsgefahr sei nicht glaubhaft gemacht, wäre falsch. Damit spricht er die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts an und macht, ohne es ausdrücklich anzusprechen, eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO geltend. Eine solche liegt hier jedoch nicht vor.

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B. v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Wie aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, hat sich das Verwaltungsgericht mit den vom Kläger geschilderten persönlichen Verhältnissen befasst (UA S. 7 f.). Es hat aber das Vorbringen als widersprüchlich erachtet und ist zudem zu der Einschätzung gelangt, dass dem Kläger eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stehe und deshalb keine Gefahr für ihn anzunehmen sei. Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör grundsätzlich nicht begründet werden (BVerfG, E. v. 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267/273; BVerwG, B. v. 30.7.2014 - 5 B 25.14 - juris; B. v. 15.5.2014 - 9 B 14.14 - juris Rn. 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für einen noch zu stellenden Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 4. Oktober 2016 ist abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinn von § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO bietet. Das Gericht hat dabei die Erfolgsaussichten des Antrags auf der Grundlage des dargestellten Streitverhältnisses zu prüfen. Nicht erforderlich ist, dass der Kläger substantiiert das Vorliegen von Zulassungsgründen darlegt (BayVGH, B.v. 10.10.2007 - 13a ZB 07.2007 - juris; B.v. 31.1.2006 - 13a ZB 05.31244 - juris). Fehlt - wie hier - jegliche Begründung, sind die Erfolgsaussichten anhand des erstinstanzlichen Urteils zu prüfen (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124a Rn. 42).

Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Verfahren das Bestehen eines Zulassungsgrunds gemäß § 78 Abs. 3 AsylG mit hinreichender Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte, liegen aber nicht vor. Eine Abweichung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs oder eines anderen dort genannten Gerichts ist nicht ersichtlich. Ein Verfahrensmangel nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG ist ebenfalls nicht erkennbar. Auch ein auf § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG gestützter Zulassungsantrag wäre ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Hiervon ausgehend ist nicht ersichtlich, inwieweit die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung sein könnte. Die vom Kläger in der Klage thematisierte Rückkehrgefährdung wegen der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan verleiht ihr keine grundsätzliche Bedeutung. In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige im Allgemeinen derzeit keine extreme Gefahrenlage anzunehmen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U.v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U.v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 -LS-; U.v. 22.3.2013 - 13a B 12.30044 - juris; U.v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U.v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-; U.v. 3.2.2011 - 13a B 10.30394 - juris). Der Verwaltungsgerichtshof geht weiterhin davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in Kabul ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten. Dies gilt auch für Volkszugehörige der Hazara, zu denen auch der Kläger gehört (BayVGH, B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600). Für eine Veränderung der Lage im Jahre 2016 fehlen ausreichende Anhaltspunkte (BayVGH, B.v. 4.1.2017 a. a. O.).

Tenor

I.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 17. Oktober 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „inwieweit Familienangehörige von Regierungsbeamten allein aufgrund der Familienzugehörigkeit mit flüchtlingsrechtlich und abschiebungsschutzrechtlich relevanter Verfolgung durch die Taliban in Afghanistan rechnen müssen.“ Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Augsburg habe in einem ausführlichen wie überzeugenden Urteil entschieden, dass Familienangehörige eines Regierungsbeamten in Afghanistan politisch verfolgt würden, wenn Taliban sein Kind entführt und die Familie erneut bedroht hätten (U. v. 3.11.2015 - Au 6 K 15.30373).

Die aufgeworfene Frage ist jedoch einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich. Vielmehr setzt deren Beurteilung eine Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls voraus, insbesondere auch in Zusammenhang mit der konkreten Situation des Klägers. Dies zeigt insbesondere auch die von diesem in Bezug genommene Entscheidung. Der dort zugrunde gelegte Sachverhalt weicht erheblich - z. B. durch die Entführung des Kindes - von der hier vorliegenden Situation ab. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Vortrag des Klägers in Bezug auf selbst erlittene Verfolgung wegen erheblich gesteigerten Vorbringens als insgesamt nicht glaubwürdig angesehen (UA S. 10).

Auch aus der weiter aufgeworfenen Frage, „inwieweit angesichts der aktuellen Reisewarnungen des Auswärtigen Amts für Afghanistan sowie der allgemeinen Gefahrenlage in Afghanistan gerade seit Beginn der zweiten Jahreshälfte 2016 Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bzw. unmittelbar aus Art. 1, 2 GG bestehen“, ergibt sich keine grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG. In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U. v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U. v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 -LS-; U. v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U. v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in Kabul ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.

Für eine verlässliche Prognose, dass sich die Gefahrenlage im Jahre 2016 entscheidend verändert hätte, fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Der Verwaltungsgerichtshof sieht daher weiterhin in Afghanistan für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage (zuletzt B. v. 27.7.2016 - 13a ZB 16.30051 - juris). Auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu Afghanistan geben keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B. v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B. v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Für § 60 Abs. 5 AufenthG gilt nichts anderes. Nach dieser Bestimmung darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig (EMRK) ist. Dabei geht der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass in Afghanistan die Lage nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK wäre (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167; BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris). Vielmehr müssen besondere (Einzelfall-)Umstände vorliegen, um zu einer anderen Beurteilung zu kommen. Damit scheidet eine grundsätzliche Bedeutung aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. März 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am 31. Dezember 1993 in Herat geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger schiitischen Glaubens und Hazara. Er reiste auf dem Landweg vom Iran über die Türkei, Griechenland, Italien und Österreich am 25. März 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 11. April 2012 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylantrag.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 11. Juli 2012 gab der Kläger an, er spreche Dari, außerdem Farsi und ein wenig Englisch. Seit seinem zweiten Lebensjahr habe er mit seiner Familie im Iran gelebt. Die Familie stamme aus der Provinz Herat, Gebiet Guzara. Seine Eltern hätten sich zwar über Afghanistan unterhalten, aber er habe mit ihnen nicht darüber gesprochen. Sie seien wegen der schlechten Sicherheitslage, insbesondere für Hazara, geflohen. In Afghanistan habe er keine Verwandten. Er habe im Iran, in Bodjnord, fünf Jahre die Schule besucht und anschließend sowohl in Restaurants gearbeitet als auch Motorräder in Stand gesetzt. Er habe immer drei bis vier Monate in Teheran gearbeitet und sei dann wieder zur Familie zurückgekehrt. Wann er aus dem Iran ausgereist sei, wisse er nicht. Er sei seit über zweieinhalb Jahren unterwegs. Eineinhalb Jahre sei er in der Türkei gewesen, neun bis zehn Monate in Griechenland. Die Fahrt habe er mit seinem Verdienst in Teheran finanziert. In Griechenland habe er nicht gearbeitet, in der Türkei als Spüler in Restaurants. Den Iran habe er verlassen, weil die Afghanen dort unterdrückt würden. Die Familie habe auch keine offiziellen Dokumente und sei nicht einmal sozialversichert. Er habe eine Schwester mit elfeinhalb Jahren und einen Bruder mit ca. zehn Jahren.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 5. September 2013 wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter abgelehnt (1.), festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (2.) sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG a. F. (3.) nicht vorliegen und dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan angedroht (4.). Zur Begründung ist ausgeführt, wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara liege keine Verfolgung vor. Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt in Herat bestehe nicht. Auch die Voraussetzungen von nationalen Abschiebungsverboten lägen nicht vor, insbesondere bestehe keine extreme Gefahrenlage nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Da der Kläger nach seinen Angaben bereits nach Beendigung der Schule in Restaurants gearbeitet und Motorräder repariert habe, könne er auch ohne den Rückhalt seiner Familie das erforderliche Einkommen erzielen.

Mit der hiergegen gerichteten Klage an das Verwaltungsgericht München verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. In der mündlichen Verhandlung am 25. März 2014 erklärte der Kläger, Bodjnord sei etwa 17 bis 18 Stunden mit dem Bus von Teheran entfernt, wo er gearbeitet habe. In Deutschland habe er keine Schule besucht und keine Berufsausbildung gemacht. Derzeit arbeite er in einem Restaurant. Mit Urteil vom 25. März 2014 wurde der Bescheid des Bundesamts vom 5. September 2013 antragsgemäß in Nr. 3 insoweit aufgehoben, als festgestellt wurde, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht vorliegt. Zudem wurde er in Nr. 4 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegen. Die allgemeine Gefahr in Afghanistan habe sich in der Person des Klägers trotz seiner Volljährigkeit ausnahmsweise zu einer extremen Gefahr verdichtet. Aufgrund der besonderen Umstände kommt das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass der Kläger, der bereits im Alter von zwei Jahren sein Herkunftsland dauerhaft mit seiner Familie verlassen habe, mit den Verhältnissen in Afghanistan nicht vertraut sei und zudem über keine Berufsausbildung verfüge, nicht dazu in der Lage wäre, die hohen Anforderungen so bewältigen zu können, dass er sich ohne die Hilfe eines aufnahmebereiten Familienverbands wenigstens ein Existenzminimum erwirtschaften könnte. Allein aufgrund seiner langjährigen Abwesenheit sei davon auszugehen, dass ihm die aktuellen Lebensumstände in Afghanistan fremd seien. Er sei mit den Gepflogenheiten der afghanischen Gesellschaft nicht vertraut, zumal dort während seiner Abwesenheit entscheidende Umbrüche und Veränderungen stattgefunden hätten. Erschwerend wirke sich die fehlende Berufsausbildung aus.

Auf Antrag der Beklagten hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. August 2014 die Berufung zugelassen wegen Divergenz zur Rechtsprechung des Senats zur extremen Gefahrenlage in den Fällen, in denen der betreffende Ausländer Afghanistan bereits im Kleinkindalter verlassen hat (BayVGH, U. v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris). Unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Zulassungsantrag und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs führt die Beklagte aus, dass bei alleinstehenden, arbeitsfähigen und gesunden männlichen afghanischen Rückkehrern in aller Regel kein Abschiebungsschutz in Betracht käme, zumal Mittel der Rückkehrförderung in Anspruch genommen werden könnten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. März 2014 vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger geht davon aus, dass er gemessen an seiner persönlichen Situation ausnahmsweise alsbald nach der Rückkehr in eine extreme Gefahrenlage geraten würde. Er beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und begründet (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 128 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylVfG) nicht verpflichtet festzustellen, dass für den Kläger ein national begründetes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht. Beim national begründeten Abschiebungsverbot handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand, weshalb alle entsprechenden Anspruchsgrundlagen zu prüfen sind (BVerwG, U. v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16 und 17). Allerdings sind weder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 noch diejenigen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig (EMRK) ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG(U. v. 11.11.1997 - 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen („zielstaatsbezogene“ Abschiebungshindernisse). Dabei sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat können jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. In Afghanistan ist die Lage jedoch nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK wäre (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167 unter Verweis auf EGMR, U. v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U. v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U. v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952). Besondere Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung gebieten würden, hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch nicht erkennbar.

Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird.

Auf eine individuelle erhebliche konkrete Gefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hat sich der Kläger, der sich nach seinen Angaben ab seinem zweiten Lebensjahr nicht mehr in Afghanistan aufgehalten hat, nicht berufen. Vielmehr trägt er vor, dass seine Eltern Afghanistan wegen der damaligen schlechten Sicherheitslage - eine allgemeine Gefahr im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG - verlassen hätten. Diese kann auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt wird, aber nur eine typische Auswirkung der allgemeinen Gefahrenlage ist (BVerwG, U. v. 8.12.1998 - 9 C 4.98 - BVerwGE 108, 77). Dann greift grundsätzlich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Eine Abschiebestoppanordnung besteht jedoch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht (mehr). Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat durch die Verwaltungsvorschriften zum Ausländerrecht (BayVVAuslR) mit Rundschreiben vom 3. März 2014, Az. IA2-2081.13-15 bezüglich der Rückführungen nach Afghanistan verfügt, dass nach wie vor alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige, die volljährig sind, vorrangig zurückzuführen sind (s. BayVVAuslR Nr. C.3.2).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 AufenthG oder eine andere Regelung, die vergleichbaren Schutz gewährleistet, nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (st. Rspr. des BVerwG; vgl. nur BVerwGE 99, 324; 102, 249; 108, 77; 114, 379; 137, 226). Diese Grundsätze über die Sperrwirkung bei allgemeinen Gefahren und die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise verfassungskonforme Anwendung in den Fällen, in denen dem Betroffenen im Abschiebezielstaat eine extrem zugespitzte Gefahr droht, sind auch für die Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes maßgeblich (BVerwG, B. v. 23.8.2006 - 1 B 60.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 19).

Im Hinblick auf die unzureichende Versorgungslage hat sich die allgemeine Gefahr in Afghanistan für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten wäre. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren - zeitlichen - Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich aus den Erkenntnismitteln nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher afghanischer Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären (seit U. v. 3.2.2011 - 13a B 10.30394 - juris; zuletzt U. v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris). Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Der Senat hat sich dabei im Urteil vom 30. Januar 2014 (a. a. O.) u. a. auf die Lageberichte des Auswärtigen Amtes (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: 4. Juni 2013) gestützt sowie auf die Stellungnahmen von Dr. Danesch vom 7. Oktober 2010 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof, von Dr. Karin Lutze (stellvertretende Geschäftsführerin der AGEF - Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte im Bereich der Migration und der Entwicklungszusammenarbeit i.L.) vom 8. Juni 2011 an das OVG Rheinland-Pfalz (zum dortigen Verfahren 6 A 11048/10.OVG) und von ACCORD (Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation) vom 1. Juni 2012. Nach den dortigen Erkenntnissen geht der Senat davon aus, dass trotz großer Schwierigkeiten grundsätzlich auch für Rückkehrer durchaus Perspektiven im Hinblick auf die Sicherung des Lebensunterhalts bestehen und jedenfalls der Tod oder schwerste Gesundheitsgefährdungen alsbald nach der Rückkehr nicht zu befürchten sind.

Aus den aktuellen Erkenntnismitteln ergibt sich nichts anderes. Der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 31. März 2014 (Stand: Februar 2014, S. 19 ff. - Lagebericht 2014) stellt zum einen fest, dass sich Afghanistans Bewertung im Human Development Index kontinuierlich verbessert habe. Auch wenn Afghanistan weiterhin einen sehr niedrigen Rang belege und der Entwicklungsbedarf noch beträchtlich sei, habe es sich einerseits in fast allen Bereichen positiv entwickelt. Die afghanische Wirtschaft wachse, wenn auch nach einer starken Dekade vergleichsweise schwach. Andererseits würden Investitionen aufgrund der politischen Unsicherheit weitgehend zurückgehalten. Allerdings könne nach dem Wahljahr 2014 mit einer Normalisierung des durch die starke Präsenz internationaler Truppen aufgeblähten Preis- und Lohnniveaus zu rechnen sein. Eine weitere Abwertung der afghanischen Währung könnte zu einer gestärkten regionalen Wettbewerbsfähigkeit afghanischer Produkte führen. Negativ würde sich jedoch zum anderen eine zunehmende Unsicherheit und Destabilisierung des Landes auswirken. Die Schaffung von Arbeitsplätzen sei auch bei einer stabilen Entwicklung der Wirtschaft eine zentrale Herausforderung. Für größere Impulse mangle es bisher an Infrastruktur und förderlichen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und einer umfassenden politischen Strategie. Da die Schaffung von Perspektiven auch zu Sicherheit und Stabilität beitrage, sei die Unterstützung der Privatwirtschaft einer der Schlüsselbereiche der bilateralen Zusammenarbeit. Im Übrigen greift der Lagebericht 2014 mit Ausnahme der medizinischen Versorgung keine Einzelaspekte auf, sondern stellt nur die generelle Situation für Rückkehrer und die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dar. Es wird darauf verwiesen, dass es an grundlegender Infrastruktur fehle und die Grundversorgung - wie schon bisher - für große Teile der Bevölkerung eine große Herausforderung sei. Die medizinische Versorgung habe sich in den letzten zehn Jahren erheblich verbessert, falle allerdings im regionalen Vergleich weiterhin drastisch zurück. Nach wie vor seien die Verfügbarkeit von Medikamenten und die Ausstattung von Kliniken landesweit unzureichend.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Afghanistan: Update, die aktuelle Sicherheitslage vom 5.10.2014, S. 18 ff. - SFH) führt aus, dass 36% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten. Besonders die ländliche Bevölkerung sei den starken klimatischen Schwankungen hilflos ausgeliefert. Die Zahl der Arbeitslosen werde weiter ansteigen. 73,6% aller Arbeitstätigen gehörten zu den working poor, die pro Tag zwei US$ oder weniger verdienten. Die Analphabetenrate sei weiterhin hoch und die Anzahl der gut qualifizierten Fachkräfte sehr tief.

Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6.8.2013, S. 9 [UNHCR-Richtlinien] und Darstellung allgemeiner Aspekte hinsichtlich der Situation in Afghanistan - Erkenntnisse u. a. aus den UNHCR-Richtlinien 2013 vom August 2014 [UNHCR-2014]) geht davon aus, dass es für eine Neuansiedlung grundsätzlich bedeutender Unterstützung durch die (erweiterte) Familie, die Gemeinschaft oder den Stamm bedarf. Die einzige Ausnahme seien alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten Schutzbedarf, die unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben könnten, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung böten, und die unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle ständen.

Zusammenfassend lassen sich damit aus diesen Berichten keine für die Beurteilung der Gefahrenlage relevanten Änderungen entnehmen. Aufgrund der in den Auskünften geschilderten Rahmenbedingungen sind insbesondere Rückkehrer aus dem Westen in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber den Flüchtlingen, die in die Nachbarländer geflüchtet sind, wesentlich höher. Hinzu kommt, dass eine extreme Gefahrenlage zwar auch dann besteht, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226), jedoch Mangelernährung, unzureichende Wohnverhältnisse und eine schwierige Arbeitssuche nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit „alsbald“ zu einer extremen Gefahr führen. Diese muss zwar nicht sofort, also noch am Tag der Ankunft eintreten. Erforderlich ist allerdings eine hinreichende zeitliche Nähe zwischen Rückkehr und unausweichlichem lebensbedrohenden Zustand. Die Gefahr muss sich alsbald nach der Rückkehr realisieren. Dies ist aus den genannten Erkenntnismitteln nicht ersichtlich. Nach der Beurteilung des Auswärtigen Amts in der Auskunft vom 2. Juli 2013 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof (um Verfahren 8 A 2344/11.A) dürfte es unwahrscheinlich sein, dass besonders in der Hauptstadt Kabul Personen verhungern oder verdursten. Im Urteil vom 4. September 2014 (8 A 2434/11.A - juris) teilt der Hessische Verwaltungsgerichtshof die vorliegende Einschätzung (ebenso OVG NW, U. v. 27.1.2015 - 13 A 1201/12.A - juris). Demgegenüber stellt der Kläger lediglich die Vermutung auf, dass sich die Situation für Rückkehrer verschlechtert habe. Konkrete Anzeichen, die auf eine Verschlechterung hinweisen würden, benennt er nicht. Er beschränkt sich vielmehr auf Annahmen, ohne dass sich diese auf signifikante Veränderungen stützen würden.

Bei dieser Ausgangslage bedurfte es auch nicht der Einholung einer neuen Auskunft.

Die vorhandenen Auskünfte ergeben einen ausreichenden Einblick in die tatsächliche Lage in Afghanistan. Im Hinblick auf den teilweisen Abzug der internationalen Truppen ergibt sich nichts anderes. Anhaltspunkte, dass sich bei der Versorgungs- und Sicherheitslage im jetzt maßgeblichen Zeitpunkt erhebliche Veränderungen ergeben hätten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Ob in Zukunft Verschlechterungen eintreten werden, lässt sich derzeit nicht beurteilen.

Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Kläger als Angehöriger der Minderheit der Hazara keine Chance hätte, sich als Tagelöhner oder Gelegenheitsarbeiter zu verdingen. Die vorliegenden Gutachten und Berichte enthalten keine entsprechenden Hinweise. Der Umstand, dass der Kläger seit seinem zweiten Lebensjahr mit seiner Familie im Iran gelebt hat, steht der Annahme, er könne sich in Kabul auf sich allein gestellt notfalls „durchschlagen“, ebenfalls nicht entgegen. Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Urteil vom 24. Oktober 2013 (13a B 13.30031 - juris) ausgeführt, dass eine Rückkehr nach Afghanistan grundsätzlich nicht am fehlenden vorherigen Aufenthalt im Heimatland scheitere. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Betroffene den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht hat und eine der beiden Landessprachen spricht. Ein spezielles „Vertrautsein mit den afghanischen Verhältnissen“ mag die Sicherung des Lebensunterhalts vereinfachen. Anhaltspunkte, dass dies erforderlich sein könnte, sind jedoch nicht ersichtlich. Damit liegt die für eine verfassungskonforme Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger alsbald existenzbedrohenden Mangellagen ausgesetzt wäre, nicht vor. Der Kläger ist im Iran, einer islamisch geprägten Umgebung, aufgewachsen und spricht Farsi sowie die hiermit sehr eng verwandte Landessprache Afghanistans Dari. Zudem hebt er sich bereits dadurch von der Masse der Arbeit suchenden Analphabeten ab, dass er im Iran fünf Jahre lang die Schule besucht hat. In Teheran hat er anschließend sowohl in Restaurants gearbeitet als auch Motorräder in Stand gesetzt. Damit konnte er nicht nur seinen Lebensunterhalt erwirtschaften, sondern auch die Ausreise sowie seinen neun- bis zehnmonatigen Aufenthalt in Griechenland, wo er nach seinen Angaben nicht gearbeitet hat, finanzieren. Während seines eineinhalb jährigen Aufenthalts in der Türkei hat er - ohne Kenntnis der Landessprache - als Spüler in Restaurants gearbeitet. Ebenso ist er derzeit in Deutschland in einem Gasthof als Küchenhilfe beschäftigt. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem relativ gut Deutsch gesprochen. Mit diesen Erfahrungen und Kenntnissen ist davon auszugehen, dass der Kläger selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt im Falle einer zwangsweisen Rückkehr nach Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten, etwa in Kabul, wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Das entspricht auch der Auffassung des UNHCR, wonach bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht komme (UNHCR-2014).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.