Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Sept. 2015 - M 17 K 15.30516

bei uns veröffentlicht am15.09.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die 17-jährige Klägerin ist kosovarische Staatsangehörige, albanischer Volkszugehörigkeit und islamischer Glaubensrichtung. Sie reiste nach eigenen Angaben am … Januar 2015 zusammen mit ihrer Familie in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 30. März 2015 Asylantrag.

Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … April 2015 gab die Klägerin im Wesentlichen an, nach Deutschland gekommen zu sein, weil sie sich in Deutschland ein besseres Leben vorgestellt habe. Ihr Vater habe nicht mehr arbeiten können. Ansonsten habe sie keine Probleme gehabt. Bei einer Rückkehr hätte sie Angst, dort ihre Ausbildung oder Schule nicht abschließen zu können. Im Übrigen wird auf die Niederschrift zur Anhörung gemäß § 25 AsylVfG vom 13. April 2015 verwiesen.

Mit Bescheid vom 14. April 2015, der mit Postzustellungsurkunde der Klägerin am 17. April 2015 zugestellt wurde, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klägerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde ihr die Abschiebung nach Kosovo angedroht (Nr. 5). Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen, da die Klägerin keine Verfolgungsmaßnahmen durch den Staat oder zu berücksichtigende schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen seitens nichtstaatlicher Dritter zu befürchten hätte. Da die Klägerin angegeben habe, ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland eingereist zu sein, sei eine asylrechtlich relevante Verfolgung in keiner Weise ersichtlich. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus seien nicht gegeben, insbesondere sei weder von der kosovarischen Regierung noch durch nichtstaatliche Dritte eine unmenschliche Behandlung zu erwarten. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Wohnraum, wenn auch mitunter auf niedrigem Standard, stehe ausreichend zur Verfügung. Die überwiegende Anzahl der Rückkehrer werde von Angehörigen ihrer Familie aufgenommen und untergebracht. Rückkehrer könnten zudem die Unterstützungen der in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (MOCR) in Anspruch nehmen. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot, sie müsse und könne von der Klägerin ebenso wie von vielen ihrer Landsleute gegebenenfalls unter Aufbietung entsprechender Aktivitäten bewältigt werden. Eine Rückkehr sei insoweit zumutbar. Der Klägerin drohe auch keine individuelle Gefahr nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Gegen diesen Bescheid erhob der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 24. April 2015, dem Verwaltungsgericht München am selben Tage zugegangen, Klage und beantragte,

I. den Bescheid der Beklagten vom 14. April 2015 aufzuheben,

II. die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin subsidiären Schutz zuzuerkennen,

III. die Beklagte zu verpflichten, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Zur Begründung wurde auf die Ausführungen in der bereits eingereichten Klage und dem Eilantrag (M 16 K 15.30524 und M 16 S. 15.30525) für die Eltern und Geschwister der Klägerin Bezug genommen. Der Vater sei aufgrund einer weiterhin behandlungsbedürftigen Rückenoperation arbeitslos und leide an der Basedowschen Krankheit. Die Familie verfüge daher nicht mehr über Einkünfte, zumal der Vater für die Operation 1.000,-- Euro und weitere Zahlungen habe erbringen müssen. Bei einer Rückkehr würde die Familie in eine existenzielle Notlage geraten. Der Vater berufe sich nicht auf das Asylrecht nach Art. 16a GG oder auf Gewährung des Flüchtlingsstatus gemäß § 3 AsylVfG, sondern beschränke sich auf Gesichtspunkte gemäß § 4 Abs. 3 AsylVfG. Damit seien die Entscheidungen Nr. 1 und Nr. 2 des angefochtenen Bescheides rechtswidrig, da insoweit keine Feststellungen beantragt worden seien. Der Bescheid sei gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG zu beschränken gewesen. Die Ablehnung der Anträge als „offensichtlich unbegründet“ sei daher gegenstandslos. Der Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes sei nicht als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt worden. Diese Erwägungen würden auch für die Klägerin gelten, die nicht in der Lage sei, ein eigenständiges Leben zu führen.

Die Beklagte übersandte mit Schreiben vom 29. April 2015 die Behördenakte und stellte keinen Antrag.

Mit Beschluss vom 11. Mai 2015 (M 16 S. 15.30525) lehnte das Verwaltungsgericht München die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Eltern und Geschwister der Klägerin ab. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vom Bundesamt getroffenen Entscheidungen.

Ferner lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage mit Beschluss vom 27. Mai 2015 (M 17 S. 15.30717) ab und übertrug den Rechtsstreit (M 17 K 15.30516) mit Beschluss vom 8. Juli 2015 zur Entscheidung auf den Einzelrichter.

Der Bevollmächtigte des Klägers erklärte sich mit Schriftsatz vom 24. Juli 2015 bzw. 6. August 2015 mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gem. § 101 Abs. 2 VwGO einverstanden und führte ergänzend aus, dass sich weder die Klägerin noch ihre Eltern auf politische Motive berufen hätten, die eine Asylgewährung oder die Flüchtlingseigenschaft begründen könnten. Sie wünschten weder Schutz vor politischer Verfolgung oder vor einer Verfolgung im Sinne des § 3 AsylVfG noch vor einer Gefahr im Sinne des § 4 AsylVfG, sondern die Sicherung der aus wirtschaftlichen Gründen bedrohten Existenz der Familie, wobei dies offensichtlich auf einer Verkennung der Zuständigkeiten und der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beruhte. Die unzutreffende Behandlung als Asylantrag habe für die Klägerin die negative Konsequenzen des § 71 Abs. 1 AsylVfG, dass ggf. ein (späterer) Antrag, in dem sich die Klägerin tatsächlich auf asylrelevante Verfolgungsmaßnahmen berufe, davon abhänge, ob das Begehren als beachtlicher Folgeantrag eingestuft werde. Nicht einmal eine Anhörung wäre gemäß § 71 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG zu erwarten. Deshalb seien die Entscheidungen des Bundesamtes, welche sich mit der Ablehnung eines unterstellten Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Asylanerkennung befassen, aufzuheben. Zudem lägen die Voraussetzungen für einen ernsthaften Schaden nach § 4 Abs. 1 AsylVfG nicht vor und seien von der Klägerin nicht geltend gemacht worden, weshalb die vorsorglich hierauf erstreckte Klage in Ziffer II. zurückgenommen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren M 17 S. 15.30517, M 16 K 15.30524 und M 16 S. 15.30525 sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Gründe

1. Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Klagepartei mit Schreiben vom 6. August 2015 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt hat (§ 101 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 24. Juni 2015 generell verzichtet.

2. Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2015 nahm der Klägerbevollmächtigte die Klage hinsichtlich der ursprünglich beantragten Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus zurück. Insoweit war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

3. Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 14. April 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).

Das Gericht folgt der zutreffenden Begründung der Beklagten im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

3.1. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin vorträgt, der Bescheid sei in Nr. 1 und Nr. 2 rechtswidrig, da entsprechende Feststellungen nicht beantragt worden seien, kann ihm nicht gefolgt werden (vgl. VG München, B.v. 11.5.2015 - M 16 S. 15.30525).

Gemäß § 13 Abs. 1 AsylVfG liegt ein Asylantrag vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylVfG droht. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist der Asylantrag bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der für die Aufnahme des Ausländers zuständigen Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist.

Die Klägerin stellte ausweislich der Niederschrift zu einem Asylantrag (Bl. 3 d.BA) am 30. März 2015 bei dem dafür zuständigen Bundesamt, Außenstelle München, einen Asylerstantrag. Dieser wurde unter dem Hinweis „Ich versichere die Richtigkeit meiner Angaben. Die Niederschrift stimmt in allen Punkten mit meinen Angaben überein“ von der Klägerin unter Mitwirkung eines Sprachmittlers eigenhändig unterzeichnet. Mit ihrer Unterschrift bestätigte die Klägerin zuvor am 6. Februar 2015 die von der Regierung von Oberbayern, Aufnahmeeinrichtung … … …, ausgestellte Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (Bl. 16 d.BA) sowie die schriftlichen Belehrungen des Bundesamtes nach § 14 Abs. 1 AsylVfG und § 23 Abs. 2 AsylVfG in deutscher und albanischer Sprache (Bl. 18 ff. d.BA). Die Klägerin gab weder bei diesen Gelegenheiten noch im Rahmen der Belehrungen für Erstantragsteller über ihre Mitwirkungspflichten und Allgemeinen Verfahrenshinweise (Bl. 4 ff. d.BA) oder im Rahmen der Anhörung gemäß § 25 AsylVfG am 13. April 2015 zu erkennen, dass sie - wie ihr Bevollmächtigter erst im Laufe des Klageverfahrens geltend macht - keinen Asylantrag habe stellen wollen. Vielmehr erklärte sie, nachdem sie aufgefordert wurde, ihr Verfolgungsschicksal und die Gründe für ihren Asylantrag zu schildern, nach Deutschland gekommen zu sein, weil sie sich ein besseres Leben vorgestellt habe. Aus dem Umstand allein, dass damit keine Verfolgungsgründe nach Art. 16a Abs. 1 GG bzw. § 3 AsylVfG genannt wurden, kann entgegen der Auffassung der Klagepartei nicht geschlossen werden, dass ein Asylantrag nicht habe gestellt werden sollen. Vielmehr ist bei einem Schutzbegehren im Interesse des schutzbegehrenden Ausländers im Zweifel von einem Asylantrag i.S. des § 13 Abs. 1 AsylVfG auszugehen (vgl. Treiber in GK-AsylVfG, Stand November 2014, § 13 AsylVfG Rn. 63).

Auch wenn der Ausländer später erklärt, von einem früher materiell objektiv betrachtet von ihm gestellten Asylgesuch heute nichts mehr wissen zu wollen und nur noch einen isolierten Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anzustreben, ändert dies nichts daran, dass mit seinem damaligen objektiven Asylgesuch die Weichenstellung ins Asylverfahren bewirkt wurde (Treiber in GK-AsylVfG, Stand November 2014, § 13 AsylVfG Rn. 55). Denn das steht nicht zu seiner freien Disposition. Vielmehr ist es gerade Sinn des § 13 Abs. 1 AsylVfG, denjenigen Schutzsuchenden, der sich materiell auf Asylgründe beruft, zwingend auf das - alle Schutzersuchen und Schutzformen erfassende - Asylverfahren zu verweisen und hiermit ausschließlich das besonders sachkundige Bundesamt zu befassen. Ein „Wahlrecht“ des Ausländers zwischen asylrechtlichem oder ausländerrechtlichem Schutz vor Verfolgung im Heimatland besteht danach nicht; § 13 Abs. 1 AsylVfG ist vielmehr zur Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens sowie auch zum Ausschluss von Verfahrensverzögerungen durch nachgeschaltete Asylanträge geschaffen worden (so - weitgehend wörtlich VG Freiburg, U.v. 24.2.2011 - 4 K 351/10 - juris Rn. 38ff. unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 3.3.2006, NVwZ 2006, 830, m.w.N.; OVG Saarl., B.v. 20.3.2008 - 2 A 33/08 - und v. 1.2.2007 - 2 W 37/06; Treiber, a.a.O., II - § 13 Rn. 52, 55, 60 ff. m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Okt. 2010, Bd. 3, B 2, § 13 Rn. 4 und 6; vgl. auch VGH BW, U.v. 28.5.2008, VBlBW 2008, 389).

3.2. Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigter oder als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Klägerin nicht erkennbar. Vielmehr hat sie sich überwiegend auf wirtschaftliche Gründe, ihre Minderjährigkeit und den Gesundheitszustand ihres Vaters berufen. Dies begründet aber keine Verfolgung im Sinne von Art. 16 a GG oder § 3 AsylVfG. Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Beklagten im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Auch die Voraussetzungen des § 26 AsylVfG liegen zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) nicht vor. Insbesondere ist ein Elternteil der Klägerin weder unanfechtbar als Asylberechtigter anerkannt, noch ist ihm unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt oder der subsidiäre Schutzstatus gewährt. Vielmehr lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 14. April 2015 die Anträge der Eltern und Geschwister der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie die Anträge auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Auch die Eltern und Geschwister der Klägerin wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Kosovo oder in einen anderen aufnahmebereiten oder zur Rückübernahme verpflichteten Staat angedroht. Mit Beschluss vom 11. Mai 2015 (M 16 S. 15.30525) lehnte das Verwaltungsgericht München die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Eltern und Geschwister der Klägerin ab. Da eine qualifizierte Ablehnung als offensichtlich unbegründet auch gegenüber den Stammberechtigten gefallen ist, konnte eine Entscheidung im Sinne von § 30 AsylVfG auch gegenüber der minderjährigen Tochter ergehen, die ihr Verfolgungsschicksal mitunter von demjenigen ihrer Eltern ableitet.

3.3. Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylVfG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Insbesondere kann die Erkrankung ihres Vaters kein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG der Klägerin begründen. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst zwar nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatbezogenes Abschiebungshindernis kann aber gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B.v. 17.8.2011 - 10 B 13/11 u.a - juris; BayVGH, U.v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B.v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A - juris Rn. 56).

Die Erkrankung ihres Vaters kann kein Abschiebungshindernis bei der Klägerin selbst begründen, da eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit individuell für die Klägerin („für diesen Ausländer“ im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG) bestehen muss. Zum anderen bestehen auch keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Eltern oder Geschwister der Klägerin (VG München, B.v. 11.5.2015 - M 16 S. 15.30525). Im Kosovo ist die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet, Wohnraum steht - wenn auch mitunter auf niedrigem Standard - ausreichend zur Verfügung und medizinische Behandlungsmöglichkeiten sind nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 25. November 2014 gegeben.

Auch auf eine etwaige Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen aufgrund ihrer Minderjährigkeit und der Trennung von Familienmitgliedern (Art. 6 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK) könnte sich die Klägerin hier nicht berufen, da dies kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, sondern allenfalls ein im Rahmen von § 60a AufenthG zu prüfendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis wäre, für das sich die Klägerin auf einen Antrag auf Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde verweisen lassen muss und bei der Aufenthaltsbeendigung zu berücksichtigen ist (vgl. § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG; VG München U.v. 5.2.2015 - M 17 K 15.30002; OVG Lüneburg, U.v. 18.5.2010 - 11 LB 186/08 - juris Rn. 47; OVG Berlin-Bbg. B.v. 30.4.2013 - OVG 12 S. 25.13 - juris unter Hinweis auf § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG; BVerwG, U.v. 25.9.1997 - 1 C 6/97 - juris).

4. Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.

5. Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, beruht die Kostenentscheidung auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen (soweit über die Klage entschieden wurde) auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

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Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 30.11.2006 – 2 F 76/06 – wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zu einem Sechstel.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.
Die Kläger sind Angehörige der Volksgruppe der Roma aus dem Kosovo. Die Kläger Ziff. 3 bis 6 sind die leiblichen Kinder der miteinander verheirateten Kläger Ziff. 1 und 2. Die Kläger Ziff. 1 und 2 sind beide im Kosovo geboren, der Kläger Ziff. 1 am 26.12.1962 in Pristina, die Klägerin Ziff. 2 am 03.06.1970 in Prokuplije. Von den (insgesamt sechs) Kindern der Kläger Ziff. 1 und 2 sind die ältesten fünf ebenfalls in Pristina/Kosovo geboren, die beiden ältesten Söhne E. und S., die nicht Kläger in diesem Verfahren sind, am 09.07.1987 und am 16.08.1989, die Klägerin Ziff. 3 am 14.03.1992, der Kläger Ziff. 4 am 13.01.1994 und der Kläger Ziff. 5 am 07.08.1996. Nur die Klägerin Ziff. 6 ist in Deutschland, und zwar am 05.09.2002 in Freiburg geboren.
Die Kläger Ziff. 1 bis 5 sowie die beiden ältesten Söhne der Kläger Ziff. 1 und 2 E. und S. sind im September/Oktober 2001 aus dem Kosovo ausgereist und über Slowenien und Italien am 19.11.2001 ohne gültige Reisepässe und Visa ins Bundesgebiet eingereist. Bei seiner Vernehmung durch den Bundesgrenzschutz (wegen unerlaubter Einreise) gab der Kläger Ziff. 1 laut Protokoll vom 19.11.2001 u. a. an:
„… Ich will mit meiner Familie in Deutschland bleiben, weil ich mit ihnen nicht im Kosovo leben kann. Die Albaner dort wollen uns Roma nicht. Man hat zu mir in Kosovo Polje gesagt, ich solle Asyl sagen, dann kann ich da bleiben. Ich weiß nicht, was Asyl bedeutet. Das ist alles, was ich sagen kann.“
In der Folgezeit erhielten die Kläger entsprechend einem Erlass des Innenministeriums jeweils Duldungen. Mit Schreiben vom 27.08.2002 kündigte die Beklagte an, den Klägern die Abschiebung in ihre Heimat anzudrohen. Darauf antwortete der Kläger Ziff. 1 mit Schreiben vom 08.09.2002. Darin führte er u. a. aus:
„Wir, meine Frau M. und meine 5 Kinder E., S., E., E. und E., sind im November 2001 nach Deutschland geflohen. … Während der Bombardierung sind wir in Pristina geblieben, jedoch als die Albaner zurückkamen, haben sie uns mit Waffengewalt aus dem Haus vertrieben. Sie haben uns gedroht, dass sie uns umbringen würden, wenn wir nicht freiwillig gingen. … Meine Kinder sind vor dem Krieg in die serbische Schule gegangen. Wir haben große Angst, dass die Albaner uns verdächtigen, mit den Serben zusammengearbeitet zu haben, und uns bei einer Rückkehr umbringen würden. Später habe ich erfahren, dass mein Haus abgerissen worden ist. Ich habe keinen Platz mehr, wohin ich und meine Familie zurückkehren könnten. Der Hass der Albaner gegen uns Roma ist so groß, dass ich um unser Leben fürchte, wenn wir in den Kosovo zurückkehren. … Solange es keinen Frieden zwischen den Albanern und den Roma gibt, sehen wir keine Möglichkeit, in Sicherheit in den Kosovo zurückzukehren.“
Mit Bescheid vom 17.02.2003 forderte die Beklagte die Kläger und die beiden ältesten Söhne der Kläger Ziff. 1 und 2, E. und S., zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheids auf und drohte ihnen im Fall der nicht fristgemäßen Ausreise die Abschiebung nach Jugoslawien (Serbien und Montenegro einschließlich des Kosovo) an. Der Widerspruch der Kläger gegen diesen Bescheid, der im Wesentlich damit begründet wurde, dass der Kläger Ziff. 1 bei einem Verkehrsunfall einen komplizierten Oberschenkelbruch erlitten habe, der noch intensiver Behandlung bedürfe, wurde vom Regierungspräsidium Freiburg mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2004 zurückgewiesen. Auch in der Folgezeit wurde der Aufenthalt der Kläger und der beiden ältesten Söhne der Kläger Ziff. 1 und 2, E. und S., weiterhin geduldet.
Aus einem ärztlichen Attest vom 16.09.2004 geht hervor, dass der Kläger Ziff. 1 seit März 2004 an einem Diabetes mellitus Typ II leidet.
Aus einem ärztlichen Attest vom 05.04.2005 geht hervor, dass der Kläger Ziff. 1 außer an einem Diabetes mellitus Typ II an einer koronaren Herzkrankheit mit Rhythmusstörungen, an chron. posttraumatischer Coxarthrose re. und an chron. rez. Migräneanfällen leidet. Aus einem weiteren ärztlichen Attest vom 04.05.2005 geht hervor, das die Klägerin Ziff. 2 an pectanginösen Beschwerden bei koronarer Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen, an chron. Cephalgien und an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Die Erkrankungen bedürften einer kontinuierlichen komplexen ärztlichen und psychotherapeutischen Betreuung. Für den Kläger Ziff. 4 wurde durch ärztliches Attest vom 02.05.2005 eine kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen mit aggressivem Verhalten und sozialen Ängsten und Trennungsängsten, eine Posttraumatische Belastungsstörung nach Krieg und Flucht und Intelligenz im Bereich der Lernbehinderung diagnostiziert.
10 
Unter Hinweis auf die zuvor geschilderten Krankheiten und die allgemeine Gefährdung von Roma im Kosovo durch Übergriffe der albanischen Bevölkerungsmehrheit stellten die Kläger durch ihren damaligen Rechtsanwalt am 09.06.2005 einen Antrag auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
11 
Am 26.10.2005 wurden die Kläger Ziff. 1 und 2 amtsärztlich untersucht. Das Gesundheitsamt teilte mit zwei Schreiben vom 26.10.2005 mit: Die Klägerin Ziff. 2 sei reise- und transportfähig. Die bisherige Medikation, bestehend aus Betarezeptorenblocker, derzeit als Substanz Metoprolol, und ein chemisch definiertes Analgetikum, z. B. Diclofenac, sollten für sie im Heimatland zugänglich sein. Der Kläger Ziff. 1 leide an Diabetes mellitus (Typ II b, d. h. medikamentös oral eingestellter Diabetes mellitus) und an Bluthochdruck, eine koronare Herzkrankheit könne nicht sicher ausgeschlossen werden. Des Weiteren klage er über chronisch rezidivierende Migräneanfälle (3-4 mal pro Monat). Zusätzlich bestünden zeitweilig gastritische Beschwerden. Es bestehe derzeit kein Zweifel, dass der Kläger Ziff. 1 reise- bzw. transportfähig sei. Eine ausreichende und adäquate medikamentöse Versorgung sollte jedoch sichergestellt sein.
12 
In einem ärztlichen Attest vom 13.03.2006 wird bescheinigt: Der Kläger Ziff. 1 leide an multiplen Erkrankungen: metabolisches Syndrom mit Adipositas, Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus und nun auch zusätzlich art. Hypertonie. Aufgrund der Komplexität des Krankheitsgeschehens bedürfe er regelmäßiger ärztlicher Betreuung vor Ort, er sei nicht reisefähig.
13 
Mit Schreiben vom 22.02.2006 teilte das Gesundheitsamt mit: Bei dem Kläger Ziff. 4 liege eine kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen mit Trennungsängsten, Beziehungsängsten und oppositionell-verweigerndem und aggressivem Verhalten vor. Er benötige dringend kinderpsychiatrische Behandlung, um seine traumatischen Erlebnisse aufzuarbeiten und seine Ängste abzubauen. Eine Rückführung in den Kosovo sei derzeit nicht indiziert. Mit Schreiben vom 06.12.2006 teilte das Gesundheitsamt mit: Bei dem Kläger Ziff. 4 sei im vergangenen Jahr keine psychotherapeutische Behandlung erfolgt. Deshalb sei er reise- bzw. transportfähig. Möglicherweise könne er in seinem im Aufbau begriffenen Heimatland eher einen Platz für seine weitere Entwicklung finden als im Schulsystem hier.
14 
Mit Schreiben vom 18.01.2007 kündigte die Beklagte an, die beantragten Aufenthaltserlaubnisse zu versagen. Darauf erwiderten die Kläger mit Schreiben ihrer damaligen Rechtsanwältin vom 17.09.2007 und begründen unter Hinweis auf neuere Stellungnahmen der Universitätsklinik Freiburg und einen Bericht der schweizerischen Flüchtlingshilfe ihren Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Außerdem lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG vor.
15 
In einer fachinternistischen Stellungnahme vom 15.05.2007 bestätigte die Universität Freiburg für den Kläger Ziff. 1 die zuvor gestellten Diagnosen und erläuterte die daraus folgende Gefahr von Folgeerkrankungen.
16 
In einer ärztlichen Bescheinigung vom 03.09.2007 wurde bei der Klägerin Ziff. 6 eine Lungentuberkulose festgestellt. Laut einer ergänzenden Bescheinigung vom 19.10.2007 dauere die Behandlung voraussichtlich bis Februar 2008.
17 
Mit Bescheid vom 29.10.2007 versagte die Beklagte die von den Klägern und den beiden ältesten Söhnen der Kläger Ziff. 1 und 2, E. und S., beantragten Aufenthaltserlaubnisse. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus: Nach derzeitiger Erlasslage werde der Aufenthalt von Roma aus dem Kosovo zwar weiterhin geduldet. Dennoch könnten Roma jederzeit freiwillig zurückkehren. Die von den Klägern Ziff. 1, 2, 4 und 6 geltend gemachten Krankheiten seien nicht inlands- sondern auslandsbezogene Ausreisehindernisse. Die amtsärztlichen und die Stellungnahmen der Universitätsklinik Freiburg sprächen nicht gegen die Reisefähigkeit der Kläger Ziff. 1, 2, 4 und 6. Im Fall des Klägers Ziff. 4 vertrete das Gesundheitsamt die Auffassung, dass eine Rückkehr in sein Heimatland sogar vorteilhaft für ihn sei. Auch der fehlende Besitz von Reisedokumenten stelle mangels konkreter Bemühungen um die Beschaffung solcher Dokumente kein unverschuldetes Ausreisehindernis dar. Außerdem bezögen alle Mitglieder der Familie der Kläger vollumfänglich Sozialhilfe. Bemühungen zur Aufnahme einer zum Lebensunterhalt beitragenden Erwerbstätigkeit habe niemand von ihnen entfaltet. Damit lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG nicht vor. Bei den weiteren vorgebrachten Gründen handle es sich allenfalls um auslandsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 AufenthG. Da niemand aus der Familie der Kläger einen Asylantrag gestellt oder die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG beantragt habe, könnten Umstände im Herkunftsland nicht berücksichtigt werden. Ein Antrag an die Härtefallkommission nach § 23a AufenthG sei nicht gestellt worden und für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG erfüllten die Kläger nicht die zeitlichen Fristen.
18 
Am 30.11.2007 erhoben die Kläger gegen den Bescheid vom 29.10.2007 Widerspruch. Zur Begründung führten sie aus: Ihnen sei schon aus finanziellen Gründen nicht möglich, für sämtliche Familienangehörige einen Antrag auf Ausstellung eines serbischen Reisepasses zu stellen. Ein vom Kläger Ziff. 1 insoweit gestellter Antrag auf Kostenübernahme sei vom Sozialamt abgelehnt worden. Die gesundheitliche Situation der Kläger Ziff.1, 2, 4 und 6 lasse eine freiwillige Ausreise in den Kosovo nicht zu. Es treffe nicht zu, dass die Beklagte keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu prüfen habe. Vielmehr habe sie insoweit die Stellungnahme des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge einzuholen. Hilfsweise werde ein Antrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG gestellt. Außerdem übten die Kläger Ziff. 1 und 2 im Rahmen ihrer gesundheitlichen Möglichkeiten durchaus Tätigkeiten für das Sozialamt aus. Abgesehen davon könne die Beklagte von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach Ermessen absehen. Für die Kläger Ziff. 1, 2 und 4 sei eine Rückkehr in den Kosovo wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht möglich. Die Blutzuckerwerte des Klägers Ziff. 1 seien weiter instabil, die Insulingabe müsse weiter gesteigert werden. Im Kosovo sei das Insulin für ihn nicht sicher verfügbar, auch könne er die Mittel dafür nicht aufbringen. Außerdem reichten die medizinischen Kapazitäten im Kosovo nicht aus, um die psychischen Erkrankungen der Kläger Ziff. 2 und 4 sachgerecht zu behandeln.
19 
Auf eine Anfrage der Beklagten teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - mit Schreiben vom 23.06.2009 mit: Bei dem Schutzbegehren der Familie der Kläger im Schreiben vom 08.09.2002 handle es sich um einen Asylantrag im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG. Dass sie bisher keinen Antrag „im engeren Sinne“ beim Bundesamt gestellt hätten und auch die Ausländerbehörde den Antrag vom 08.09.2002 nicht dem Bundesamt zugeleitet habe, ändere daran nichts. In einem solchen Fall sei der betreffende Ausländer, der sich materiell auf Asylgründe berufe, auf des Asylverfahren zu verweisen. Es gebe für ihn nicht die Möglichkeit, zwischen asylrechtlichem und ausländerrechtlichem Schutz zu wählen. Ein Beteiligungsverfahren nach § 72 Abs. 2 AsylVfG sei hiernach nicht eröffnet. Auch sei die Ausländerbehörde in einem solchen Fall nicht zur Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG berufen.
20 
Mit Schreiben vom 09.07.2009 teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Kläger den Inhalt des Schreibens des Bundesamts vom 23.06.2009 mit und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schreiben vom 24.07.2009 teilte der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit: Die Familie der Kläger habe aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit und des Bürgerkriegs im Jahr 1999 keine andere Möglichkeit gesehen, als nach Deutschland zu kommen. Wie viele Angehörige ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo habe sie sich entschlossen, keinen Asylantrag zu stellen. Demnach sei das Verfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 25 Abs. 3 und 72 Abs. 2 AufenthG hier eröffnet.
21 
Mit Bescheid vom 28.08.2009 lehnte die Beklagte die Feststellung eines auslandsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG für die Kläger Ziff. 1, 2 und 4 aus den Gründen des Schreiben des Bundesamts vom 23.06.2009 ab. Am 15.09.2009 erhoben die Kläger Ziff.1, 2 und 4 dagegen Widerspruch. Zur Begründung trugen sie vor: Es gehe ihnen nur um die Überprüfung, ob bei dem Kläger Ziff. 1 ein auslandsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliege. Alle anderen früher, möglicherweise im Rahmen anderer Verfahren vorgebrachten Gründe spielten hier keine Rolle. Ihr Schreiben vom 08.09.2002 sei deshalb hier irrelevant. Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme bestehe bei dem Kläger Ziff. 1 ein Abschiebungsverbot, da die von ihm benötigten Insulinpräparate im Kosovo nicht sicher zur Verfügung stünden und er diese nicht finanzieren könne.
22 
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2010 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch der Familie der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 28.08.2009 aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück.
23 
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2010 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch der Familie der Kläger gegen den Bescheid der Beklagte vom 31.10.2007 (gemeint ist wohl der Bescheid vom 29.10.2007) aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück.
24 
Am 03.03.2010 haben die Kläger Klage erhoben. Zu deren Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Es sei weiterhin so, dass die vom Kläger Ziff. 1 benötigten Medikamente im Kosovo in keinem Fall zuverlässig erhältlich seien und dass sie diese Medikamente vor allem nicht bezahlen könnten. Gegenteilige Auskünfte seien unzutreffend. Die Einstellung des Diabetes beim Kläger Ziff. 1 sei wegen stark schwankender Blutzuckerwerte sehr schwierig. Eine regelmäßige Anpassung und eine engmaschige Therapieüberprüfung seien erforderlich. Sein Gesundheitszustand verschlechtere sich zunehmend. Eine Unterbrechung der Therapie wäre lebensbedrohend. Auch die Klägerin Ziff. 2 benötige aufgrund der bekannten Erkrankungen viele Medikamente. Die vielen erforderlichen Behandlungen und Kontrolluntersuchen seien im Kosovo nicht gewährleistet. Entgegen den Auskünften des deutschen Verbindungsbüros seien die benötigten Medikamente Actrapid und Actraphane nicht überall und nicht regelmäßig erhältlich. Der Sozialhilfesatz im Kosovo reiche kaum zum Leben, in keinem Fall aber zum Kauf der für die Kläger Ziff. 1 und 2 erforderlichen Medikamente. Bei der Gesundheitsversorgung komme es immer wieder zu gravierenden Benachteiligungen ethnischer Minderheiten. Dementsprechend liege beim Kläger Ziff. 1 ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG und damit ein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG vor. Abgeleitet vom Kläger Ziff. 1 ergebe sich auch für die Kläger Ziff. 2 bis 6 ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus § 25 Abs. 5 AufenthG und Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG. Trotz seiner Erkrankung habe der Kläger Ziff. 1 zumindest vorübergehend gearbeitet. Erst vor drei Monaten sei sein Arbeitsverhältnis wegen fehlender Aufträge, aber auch wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen gekündigt worden. Darüber hinaus befänden sich die Kläger bereits seit zehn Jahren in Deutschland, die Klägerin Ziff. 6 sei sogar hier geboren. Die schulpflichtigen Kinder besuchten allesamt die Schule und seien in die deutschen Lebensverhältnisse integriert.
25 
Die Kläger beantragen,
26 
den Bescheid der Beklagten vom 29.10.2007 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 23.02.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Ziff. 1 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG zu erteilen und die Anträge der Kläger Ziff. 2 bis 6 auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
27 
Die Beklagte beantragt,
28 
die Klagen abzuweisen.
29 
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die Gründe der angefochtenen Bescheide. Ergänzend trägt sie vor: Den Klägern könne eine Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 25 Abs. 5 AufenthG nicht erteilt werden. Aus tatsächlichen Gründen seien sie nicht unverschuldet an einer Ausreise gehindert. Das gelte auch im Hinblick auf rechtliche Ausreisehindernisse. Nach Auffassung des Gesundheitsamts begründeten die Erkrankungen der Kläger keine Reiseunfähigkeit. Soweit die Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG begehrten, seien sie zur vorherigen Feststellung eines auslandsbezogenen Abschiebungsverbot auf das Asylverfahren zu verweisen.
30 
Der Beigeladene hat keinen förmlichen Antrag gestellt.
31 
In einer schriftlichen Stellungnahme führt der Beigeladene aus: Eine Posttraumatische Belastungsstörung, unter der die Klägerin Ziff. 2 angeblich leide, sei im Kosovo behandelbar. Insbesondere Rückkehrer aus Deutschland könnten im Rahmen des Projekts „URA II“ Hilfs- und Unterstützungsleistungen annehmen. Dazu gehöre auch eine professionelle Behandlung durch in Deutschland zu Trauma-Spezialisten geschulte Psychologen. Auch die von den Klägern geschilderten sonstigen Erkrankungen seien im Kosovo behandelbar. Die erforderlichen Medikamente seien dort - im Fall des Empfangs von Sozialleistungen oder einer chronischen Erkrankung sogar kostenfrei - erhältlich. Da der Aufenthalt der Kläger in Deutschland nie legalisiert worden sei, komme die Annahme einer Verwurzelung bei ihnen nicht in Betracht. Sie hätten deshalb nie auf einen Daueraufenthalt in Deutschland vertrauen können. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger sich nicht wieder in die Lebensverhältnisse im Kosovo integrieren könnten.
32 
Der Kammer liegen die Akten der Beklagten über die ausländerrechtlichen Angelegenheiten der Kläger (9 Hefte) und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Freiburg (1 Heft) vor. Der Inhalt dieser Akten und der Gerichtsakten - 4 K 351/10 und 4 K 262/10 - war Gegenstand der mündlichen Verhandlung; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.
33 
Die Klage des Klägers Ziff. 1 - 4 K 262/10 - gegen den Bescheid der Beklagten vom 28.08.2009 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 09.02.2009 wurde zurückgenommen.
34 
Mit Beschluss vom 25.08.2010 - 11 S 1836/10 - hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Klägern - unter Änderung des Beschlusses der Kammer vom 14.07.2010 (in diesem Verfahren) - Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bewilligt und ihren Rechtsanwalt beigeordnet.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die Klagen sind zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29.10.2007 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 23.02.2010 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger deshalb nicht in ihren Rechten. Weder hat der Kläger Ziff. 1 einen Anspruch auf Erteilung der von ihm begehrten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG oder darauf, dass die Beklagte seinen dahingehenden Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bescheidet, (I.) noch haben die Kläger Ziff. 2 bis 6 einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihre Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bescheidet (II.).
I.
36 
Der Kläger Ziff. 1 macht einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG geltend. Nach Satz 1 dieser Vorschrift soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegt. Der Kläger Ziff. 1 behauptet, er könne nicht in seine Heimat, den Kosovo, zurückkehren, weil seine Krankheit (vor allem Diabetes mellitus Typ II) dort nicht behandelbar sei, insbesondere die erforderlichen Medikamente nicht zuverlässig erhältlich seien, die erforderlichen ärztlichen Kontrolluntersuchungen dort nicht durchführbar seien und er die Kosten dieser Behandlungen und der Medikamente nicht aufbringen könne und weil ihm deshalb eine Verschlimmerung seiner Krankheit sowie das Auftreten gravierender Folgeerkrankungen drohe. Damit macht er - unstreitig - ein auslandsbezogenes Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (erhebliche Gefahr für Leib oder Leben) geltend.
37 
Ob dieser Anspruch des Klägers Ziff. 1 bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil die Beklagte mit Bescheid vom 28.08.2009 bereits festgestellt hat, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht vorliegt, und weil dieser Bescheid durch Rücknahme der dagegen gerichteten Klage - 4 K 262/10 - durch den Kläger Ziff. 1 bestandskräftig geworden sein könnte, oder ob dieser Bescheid der Beklagten vom 28.08.2009 nach Maßgabe von § 44 Abs. 1 LVwVfG wegen offensichtlich fehlender Zuständigkeit (Verbandskompetenz) der Beklagten für den Erlass eines solchen Verwaltungsakts (vgl. hierzu Beschluss der Kammer vom 14.07.2010 - 4 K 262/10 - m.w.N. ) nichtig ist ( vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 44 RdNr. 14 m.w.N. ) und deshalb keine Wirkung entfaltet (hat), kann hier dahingestellt bleiben. Denn bei dem Kläger Ziff. 1 liegen, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG auch aus anderen Gründen nicht vor.
38 
Im speziellen Fall des Klägers Ziff. 1 ist die Beklagte als allgemeine Ausländerbehörde für die Feststellung eines vom Kläger Ziff. 1 geltend gemachten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG (als Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG) nicht zuständig. Denn der Kläger Ziff. 1 hat bereits vor längerer Zeit, mit einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 08.09.2002, der Sache nach um Asyl nachgesucht und damit die alleinige Zuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher: Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) - Bundesamt - begründet. In diesem Schreiben hat er deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er und seine Familie den Kosovo aus Angst vor Übergriffen durch die albanische Bevölkerungsmehrheit verlassen hätten. Die Albaner hätten sie mit Waffengewalt aus ihrem Haus vertrieben und gedroht, dass sie sie umbringen würden; im Fall einer Rückkehr fürchte er um sein Leben und das seiner Familienangehörigen und er sehe keine Möglichkeit, in Sicherheit in den Kosovo zurückzukehren.
39 
Mit diesem Vortrag hat der Kläger Ziff. 1 einen materiellen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylVfG gestellt. Nach dieser Vorschrift (in seiner aktuell geltenden Fassung) liegt ein Asylantrag vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm die in § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes bezeichneten Gefahren drohen. In der im Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens vom 08.09.2002 geltenden Fassung waren in § 13 Abs. 1 AsylVfG lediglich die Worte „§ 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes“ durch „§ 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes“ ersetzt. Ob für die Qualifizierung des Schutzbegehrens im Schreiben des Klägers Ziff. 1 vom 08.09.2002 als Asylantrag auf die aktuelle oder die frühere Fassung abzustellen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Sollte es auf die aktuelle Fassung ankommen, wofür der Umstand sprechen könnte, dass in einem aufgrund dieses Antrags durchzuführenden Asylverfahren die aktuelle Rechtslage maßgeblich wäre ( vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG ), dann wäre die vom Kläger Ziff. 1 geschilderte Bedrohung durch die albanische Bevölkerungsmehrheit im Kosovo ( „… als die Albaner zurückkamen, haben sie uns mit Waffengewalt aus dem Haus vertrieben. Sie haben uns gedroht, dass sie uns umbringen würden, wenn wir nicht freiwillig gingen. … Wir haben große Angst, dass die Albaner … uns bei einer Rückkehr umbringen würden. … Der Hass der Albaner gegen uns Roma ist so groß, dass ich um unser Leben fürchte, wenn wir in den Kosovo zurückkehren. …“ ) eine Verfolgung im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c) AufenthG in Form einer dem Staat aufgrund fehlender Schutzbereitschaft bzw. Schutzfähigkeit zuzurechnenden Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure. Im Ergebnis würde aber nichts anderes gelten, wenn es auf die im September 2002 geltende Rechtslage ankäme, denn auch damals waren Verfolgungshandlungen Dritter, hier der albanischen Bevölkerungsmehrheit, als so genannte mittelbare staatliche Verfolgung asylrechtlich relevant, wenn der Heimatstaat nicht willens oder nicht fähig war, dem Betroffenen den erforderlichen Schutz zu gewähren ( vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991, NVwZ 1992, 578, m.w.N.; Schenk, Asylrecht und Asylverfahrensrecht, 1. Aufl. 1993, RdNrn. 57 ff. ). Damit ist das Schreiben des Klägers Ziff. 1 an die Beklagte vom 08.09.2002 als materielles Asylgesuch, also als Asylantrag im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG, zu qualifizieren (zur Auslegung von Willensäußerungen als Asylantrag siehe Treiber, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Stand: Juni 2010, Bd. 2, II - § 13 RdNrn. 18 ff., insbes. 35.2, 39 und 42).
40 
An der Qualifizierung dieses vom Kläger Ziff. 1 geäußerten Verfolgungsschutzbegehrens als Asylantrag im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG ändert sich nichts dadurch, dass der Kläger Ziff. 1 dies selbst nicht als Asylantrag, der zur Durchführung eines Asylverfahrens führt, verstanden haben wollte. Denn das steht nicht zu seiner freien Disposition. Vielmehr ist es gerade Sinn des § 13 Abs. 1 AsylVfG, denjenigen Schutzsuchenden, der sich materiell auf Asylgründe beruft, zwingend auf das - alle Schutzersuchen und Schutzformen erfassende - Asylverfahren zu verweisen und hiermit ausschließlich das besonders sachkundige Bundesamt zu befassen. Ein „Wahlrecht“ des Ausländers zwischen asylrechtlichem oder ausländerrechtlichem Schutz vor Verfolgung im Heimatland besteht danach nicht; § 13 Abs. 1 AsylVfG ist vielmehr zur Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens sowie auch zum Ausschluss von Verfahrensverzögerungen durch nachgeschaltete Asylanträge geschaffen worden (so - weitgehend wörtlich - BVerwG, Beschluss vom 03.03.2006, NVwZ 2006, 830, m.w.N.; OVG Saarl., Beschlüsse vom 20.03.2008 - 2 A 33/08 - und vom 01.02.20007 - 2 W 37/06 -; Treiber, a.a.O., II - § 13 RdNrn. 52, 55, 60 ff,. m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Okt. 2010, Bd. 3, B 2, § 13 RdNrn. 4 und 6; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.05.2008, VBlBW 2008, 389 ).
41 
Auch der Umstand, dass der Kläger Ziff. 1 heute nur noch krankheitsbedingte auslandsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geltend macht und von seinem Asylgesuch heute nichts mehr wissen will, ändert nichts daran, dass er früher tatsächlich einen Asylantrag (im materiellen Sinne) gestellt hat. Mit der Geltendmachung eines Asylgesuchs im Schreiben vom 08.09.2002 hat der Kläger Ziff. 1 - unabhängig davon, ob er die damit verbundenen Rechtsfolgen jemals gewollt hat - die Weichenstellung ins Asylverfahren bewirkt mit der Folge, dass für alle in diesem Verfahren zu treffenden Entscheidungen - dazu gehören auch Feststellungen zu sämtlichen Abschiebungsverboten nach § 60 AufenthG - künftig ausschließlich das Bundesamt und nicht mehr die Beklagte als allgemeine Ausländerbehörde zuständig ist (vgl. § 24 Abs. 2 AsylVfG ). Eine Ausnahme davon ist nur für Maßnahmen zur Durchsetzung der aufgrund von § 67 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG eingetretenen Ausreisepflicht im Zeitraum zwischen der Stellung eines materiellen Asylantrags im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG und eines förmlichen Asylantrags im Sinne von § 14 Abs. 1 und 2 AsylVfG anerkannt worden(vgl. BVerwG, Urteil vom 03.12.1997, NVwZ-RR 1998, 264; Hailbronner, a.a.O., § 13 RdNr. 8 ). Für andere als aufenthaltsbeendende Maßnahmen, insbesondere für solche zur Verfestigung oder Legalisierung des Aufenthalts, gilt diese Ausnahme nicht; insoweit bleibt es für einen Asylbewerber ( im Sinne des § 13 AsylVfG ) bei der alleinigen Zuständigkeit des Bundesamts nach § 24 Abs. 2 AsylVfG für alle asylrechtlichen Entscheidungen, insbesondere auch für alle Entscheidungen nach § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG.
42 
Von seinem mit Schreiben vom 08.09.2009 vorgebrachten Asylgesuch kann der Kläger Ziff. 1 nachträglich nicht wieder abrücken ( vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 20.03.2008, a.a.O.; Hailbronner, a.a.O., § 13 RdNr. 4, m.w.N. ). Das lässt sich auch bereits dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.03.2006 (a.a.O.) entnehmen, wenn dort einerseits ausgeführt ist, „die Anträge der Kläger ( in jenem Verfahren ) waren danach bereits im Verwaltungsverfahren … materiell als Asylbegehren im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylVfG zu qualifizieren“, und daraus andererseits gefolgert wird, „dann aber hätte die Beklagte (eine allgemeine Ausländerbehörde ) über die Anträge auf Duldung nicht mehr unter dem Gesichtspunkt auslandsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 2 bis 6 AuslG (jetzt: § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG ) entscheiden dürfen.“
43 
Eine andere Auffassung hätte zur Folge, dass dem betreffenden Ausländer nachträglich, wenn er die mit einem Asylverfahren zwingend einhergehenden Folgen, zum Beispiel die damit verbundene Wohnsitzverpflichtung, nicht (mehr) tragen will, doch wieder ein Wahlrecht eingeräumt würde, das ihm aber ausdrücklich gerade nicht zusteht ( vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.03.2006, a.a.O. ). Dem Ausländer, der sich zur Stellung eines Asylantrags ( im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG ) entschlossen hat, wird wegen seines von seinem freien Willen getragenen Entschlusses, um Asyl nachzusuchen, damit auch nichts aufgedrängt. Wenn er den Schutz von Art. 16a GG oder § 60 Abs. 1 AufenthG (früher: § 51 Abs. 1 AuslG ) nicht mehr in Anspruch nehmen will oder einen dahingehenden Anspruch für aussichtslos hält und wenn er sich stattdessen allein auf die Geltendmachung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG beschränken will, kann er seinen Asylantrag jederzeit wieder zurücknehmen, ohne dadurch seinen Anspruch auf Entscheidung über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG durch die dafür sachkundigere Behörde, das Bundesamt, zu verlieren (siehe § 32 AsylVfG ).
44 
Hinzu kommt, dass es dem Ausländer im Fall eines (für zulässigen gehaltenen) späteren Abrückens von seinem Asylgesuch dann möglich wäre, jederzeit vom allgemeinen ausländerrechtlichen Verfahren ins Asylverfahren zu wechseln, indem er sein bislang (bloß) materielles Asylgesuch förmlich ( gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ) beim Bundesamt stellt. Damit könnte der Ausländer u. a. jederzeit einer (evtl. auf dem Aufenthaltsgesetz beruhenden) vollziehbaren Ausreisepflicht entgehen und die asylrechtliche gesetzliche Aufenthaltsgestattung nach § 67 Abs. 2 AsylVfG wieder aufleben lassen und zwar grundsätzlich selbst dann, wenn diese wegen verspäteter Stellung eines förmlichen Asylantrags (im Sinne von § 14 AsylVfG ) nach § 67 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG inzwischen bereits erloschen war (vgl. Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Stand: Juni 2010, Bd. 3, II - § 67 RdNr. 15, und Bd. 2., II - § 34 RdNr. 13 a. E. ). Damit spricht gerade auch § 67 Abs. 2 AsylVfG, wonach ein materielles Asylgesuch unabhängig davon, ob der Asylbewerber später einen förmlichen Asylantrag stellt bzw. noch stellen will, (schwebend) wirksam bleibt, für die (hier vertretene) Auffassung, dass ein Asylbewerber sich von einem einmal vorgebrachten Asylgesuch nicht mehr lösen kann.
45 
Auf der anderen Seite kann dem Gesetz aber auch nicht entnommen werden, es solle wirklich allein Sache des Asylbewerbers sein zu entscheiden, ob er nach einem materiellen Asylgesuch auch einen förmlichen Asylantrag stellen und sich damit ins Asylverfahren begeben will. Denn aus § 14 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ergibt sich, dass auch die Ausländerbehörde die Stellung eines förmlichen Asylantrags bewirken kann (und sogar muss). Auch daraus folgt, dass es nicht allein auf den Willen des Asylbewerbers ankommen kann, ob er an seinem ursprünglichen Asylgesuch festhalten und ihn (doch noch) als förmlichen Asylantrag stellen will oder ob er nichts mehr von ihm wissen will.
46 
Die in den vorstehenden Absätzen dargelegten Überlegungen sprechen auch gegen die im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 25.08.2010 - 11 S 1836/10 - erwähnte, in der Kommentarliteratur - angeblich - vertretene Auffassung ( zu der der VGH Bad.-Württ. in dem zitierten Beschluss allerdings nicht definitiv Stellung bezieht ), die allgemeine Ausländerbehörde werde für die Prüfung auslandsbezogener Abschiebungsverbote dann zuständig, wenn dem materiellen Asylgesuch nach § 13 AsylVfG nicht innerhalb von zwei Wochen ein formeller Antrag nach § 14 AsylVfG folge. Diese Zwei-Wochen-Frist hat ihren rechtlichen Anknüpfungspunkt allein in § 67 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG, einer Vorschrift über die (gesetzliche) Dauer der Aufenthaltsgestattung. Diese Vorschrift gibt jedoch nichts her für die Beantwortung der Frage, wie lange und unter welchen Voraussetzungen ein (einmal vorgebrachtes) materielles Asylgesuch ( im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylVfG ) künftig weiterhin Wirkung erzeugt. Im Gegenteil zeigt § 67 Abs. 2 AsylVfG, dass ein materielles Asylgesuchs ungeachtet unterlassener Stellung eines förmlichen Asylantrags fortbesteht (siehe oben ). Der hier vertretenen Auffassung steht auch die Kommentierung von Funke-Kaiser ( a.a.O., Bd. 2, II - § 34 RdNr. 13 ) nicht entgegen. Dort ist ( im Einklang mit BVerwG, Beschlüsse vom 03.03.2006 und vom 03.12.1997, jew. a.a.O.; ebenso Hailbronner, a.a.O., § 13 RdNr. 8 ) lediglich die Rede von der Zuständigkeit der allgemeinen Ausländerbehörde für Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht, die u. a. auch die Prüfung von auslandsbezogenen Abschiebungsverboten erfordern kann, im Zeitraum zwischen der Stellung eines materiellen Asylantrags im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG und eines förmlichen Asylantrags im Sinne von § 14 Abs. 1 und 2 AsylVfG. Aus dieser Kommentierung geht, wie oben ausgeführt, nicht hervor, dass die allgemeinen Ausländerbehörden in diesem Zeitraum auch für Entscheidungen zuständig seien, die in einem Asylverfahren grundsätzlich dem Bundesamt obliegen, wenn es nicht um die Beendigung des Aufenthalts eines um Asyl nachsuchenden Ausländers, wie dem Kläger Ziff. 1 ( siehe oben ), geht, sondern um statusbegründende, das heißt aufenthaltsverfestigende, Entscheidungen, wie das für die mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG verbundene Feststellung von (auslandsbezogenen) Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG der Fall ist.
47 
Damit ist es der Beklagten verwehrt, eine Entscheidung über das Vorliegen von auslandsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wie sie vom Kläger Ziff. 1 in diesem Verfahren allein geltend gemacht werden, zu treffen. Das im Schreiben des Klägers Ziff. 1 vom 08.09.2002 vorgebrachte materielle Asylgesuch hat vielmehr zur Folge, dass für eine solche Entscheidung gemäß § 24 Abs. 2 AsylVfG allein das Bundesamt zuständig ist (siehe auch §§ 31 Abs. 3, 32 AsylVfG ). Eine solche Entscheidung hätte dann auch im Rahmen einer Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG Bindungswirkung für die allgemeine Ausländerbehörde (siehe § 42 AsylVfG ).
48 
Ob der von dem Kläger Ziff. 1 im Schreiben vom 08.09.2002 gestellte Asylantrag inzwischen bereits beim Bundesamt anhängig ist und dort zu einem Verfahren im Sinne der §§ 23 ff. AsylVfG geführt hat bzw. hätte führen müssen, wofür angesichts des Umstands, dass das Schreiben vom 08.09.2002 dem Bundesamt, wie sich aus dem Schreiben des Bundesamts vom 23.06.2009 ergibt, nachweislich zugeleitet wurde ( vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ), einiges spricht, und ob deshalb auch § 10 Abs. 1 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Kläger Ziff. 1 entgegensteht, kann in diesem Verfahren dahingestellt bleiben. In jedem Fall besteht sowohl für den Kläger Ziff. 1 die Möglichkeit, sein Asylgesuch gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG beim Bundesamt förmlich als Asylantrag zu stellen, als auch für die Beklagte die Pflicht (zur insoweit bestehenden Verpflichtung der Ausländerbehörde vgl. Hailbronner, a.a.O., § 14 RdNr. 15; Funke-Kaiser, a.a.O., Bd. 2, II - § 14 RdNr. 37 ), das Schreiben des Klägers Ziff. 1 vom 08.09.2002 gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG in aller Form an das Bundesamt weiterzuleiten und damit auf Durchführung eines förmlichen Asylverfahrens, in welchem auch über das Vorliegen auslandsbezogener Abschiebungsverbote entschieden wird, hinzuwirken.
II.
49 
Die Kläger Ziff. 2 bis 6 machen (allein) einen Anspruch gegen die Beklagte auf Neubescheidung ihrer Anträge zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG geltend. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
50 
Ob dieser Anspruch bereits deshalb ausscheidet, weil das vom Kläger Ziff. 1 (allein) unterzeichnete Schreiben vom 08.09.2002, das als materielles Asylgesuch zu qualifizieren ist ( siehe oben ), nicht nur seine Person, sondern auch ( ggf. nach Maßgabe von § 14a AsylVfG ) die übrigen Kläger betrifft und insoweit auch für sie die Sperrwirkung des § 10 Abs. 1 AufenthG auslöst, kann hier dahingestellt bleiben.
51 
Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm liegen bei den Klägern Ziff. 2 bis 6 nicht vor. Zwar sind sie unstreitig (seit fast zehn Jahren) vollziehbar ausreisepflichtig. Auch ist ihre Ausreise aus tatsächlichen Gründen unmöglich, weil sie wegen fehlender Passpapiere nicht in ihren Heimatstaat, den Kosovo, zurückkehren können. Allerdings ist dieses Ausreisehindernis nicht unverschuldet im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG. Denn sie haben - nach dem insoweit unwidersprochenen Vortrag der Beklagten - bislang keine ernsthaften Bemühungen ergriffen, um solche Reisedokumente zu erlangen.
52 
Die Kläger Ziff. 2 bis 6 berufen sich zur Begründung der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 25 Abs. 5 AufenthG auf ein rechtliches Ausreisehindernis aufgrund von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK mit der Begründung, dass bei dem Kläger Ziff. 1 als Ehemann der Klägerin Ziff. 2 und Vater der Kläger Ziff. 3 bis 6 aus gesundheitlichen Gründen ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliege, das auch dessen freiwilliger Rückkehr in den Kosovo entgegenstehe, und dass sie wegen der familiären Bindungen nicht von ihm getrennt werden dürften. Mit diesem Vortrag können sie jedoch nicht durchdringen, solange das für die Entscheidung über das Vorliegen eines auslandsbezogenen Abschiebungsverbots allein zuständige Bundesamt keine dahingehende Entscheidung in Bezug auf den Kläger Ziff. 1 getroffen hat. Die Beklagte ist zur Feststellung eines solchen Abschiebungsverbots nicht zuständig ( siehe oben I. ).
53 
Dass die Kläger Ziff. 2 bis 6 wegen eigener Erkrankungen an einer freiwilligen Rückkehr in den Kosovo gehindert seien, behaupten sie selbst nicht ernsthaft. Solche Rückkehrhindernisse kommen allenfalls für die Kläger Ziff. 2, 4 und 6, die im Lauf des Verwaltungsverfahrens eigene gesundheitliche Beschwerden geltend gemacht hatten, in Betracht, lassen sich aber im Ergebnis nicht feststellen. Die Tuberkulose der Klägerin Ziff. 6 ist offensichtlich ausgeheilt und der Kläger Ziff. 4 wird wegen seiner zunächst bescheinigten psychischen Beeinträchtigungen auch in Deutschland nicht (mehr) behandelt. Die zur Behandlung der Herz- und psychischen Beschwerden der Klägerin Ziff. 2 benötigten Medikamente sind im Kosovo verfügbar und in Anbetracht der chronischen Erkrankung und für den Fall, dass sie auf Sozialleistungen angewiesen sein sollte, auch kostenfrei erhältlich ( Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 06.01.2011, Seite 28 ff. ). Das gilt auch für die angebliche psychische Erkrankung der Klägerin Ziff. 2 in Form einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Insoweit verweist die Kammer ergänzend auf die Ausführungen des Beigeladenen in dessen Schriftsatz vom 22.02.2011. Auch die Klägerin Ziff. 2 geht davon aus, dass bei ihr wegen ihrer Erkrankungen kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt. Dementsprechend hat sie auch - anders als ihr Ehemann, der Kläger Ziff. 1 - keinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG gestellt, der bei Vorliegen eines krankheitsbedingten auslandsbezogenen Abschiebungverbots gegenüber § 25 Abs. 5 AufenthG vorrangig wäre.
54 
Bei den Klägern Ziff. 2 bis 6 ist eine Ausreise auch nicht deshalb (aus rechtlichen Gründen) unmöglich, weil ein solches Verlangen wegen ihrer inzwischen eingetretenen Verwurzelung mit den Lebensverhältnissen in Deutschland gegen Art. 8 EMRK verstieße und eine Ausreise aus Deutschland deshalb unzumutbar wäre. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens (…). Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
55 
Zwar neigt auch die Kammer zu der vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vertretenen Auffassung ( Urteil vom 13.12.2010 - 11 S 2359/10 - m.w.N.; a. A. allerdings BVerwG, Urteil vom 26.10.2010 - 1 C 18/09 -) , dass bei den Klägern Ziff. 2 bis 6 der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Form des Schutzes der Achtung ihres Privatlebens nicht bereits deshalb nicht betroffen sei, weil sie sich bislang ausschließlich geduldet und damit ohne legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland aufgehalten haben. Doch erlangt dieser Gesichtspunkt durchaus eine erhebliche Bedeutung für die Frage, ob der Eingriff in das geschützte Privatleben nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt ist, weil er gesetzlich vorgesehen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig und verhältnismäßig ist. In diesem Rahmen ist es sehr wohl bedeutsam, ob der Aufenthalt eines Ausländers während der gesamten Zeit nur geduldet war, das heißt allein auf einer Aussetzung der Abschiebung beruhte, und in ihm von Seiten des Aufenthaltsstaats nie die berechtigte Erwartung geweckt wurde, er dürfe sich auf ein dauerhaftes Leben in diesem Staat einstellen. Insbesondere darf Art. 8 EMRK nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein eine gegebenenfalls auch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen unzulässigen Eingriff in das Privatleben im Verständnis des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist (vgl. u. a. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.2010, a.a.O., und Beschluss vom 05.02.2009, NVwZ-RR 2009, 617, jew. m.w.N. ). Übertragen auf die Kläger Ziff. 2 bis 6 lässt sich eine derartige Verfestigung ihres Aufenthalts in Deutschland im Sinne einer Verwurzelung mit den Lebensverhältnissen in Deutschland nicht feststellen. Ihr Aufenthalt ist nicht nur niemals erlaubt (legal) gewesen, sie sind damals (2001) auch ohne das erforderliche Visum eingereist. Sie leben bis heute fast ausschließlich von öffentlichen Transferleistungen und sind in das Arbeitsleben in Deutschland nicht integriert. Die Kammer hat sich in der mündlichen Verhandlung davon überzeugen können, dass zumindest die Kläger Ziff. 1 und 2 nur sehr schlecht deutsch sprechen. Das wiederum kann nur bedeuten, dass sich die Kläger zur Verständigung untereinander der Sprache ihres Heimatlands bedienen und diese somit besser als die deutsche Sprache beherrschen. Auch über besondere (freundschaftliche, berufliche oder sonstige) Verbindungen zu deutschen Mitbürgern ist nichts bekannt. Außer der acht Jahre alten Klägerin Ziff. 6 sind alle Kläger im Kosovo geboren und haben dort mehrere Jahre - die meisten von ihnen die allermeiste Zeit ihres Lebens - gelebt. Die Klägerin Ziff. 6 wiederum hat allein noch nicht solch ein Ausmaß an Verwurzelung erreicht, dass sie für sich betrachtet ein Recht aus Art. 8 EMRK ableiten könnte. Die familien- und aufenthaltsrechtliche Stellung eines minderjährigen Kindes erfordert es grundsätzlich, dass dieses aufenthaltsrechtlich das Schicksal der Eltern teilt. Bei der Frage der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Heimatstaat ist entscheidend auf die Eltern und deren Hilfestellung abzustellen (Grundsatz der familienbezogenen Gesamtbetrachtung, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.2010, a.a.O., m.w.N. ). Dafür, dass die Kläger bei einer Rückkehr in den Kosovo als Familienverband, dessen Mitglieder wechselseitig füreinander einstehen und gemeinsam an der Deckung des Lebensbedarfs und der (Re-)Integration in die kosovarischen Lebensverhältnisse mitwirken, nicht in der Lage sein sollten, ein menschenwürdiges Leben - wenngleich unter den dort herrschenden sozialen und sonstigen Bedingungen - in ihrer Heimat zu führen, gibt es auch nach dem Vortrag der Kläger keine überzeugenden Anhaltspunkte. Dementsprechend verfolgen sie selbst in erster Linie nicht das Ziel der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen einer Verwurzelung in Deutschland. In diesem Sinne hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung denn auch klargestellt, dass die Kläger Ziff. 2 bis 6 sich vor allem auf das Abschiebungsverbot für den Kläger Ziff. 1 und die daraus folgenden Ansprüche, von diesem nicht getrennt zu werden, und nicht in erster Linie auf eigenständige Ausreisehindernisse beriefen.
56 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO und 100 Abs. 1 ZPO. Das Gericht hat keinen Anlass, die Kostenentscheidung nach § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
57 
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat im Beschluss vom 25.08.2010 - 11 S 1836/10 - (auch nach Auffassung der Kammer zutreffend) ausgeführt, die Frage, ob man den Kläger Ziff. 1 auf das Asylverfahren beim Bundesamt verweisen dürfe, sei aus mehreren Gründen offen, zumindest bislang noch nicht ober- bzw. höchstrichterlich entschieden. Diese Frage ist auch von grundsätzlicher Bedeutung. Aus der Literatur ( siehe u. a. Klein, Zuständigkeiten von Bundesamt und Ausländerbehörde - eindeutig geklärt?, Asylmagazin 2010, 183 ) geht hervor, dass das Bundesamt in vielen Fällen, die dem vorliegenden entsprechen, an sich gebotene Stellungnahmen zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auf Anfragen von Ausländerbehörden nach § 72 Abs. 2 AufenthG mit dem Hinweis auf die frühere Stellung eines materiellen Asylgesuchs durch den betreffenden Ausländer verweigert. Dadurch entstehen für die Beteiligten eines ausländerrechtlichen Verfahrens in vielen Fällen erhebliche Unklarheiten hinsichtlich der Frage, ob sich das Bundesamt zu Recht auf das (frühere) Asylgesuch des Ausländers beruft.
58 
Beschluss vom 26. Oktober 2010
59 
Der Streitwert für das Verfahren wird nach den §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 2 und 63 Abs. 2 GKG auf30.000 EUR festgesetzt.
60 
Wegen der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 GKG verwiesen.

Gründe

 
35 
Die Klagen sind zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29.10.2007 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 23.02.2010 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger deshalb nicht in ihren Rechten. Weder hat der Kläger Ziff. 1 einen Anspruch auf Erteilung der von ihm begehrten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG oder darauf, dass die Beklagte seinen dahingehenden Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bescheidet, (I.) noch haben die Kläger Ziff. 2 bis 6 einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihre Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bescheidet (II.).
I.
36 
Der Kläger Ziff. 1 macht einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG geltend. Nach Satz 1 dieser Vorschrift soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegt. Der Kläger Ziff. 1 behauptet, er könne nicht in seine Heimat, den Kosovo, zurückkehren, weil seine Krankheit (vor allem Diabetes mellitus Typ II) dort nicht behandelbar sei, insbesondere die erforderlichen Medikamente nicht zuverlässig erhältlich seien, die erforderlichen ärztlichen Kontrolluntersuchungen dort nicht durchführbar seien und er die Kosten dieser Behandlungen und der Medikamente nicht aufbringen könne und weil ihm deshalb eine Verschlimmerung seiner Krankheit sowie das Auftreten gravierender Folgeerkrankungen drohe. Damit macht er - unstreitig - ein auslandsbezogenes Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (erhebliche Gefahr für Leib oder Leben) geltend.
37 
Ob dieser Anspruch des Klägers Ziff. 1 bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil die Beklagte mit Bescheid vom 28.08.2009 bereits festgestellt hat, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht vorliegt, und weil dieser Bescheid durch Rücknahme der dagegen gerichteten Klage - 4 K 262/10 - durch den Kläger Ziff. 1 bestandskräftig geworden sein könnte, oder ob dieser Bescheid der Beklagten vom 28.08.2009 nach Maßgabe von § 44 Abs. 1 LVwVfG wegen offensichtlich fehlender Zuständigkeit (Verbandskompetenz) der Beklagten für den Erlass eines solchen Verwaltungsakts (vgl. hierzu Beschluss der Kammer vom 14.07.2010 - 4 K 262/10 - m.w.N. ) nichtig ist ( vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 44 RdNr. 14 m.w.N. ) und deshalb keine Wirkung entfaltet (hat), kann hier dahingestellt bleiben. Denn bei dem Kläger Ziff. 1 liegen, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG auch aus anderen Gründen nicht vor.
38 
Im speziellen Fall des Klägers Ziff. 1 ist die Beklagte als allgemeine Ausländerbehörde für die Feststellung eines vom Kläger Ziff. 1 geltend gemachten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG (als Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG) nicht zuständig. Denn der Kläger Ziff. 1 hat bereits vor längerer Zeit, mit einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 08.09.2002, der Sache nach um Asyl nachgesucht und damit die alleinige Zuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher: Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) - Bundesamt - begründet. In diesem Schreiben hat er deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er und seine Familie den Kosovo aus Angst vor Übergriffen durch die albanische Bevölkerungsmehrheit verlassen hätten. Die Albaner hätten sie mit Waffengewalt aus ihrem Haus vertrieben und gedroht, dass sie sie umbringen würden; im Fall einer Rückkehr fürchte er um sein Leben und das seiner Familienangehörigen und er sehe keine Möglichkeit, in Sicherheit in den Kosovo zurückzukehren.
39 
Mit diesem Vortrag hat der Kläger Ziff. 1 einen materiellen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylVfG gestellt. Nach dieser Vorschrift (in seiner aktuell geltenden Fassung) liegt ein Asylantrag vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm die in § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes bezeichneten Gefahren drohen. In der im Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens vom 08.09.2002 geltenden Fassung waren in § 13 Abs. 1 AsylVfG lediglich die Worte „§ 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes“ durch „§ 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes“ ersetzt. Ob für die Qualifizierung des Schutzbegehrens im Schreiben des Klägers Ziff. 1 vom 08.09.2002 als Asylantrag auf die aktuelle oder die frühere Fassung abzustellen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Sollte es auf die aktuelle Fassung ankommen, wofür der Umstand sprechen könnte, dass in einem aufgrund dieses Antrags durchzuführenden Asylverfahren die aktuelle Rechtslage maßgeblich wäre ( vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG ), dann wäre die vom Kläger Ziff. 1 geschilderte Bedrohung durch die albanische Bevölkerungsmehrheit im Kosovo ( „… als die Albaner zurückkamen, haben sie uns mit Waffengewalt aus dem Haus vertrieben. Sie haben uns gedroht, dass sie uns umbringen würden, wenn wir nicht freiwillig gingen. … Wir haben große Angst, dass die Albaner … uns bei einer Rückkehr umbringen würden. … Der Hass der Albaner gegen uns Roma ist so groß, dass ich um unser Leben fürchte, wenn wir in den Kosovo zurückkehren. …“ ) eine Verfolgung im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c) AufenthG in Form einer dem Staat aufgrund fehlender Schutzbereitschaft bzw. Schutzfähigkeit zuzurechnenden Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure. Im Ergebnis würde aber nichts anderes gelten, wenn es auf die im September 2002 geltende Rechtslage ankäme, denn auch damals waren Verfolgungshandlungen Dritter, hier der albanischen Bevölkerungsmehrheit, als so genannte mittelbare staatliche Verfolgung asylrechtlich relevant, wenn der Heimatstaat nicht willens oder nicht fähig war, dem Betroffenen den erforderlichen Schutz zu gewähren ( vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991, NVwZ 1992, 578, m.w.N.; Schenk, Asylrecht und Asylverfahrensrecht, 1. Aufl. 1993, RdNrn. 57 ff. ). Damit ist das Schreiben des Klägers Ziff. 1 an die Beklagte vom 08.09.2002 als materielles Asylgesuch, also als Asylantrag im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG, zu qualifizieren (zur Auslegung von Willensäußerungen als Asylantrag siehe Treiber, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Stand: Juni 2010, Bd. 2, II - § 13 RdNrn. 18 ff., insbes. 35.2, 39 und 42).
40 
An der Qualifizierung dieses vom Kläger Ziff. 1 geäußerten Verfolgungsschutzbegehrens als Asylantrag im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG ändert sich nichts dadurch, dass der Kläger Ziff. 1 dies selbst nicht als Asylantrag, der zur Durchführung eines Asylverfahrens führt, verstanden haben wollte. Denn das steht nicht zu seiner freien Disposition. Vielmehr ist es gerade Sinn des § 13 Abs. 1 AsylVfG, denjenigen Schutzsuchenden, der sich materiell auf Asylgründe beruft, zwingend auf das - alle Schutzersuchen und Schutzformen erfassende - Asylverfahren zu verweisen und hiermit ausschließlich das besonders sachkundige Bundesamt zu befassen. Ein „Wahlrecht“ des Ausländers zwischen asylrechtlichem oder ausländerrechtlichem Schutz vor Verfolgung im Heimatland besteht danach nicht; § 13 Abs. 1 AsylVfG ist vielmehr zur Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens sowie auch zum Ausschluss von Verfahrensverzögerungen durch nachgeschaltete Asylanträge geschaffen worden (so - weitgehend wörtlich - BVerwG, Beschluss vom 03.03.2006, NVwZ 2006, 830, m.w.N.; OVG Saarl., Beschlüsse vom 20.03.2008 - 2 A 33/08 - und vom 01.02.20007 - 2 W 37/06 -; Treiber, a.a.O., II - § 13 RdNrn. 52, 55, 60 ff,. m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Okt. 2010, Bd. 3, B 2, § 13 RdNrn. 4 und 6; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.05.2008, VBlBW 2008, 389 ).
41 
Auch der Umstand, dass der Kläger Ziff. 1 heute nur noch krankheitsbedingte auslandsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geltend macht und von seinem Asylgesuch heute nichts mehr wissen will, ändert nichts daran, dass er früher tatsächlich einen Asylantrag (im materiellen Sinne) gestellt hat. Mit der Geltendmachung eines Asylgesuchs im Schreiben vom 08.09.2002 hat der Kläger Ziff. 1 - unabhängig davon, ob er die damit verbundenen Rechtsfolgen jemals gewollt hat - die Weichenstellung ins Asylverfahren bewirkt mit der Folge, dass für alle in diesem Verfahren zu treffenden Entscheidungen - dazu gehören auch Feststellungen zu sämtlichen Abschiebungsverboten nach § 60 AufenthG - künftig ausschließlich das Bundesamt und nicht mehr die Beklagte als allgemeine Ausländerbehörde zuständig ist (vgl. § 24 Abs. 2 AsylVfG ). Eine Ausnahme davon ist nur für Maßnahmen zur Durchsetzung der aufgrund von § 67 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG eingetretenen Ausreisepflicht im Zeitraum zwischen der Stellung eines materiellen Asylantrags im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG und eines förmlichen Asylantrags im Sinne von § 14 Abs. 1 und 2 AsylVfG anerkannt worden(vgl. BVerwG, Urteil vom 03.12.1997, NVwZ-RR 1998, 264; Hailbronner, a.a.O., § 13 RdNr. 8 ). Für andere als aufenthaltsbeendende Maßnahmen, insbesondere für solche zur Verfestigung oder Legalisierung des Aufenthalts, gilt diese Ausnahme nicht; insoweit bleibt es für einen Asylbewerber ( im Sinne des § 13 AsylVfG ) bei der alleinigen Zuständigkeit des Bundesamts nach § 24 Abs. 2 AsylVfG für alle asylrechtlichen Entscheidungen, insbesondere auch für alle Entscheidungen nach § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG.
42 
Von seinem mit Schreiben vom 08.09.2009 vorgebrachten Asylgesuch kann der Kläger Ziff. 1 nachträglich nicht wieder abrücken ( vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 20.03.2008, a.a.O.; Hailbronner, a.a.O., § 13 RdNr. 4, m.w.N. ). Das lässt sich auch bereits dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.03.2006 (a.a.O.) entnehmen, wenn dort einerseits ausgeführt ist, „die Anträge der Kläger ( in jenem Verfahren ) waren danach bereits im Verwaltungsverfahren … materiell als Asylbegehren im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylVfG zu qualifizieren“, und daraus andererseits gefolgert wird, „dann aber hätte die Beklagte (eine allgemeine Ausländerbehörde ) über die Anträge auf Duldung nicht mehr unter dem Gesichtspunkt auslandsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 2 bis 6 AuslG (jetzt: § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG ) entscheiden dürfen.“
43 
Eine andere Auffassung hätte zur Folge, dass dem betreffenden Ausländer nachträglich, wenn er die mit einem Asylverfahren zwingend einhergehenden Folgen, zum Beispiel die damit verbundene Wohnsitzverpflichtung, nicht (mehr) tragen will, doch wieder ein Wahlrecht eingeräumt würde, das ihm aber ausdrücklich gerade nicht zusteht ( vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.03.2006, a.a.O. ). Dem Ausländer, der sich zur Stellung eines Asylantrags ( im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG ) entschlossen hat, wird wegen seines von seinem freien Willen getragenen Entschlusses, um Asyl nachzusuchen, damit auch nichts aufgedrängt. Wenn er den Schutz von Art. 16a GG oder § 60 Abs. 1 AufenthG (früher: § 51 Abs. 1 AuslG ) nicht mehr in Anspruch nehmen will oder einen dahingehenden Anspruch für aussichtslos hält und wenn er sich stattdessen allein auf die Geltendmachung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG beschränken will, kann er seinen Asylantrag jederzeit wieder zurücknehmen, ohne dadurch seinen Anspruch auf Entscheidung über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG durch die dafür sachkundigere Behörde, das Bundesamt, zu verlieren (siehe § 32 AsylVfG ).
44 
Hinzu kommt, dass es dem Ausländer im Fall eines (für zulässigen gehaltenen) späteren Abrückens von seinem Asylgesuch dann möglich wäre, jederzeit vom allgemeinen ausländerrechtlichen Verfahren ins Asylverfahren zu wechseln, indem er sein bislang (bloß) materielles Asylgesuch förmlich ( gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ) beim Bundesamt stellt. Damit könnte der Ausländer u. a. jederzeit einer (evtl. auf dem Aufenthaltsgesetz beruhenden) vollziehbaren Ausreisepflicht entgehen und die asylrechtliche gesetzliche Aufenthaltsgestattung nach § 67 Abs. 2 AsylVfG wieder aufleben lassen und zwar grundsätzlich selbst dann, wenn diese wegen verspäteter Stellung eines förmlichen Asylantrags (im Sinne von § 14 AsylVfG ) nach § 67 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG inzwischen bereits erloschen war (vgl. Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Stand: Juni 2010, Bd. 3, II - § 67 RdNr. 15, und Bd. 2., II - § 34 RdNr. 13 a. E. ). Damit spricht gerade auch § 67 Abs. 2 AsylVfG, wonach ein materielles Asylgesuch unabhängig davon, ob der Asylbewerber später einen förmlichen Asylantrag stellt bzw. noch stellen will, (schwebend) wirksam bleibt, für die (hier vertretene) Auffassung, dass ein Asylbewerber sich von einem einmal vorgebrachten Asylgesuch nicht mehr lösen kann.
45 
Auf der anderen Seite kann dem Gesetz aber auch nicht entnommen werden, es solle wirklich allein Sache des Asylbewerbers sein zu entscheiden, ob er nach einem materiellen Asylgesuch auch einen förmlichen Asylantrag stellen und sich damit ins Asylverfahren begeben will. Denn aus § 14 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ergibt sich, dass auch die Ausländerbehörde die Stellung eines förmlichen Asylantrags bewirken kann (und sogar muss). Auch daraus folgt, dass es nicht allein auf den Willen des Asylbewerbers ankommen kann, ob er an seinem ursprünglichen Asylgesuch festhalten und ihn (doch noch) als förmlichen Asylantrag stellen will oder ob er nichts mehr von ihm wissen will.
46 
Die in den vorstehenden Absätzen dargelegten Überlegungen sprechen auch gegen die im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 25.08.2010 - 11 S 1836/10 - erwähnte, in der Kommentarliteratur - angeblich - vertretene Auffassung ( zu der der VGH Bad.-Württ. in dem zitierten Beschluss allerdings nicht definitiv Stellung bezieht ), die allgemeine Ausländerbehörde werde für die Prüfung auslandsbezogener Abschiebungsverbote dann zuständig, wenn dem materiellen Asylgesuch nach § 13 AsylVfG nicht innerhalb von zwei Wochen ein formeller Antrag nach § 14 AsylVfG folge. Diese Zwei-Wochen-Frist hat ihren rechtlichen Anknüpfungspunkt allein in § 67 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG, einer Vorschrift über die (gesetzliche) Dauer der Aufenthaltsgestattung. Diese Vorschrift gibt jedoch nichts her für die Beantwortung der Frage, wie lange und unter welchen Voraussetzungen ein (einmal vorgebrachtes) materielles Asylgesuch ( im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylVfG ) künftig weiterhin Wirkung erzeugt. Im Gegenteil zeigt § 67 Abs. 2 AsylVfG, dass ein materielles Asylgesuchs ungeachtet unterlassener Stellung eines förmlichen Asylantrags fortbesteht (siehe oben ). Der hier vertretenen Auffassung steht auch die Kommentierung von Funke-Kaiser ( a.a.O., Bd. 2, II - § 34 RdNr. 13 ) nicht entgegen. Dort ist ( im Einklang mit BVerwG, Beschlüsse vom 03.03.2006 und vom 03.12.1997, jew. a.a.O.; ebenso Hailbronner, a.a.O., § 13 RdNr. 8 ) lediglich die Rede von der Zuständigkeit der allgemeinen Ausländerbehörde für Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht, die u. a. auch die Prüfung von auslandsbezogenen Abschiebungsverboten erfordern kann, im Zeitraum zwischen der Stellung eines materiellen Asylantrags im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG und eines förmlichen Asylantrags im Sinne von § 14 Abs. 1 und 2 AsylVfG. Aus dieser Kommentierung geht, wie oben ausgeführt, nicht hervor, dass die allgemeinen Ausländerbehörden in diesem Zeitraum auch für Entscheidungen zuständig seien, die in einem Asylverfahren grundsätzlich dem Bundesamt obliegen, wenn es nicht um die Beendigung des Aufenthalts eines um Asyl nachsuchenden Ausländers, wie dem Kläger Ziff. 1 ( siehe oben ), geht, sondern um statusbegründende, das heißt aufenthaltsverfestigende, Entscheidungen, wie das für die mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG verbundene Feststellung von (auslandsbezogenen) Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG der Fall ist.
47 
Damit ist es der Beklagten verwehrt, eine Entscheidung über das Vorliegen von auslandsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wie sie vom Kläger Ziff. 1 in diesem Verfahren allein geltend gemacht werden, zu treffen. Das im Schreiben des Klägers Ziff. 1 vom 08.09.2002 vorgebrachte materielle Asylgesuch hat vielmehr zur Folge, dass für eine solche Entscheidung gemäß § 24 Abs. 2 AsylVfG allein das Bundesamt zuständig ist (siehe auch §§ 31 Abs. 3, 32 AsylVfG ). Eine solche Entscheidung hätte dann auch im Rahmen einer Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG Bindungswirkung für die allgemeine Ausländerbehörde (siehe § 42 AsylVfG ).
48 
Ob der von dem Kläger Ziff. 1 im Schreiben vom 08.09.2002 gestellte Asylantrag inzwischen bereits beim Bundesamt anhängig ist und dort zu einem Verfahren im Sinne der §§ 23 ff. AsylVfG geführt hat bzw. hätte führen müssen, wofür angesichts des Umstands, dass das Schreiben vom 08.09.2002 dem Bundesamt, wie sich aus dem Schreiben des Bundesamts vom 23.06.2009 ergibt, nachweislich zugeleitet wurde ( vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ), einiges spricht, und ob deshalb auch § 10 Abs. 1 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Kläger Ziff. 1 entgegensteht, kann in diesem Verfahren dahingestellt bleiben. In jedem Fall besteht sowohl für den Kläger Ziff. 1 die Möglichkeit, sein Asylgesuch gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG beim Bundesamt förmlich als Asylantrag zu stellen, als auch für die Beklagte die Pflicht (zur insoweit bestehenden Verpflichtung der Ausländerbehörde vgl. Hailbronner, a.a.O., § 14 RdNr. 15; Funke-Kaiser, a.a.O., Bd. 2, II - § 14 RdNr. 37 ), das Schreiben des Klägers Ziff. 1 vom 08.09.2002 gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG in aller Form an das Bundesamt weiterzuleiten und damit auf Durchführung eines förmlichen Asylverfahrens, in welchem auch über das Vorliegen auslandsbezogener Abschiebungsverbote entschieden wird, hinzuwirken.
II.
49 
Die Kläger Ziff. 2 bis 6 machen (allein) einen Anspruch gegen die Beklagte auf Neubescheidung ihrer Anträge zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG geltend. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
50 
Ob dieser Anspruch bereits deshalb ausscheidet, weil das vom Kläger Ziff. 1 (allein) unterzeichnete Schreiben vom 08.09.2002, das als materielles Asylgesuch zu qualifizieren ist ( siehe oben ), nicht nur seine Person, sondern auch ( ggf. nach Maßgabe von § 14a AsylVfG ) die übrigen Kläger betrifft und insoweit auch für sie die Sperrwirkung des § 10 Abs. 1 AufenthG auslöst, kann hier dahingestellt bleiben.
51 
Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm liegen bei den Klägern Ziff. 2 bis 6 nicht vor. Zwar sind sie unstreitig (seit fast zehn Jahren) vollziehbar ausreisepflichtig. Auch ist ihre Ausreise aus tatsächlichen Gründen unmöglich, weil sie wegen fehlender Passpapiere nicht in ihren Heimatstaat, den Kosovo, zurückkehren können. Allerdings ist dieses Ausreisehindernis nicht unverschuldet im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG. Denn sie haben - nach dem insoweit unwidersprochenen Vortrag der Beklagten - bislang keine ernsthaften Bemühungen ergriffen, um solche Reisedokumente zu erlangen.
52 
Die Kläger Ziff. 2 bis 6 berufen sich zur Begründung der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 25 Abs. 5 AufenthG auf ein rechtliches Ausreisehindernis aufgrund von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK mit der Begründung, dass bei dem Kläger Ziff. 1 als Ehemann der Klägerin Ziff. 2 und Vater der Kläger Ziff. 3 bis 6 aus gesundheitlichen Gründen ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliege, das auch dessen freiwilliger Rückkehr in den Kosovo entgegenstehe, und dass sie wegen der familiären Bindungen nicht von ihm getrennt werden dürften. Mit diesem Vortrag können sie jedoch nicht durchdringen, solange das für die Entscheidung über das Vorliegen eines auslandsbezogenen Abschiebungsverbots allein zuständige Bundesamt keine dahingehende Entscheidung in Bezug auf den Kläger Ziff. 1 getroffen hat. Die Beklagte ist zur Feststellung eines solchen Abschiebungsverbots nicht zuständig ( siehe oben I. ).
53 
Dass die Kläger Ziff. 2 bis 6 wegen eigener Erkrankungen an einer freiwilligen Rückkehr in den Kosovo gehindert seien, behaupten sie selbst nicht ernsthaft. Solche Rückkehrhindernisse kommen allenfalls für die Kläger Ziff. 2, 4 und 6, die im Lauf des Verwaltungsverfahrens eigene gesundheitliche Beschwerden geltend gemacht hatten, in Betracht, lassen sich aber im Ergebnis nicht feststellen. Die Tuberkulose der Klägerin Ziff. 6 ist offensichtlich ausgeheilt und der Kläger Ziff. 4 wird wegen seiner zunächst bescheinigten psychischen Beeinträchtigungen auch in Deutschland nicht (mehr) behandelt. Die zur Behandlung der Herz- und psychischen Beschwerden der Klägerin Ziff. 2 benötigten Medikamente sind im Kosovo verfügbar und in Anbetracht der chronischen Erkrankung und für den Fall, dass sie auf Sozialleistungen angewiesen sein sollte, auch kostenfrei erhältlich ( Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 06.01.2011, Seite 28 ff. ). Das gilt auch für die angebliche psychische Erkrankung der Klägerin Ziff. 2 in Form einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Insoweit verweist die Kammer ergänzend auf die Ausführungen des Beigeladenen in dessen Schriftsatz vom 22.02.2011. Auch die Klägerin Ziff. 2 geht davon aus, dass bei ihr wegen ihrer Erkrankungen kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt. Dementsprechend hat sie auch - anders als ihr Ehemann, der Kläger Ziff. 1 - keinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG gestellt, der bei Vorliegen eines krankheitsbedingten auslandsbezogenen Abschiebungverbots gegenüber § 25 Abs. 5 AufenthG vorrangig wäre.
54 
Bei den Klägern Ziff. 2 bis 6 ist eine Ausreise auch nicht deshalb (aus rechtlichen Gründen) unmöglich, weil ein solches Verlangen wegen ihrer inzwischen eingetretenen Verwurzelung mit den Lebensverhältnissen in Deutschland gegen Art. 8 EMRK verstieße und eine Ausreise aus Deutschland deshalb unzumutbar wäre. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens (…). Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
55 
Zwar neigt auch die Kammer zu der vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vertretenen Auffassung ( Urteil vom 13.12.2010 - 11 S 2359/10 - m.w.N.; a. A. allerdings BVerwG, Urteil vom 26.10.2010 - 1 C 18/09 -) , dass bei den Klägern Ziff. 2 bis 6 der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Form des Schutzes der Achtung ihres Privatlebens nicht bereits deshalb nicht betroffen sei, weil sie sich bislang ausschließlich geduldet und damit ohne legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland aufgehalten haben. Doch erlangt dieser Gesichtspunkt durchaus eine erhebliche Bedeutung für die Frage, ob der Eingriff in das geschützte Privatleben nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt ist, weil er gesetzlich vorgesehen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig und verhältnismäßig ist. In diesem Rahmen ist es sehr wohl bedeutsam, ob der Aufenthalt eines Ausländers während der gesamten Zeit nur geduldet war, das heißt allein auf einer Aussetzung der Abschiebung beruhte, und in ihm von Seiten des Aufenthaltsstaats nie die berechtigte Erwartung geweckt wurde, er dürfe sich auf ein dauerhaftes Leben in diesem Staat einstellen. Insbesondere darf Art. 8 EMRK nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein eine gegebenenfalls auch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen unzulässigen Eingriff in das Privatleben im Verständnis des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist (vgl. u. a. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.2010, a.a.O., und Beschluss vom 05.02.2009, NVwZ-RR 2009, 617, jew. m.w.N. ). Übertragen auf die Kläger Ziff. 2 bis 6 lässt sich eine derartige Verfestigung ihres Aufenthalts in Deutschland im Sinne einer Verwurzelung mit den Lebensverhältnissen in Deutschland nicht feststellen. Ihr Aufenthalt ist nicht nur niemals erlaubt (legal) gewesen, sie sind damals (2001) auch ohne das erforderliche Visum eingereist. Sie leben bis heute fast ausschließlich von öffentlichen Transferleistungen und sind in das Arbeitsleben in Deutschland nicht integriert. Die Kammer hat sich in der mündlichen Verhandlung davon überzeugen können, dass zumindest die Kläger Ziff. 1 und 2 nur sehr schlecht deutsch sprechen. Das wiederum kann nur bedeuten, dass sich die Kläger zur Verständigung untereinander der Sprache ihres Heimatlands bedienen und diese somit besser als die deutsche Sprache beherrschen. Auch über besondere (freundschaftliche, berufliche oder sonstige) Verbindungen zu deutschen Mitbürgern ist nichts bekannt. Außer der acht Jahre alten Klägerin Ziff. 6 sind alle Kläger im Kosovo geboren und haben dort mehrere Jahre - die meisten von ihnen die allermeiste Zeit ihres Lebens - gelebt. Die Klägerin Ziff. 6 wiederum hat allein noch nicht solch ein Ausmaß an Verwurzelung erreicht, dass sie für sich betrachtet ein Recht aus Art. 8 EMRK ableiten könnte. Die familien- und aufenthaltsrechtliche Stellung eines minderjährigen Kindes erfordert es grundsätzlich, dass dieses aufenthaltsrechtlich das Schicksal der Eltern teilt. Bei der Frage der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Heimatstaat ist entscheidend auf die Eltern und deren Hilfestellung abzustellen (Grundsatz der familienbezogenen Gesamtbetrachtung, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.2010, a.a.O., m.w.N. ). Dafür, dass die Kläger bei einer Rückkehr in den Kosovo als Familienverband, dessen Mitglieder wechselseitig füreinander einstehen und gemeinsam an der Deckung des Lebensbedarfs und der (Re-)Integration in die kosovarischen Lebensverhältnisse mitwirken, nicht in der Lage sein sollten, ein menschenwürdiges Leben - wenngleich unter den dort herrschenden sozialen und sonstigen Bedingungen - in ihrer Heimat zu führen, gibt es auch nach dem Vortrag der Kläger keine überzeugenden Anhaltspunkte. Dementsprechend verfolgen sie selbst in erster Linie nicht das Ziel der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen einer Verwurzelung in Deutschland. In diesem Sinne hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung denn auch klargestellt, dass die Kläger Ziff. 2 bis 6 sich vor allem auf das Abschiebungsverbot für den Kläger Ziff. 1 und die daraus folgenden Ansprüche, von diesem nicht getrennt zu werden, und nicht in erster Linie auf eigenständige Ausreisehindernisse beriefen.
56 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO und 100 Abs. 1 ZPO. Das Gericht hat keinen Anlass, die Kostenentscheidung nach § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
57 
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat im Beschluss vom 25.08.2010 - 11 S 1836/10 - (auch nach Auffassung der Kammer zutreffend) ausgeführt, die Frage, ob man den Kläger Ziff. 1 auf das Asylverfahren beim Bundesamt verweisen dürfe, sei aus mehreren Gründen offen, zumindest bislang noch nicht ober- bzw. höchstrichterlich entschieden. Diese Frage ist auch von grundsätzlicher Bedeutung. Aus der Literatur ( siehe u. a. Klein, Zuständigkeiten von Bundesamt und Ausländerbehörde - eindeutig geklärt?, Asylmagazin 2010, 183 ) geht hervor, dass das Bundesamt in vielen Fällen, die dem vorliegenden entsprechen, an sich gebotene Stellungnahmen zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auf Anfragen von Ausländerbehörden nach § 72 Abs. 2 AufenthG mit dem Hinweis auf die frühere Stellung eines materiellen Asylgesuchs durch den betreffenden Ausländer verweigert. Dadurch entstehen für die Beteiligten eines ausländerrechtlichen Verfahrens in vielen Fällen erhebliche Unklarheiten hinsichtlich der Frage, ob sich das Bundesamt zu Recht auf das (frühere) Asylgesuch des Ausländers beruft.
58 
Beschluss vom 26. Oktober 2010
59 
Der Streitwert für das Verfahren wird nach den §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 2 und 63 Abs. 2 GKG auf30.000 EUR festgesetzt.
60 
Wegen der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 GKG verwiesen.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren in zweiter Instanz wird abgelehnt.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 4. Dezember 2007 - 2 K 461/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger und begehrt vom Beklagten die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Er reiste erstmals im November 1993 als Bürgerkriegsflüchtling in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhielt eine Duldung. Nachdem sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt worden war, (vgl. den Bescheid der Landeshauptstadt München vom 26.3.1997 – KVR II/32 BKFU2/202-GVF –, Blatt 82 der Ausländerakte) kehrte er 1997 nach Bosnien-Herzegowina zurück.

Am 4.6.2006 reiste er mit einem bis 30.6.2006 befristeten Besuchervisum („Kurzaufenthalt“) erneut nach Deutschland ein. Mit Schreiben vom 30.6.2006 beantragte er bei der damals zuständigen Ausländerbehörde der Landeshauptstadt A-Stadt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Zur Begründung verwies er auf eine „schwere psychische Erkrankung“, die im Heimatland nicht adäquat behandelt werden könne, und legte ein ärztliches Attest der neuropsychiatrischen Ambulanz des Krankenhauses von Bosanska Dubica vom Dezember 2005 vor. Im Juli 2006 reichte er eine vom 20.7.2006 datierende Stellungnahme der Organisation „Therapie Interkulturell e.V. – Beratung von Frauen für Frauen“ zu den Akten.

In einem Bericht des Gesundheitsamts beim damaligen Stadtverband A-Stadt vom 28.9.2006 über eine amtsärztliche und psychiatrische Untersuchung heißt es, bei dem Kläger liege eine dringend behandlungsbedürftige posttraumatische Belastungsstörung vor. Hinzu kämen deutliche psychopathologische Auffälligkeiten, die den Verdacht auf eine paranoide Psychose begründeten. Eine möglichst schnelle nervenärztliche und medikamentöse Behandlung sei dringend notwendig. Die im Heimatland vorgenommene ambulante Behandlung sei nicht ausreichend. Aus ärztlicher Sicht könne dem Kläger eine Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina „unter keinen Umständen zugemutet“ werden.

In einer vom Kläger zu den Akten gereichten Bescheinigung des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med. K. Mutter vom 30.11.2006 heißt es, der Kläger bedürfe dringend psychiatrischer und psychotherapeutischer Hilfe, die er nicht dort in Anspruch nehmen könne, wo die posttraumatische Belastungsstörung „entstanden und später wieder aufgeflammt“ sei. In seiner fachärztlichen Bescheinigung vom 22.1.2007 heißt es ergänzend, eine Rückführung des Klägers nach Bosnien werde nicht nur eine erfolgreiche Behandlung unmöglich machen, sondern die Beschwerden erheblich verstärken und zu einer Suizidgefahr führen.

Nachdem eine durch die Ausländerbehörde A-Stadt mehrfach angeforderte und als Voraussetzung für ihre Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bezeichnete Stellungnahme des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zur Frage des Vorliegens eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nicht erlangt werden konnte, hat der Kläger im März 2007 eine so genannte „echte“ Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht erhoben, mit der er zunächst die Verpflichtung zur Entscheidung über seinen Antrag begehrt hat.

Die Stellungnahme des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge datiert vom 13.7.2007. Darin wird ausgeführt, da der Kläger Repressalien durch die serbische Bevölkerung in seiner Heimat befürchte und damit Schutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG begehre, handele es sich in Wahrheit um ein Asylgesuch und nicht um eine Geltendmachung insoweit subsidiärer Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 AufenthG, so dass auch kein Fall des Beteiligungserfordernisses nach § 72 Abs. 2 AufenthG vorliege. Für eine Entscheidung über „auslandsbezogene Abschiebungsverbote“ sei ausschließlich das Bundesamt zuständig. In diesen Fällen obliege ihm auch die Entscheidung über zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 AufenthG. Stelle der Ausländer keinen Asylantrag, könne er solche Hindernisse nicht gegenüber der Ausländerbehörde geltend machen.

Mit Bescheid vom 17.10.2007 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers, der zuvor erklärt hatte, dass er keinen Asylantrag stellen werde, auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Hinweis auf seine Unzuständigkeit für die Prüfung im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG ab, forderte ihn zur Ausreise binnen vier Wochen auf und drohte ihm für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung an.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Verneinung der Zuständigkeit durch den Beklagten nach 18-monatiger Prüfung der Angelegenheit sei nicht nachvollziehbar, und beantragt, die – damalige – Beklagte als zuständige Ausländerbehörde unter Aufhebung des Bescheides vom 17.10.2007 zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4.12.2007 – 2 K 461/07 – abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wurde darauf verwiesen, dass die Ausländerbehörde für die im Rahmen des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG notwendige Entscheidung über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen im Zielstaat drohender Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG nicht zuständig sei. Ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger seinen Antrag ausschließlich mit unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten seiner psychischen Erkrankung begründet habe, sei sein Begehren „der Sache nach“ zumindest auch auf die Gewährung asylrechtlichen Schutzes im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylVfG gerichtet. Dem Attest der Beratungsstelle Therapie Interkulturell e.V. sei zu entnehmen, dass die beim Kläger diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung beziehungsweise die nach seiner Rückkehr erfolgte Retraumatisierung in Bedrohungen und Anfeindungen insbesondere durch bosnische Serben begründet liege und dass er sein Heimatland offensichtlich aus Angst vor diesen Bedrohungen verlassen habe. Entsprechendes ergebe sich auch aus den weiteren bei den Behördenakten befindlichen ärztlichen Stellungnahmen und Berichten. Auch in der Stellungnahme des Staatlichen Gesundheitsamtes vom September 2006 sei dargelegt, dass die Ängste des Klägers durch „Drohungen seiner Landsleute“ begründet seien, nachdem er im Krieg unfreiwillig auf Seiten der Kroaten habe kämpfen müssen. Abschließend heiße es dort, dass dem Kläger im Hinblick auf die „zusätzlich bestehende posttraumatische Belastungsstörung“ mit der „erlebten fortbestehenden Bedrohung durch serbische Landsleute“ aus amtsärztlicher Sicht eine Rückkehr nicht zugemutet werden könne. Da sich der Kläger die ärztlichen und psychologischen Stellungnahmen mit deren Inhalt zu Eigen gemacht habe, könne sein Vorbringen nur so gedeutet werden, dass er sich auf die Angst vor fortgesetzten Anfeindungen und Bedrohungen zwar vorrangig im Hinblick auf die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung berufen habe, aber nicht nur, sondern jedenfalls auch und notwendigerweise zur Begründung seines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Stehe das geltend gemachte Abschiebungsverbot aber in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Furcht vor weiteren Verfolgungsmaßnahmen im Heimatland, so liege seinem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Wahrheit materiell ein Asylgesuch zugrunde mit der Folge, dass dem Beklagten die Entscheidungskompetenz fehle und der Kläger zwingend auf das Asylverfahren zu verweisen sei.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt.

II.

Die vom Kläger begehrte Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren konnte wegen von Anfang an fehlender hinreichender Erfolgsaussicht des Rechtsmittels nicht gewährt werden (§§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO)

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung (§§ 124a Abs. 4, 124 Abs. 1 VwGO) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 4.12.2007 – 2 K 461/07 -, mit dem seine Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgewiesen wurde, muss erfolglos bleiben. Dem den gerichtlichen Prüfungsumfang mit Blick auf das Darlegungserfordernis (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) begrenzenden Antragsvorbringen kann das Vorliegen eines der in § 124 Abs. 2 VwGO abschließend aufgeführten Zulassungsgründe nicht entnommen werden.

Dabei mag dahinstehen, ob das keinen der Zulassungstatbestände des § 124 Abs. 2 VwGO benennende Vorbringen des Klägers den Anforderungen dieses Darlegungsgebots genügt. (vgl. hierzu etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 14.2.2007 – 3 Q 163/06 –, SKZ 2008, 19, Leitsatz Nr. 3, wonach es nicht Aufgabe des Oberverwaltungsgerichts ist, anstelle des Antragstellers beziehungsweise seines Prozessbevollmächtigten aus einem Gemenge von Darlegungen, die ohne Bezug zu einem der Zulassungstatbestände des § 124 Abs. 2 VwGO vorgebracht werden, mit Überlegungs- und Auslegungsaufwand zu ermitteln, welcher Teilaspekt des Vorbringens sich welchem Zulassungsgrund – zutreffend – zuordnen lässt) Interpretiert man den allgemeinen Verweis des Klägers darauf, dass das Urteil „rechtsfehlerhaft ergangen“ sei, dahingehend, dass damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) (vgl. dazu allgemein etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21.6.2002 – 1 Q 55/01 -, SKZ 2002, 289, Leitsatz Nr. 15, wonach die Frage des Vorliegens ernstlicher Zweifel am Maßstab der Ergebnisfehlerhaftigkeit zu beurteilen ist und eine Prognose dahingehend erfordert, ob das angestrebte Rechtsmittel voraussichtlich Erfolg haben wird, ständige Rechtsprechung; dazu auch BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 – 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838, wonach die Vorschrift – ebenso wie der Tatbestand zu Nr. 2 -  die Richtigkeit der Entscheidung gewährleisten soll und „ernstliche Zweifel“ (Nr. 1) auch dann nicht anzunehmen sind, wenn sich das angegriffene Urteil zwar nicht aus den darin angegebenen Gründen, aber aus anderen Gründen als offensichtlich richtig erweist) geltend gemacht werden sollten, so lässt sich der Begründung des Antrags das Vorliegen (auch) dieses Zulassungsgrundes nicht entnehmen.

Dabei geht es zentral um die Frage, ob für die Beurteilung eines aus einer unzureichenden Behandelbarkeit der bei dem Kläger nach den bei den Akten befindlichen ärztlichen Berichten festgestellten psychischen Erkrankungen im Heimatland eventuell abzuleitenden zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) als eine Voraussetzung für die Erteilung der von ihm begehrten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG der Beklagte als örtliche Ausländerbehörde nach Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gemäß § 72 Abs. 2 AufenthG oder originär und ausschließlich dieses Bundesamt im Rahmen eines von dem Kläger zu betreibenden Asylverfahrens zuständig ist. Die auf die zeitliche Abfolge zielende Kritik des Klägers, dass die früher zuständige Ausländerbehörde bei der Landeshauptstadt A-Stadt selbst über ein Jahr nach der Antragstellung durch den Kläger, nämlich bis zum Vorliegen der „Stellungnahme“ des Bundesamts vom 13.7.2007 im erstgenannten Sinne von seiner eigenen Zuständigkeit ausgegangen ist, bevor sie sich – nach zwischenzeitlich erhobener Untätigkeitsklage seinerseits im Gefolge mehrfachen Anmahnens einer Entscheidung über sein Begehren – im Ablehnungsbescheid vom Oktober 2007 erstmals (selbst) für unzuständig erklärt hat, ist sicher nachvollziehbar, kann allerdings für die Beantwortung der Rechtsfrage nach der Zuständigkeit keine entscheidende Bedeutung erlangen.

Auf der Grundlage der in dem erstinstanzlichen Urteil angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung, (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3.3.2006 – 1 B 126.05 –, NVwZ 2006, 830) die sich auch der Senat zu Eigen gemacht hat, (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 1.2.2007 – 2 W 37/06 –, SKZ  2008, 52, Leitsatz Nr. 62) unterliegt keinen ernstlichen Zweifeln, dass das Verwaltungsgericht im konkreten Fall zutreffend von einer (alleinigen) Zuständigkeit des Bundesamts für die Feststellung eines etwaigen zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses im Falle des Klägers ausgegangen ist.

Asylbewerber können zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, früher § 53 Abs. 6 AuslG) ebenso wie eine drohende politische Verfolgung im Heimatland (Art. 16a Abs. 1 GG, § 60 Abs. 1 AufenthG) mit Blick auf die dem § 42 AsylVfG zu entnehmende Bindungswirkung der diesbezüglich negativen Entscheidung des Bundesamtes generell nicht mit Erfolg gegenüber der Ausländerbehörde geltend machen. (vgl. zu den Bindungswirkungen der negativen Entscheidungen des Bundesamts für die mit der Durchführung der Abschiebung betrauten Ausländerbehörden nach § 42 AsylVfG etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 6.12.2006 – 2 W 31/06 -, vom 26.7.2006 – 2 W 21/06 -, vom 17.5.2006 – 2 W 11/06 -, SKZ 2006, 224, Leitsatz Nr. 65, vom 15.3.2005 – 2 W 5/05 –, SKZ 2005, 299, Leitsatz Nr. 53, vom 16.6.2005 – 2 W 9/05 –, vom 18.10.2005 – 2 W 15/05 –, SKZ 2006, 59, Leitsatz Nr. 71, und vom 8.12.2005 – 2 W 35/05 -, SKZ 2006, 61 Leitsatz Nr. 78) Diese darf in diesen Fällen den Einwand zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) nur und erst dann berücksichtigen, wenn das nach § 31 Abs. 3 AsylVfG (1993/2005) zur Entscheidung auch darüber berufene Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift festgestellt hat. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 15.3.2005 – 2 W 5/05 -, SKZ 2005, 299, Leitsatz Nr. 53, dazu auch BVerwG, Beschluss vom 3.3.2006 – 1 B 126.05 -, NVwZ 2006, 830)

Entscheidend hierfür ist nicht allein die formelle Stellung eines Asylantrags durch den betroffenen Ausländer, sondern ob seinem Vorbringen materiell ein Asylgesuch im Verständnis des § 13 AsylVfG entnommen werden kann. Die Zuständigkeitsverlagerung auf das Bundesamt erfasst auch die Fälle, in denen die Schutzsuchenden gegenüber der Ausländerbehörde inhaltlich ein Asylgesuch im Sinne des § 13 AsylVfG geltend gemacht, indes – wie hier der Kläger im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens – ausdrücklich bisher von der Stellung eines förmlichen Asylantrags (§ 14 AsylVfG) Abstand genommen haben. Auch dann bleibt der Ausländerbehörde eine selbständige Entscheidung über die Gewährung von Abschiebungsschutz aus diesen Gründen verwehrt, wenn die geltend gemachte zielstaatsbezogene Gefährdung zumindest zum Teil thematisch dem Bereich politischer Verfolgung zuzuordnen ist und daher gegebenenfalls ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG begründen würde.

Nach der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Vorbringen des Ausländers gegenüber den Behörden in seiner Gesamtheit zu würdigen und dabei insbesondere auch in von ihm vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen und Berichten enthaltener tatsächlicher „Vortrag“ zu berücksichtigen. Die von dem Kläger ausweislich der von ihm selbst in das Verfahren eingeführten Stellungnahme der Organisation „Therapie Interkulturell e.V. – Beratung von Frauen für Frauen“ vom 20.7.2006 als „retraumatisierend“ geschilderten ständigen und dauerhaften Drangsalierungen nach der Rückkehr ins Heimatland, die dazu geführt hätten, dass er sich nicht mehr aus dem Haus getraut habe und die dort als Ursache von „Panikanfällen“ und letztlich auch seiner Wiederausreise angegebenen Befürchtungen, ebenso wie mehrere andere junge Männer und „ein guter Bekannter“ von Serben ermordet zu werden, betrifft die Frage politischer Verfolgung im Sinne der Definition des § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c AufenthG in Form einer dem (hier: bosnisch-herzegowinischen) Staat aufgrund fehlender staatlicher Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit zurechenbaren Verfolgung durch „nichtstaatliche Akteure“. Die in dem angegriffenen Urteil aufgeführten weiteren ebenfalls von ihm ins Verfahren eingeführten Belege für entsprechende Äußerungen des Klägers gegenüber verschiedenen Stellen brauchen hier nicht wiederholt zu werden. In derartigen Fällen sind die Betroffenen auf das Verfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und damit auf die Stellung eines Asylantrags zu verweisen. Die bereits mit dem Asylgesuch begründete ausschließliche Zuständigkeit des Bundesamts erstreckt sich dann generell auf den Schutz vor allen Gefährdungen im Heimatstaat. Der Schutz suchende Ausländer ist zwingend auf das insoweit alle Schutzformen umfassende Asylverfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verweisen. Ihm steht insoweit insbesondere kein Wahlrecht zu, welches es ihm gestattete, auf die Einschaltung des Bundesamts zu verzichten und stattdessen die örtliche Ausländerbehörde mit der Thematik zu befassen. § 13 AsylVfG dient der Konzentration und der Beschleunigung von Verfahren und soll letztlich auch Verzögerungen durch etwaige einem ausländerbehördlichen Verfahren nachgeschaltete förmliche Asylanträge ausschließen. (vgl. auch dazu BVerwG, Beschluss vom 3.3.2006 – 1 B 126.05 -, NVwZ 2006, 830, wonach derjenige Schutzsuchende, der sich materiell auf Asylgründe beruft, nach § 13 Abs. 1 AsylVfG zwingend auf das alle Schutzersuchen und Schutzformen umfassende Asylverfahren zu verweisen ist und ein diesbezügliches Wahlrecht zwischen asylrechtlichem und ausländerrechtlichem Schutz vor Verfolgung im Heimatland nicht besteht) Mit Blick auf das generelle Anliegen des Gesetzgebers, gerade im Bereich von Asylsuchenden Doppelprüfungen, das heißt „doppelte“ Zuständigkeiten hinsichtlich der zu treffenden Entscheidungen, zu vermeiden, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausländerbehörde berechtigt oder sogar verpflichtet wäre, eine potentiell dem Bereich politischer Verfolgung zuzurechnende Rückkehrgefährdung bei Ausländern, die aus anderen Gründen die Stellung eines förmlichen Asylantrags ablehnen, gewissermaßen „aufzuspalten“ und unter „Eliminierung politischer Elemente“ mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer isolierten Überprüfung und Entscheidung zuzuführen. (anders, allerdings noch zur früheren Rechtslage, insbesondere zu § 53 AuslG VGH Mannheim, Beschluss vom 14.12.1993 – A 16 S 2005/93 -, VBlBW 1994, 454 unter Aufgabe abweichender früherer Rechtsprechung, OVG Schleswig, Beschluss vom 8.10.1992 – 4 M 89/92 -, InfAuslR 1993, 18, jeweils unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 3.4.1992, InfAuslR 1993, 176, wobei in beiden Entscheidungen über die heutige Rechtslage (§ 42 AsylVfG) hinaus sogar auch die Möglichkeit einer Geltendmachung von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen gegenüber der Ausländerbehörde trotz Vorliegens einer negativen Entscheidung des Bundesamts hierzu bejaht wurde; wie hier bereits damals: OVG Hamburg, Beschluss vom 17.10.1995 – Bs V 27/95 -, DVBl. 1996, 628, wonach die Ausländerbehörde zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse (nach § 53 AuslG) mit „politischem Charakter“ auch dann außer Betracht zu lassen hatte, wenn der Ausländer die Stellung eines Asylantrags ablehnt; insoweit noch ausdrücklich offen gelassen in BVerwG, Beschluss vom 3.12.1997 – 1 B 219.97 -, DVBl. 1998, 286) Eine Veranlassung, den durchgängig vom Kläger geschilderten, seinen Erkrankungen ursächlich zugrunde liegenden Lebenssachverhalt entsprechend zu „zerlegen“, weil dieser nunmehr angibt, er verzichte auf eine „Geltendmachung“ einer politischen Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG beziehungsweise die Ereignisse vor seiner Wiederausreise, speziell die „Beschimpfungen durch die Serben“, seien nicht „traumaauslösend“ gewesen, können von daher ebenfalls keine andere Beurteilung rechtfertigen. Würde dem Ausländer eine eigene „Verwertung“ nur von Teilen seines Schicksals mit entsprechenden Auswirkungen auf die behördlichen Zuständigkeiten zugebilligt, so liefe das im Ergebnis auf die Einräumung eines Wahlrechts durch die „Hintertür“ hinaus, das – wie ausgeführt – dem zentralen Anliegen des Bundesgesetzgebers widerspräche.

Zwar spricht nach gegenwärtigem Erkenntnisstand manches dafür, dass die von dem Kläger erwähnten dauernden massiven Anfeindungen nach seiner – mit eigenen Worten: „optimistischen“ – Rückkehr in das Heimatland im Jahre 1997 bis zur Wiederausreise 2006 auch in Ansehung etwaiger mangelnder Schutzbereitschaft durch bosnische Stellen (§ 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c AufenthG) im Ergebnis nicht die positive Annahme einer politischen Verfolgung rechtfertigen werden. Von dem Ergebnis dieser materiellen Beurteilung kann indes die sich hier stellende vorrangige Frage der behördlichen Prüfungszuständigkeit ebenso wenig abhängig gemacht werden wie von der nach Aktenlage keinen ernstlichen Zweifeln unterliegenden Tatsache als solcher, dass der Kläger intensiver Hilfe und Betreuung zur Bewältigung seiner auch amtsärztlich bestätigten massiven psychischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen bedarf.

Das für Asylbegehren vorgesehene Verfahren vor dem Bundesamt hat der Gesetzgeber mit den mit Blick auf die Grundrechte der Betroffenen erforderlichen verfahrensrechtlichen Schutzwirkungen versehen, die für die Dauer des Verfahrens regelmäßig einer Aufenthaltsbeendigung durch die Ausländerbehörde entgegenstehen. Die Grundrechtsgewährleistungen in Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hindern den Gesetzgeber ansonsten nicht, ein bestimmtes und vor allem bei einer bestimmten, mit spezifischer Sachkunde ausgestatteten Behörde durchzuführendes Verfahren – hier das Asylverfahren beim Bundesamt - verbindlich vorzuschreiben, in dem dann gegebenenfalls der Menschenwürde des betroffenen Ausländers oder seinen Grundrechten auf Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit angemessen Rechnung getragen wird. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 1.2.2007 – 2 W 37/06 –, SKZ  2008, 52, Leitsatz Nr. 62) Der Prüfungsumfang hinsichtlich etwaiger aus § 60 Abs. 7 AufenthG ableitbarer Rechte des erkrankten Klägers erfährt weder durch die Zuständigkeitsverlagerung von der Ausländerbehörde auf das Bundesamt noch – gegebenenfalls – durch eine im Ergebnis negative Beurteilung des Vorliegens einer politischen Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG inhaltlich Einschränkungen.

Nach Aktenlage handelt es sich bei dem Kläger asylrechtlich ohnehin um einen Erstantragsteller. In den Genuss einer in § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bereits mit dem Asylgesuch verknüpften Aufenthaltsgestattung kann auch der Ausländer noch gelangen, der seinen förmlichen Asylantrag beim Bundesamt erst nach Ablauf der vom Gesetzgeber dafür eingeräumten Frist von zwei Wochen, nachdem er materiell um Asyl nachgesucht hat (§ 67 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG), stellt. In diesen Fällen tritt die Aufenthaltsgestattung nach Maßgabe des § 67 Abs. 2 AsylVfG wieder in Kraft. Das findet seine Berechtigung insbesondere in Fällen der vorliegenden Art, in denen die Ausländerbehörde es in Verkennung der genannten Zuständigkeitsabgrenzung für einen erheblichen Zeitraum unterlässt, das Asylgesuch entsprechend § 19 AsylVfG weiterzuleiten, wobei im Übrigen im konkreten Fall auch das nach § 72 Abs. 2 AufenthG wegen der zielstaatsbezogenen Behandlungsmöglichkeiten eingeschaltete Bundesamt sich über einen geraumen Zeitraum lediglich als zu beteiligende Behörde angesehen hat.

Auch aus dem § 72 Abs. 2 AufenthG ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift verpflichtet allgemein die Ausländerbehörde, vor ihrer Entscheidung über das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse das Bundesamt zu beteiligen, um dessen besondere Sachkunde hinsichtlich der Verhältnisse im Herkunftsland des Ausländers nutzbar zu machen, setzt also grundsätzlich die Möglichkeit einer Entscheidungszuständigkeit der Ausländerbehörde in dem Bereich voraus. (vgl. dazu etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 18.10.2005 – 2 Y 9/05 -, SKZ 2006, 60, Leitsatz Nr. 72 dort zur Situation eines wegen angekündigter Umverlegung nach Karlsruhe von dem Betroffenen unmittelbar nach Stellung wieder zurückgenommenen Asylantrags) Für diese eigenen Entscheidungszuständigkeiten der Ausländerbehörde kommen indes nach dem Gesagten nur zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse in Betracht, die sich nicht aus einem Sachverhalt ergeben, der von seiner Thematik her dem Bereich politischer Verfolgung im Verständnis des § 60 Abs. 1 AufenthG zuzuordnen ist. Der Anwendungsbereich des § 72 Abs. 2 AufenthG betrifft daher hiervon unabhängige gravierende und sich zeitnah realisierende krankheitsbedingte Gefährdungen eines Ausländers aufgrund individuell fehlender oder für den Betroffenen nicht erreichbarer Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland, wenn dieser zuvor nie ein Asylgesuch gestellt hatte, oder – in engen Ausnahmen – die Fallkonstellationen, in denen die eigenständige ausländerbehördliche Entscheidungszuständigkeit bei der Geltendmachung so genannter Allgemeingefahren durch im Wege ausländerbehördlicher Erlassregelungen geschützter Asylbewerber wegen der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG zur Schließung grundrechtlicher Schutzlücken geboten ist. (vgl. dazu etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.2.2008 – 2 A 16/07 –)

Insgesamt lässt sich dem Antragsvorbringen des Klägers daher die Darlegung eines Zulassungsgrundes (§ 124 Abs. 2 VwGO) nicht entnehmen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 52, 47 GKG, wobei hier der so genannte Auffangwert in Ansatz zu bringen ist.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 30.11.2006 – 2 F 76/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der Antragsteller zu 2) bis 4). Alle stammen aus B in Albanien und begehren vorliegend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die ihnen gegenüber jeweils unter dem 29.9.2006 ergangenen, mit Abschiebungsandrohungen versehenen Ausreiseaufforderungen der Antragsgegnerin. Der frühere Ehemann der Antragstellerin zu 1) und Vater der Antragsteller zu 2) bis 4), Herr D L., dem bei der Scheidung von der Antragstellerin zu 1) im Februar 2000 das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder übertragen worden war, (vgl. das Urteil Nr. 1352 des Kreisgerichts B/Albanien vom 10.2.2000, Ablichtung Blatt 28 der Gerichtsakte VG 2 F 57/06) hat sich seit Dezember 1999 zeitweise ebenfalls in Deutschland aufgehalten und im Juli 2000 in Lebach Frau A L, geborene H, geheiratet. Die Antragsteller führten bis zu einer im Jahre 1997 auf dem Standesamt in B wegen einer nach ihren Angaben damals beabsichtigten Auswanderung nach Griechenland durchgeführten Namensänderung von den heutigen Personalien abweichende Vornamen und den gemeinsamen Familiennamen X. Im November 2005 wurde der Vater an das Heimatland ausgeliefert, wo er eine langjährige Haftstrafe wegen Mordes verbüßt. (vgl. in dem Zusammenhang die Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft in Saarbrücken vom 25.11.2005 (Ausl. 39/2005), wo auf ein Urteil Nr. 36/133 des Bezirksgerichts in F/Albanien vom 21.3.2000 hingewiesen wird, Blatt 40 der Ausländerakte der Antragstellerin zu 1))

Die Antragsteller zu 2) bis 4) reisten im Jahre 2001 zu ihrem in A-Stadt wohnhaften Vater in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo ihnen die Antragsgegnerin zum Zwecke der Familienzusammenführung zuletzt jeweils bis zum 14.7.2006 befristete Aufenthaltserlaubnisse erteilte.

Die Antragstellerin zu 1) ist nach ihren Angaben (vgl. die Angaben der Antragstellerin zu 1) anlässlich ihrer Beschuldigtenvernehmung wegen illegalen Aufenthalts am 7.7.2005, Blätter 2 ff. der Ausländerakte) 2003 oder 2004 zunächst mit einem „gekauften“ griechischen Visum nach Griechenland und dann über Italien illegal in die Bundesrepublik eingereist. Im Juli 2005 wurde ihr erstmals eine Duldung erteilt und im September 2006 erhielt sie das Sorgerecht für die Antragsteller zu 2) bis 4). (vgl. den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarbrücken vom 8.9.2006 – 41 F 327/06 EASO -, Blatt 52 der Gerichtsakte 2 F 57/06)

Zuvor hatte die Antragsgegnerin die Antragsteller, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, durch Bescheid vom 14.6.2006 erstmals unter Fristsetzung zum 31.7.2006 zur Ausreise aufgefordert und ihnen für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung nach Albanien angedroht. Nachdem diese Verfügung von der Antragsgegnerin unter dem 29.9.2006 zurückgenommen worden war, wurde ein zwischenzeitlich von den Antragstellern eingeleitetes Aussetzungsverfahren vom Verwaltungsgericht eingestellt. (vgl.dazu VG des Saarlandes, Beschluss vom 24.10.2006 – 2 F 57/06 -)

Gleichzeitig wurden die Antragsteller von der Antragsgegnerin nunmehr jeweils unter Fristsetzung zum 31.10.2006 und Androhung der Abschiebung bei Nichtbefolgung erneut zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschland aufgefordert. In den Begründungen hierfür wurde auf den unerlaubten Aufenthalt verwiesen und ausgeführt, da sich die Antragsteller zu 2) bis 4) in der Schulausbildung befänden, sei die Ausreisefrist in die Herbstferien verlegt worden. Insbesondere stehe der derzeitige Sozialleistungsbezug der Antragsteller einem weiteren Aufenthalt entgegen.

Hiergegen richtet sich der vorliegende Aussetzungsantrag, mit dem die Antragsteller die „Wiederherstellung“ der aufschiebenden Wirkung ihrer zwischenzeitlich erhobenen Widersprüche begehren. Sie haben erstinstanzlich auf eine ihnen aufgrund der Straftat des früheren Ehemannes beziehungsweise Vaters in Albanien drohende „Blutracheproblematik“ verwiesen und insoweit die Stellung eines Asylantrags angekündigt.

Die Antragsgegnerin hat erklärt, eine Bedrohung der Antragsteller durch Blutrache sei in keiner Weise nachgewiesen und gegebenenfalls durch die Stellung eines Asylantrags geltend zu machen. Sodann gehe die „ausländerrechtliche Zuständigkeit“ auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 30.11.2006 unter Hinweis auf die illegale Einreise der Antragstellerin zu 1) und die vollziehbare Ausreisepflicht aller Antragsteller zurückgewiesen. In der Entscheidung heißt es weiter, auch die Aufenthaltstitel der Antragsteller zu 2) bis 4) seien ausgelaufen und eine Verlängerung nicht beantragt worden. Deren gute schulische Leistungen könnten einen entsprechenden Anspruch auch nicht begründen. Ein Asylantrag sei nach telefonischer Auskunft der Außenstelle des Bundesamts in Lebach nicht gestellt worden.

Dagegen richtet sich die ordnungsgemäß erhobene Beschwerde der Antragsteller. Diese wurde im Wesentlichen wie folgt begründet: Sie – die Antragsteller – seien aus Albanien geflohen, weil sie befürchtet hätten, infolge eines „blutigen Nachbarschaftskonflikts“, bei dem der frühere Ehemann und Vater im Streit um ein Grundstück beziehungsweise die geplante Errichtung einer Tankstelle in V einen Nachbarn erschossen habe, Opfer einer Blutrache durch die Familie des Getöteten zu werden. Das gelte besonders für den Antragsteller zu 2) als ältesten Sohn. Die Blutrache sei bekanntermaßen in Albanien an der Tagesordnung, wobei staatlicher Schutz nicht zu erlangen sei. Die Bedrohten hätten keine Überlebenschance, sobald sie ihr Haus verließen. Nach der Tat sei es zu einem „Bombenanschlag“ auf ihre Wohnung in V gekommen. Dabei sei der Antragsteller zu 4) durch herumfliegende Glassplitter verletzt worden, weswegen er noch heute unter Angstzuständen leide und medikamentös behandelt werde. Sie seien zunächst für etwa eine Woche – damals noch gemeinsam - zu Verwandten nach Tirana geflüchtet. Hier seien sie von Familienmitgliedern des Mordopfers gesucht, aber nicht gefunden worden. Anschließend hätten sie sich zu dem Vater der Antragstellerin zu 1) nach B begeben. Dort seien dann wiederum die besagten Nachbarn aus V erschienen, und sie – die Antragsteller und der frühere Ehemann und Vater – hätten sich dann gerade noch auf dem Dachboden des Hauses verstecken können. Der Vater und Großvater habe versucht, die Polizei herbeizurufen. Diese habe allerdings mit dem Bemerken, dass „ihr die Angelegenheit zu heiß“ sei, ein Kommen abgelehnt. Anschließend sei der Exmann und Vater allein nach Deutschland geflohen.

Den auf dieser Grundlage ursprünglich beabsichtigten Asylantrag hätten sie nicht gestellt, da sie in diesem Fall nicht in A-Stadt, vielleicht sogar nicht einmal im Saarland, bleiben könnten, sondern in eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber wechseln müssten. Das bedingte auch einen Schulwechsel, wobei die Antragsteller zu 2) und 3) das L-Gymnasium in A-Stadt und der Antragsteller zu 4) eine Ganztagsgrundschule besuchten. Der Antragstellerin zu 3), die früher eine Erweiterte Realschule besucht hätte, sei ein Wechsel auf das Gymnasium sogar ausdrücklich empfohlen worden. Schulleiter und Schulgemeinschaft des Gymnasiums setzten sich „nachdrücklich für den weiteren Aufenthalt“ der Antragsteller zu 2) und 3) ein, die nach Auffassung der Lehrkräfte integriert und für die Erlangung eines gymnasialen Abschlusses „eindeutig geeignet“ seien. Der Antragsteller zu 2) werde vom Förderverein des Gymnasiums finanziell unterstützt. Vor diesem Hintergrund hätten sie sich entschlossen, statt des Asylantrags ein Gesuch bei der Härtefallkommission des Saarlandes zu stellen. Daraus ergebe sich ein rechtliches Abschiebungshindernis, da nach ständiger Übung Abschiebungen bis zu den Entscheidungen der Kommission nicht durchgeführt würden.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30.11.2006 – 2 F 76/06 –, mit dem ihr Begehren auf „Wiederherstellung“ der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die unter dem 29.9.2006 ihnen gegenüber ergangenen Abschiebungsandrohungen der Antragsgegnerin zurückgewiesen wurde, muss erfolglos bleiben. Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang im Rechtsmittelverfahren bestimmende Vorbringen in der Beschwerdebegründung gebietet keine von der erstinstanzlichen Entscheidung abweichende Beurteilung des Eilrechtsschutzbegehrens der Antragsteller.

Zunächst bleibt festzuhalten, dass die nach dem Vortrag der Antragsteller inzwischen erfolgte Stellung eines Antrags an die Härtefallkommission des Saarlandes kein rechtliches Vollstreckungshindernis im Verständnis des § 60a Abs. 2 AufenthG zu begründen vermag. (vgl. entsprechend für die Anrufung des Petitionsausschusses im Landtag des Saarlandes durch den von der Abschiebung bedrohten Ausländer OVG des Saarlandes, Beschluss vom 23.10.2006 – 2 W 29/06 -) Dabei mag dahinstehen, ob in anderen Fällen der Einschaltung der Kommission – wie die Antragsteller behaupten – tatsächlich eine entsprechende Übung besteht, die im Übrigen nur dann als Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) gewertet werden könnte, wenn sie bei der konkret entscheidenden Ausländerbehörde, also hier der Antragsgegnerin, feststellbar wäre. Davon kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht ausgegangen werden. Der Fall der Antragsteller dürfte sich zudem von der Sachlage her von den üblicherweise der Härtefallkommission angetragenen Fällen wesentlich unterscheiden. Bei diesen handelt es sich in aller Regel um viele Jahre in Deutschland lebende Ausländer, in deren Fall sämtliche sonstigen Versuche einer Legalisierung des Aufenthalts ohne Erfolg geblieben sind.

Die Antragsgegnerin ist vorliegend bei ihren Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht der Antragsteller auch nicht gehalten, die von diesen für den Fall ihrer Rückkehr nach Albanien geltend gemachte „Blutracheproblematik“ unter dem Blickwinkel des Vorliegens eines individuellen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit in den Blick zu nehmen. Zwar soll nach dem uneingeschränkten Wortlaut dieser Vorschrift generell von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dies bedeutet allerdings nicht, dass alle in Betracht kommenden zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse in diesem Sinne gerade gegenüber der mit der Aufenthaltsbeendigung befassten Ausländerbehörde eingewandt werden können. So können etwa ehemalige Asylbewerber zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, früher § 53 Abs. 6 AuslG) ebenso wie eine drohende politische Verfolgung im Heimatland (Art. 16a Abs. 1 GG, § 60 Abs. 1 AufenthG) gegenüber der Ausländerbehörde mit Blick auf die dem § 42 AsylVfG zu entnehmende Bindungswirkung der diesbezüglich negativen Entscheidung des Bundesamtes generell nicht (mehr) mit Erfolg gegenüber der Ausländerbehörde geltend machen. (vgl. zu den Bindungswirkungen der negativen Entscheidungen des Bundesamts für die mit der Durchführung der Abschiebung betrauten Ausländerbehörden nach § 42 AsylVfG etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 6.12.2006 – 2 W 31/06 -, vom 26.7.2006 – 2 W 21/06 -, vom 17.5.2006 – 2 W 11/06 -, SKZ 2006, 224, Leitsatz Nr. 65, vom 15.3.2005 – 2 W 5/05 –, SKZ 2005, 299, Leitsatz Nr. 53, vom 16.6.2005 – 2 W 9/05 –, vom 18.10.2005 – 2 W 15/05 –, SKZ 2006, 59, Leitsatz Nr. 71, und vom 8.12.2005 – 2 W 35/05 -, SKZ 2006, 61 Leitsatz Nr. 78) Diese darf im Rahmen der Aufenthaltsbeendigung ehemaliger oder aktueller Asylbewerber den Einwand zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) vielmehr nur dann berücksichtigen, wenn das nach § 31 Abs. 3 AsylVfG (1993/2005) zur Entscheidung auch darüber berufene Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift festgestellt hat. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 15.3.2005 – 2 W 5/05 -, SKZ 2005, 299, Leitsatz Nr. 53, dazu auch BVerwG, Beschluss vom 3.3.2006 – 1 B 126.05 -, NVwZ 2006, 830)

Im Ergebnis nichts anderes gilt für den vorliegenden Fall, in dem die Antragsteller im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens gegenüber der Antragsgegnerin als Ausländerbehörde materiell ein Asylgesuch im Sinne des § 13 AsylVfG geltend gemacht, indes bewusst bisher von der Stellung eines förmlichen Asylantrags (§ 14 AsylVfG) Abstand genommen haben, um den damit verbundenen Restriktionen, insbesondere einer möglichen mit dem Erfordernis des Schulwechsels für die Antragsteller zu 2) bis 4) verbundenen Verlegung ihres ständigen Aufenthalts (§ 47 AsylVfG) zu entgehen. Auch in derartigen Fällen bleibt der Ausländerbehörde eine selbständige Entscheidung über die Gewährung von Abschiebungsschutz aus diesen Gründen verwehrt, wenn die geltend gemachte zielstaatsbezogene Gefährdung – wie hier - thematisch dem Bereich politischer Verfolgung zuzuordnen ist und daher gegebenenfalls, das heißt, wenn sich eine entsprechende Rückkehrgefährdung im konkreten Fall tatsächlich feststellen lässt, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG begründen würde. Die von den Antragstellern geschilderte Gefährdung aufgrund der „Blutracheproblematik“ in Albanien betrifft die Frage politischer Verfolgung im Sinne der Definition des § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c AufenthG in Form einer dem (hier: albanischen) Staat aufgrund fehlender staatlicher Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit zurechenbaren Verfolgung durch „nichtstaatliche Akteure“.

In diesen Fällen sind die Betroffenen auf das Verfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und damit im Ergebnis auf die Stellung eines Asylantrags zu verweisen. Die bereits mit dem Asylgesuch begründete ausschließliche Zuständigkeit des Bundesamts erstreckt sich generell auf den Schutz vor politischer Verfolgung. Das insoweit vorgesehene Verfahren hat der Gesetzgeber mit den mit Blick auf die Grundrechte der Betroffenen erforderlichen verfahrensrechtlichen Schutzwirkungen versehen, die für die Dauer des Verfahrens regelmäßig einer Aufenthaltsbeendigung durch die Ausländerbehörde entgegenstehen. In den Genuss einer in § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bereits mit dem Asylgesuch verknüpften Aufenthaltsgestattung kann auch der Ausländer noch gelangen, der seinen förmlichen Asylantrag beim Bundesamt erst nach Ablauf der vom Gesetzgeber dafür eingeräumten Frist von zwei Wochen, nachdem er um Asyl nachgesucht hat (§ 67 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG), stellt. In diesen Fällen tritt die Aufenthaltsgestattung nach Maßgabe des § 67 Abs. 2 AsylVfG wieder in Kraft.

Das Asylgesuch des Ausländers begründet daher insoweit eine ausschließliche Zuständigkeit. Der materiell unter dem Aspekt politischer Verfolgung Schutz suchende Ausländer ist daher zwingend auf das insoweit alle Schutzformen umfassende Asylverfahren vor dem mit besonderer Sachkunde ausgestatteten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verweisen. Ihm steht insoweit insbesondere kein Wahlrecht zu, das es ihm gestattete, auf die Einschaltung des Bundesamts zu verzichten und stattdessen die örtliche Ausländerbehörde mit der Thematik zu befassen. (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 3.3.2006 – 1 B 126.05 -, NVwZ 2006, 830, wonach derjenige Schutzsuchende, der sich materiell auf Asylgründe beruft, nach § 13 Abs. 1 AsylVfG zwingend auf das alle Schutzersuchen und Schutzformen umfassende Asylverfahren zu verweisen ist und ein diesbezügliches Wahlrecht zwischen asylrechtlichem und ausländerrechtlichem Schutz vor Verfolgung im Heimatland nicht besteht)

Auch aus dem § 72 Abs. Abs. 2 AufenthG ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift verpflichtet allgemein die Ausländerbehörde, vor ihrer Entscheidung über das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse das Bundesamt zu beteiligen, um dessen besondere Sachkunde hinsichtlich der Verhältnisse im Herkunftsland des Ausländers nutzbar zu machen. (vgl. dazu etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 18.10.2005 – 2 Y 9/05 -, SKZ 2006, 60, Leitsatz Nr. 72 dort zur Situation eines wegen angekündigter Umverlegung nach Karlsruhe von dem Betroffenen unmittelbar nach Stellung wieder zurückgenommenen Asylantrags) Diese eigenen Entscheidungszuständigkeiten der Behörde ergeben sich daraus, dass die umfassende Zuständigkeit zur Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 ff. AufenthG (§ 31 Abs. 3 AsylVfG) dem Bundesamt grundsätzlich erst mit der Stellung eines Asylantrags im engeren Sinne (§ 14 AsylVfG) zuwächst, (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 3.12.1997 – 1 B 219.97 -, DVBl. 1998, 286) die im Übrigen auch nach der Rücknahme des Asylantrags fortbesteht (§ 32 AsylVfG). Nach dem Gesagten kommen indes insoweit nur zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse in Betracht, die sich nicht aus Gefahrenlagen ergeben, die Resultat politischer Verfolgung im Verständnis des § 60 Abs. 1 AufenthG sind. Der Anwendungsbereich des § 72 Abs. 2 AufenthG betrifft daher beispielsweise gravierende und sich zeitnah realisierende krankheitsbedingte Gefährdungen eines Ausländers aufgrund individuell fehlender oder für den Betroffenen nicht erreichbarer Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland, wenn dieser zuvor nie einen förmlichen Asylantrag gestellt hatte.

Mit Blick auf das generelle Anliegen des Gesetzgebers, gerade im Bereich von Asylsuchenden Doppelprüfungen, das heißt letztlich „doppelte“ Zuständigkeiten hinsichtlich der zu treffenden Entscheidungen grundsätzlich zu vermeiden, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausländerbehörde, hier die Antragsgegnerin, berechtigt oder gar verpflichtet ist, eine dem Bereich politischer Verfolgung zuzurechnende Rückkehrgefährdung bei Ausländern, die aus anderen Gründen die Stellung eines förmlichen Asylantrags ablehnen, gewissermaßen „aufzuspalten“ und unter „Eliminierung politischer Elemente“ mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer isolierten Überprüfung und Entscheidung zuzuführen. (anders, allerdings noch zur früheren Rechtslage, insbesondere zu § 53 AuslG VGH Mannheim, Beschluss vom 14.12.1993 – A 16 S 2005/93 -, VBlBW 1994, 454 unter Aufgabe abweichender früherer Rechtsprechung, OVG Schleswig, Beschluss vom 8.10.1992 – 4 M 89/92 -, InfAuslR 1993, 18, jeweils unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 3.4.1992, InfAuslR 1993, 176, wobei in beiden Entscheidungen über die heutige Rechtslage (§ 42 AsylVfG) hinaus sogar auch die Möglichkeit einer Geltendmachung von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen gegenüber der Ausländerbehörde trotz Vorliegens einer negativen Entscheidung des Bundesamts hierzu bejaht wurde; wie hier bereits damals: OVG Hamburg, Beschluss vom 17.10.1995 – Bs V 27/95 -, DVBl. 1996, 628, wonach die Ausländerbehörde zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse (damals nach § 53 AuslG) mit „politischem Charakter“ auch dann außer Betracht zu lassen hatte, wenn der Ausländer die Stellung eines Asylantrags ablehnt; insoweit noch ausdrücklich offen gelassen in BVerwG, Beschluss vom 3.12.1997 – 1 B 219.97 -, DVBl. 1998, 286)

Auch die Grundrechtsgewährleistungen in Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hindern den Gesetzgeber nicht, ein bestimmtes und vor allem bei einer bestimmten, mit spezifischer Sachkunde ausgestatteten Behörde durchzuführendes Verfahren – hier das Asylverfahren beim Bundesamt - verbindlich vorzuschreiben, in dem dann gegebenenfalls der Menschenwürde des betroffenen Ausländers oder seinen Grundrechten auf Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit angemessen Rechnung getragen wird. Ob es besondere Einzelfälle geben kann, in denen dieser Schutz nicht (mehr) rechtzeitig zu erlangen ist und in denen daher doch ausnahmsweise die Ausländerbehörde zumindest vorläufig eine eigene Bewertung vornehmen muss, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Vertiefung. Die mit der Stellung von Asylanträgen verbundenen gesetzlichen Einschränkungen sind von den Betroffenen grundsätzlich hinzunehmen. Die Anliegen insbesondere der Antragsteller zu 2) und 3), die nach Aktenlage erfolgreich ein Gymnasium in A-Stadt besuchen, sind für den Senat ohne weiteres nachzuvollziehen. Wie weit und wodurch ihnen nach der Gesetzeslage in sinnvoller Weise Rechnung getragen werden kann, ist von den insoweit zu einer Entscheidung berufenen Behörde in den Blick zu nehmen. Das kann allerdings an der geschilderten rechtlichen Ausgangslage nichts ändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 2, 47 GKG 2004, wobei eine Halbierung des Auffangstreitwerts für jeden Antragsteller gerechtfertigt erscheint.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger sind serbische Staatsangehörige und Zugehörige der Volksgruppe der Roma. Die Kläger zu 1. bis 4. reisten nach eigenen Angaben am ... Dezember 2011 erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 4. Januar 2012 Asylantrag.

Nachdem sie dem Termin zur Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) unentschuldigt ferngeblieben waren, lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom ... März 2012 die Anträge der Kläger zu 1. bis 4. auf Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab (Nr. 1) und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich (Nr. 2) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 3). Es forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde ihnen die Abschiebung nach Serbien angedroht (Nr. 4).

Am 30. Januar 2013 stellten die Kläger zu 1. bis 4. beim Bundesamt erneut Asylantrag. Zur Begründung gaben die Kläger zu 1. und 2. im Wesentlichen an, dass der Kläger zu 1. Nierensteine habe, aber nicht beim Arzt gewesen sei. Der Kläger zu 3. habe einen Leistenbruch, der operiert werden müsse. Sie hätten in Serbien kein gutes Leben und nur ein winziges Haus gehabt. Sie hätten auch kein Wasser und keinen Strom gehabt. Sie würden als Roma ausgegrenzt und malträtiert und hätten keine Rechte. Es gebe keine Möglichkeit, Arbeit zu bekommen und zu überleben. Der Kläger zu 1. habe ab und zu privat gearbeitet und Metallschrott gesammelt. Er bekomme nur umgerechnet ca. 20 € Kindergeld im Monat. Außerdem komme in Serbien gleich die Polizei, wenn man in einen Konflikt gerate und dann sei man dran. Die Polizei fessele einem die Hände und behandele einen wie Vieh. Der Kläger zu 1. sei ein paar Mal aufs Revier genommen worden und die Polizei habe behauptet, er habe Wertsachen gestohlen, was nicht stimme. Die Klägerin zu 2. sei von zwei jungen Serben gefragt worden, ob sie mit ihr schlafen könnten. Sie habe das verneint und sei nach Hause gerannt. Sie habe das bei der Polizei anzeigen wollen, aber die glaubten ihnen sowieso nicht.

Mit Bescheid vom 13. Februar 2013 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab (Nr. 1) und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich (Nr. 2) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 3). Es forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde ihnen die Abschiebung nach Serbien angedroht (Nr. 4).

Nachdem die Kläger nach eigenen Angaben am ... November 2014 erneut in die Bundesrepublik Deutschland eingereist waren, stellten die Kläger zu 1. bis 4. am 2. Dezember 2014 beim Bundesamt Anträge auf Durchführung weiterer Asylverfahren (Folgeanträge). Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass sie kein eigenes Haus hätten. Sie hätten nur Eisen gesammelt zum Überleben und etwas Kindergeld in Höhe von ca. 30 € pro Monat bekommen. Sie würden gerne hierbleiben und mir ihren zehn Fingern Geld verdienen und nicht vom Sozialamt leben. Sie wollten eine bessere Zukunft für ihre Familie.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2014 (5863639-170) lehnte die Beklagte die Anträge der Kläger zu 1. bis 4. auf Durchführung weiterer Asylverfahren sowie auf Abänderung des Bescheides vom 13. Februar 2013 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab.

Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage sei nicht ersichtlich, da die Kläger ihren Folgeantrag nicht ausreichend begründet hätten. Sie hätten vielmehr die Gründe wiederholt, die sie bereits in ihren Erstverfahren geltend gemacht hätten. Neue Gründe seien nicht vorgetragen worden. Auch habe sich die Lage im Heimatland zwischenzeitlich nicht geändert.

Mit weiterem Bescheid vom 16. Dezember 2014 (5863718-170) wurde der Antrag der am 21. Dezember 2013 geborenen Klägerin zu 5. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet abgelehnt, der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Nr. 3) und festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Die Abschiebung nach Serbien wurde angedroht (Nr. 5).

Für die Klägerin sei nichts vorgetragen worden, was zu der Überzeugung gelangen lasse, dass, entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in ihrem Herkunftsstaat (sicherer Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29 a Abs. 2 AsylVfG i. V. m. Anlage II zum AsylVfG) in ihrem Fall die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung erfüllt seien. Auch Gründe für eine bestehende individuelle Gefährdung bzw. ein Abschiebungsverbot seien nicht ersichtlich.

Gegen diese Bescheide erhob die Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2014, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 2. Januar 2015, Klage und beantragte,

1. den Bescheid vom 16. Dezember 2014 (Az. 5863639-170) aufzuheben,

2. die Beklagte zu verpflichten, die Kläger zu 1., 2., 3. und 4. als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,

3. hilfsweise, dass die Voraussetzung von § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegt,

4. den Bescheid vom 16. Dezember 2014 (Az. 5863718-170) aufzuheben,

5. die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin zu 5. als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,

hilfsweise, dass die Voraussetzung von § 60 Abs. 3 bis 5 und 7 AufenthG vorliegt.

Zur Begründung wurde auf die bisherigen Angaben Bezug genommen. Das Bundesamt habe den Antrag falsch gewürdigt. Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsanordnung sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil den Klägern in der Heimatstadt eine menschenrechtswidrige Handlung drohe. Das von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelte strenge Kriterium einer Offensichtlichkeitsentscheidung des Asylantrags liege nicht vor. Die Kläger seien eine serbische Roma-Familie, so dass ernstliche Zweifel daran bestünden, dass ihnen nach ihrer Abschiebung in Serbien keine relevanten Nachteile drohten. Es bestünden auch ernsthafte Zweifel, dass das Gesetz zu den sicheren Herkunftsländern mit Blick auf die Roma rechtens sei. Bei der Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat müsse der Gesetzgeber ein Gesamturteil über die für politische Verfolgung bedeutsamen Verhältnisse in dem jeweiligen Staat bilden. Dem sei der Gesetzgeber mit Blick auf die serbischen Roma und die für sie negativen Ausreisebestimmungen nicht ausreichend nachgekommen. Die Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Münster hätten in einer Vielzahl von Fällen Eilklagen stattgegeben und dabei betont, dass Roma in ihrem Recht auf Freizügigkeit beschnitten und kriminalisiert würden, wenn sie von dem Menschenrecht der freien Ausreise Gebrauch machten. Laut dem neu eingeführten § 350a des serbischen Strafgesetzbuchs hätten Asylbewerber wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland mit strafrechtlicher Verfolgung und Verurteilung zu rechnen.

Die Kläger würden in ihrer Heimat als Roma ausgegrenzt und malträtiert. Der Kläger zu 1. sei mehrmals von der Polizei mitgenommen und misshandelt worden. Die Klägerin zu 2. sei von zwei Serben belästigt worden, die mit ihr schlafen wollten. Die Polizei habe ihr nicht geglaubt, weil sie Roma sei. Außerdem hätten die Kläger zu 1. bis 3. gesundheitliche Probleme und bräuchten Medikamente, die sie in ihrer Heimat nicht bekämen.

Die Beklagte stellte keinen Antrag.

Ein gleichzeitig mit der Klage eingereichter Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, wurde mit Beschluss vom 13. Januar 2015 (M 17 S 15.30003) abgelehnt.

In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger zu 1. zu den Asylgründen der Kläger im Wesentlichen an, dass sie in Serbien keine ärztliche Versorgung, keine Krankenversicherung und keine Wohnung hätten. Er sei wegen einer Verletzung am Bein operiert worden, habe Kopfschmerzen und Nierensteine in beiden Nieren. Er müsse deswegen operiert werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren M 17 S 15.30003 sowie auf die vorgelegten Behördenakten und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2015 verwiesen.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2015 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen war. Denn in der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Bescheide des Bundesamtes vom 16. Dezember 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).

1. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist im Fall der Stellung eines erneuten Asylantrages nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrages (Folgeantrag) ein weiteres Asylverfahren nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Diese Vorschrift verlangt, dass sich die der Erstentscheidung zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Asylbewerbers geändert hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), neue Beweismittel vorliegen, die eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG). Der Asylfolgeantrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (§ 51 Abs. 3 VwVfG).

a) Hier hat die Beklagte hinsichtlich der Kläger zu 1. bis 4. zu Recht die erneute Durchführung eines Asylverfahrens abgelehnt, da die Kläger die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens i. S. v. § 71 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bzw. auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bezüglich der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 4 AsylVfG bzw. § 60 AufenthG nicht glaubhaft machen konnten.

Insoweit wird vollumfänglich auf die im Bescheid der Beklagten getätigten Ausführungen verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

b) Die Antragsteller haben im Fall ihrer Rückkehr nach Serbien auch keine Gruppenverfolgung als Volkszugehörige der Roma zu erwarten. Voraussetzung einer Gruppenverfolgung - egal ob durch staatliche oder nicht staatliche Akteure - ist stets, dass jedes im Verfolgungsgebiet lebende Gruppenmitglied wegen der Gruppenzugehörigkeit von Verfolgung betroffen ist. Dabei müssen Verfolgungshandlungen gegen die Gruppe vorliegen, die so intensiv und zahlreich sind, dass jedes Mitglied der Gruppe die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit ableiten kann (vgl. BVerwG, B. v. 1.2.2007 - 1 C 24.06 - NVwZ 2007, 590). Eine solche Verfolgungsdichte besteht für Angehörige der Roma in Serbien nicht. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 15. Dezember 2014 sind zwar Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Roma unverändert weit verbreitet, es gibt aber keine Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen. Die meisten Minderheitenvertreter bezeichneten ihre eigene Situation vielmehr als grundsätzlich zufriedenstellend. Insgesamt habe sich in den letzten Jahren die Situation der Roma verbessert. Die serbische Regierung bemühe sich auch, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Hierzu gehöre unter anderem eine Strategie zur Verbesserung der Situation der Roma in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und soziale Sicherung (S. 9). Diese Beschreibung der Situation der Roma entspricht im Wesentlichen auch den Darstellungen von Amnesty International (Jahresberichte Serbien [einschließlich Kosovo] 2009 bis 2013) und für Südserbien der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Südserbien: Soziale Situation vertriebener Personen vom 28.2.2011, Zugang Angehöriger der Roma-Ethnie zu Gesundheitsdiensten und Sozialhilfe in Serbien vom 4.10.2012). Soweit dennoch vereinzelt Verfolgungsmaßnahmen gegen Roma in Serbien vorkommen, gehen diese weder vom Staat noch von Organisationen mit staatsähnlicher Herrschaftsmacht aus und sind einer solchen Macht auch nicht zurechenbar (VG Regensburg, U. v. 7.5.2014 - RO 6 K 14.30326 - juris Rn. 19; vgl. a. VG Bayreuth, U. v. 4.8.2014 - B 3 K 14.30247 - juris Rn. 25ff.; VG Düsseldorf, B. v. 11.8.2014 - 27 L 1576/14.A - juris Rn. 19ff.; vgl. a. OVG Lüneburg, B. v. 22.10.2014 - 8 LA 129/14 - juris Rn. 14ff.).

Das Gericht folgt insoweit nicht der hiervon abweichenden Auffassung insbesondere des Verwaltungsgerichts Stuttgart (U. v. 25.3.2014 - A 11 K 5036/13 - juris), das eine Verfolgung von Roma in Serbien vor allem damit begründet, dass Angehörige der Roma in ihren elementaren Rechten auf Freizügigkeit beschnitten und zudem kriminalisiert würden und sich dabei auf die von ... herausgegeben Schrift von Dr. ... „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland?“ stützt. Zwar weist das VG Stuttgart zutreffend auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hin, dass Ausreisefähigkeit die Grundlage für jeden Menschen ist, Herrschaftsverhältnissen zu entgehen, mit denen der Einzelne aufgrund abweichender politischer Überzeugung nicht übereinstimmt. Das Gericht geht aber gegenwärtig nicht von einer Kriminalisierung Ausreisewilliger in Serbien aus. Vielmehr sieht Art. 17 der serbischen Verfassung sogar ausdrücklich ein Recht auf Bewegungsfreiheit vor, welches das Recht beinhaltet, Serbien zu verlassen und wieder nach Serbien zurückzukehren (vgl. ..., a. a. O., S. 42). Der vom VG Stuttgart als Beleg für eine Kriminalisierung Ausreisewilliger angeführte § 350a des serbischen StGB ändert hieran nichts. Abgesehen davon, dass dieser Straftatbestand bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylantrags existierte, richtet sich dieser nach seinem Wortlaut nicht gegen serbische Staatsangehörige, die im Ausland Asyl beantragen, sondern gegen Personen, die in Gewinnerzielungsabsicht serbischen Staatsangehörigen unter Vorspiegelung falscher Darstellungen über die Lage der Menschenrechte in Serbien Ausreisehilfe leisten (vgl. ..., a. a. O., S. 40, Fn. 252), d. h. allein Schleuseraktivitäten und Hilfshandlungen dazu sollen unter Strafe gestellt werden. Im Fokus der Regelung stehen somit nicht Ausreisewillige oder Asylsuchende, sondern kommerzielle Fluchthilfeorganisationen. Allein die Stellung eines Asylantrags ist von ihr nicht erfasst. Soweit dargetan wird, dass das auf Fluchthelfer abzielende Gesetz die Möglichkeit einer Kriminalisierung der Asylbewerber biete, denen vorgeworfen werde, ihre Situation in Serbien falsch darzustellen, vermag das schon deshalb nicht zu überzeugen, da keine Rechtsgrundlage für ein derartiges Vorgehen besteht. Auch eine „weite Auslegung“ der Vorschrift kann nicht zu einer strafbaren Handlung bei Asylantragstellung führen und Anhaltspunkte für eine abweichende Anwendung dieser Vorschrift sind ebenfalls nicht ersichtlich (vgl. a. OVG Lüneburg, B. v. 22.10.2014 - 8 LA 129/14 - juris Rn. 20ff.; VG Gelsenkirchen, U. v. 08.05.2014 - 17aK 2848/13.A -; VG Regensburg, U. v. 07.05.2014 - RO 6 K 14.30326 -; VG Freiburg, U. v. 30.06.2014 - A 3 K 2238/12 - alle juris).

Dass offenbar keinerlei Maßnahmen seitens der serbischen Behörden bei Rückkehrern ergriffen werden, zeigt auch dieses Verfahren. Die Kläger hatten bereits früher in Deutschland einen Asylantrag gestellt, haben aber im Folgeverfahren nicht geltend gemacht, dass ihre erste Ausreise bei ihrer Rückkehr nach Serbien von behördlicher Seite sanktioniert worden sei. Dem Gericht sind aus seiner Praxis auch sonst keine Fälle bekannt, bei denen es in Serbien zu Befragungen oder Sanktionen wegen der (Erst-)Asylantragstellung in Deutschland oder einem anderen (EU-)Land gekommen sein soll. Vielmehr zeigt sich in der Mehrzahl von Fällen, dass serbische Staatsangehörige - insbesondere auch Roma - ohne weitere Sanktionen Asylanträge in mehreren europäischen Staaten stellen und unbehelligt nach Serbien ein- und wieder ausreisen konnten. Bestätigt wird dies auch durch den Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 15. Dezember 2014 (S. 18).

Soweit es faktische Beschränkungen der Ausreisefreiheit in Serbien geben mag (z. B. Forderung des Nachweises des Reisezwecks und ausreichender finanzieller Mittel bei der Ausreise sowie Beschränkungen der Ausreise abgelehnter Asylbewerber ins EU-Ausland), ist in diesen Maßnahmen kein Eingriff in den Kernbereich des Rechts auf Freizügigkeit in Form der Ausreisefreiheit zu sehen, da sie den betroffenen Personen nicht generell die Ausreise aus Serbien unmöglich machen, sondern Einschränkungen bei einer Ausreise ins EU-Ausland darstellen. Diese Einschränkungen erreichen nicht die für eine politische Verfolgung erforderliche Intensität (vgl. VG Freiburg, U. v. 30.06.2014 - A 3 K 2238/12 -; VG Sigmaringen, U. v. 25.04.2014 - 1K 234/14 -; VG Regensburg U. v. 07.05.2014 - RO 6 K 14.30326 - alle juris). Zudem zeigt die aktuelle Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes (http://www.bamf.de), dass Serbien mit den Erstanträgen im Zeitraum Januar bis Juni 2014 (6.278) zweitstärkstes Herkunftsland ist und zum Vorjahreszeitraum (2.682) die Erstanträge um 134% gestiegen sind. Bei den Folgeanträgen ist Serbien für den Zeitraum Januar bis Juni 2014 sogar an erster Stelle der Herkunftsländer (3.083 Anträge). Bei den Folgeanträgen gab es zum Vorjahreszeitraum (1.736) eine Steigerung um 77,6%. Dieser Statistik ist zu entnehmen, dass von einer regelmäßigen Behinderung oder Verhinderung der Ausreise serbischer Staatsangehöriger bzw. Roma nicht die Rede sein kann (VG Regensburg, U. v. 7.5.2014 - RO 6 K 14.30326 - juris Rn. 20; VG Bayreuth, U. v. 4.8.2014 - B 3 K 14.30247 - juris Rn. 29ff.; VG Düsseldorf, B. v. 11.8.2014 - 27 L 1576/14.A - juris Rn. 26ff.).

Auch die Bestimmungen des Meldegesetzes, nach denen sich Personen, die länger als 90 Tage im Ausland bleiben, vor ihrer Abreise und bei ihrer Rückkehr bei den zuständigen Behörden melden müssen und Verstöße mit Geldstrafen geahndet werden können, stellen keinen Beleg für eine Beschränkung der Ausreisefreiheit dar. Vielmehr sind auch in den deutschen Meldegesetzen ähnliche Meldepflichten enthalten. So bestimmt Art. 13 Abs. 2 Bayerisches Meldegesetz (MeldeG), dass sich innerhalb einer Woche bei der Meldebehörde abzumelden hat, wer aus einer Wohnung auszieht und keine neue Wohnung im Inland bezieht. Gemäß Art. 35 Nr. 3 MeldeG ist dieser Verstoß als Ordnungswidrigkeit bußgeldbewehrt. Dass Personen, die gegen melderechtliche Vorschriften in Serbien verstoßen, Geldstrafen zu leisten haben, stellt für das Gericht daher keine relevante Verfolgungshandlung dar, insbesondere stellen Meldepflichten auch keinen unmittelbaren Eingriff in die Ausreisefreiheit dar (so auch: vgl. a. OVG Lüneburg, B. v. 22.10.2014 - 8 LA 129/14 - juris Rn. 17ff.; VG Regensburg U. v. 07.05.2014 - RO 6 K 14.30326; VG Freiburg, U. v. 30.06.2014 - A 3 K 2238/12 - beide juris). Soweit vorgebracht wird, die melderechtlichen Vorschriften würden „selektiv“ auf Roma angewandt, ist dies vor dem Hintergrund erklärlich, dass diese die größte Bevölkerungsgruppe in der serbischen Bevölkerung darstellen, die ihre Heimat - auch wiederholt - verlassen, um dann wieder - sei es freiwillig oder unter Zwang - zurückzukehren. Insoweit könnten Sanktionen tatsächlich verhältnismäßig öfter bei Roma auftreten. Von einer gezielten und selektiven Sanktionierung gegenüber Roma wegen einer Asylantragstellung oder einer Ausreise aus Serbien ist nicht auszugehen, auch wenn die Verschärfungen des Melderechts, die den Zweck hatten, die Visumsfreiheit für Serbien zu sichern, praktisch Roma am häufigsten treffen mögen (VG Regensburg, U. v. 7.5.2014 - RO 6 K 14.30326 - juris Rn. 20; VG Bayreuth, U. v. 4.8.2014 - B 3 K 14.30247 - juris Rn. 29ff.; VG Düsseldorf, B. v. 11.8.2014 - 27 L 1576/14.A - juris Rn. 26ff.).

Es liegen nach alledem keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Kläger einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte bzw. Flüchtlinge oder auf Zuerkennung eines subsidiären Schutzstatus haben könnten (§ 4 AsylVfG), und auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG ist nicht ersichtlich. Zwar sind Roma in Serbien - wie ausgeführt - teilweise Diskriminierungen ausgesetzt, es gibt jedoch keinerlei Hinweise, dass das Existenzminimum nicht gesichert wäre oder die allgemeine Versorgung nicht gewährleistet wäre. Von einer konkreten Leibes- oder Lebensgefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist nicht auszugehen (VG Regensburg, U. v. 7.5.2014 - RO 6 K 14.30326 - juris Rn. 23ff.).

Auf die Frage, ob die Regelung, wonach Serbien ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne von Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29a AsylVfG ist, rechtswidrig ist - wie die Klägerbevollmächtigte behauptet -, kommt es somit nicht an, da selbst im Falle der Unwirksamkeit dieser Bestimmung die Klage nach dem oben Gesagten keinen Erfolg haben kann.

c) Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag, der Kläger zu 1. sei von der Polizei misshandelt und die Klägerin zu 2. von Serben belästigt worden.

Abgesehen davon, dass dieser Vortrag bereits Gegenstand des ersten Asylverfahrens war und in der mündlichen Verhandlung bei der Schilderung der Asylgründe gänzlich unerwähnt blieb, stünde der Bejahung einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auch entgegen, dass es den Klägern möglich wäre, die Hilfe (höherer) staatlicher Stellen in Anspruch zu nehmen. Außerdem hätten die Kläger bei einer Rückkehr auch die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen (vgl. VG Würzburg, B. v. 29.11.2010 - W 1 S 10.30287 - juris Rn. 20; VG Gelsenkirchen, U. v. 30.5.2012 - 7a K 646/12.A - juris Rn. 20).

d) Schließlich können auch die geltend gemachten Erkrankungen kein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen.

Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst zwar nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatbezogenes Abschiebungshindernis kann aber gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B. v. 17.8.2011 - 10 B 13/11 u.a - juris; BayVGH, U. v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B. v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A - juris Rn. 56).

Demnach kann hier von einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis nicht ausgegangen werden:

Abgesehen davon, dass keine Atteste vorgelegt wurden, ist laut Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 15. Dezember 2014 (S. 15ff.) die medizinische Versorgung in Serbien grundsätzlich gewährleistet. Im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems genießen Angehörige von Minderheiten die gleichen Rechte wie die serbische Mehrheitsbevölkerung. Im Gegenteil werden Angehörige der Roma-Minderheit, sofern sie wegen ihrer traditionellen Lebensweise keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt in Serbien haben, nach der „Verfügung über die Beteiligung von Versicherten an den Kosten des Krankenschutzes“ grundsätzlich kostenfrei und ohne finanzielle Eigenbeteiligung behandelt. Im Übrigen gibt es in Serbien eine gesetzliche Pflicht-Krankenversicherung und eine ärztliche Notfallversorgung ist grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen sind dabei für alle Patienten kostenlos.

Auch die nunmehr geltend gemachte anstehende Nierenoperation kann kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG begründen, da es sich bei einer derartigen Operation allenfalls um ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis handeln würde, das nur von der Ausländerbehörde berücksichtigt werden kann.

Aus diesem Grund konnte das Gericht auch unmittelbar im Anschluss an die mündliche Verhandlung am 5. Februar 2015 über die Klage entscheiden, ohne die für dieses Verfahren irrelevante ärztliche Bestätigung dieser geplanten Operation abwarten zu müssen.

2. Auch der Bescheid vom 16. Dezember 2014 betreffend die Klägerin zu 5. ist rechtlich nicht zu beanstanden.

2.1 Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigte oder als Flüchtling rechtfertigen würde, wurde dem Bundesamt gegenüber nicht vorgetragen. Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Beklagten im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylVfG) und nimmt auf die obigen Ausführungen (s. 1.) Bezug.

2.2 Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylVfG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts und die obigen Ausführungen (s. 1.) Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Insbesondere begründet der Umstand, dass die Klägerin als Minderjährige nicht getrennt von ihren Eltern nach Serbien zurückkehren kann, kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Dieser Umstand ist vielmehr von der Ausländerbehörde bei der Aufenthaltsbeendigung zu berücksichtigen (vgl. § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG).

2.3 Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.