Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Apr. 2015 - M 17 K 13.1601

bei uns veröffentlicht am16.04.2015

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung einer Sendezeitbeschränkung von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr für die Ausstrahlung des Fernsehfilmes „Unter Druck“ aus der Krimiserie „SOKO-Wien“.

Die Klägerin gestaltet auf der Grundlage einer am 1. März 2007 verlängerten Genehmigung der Beklagten das über Satellit verbreitete Fernsehspartenprogramm S. Krimi. Das Programm ist verschlüsselt und wird gegen Bezahlung („Payper-Channel“) freigeschaltet. Darüber hinaus werden die Sendungen bei Bedarf mit einer Jugendschutz-Vorsperre im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 1 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) versehen. Die Genehmigung war bis zum 18. März 2015 befristet.

Die Folge „Unter Druck“ der Krimiserie „SOKO-Wien“ wurde laut Freigabebescheinigung der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH (FSK) vom 21. Dezember 2010 (BLM-Akte Bl. 13-12) ab 12 Jahren freigegeben. Eine Prüfung durch die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) erfolgte nicht.

Die Klägerin strahlte am 20. Januar 2012 um 12.45 Uhr auf S. Krimi die Folge ohne Jugendschutz-Vorsperre aus.

Die Beklagte erstellte unter dem 28. März 2012 eine Vorlage (BLM-Akte Bl. 18-14) für die KJM-Prüfgruppe. Im Rahmen der routinemäßigen Programmkontrolle nach Ausstrahlung sei nach Sichtung der Episode von der Beklagten in einer Erstüberprüfung festgestellt worden, dass ein Anfangsverdacht auf einen Verstoß gegen § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV vorliege. Die Episode beginne damit, dass ein Mann, der Kriminelle Kurt Jantscher, an einem Boot an der Donau erschossen werde. Ein Kind (Jantschers Sohn Paul, wie sich später herausstellen werde), werde Zeuge der Tat, danach am Arm weggezogen, wobei eine in seinen Händen liegende Glaskugel auf den Boden falle und zerbreche. Kurz darauf werde in der Wiener Innenstadt ein Juwelierladen überfallen - just in dem Augenblick, als sich der Polizeioberst Dirnberger und seine Kollegin Kremser in dem Laden aufhalten, um ein Geschenk für Dirnbergers Frau zu kaufen -. Der junge Räuber Jo und seine Komplizin und Schwester Anna seien hoch nervös, die Situation gerate außer Kontrolle, als der Juwelier den Alarmknopf betätigen wolle und von Jo in eine Vitrine gestoßen werde, wobei er sich eine stark blutende Schnittwunde am Arm zuziehe. Jo und Anna nähmen den Juwelier und die beiden Polizisten daraufhin als Geiseln. Dirnbergers Kollegen, Major Hennig und seine Kollegin Penny Lanz, hätten sich zwischenzeitlich auf die Suche nach ihrem spurlos verschwundenen Vorgesetzten Dirnberger gemacht. Vor dem verschlossenen Juwelierladen hätten sie sofort die Situation erkannt, ein Sondereinsatzkommando angefordert und parallel dazu Verhandlungen mit den Geiselnehmern aufgenommen. Schließlich gelinge es Hennig, die dramatische Situation zu lösen und die Geiselnahme unblutig zu beenden: Der Zuschauer erfahre, dass der eingangs ermordete Jantscher dem kriminellen Lawric Geld geschuldet habe und von diesem zu dem Überfall auf das Juweliergeschäft habe gezwungen werden sollen. Als dieser sich jedoch geweigert habe, habe ihn Lawric erschossen, seinen jüngsten Sohn Paul als Geisel genommen und somit Jo und Anna, Jantschers erwachsene Kinder, gezwungen, den Überfall durchzuführen. Lawric werde verhaftet, Paul werde befreit und schließe seine beiden Geschwister und seine Mutter am Ende in die Arme.

Bei einer unvorgesperrten Ausstrahlung der Folge „Unter Druck“ der „SOKO Wien“ im Tagesprogramm um 12:45 Uhr sei aus Sicht des Jugendschutzes das Wohl jüngerer Kinder unter 12 Jahren zu beachten. Problematisch im Hinblick auf Zuschauer unter 12 Jahren könnten dabei zwei Aspekte zu bewerten sein.

1. Die Folge „Unter Druck“ habe über die gesamte Dauer von 45 Minuten einen durchgängig hoch gehaltenen Spannungsbogen. Aufgrund des offensichtlich labilen psychischen Zustands von Jo sei für den Zuschauer bis zum Ende nicht ganz klar, ob er die Drohung, seine Geiseln zu erschießen, tatsächlich in die Tat umsetze. Im Hinblick auf Kinder unter 12 Jahren sei die aus dieser Spannung möglicherweise resultierende Ängstigung jedoch nicht als nachhaltig zu bewerten. Grund dafür sei die Anwesenheit der beiden Polizisten, die ebenfalls als Geiseln genommen worden seien. Vor allem aber die Figur des Polizeioberst Dirnberger mit seiner ruhigen und sachlichen Art im Umgang mit dem Geiselnehmer sei von Zuschauern unter 12 Jahren ein starker, ausgleichender, ruhender Pol im Gegensatz zu dem emotional überforderten Jo. Auch kindlichen Zuschauern werde klar, dass die Polizei stets Herr der Lage sei und an einer Deeskalation der Lage arbeite. Das umfassende Happy-End sorge zudem für eine positive, finale Auflösung aller - unter Umständen - offen gebliebenen Spannungsenden.

2. Problematisch seien weiter die im Film gezeigten Gewalt- und Bedrohungsszenen. Die Episode beginne mit zwei Schüssen in die Brust von Kurt Jantscher, gefilmt aus der Perspektive des Täters. Zu hören seien die Schüsse, das Opfer sinke stöhnend zu Boden, eine Hand auf die blutige Einschusswunde haltend. Ein Junge (Jantschers Sohn Paul, zugleich Jo's Bruder, wie später klar werde) beobachte die Szenen und werde am Arm weggezogen, wobei eine Glaskugel, die er in den Händen halte, zu Boden falle und zerbreche. Es werde nicht klar, von wem der Junge weggezogen werde und warum. Das Ängstigungspotential dieser Szene in Bezug auf Kinder unter 12 Jahren sei jedoch nicht als nachhaltig zu werten, da es sich bei dem Jungen nicht um eine in die Handlung eingeführte, starke Identifikationsfigur für die entsprechende Altersgruppe handele. Zudem zeige er keinerlei Anzeichen von Angst. Erst ganz am Schluss der Episode, als der gefesselte Junge von einem Polizisten befreit werde, werde klar, dass Paul entführt worden sei, um auf seinen Bruder Jo Druck auszuüben. Beim Überfall auf das Juweliergeschäft und der anschließenden Geiselnahme übe der Haupttäter Jo mehrmals Gewalt gegen den Juwelier aus. Als dieser einen unter dem Ladentisch befindlichen Alarmknopf zu drücken versuche, werde er von Jo in eine Glasvitrine gestoßen, wobei er sich eine stark blutende Wunde am Arm zuziehe. Oberst Dirnberger und seine Kollegin Kremser hätten den Mann versorgt, indem sie ihm den im Arm steckenden Glassplitter entfernt und ihm einen improvisierten Druckverband angelegt hätten. Das Herausziehen des Glassplitters durch Kremser sei dabei in Nahaufnahme zu sehen und werde von einem schmatzenden Geräusch begleitet. Um den verletzten Juwelier zur Herausgabe der Kombination für den Safe zu zwingen, drücke Jo ihm zudem auf den blutenden Arm, bis er ihm die Nummer nenne. Der Juwelier ächze vor Schmerz auf und drohe in der Folge zu verbluten. Die Wirkung dieser Szenen werde durch das ruhige und umsichtige Verhalten der beiden Polizisten-Geiseln jedoch entsprechend abgeschwächt, da sie Jo durch gutes Zureden schließlich dazu bewegen könnten, die verletzte Geisel freizulassen. Eine nachhaltige Ängstigung von Zuschauern unter 12 Jahren durch die in der Episode vorkommenden Gewaltszenen sei damit insgesamt nicht anzunehmen. Nach Einschätzung der BLM stelle die unvorgesperrte Ausstrahlung der Episode noch keinen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 JMStV dar.

Bei einer Präsenzprüfung am 5. Juni 2012 (BLM-Akte Bl. 24-19) kam eine KJM-Prüfgruppe mit einem Abstimmungsergebnis von 4 : 1 zum Ergebnis, es werde mehrheitlich empfohlen, in der unvorgesperrten Ausstrahlung der Episode „Unter Druck“ der Krimiserie „SOKO-Wien“ mit einer FSK-Freigabe ab 12 Jahren am 20. Januar 2012 um 12.45 Uhr auf S. Krimi einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 JMStV (Entwicklungsbeeinträchtigung von Kindern oder Jugendlichen) festzustellen. Zur Begründung wurde im Ergebnis angeführt, problematisch im Hinblick auf Zuschauer unter 12 Jahren könnten dabei nach Meinung der Prüfgruppe zwei Aspekte sein, nämlich zum einen der durchgängig hohe Spannungsbogen sowie die im Film gezeigten Gewalt- und Bedrohungsszenen. Insgesamt gesehen sei der Film nach Einschätzung der Prüfgruppe (entgegen der Meinung der Beklagten) vor allem aufgrund des durchgängig hohen Spannungsbogens und der gezeigten Gewaltszenen im Hinblick auf Zuschauer unter 12 Jahren geeignet, nachhaltig ängstigend zu wirken und überschreite damit nach Einschätzung der Prüfgruppe die Grenze zum Verstoß gegen § 5 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 JMStV. Ein Mitglied der Prüfgruppe habe in der Sendung keine Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 12-Jährige gesehen, da die Länge und die Intensität der Darstellungen nicht ausreichend für eine nachhaltige Ängstigung seien. Die Überprüfung der Vorsperre habe ergeben, dass die Episode „Unter Druck“ der Krimiserie „SOKO-Wien“ am 20. Januar 2012 um 12.45 Uhr auf S. Krimi unvorgesperrt ausgestrahlt worden sei.

Mit Schreiben vom 21. September 2012 (BLM-Akte Bl. 67-64) gab die Beklagte der Klägerin unter ausführlicher Darstellung des Sachverhaltes Gelegenheit zur Stellungnahme. Diese führte mit Schreiben vom 19. Oktober 2012 (BLM-Akte, Bl. 77-74) aus, es sei richtig, dass am 20. Januar 2012 in der Zeit von 12.45 Uhr bis 13.35 Uhr auf S. Krimi unvorgesperrt die Episode „Unter Druck“ der Krimiserie „SOKO-Wien“ ausgestrahlt worden sei. Ergänzend werde mitgeteilt, dass das ZDF die verfahrensgegenständliche Episode bereits vor der Ausstrahlung auf S. Krimi mehrmals im Tagesprogramm ausgestrahlt habe. Trotz dieser Ausstrahlung im ZDF-Tagesprogramm habe die S.-Jugendschutz-Abteilung die Krimi-Episode vor Ausstrahlung gesichtet. Nach Abwägen aller Risikofaktoren habe die S.-Jugendschutz-Abteilung die 45-minütige Episode für das Tagesprogramm freigegeben. Aus Sicht der Klägerin liege kein Verstoß gegen § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV vor, denn die Sendung der Episode „Unter Druck“ sei nicht geeignet, die Entwicklung von Kindern unter 12 Jahren zu beeinträchtigen, wenn sie vor 20.00 Uhr ausgestrahlt werde. Der Spannungsbogen werde durch die verschiedenen Handlungsstränge immer wieder dramaturgisch durchbrochen und zudem durch ein Happy-End entlastet. Das Ängstigungspotential der gezeigten Gewalt- und Bedrohungsszenen in Bezug auf Kinder unter 12 Jahren bleibe unter der jugendschutzrechtlich zulässigen Grenze. Insbesondere weise die etwas bieder und betulich inszenierte Krimiepisode zudem wiederholt spannungsmindernde Elemente auf. Das Einflechten von Handlungssträngen aus dem Privatleben der Ermittler schaffe für Kinder Distanz und kompensiere aufregendere Momente. Die klare Schwarzweißzeichnung der Figuren erleichtere Kindern die Einordnung und das Verständnis. Insgesamt werde die sozialethisch einwandfreie Botschaft vermittelt, dass sich Verbrechen nicht lohnen, und die Polizei als Helfer in der Not jeden Verbrecher sicher hinter Schloss und Riegel bringe. Auch das Ängstigungspotential der Gewalt- und Bedrohungsszenen sei nicht als nachhaltig zu werten. Nachdem die Geiselnahme zudem glimpflich ausgehe und niemand ernsthaft zu Schaden komme, gehe für jüngere Kinder von diesen Gewaltszenen keine nachhaltige Belastung aus. Auch die Prüfgruppe der BLM sei in ihrer Vorlage für die KJM-Prüfgruppe zum Ergebnis gekommen, dass kein Verstoß festgestellt werden könne. Und schließlich sei auch das Prüfergebnis der KJM-Prüfgruppe vom 5. Juni 2012 nicht einstimmig erfolgt. Diese gegensätzliche Bewertung sei allein den subjektiven Bewertungsalternativen geschuldet, für die alle im Jugendschutz Tätigen eine gewisse Frustrationstoleranz aufbringen müssten (solange der Bewertungsspielraum nicht überschritten werde).

Unter dem 18. Dezember 2012 erstellte die Beklagte eine Beschlussvorlage für die KJM (BLM-Akte Bl. 42-33), die nach ausführlicher Inhaltsangabe und Darstellung der bisherigen Prüfung und der Bewertung der Stellungnahme der Klägerin zur abschließenden Empfehlung kommt, dass die Klägerin mit der Ausstrahlung der Episode gegen § 5 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 JMStV verstoßen habe. Zusammenfassend könne konstatiert werden, dass - auch nach Würdigung der Anbieterargumente - die Episode vor allem aufgrund des durchgängig hohen Spannungsbogens und der gezeigten Gewaltszenen für Zuschauer unter 12 Jahren nicht geeignet sei, da sie zu einer nachhaltigen Ängstigung und Übererregung von Kindern und somit zu einer Entwicklungsbeeinträchtigung von unter 12-Jährigen führen könne. Die Episode verfüge weder über ausreichend spannungsabbauende Elemente, noch ermögliche die Komplexität der Handlung eine adäquate Verarbeitung der potentiell beeinträchtigenden Szenen. Die gezeigten Gewaltszenen, die sich teils durch klaustrophobische Züge auszeichneten, verstärkten das Ängstigungspotential für Kinder. Für die nachhaltige Ängstigung könne beispielsweise eine Sequenz genannt werden, in der ein Junge im Mittelpunkt der Handlung stehe. Er werde Zeuge eines Mordes und anschließend vom Mörder entdeckt und gefangen. Der Junge stelle eine Identifikationsfigur für Kinder dar und befördere hierdurch ebenso wie durch die Tatsache, dass der Zuschauer anschließend über das Schicksal des Jungen im Unklaren gelassen werde, das Ängstigungspotential der Episode. Die Beschlussempfehlung lautet:

„1. Die KJM stellt fest, dass S. mit der unvorgesperrten Ausstrahlung der Episode „Unter Druck“ der Krimiserie „SOKO-Wien“ mit einer FSK-Freigabe ab 12 Jahren am 20. Januar 2012 um 12.45 Uhr auf S. Krimi gegen § 5 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 JMStV (Entwicklungsbeeinträchtigung von Kindern oder Jugendlichen) verstoßen hat.

2. Für die Ausstrahlung der Episode „Unter Druck“ der Krimiserie „SOKO-Wien“ wird von der BLM eine Sendezeitbeschränkung für den Zeitraum von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr gegenüber dem Anbieter S. ausgesprochen.“

Im Protokoll der 8. Sitzung der KJM am 6. Februar 2013 (Auszug BLM-Akte Bl. 51 -45) heißt es:

„Bezugnehmend auf die in den Sitzungsmaterialien enthaltenen Prüffallunterlagen führt Frau S. in den Prüffall ein. Danach sei insbesondere problematisch, dass die verfahrensgegenständliche Folge im öffentlichrechtlichen Rundfunk im Tagesprogramm ausgestrahlt worden sei, so dass die BLM vorschlage, von einer Beanstandung abzusehen und eine Sendezeitbeschränkung auszusprechen, um künftig eine Ausstrahlung im Tagesprogramm zu unterbinden. Nach kurzer Diskussion fassten die Sitzungsteilnehmer mit 9:0:0 Stimmen den nachstehenden Beschluss:“

Es folgt der Beschluss mit demselben Wortlaut wie in der o.a. Beschlussempfehlung.

Mit Bescheid vom 14. März 2013, zugestellt am 15. März 2013, legte die Beklagte für die Ausstrahlung des Fernsehfilmes „Unter Druck“ aus der Krimiserie „SOKO-Wien“ in der im Programm S. Krimi am 20. Januar 2012 ab 12.45 Uhr ausgestrahlten Fassung für die Ausstrahlung ohne Jugendschutz-Vorsperre eine Sendezeitbeschränkung für den Zeitraum von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr fest (Nr. I des Bescheidstenors). In der Begründung wird nach einer ausführlichen Inhaltsangabe und Darstellung des Verwaltungsverfahrens ausgeführt, die Sendung sei geeignet, die Entwicklung von Kindern unter 12 Jahren zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Daher habe gemäß §5 Abs. 1, Abs. 4 Satz 3 JMStV eine Sendezeitbeschränkung festgelegt werden können. Aufgrund der enthaltenen Gewaltszenen und des über weite Strecken aufrechterhaltenen Spannungsniveaus sei vorliegend eine frühere Sendezeit nicht zu verantworten. Die Folge „Unter Druck“ habe über die gesamte Dauer von 45 Minuten einen durchgängig hochgehaltenen Spannungsbogen. Das Maß an Komplexität in Bezug auf die Handlungen erschwere es Zuschauern unter 12 Jahren, insbesondere Kindern im Grundschulalter, zusätzlich, die Inhalte adäquat zu verarbeiten. Es bestehe die Gefahr, dass diese den Inhalt der Episode nicht in seinem Gesamtkontext, sondern vor allem potentiell beeinträchtigende Szenen einzeln wahrnähmen, wodurch deren Wirkung noch verstärkt werde.

Bei Verstößen gegen Vorschriften des Jugend med ienschutz-Staatsvertrages schreibe § 20 Abs. 1 JMStV die Reaktion mit den erforderlichen Maßnahmen vor. Der zuständigen Landesmedienanstalt verbleibe lediglich ein Auswahlermessen unter den in Betracht kommenden („erforderlichen“) Maßnahmen. Der zur Verfügung stehende Maßnahmenkatalog ergebe sich indes nicht aus den Vorschriften des Staatsvertrages. Vielmehr verweise § 20 Abs. 2 JMStV für Fälle aus dem Rundfunkbereich auf den Maßnahmenkatalog des für die zuständige (Zulassungs-) Anstalt geltenden Landesmediengesetzes. Insoweit werde mit der Vorgabe des Gesetzgebers in § 20 Abs. 1 JMStV, auf den Verstoß mit Maßnahmen zu reagieren, auf den „Maßnahmenkatalog“ des Art. 16 Bayerisches Mediengesetz (BayMG) verwiesen. Hiernach stünden der Beklagten alle erforderlichen Anordnungen zu Gebote. Die Sendezeitbeschränkung sei erforderlich gewesen, um den zulässigen Ausstrahlungszeitraum bei Ausstrahlungen ohne Jugendschutz-Vorsperre rechtssicher und verbindlich festzulegen. Ohne eine konkrete Sendezeitbeschränkung wäre auf Seiten des Anbieters weiterhin die Unsicherheit verblieben, wann eine Ausstrahlung nicht dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung trage.

Am 15. April 2013 erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2013 (Az.: 2.7/33.32) aufzuheben.

Die Beklagte überschreite bei der jugendschutzrechtlichen Bewertung des streitgegenständlichen Programmes ihren Beurteilungsspielraum. Die interne f Jugendschutzprüfung des sich selbst regulierenden öffentlichrechtlichen Senders ZDF, mit dem sich die Klägerin im Vorfeld beraten und abgesprochen gehabt habe, sei hier relativ eindeutig zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Ausstrahlung der als für Kinder unter 12 Jahren geeignet eingestuften Sendung im Tagesprogramm vor 20.00 Uhr dem Wohl jüngerer Kinder in ausreichendem Maße Rechnung trage. Vor diesem Hintergrund sei nicht einsehbar, wie die Beklagte zu einem anderen Ergebnis habe kommen können, und wieso die Klägerin sich eine derartige Ungleichbehandlung gefallen lassen müsse.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 29. April 2013,

die Klage abzuweisen.

Zur Klagebegründung trug die Klägerin mit Schreiben vom 25. Juni 2013 im Wesentlichen vor, der Beschluss der KJM sei bereits formell rechtswidrig, da in der Sitzung am 6. Februar 2013 in Hannover keine ordentliche Sichtung und Prüfung der Episode „Unter Druck“ durch alle in der KJM-Sitzung vom 6. Februar 2013 anwesenden Mitglieder stattgefunden habe. Aus dem Protokoll der 8. Sitzung vom 6. Februar 2013 gehe nicht hervor, dass die anwesenden Mitglieder der KJM den Inhalt der Episode „Unter Druck“ selbst in voller Länge gesichtet hätten. Ohne eine vollständige Sichtung der streitgegenständlichen Episode sei es den Mitgliedern der KJM jedoch nicht möglich, eine eigenständige Prüfung durchzuführen und einen auf die individuelle Beurteilung aller anwesenden Mitglieder beruhenden Beschluss zu fassen. Auch habe nach den Verfahrensakten in der KJM-Sitzung am 6. Februar 2013 keine Abstimmung über einen potentiellen Verstoß stattgefunden und somit kein wirksamer Beschluss nach § 17 Abs. 2 JMStV gefasst werden können. Aus dem Protokoll der 8. Sitzung der KJM ergebe sich nicht, dass eine Abstimmung der Anwesenden über einen möglichen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV seitens der Klägerin und der Festlegung von Maßnahmen nach § 20 JMStV stattgefunden habe. Die Klägerin bestreite weiterhin, dass ein potentieller Beschluss der KJM mit der Mehrheit ihrer Mitglieder gefasst worden sei. Selbst wenn ein Beschluss vorläge, würde es an einer ordnungsgemäßen Begründung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 JMStV fehlen. Eine solche sei in den Verfahrensakten nicht enthalten.

Der Bescheid sei darüber hinaus auch materiell rechtswidrig. Der KJM (und damit auch der Beklagten) komme im Rahmen der ihr nach dem JMStV zustehenden Aufsicht über Rundfunkanbieter kein Beurteilungsspielraum zu. § 20 Abs. 1 JMStV gebe für die gesetzliche Einräumung eines Beurteilungsspielraumes vom Wortlaut nichts her. Die streitgegenständliche Prüfentscheidung der KJM lasse sich nicht unter die im Verwaltungsrecht diskutierten Fallgruppen: 1. prüfungsähnliche Entscheidungen, 2. Entscheidungen wertender Art durch weisungsfreie Gremien und Ausschüsse, sowie 3. Prognoseentscheidungen und Risikobewertungen subsumieren. Der KJM stehe daher kein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum bei ihren Entscheidungen zu.

Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, eine Beschränkung der Sendezeit auszusprechen, da die Klägerin mit der Ausstrahlung der Episode nicht gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages verstoßen habe. Von der streitgegenständlichen Episode gehe kein Ängstigungspotential aus, welches geeignet sei, die Entwicklung von Kindern unter 12 Jahren zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Des Weiteren sei aufgrund der Sichtung der Folge keine soziale Desorientierung von Kindern und Jugendlichen zu erwarten. Schließlich enthalte die Folge „Unter Druck“ weder den Einsatz von gewaltverharmlosenden noch diesen befürwortenden Darstellungen.

Das Ängstigungspotential der gezeigten Gewalt- und Bedrohungsszenen in r Bezug auf Kinder unter 12 Jahren bleibe innerhalb der jugendschutzrechtlich zulässigen Grenzen und sei als nicht nachhaltig zu bewerten. Daneben werde der Spannungsbogen durch die verschiedenen Handlungsstränge immer wieder dramaturgisch durchbrochen und zudem durch ein Happy-End entlastet.

Von den wenigen einzelnen Szenen in der streitgegenständlichen Episode, in denen Gewaltdarstellungen enthalten seien, gingen nach der zu erfolgenden Gesamtschau keine potentiell nachhaltigen Ängstigungen für Kinder unter 12 Jahren aus. Zudem sei zu keinem Zeitpunkt eine Gewaltdarstellung enthalten, die nicht durch sich anschließende spannungsarme und teilweise humorvolle Szenen im Gesamtkontext direkt stark relativiert werde. Auch der durchaus vorhandene Spannungsbogen der streitgegenständlichen Episode sei nicht geeignet, die aus dieser Spannung möglicherweise resultierende Ängstigung von jungen Zuschauern als nachhaltig zu bewerten. Diese habe entgegen der Auffassung der Beklagten keinen über die gesamte Laufzeit hinweg durchgehend hochgehaltenen Spannungsbogen. Im Verlaufe der Sendung komme es vielmehr immer wieder zu entspannenden Momenten.

Daneben vermittle die Episode beim Zuschauer auch nicht den Eindruck, dass Gewalt ein Konfliktlösungsmuster darstellen und der Täter sich durch den Einsatz von Gewalt einen Vorteil verschaffen könnte. Zum Schluss werde durch das erfolgreiche Handeln der Polizei, die die Situation zu jeder Zeit unter Kontrolle zu haben scheine, und das klar dargestellte Happy-End auch deutlich die Botschaft vermittelt, dass sich Verbrechen unter Einsatz von Gewalt nicht lohne.

Auch eine anderweitige sozialethische Desorientierung, welche ein anerkanntes Kriterium für die Bewertung, ob ein Inhalt geeignet sei, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Person zu beeinträchtigen, darstelle, sei vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere die anerkannten Fallgruppen der unzureichenden r erläuternden Darstellungen realen Gewaltgeschehens, die kritiklose Präsentation von Vorurteilen oder Gewalttaten gegenüber anders Denkenden oder die befürwortende Darstellung von extrem einseitigen oder extrem rückwärtsgewandten Rollenklischees seien vorliegend nicht einschlägig. Die Jugendschutzabteilung der Klägerin habe nach umfänglicher Sichtung der streitgegenständlichen Episode und nach Abwägung aller Risikofaktoren eine Freigabe der Episode für das Tagesprogramm ausgesprochen. Im Rahmen der Risikoabwägung und der Subsumtion unter den anerkannten Kriterien für eine Beurteilung, ob eine Sendung geeignet sei, die Entwicklung von Kindern unter 12 Jahren zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, bestünden anerkannterweise Interpretations- und Beurteilungsspielräume. Dies führe unweigerlich zu unterschiedlichen Auffassungen und Bewertungsalternativen bei der Beurteilung bestimmter jugendschutzrechtlicher Fragen. Soweit diese Bewertungen allerdings im Einzelfall nicht zu einer Überschreitung der Bewertungsspielräume führten, sei nach Ansicht der Klägerin in Fällen des Jugendschutzes eine gewisse Frustrationstoleranz aufzubringen. Neben der Klägerin hätten auch Jugendschutzbeauftragte anderer Anbieter die Serie als für das Tagesprogramm tauglich beurteilt. So sei die interne Jugendschutzprüfung des ZDF bei ihrer Einschätzung relativ eindeutig zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Ausstrahlung der Sendung im Tagesprogramm vor 20.00 Uhr dem wohl jüngerer Kinder in ausreichendem Maße Rechnung trage. Mit den Jugendschutzbeauftragten der privaten Rundfunksender und des ZDF als Lizenzgeber der streitgegenständlichen Episode habe sich die Klägerin im Rahmen des nach § 7 Abs. 5 JMStV vorgeschriebenen regelmäßigen Erfahrungsaustausches am 12. September 2012 in Mainz getroffen und bei dieser Gelegenheit die streitgegenständliche Episode über deren gesamte Länge gesichtet. In der sich anschließenden Beurteilung durch die versammelten Jugendschutzbeauftragten hätten diese die Episode mehrheitlich als für eine Ausstrahlung im Tagesprogramm geeignet bewertet. Eine vorherige kosten- r intensive Prüfung jeglicher Sendungen bei anerkannten Selbstkontrolleinrichtungen widerspreche dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zugrunde liegenden Gedanken, dass der Jugendschutz in Deutschland auch im privaten Rundfunk durch die Installation von Jugendschutzbeauftragten und Jugendschutzabteilungen in privaten Rundfunkunternehmen gewährleistet werden solle. Die Entscheidung der Beklagten stelle eine faktisch gebilligte Ungleichbehandlung verschiedener Rundfunkanbieter dar, wobei der - nicht zuletzt wirtschaftliche - Vorteil, der in diesem Fall den sich selbst regulierenden Fernsehanstalten des öffentlichen Rechts eingeräumt werde, als erheblich eingestuft werden müsse. Im Interesse der Rechtssicherheit müssten unterschiedliche Bewertungen, die allein subjektiven Bewertungsalternativen geschuldet seien, auch als rechtmäßig eingeordnet werden, soweit und solange der Bewertungsspielraum nicht überschritten werde. Für rein subjektive Bewertungsalternativen müssten die Jugendschutztätigen incl. der Beklagten und der KJM eine gewisse Frustrationstoleranz aufbringen. Hilfsweise lägen nach Ansicht der Klägerin die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von § 5 Abs. 5 JMStV auf Rundfunkanbieter vor. Bei S. Krimi handle es sich um einen reinen Krimikanal, auf dem keine an Kinder gerichteten Sendungen, in der Terminologie des § 5 Abs. 5 JMStV keine für Kinder bestimmten Angebote verbreitet würden. Bei Videoon-Demand-Angeboten sei es anerkannt, dass eine Trennung der für Kinder bestimmten Angebote und der übrigen Angebote gemäß § 5 Abs. 5 JMStV durch die Etablierung entsprechender Rubriken, wie beispielsweise „Krimi“ oder „Thriller“, erfolgen könne. Diesen Fall habe der Gesetzgeber für den Rundfunkbereich nicht beachtet, so dass nach Ansicht der Klägerin eine planwidrige Regelungslücke vorliege. Der Zweck der Regelung und die Interessenlage seien insoweit bei einem Rundfunkangebot mit dem bei einem Telemediendienst vergleichbar. In beiden Fällen werde dem Schutz der jeweils betroffenen Altersgruppe dadurch Rechnung getragen, dass die betroffenen Kinder aufgrund der Ausgestaltung des Angebotes gar nicht erst angesprochen r würden. Durch die Ausstrahlung auf dem Spartenkanal „S. Krimi“ sei die Episode „Unter Druck“ von Kinderinhalten getrennt ausgestrahlt worden.

Zur Klageerwiderung führten die Bevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben vom 2. Oktober 2013 aus, der Bescheid sei formell rechtmäßig. Aufgrund des Einladungsschreibens zur Sitzung der KJM vom 6. Februar 2013 stehe fest, dass den KJM-Mitgliedern alle für deren Entscheidungen relevanten Informationen zur Verfügung gestanden seien - hierunter auch die DVD mit dem Sendemitschnitt. Die KJM-Mitglieder hätten sich also umfassend auf die Sitzung vom 6. Februar 2013 - einschließlich der Einsichtnahme in die streitgegenständliche Folge - vorbereiten können. Eine verfahrensrechtliche Notwendigkeit, die vollständige Folge zudem in der Plenumssitzung anzusehen, bestehe nicht und sei auch von keinem der neun anwesenden KJM-Mitglieder gefordert worden. Dem Protokoll der Sitzung sei zu entnehmen, dass „nach kurzer Diskussion ... die Sitzungsteilnehmer mit 9:0:0 Stimmen den nachstehenden Beschluss: ...“ gefasst und damit einstimmig die Auffassung vertreten hätten, dass die Ausstrahlung der Folge einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 JMStV darstelle. In der Beschlussvorlage für die KJM sei der Sachverhalt umfassend dargestellt, ebenso die Begründung, weshalb ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 JMStV zu bejahen sei. Da die dort enthaltene Beschlussempfehlung wortwörtlich vom KJM Plenum so beschlossen worden sei, sei der Beschluss auch im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 3 und 4 JMStV begründet worden.

Der Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Die Streitfrage, inwieweit der KJM ein eigener Beurteilungsspielraum zustehe, habe der BayVGH in seinem Urteil vom 23. März 2011 (-7 BV 09.2512-, NJW2011, 2678, 2682) entschieden. Danach bedürfe es in gerichtlichen Verfahren keines weiteren gerichtlich bestellten Sachverständigengutachtens, wenn das im Verwaltungsverfahren von der Verwaltung eingeholte Sachverständigengutachten keine Mängel aufweise und die Tragfähigkeit der sachverständigen Aussagen von den Beteiligten auch sonst nicht erschüttert worden sei. Der Senat habe auch keinen Anlass gesehen, hinsichtlich der Frage, ob die streitgegenständlichen Sendungen geeignet seien, Kinder und Jugendliche (nur) unter 16 Jahren oder (auch) ältere Jugendliche unter 18 Jahren in ihrer Entwicklung zu beeinträchtigen, seine eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der KJM zu setzen. Deshalb komme es nicht darauf an, ob die Klägerin die Ausstrahlung der Folge „Unter Druck“ anders beurteile als - einstimmig - das KJM-Plenum. Dies genüge nicht, um die Auffassung der KJM, die Ausstrahlung der Folge um 12.45 Uhr sei geeignet, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, zu erschüttern. Die Klägerin setze vielmehr - ausschließlich aus ihrem Blickwinkel - ihre eigene Bewertung der einstimmigen Auffassung des KJM-Plenums entgegen. Ohnehin seien die Darlegungen der Klägerin vielfach nicht zutreffend. So vertrete die Klägerin die Auffassung, das Ängstigungspotential sei „als nicht nachhaltig“ zu bewerten. Außerdem gingen von der Episode nach der zu erfolgenden Gesamtschau keine potentiell nachhaltigen Ängstigungen für Kinder unter 12 Jahren aus. Die KJM habe, wie aus der Beschlussvorlage ersichtlich, dies genau anders gesehen und ausgeführt, dass die Gewaltszenen entgegen der Einschätzung des Anbieters geeignet seien, auf Kinder unter 12 Jahren nachhaltig ängstigend und übererregend zu wirken.

Die Klägerin verkenne auch, dass es gerade bei einer Gesamtschau nicht um wenige einzelne „besonders krasse“ Szenen gehe. Die gesamte Folge habe ein erhebliches Ängstigungs- und Bedrohungspotential. Die Geiselnahme stellte den Kern der Folge dar und werde erst am Ende der Folge aufgelöst. Gerade für Kinder und Jugendliche, die die Folge ansehen, sei in der gesamten Dauer der Folge von etwa 45 Minuten unklar, ob die Geiselnahme beendet werde und wie diese beendet werde - ob also die Geiseln überleben oder nicht-. Diese - für Kinder und Jugendliche bedrohlich wirkende - Situation werde aus der Sicht der Kinder und Jugendlichen auch r nicht durch die filmische Umsetzung neutralisiert. Vielmehr sei gerade das Gegenteil der Fall.

Die Klägerin benenne keinen einzigen konkreten Gesichtspunkt, der die einstimmig von dem KJM-Plenum gefasste Entscheidung zu erschüttern vermöge. Die Angelegenheit sei ein Beispiel dafür, dass die vom Gesetzgeber so gestaltete strikte Trennung der jugendmedienschutzrechtlichen Aufsicht der privaten Anbieter einerseits und der öffentlichrechtlichen Anbieter andererseits zu unterschiedlichen Ergebnissen führen könne. Es komme auch nicht die von der Klägerin gewünschte analoge Anwendung des § 5 Abs. 5 JMStV in Frage. § 5 Abs. 5 JMStV sei ausdrücklich und ausschließlich auf Telemedien anwendbar. Das Gesetz enthalte hier nicht eine „planwidrige Regelungslücke“, da der Gesetzgeber bei der Normierung von § 5 Abs. 5 JMStV nicht an die Möglichkeit von Spartenkanälen im digitalen Fernsehen gedacht habe. Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlautes scheide eine analoge Anwendung aus. Der Vortrag, die KJM sei nicht staatsfern organisiert, sei gänzlich unsubstantiiert. Der BayVGH qualifiziere die KJM zweifelsfrei als staatsfern.

Die Klägerin ergänzte ihre Klagebegründung mit Schriftsatz vom 11. März 2014. Die Klägerin bestreite weiterhin mit Nichtwissen, dass alle Mitglieder der KJM, die am 6. Februar in Hannover an der KJM-Sitzung teilgenommen haben, die streitgegenständliche Folge „Unter Druck“ auch wirklich vor oder während der Sitzung über deren volle Laufzeit gesichtet hätten. Ohne eine entsprechende Sichtung könne aber auch keine eingehende Prüfung eines potentiellen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages stattgefunden haben und keine ordnungsgemäße Würdigung des streitgegenständlichen Inhaltes vorgenommen worden sein. Da Bl. 49 der Verwaltungsakte der Klägerin nicht vorliege, bestreite die Klägerin mit Nichtwissen, dass eine Abstimmung mit diesem Ergebnis stattgefunden habe. Selbst wenn ein Beschluss vorläge, würde es auch nach dem Vorbringen r der Beklagten in ihrer Klageerwiderung an einer ordnungsgemäßen Begründung fehlen. Die Rechtsprechung des BayVGH könne nicht auf den hier vorliegenden Einzelfall bezogen werden und regle nicht den Fall, in dem die von der KJM getroffene Entscheidung erhebliche Mängel aufweise. Bei der getätigten Einschätzung der Klägerin handle es sich um eine objektive Beurteilung. Von der streitgegenständlichen Episode gehe kein Ängstigungspotential aus. Bereits in der Klagebegründung habe die Klägerin ausgeführt und dargelegt, dass die Darstellung und Interpretation verschiedener Szenen durch die Beklagte augenscheinlich falsch seien. Der Klägerin sei daneben durchaus bewusst, dass es bei einer Gesamtschau nicht um wenige einzelne besonders krasse Szenen gehe. Es sei jugendschutzrechtlich anerkannt, dass ein Kind aufgrund der kindlichen Sehgewohnheiten ein Happy-End erwarte. Dieser Erwartung werde während der Dauer der Episode nicht entgegengewirkt. Nur ein solches Entgegenwirken könnte aber das Vorliegen eines erheblichen Ängstigungspotentials begründen. Unabhängig von dem Vorbringen der Beklagten gehe von der Episode kein Ängstigungspotential aus, welches geeignet sei, die Entwicklung von Kindern unter 12 Jahren zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Die Folge enthalte weder gewaltverharmlosende oder gar gewaltbefürwortende Darstellungen, noch sei durch die Episode eine soziale Desorientierung von Kindern oder Jugendlichen zu erwarten. Nach alledem stellten die Ausführungen der Klägerin erhebliche Mängel an der dem Bescheid der Beklagten zugrunde liegenden Bewertung der KJM heraus und erschütterten die Tragfähigkeit der Aussagen der Beklagten und der Einschätzung der KJM, die dem streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten zugrunde liege. Die Klägerin habe die mangelnde Staatsferne der Mitglieder der KJM lediglich deshalb angeführt, um darzulegen, dass auch Entscheidungen der KJM in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar sein müssten. Es verwundere, dass neben der Klägerin nicht nur die Jugendschutzabteilung des ZDF, sondern auch qualifizierte Jugendschutzbeauftragte anderer privater und öffentlichrechtlicher Rundfunkanbieter eine andere Einschätzung bezüglich der Geeignetheit der Episode zur Jugendgefährdung getroffen hätten als die Mitglieder der KJM dies getan haben sollen.

Auch wenn dem Gesetzgeber Spartenprogramme bereits seit 1991 bekannt gewesen seien, habe er bei Einführung des § 5 Abs. 5 JMStV in seiner aktuellen Fassung nicht die Möglichkeit der Verbreitung von jugendschutzrelevanten Inhalten im Rundfunk in einem Spartenkanal, der sich inhaltlich nicht an Kinder richte, vor Augen gehabt. Der Gesetzgeber habe bei Abfassung des § 5 Abs. 5 JMStV den klassischen linearen Fernsehkanal, bestehend aus einem Angebot, vor Augen gehabt, nicht jedoch eine digitale Plattform wie die der Klägerin mit vielen verschiedenen Angeboten, unter denen sich auch separate für Kinder geeignete Kanäle befinden. Würde man auf eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 5 JMStV auf diese Konstellation verzichten, läge eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des klägerischen Angebotes und Telemedien vor, die vom Gesetzgeber so nicht intendiert gewesen sein könne. Eine planwidrige Regelungslücke liege mithin vor.

Die Beklagte entgegnete mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2014, eine gemeinsame Sichtung der jeweiligen DVD sei im Plenum nicht erforderlich. Es bleibe den einzelnen Mitgliedern überlassen, in welcher Weise sie sich auf die Sitzung vorbereiten - zumal zusammen mit der Film-DVD umfangreiche weitere Unterlagen übermittelt worden seien, die den Inhalt des Fernsehfilmes umfassend beschreiben. Jedenfalls sei jedes KJM-Mitglied in seiner Vorbereitung so umfassend über den Sachverhalt und insbesondere auch den Inhalt des Filmes informiert worden, dass eine Beschlussfassung hierüber erfolgt sei. Aus dem beigefügten Bl. 49 der Verwaltungsakte (Protokoll der 8. Sitzung vom 6.2.2013 in Kopie) ergebe sich, dass derjenige Beschluss gefasst worden sei, der Grundlage des streitgegenständlichen Bescheides ist. Hieraus ergebe sich aber auch die umfassende Vorbereitung der KJM-Mitglieder auf diese Sitzung.

§ 17 JMStV verlange, dass die KJM die Beschlüsse begründe - und zwar gegenüber der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt -. Es gehe demnach um das Verhältnis von KJM als Organ zu der die KJM-Entscheidung ausführenden Landesmedienanstalt. Es habe also die KJM ihren Beschluss gegenüber der Landesmedienanstalt zu begründen. Dies wiederum sei gemäß § 17 Abs. 1 Satz 6 JMStV Grundlage des von der Landesmedienanstalt zu erlassenden Bescheides. Im Verhältnis KJM zur Landesmedienanstalt komme es darauf an, dass die Landesmedienanstalt die Begründung entsprechend nachvollziehen und zur Grundlage des dann zu erlassenden Bescheides machen könne. Im Schreiben vom 11. März 2013 werde ausdrücklich darauf verwiesen, dass „die KJM auf der Grundlage der Beschlussvorlage der BLM“ den Verstoß der Klägerin festgestellt habe. Die Begründung sei damit gemäß § 17 Abs. 1 JMStV erfolgt.

Die Klägerin belege ihre Behauptungen an keiner Stelle und bleibe vage und undifferenziert. Äußerungen wie „Es ist jugendschutzrechtlich anerkannt, dass ein Kind aufgrund der kindlichen Sehgewohnheiten ein Happy-End erwartet.“ würden zum einen bestritten und genügten zum anderen den von den Gerichten entwickelten Vorgaben für eine Überprüfung der KJM-Entscheidungen nicht.

Schließlich seien auch dem Gesetzgeber - wie sich aus § 9 Abs. 2 JMStV ergebe - die digitalen Plattformen durchaus bekannt gewesen. Schließlich enthalte der Jugendmedienschutzstaatsvertrag auch an anderer Stelle Regelungen, die die Anbieter von Telemedien einerseits und die Rundfunkveranstalter andererseits unterschiedlich behandelten. Daher scheide nach wie vor eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 5 JMStV auf Rundfunkveranstalter aus.

Mit Schreiben vom 31. März 2015 ergänzte die Klägerin ihr Vorbringen und führte aus, die Beklagte habe den Nachweis nicht erbracht, dass alle Mitglieder der KJM alle erforderlichen Unterlagen vor der Sitzung der KJM erhalten r hätten. Aus dem in Bezug genommenen Schreiben mit dem Hinweis „gem. Verteiler“ gehe gerade nicht hervor, ob, was und an wen etwas versendet worden sei. Darüber hinaus bestreite die Klägerin auch weiterhin, dass eine vollständige Sichtung der Episode durch alle Mitglieder der KJM stattgefunden habe. Die Ausführungen der Beklagten deuteten eher darauf hin, dass die Mitglieder der KJM das streitgegenständliche Programm gar nicht gesehen hätten, sondern sich nach Ansicht der Beklagten auf etwaige Inhaltsangaben hätten verlassen dürfen. Im vorliegenden Fall wäre eine Sichtung der streitgegenständlichen Folge notwendig gewesen.

Aus den vorhandenen Unterlagen sei nicht ersichtlich, dass die KJM ihren Beschluss mit einer eigenen Begründung versehen hätte. Auch der Verweis auf die Beschlussvorlage der Beklagten durch die KJM in deren Mitteilung an den Präsidenten der Beklagten stelle keine eigene Begründung der KJM dar. Dem Protokoll der Sitzung der KJM vom 6. Februar 2013 sei nicht zu entnehmen, dass alle KJM-Mitglieder sich der Beschlussvorlage der Beklagten angeschlossen und sich diese zu Eigen gemacht hätten. Nach der Rechtsprechung des BayVGH (MMR 2014,348) liege auch in einer unveränderten Übernahme des vorgeschlagenen Entscheidungstenors keine der Begründungspflicht genügende Bezugnahme auf die Begründung der Beschlussvorlage. Zudem beinhalte die Beschlussvorlage eine den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung nicht genügende Kettenverweisung. Ergänzt und vertieft wurden die Ausführungen zur Einschätzung der Geeignetheit zur Jugendgefährdung durch andere Jugendschutzbeauftragte und zur analogen Anwendbarkeit des § 5 Abs. 5 JMStV.

In der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2015 nahm die Kammer die streitgegenständliche Folge in voller Länge in Augenschein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Akten der Beklagten verwiesen. r

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Die Anordnung der Sendezeitbeschränkung auf den Zeitraum von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr in Nr. 1 des Bescheides findet in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Mediengesetz (BayMG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 2003 (GVBI S. 799), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. November 2012 (GVBI. S. 578) i. V. m. § 20 Abs. 1, § 5 Abs. 4 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) v. 10./27.9.2002 (GVBI 2003 S. 147), zuletzt geändert durch den 13. RÄndStV vom 20. November 2009 (GVBI. S. 55), eine tragfähige Rechtsgrundlage. Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG kann die Beklagte gegenüber Anbietern und sonstigen Dienstleistern zur Einhaltung der Vorschriften u. a. des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und des Bayerischen Mediengesetzes die erforderlichen Anordnungen treffen.

1. Der Bescheid ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.

1.1 Die Beklagte ist gem. § 14 Abs. 1 i. V. m. § 20 Abs. 1, 2 und 6 JMStV und Art. 10 Abs. 1 Satz 3 BayMG zuständig für die Aufsicht und den Erlass von Maßnahmen gegenüber Rundfunkveranstaltern, die im Besitz einer von ihr erteilten Zulassung sind. Die Klägerin besitzt die Zulassung der Beklagten zur bundesweiten Verbreitung des Programms „S. Krimi“. Für die jeweils örtlich zuständige Landesmedienanstalt handelt die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) als funktionell - zuständiges Organ (§ 14 Abs. 2 JMStV). Nach § 20 Abs. 2 JMStV trifft die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM für Veranstalter von Rundfunk entsprechend den landesrechtlichen Regelungen die jeweilige Entscheidung.

1.2 Dem Bescheid vom 14. März 2013 liegt kein verfahrensfehlerhaft zustande gekommener Beschluss der KJM zugrunde.

Das Gericht hat keine Anhaltspunkte dafür, dass eine ordentliche Sichtung und Prüfung der streitgegenständlichen Episode durch die anwesenden KJM-Mitglieder in der KJM-Sitzung vom 6. Februar 2013 nicht stattgefunden hat. Folgt - wie hier - aus der an die Mitglieder der KJM und nachrichtlich deren Stellvertreter gerichteten Einladung zur Sitzung, dass in der Anlage zu dieser Einladung der Mitschnitt der beanstandeten Sendung auf DVD beigefügt ist, besteht für das Gericht kein Anlass aufzuklären, ob alle bei der Beschlussfassung mitwirkenden Mitglieder der KJM sowie deren zur Sitzung herangezogene Stellvertreter den Sendemitschnitt tatsächlich in Augenschein genommen haben (VG Hannover, U. v. 8.7.2014 - 7 A 4679/12 - juris Rn. 51). Die Klägerin kann sich zur Begründung ihrer abweichenden Rechtsauffassung auch nicht auf das Urteil des VG Berlin vom 25. September 2012 - VG 27 K 139.09 - (juris Rn. 48f.) berufen. In diesem Urteil hat das VG Berlin festgestellt, dass die einschlägigen Protokolle der Sitzungen der KJM nicht ausgewiesen hätten, dass die Mitglieder der KJM auf diesen Sitzungen die in Rede stehende Sendung angesehen hätte. In den aufgeführten Unterlagen sowie in den die jeweiligen Sitzungen vorbereitenden Schreiben sei ein Mitschnitt der in Rede stehenden Sendung nicht erwähnt. Anders als im vorliegenden Fall lag im vom VG Berlin entschiedenen Fall kein Hinweis auf eine Übersendung des Sendemitschnitts an die KJM-Mitglieder vor (so auch VG Hannover, U. v. 8.7.2014 - 7 A 4679/12 - juris Rn. 51). Vielmehr hatten die an der Beschlussfassung mitwirkenden Mitglieder der KJM die Möglichkeit, in häuslicher Vorbereitung auf die Sitzung die streitgegenständliche Sendung zu sichten.

1.3 Die KJM hat in ihrer 8. Sitzung am 6. Februar 2013 ausweislich des in den Verfahrensakten der Beklagten sowie als Anlage B 4 von der Beklagten mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2014 nochmals vorgelegten Auszugs aus dem Protokoll der Sitzung mit 9:0:0 Stimmen den vorgeschlagenen Beschluss gefasst.

Dieser ist (noch) ausreichend begründet. Gemäß § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV sind die Beschlüsse der KJM zu begründen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen. Zur Auslegung dieser Vorschriften hat der BayVGH in seinem Urteil vom 19. September 2013 - 7 B 12.2358 - (DVBI 2014, 108 ff.) zusammengefasst ausgeführt:

„Die KJM setzt sich aus zwölf Sachverständigen zusammen (§ 14 Abs. 3 JMStV). Ausschließlich ihnen obliegt die abschließende Beurteilung von Angeboten nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§16 Satz 1 JMStV). Die sachverständige Beurteilung jugendmedienschutzrelevanter Angebote erschöpft sich nicht in der abschließenden Entscheidung, sondern umfasst auch die ihr zugrundeliegenden Erwägungen, die demzufolge in der Begründung der KJM ihren Niederschlag finden müssen. Es handelt sich dabei um eine unvertretbare Aufgabe, die zwar in Prüfgruppen vorbereitet werden kann (§ 9 der Geschäfts- und Verfahrensordnung der KJM [GVO-KJM] vom 25.11.2003, zuletzt geändert am 7.3.2012) und die nicht zwingend durch das Plenum wahrzunehmen ist, sondern bei Einstimmigkeit der Entscheidung auch durch Prüfausschüsse erfüllt werden kann (§ 14 Abs. 5 JMStV, § 7 GVO-KJM). Will sich der Prüfausschuss oder das Plenum der KJM der Begründungsempfehlung der Prüfgruppe oder der zuständigen Landesmedienanstalt anschließen, bedarf es hierzu jedoch eines eindeutigen Votums. Insoweit hat die KJM in ihrer Geschäfts- und Verfahrensordnung selbst festgelegt, dass jedes Mitglied des Prüfausschusses der Empfehlung der Prüfgruppe „ausdrücklich“ zustimmen muss, wenn der Prüfausschuss sich die Empfehlung zu eigen machen will (§ 7 Abs. 6 Satz 2 GVO-KJM). Die gleichen Anforderungen müssen aber auch dann gelten, wenn das Plenum der KJM die Begründung einer Beschlussvorlage oder -empfehlung übernehmen will.

[...] Dem Protokoll lässt sich außer dem Umstand, dass die KJM-Mitglieder über den Sachstand und die Empfehlungen der Prüfgruppen informiert wurden, lediglich entnehmen, dass sie sich mit der inhaltlichen Bewertung der Angebote befasst haben und dass der Beschlussfassung eine Diskussion vorausgegangen ist. Auf welche tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen diese Beschlüsse gestützt werden, geht aus der Niederschrift jedoch nicht hervor. Die knappen Ausführungen im Protokoll differenzieren auch nicht zwischen den verschiedenen Prüffällen und den Teletext-Angeboten der einzelnen Anbieter.

[...] Zwar kann auch eine Verweisung oder Bezugnahme auf eine Beschlussvorlage oder -empfehlung der Begründungspflicht genügen. Allerdings müssen eine solche Verweisung und der Wille, sich die Begründung zu eigen zu machen, aus der Niederschrift klar und unmissverständlich hervorgehen. [...] Eine [...] Kettenverweisung entspricht jedoch nicht dem Gebot der Klarheit der von der KJM selbst abzugebenden Begründung. [...] Es handelt sich bei der Begründungspflicht nicht um eine nur „wünschenswerte Vorgehensweise“ und „unnötige Förmelei“. Die Vertragsparteien des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und der Gesetzgeber haben ihre Erfüllung explizit der KJM selbst auferlegt. Allein diese ist dazu berufen, die von ihr getroffene Entscheidung aufgrund ihrer sachverständigen Bewertung zu begründen. Auch die Begründung der Prüfgruppe oder der Begründungsvorschlag der Beklagten ersetzen die Begründung der KJM nicht, sofern nicht die KJM darauf ausdrücklich Bezug nimmt und hierdurch zu erkennen gibt, dass sie sich die Auffassung der Prüfgruppe oder der Beklagten zu Eigen macht.

[...] Die Begründungspflicht des § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV ist Teil der vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung geforderten gesetzlichen Rundfunkordnung zum Schutz der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geforderten Rundfunkfreiheit, die anders als Grundrechte sonst ihrem Träger nicht nur zum Zweck der Persönlichkeitsentfaltung und Interessenverfolgung eingeräumt ist, sondern auch der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dient (z. B. BVerfG, B. v. 6.10.1992 - 1 BvR 1586/89 und 1 BvR 487/92 - BVerfGE 87, 181/198; B. v. 20.2.1998 - 1 BvR 661/94 - BVerfGE 97, 298/313 f. und U. v. 12.3.2008 -2 BvR 4/03 - BVerfGE 121, 30/50 ff.). Sie soll zum einen die KJM r dazu anhalten, den von ihr zu beurteilenden Sachverhalt sorgfältig zu ermitteln und diesen unter Berücksichtigung des Vorbringens des Anbieters in jugendschutzrechtlicher Hinsicht selbst sachverständig zu bewerten. Des Weiteren dient sie der Klarheit für die anderen Organe der zuständigen Landesmedienanstalt, denen gegenüber die Beschlüsse der KJM bindend sind und die sie einschließlich der Begründung ihren Entscheidungen zugrunde zu legen haben (§ 17 Abs. 1 Sätze 5 und 6 JMStV). Neben diesen objektivrechtlichen Funktionen dient die Begründung aber vor allem auch den Rechten der betroffenen Rundfunkveranstalter und der Anbieter von Telemedien. Die Pflicht der KJM, ihre Entscheidungen zu begründen und dabei die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, wurde ausdrücklich „mit Blick auf die Rechte der Betroffenen“, die eventuell gegen eine abschließende Entscheidung Rechtsschutz in Anspruch nehmen wollen, in die Regelung aufgenommen (LT-Drs. 14/10246, S. 23; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Stand März 2013, § 17 JMStV Rn. 3). Die Betroffenen können die Einschätzung der KJM als sachverständige Aussage im gerichtlichen Verfahren nur mit dem gleichen Aufwand in Frage stellen, der notwendig ist, um die Tragfähigkeit fachgutachtlicher Äußerungen zu erschüttern. Ist die Bewertung der KJM in diesem Sinn nicht entkräftet, so ist es dem Gericht verwehrt, seine eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der KJM zu setzen (BayVGH, U. v. 23.3.2011 - 7 BV 09.2512 u. a. -NJW 2011, 2678/2682). Ohne Kenntnis der Gründe, auf die die KJM ihre Entscheidung stützt, kann der Betroffene diese jedoch nicht erschüttern. Er ist daher darauf angewiesen, zu erfahren, welche Gründe die KJM als sachverständiges Gremium zu ihrer Entscheidung bewogen haben.

Die objektivrechtliche Begründungspflicht der KJM dient damit zugleich der Sicherung der grundrechtlichen Positionen der betroffenen Rundfunkveranstalter und Telemedienanbieter. Sie haben Anspruch darauf, dass die KJM ihren Beschluss nach ausreichender Kenntnisnahme des zu beurteilenden Angebots unter Bekanntgabe ihrer wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen begründet (ebenso VG Berlin, U. v. 3.5.2012 - 27 A 19.07 - juris Rn. 43 ff.; U. v. 19.6.2012 - 27 A 71.08 - ZUM 2013, 236/238 ff.; vgl. auch VG Hannover, U. v. 27.1.2011 - 7 A 5630.08 - ZUM 2011, 517 ff.). Fehlt eine solche Begründung, schlägt dies auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der zuständigen Landesmedienanstalt durch.“

Vorliegend ergibt sich nach Auffassung des Gerichts aus dem Protokoll der Sitzung des KJM-Plenums vom 6. Februar 2013, dass die Mitglieder der KJM der Beschlussvorlage zugestimmt haben. Es ist nicht erforderlich, den kompletten Inhalt der Beschlussvorlage einschließlich der dort enthaltenen Bezugnahme auf die Prüfbegründung der Prüfgruppe nochmals in das Sitzungsprotokoll zu kopieren oder mit anderen Worten erneut wiederzugeben. Dies gilt zur Überzeugung der Kammer jedenfalls im Falle eines - wie vorliegend - einstimmig (9:0:0) gefassten Beschlusses. Bei einer derart umfassenden Beschlussvorlage einschließlich der Beifügung von sieben Anlagen, auf die nach Auffassung der Kammer auch innerhalb der Beschlussvorlage Bezug genommen werden darf, kann von einer unzulässigen Kettenverweisung keine Rede sein. Es muss nicht Gleiches ständig wiederholt werden. Für die Kammer ist damit die Begründung des vom KJM-Plenum gefassten Beschlusses hinreichend bestimmt. Dass die Begründung bestimmt genug ist, folgt auch aus dem den Beschluss umsetzenden Bescheid der Beklagten vom 14. März 2013. Denn dieser übernimmt entsprechend des Beschlusses des KJM-Plenums vom 6. Februar 2013 die Beschlussvorlage einschließlich der bereits dort in Bezug genommenen Bewertung durch die vorgeschaltete Prüfgruppe (vgl. VG Hannover, U. v. 8.7.2014 - 7 A 4679/12 - juris Rn. 51). Zwar enthält das Protokoll keine ausdrückliche Bezugnahme auf im Einzelnen aufgeführte Unterlagen, diese ergeben sich jedoch aus der Einladung zur Sitzung, in der die Anlagen und Prüfunterlagen im Einzelnen bezeichnet sind. Auch setzt sich die Beschlussvorlage ausführlich mit der Stellungnahme der Klägerin mit Schreiben vom 19. Oktober 2012 auseinander. Außerdem verweist die Beschlussvorlage auf die Vorlage vom 28. März 2012 für die KJM-Prüfgruppe und die Begründung der Empfehlung der KJM-Prüfgruppe vom 5. Juni 2012. Den in der Sitzung anwesenden Mitgliedern der KJM standen somit alle Unterla- r gen zur Verfügung, um sich ihre Überzeugung bilden. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Mitglieder der KJM den Bewertungen der Beschlussvorlage nicht vollumfänglich angeschlossen haben, sind dem Protokoll nicht zu entnehmen.

2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

2.1 § 5 Abs. 1 JMStV verpflichtet Anbieter, die Angebote verbreiten oder zugänglich machen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, dazu, Sorge dafür zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen.

2.1.1 Im vorliegenden Fall spricht die Vermutung in § 5 Abs. 2 JMStV dafür, dass die Folge „Unter Druck“ als entwicklungsbeeinträchtigend anzusehen ist. Nach dieser Vorschrift wird bei Angeboten die Eignung zur Beeinträchtigung der Entwicklung im Sinne von § 5 Abs. 1 JMStV vermutet, wenn sie nach dem Jugendschutzgesetz für Kinder oder Jugendliche der jeweiligen Altersstufe nicht freigegeben sind. § 5 Abs. 2 Satz 1 JMStV gilt entsprechend für Angebote, die mit dem bewerteten Angebot im Wesentlichen inhaltsgleich sind. Bildträger mit u. a. der Folge „Unter Druck“ der Krimiserie „SOKO-Wien“ wurden laut Freigabebescheinigung der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH (FSK) vom 21. Dezember 2010 ab 12 Jahren freigegeben. Bei Filmen, die nach § 14 Abs. 2 Jugendschutzgesetz unter 12 Jahren nicht freigegeben sind, ist bei der Wahl der Sendezeit dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung zu tragen. Gleichwohl hat die KJM die Folge einer eigenen Prüfung unterzogen, vermutlich, weil das ZDF die Serie im Tagesprogramm, also ohne Altersbeschränkung, ausgestrahlt hat.

2.1.2 Ziel der Vorschrift des § 5 Abs. 1 JMStV ist es, einer Entwicklungsbeeinträchtigung von Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken. Die Formulierungen im JMStV stellen den Bezug zum Recht von Kindern und Jugendlichen auf Erziehung (§ 1 Abs. 1 SGB VIII) und den Kinderrechten insgesamt her.

Unter Beeinträchtigungen i. S. v. § 5 Abs. 1 JMStV sind Hemmungen, Störungen oder Schädigungen zu verstehen. Zu berücksichtigen sind danach alle Beeinträchtigungen, die von dem Angebot im Ganzen oder seinen Einzelheiten ausgehen können. Eine Beeinträchtigung der Entwicklung können insbesondere Angebote verursachen, welche die Nerven überreizen, übermäßige Belastungen hervorrufen, die Phantasie über Gebühr erregen, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung hemmen, stören oder schädigen, zu falschen oder abträglichen Lebenserwartungen führen oder die Erziehung zu verantwortungsbewussten Menschen in der Gesellschaft hindern. Die Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen von § 5 Abs. 1 JMStV setzt eine Bewertung des jeweiligen Angebots auf eine mögliche Entwicklungsbeeinträchtigung von Kindern und Jugendlichen und damit einen spezifischen Sachverstand voraus (VG Münchenv. 4.6.2009 M 17 K 05.5329, ZUM 2010,615; VG Berlin v. 28.1.2009, MMR 2009, 496 ff.).

2.2 Aufgrund der von der Beklagten vorgelegten sachverständigen Bewertungen der KJM ist das Gericht davon überzeugt, dass die Beklagte und die KJM im Ergebnis zutreffend davon ausgehen, dass die streitgegenständliche Folge geeignet ist, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unter 12 Jahren zu beeinträchtigen.

2.2.1 Die Klägerin geht zu Recht davon aus, dass der Beklagten und ihrem Organ KJM hinsichtlich der Frage, ob ein Angebot geeignet ist, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen (§ 5 Abs. 1 JMStV), kein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt. Die Einschätzung der KJM ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung als sachverständige Aussage zu begreifen, die im gerichtlichen Verfahren nur mit dem gleichen Aufwand in Frage gestellt werden kann, der notwendig ist, um die Tragfähigkeit fachgutachtlicher Äußerungen zu erschüttern. Ist die Bewertung der KJM in diesem Sinn nicht in Frage gestellt, so ist dem Gericht verwehrt, seine eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der KJM zu setzen (vgl. mit ausführlicher Begründung BayVGH, U. v. 23.3.2011 - 7 BV 09.2512 - NJW 2011, 2678/2682). Nach der vom BayVGH angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf es im gerichtlichen Verfahren keines weiteren gerichtlich bestellten Sachverständigengutachtens, wenn das im Verwaltungsverfahren von der Verwaltung eingeholte sachverständige Gutachten keine Mängel aufweist und die Tragfähigkeit der sachverständigen Aussagen von den Beteiligten auch sonst nicht erschüttert wurde (BayVGH, U. v. 23.3.2011 a. a. O. S. 2682 m. w. N.). Gutachten oder fachtechnische Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmitte oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (st. Rspr. des BVerwG, vgl. B. v. 3.2.2010 - 7 B 35/09 - juris Rn. 12).

2.2.2 Im vorliegenden Fall beruhen die sachverständigen Bewertungen der KJM auf der Vorlage für die KJM-Prüfgruppe vom 28. März 2012, der Prüfbegründung der KJM-Prüfgruppe vom 5. Juni 2012 und der Beschlussvorlage der Beklagten für die KJM vom 18. Dezember 2012. Aufgrund der Inaugenscheinnahme der Episode in der mündlichen Verhandlung folgt die Kammer den überzeugenden Ausführungen in der Prüfbegründung vom 5. Juni 2012, wonach die Folge „Unter Druck“ über die gesamte Dauer von 45 Minuten einen durchgängig hoch gehaltenen Spannungsbogen hat. Die Bewertungen der Prüfgruppe sind nachvollziehbar: Es erscheint aufgrund des labilen psychischen Zustands von Jo und dessen immer wieder aufflammender Aggressivität für den Zuschauer nicht klar, ob er die Drohung, seine Geisel zu erschießen, tatsächlich in die Tat umsetzt. Nach Meinung der Prüfgruppe sei im Hinblick auf Kinder unter 12 Jahren die aus dieser Spannung möglicherweise resultierende Ängstigung als nachhaltig zu bewerten. Auch die Anwesenheit der beiden Polizisten, die ebenfalls als Geiseln genommen wurden, könne dies nicht entlasten. Verstärkt werde die Wirkung noch durch die treibende Musik in einigen Szenen. Ausreichend spannungsabbauende Elemente seien kaum vorhanden. Die unblutige Beendigung der Geiselnahme stelle zwar in gewisser Weise ein Happy-End und damit ein entspannendes Element dar. Allerdings werde dadurch das zuvor hochgehaltenen Spannungsniveau nur teilweise, und im Hinblick auf jüngere Kinder nur unzureichend relativiert. Gegen Ende der Episode resümierten die beiden Polizisten in einem Dialog nochmals den Fall. Dies sei nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass einzelne Aspekte bis zum Schluss unklar blieben und sich bestimmte Zusammenhänge nicht unmittelbar erschließen. Dieses Maß an Komplexität dürfte es Kindern unter 12 Jahren, insbesondere Kindern im Grundschulalter, zusätzlich erschweren, die Inhalte adäquat zu verarbeiten. Zum anderen werden die im Film gezeigten Gewalt- und Bedrohungsszenen als problematisch angesehen. Das Ängstigungspotential, das von der zu Beginn des Films gezeigten Mordszene in Bezug auf Kinder ausgehe, werde dadurch ver- r stärkt, dass es sich bei dem Zeugen um einen Jungen und damit um eine Identifikationsfigur für die entsprechende Rezipientengruppe handele. Beim Überfall auf das Juweliergeschäft und der anschließenden Geiselnahme übe der Haupttäter Jo mehrmals Gewalt gegen den Juwelier aus. Die Wirkung dieser Szenen werde nach Einschätzung der Prüfgruppe auch nicht durch das ruhige und umsichtige Verhalten der beiden Polizisten-Geiseln abgeschwächt. Diese ausführliche Würdigung der Gewaltszenen begründet schlüssig und nachvollziehbar die Einschätzung der Prüfgruppe, aufgrund des durchgängig hohen Spannungsbogens und der gezeigten Gewaltszenen sei der Film im Hinblick auf Zuschauer unter 12 Jahren geeignet, nachhaltig ängstigend zu wirken.

Die Beschlussvorlage der Beklagten für die KJM vom 18. Dezember 2012 setzt sich ausführlich mit der Bewertung der streitgegenständlichen Folge in der Stellungnahme der Klägerin bei ihrer Anhörung auseinander und begründet, aus welchen Gründen den Folgerungen der Klägerin nicht gefolgt wird. In der abschließenden Empfehlung an die KJM unter Würdigung der Anbieterargumente wird festgestellt, dass die Folge zu einer nachhaltigen Ängstigung und Übererregung von Kindern und somit zu einer Entwicklungsbeeinträchtigung von unter 12-Jährigen führen kann. Die Episode verfüge weder über ausreichend spannungsabbauende Elemente, noch ermögliche die Komplexität der Handlung eine adäquate Verarbeitung der potentiell beeinträchtigenden Szenen. Die gezeigten Gewaltszenen, die sich teils durch klaustrophobische Züge auszeichneten, verstärkten das Ängstigungspotential für Kinder. Insgesamt erscheint der Kammer unter dem Eindruck der Inaugenscheinnahme die Bewertung der Folge durch die KJM als schlüssig und nachvollziehbar.

Das Vorbringen der Klägerin im Klageverfahren ist nicht geeignet, die Tragfähigkeit dieser Begutachtung zu erschüttern. Es beschränkt sich im Wesentlichen darauf, abweichende Bewertungen zu der streitgegenständlichen Folge darzutun, die fachlich vertretbar sein mögen, wie die ursprüngliche Bewertung durch die Beklagte und die Jugendschutzbeauftragte des ZDF zeigen, jedoch die Auffassung der KJM nicht ernsthaft zu erschüttern vermögen.

2.3 Ist ein Angebot nach § 5 Abs. 1 JMStV geeignet, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, kann der Anbieter seiner Pflicht, Sorge dafür zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe sie üblicherweise nicht wahrnehmen, nach § 5 Abs. 3 JMStV dadurch entsprechen, dass er 1. durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung des Angebots durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe unmöglich macht oder wesentlich erschwert oder 2. die Zeit, in der die Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht werden, so wählt, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe üblicherweise die Angebote nicht wahrnehmen. Die Klägerin hat die Folge ohne Jugendschutzvorsperre ausgestrahlt und von der technischen Möglichkeit nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV keinen Gebrauch gemacht. Die Ausstrahlung auf dem Spartenkanal S. Krimi reicht hierfür nicht aus. Demgemäß war die Zeit der Ausstrahlung nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 JMStV so zu wählen, dass Kinder oder Jugendliche unter 12 Jahren sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Daher war nach § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV eine Sendezeitbeschränkung für den Zeitraum von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr zulässig.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch nicht ersichtlich, dass dem Veranstalter und ihren Jugendschutzbeauftragten hinsichtlich der Wahl einer dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung tragenden Sendezeit im Rahmen des § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV ein von der KJM zu beachtender Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative eingeräumt sein sollte. Gemäß § 20 Abs. 3 JMStV hat die KJM beim Erlass von Maßnahmen im Hinblick auf die Einhaltung von Bestimmungen zum Jugendschutz zwar den einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle eingeräumten Beurteilungsspielraum zu beachten. Eine entsprechende Regelung zugunsten des Veranstalters hat der Gesetzgeber indes nicht getroffen, und hierfür gibt es auch im Hinblick auf § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV keinen vernünftigen Grund. Denn der Veranstalter hat die Möglichkeit, etwaigen sich bei der Anwendung der Regelung ergebenden Unsicherheiten durch eine Ausstrahlung erst nach 20.00 Uhr zu begegnen (Ziff. 3.2.4 der Jugendschutzrichtlinien -JuSchRiL - vom 8.3.2005 StAnz. Nr. 27 S. 2) oder sich eine nach eigener Einschätzung anzunehmende Unbedenklichkeit einer Ausstrahlung im Tagesprogramm durch vorherige Vorlage bei der FSF bestätigen zu lassen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Verzicht des Veranstalters auf eine dieser beiden, ihn gerade in Zweifelsfällen absichernden Vorgehensweisen und das mit einer eigenen (Fehl-)Einschätzung einhergehende Risiko einer Beeinträchtigung betroffener Kinder oder Jugendlicher durch eine Ausstrahlung zu unzulässiger Zeit durch die Gewährung eines Beurteilungsspielraums besonders geschützt werden sollte. Auch die Einschaltung seines Jugendschutz beauftragten (§ 7 JMStV) vermag nichts daran zu ändern, dass die vom Veranstalter letztlich eigenverantwortlich vorgenommene Festlegung einer Sendezeit im Rahmen des § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV voll überprüfbar ist. Eine dem § 20 Abs. 3 JMStV entsprechende Regelung, durch die die Überprüfung der durch einen Jugendschutzbeauftragten geprüften und gebilligten Sendeentscheidung auf Überschreitungen des Beurteilungsspielraums begrenzt würde, ergibt sich weder aus § 7 JMStV noch aus einer anderen Regelung des Staatsvertrages (OVG BB, U.V.13.11.2014-OVG 11 B 10.12-juris Rn. 94).

2.4 Entgegen der Auffassung der Klägerin ist § 5 Abs. 5 JMStV auf den vorliegenden Fall nicht analog anwendbar. Nach dieser Vorschrift erfüllt der Anbieter von Telemedien, wenn eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung im Sinne von § 5 Abs. 1 JMStV nur auf Kinder zu befürchten ist, seine Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 JMStV, wenn das Angebot getrennt von für Kinder bestimmten Angeboten verbreitet wird oder abrufbar ist. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Vorschrift gilt diese nur für Telemedien. Ziel der Vorschrift ist es, geschützte Räume für Kinderangebote im Internet zu schaffen, die nicht zu beeinträchtigenden Angeboten weiterführen. Angebote für Kinder sind solche, die sich nach Inhalt und Form an unter 14-Jährige wenden (Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner/ColeAA/agner, Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Stand Juli 2015, § 5 JMStV Rn. 22). Gegen eine analoge Anwendung auf Rundfunkangebote spricht, dass keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Vielmehr wird im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag vielfach systematisch zwischen Vorschriften, die für Rundfunkangebote gelten, und Vorschriften für Telemedien unterschieden.

2.5 Die Beklagte hat die Sendezeitbeschränkung im Bescheid vom 14. März 2013 ermessensfehlerfrei angeordnet. Hat die zuständige Landesmedienanstalt festgestellt, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages verstoßen hat, trifft sie die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter (§ 20 Abs. 1 JMStV) durch die KJM entsprechend den landesrechtlichen Regelungen die jeweilige Entscheidung. Nach § 17 Abs. 1 Satz 5 und 6 JMStV sind die Beschlüsse der KJM gegenüber den anderen Organen der zuständigen Landesmedienanstalt bindend und deren Entscheidungen zugrunde zu legen (BayVGH, U. v. 23.3.2011 - 7 BV 09.2512 - NJW 2011, 2678/2679). Dementsprechend hatte die Beklagte den Beschluss der KJM umzusetzen und auf der Grundlage der landesrechtlichen Regelung in Art. 16 BayMG die erforderlichen Anordnungen treffen. Die Beklagte hat das ihr nach dieser Vorschrift zustehende Auswahlermessen ausgeübt und begründet, dass eine Sendezeitbeschränkung erforderlich war.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war nach § 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen, denn hinsichtlich des Umfangs der Begründungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 3 und 4 JMStV, insbesondere der Zulässigkeit einer Kettenverweisung, weicht das Urteil von dem Urteil des BayVGH vom 19. September 2013-7 B 12.2358-ab.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124 und 124a Abs. 1 VwGO kann die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufungsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Über die Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskosten hilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 25.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

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Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 5 Diplom-Juristen aus dem Beitrittsgebiet


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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 03. Feb. 2010 - 7 B 35/09

bei uns veröffentlicht am 03.02.2010

Gründe I. 1 Der Kläger zu 2 wendet sich gegen eine Genehmigung zur Errichtung und zum B

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Rücknahme, der Widerruf oder die sonstige Aufhebung einer nach § 2 erforderlichen Genehmigung stehen der Wirksamkeit des genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts nicht entgegen, wenn in dessen Vollzug die Grundbuchumschreibung erfolgt ist. In diesem Fall kann nach Wirksamwerden des Rechtsgeschäfts bei der nach § 8 zuständigen Stelle die Feststellung beantragt werden, daß die Voraussetzungen des § 1 inzwischen vorliegen. Diente das genehmigungspflichtige Rechtsgeschäft einer besonderen Investition (§ 3 des Investitionsvorranggesetzes), so kann bei der Stelle, die nach dem Investitionsvorranggesetz zuständig wäre, nachträglich nach Maßgabe des Investitionsvorranggesetzes ein Investitionsvorrangbescheid beantragt werden, wenn das Fehlen der Voraussetzungen des § 1 nicht offensichtlich war. Ein eigenes Angebot des Anmelders wird in diesem Fall nur berücksichtigt und genießt den Vorzug nur, wenn das Vorhaben noch nicht im wesentlich durchgeführt ist. § 13 Abs. 1 Satz 3 des Investitionsvorranggesetzes gilt sinngemäß.

(2) Von dem Zeitpunkt an, in dem die Aufhebung der Genehmigung bestandskräftig wird, ist der Erwerber verpflichtet, dem Verfügungsberechtigten das Grundstück, soweit es ihm noch gehört, in dem Zustand zurückzuübereignen, in dem es sich in dem genannten Zeitpunkt befindet. Der Verfügungsberechtigte ist vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Parteien verpflichtet, dem Erwerber den ihm aus der Erfüllung der Verpflichtung zur Rückübertragung entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, der Erwerber dürfte aufgrund der Umstände der Erteilung der Genehmigung nicht auf deren Bestand vertrauen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Feststellung gemäß Absatz 1 Satz 2 unanfechtbar erfolgt ist oder ein bestandskräftiger Investitionsvorrangbescheid gemäß Absatz 1 Satz 3 ergangen ist. Für die Dauer des Verfahrens nach Absatz 1 Satz 2 und 3 kann die Erfüllung des Anspruchs nach Satz 1 verweigert werden.

(3) Ist das Grundstück gemäß Absatz 2 Satz 1 zurückzuübereignen, kann das Eigentum an dem Grundstück oder, wenn dieses noch nicht auf den Verfügungsberechtigten übertragen worden ist, der Anspruch auf Rückübereignung durch das Amt oder Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen oder Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen gemäß § 3 Abs. 1 des Vermögensgesetzes auf den Berechtigten (§ 2 Abs. 1 des Vermögensgesetzes) übertragen werden; für diesen Bescheid findet § 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung. In diesem Fall ist der Berechtigte unbeschadet des § 7 des Vermögensgesetzes verpflichtet, dem Verfügungsberechtigten den Wert zu ersetzen, den die Verwendungen des Erwerbers auf das Grundstück im Zeitpunkt der Rückübertragung haben. Als Verwendung gilt auch die Errichtung von Bauwerken und Anlagen. Der Berechtigte kann in diesem Fall auf die Übertragung des Eigentums nach dem Vermögensgesetz verzichten und stattdessen Zahlung des Erlöses oder des Verkehrswertes verlangen, den das Grundstück im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung hatte. Soweit das Grundstück oder Gebäude weiterveräußert worden ist, ist der Verfügungsberechtigte verpflichtet, dem Berechtigten (§ 2 Abs. 1 des Vermögensgesetzes) den ihm hieraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für die Aufhebung einer Genehmigung für die Bestellung oder Übertragung eines Erbbaurechts entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere

1.
junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,
2.
jungen Menschen ermöglichen oder erleichtern, entsprechend ihrem Alter und ihrer individuellen Fähigkeiten in allen sie betreffenden Lebensbereichen selbstbestimmt zu interagieren und damit gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft teilhaben zu können,
3.
Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen,
4.
Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen,
5.
dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.

Gründe

I.

1

Der Kläger zu 2 wendet sich gegen eine Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Verbrennungsanlage in H. Er ist Eigentümer und Bewohner eines in der Gemeinde H. im Einwirkungsbereich der geplanten Anlage gelegenen Grundstücks. Das Wohngebäude des Klägers liegt ca. 1 200 m in ost-südöstlicher Richtung vom geplanten Anlagenstandort entfernt.

2

Im näheren Umfeld des Anlagenstandorts befinden sich diverse Gewerbe- und Industrieunternehmen, insbesondere wird unterirdisch Kalirohstoff abgebaut und in oberirdischen Anlagen verarbeitet. In der weiteren Umgebung des Anlagenstandorts sind zudem mehrere große Abraumhalden für die bei der Kaliproduktion anfallenden Reststoffe vorhanden. Überdies befindet sich im weiteren Umkreis die Untertagedeponie für gefährliche Abfälle H.

3

Bei der geplanten Anlage handelt es sich um eine sog. Ersatzbrennstoff-Anlage (EBS-Anlage). Der zur Verbrennung vorgesehene Abfall soll in externen Vorbehandlungsanlagen produziert und per LKW zum Anlagenstandort transportiert werden. Der Anlagenstandort befindet sich auf dem Betriebsgelände der K. GmbH im Bereich einer aufgelassenen Betriebsdeponie. Zweck der Anlage ist die Erzeugung von 160 t Frischdampf/Stunde für die Anlagen der K. GmbH vor Ort.

4

Mit Bescheid vom 26. März 2007 genehmigte das Regierungspräsidium K. der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die Errichtung und den Betrieb der geplanten Anlage einschließlich der erforderlichen Nebenanlagen. Genehmigt ist eine zweilinige Rostfeuerung mit einer Gesamtabfallverbrennungskapazität von 273 000 t pro Jahr und einer Feuerungswärmeleistung von 128,04 MW zuzüglich der Stützfeuerung (Erdgas). Die angelieferten Abfälle werden in einem Bunker gesammelt und über Fördereinrichtungen und Vorlagebehälter den Öfen zugeführt. Der minimale Massenstrom an Abfällen ist in der Genehmigung auf 20 t pro Stunde und der maximale Massenstrom auf 44 t pro Stunde festgesetzt. Die entstehenden Rauchgase sind in Rauchgasreinigungsanlagen zu reinigen und je Verbrennungslinie über eine eigene Kaminanlage mit einer Mündungshöhe von 70 m über Boden und einem Durchmesser von 2,05 m abzuleiten. In den Nebenbestimmungen zu der Genehmigung ist u.a. festgesetzt, welche Abfälle in der Anlage verbrannt werden dürfen und welche Grenzwerte eingehalten werden müssen.

5

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Die streitgegenständliche Genehmigung verletze keine materiellrechtlichen Vorschriften des Immissionsschutzrechts, die dem Schutz des Klägers zu dienen bestimmt seien. Die Genehmigung verstoße nicht gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG. Die zur Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen vorgesehenen Grenzwerte würden durchweg eingehalten. Dies ergebe sich aus der Immissionsprognose der Gesellschaft für Betriebs- und Umweltberatung mbH (GfBU) vom 29. Mai 2006, die nicht erkennbar fehlerhaft sei. Entgegen der Auffassung des Klägers begegneten weder die der Immissionsprognose zugrunde gelegten Rechenmodelle AUSTAL2000 und FITNAH noch die mit diesen Modellen errechneten Ergebnisse durchgreifenden Bedenken. Die besonderen örtlichen Gegebenheiten im Untersuchungsgebiet seien bei den Berechnungen ausreichend berücksichtigt worden. Die Immissionsprognose sei auch nicht durch die vom Kläger vorgelegte Berechnung des Sachverständigen S. mit dem Programm WinKFZ oder auf andere Weise erschüttert worden. Darauf, ob ein anderes Windfeldmodell generell oder im Einzelfall besser geeignet sei, um meteorologische oder geografische Besonderheiten zu berücksichtigen, komme es nicht an. Ungeachtet der Frage, ob WinKFZ grundsätzlich als Windfeldmodell nach der TA Luft und den Anforderungen der VDI-Richtlinie 3945 anzuerkennen sei, könne jedenfalls nicht festgestellt werden, dass dieses Modell derart überlegen sei, dass es alle anderen Berechnungsmethoden verdränge und das (konkurrierende) Berechnungsmodell AUSTAL2000 als fehlerhaft qualifiziert werden müsse. Überdies sei die Klage auch deshalb unbegründet, weil der Kläger selbst dann, wenn man auf die Berechnungen des Sachverständigen S. abstelle, durch die Immissionen der streitbefangenen Anlage nicht in eigenen Rechten verletzt werde. Im unmittelbaren Bereich des klägerischen Grundstücks würden selbst nach den Berechnungen des Sachverständigen S. die festgesetzten Immissionswerte der TA Luft durch die rechnerisch ermittelte Gesamtbelastung bei allen maßgeblichen Schadstoffen nicht überschritten.

6

Die Revision gegen sein Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers zu 2.

II.

7

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist weder wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) noch wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

8

1. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist - jeweils selbständig tragend - darauf gestützt, dass eine Verletzung des Klägers zu 2 in drittschützenden Rechten, namentlich dem Recht auf Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, nicht vorliegt, weil zum einen nach der nicht zu beanstandenden Immissionsprognose des Vorhabenträgers von dem Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen und zum anderen auch nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten S. jedenfalls im unmittelbaren Bereich des klägerischen Grundstücks die Immissionswerte der TA Luft durch die rechnerisch ermittelte Gesamtbelastung bei allen maßgeblichen Schadstoffen nicht überschritten würden. Ist eine Entscheidung - wie hier - auf mehrere, jeweils für sich selbständig tragende Gründe gestützt, kann eine Beschwerde nach § 132 Abs. 2 VwGO nur Erfolg haben, wenn für jeden der Urteilsgründe ein Zulassungsgrund zulässig vorgetragen ist und vorliegt (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328). Daran fehlt es. Die Beschwerde verhält sich nur zu der nach ihrer Auffassung unzutreffenden Bewertung der Immissionsprognose des Vorhabenträgers als nicht erkennbar fehlerhaft.

9

2. Abgesehen davon wären auch weder die Verfahrensrügen noch die Divergenzrüge erfolgreich.

10

a. Der Kläger rügt sinngemäß eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er ist der Meinung, der Verwaltungsgerichtshof sei den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen

- zur Eignung der Prognosemethodik für das Windfeld (Ziffer 3 der Beschwerdeschrift, S. 6 ff.),

- zur Modifizierung der meteorologischen Ausgangsdaten (Ziffer 4 der Beschwerdeschrift, S. 13 ff.),

- zur Empfehlung des Deutschen Wetterdienstes (DWD; Ziffer 5 der Beschwerdeschrift, S. 21 f.)

- zur Ermittlung der Orte der maximalen Belastung (Ziffer 6 der Beschwerdeschrift, S. 22 f.)

- zur Überlegenheit des Modells WinKFZ und der Untauglichkeit der Modelle AUSTAL2000/FITNAH (Ziffer 7 der Beschwerdeschrift, S. 23 ff.),

- zur Größe des Rechengebiets (Ziffer 8 der Beschwerdeschrift, S. 52 ff.) und

- zur Rastergröße (Ziffer 9 der Beschwerdeschrift, S. 56 ff.)

zu Unrecht nicht gefolgt.

11

Es kann dahinstehen, ob die gerügten Verstöße gegen die Aufklärungspflicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt sind, obwohl die Beschwerde weder den Inhalt der abgelehnten Beweisanträge mitteilt noch die in der mündlichen Verhandlung gestellten 18 Beweisanträge den einzelnen Aufklärungsrügen konkret zuordnet. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, den Beschwerdevortrag zu sichten und zu ordnen, um das herauszusuchen, was möglicherweise - bei wohlwollender Auslegung - zur Begründung der Beschwerde geeignet sein könnte (Beschluss vom 27. Mai 2008 - BVerwG 4 B 42.07 - juris Rn. 2 und 10).

12

Ungeachtet dessen sind die erhobenen Aufklärungsrügen jedenfalls in der Sache nicht begründet. Liegen - wie hier - bereits Gutachten zu einer entscheidungserheblichen Tatsache vor, steht es nach § 98 VwGO, § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts, ob es zusätzliche Sachverständigengutachten einholt. Das Tatsachengericht kann sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen, die von einer Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden, stützen (Beschluss vom 30. Dezember 1997 - BVerwG 11 B 3.97 - Buchholz 451.171 § 6 AtG Nr. 1 m.w.N). Ein Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten hätte aufdrängen müssen. Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (stRspr, vgl. Beschluss vom 26. Juni 1992 - BVerwG 4 B 1-11.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89, S. 86<97>). Dass die Ablehnung der Beweisanträge gemessen an diesen Grundsätzen zu beanstanden sein könnte, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht.

13

Sofern - was allerdings weder in den Beweisanträgen noch in der Beschwerdeschrift explizit zum Ausdruck kommt - der Kläger meint, der Verwaltungsgerichtshof hätte zur Beurteilung der Frage, ob von dem Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen, zusätzlich zur Immissionsprognose und dem Gutachten S. noch ein weiteres Gutachten einholen müssen, hätte er darlegen müssen, warum auch das von ihm vorgelegte Gutachten S. nicht geeignet ist, diese Frage abschließend zu klären (vgl. Beschluss 5. Dezember 2008 - BVerwG 9 B 28.08 - Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6, Rn. 5).

14

Auch im Übrigen ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof nach Maßgabe der o.g. Grundsätze noch Sachverständigengutachten zu den in der Beschwerdeschrift unter Ziffer 3 bis 9 angesprochenen Themen hätte einholen müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich - wie der Kläger selbst einräumt (S. 13 der Beschwerdebegründung) - mit der Kritik des Klägers an der Verwendung der Rechenmodelle AUSTAL2000 und FITNAH ausführlich auseinandergesetzt und die Einwände des Klägers als widersprüchlich, pauschal und unsubstantiiert zurückgewiesen (UA S. 39 bis 44). Dasselbe gilt für die Kritik des Klägers an der Veränderung der meteorologischen Ausgangsdaten aufgrund einer nach seiner Auffassung fehlerhaften Bewertung der Empfehlung des Deutschen Wetterdienstes und der daraus folgenden Verschiebung der Orte der maximalen Belastung (UA S. 44 bis 47). Der Verwaltungsgerichtshof hat weiter auch die Ausführungen des Klägers zur (vermeintlichen) Überlegenheit des Rechenmodells WinKFZ zur Kenntnis genommen und ausführlich - kritisch - gewürdigt (UA S. 46 unten/47, S. 48 ff.; S. 62 bis 65). Er hat sich schließlich auch mit der Kritik des Klägers an der Größe des Rechengebiets (UA S. 51 unten bis 53 oben) und - im Zusammenhang mit der Auswertung des Gutachtens S. - mit der zulässigen Maschenweite befasst (UA S. 62/63). Angesichts dessen liegt auch der Vorwurf des Klägers zu 2 neben der Sache, der Verwaltungsgerichtshof habe sich in seiner Entscheidung nicht hinreichend mit der Kritik an der Veränderung der meteorologischen Datenbasis (S. 19 der Beschwerdebegründung) sowie der Erforderlichkeit, das Beurteilungsgebiet zu vergrößern (S. 53 der Beschwerdebegründung), auseinander gesetzt, und weder angesprochen noch berücksichtigt, dass die Immissionsbelastung von AUSTAL 2000 offensichtlich unterschätzt werde (S. 27 der Beschwerdebegründung).

15

Im Rahmen seiner Tatsachen- und Beweiswürdigung ist der Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass es dem Kläger weder durch Vorlage der Berechnungen der Sachverständigen S. mit dem Programm WinKFZ noch auf andere Weise gelungen sei, die fachaufsichtlich geprüften Ergebnisse der Immissionsprognose zu erschüttern (UA S. 48). Der Inhalt der Beschwerdeschrift erschöpft sich im Wesentlichen darin, die tatrichterliche Würdigung der vorhandenen Gutachten und sonstigen Erkenntnismittel als fehlerhaft anzugreifen. Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind aber - sofern sie denn vorlägen - revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen. Eine Ausnahme hiervon kommt bei einer aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht (Beschluss vom 5. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 6). Ein solcher Mangel wird von der Beschwerde nicht substantiiert dargetan. Daraus folgt zugleich, dass auch die von der Beschwerde sinngemäß gerügten Verstöße gegen den Grundsatz der Überzeugungsbildung nicht vorliegen.

16

b. Auch die Divergenzrüge genügt schon den Darlegungsanforderungen nicht.

17

Eine Divergenzrüge ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschluss vom 5. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 10). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerde nicht.

18

Die Beschwerde rügt eine Abweichung von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. August 1999 - BVerwG 4 B 55.99 - (juris Rn. 9). Danach hat sich die Prüfung schädlicher Umwelteinwirkungen an den Umständen des Einzelfalls auszurichten, wenn die Nr. 2.3 und 2.5 der TA Luft weder unmittelbar noch sinngemäß einschlägig sind. Die Beschwerde zeigt nicht auf, mit welchem abstrakten, dieselbe Rechtsvorschrift betreffenden Rechtssatz der Verwaltungsgerichtshof sich dazu in Widerspruch gesetzt hat. Die von der Beschwerde benannte Formulierung des Verwaltungsgerichtshofs, der ergänzende Einsatz des Modells FITNAH durch die GfBU zur Bewältigung der durch die spezifischen geografischen Verhältnisse im Untersuchungsgebiet gestellten besonderen Anforderungen bei der Feststellung der Schadstoffausbreitung sei keinen grundsätzlichen Bedenken ausgesetzt, stellt ersichtlich keinen abstrakten Rechtssatz, sondern lediglich eine einzelfallbezogene Wertung dar.

19

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.