Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Nov. 2018 - M 1 K 17.2541

bei uns veröffentlicht am28.11.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des Grundstücks FlNr. .../... gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Doppelhauses mit Garage und Carport auf dem Grundstück FlNr. .../... Gem. … Kläger und Baugrundstück sind durch die Straße „ …“ getrennt.

Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“ der Gemeinde … vom 4. Januar 1967 in der Fassung des dritten Deckblatts vom 2. Mai 2007, durch das u.a. Garagen und/oder Carports an den seitlichen Grundstücksgrenzen unter Einhaltung der Grenzabstände nach der Bayerischen Bauordnung innerhalb der Baugrenzen zugelassen wurden. Weitere Deckblätter des Bebauungsplans betreffen nicht das Baugrundstück. Bereits der ursprüngliche Bebauungsplan sieht für das Baugrundstück Baugrenzen vor und enthält ferner die Festsetzung, dass das am Hang zulässige Haus an der Talseite eine Höchstbebauung mit zwei Vollgeschoßen aufweisen dürfe.

Unter dem ... Dezember 2016 richteten die Beigeladenen einen Antrag auf isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans für die Errichtung von Carport und Garage an den nördlichen und südlichen Grundstücksgrenzen der FlNr. .../... an das Landratsamt M.. Der Gemeinderat der Gemeinde … befasste sich in seiner Sitzung vom 11. Januar 2017 mit dem Antrag und erteilte sein Einvernehmen unter dem Vorbehalt, dass die fachliche Prüfung durch die untere Bauaufsichtsbehörde keine Abweichungen vom gültigen Bebauungsplan ergebe. Der Befreiung vom Bebauungsplan wurde zugestimmt.

Unter dem ... Februar 2017 stellten die Beigeladenen einen Antrag auf Baugenehmigung und Befreiung von den Festsetzungen des Bauungsplans wegen Überschreitung der Baugrenze durch die an der Ostseite des Gebäudes geplanten Balkone.

Am … März 2017 fand eine Ortsbesichtigung durch die Baugenehmigungsbehörde statt, insbesondere zur Klärung der Frage, ob das Vorhaben trotz Einhaltung der Vorgaben des Bebauungsplans das Rücksichtnahmegebot verletze. In dem hierüber gefertigten Aktenvermerk vom 30. März 2017 wird festgestellt, dass das Vorhaben sich zur Straßenseite mit einer Höhenentwicklung von E+D als niedriger Bau präsentiere. Die größere Wandhöhe zur Hangseite sei topographisch bedingt. Eine unzumutbare Beeinträchtigung nachbarlicher Belange sei nicht erkennbar.

Mit Bescheid vom 9. Mai 2017, zur Post gegeben am 10. Mai 2017 erteilte das Landratsamt die beantragte Baugenehmigung unter Befreiung „vom Bebauungsplan …“.

Die hiergegen gerichtete Klage ging am 7. Juni 2017 bei Gericht ein. Der Kläger macht insbesondere geltend, er sei als Eigentümer der schräg gegenüber liegenden FlNr. .../... als mittelbarer Nachbar von dem Bauvorhaben mit erheblichen Beeinträchtigungen und Nachteilen betroffen. Es sei die Errichtung eines wahren Baukolosses vorgesehen. Das 18,2 m lange Doppelhaus und die an der nördlichen und südlichen Grundstücksgrenze vorgesehene Garage/Carport hätten zur Folge, dass die Aussicht nach Osten Richtung … für alle Bewohner der Siedlung … mit Ausnahme von kleinen Durchblicken so gut wie ausgeschlossen sei. Mit dem direkt an der nördlichen Grundstücksgrenze vorgesehenen Carport würde eine wesentliche Nutzungseinschränkung und Wertminderung des Grundstücks FlNr. .../... einhergehen. Ein Absetzen von Garagen/Carports vom Wohngebäude sei bisher nach dem gültigen Bebauungsplan nicht statthaft. Es liege ein Verstoß gegen die Vorschrift der Bayerischen Bauordnung vor, nach der die Länge der Grenzbebauung 15 m nicht überschreiten dürfe, denn unter Anrechnung der Zufahrten seien insgesamt 10 Stellplatzmöglichkeiten vorgesehen; ferner seien die befestigten Hauszugänge mit ca. 4 m Gesamtbreite zu berücksichtigen. Der im gesamten Wohngebiet obligatorische 1 m breite Grünstreifen vor den Gebäuden falle den geplanten Kfz-Stellplätzen zum Opfer. Durch die nahezu vollständige Verbauung des Grundstücks zur Straße hin, sei die nachbarschützende Vorschrift des Art. 6 BayBO nicht nur bezüglich der unmittelbar angrenzenden, sondern auch der gegenüberliegenden Nachbargrundstücke verletzt. Das Vorhaben beeinträchtige den durch lockere Bebauung mit Ein- und Zweifamilienhäusern geprägten ländlichen Ortscharakter der Siedlung … nachhaltig. Es verstoße gegen das Einfügensgebot sowohl wegen seiner Größe wie auch wegen seines „Geschäftshauscharakters“. Die Firsthöhe des Vorhabens überschreite die Höhenentwicklung der Gebäude auf den südlich und nördlich angrenzenden Grundstücken um 1,65 m bzw. 1,25 m. Damit sei die Höhenentwicklung unzumutbar und wegen Art und Umfang des Vorhabens auch ein Verstoß gegen den Gebietserhaltungsanspruch aus § 15 Abs. 1 BauNVO gegeben. Im Bauantrag sei die Rede von vier Wohneinheiten. Es stehe aber zu fürchten, dass Erd- und Dachgeschoß je Doppelhaushälfte in Wahrheit getrennt und womöglich teilgewerblich vermietet würden. Dies würde zu einer noch größeren Mehrbelastung der Nachbarn durch an- und abfahrende Kraftfahrzeuge führen, womit eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots u.a. nach § 5 Bundesimmissionsschutzgesetz einhergehe. Auch widerspreche die faktische Errichtung von sechs Wohneinheiten dem geltenden Bebauungsplan oder jedenfalls seiner bisherigen, Drittschutz vermittelnden Auslegung. Es seien ferner keine triftigen Befreiungstatbestände für die Befreiung zugunsten der Baugrenzenüberschreitung Richtung Osten durch die Balkone ersichtlich. Bei Verwirklichung des genehmigten Vorhabens würden die Nachbargrundstücke nicht unerheblich an Wert verlieren, ganz abgesehen von der Störung des Wohnfriedens und den Beeinträchtigungen durch die mit der Nutzung des Vorhabens verbundenen Emissionen. Der Bebauungsplan lege Einfriedungen an öffentlichen Verkehrsflächen fest. Hieran halte sich das Vorhaben nicht. Die Grundflächenzahl sei im Bebauungsplan von 1967 mit 0,3 festgesetzt und durch die Änderung im dritten Deckblatt 2007 lediglich auf 0,35 erhöht worden. Dieser Wert werde durch das Vorhaben deutlich überschritten. Die Errichtung von zwei Vollgeschoßen und einem Dachgeschoß widerspreche dem Bebauungsplan. Der Kläger beantragt, den Baugenehmigungsbescheid vom 9. Mai 2017 für den Neubau eines Doppelhauses mit Garage und Carport auf dem Grundstück FlNr. .../... Gem. … aufzuheben.

Der Beklagte verteidigt den angefochtenen Bescheid und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Sie machen unter anderem geltend, die Baugenehmigung vom 9. Mai 2017 sei rechtmäßig. Der Bebauungsplan setze insbesondere weder eine höchstzulässige Anzahl von Wohneinheiten noch von Stellplätzen fest und mache keine Vorgaben zum Baustil. Dem Vorhaben ähnliche, größere und moderne Baukörper seien i.Ü. im Baugebiet bereits vorhanden. Einen Rechtsanspruch auf freie Sicht gebe es nicht. Der Kläger sei nicht in drittschützenden Rechten verletzt.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2018 wird auf die Niederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

1. Die Zulässigkeit der Klage scheitert nicht bereits an fehlender Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Obwohl das Grundstück des Klägers nicht an das Baugrundstück angrenzt, sondern südlich versetzt auf der gegenüber liegenden, westlichen Seite der ca. 6,5 m breiten Anwohnerstraße „… …“ liegt, ist die Möglichkeit einer Verletzung des Klägers in eigenen nachbarschützenden Rechten nicht von vornherein ausgeschlossen. Entscheidend für die Nachbareigenschaft im Baurecht ist der Einwirkungsbereich des Bauvorhabens. Auch der Eigentümer eines jenseits der Straße gelegenen Grundstücks kann, je nach Art des Gebiets, der Verkehrsbedeutung der Straße und nach Art und Auswirkungen des Vorhabens im baurechtlichen Sinne Nachbar sein (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 131. EL Oktober 2018, Art. 66 Rn. 65 ff.). Überdies liegen das Kläger- und das Baugrundstück im Geltungsbereich desselben Bebauungsplans, woraus sich ebenfalls drittschützende Rechte ergeben können.

2. Die Klage ist unbegründet, weil die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung und die Befreiung vom 9. Mai 2017 den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ein Nachbar kann sich als Dritter gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg wehren, wenn diese rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. bereits BVerwG, U.v. 25.2.1977 4 C 22.75 - BVerwGE 52, 122 ff. juris Rn. 24 ff. ; BayVGH, B.v. 20.9.2017  22 CS 17.1471 juris Rn. 12; B.v. 24.3.2009  14 CS 08.3017 juris Rn. 20; B.v. 2.9.2013 - 14 ZB 13.1193 - juris Rn. 11). Eine Verletzung drittschützender Normen durch eine Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde kommt dabei nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung dieser Entscheidung reicht (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2009  14 ZB 09.1244 juris Rn. 6; VG München, U.v. 20.6.2016  M 8 K 15.2869 juris Rn. 34).

a) Soweit der Kläger die Verletzung von Nachbarrechten betreffend die ihm nicht gehörenden nördlich und südlich des Baugrundstücks gelegenen Nachbargrundstücke geltend macht, kann das seiner Klage schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil er zur Geltendmachung dieser Rechte nicht befugt ist. Er kann sich einzig auf ihn persönlich betreffende Nachbarrechtsverletzungen berufen.

b) Auch eine Berufung auf die Verletzung von Abstandsflächenvorschriften verhilft der Klage nicht zum Erfolg.

Für die Begründetheit der Nachbaranfechtungsklage kommt es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung, also am 9. Mai 2017, und somit auf die damals gültige Fassung von Art. 59 BayBO an, wonach die Abstandsflächen gemäß Art. 6 BayBO nicht zum Prüfprogramm des vereinfachten Genehmigungsverfahrens und damit auch nicht zum Regelungsgegenstand der Baugenehmigung zählten. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Art. 6 Abs. 1 BayBO nur vor den Außenwänden von Gebäuden die Freihaltung von Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden verlangt. Mag auch der - nicht nachbarschützende - § 19 Abs. 4 BauNVO städtebaulich die Berücksichtigung u.a. von Stellplätzen und Zufahrten bei der Ermittlung der Grundfläche vorsehen, sind doch versiegelte Flächen auf dem Baugrundstück, die nicht Gebäude sind und keine Außenwände aufweisen, wie Zufahrten, Stellplätze oder Zugänge, abstandsflächenrechtlich irrelevant. Zudem hat das Baugrundstück mit dem Grundstück des Klägers keine gemeinsame Grundstücksgrenze, weshalb eine den Kläger berührende Abstandsflächenverletzung von vornherein ausscheidet.

c) Bereits in seinem Urteil vom 13. Juni 1969 (4 C 80.67 - juris Rn. 20) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Aufrechterhaltung einer ungeschmälerten Aussicht lediglich eine Chance ist, die dem Baunachbarn keine rechtlich geschützte Anspruchsposition vermittelt. Dem folgt die Rechtsprechung und auch das entscheidende Gericht seither durchgängig. Darüber hinaus ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der einschlägige Bebauungsplan „…“ der Gemeinde … auf dem Baugrundstück bereits in seiner ursprünglichen Fassung von 1967 ein Baufenster und somit eine Beschränkung der Sicht nach Osten vorsieht, welches das streitige Vorhaben durch die Balkone lediglich auf der vom Kläger abgewandten Seite nach Osten überschreitet. Die Situierung von Garage und Carport an der nördlichen und südlichen Grundstücksgrenze der FlNr. .../... entspricht der Festsetzung A2 neu im Deckblatt Nr. 3 zum Bebauungsplan vom 2. Mai 2007.

d) Das genehmigte Vorhaben überschreitet durch die Balkone an der Ostseite die im Bebauungsplan „…“ festgesetzte Baugrenze. Die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Befreiung „vom Bebauungsplan „…“ ist bestimmt genug im Sinne von Art. 37 BayVwVfG, denn das streitige Vorhaben widerspricht dem Bebauungsplan nur in diesem einen Punkt (s. sogleich). Der Kläger kann hieraus keine die Klage begründende Verletzung in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten herleiten.

Bei Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ist hinsichtlich des Nachbarsschutzes danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit wird. Ist das der Fall, kann das Vorhaben nur zugelassen werden, wenn die Abweichung vom Bebauungsplan nach § 31 Abs. 2 BauGB rechtmäßig ist. Im Falle eines Abweichens von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots (BayVGH, B.v. 8.11.2016 - 1 CS 16.1864 juris Rn. 3 m.w.N.).

Die Festsetzung von Baugrenzen als Regelung zur überbaubaren Grundstücksfläche ist grundsätzlich städtebaulicher Natur und entfaltet drittschützende Wirkung nur dann, wenn dies dem planerischen Willen ausnahmsweise eindeutig zu entnehmen ist (vgl. VG München, U.v. 6.12.2016  M 1 K 16.3351 juris Rn. 24 m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Der Bebauungsplan „…“ enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass die planende Gemeinde bei der Festsetzung der Baugrenzen die Rechte Dritter im Blick gehabt hätte. Insbesondere war ihr erkennbar nicht daran gelegen, bestimmte Sichtachsen freizuhalten, denn die Baugrenzen verlaufen jeweils auf voller Breite quer über die Grundstücke und geben keine konkrete Situierung von Baukörpern innerhalb dieses Bandes vor; seitliche Baugrenzen gibt es nicht. Zwar ist im Plan in die einzelnen Parzellen jeweils ein Baukörper eingezeichnet, was jedoch nur einen Bebauungsvorschlag darstellt, der offenkundig aufgenommen wurde, um darin die Firstrichtung und ein Planzeichen zur Höhenentwicklung der Bebauung vorgeben zu können.

Die mit der Baugenehmigung erteilte Befreiung von der Baugrenze ist deshalb im Rahmen der vorliegenden Nachbarklage nur am baurechtlichen Gebot der Rücksichtnahme zu messen. Ein Verstoß hiergegen scheidet unter jedem denkbaren Gesichtspunkt aus, denn die Balkone des auf der dem Klägergrundstück gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen streitigen Vorhabens liegen zudem auf der vom Kläger weggewandten, für ihn nicht einmal sichtbaren Ostseite des Vorhabens.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die im angefochtenen Bescheid genehmigte Wohnnutzung der Festsetzung des Bebauungsplans zur Art der baulichen Nutzung (reines Wohngebiet) entspricht. Dass eine teilgewerbliche Nutzung im Raume stehen könnte ist eine bloße Mutmaßung des Klägers, die nicht entscheidungserheblich ist. Allein die Verwendung der Bezeichnung „Büro“ für einen Raum im Plan, gestattet keine gewerbliche Nutzung des Wohnbauvorhabens; ein häuslicher Arbeitsraum ist von der Wohnnutzung gedeckt. Sollten die Beigeladenen eine nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige Nutzung aufnehmen, kämen bauaufsichtliche Maßnahmen in Betracht.

Die sechs straßenseitig vor dem Doppelhaus genehmigten Stellplätze außerhalb der Baugrenze sind nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO i.V.m. Art. 6 BayBO zulässig (zur Anwendbarkeit von § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2013 - 4 C 15.11 - juris Rn. 17). Stellplätze sind Nebenanlagen, die keine Abstandsflächen einhalten müssen, weil sie keine Gebäude sind und keine Außenwände haben (s.o. 2.b). Der Bebauungsplan enthält auch keine ausdrücklichen Festsetzungen zu Stellplätzen.

Zur Ausdehnung der Baukörper und zur zulässigen Zahl der Wohneinheiten enthält der Bebauungsplan keine Festsetzungen, gegen die verstoßen worden wäre. Die Festsetzung, dass wegen der Hanglage des Baugrundstücks auf der Talseite eine Höchstbebauung mit zwei Vollgeschoßen einzuhalten ist, wird nicht verletzt, denn nach dem genehmigten Plan handelt es sich bei dem zusätzlich genehmigten Dachgeschoß nicht um ein Vollgeschoß. Im Übrigen entfalten Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung nach einhelliger Rechtsprechung ohnehin keine drittschützende Wirkung.

Ebenso wenig führt die Abwesenheit einer straßenseitigen Einfriedung vor dem Vorhaben zu einer Begründetheit der Nachbarklage. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Gemeinde … der Festsetzung des Bebauungsplans über Einfriedungen an öffentlichen Verkehrsflächen drittschützende Wirkung beilegen wollte. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine gestalterische Festsetzung, die bereits nach Art. 107 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 BayBO in der Fassung vom 1. August 1962 in einem Bebauungsplan erfolgen konnte und deren Zweck einzig die Ortsgestaltung ist. Die Auslegung ergibt zudem, dass die Festsetzung Einfriedungen nicht zwingend vorschreibt, sondern lediglich Vorgaben zur Gestaltung etwaiger Einfriedungen macht.

e) Der Einwand, das Bauvorhaben überschreite die gemäß dem dritten Deckblatt des Bebauungsplans „…“ vom 2. Mai 2007 zulässige Grundflächenzahl von maximal 0,35 verhilft der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg. Die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die zulässige Grundfläche haben grundsätzlich keine drittschützende Wirkung, es sei denn, es ließe sich eindeutig ein dahin gehender planerischer Wille erkennen, was hier nicht der Fall ist. Auch entspricht das Vorhaben dem Bebauungsplan i.V.m. § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO. Hiernach darf die zulässige Grundfläche durch die Grundflächen der in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bezeichneten Anlagen (Garagen, Stellplätze, Zufahrten, Nebenanlagen) bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundfläche von 0,8. Das heißt dass hier durch Garage, Carport, Stellplätze und Zufahrten die höchstzulässige Grundflächenzahl von 0,35 um 50%, also um 0,175 überschritten werden darf. Nach der Grundflächenberechnung, die mit dem Bauantrag eingereicht wurde, beansprucht bei einer Grundstücksgröße von 899 m² das Vorhaben insgesamt eine Grundfläche von 408,51 m² = 0,45. Auf die Wohnnutzung entfällt eine Grundfläche von 231,31 m² = rund 0,26. Die Nebenanlagen beanspruchen eine Grundfläche von 177,2 m² = rund 0,19. Die zulässige Grundflächenzahl von 0,35 wird durch die Garage, den Carport, die Stellplätze und die Zufahrten um weniger als 50 vom Hundert, nämlich nur um 35 vom Hundert = 0,1 überschritten und bleibt auch hinter 0,8 zurück.

f) Ein Gebot des „Einfügens“ in die Eigenart der näheren Umgebung, gegen das hätte verstoßen werden können, gibt es nur im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB, nicht jedoch in Bebauungsplangebieten, in denen sich die Zulässigkeit von Bauvorhaben allein danach bemisst, ob sie den Festsetzungen des Bebauungsplan entsprechen.

g) Anhaltspunkte dafür, dass der teils sog. Gebietsprägungsbewahrungsanspruch oder das Recht auf Beachtung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots aus § 15 Abs. 1 BauNVO verletzt wären, sind nicht ersichtlich.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Teilweise wird hieraus ein sog. Gebietsprägungsbewahrungsanspruch hergeleitet. Die dem Nachbarschutz dienende Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO vermittelt als eine die §§ 2 bis 14 BauNVO ergänzende Regelung zur Art der baulichen Nutzung neben der Wahrung des Rücksichtnahmegebots auch einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002, 1384 - juris Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, B.v. 9.12.2015 - 15 CS 15.1935 - ZfBR 2016, 169 - juris Rn. 20). Ein Widerspruch des Vorhabens zur Eigenart des reinen Wohngebiets ist hier jedoch nicht erkennbar. Zwar geht § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO davon aus, dass im Einzelfall Quantität in Qualität umschlagen kann, dass also die Größe einer baulichen Anlage oder der Umfang ihrer Nutzung die Art der baulichen Nutzung erfassen kann (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1995 - 4 C 3.94 - NVwZ 1995, 899 - juris Rn. 17). Das ist aber bei dem zur Entscheidung stehenden Doppelhaus mit den Ausmaßen von insgesamt 18,52 m auf 12,49 m und einer straßenseitigen Höhenentwicklung von E+D mit einer Wandhöhe zur Straße von 4,17 m nach Auffassung der Kammer nicht der Fall.

Ein Verstoß gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte Rücksichtnahmegebot durch die Stellplätze des Vorhabens oder den An- und Abfahrtsverkehr der Bewohner scheidet ebenfalls aus, weil diese mit dem Wohnen einhergehende Nutzung grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen ist. Das lässt sich bereits aus § 12 Abs. 2 BauNVO herleiten, wonach die Errichtung von Stellplätzen und Garagen für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf auch in reinen Wohngebieten zulässig ist. Die gewöhnlicher Weise zu erwartenden Immissionen zulässiger Stellplätze und Garagen müssen prinzipiell von den Nachbarn geduldet werden (VGH BW, B.v. 20.7.1995 - 3 S 3538/94 juris).

h) Auch mit dem Argument, sein Grundstück werde durch das Nachbarbauvorhaben nicht unerheblich an Wert verlieren, dringt der Kläger nicht durch. Zum einen ist schon nicht nachvollziehbar, woraus die Wertminderung sich ergeben soll; eine intensivere Bebaubarkeit hat nach der Verkehrsanschauung eher eine Wertsteigerung denn eine Wertminderung zur Folge.

Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Beschluss vom 13. November 1997 (4 B 195/97 juris Rn. 6) klargestellt, dass Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung nicht für sich genommen einen Maßstab dafür bilden, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht. Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass der einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu werden, gibt es nicht. Eine Schutzgewähr besteht insoweit nur nach Maßgabe des einschlägigen Rechts. Entscheidend ist die Schutzwürdigkeit der baurechtlichen Stellung des Betroffenen. Zu fragen ist, ob die zugelassene Nutzung zu einer  unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen - unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des anderen Grundstücks führt (vgl. auch BVerwG, U.v. 23.8.1996 - 4 C 13/94 - juris Rn. 73). Hier sind Kläger und Beigeladene als Eigentümer von Grundstücken im Geltungsbereich desselben Bebauungsplans zu einer Schicksalsgemeinschaft verbunden, die den grundsätzlich gleichen baurechtlichen Vorgaben unterworfen ist. Die den Beigeladenen genehmigte Nutzung schränkt den Kläger nicht in unzumutbarer Weise in den gleich weit gehenden Nutzungsmöglichkeiten für sein eigenes Grundstück ein. Da insoweit mit dem drittschützenden Rücksichtnahmegebot auch eine den Inhalt des Eigentums bestimmende gesetzliche Regelung vorhanden ist, besteht ein Abwehranspruch unmittelbar aus Art. 14 GG ebenfalls nicht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil sie einen eigenen Antrag gestellt und sich so auch einem Kostenrisiko ausgesetzt haben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger da

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(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Das Landratsamt ... - ... genehmigte der Beigeladenen mit Bescheid vom 30. Dezember 2016 die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von je 140 m und einem Rotordurchmesser von 112,5 m auf zwei Grundstücken der Gemarkung T. in der Gemeinde D. Die sofortige Vollziehung der Genehmigung wurde angeordnet. Die Gemarkung Traishöchstädt grenzt unmittelbar an das Gemeindegebiet des Antragstellers an, hält aber noch mehrere hundert Meter Abstand zum nächstgelegenen Ortsteil (R.) des Antragstellers ein. Bauplanungsrechtliche Grundlage für die Genehmigung der beiden Windkraftanlagen war ein vorhabenbezogener Bebauungsplan der Standortgemeinde.

Gegen die Genehmigung erhob der Antragsteller am 1. Februar 2017 Klage und stellte mit Schriftsatz vom 10. März 2017 einen Eilantrag mit dem Ziel, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 30. Dezember 2016 herzustellen. Zur Begründung des Eilantrags wurde vorgetragen, dass der Sofortvollzug weder im öffentlichen Interesse noch im überwiegenden Interesse der Beigeladenen liege. Der Antragsteller werde durch den Genehmigungsbescheid in seinen Rechten verletzt. Es liege keine rechtmäßige Bebauungsplanung für die beiden Windkraftanlagen vor. Der Bebauungsplanung der Nachbargemeinde stünden verschiedene öffentliche Belange entgegen. So lägen die Windkraftanlagen außerhalb der Vorbehaltsfläche WK 46 des Regionalplans Westmittelfranken. Nach Inkrafttreten der sog. 10-H-Regelung in der Bayerischen Bauordnung stelle sich die Frage, welche Ziele eine Regionalplanung in Bayern überhaupt noch verfolgen könne. Die planungsrechtliche Zulässigkeit könne daher nicht auf die uneingeschränkte Wirkung des Regionalplanes gestützt werden. Vorliegend sei von den beiden streitgegenständlichen Anlagen der Mindestabstand des Art. 82 Abs. 1 BayBO nicht eingehalten. Eine ordnungsgemäße Bauleitplanung i.S.d. Art. 82 Abs. 5 BayBO sei vorliegend nicht durchgeführt worden. Insbesondere seien die Schutzabstände hinsichtlich der Nachbargemeinde nicht eingehalten worden. Die Bewohner der Nachbargemeinde würden in unzulässiger Weise Immissionen ausgesetzt, die der 10-H-Regelung widersprächen. Es fehle zudem an einem Planerfordernis i.S.v. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, denn die Ziele der Bauleitplanung könnten nicht erreicht werden. Zu den entgegenstehenden öffentlichen Belangen gehörten der sog. vorbeugende Immissionsschutz i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, aber auch naturschutzrechtliche und landschaftschutzrechtliche Belange sowie Belange des Waldschutzes und die weiteren in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB genannten Belange. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan der Standortgemeinde erweise sich als rechtswidrig. Die Ausweisung der Standorte für die Windkraftanlagen verbiete sich aus Gründen des Naturschutzes und Landschaftsschutzes. Die überdimensional hohen Anlagen zerstörten die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert. Zudem würden auch in der Umgebung liegende Denkmäler beeinträchtigt. Auch aus luftrechtlicher Sicht könne wegen der Höhe der Anlagen keine Genehmigung erfolgen. Durch die Genehmigung der Windkraftanlagen würden zudem die Anwohner im Gebiet des Antragstellers im immissionsschutzrechtlichen Sinn belastet, insbesondere durch Schallbelastung, Schattenschlag und die sogenannte bedrängende Wirkung. Dem Antragsteller obliege die Pflicht, Bürger seiner Gemeinde vor Lärmimmissionen und den anderen genannten Belastungen zu schützen. Aufgrund der geringen Entfernung der Windkraftanlagen zu einzelnen Wohnhäusern sei von Überschreitungen der Lärmhöchstwerte auszugehen. Der Antragsteller sei weiter im Hinblick auf das Gegenstromprinzip des § 2 Abs. 2 BauGB verletzt. Danach seien Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Dies habe nicht stattgefunden. Durch die Bauleitplanung der Standortgemeinde und die vorliegende Genehmigung der Windkraftanlagen sei es dem Antragsteller zukünftig verwehrt, Wohngebiete auszuweisen, die in Richtung der Windkraftanlagen gerichtet seien, weil die geforderten Nachtimmissionsrichtwerte nicht mehr einzuhalten seien.

Mit Beschluss vom 5. Juli 2017 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers ab. Der Eilantrag bleibe ohne Erfolg, weil die Klage in der Hauptsache aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben werde. Die Genehmigung vom 30. Dezember 2016 erweise sich in materieller Hinsicht als rechtmäßig und verletze den Antragsteller insoweit nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Antragsteller sei nicht Adressat der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und auch nicht Standortgemeinde. Aus diesem Grund könne eine Anfechtungsklage nur dann Erfolg haben, wenn eine Verletzung drittschützenden Rechts vorläge. Dabei sei eine Nachbargemeinde nicht zur Sachwalterin privater Interessen ihrer Bürger oder generell zur Kontrolleurin der zur Wahrung öffentlicher Belange berufenen staatlichen Behörden berufen. Sie könne daher etwa gesundheitliche Belange ihrer Gemeindebürger, Eingriffe in das Landschaftsbild oder den Wasserhaushalt, oder auch naturschutz- und landschaftsschutzrechtliche Belange sowie Belange des Luftrechts, des Wasserrechts und des Waldschutzes nicht mit Erfolg geltend machen, da ihre Planungshoheit oder ihr Selbstgestaltungsrecht auf ihrem Gemeindegebiet insoweit nicht berührt seien. Auch hinsichtlich des öffentlichen Belanges des Denkmalschutzes sei jedenfalls keine Verletzung drittschützender Rechte des Antragstellers ersichtlich. Drittschutz erlange nur der Eigentümer eines denkmalrechtlich geschützten Objekts, um einen unverhältnismäßigen Eingriff in sein verfassungsrechtlich garantiertes Eigentum zu verhindern. Es sei vorliegend aber nicht ersichtlich, dass der Antragsteller Eigentümer der von ihm erwähnten Denkmäler sei. Eine Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers durch das Hervorrufen schädlicher Umwelteinwirkungen sei vorliegend nicht ersichtlich. Denn dieser Schutz sei auf konkrete Rechtspositionen wie etwa auf im Eigentum des Antragstellers befindliche Grundstücke oder seine kommunalen Einrichtungen beschränkt. Diesbezüglich sei jedoch nichts vorgetragen. Es werde nur pauschal auf die Belastung einzelner Wohnhäuser Bezug genommen.

Der Antragsteller als Nachbargemeinde könne sich allenfalls auf solche eigenen Belange berufen, die sich dem Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zuordnen ließen. Auf eine mögliche bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit der Windkraftanlagen könne er sich nicht berufen, weil es insoweit an einer Verletzung von drittschützenden Rechten des Antragstellers fehlte. Es könne daher offen bleiben, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan des Marktes D. einen Fehler habe, der zu seiner Unwirksamkeit führe. In diesem Fall würde sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nicht nach § 30 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB richten, sondern nach § 35 BauGB. Eine Nachbargemeinde habe aber ebenso wie eine Privatperson keinen Schutzanspruch mit drittschützender Wirkung auf die Bewahrung des Außenbereichs und damit einen Abwehranspruch gegen Vorhaben, die im Außenbereich objektiv nicht genehmigungsfähig wären. Daher könne auch der Vortrag des Antragstellers zur sogenannten 10-H-Regelung keine Verletzung in eigenen Rechten begründen. Diese Vorschrift setze nur unter bestimmten Voraussetzungen eine bauplanungsrechtliche Entprivilegierung von im Außenbereich gelegenen Vorhaben fest.

Es liege auch keine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes gemäß § 2 Abs. 2 BauGB vor. Auf eine Verletzung des § 36 BauGB könne sich der Antragsteller als Nachbargemeinde nicht berufen. Auf ihr Selbstgestaltungsrecht könne sich eine Gemeinde im Übrigen bezüglich des Ortsbildes nur mit Erfolg berufen, wenn sie durch Maßnahmen betroffen wäre, die das Ortsbild entscheidend prägten und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirkten, insbesondere die vorhandene städtebauliche Struktur von Grund auf veränderten. Vorliegend sei nicht erkennbar, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen solche gewichtigen Auswirkungen auf die Planungshoheit des Antragstellers habe. Ebenfalls sei nicht ersichtlich, dass eine konkrete Planung des Antragstellers durch das Vorhaben gestört werde. Eine solche Störung könne sich etwa dann ergeben, wenn durch ein Vorhaben wesentliche Gemeindeteile einer weiteren Planung entzogen würden. Die Nachbargemeinde sei hinsichtlich der Planungsvorstellungen und deren Konkretisierungsstadien jedoch darlegungspflichtig. Der Antragsteller habe vorliegend lediglich die Behauptung aufgestellt, dass es ihm in Zukunft verwehrt wäre, Wohngebiete in Richtung des streitgegenständlichen Vorhabens auszuweisen. Er habe diesbezüglich aber weder konkrete Planungsvorstellungen substantiiert vorgetragen, noch liege ein hinreichendes Konkretisierungsstadium vor. Prognostisch bleibe daher die Klage des Antragstellers ohne Erfolg, so dass das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Bauausführung überwiege.

Gegen diesen Beschluss des Verwaltungsgerichts legte der Antragsteller unter dem 25. Juli 2017 Beschwerde ein. Er beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses vom 5. Juli 2017 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Februar 2017 gegen die Genehmigung vom 30. Dezember 2016 herzustellen.

Mit seiner Beschwerdebegründung vom 11. August 2017 trägt der Antragsteller vor, dass in formeller Hinsicht bereits die Anordnung des Sofortvollzugs durch das Landratsamt rechtswidrig sei. Es habe den Vortrag der Beigeladenen bezüglich der wirtschaftlichen Interessen ohne Prüfung übernommen.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei auch materiell rechtswidrig. Es sei eine strenge Prüfung der vorgelegten Unterlagen bei Vorhaben im Außenbereich angezeigt. Insbesondere müsse sich eine Nachbargemeinde gegen rechtswidrige Immissionen wehren können. Wenigstens eine der beiden Windkraftanlagen liege außerhalb des Vorbehaltsgebiets für Windkraft des Regionalplans, die Bauleitplanung der Standortgemeinde widerspreche damit den Zielen des Regionalplans. Weil die Nachbargemeinde in die Bauleitplanung über § 2 Abs. 2, § 1 Abs. 7 BauGB eingebunden sei, stehe ihr die Möglichkeit der Normenkontrolle nach § 47 VwGO gegen den Bebauungsplan offen. Es sei daher nicht nachzuvollziehen, wieso ihr das Verwaltungsgericht dann kein Rügerecht im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren einräume. Dass die artenschutzrechtliche Prüfung vorliegend nicht adäquat erfolgt sei, sei bereits im ersten Rechtszug vorgetragen worden. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu den rechtlichen Möglichkeiten einer Nachbargemeinde sei dem Antragsteller bekannt. Sie sei aber im Vergleich zu den Möglichkeiten einer Standortgemeinde nicht überzeugend. Nachbargemeinden würden oft mehr belastet, da eine Lage der Windenergieanlagen gerade an der Gemeindegrenze gewählt werde. Die Berufung auf § 36 BauGB und dessen Grenzen sei unzureichend. Dies könne nur für herkömmliche bauliche Anlagen, nicht aber für Windenergieanlagen gelten. Die Wahrung der Rechte der Nachbargemeinden nur in den zugrunde liegenden Planungsverfahren sei nicht möglich. Dies widerspreche der Garantie des Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes. Die Beschränkung der Nachbargemeinde auf die Rüge ihrer Planungshoheit und ihr Selbstgestaltungsrecht sei vor diesem Hintergrund nicht länger vertretbar.

Die streitgegenständlichen Vorhaben seien bauplanungsrechtlich unzulässig. Darauf könne sich der Antragsteller als Nachbargemeinde auch berufen. Der Bebauungsplan der Standortgemeinde gelte als rechtswidrig und könne keine Grundlage der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung darstellen. Der Ansatz des Verwaltungsgerichts, sich hilfsweise auf die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zu stützen, sei fehlerhaft, weil die Anlage wegen Art. 82 Abs. 1 BayBO entprivilegiert sei. Eine Anwendung des § 35 Abs. 2 BauGB auf Windkraftanlagen sei bisher einhellig abgelehnt worden. Das Verwaltungsgericht stelle im Ergebnis die Nachbargemeinde einer privaten Person gleich und verkenne damit die Rechtsposition einer Gemeinde. Art. 82 BayBO sei eine drittschützende Abstandsvorschrift. Insgesamt müsse der Antragsteller daher entgegenstehende öffentliche Belange als Nachbargemeinde geltend machen können. Das Verwaltungsgericht spreche ihm im Ergebnis aber sämtliche Rechte ab.

Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten. Die Beigeladene beantragt unter Verweis auf ihren Vortrag erster Instanz, die Beschwerde zurückzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Die von ihm dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Beschwerdegerichts beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Prüfung der Voraussetzungen der §§ 80a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO zu Recht darauf abgestellt, dass der Rechtsbehelf des Antragstellers in der Hauptsache voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird und somit kein Anlass besteht, auf seinen Antrag hin die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage wiederherzustellen. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO wäre die erhobene Klage des Antragstellers nämlich nicht schon dann erfolgreich, wenn der angegriffene Verwaltungsakt rechtswidrig ist, sondern erst dann, wenn der Kläger dadurch auch in seinen Rechten verletzt ist. Der Antragsteller kann daher nicht jedweden objektiven Rechtsverstoß geltend machen, sondern nur Verletzungen eigener Rechte oder solcher Rechtsvorschriften, die auch dem Schutz der Interessen Dritter zu dienen bestimmt sind. Soweit der Antragsteller dies in seiner Beschwerdebegründung als unpassend oder für eine Gemeinde als unzureichend ansieht, handelt es sich um rechtspolitische Ausführungen, die sich an den Gesetzgeber richten mögen, jedoch nicht zu einem Erfolg der gestellten Anträge im Rahmen des geltenden Rechts führen können.

Vorauszuschicken ist weiter, dass es sich bei den streitgegenständlichen Windkraftanlagen nicht um Vorhaben handelt, die als privilegierte Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB genehmigt worden sind, sondern um immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Windkraftanlagen im Gebiet eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans der Standortgemeinde. Die Zulässigkeit solcher Vorhaben richtet sich allein nach den Vorschriften der §§ 30 Abs. 2 und 31 Abs. 2 BauGB. Ausführungen des Antragstellers zu einzelnen Voraussetzungen des § 35 BauGB, insbesondere § 35 Abs. 2 und 3 BauGB sowie zu Art. 82 Abs. 1 BayBO liegen daher von vornherein neben der Sache. Die Vorschrift des Art. 82 Abs. 5 BayBO verstößt gemäß Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (v. 9.5.2016 – Vf. 14-VII-14 – juris) gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der bayerischen Verfassung und ist daher nichtig und unanwendbar.

1. In formeller Hinsicht ist die Anordnung des Sofortvollzuges gemäß § 80 Abs. 3 VwGO auf Seite 47 ff. des Genehmigungsbescheides vom 30. Dezember 2016 einzelfallbezogen hinreichend begründet. Das Landratsamt hat ausführlich die privaten Interessen des Anlagenbetreibers dargestellt, aber auch die Möglichkeiten der Verletzung von Rechten Dritter bewertet. Dass der Antragsteller das inhaltlich für unzutreffend hält, betrifft jedoch die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheides.

2. Das Verwaltungsgericht hat auf S. 14/15 des Beschlussabdrucks im Beschluss vom 5. Juli 2017 zu Recht ausführlich dargestellt, dass der Antragsteller als Nachbargemeinde weder Adressat der von ihm angegriffenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist und auch nicht Standortgemeinde, in deren Gebiet das Vorhaben realisiert werden soll. Zudem gilt generell, dass eine Gemeinde, auch eine Nachbargemeinde, nicht gleichsam als Sachwalterin private Interessen ihrer Bürger vertreten und durchsetzen kann und auch nicht als Kontrolleurin der zur Wahrung öffentlicher Belange berufenen staatlichen Behörden berufen ist. Sie kann daher gesundheitliche Belange ihrer Gemeindebürger, Eingriffe in das Landschaftsbild oder den Wasserhaushalt, aber auch naturschutz- und landschaftsschutzrechtliche Belange nicht mit Erfolg geltend machen (BayVGH, B.v. 3.2.2009 – 22 CS 08.3194 – Rn. 8 juris; BayVGH, B.v. 31.10.2008 – 22 CS 08.2369 – Rn. 28 juris), da hierdurch ihre Planungshoheit oder ihr Selbstgestaltungsrecht auf ihrem Gemeindegebiet nicht berührt ist. Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht zu Recht betont, dass der Antragsteller als Nachbargemeinde sich allenfalls auf solche eigenen Belange berufen kann, die sich dem Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zuordnen lassen. Der Antragsteller kann daher nicht aus seiner Sicht rechtswidrige Immissionen „abwehren“, die auf Grundstücke einwirken, die sich nicht in seinem Eigentum befinden.

Auch die nur mit einem älteren Gemeinderatsbeschluss begründete und angesichts der 22. Änderung des Regionalplans (in Kraft getreten am 18. Oktober 2016) nicht nachvollziehbare bloße Behauptung, wenigstens eine der beiden streitgegenständlichen Windkraftanlagen liege nicht im Vorbehaltsgebiet für Windkraft (WKA 46) des Regionalplans, kann daher eine Rechtsverletzung des Antragstellers nicht begründen. Dass der Antragsteller als Nachbargemeinde in die Bauleitplanung der Standortgemeinde über § 2 Abs. 2 und § 1 Abs. 7 BauGB eingebunden sein mag, führt nicht dazu, ihm ein unbegrenztes Rügerecht aller möglichen Sachverhalte im Rahmen der Überprüfung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die einem Dritten erteilt worden ist, einzuräumen.

Auch seine Rüge, die artenschutzrechtliche Prüfung sei im Genehmigungsverfahren nicht adäquat erfolgt, ist daher unbehelflich, da sich ein Dritter und damit auch der Antragsteller als Nachbargemeinde nicht auf die Verletzung artenschutzrechtlicher Vorschriften berufen kann (BayVGH, B.v. 24.8.2015 – 22 ZB 15.1802 – Rn. 14 juris; BayVGH, 21.9.2015 – 22 ZB 15.1095 – Rn. 53 f juris).

Der Antragsteller führt in seiner Beschwerdebegründung selbst aus, dass ihm die rechtlichen Möglichkeiten einer Nachbargemeinde und vor allem die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hierzu bekannt seien. Dass er diese Rechtsprechung im Vergleich zu den Möglichkeiten einer Standortgemeinde nicht für überzeugend hält, weil seiner Auffassung nach Nachbargemeinden oft durch an der Gemeindegrenze liegende Windkraftanlagen höher belastet seien, führt nicht weiter. Auch auf § 36 BauGB kann sich die Nachbargemeinde im vorliegenden Fall nicht berufen, weil diese Vorschrift auf sie als Nachbargemeinde nicht anwendbar ist (BayVGH, B.v. 3.2.2009 – 22 CS 08.3194 – Rn. 9 juris; BayVGH, B.v. 24.8.2015 – 22 ZB 15.1802 – Rn. 15 juris). Dass der Antragsteller diese Vorschrift nur auf herkömmliche bauliche Anlagen, nicht jedoch auf Windkraftanlagen angewendet sehen will, ist eine bloße rechtspolitische Grundvorstellung, die der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen kann.

Auch dass im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO andere Grundsätze gelten mögen (wobei aber auch dort eine Antragsbefugnis darzulegen ist, vgl. OVG RhPf, U.v. 26.2.2014 – 8 C 10561 – juris Rn. 33), ändert wegen § 113 Abs. 1 VwGO nichts an der Erforderlichkeit einer Verletzung eigener Rechte im Rahmen einer erhobenen Anfechtungsklage (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 18).

3. Soweit der Antragsteller meint, dass das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens und des Beschlusses des Verwaltungsgerichts der Garantie des Art. 28 Abs. 2 GG widerspreche und die Beschränkung auf die Planungshoheit und das Selbstgestaltungsrecht einer Gemeinde nicht länger vertretbar sei, rügt er ebenfalls lediglich die geltende Rechtslage, ohne tatsächlich die Verletzung eigener Rechte aufzuzeigen. Das gilt insbesondere auch für die Verletzung der Planungshoheit des Antragstellers und etwaiger Beteiligungsrechte im Planaufstellungsverfahren der Nachbargemeinde:

Bauplanungsrechtlich kann sich ein Dritter und damit auch der Antragsteller als Nachbargemeinde nicht mit rechtlichem Erfolg einfach darauf berufen, die Genehmigung des streitigen Vorhabens sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Die Rechtswidrigkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans der Standortgemeinde wird vorliegend auch im Beschwerdeverfahren vom Antragsteller lediglich unsubstantiiert behauptet. Eine Verletzung der Planungshoheit und des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts des Antragstellers als benachbarter Gemeinde ist ohne nähere Begründung aber nicht ansatzweise ersichtlich:

Grundsätzlich kann eine Gemeinde ein Selbstgestaltungsrecht, das dem Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie entnommen wird, gegenüber Vorhaben auf ihrem Gemeindegebiet einwenden. Auf dieses Recht kann sich auch eine Nachbargemeinde berufen, wenn sich ein Vorhaben auch auf ihr Gebiet auswirkt, allerdings begrenzt durch das Selbstgestaltungsrecht der Standortgemeinde. Im Rahmen der Anlagengenehmigung im Anwendungsbereich des § 35 BauGB entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass Abwehransprüche einer Nachbargemeinde allenfalls dann entstehen, wenn die Gemeinde durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken (BVerwG, U.v. 15.12.1989 – 4 C 36/86 – NVwZ 1990, 464; BayVGH, B.v. 3.2.2009 – 22 CS 08.3194 – Rn. 6/7 juris; Nieders. OVG, B.v. 13.9.2010 – 12 LA 18.09 – ZfBR 2010, 793). Dabei sind allerdings gewisse ästhetische Einbußen für das Ortsbild als Folge ansonsten zulässiger Vorhaben hinzunehmen (BayVGH, B.v. 31.10.2008 – 22 CS 08.2369 – Rn. 26).

Derartige Belange kann der Antragsteller auch in die vorgenommene Bauleitplanung der Standortgemeinde nach § 2 Abs. 2 BauGB einbringen. Das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB stellt eine besondere Ausprägung des Abwägungsgebots des § 1 Abs. 7 BauGB dar (BayVGH, U.v. 18.2.2017 – 15 N 15.2042 – juris Rn. 61). Der Antragsteller müsste dazu aber abwägungserhebliche eigene Belange konkret geltend machen und aufzeigen. Eine konkrete Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots nach § 2 Abs. 2 BauGB hat der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt. Er hat nicht dargelegt, durch den von ihm für rechtswidrig gehaltenen Bebauungsplan von unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art (BayVGH, U.v. 18.2.2017 – 15 N 15.2042 – juris Rn. 61; OVG RhPf, U.v. 26.2.2014 – 8 C 10561 – juris Rn. 35-37) betroffen zu sein, die überhaupt erst eine interkommunale Abstimmungspflicht i.S.v. § 2 Abs. 2 BauGB auslösen könnten und die in der erforderlichen Abwägung nicht hätten überwunden werden können. Denn das interkommunale Abstimmungsgebot dient nicht dazu, die Nachbargemeinde lediglich zum Fürsprecher der Interessen betroffener Gemeindebürger zu machen. Zwar können auch faktische Auswirkungen auf Nachbargemeinden ausreichen, sofern sie städtebauliche Relevanz haben. Doch bedürfte es insoweit des Erreichens einer gewissen, näher zu präzisierenden Intensitätsschwelle, um tatsächlich eine Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 BauGB zu begründen. Der Antragsteller beruft sich vorliegend nicht auf tatsächlich bestehende Planungen, die eine Konkretisierung erreicht hätten, die den Inhalt der von ihr beabsichtigten Planung schon absehbar werden ließen. Der Antragsteller hat, soweit es den Akten zu entnehmen ist, auch schon im Genehmigungsverfahren lediglich unsubstantiiert darauf hingewiesen, dass gewisse Vorarbeiten für einen Vorentwurf der Änderung seines Flächennutzungsplans vorhanden seien, ohne jedoch zu erläutern, wobei es sich dabei konkret handelt und wie die Planungsvorstellungen im fraglichen Bereich aussehen sollen. Dass die jetzt streitgegenständlichen Vorhaben in konkreter Weise tatsächlich eine bauplanerische Entwicklung einzelner Ortsteile des Antragstellers unmöglich machen sollen, ist nicht ansatzweise dargelegt (vgl. auch BayVGH, 21.9.2015 – 22 ZB 15.1095 – juris Rn. 21). Das wäre aber vor dem Hintergrund des erheblichen Abstandes der Anlagen zu den Ortsteilen des Antragstellers notwendig. Ohne Konkretisierung von Planungsabsichten des Antragstellers ist nämlich nicht ersichtlich, inwieweit die Errichtung und der Betrieb der geplanten Windkraftanlagen denkbare Planungen des Antragstellers in einer die Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 BauGB auslösenden Weise tangieren könnte. Ein lediglich allgemeines Freihaltungsinteresse für bestimmte Gemeindeteile, um sich etwaige Planungsoptionen für die Zukunft oder auch Nutzungsmöglichkeiten Dritter abstrakt offen zu halten, ist ohnehin nicht schutzwürdig (OVG RhPf, U.v. 26.2.2014 – 8 C 10561 – juris Rn. 39) und stellt keinen planungsrechtlich beachtlichen Belang dar. Das gilt auch für die Geltendmachung von Auswirkungen auf das Landschaftsbild, denen ein hinreichender städtebaulicher Bezug fehlt.

Damit fehlt es im Ergebnis an einer Verletzung eigener Rechte des Antragstellers als Nachbargemeinde und somit an einer Erfolgsaussicht der gegen die Genehmigung erhobenen Klage. Für eine weitergehende Interessenabwägung im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO ist daher kein Raum.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 19.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs die Hälfte des Streitwertes in der Hauptsache anzusetzen ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ...-str. 29, Fl.Nr. ..., Gemarkung ... Südlich an sein Grundstück schließt sich das des Beigeladenen, ...-str. 21, Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., an.

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Mit Bescheid vom 29. Oktober 2012 nach Plan-Nr. ... und Tekturgenehmigung vom 5. Februar 2013, Plan-Nr. ... genehmigte die Beklagte die Aufstockung der an der nördlichen Grenze (gemeinsame Grenze mit dem Kläger) stehenden Doppelgarage, die bislang ein Flachdach aufwies. Vorgesehen war eine Verlängerung der an der Grenze bisher 6,50 m langen Garage auf 9 m und die Aufbringung eines Satteldaches mit einer Firsthöhe von 6,50 m. Die Traufhöhe der Garage beträgt 3 m. Die Länge der östlichen Wandseite der im Süden an das Wohnhaus des Beigeladenen angebauten Garage beträgt 8,24 m. Die Baugenehmigung enthielt eine Abweichung „wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen zum Grundstück Fl.Nr. ... durch die Garage, die aufgrund der geplanten Nutzung (Kinderzimmer) im Dachgeschoss nicht mehr die Voraussetzungen für ein Gebäude ohne Abstandsflächen erfüllt, da sie im Erdgeschoss baulich nicht getrennt ist“.

Mit Urteil vom 24. Februar 2014 (M 8 K 13.922) hob das erkennende Gericht die Baugenehmigung vom 29. Oktober 2012 nach Plan-Nr. ... in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5. Februar 2013 (Plan-Nr. ...) mit der Begründung auf, dass das zugrunde liegende Vorhaben das „Grenzgaragenprivileg“ nicht in Anspruch nehmen könne, weil es sich bei dem Dachraum nicht um einen Nebenraum der Garage handele. Der Dachbodenraum sei der Garage nicht mehr funktionell zugeordnet, da er nur über das Hauptgebäude zugänglich und deshalb Teil dieses Hauptgebäudes sei. Der Verstoß könne auch nicht durch die Erteilung einer Abweichung in der Tekturgenehmigung vom 5. Februar 2013 ausgeräumt werden, da keine atypische Fallgestaltung - die die Erteilung einer Abweichung rechtfertige - vorliege.

Das Urteil vom 24. Februar 2014 ist seit dem 12. April 2014 rechtskräftig.

Aufgrund eines entsprechenden neuen Bauantrages erteilte die Beklagte dem Beigeladenen unter dem 10. Juni 2015 eine Baugenehmigung in der nach dem zugrunde liegenden Plan folgende Änderungen gegenüber der mit Urteil vom 24. Februar 2014 aufgehobenen Baugenehmigung vom 29. Oktober 2012 in der Fassung vom 5. Februar 2013 vorgesehen waren:

Im Erdgeschoss wird der nördliche Teil der Garage vom südlichen Teil durch eine Mauer - die in einem Abstand von ca. 2,80 m von der Grundstücksgrenze steht - abgetrennt; der Hobbyraum im Erdgeschoss der Nord-Ost-Ecke der Garage mit 5,93 m² entfällt und wird nunmehr als Nebenraum genutzt. Es verbleibt nur mehr ein Hobbyraum mit 7,83 m² in einer Entfernung von 3 m von der nördlichen Grundstücksgrenze. Der Abstellspeicher an der Nordseite im Obergeschoss des Garagengebäudes wird durch eine Mauer von den südlich dahinter liegenden Kinderzimmern abgetrennt; die südliche Außenkante dieser Mauer (entspricht der Innenseite der Nordwand der Kinderzimmer) ist 3 m von der nördlichen Grundstücksgrenze entfernt. Der Zugang zu dem 15,53 m² großen Abstellspeicher erfolgt über eine Einschubtreppe an der Nord-West-Ecke der nördlichen Garage. Die Trennwand zwischen den Kinderzimmern und dem Abstellspeicher schließt nach der, der Genehmigung zugrunde liegenden Planzeichnung in den Kinderzimmern, jeweils bündig mit der nördlichen Außenseite der hier auf dem östlichen und westlichen Schenkel des Garagendachs angebrachten Gauben ab.

Eine Zustellung der Baugenehmigung vom 10. Juni 2015 an den Kläger ist aus den Akten nicht ersichtlich.

Mit einem am 10. Juli 2015 beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 9. Juli 2015 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage mit dem Antrag,

die Baugenehmigung vom 10. Juni 2015 aufzuheben.

Zur Begründung wurde unter Darlegung der Vorgeschichte ausgeführt:

Es sei bereits zweifelhaft, ob der im Erdgeschoss mit einer lichten Breite von 2,50 m abgemauerte Raum als Garage genehmigungsfähig sei, da der Bereich zu eng sei, um die Türen der dort befindlichen Kraftfahrzeuge zu öffnen. Daher existiere auch keine Nutzungsangabe in den Plänen. Der Nebenraum im Obergeschoss sei keiner; die Situierung der Einschubtreppe mache die Nutzung dieses Nebenraumes jedenfalls dann unmöglich, wenn ein PKW in der Garage stehe. Es fehle daher die funktionale Zuordnung des Nebenraumes zur Garage, wie das Privileg des Art. 6 Abs. 9 BayBO es voraussetze. Mit der Einschubtreppe sei es nicht möglich, typische Kraftfahrzeug-Utensilien in den Abstellraum zu verbringen. Es fehle auch die flächenmäßige Unterordnung zur Garage, da der Abstellspeicher mit 27 m² brutto der darunter liegenden Garage (knapp 20 m²) nicht deutlich untergeordnet, sondern sogar größer sei. Die Trennwand zwischen den Kinderzimmern und dem Abstellspeicher könne jederzeit entfernt werden. Daher sei der Abstellspeicher ein Gebäudeteil, für den die Privilegierung des Art. 6 Abs. 9 BayBO nicht gelte.

Außerdem sei die Trennwand nur 2,80 m und damit weniger als 3 m von der Grenze entfernt, da sich die Abstandsflächen vor der Außenwand bemessen würden. Die Tiefe von 3 m beziehe sich bei der aktuellen Planung auf einen Abstand zwischen der Grundstücksgrenze und der Innenwand der Kinderzimmer. Für den Fall, dass sich die Beklagte auf den Standpunkt stelle, die Abstandsflächen seien nicht Inhalt des Prüfprogramms der streitgegenständlichen Baugenehmigung werde hilfsweise beantragt,

die ... zu verpflichten, über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten, der hiermit gegenüber der Beklagten gestellt werde, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Mit Schriftsatz vom 18. März 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Die Erreichbarkeit des Abstellspeichers über eine Einschubtreppe stehe der Nutzung als Lagerstätte für typische Garagen- und Fahrzeugutensilien nicht entgegen. Bei der Garage und dem Nebenraum handele es sich auch um ein selbstständiges Gebäude ohne Aufenthaltsraum. Die nördliche Garage sei nicht zu eng dimensioniert, da Einstellplätze gemäß § 4 Abs. 1 der Garagenstellverordnung lediglich 2,50 m breit sein müssten. Der nördliche Raum erfülle mit einer Breite von 3 m somit die gesetzlichen Voraussetzungen.

Mit Schriftsatz vom 6. April 2016 erwiderten die Bevollmächtigten des Klägers den Schriftsatz der Beklagten vom 18. März 2016.

Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2016 legte die Beklagte die aufgrund des Änderungsantrags vom 7. April 2016 nach Plan-Nr. ... ergangene Baugenehmigung vom 12. Mai 2016 vor.

Hiernach wird eine mit 10 cm vermaßte Trennwand zwischen Kinderzimmer und Abstellspeicher insoweit nach Süden verschoben, als nunmehr der lichte Abstand der Innenwand im Abstellspeicher bis zur Grundstücksgrenze 3 m und die der Außenkante dieser Wand im Kinderzimmer 3,10 m beträgt. Neben der Plandarstellung findet sich der Handeintrag „die bestehende Wand wird abgerissen und durch eine neue mit li. Abstand von 3 m ersetzt! Ergänzt am 9. Mai 2016 L. ...“.

Bild

(Plan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2016 stellten die Bevollmächtigten des Klägers nunmehr folgenden Antrag:

Die Baugenehmigung vom 10. Juni 2015 in der Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 12. Mai 2016 wird aufgehoben.

Zur Begründung wurde zunächst auf das bisherige schriftsätzliche Vorbringen verwiesen und ausgeführt:

Die Vorgehensweise des Beigeladenen mache die Befürchtungen der Klägerseite deutlich, wonach es jederzeit baulich möglich sei, die nicht tragende Trennwand im Dachgeschoss der Garage zu verschieben bzw. entfallen zu lassen. Es zeige sich, dass die Trennwand nur pro forma geplant sei und eine „Feigenblattfunktion“ habe, um das rechtswidrige Vorhaben zu ermöglichen. Die pauschalen Handeintragungen erfüllten nicht die Anforderungen der Bauvorlagenverordnung sowie des Bestimmtheitsgebotes.

Der Rechtsstreit wurde am 20. Juni 2016 mündlich verhandelt.

Die Klagepartei stellte ihren zuletzt formulierten Klageantrag; die Vertreterin der Beklagten beantragte,

die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene stellte keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts-, die vorgelegten Behördenakten sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2016 verwiesen.

Gründe

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 10. Juni 2015 in der Fassung der Tekturgenehmigung vom 12. Mai 2016 den Kläger nicht in drittschützenden Rechten, die zum Prüfprogramm im vereinfachten Genehmigungsverfahren (Art. 59 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Bauordnung - BayBO) gehören, verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Es liegt kein Verstoß gegen öffentlichrechtliche Vorschriften, die auch dem Nachbarschutz dienen und Inhalt des Prüfprogramms der im vereinfachten Genehmigungsverfahren ergangenen Baugenehmigung sind, vor (I.).

Abgesehen davon wurde auch ein vorliegender Abstandsflächenverstoß durch die Tekturgenehmigung vom 12. Mai 2016 ausgeräumt (II.).

I.

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20).

Eine Verletzung drittschützender Normen durch eine Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde kommt nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung dieser Entscheidung reicht. Soweit das Prüfprogramm der Behörde aufgrund entsprechender gesetzlicher Normen - wie hier durch Art. 59 BayBO - eingeschränkt ist, scheidet infolgedessen eine Verletzung außerhalb dieses Prüfprogramms liegender drittschützender Normen zulasten eines Nachbarn aufgrund der entsprechenden Beschränkung der Feststellungswirkung der baubehördlichen Entscheidung aus.

Im vorliegenden Fall war ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchzuführen, da es sich bei dem Vorhaben nicht um einen Sonderbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt.

Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und der Nachbar ist darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris Rn. 3).

Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht deshalb angezeigt, weil die Ausgangsgenehmigung vom 29. Oktober 2012 in der Fassung vom 5. Februar 2013 eine Abweichung (Art. 59 Abs. 1 Nr. 2 BayBO) enthielt. Diese Baugenehmigung wurde durch das Urteil des erkennenden Gerichts vom 24. Februar 2014 aufgehoben und ist daher nicht mehr existent, so dass die hier erteilte Abweichung auch nicht in der (Neu-)Genehmigung vom 10. Juni 2015 fortgelten kann, ganz abgesehen davon, dass in dieser Genehmigung der Grund für die Abweichung in der Genehmigung vom 29. Oktober 2012 in der Fassung vom 5. Februar 2013 nicht mehr existiert.

Weder die Genehmigung vom 10. Juni 2015 noch die Änderungsgenehmigung vom 12. Mai 2016 enthalten Abweichungen, weshalb es bei dem Grundsatz, dass die Abstandsflächen im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zu Prüfprogramm gehören, verbleibt.

II.

Abgesehen davon ist das Vorhaben aufgrund der Tekturgenehmigung vom 12. Mai 2016 auch abstandsflächenrechtlich nicht mehr zu beanstanden. Die Außenseite der Trennwand der Kinderzimmer (= Innenseite im Abstellspeicher) ist nunmehr in einem lichten Abstand von 3 m von der Grundstücksgrenze entfernt errichtet. Die im grenznahen Bereich angesiedelte Nutzung als Abstellspeicher ist gemäß Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO privilegiert; die nicht privilegierte Nutzung (Kinderzimmer) hält den erforderlichen Abstand somit ein. Eine Unterordnung des Abstellspeichers als Nebenraumnutzung zur Garage ist nicht zu fordern.

Entgegen der Ansicht der Klagepartei wurde auch im Urteil vom 24. Februar 2014 die Nebenraumnutzung nicht mangels Unterordnung angezweifelt, sondern aufgrund des alleinigen Zugangs vom Hauptgebäude aus, der durch die streitgegenständliche Baugenehmigung beseitigt ist.

Für die Hauptnutzung im Dachgeschoss der Garage reicht ein Abstand von 3 m aus, da das Vorhaben hier das „16 m-Privileg“ des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO in Anspruch nehmen kann.

Das Hauptgebäude des Beigeladenen kann an der West-(Straßen-)Seite und der Ostseite problemlos 1 H einhalten, bei einem Abstand an der Westseite von 9,50 m bis zur Straßenmitte und an der Ostseite von 8 m an der engsten Stelle bis zur östlichen Grundstücksgrenze, zumal die Firsthöhe des Hauptgebäudes nur 7,20 m (abgegriffen) und die Dachneigung 32° beträgt. An der Südseite hält die Außenwand mindestens ½ H, z.T. 1 H ein (1 H ist hier = 3,80 m im westlichen, 4,30 m im mittleren und 6,20 m im östlichen Teil bei Abständen von der Grundstücksgrenze von im Minimum 3,50 m, 4 m und 6,50 m). An der Nordseite wird im westlichen und mittleren Bereich mit Wandhöhen von 3,80 m und 3,50 m sowie Abständen von der Grundstücksgrenze von 7 m bzw. 6 m 1 H problemlos eingehalten. Der Anbau an das Hauptgebäude im Obergeschoss der Garage kann daher das „16 m-Privileg“ des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO in Anspruch nehmen. Die Wandhöhe der grenzständigen Giebelseite der Garage beträgt 3 m, die Firsthöhe 6,80 m, weshalb sich 1 H gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 4 BayBO mit 4,27 m berechnet. Ein ½ H bzw. mindestens 3 m werden daher von dem Vorhaben eingehalten, da der Abstand der Außenwand der Kinderzimmer bis zur Grundstücksgrenze nunmehr 3 m beträgt.

Eine andere rechtliche Beurteilung hat entgegen der Auffassung der Klagepartei auch nicht deshalb zu erfolgen, weil die Verschiebung der Trennwand möglicherweise in die Gaubenkonstruktionen auf der Ost- und Westseite des Garagendaches hinein erfolgt.

Die der Baugenehmigung vom 10. Juni zugrunde liegenden Pläne und die der vom 12. Mai 2016 sind zwar insoweit nicht ganz stimmig, als die Trennwände (ohne und mit Verschiebung) jeweils an der nördlichen Innenkante der Gaubenkonstruktion enden. Allerdings hat der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung in nachvollziehbarer Weise ausgeführt, dass für eine Verschiebung der Trennwand insoweit ausreichend Platz zur Verfügung stünde, weil die Innenwände der Gaubenkonstruktion eine entsprechende Dämmung aufwiesen.

Im Übrigen ergibt sich, auch wenn die Verschiebung der Trennwand nur in den nördlichen Bereich der Gaubenkonstruktion hinein erfolgen könnte, hieraus keine Nachbarrechtsverletzung.

Es ist Sache des Beigeladenen, wenn er sich bei der Umsetzung der Baugenehmigung vom 10. Juni 2015 in der Fassung vom 12. Mai 2016 einer optisch nicht ansprechenden Lösung bedient bzw. bedienen muss. Eine Unmöglichkeit der Umsetzung dieser Baugenehmigung und damit der Verschiebung der Trennwand ist jedenfalls nicht ersichtlich.

Die Baugenehmigung ist entgegen der Ansicht der Klagepartei auch nicht unbestimmt. Rotrevisionen mit Handeinträgen sind bei Tekturgenehmigungen - soweit nur kleine Änderungen, wie hier, betroffen sind - durchaus üblich. Die Eintragung im Grundrissplan des Obergeschosses der Garage legt auch die Änderung eindeutig fest, die durch den Handeintrag nochmals bestätigt wird. Ein Verstoß gegen Bestimmungen der Bauvorlagenverordnung ist hieraus nicht ersichtlich; bezeichnenderweise wurde von der Klagepartei auch keine einschlägige Vorschrift der Bauvorlagenverordnung benannt.

Die Behauptung der Klagepartei, die Realisierung der Trennwand sei in Wirklichkeit nicht beabsichtigt, führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung.

Vorliegend kann nur die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung überprüft werden bzw. allenfalls noch, ob ein Ablehnungsgrund nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO besteht. Hierbei sind aber allein die streitgegenständliche Baugenehmigung und die ihr zugrunde liegenden Pläne Prüfungsgegenstand und nicht ein etwaiges späteres planabweichendes Verhalten des Beigeladenen.

Insoweit führt auch die Argumentation der Klagepartei, der Abstellspeicher könne aufgrund der Größe der Einschubtreppe nicht für Garten- und Kraftfahrzeugutensilien genutzt werden, zu keiner anderen Beurteilung. Es steht dem Beigeladenen frei, welche Gegenstände er im Abstellspeicher lagert, ganz abgesehen davon, dass eine generelle Ungeeignetheit aufgrund der Größe der Einschubtreppe zum Lagern von Kfz- und Gartenzubehör nicht erkennbar ist. Kfz-Zubehör sowie kleinere Gartengeräte können durchaus über die Einschubtreppe in den Abstellspeicher verbracht werden.

III.

Da weder eine Verletzung sonstiger bauordnungsrechtlicher - im Prüfprogramm der Baugenehmigung enthaltener nachbarschützender - Vorschriften, noch drittschützender Vorschriften des Bauplanungsrechts erkennbar ist, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Da der Beigeladene keinen eigenen Sachantrag gestellt und sich somit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es billigem Ermessen im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind.

(2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.

(3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist.

(4) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind die Grundflächen von

1.
Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten,
2.
Nebenanlagen im Sinne des § 14,
3.
baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, durch die das Baugrundstück lediglich unterbaut wird,
mitzurechnen. Die zulässige Grundfläche darf durch die Grundflächen der in Satz 1 bezeichneten Anlagen bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundflächenzahl von 0,8; weitere Überschreitungen in geringfügigem Ausmaß können zugelassen werden. Im Bebauungsplan können von Satz 2 abweichende Bestimmungen getroffen werden. Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, kann im Einzelfall von der Einhaltung der sich aus Satz 2 ergebenden Grenzen abgesehen werden
1.
bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlichen Funktionen des Bodens oder
2.
wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde.

(5) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, darf die zulässige Grundfläche in Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten durch die Grundflächen von Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme aus solarer Strahlungsenergie und Windenergie überschritten werden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von den Antragstellern innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Beschwerdegründe‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klage der Antragsteller im Hauptsacheverfahren sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird und das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug demnach das gegenläufige Interesse der Antragsteller überwiegt. Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage unter Befreiung von der textlichen Festsetzung 2. „Bauweise, überbaubare Flächen und Stellungen der Bauanlagen“ des Bebauungsplans „Nr. 33“ verletzt die Antragsteller nicht in ihren Rechten.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsteller aufgrund der den Beigeladenen erteilten Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) von der festgesetzten westlichen Baugrenze in subjektiven Rechten verletzt werden. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, B. v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011). Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots (§ 31 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung objektiv rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, B. v. 8.7.1998 - 4 B 64.98 - NVwZ-RR 1999, 8). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verletzt die Befreiung mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Rechte der Antragsteller.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Festsetzung, von der den Beigeladenen eine Befreiung erteilt wurde, nicht nachbarschützend ist. Eine nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung anzunehmen (vgl. BVerwG, B. v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 a. a. O.). Denn nur durch diese Festsetzungen wird ein auf jeweils wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen beruhendes Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zwischen den Eigentümerinnen und Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet begründet. Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen (§ 23 BauNVO) haben dagegen ebenso wie Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung grundsätzlich keine entsprechende Funktion. Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend angenommen, dass die Festsetzung auch nicht ausnahmsweise nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin Drittschutz vermittelt, da ein entsprechender Planungswille sich weder aus dem Bebauungsplan noch aus dessen Begründung ergibt. Darüber hinaus ist für die Beurteilung einer möglichen nachbarschützenden Wirkung auch in den Blick zu nehmen, dass die auf dem Baugrundstück der Beigeladenen festgesetzte westliche Baugrenze nicht dem südlich angrenzenden Grundstück der Antragsteller gegenüber liegt.

Eine Rücksichtslosigkeit aufgrund der Überschreitung der westlichen Baugrenze auf dem Grundstück der Beigeladenen ist hier entgegen dem Vorbringen der Antragsteller nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass im Bebauungsplan, insbesondere auch in der westlichen Ausrichtung, weitere umfangreiche Bauräume ausgewiesen wurden, kann insoweit nicht von unzumutbaren Auswirkungen auf das Grundstück der Antragsteller gesprochen werden. Daran gemessen werden die Belange der Antragsteller jedenfalls auch nicht im Hinblick auf den Hochwasserschutz unzumutbar beeinträchtigt. Nach den eingeholten fachlichen Stellungnahmen wird der Einfluss durch die geplante hochwasserangepasste Bebauung im Bereich außerhalb der Baugrenze auf die Bebauung in der Nachbarschaft bei einem Hochwasser als unwesentlich angesehen. Das pauschale Vorbringen der Antragsteller, die vor kurzem eingetretenen Starkregenereignisse hätten enorme Auswirkungen im streitgegenständlichen Gebiet gezeigt, ist demgegenüber nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der fachlichen Stellungnahmen zu begründen. Dies gilt auch für das vorgelegte Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 30. August 2016, in dem u. a. ausgeführt wird, dass der bestehende Hochwasserschutz in H. nicht ausreiche, um große Hochwasserabflüsse der Alz schadlos abzuführen. Denn dieses Schreiben, das im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage der Auswirkungen einer geplanten Hochwasserfreilegungsmaßnahme auf das Grundwasser steht, verhält sich zu der hier maßgeblichen Frage der Zulässigkeit der Überschreitung einer Baugrenze nicht.

Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, weil sie sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert haben (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Nummer 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich als Nachbar gegen die Erteilung einer isolierten Befreiung vom Bebauungsplan der Beklagten für die Errichtung einer eingehausten Luftwärmepumpe.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. 1633/2 Gemarkung ..., im Gemeindegebiet der Beklagten. Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut. Östlich des Klägergrundstücks liegt das Grundstück FlNr. 1636/4 Gemarkung ... (Baugrundstück). Auf diesem haben die Beigeladenen ein Einfamilienhaus im Genehmigungsfreistellungsverfahren errichtet. Sowohl das Baugrundstück als auch das Grundstück des Klägers liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...-West“ der Beklagten vom 25. Oktober 2011, bekannt gemacht am 2. November 2011. In diesem ist als Art der Nutzung ein Dorfgebiet festgesetzt. Sowohl für das Baugrundgrundstück als auch für das Grundstück des Klägers sind durch Baugrenzen definierte Baufenster vorgesehen. Die dem Klägergrundstück am nächsten liegende Baugrenze im Osten des Baugrundstücks hat einen Abstand von der gemeinsamen Grundstücksgrenze von ca. 3 m.

Unter dem ... Oktober 2015 beantragten die Beigeladenen bei der Beklagten, die Erteilung einer Befreiung vom Bebauungsplan „...-West“ für eine bereits errichtete Luftwärmepumpe mit Einhausung. Die Anlage soll nach dem dem Antrag beigegebenen Plan eine Grundfläche von 1,30 m x 2,50 m haben. Sie ist mit einem Pultdach versehen, das zum Grundstück des Klägers hin geneigt ist. Die Wand zum Klägergrundstück hin hat nach den Plänen eine Höhe von 2,10 m, die höhere, dem Anwesen der Beigeladenen zugewandte Seite eine Höhe von 2,70 m. Die Entfernung der Anlage zur Grenze mit dem Klägergrundstück beträgt zwischen 2,10 m bis 2,40 m. Etwa 50% der Grundfläche der Einhausung befinden sich außerhalb der im Bebauungsplan für das Baugrundstück festgesetzten Baugrenze. Die Baugrenze zum Klägergrundstück hin wird zwischen 0,6 bis 0,9 m überschritten.

Mit Bescheid vom 7. Oktober 2015 erteilte die Beklagte den Klägern die beantragte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „...-West“. In den Gründen des Bescheids wurde ausgeführt, die Überschreitung der Baugrenze laufe dem Planungsziel des Bebauungsplans nicht zuwider. Die Anlage halte die allgemeinen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts ein. Städtebauliche Gründe, die der Befreiung entgegenstünden, seien nicht ersichtlich. Der Bescheid der Beklagten wurde dem Kläger nicht bekannt gegeben.

Mit Schreiben vom 29. April 2016 ergänzte die Beklagte ihre Begründung zum Bescheid vom 7. Oktober 2015. Die geplante Anlage sei nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) in der Abstandsfläche des vorhandenen Gebäudes zulässig. Zudem sei ein schalltechnisches Gutachten eingereicht worden in dem die Außenwirkung der Wärmepumpe untersucht worden sei. Das Gutachten habe ergeben, dass dem Schutz des Nachbarn vor schädlichen Umwelteinwirkungen ausreichend Rechnung getragen werde.

Mit Schriftsatz vom ... Juli 2016 hat der Bevollmächtigte des Klägers Klage erhoben. Er beantragt zuletzt

den Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2015 aufzuheben.

Die Klage könne sich trotz des Zeitablaufs seit Erlass des Bescheids zulässigerweise gegen diesen richten, da der Bescheid nicht gegenüber dem Kläger bekanntgegeben worden sei. Die mit der Befreiung zugelassene Wärmepumpe sei zu laut. Es gäbe Alternativstandorte auf dem Baugrundstück. Nachbarliche Interessen seien in dem Bescheid nicht ausreichend gewürdigt worden. Die Baugrenze im Bebauungsplan habe drittschützende Wirkung. Dies ergebe sich aus der Regelung in Nr. 3.3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans. Danach würden bestimmte Anlagen außerhalb der Baugrenzen ausnahmsweise zugelassen, sofern ein Mindestabstand von der Nachbargrenze von 1,5 m eingehalten werde. Dies zeige, dass dem Grunde nach ein Drittschutz durch die Baugrenze gewollt sei. Nachdem die streitgegenständliche Anlage nicht unter die abschließend aufgezählten baulichen Anlagen falle, könne eine Zulassung derselben außerhalb der Baugrenzen nachbarliche Rechte verletzten.

Mit Schriftsatz vom 13. September 2016 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Die Festsetzung der Baugrenzen sei nicht drittschützend. Es gebe hierfür keine Anhaltspunkte in der Begründung des Bebauungsplans. Der Immissionsschutz sei nicht Gegenstand der Prüfung bei Erteilung einer isolierten Befreiung. Das in den Akten befindliche schalltechnische Gutachten vom ... August 2015 komme allerdings zu dem Ergebnis, dass die maßgeblichen Richtwerte der TA Lärm sowohl zur Tages- als auch zur Nachtzeit eingehalten würden.

Mit Schriftsatz vom ... August 2016 beantragt der Bevollmächtigte der Beigeladenen,

die Klage abzuweisen.

Das von den Beigeladenen beauftrage Ingenieurbüro komme in seinem schalltechnischen Gutachten vom ... August 2015 zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die zulässigen Immissionsrichtwerte bei Tag und bei Nacht jeweils deutlich unterschritten würden. Die Lärmimmissionen seien selbst bei Volllastbetrieb fast nicht wahrnehmbar und würden tagsüber häufig durch andere Geräusche in der Umgebung überlagert.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige (1.) Klage ist unbegründet (2.). Der Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2015 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden.

Der am 7. Oktober 2015 erlassene Bescheid wurde dem Kläger nicht bekannt gegeben. Die 1-monatige Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO hat daher nicht zu laufen begonnen. In einem solchen Fall, in dem dem Nachbarn der Bescheid nicht bekannt gegeben wird, gilt in entsprechender Anwendung der §§ 74, 58 Abs. 2 VwGO eine Klagefrist von einem Jahr. Diese beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem der Nachbar sicher Kenntnis von dem Bescheid erlangt hat oder hätte erlangen müssen (BVerwG, B. v. 16.3.2010 - 4 B 5.10 - juris Rn. 8). Die am ... Juli 2016 eingegangene Klage ist danach rechtzeitig erhoben worden, da weniger als ein Jahr zwischen dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids und der Klageerhebung liegt. Auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Kläger bzw. ein Kennenmüssen kommt es somit nicht mehr an.

2. Die Klage ist unbegründet, da der Bescheid vom 7. Oktober 2015 den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.

Nachbarn können sich gegen einen an einen Dritten gerichteten baurechtlichen Bescheid nur dann mit Erfolg zur Wehr setzten, wenn diese rechtswidrig ist und die Rechtwidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Eine Verletzung derartiger drittschützender Normen liegt hier nicht vor.

2.1 Eine Verletzung nachbarlicher Rechte des Klägers ist schon aufgrund des eingeschränkten Regelungsgehalts der streitgegenständlichen isolierten Befreiung begrenzt. Nach Art. 63 Abs. 3 i. V. m. Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO entscheidet die Gemeinde über den Antrag nur soweit es um die isolierte Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplans geht. Gegenstand des Bescheids ist nur die Zulassung der Nichtbeachtung der gemeindlichen Bebauungsplansatzung. Demgegenüber wird mit der isolierten Befreiung nicht über die baurechtliche Zulässigkeit der Anlage im Gesamten entschieden. Eine Legalisierungswirkung kann durch die streitgegenständlichen Entscheidung somit nicht für Umstände eintreten, die nicht Gegenstand der Prüfung waren. Folglich kann sich auch eine Verletzung von Nachbarrechten nicht aus Normen ergeben, die nicht Inhalt der gemeindlichen Prüfung waren. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass ein Aufhebungsanspruch des Klägers nur aus der Anwendung des § 31 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) abgeleitet werden kann soweit von dem im Bebauungsplan „...-West“ festgesetzten überbaubaren Flächen befreit wurde. Verstöße gegen andere baurechtliche Normen müssen außer Betracht bleiben.

Im Rahmen der Erteilung einer solchen Befreiung ist hinsichtlich des Nachbarsschutzes im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit wird oder die betroffenen Festsetzungen keinen Drittschutz entfalten. Weicht ein Bauvorhaben von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans ab, so kann es nur zugelassen werden, wenn die Abweichung nach § 31 Abs. 2 BauGB rechtmäßig ist. Im Falle eines Abweichens von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots (BayVGH, B. v. 8.11.2016 - 1 CS 16.1864 - juris Rn. 3 m. w. N.).

2.2 Die Festsetzung der Baugrenze auf dem Baugrundstück, von der mit dem streitgegenständlichen Bescheid befreit wurde, hat keine nachbarschützende Funktion. Der Kläger kann somit nicht die allgemeine Rechtswidrigkeit der Befreiung geltend machen.

Eine nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung regelmäßig anzunehmen (BVerwG, B. v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011). Festsetzung zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen haben dagegen ebenso wie Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion (BayVGH, B. v. 8.11.2016 - 1 CS 16.1864 - juris Rn. 4). Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche in Form von Baugrenzen vermitteln Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin diese Funktion ausnahmsweise haben sollen. Eine solche drittschützende Zielrichtung muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan, seiner Begründung oder sonstigen Unterlagen der planenden Gemeinde ergeben (BayVGH, B. v. 23.11.2015 - 1 CS 15.2207 - juris Rn. 8). Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht ersichtlich. Der Bebauungsplan und dessen Begründung enthalten über die bloße Festsetzung der Baugrenze hinaus keinen Hinweis, dass der Verlauf derselben ausnahmsweise Dritte schützen soll. Eine solche Intention ist auch nicht aus der von der Klägerseite als Beleg herangezogenen Festsetzung Nr. 3.3 des Bebauungsplans abzuleiten. Darin wird u. a. geregelt, dass ausnahmsweise für bestimmte Bauteile eine Überschreitung der Baugrenzen zugelassen wird, sofern neben den übrigen Festsetzungen ein Mindestabstand von der Nachbargrenze und öffentlichen Flächen von 1,5 m eingehalten wird. Der von der Klägerseite hieraus gezogene Umkehrschluss, die Baugrenzen seien für sämtliche anderen Anlagen drittschützend, kann durch das Gericht nicht nachvollzogen werden. Ein spezieller Nachbarbezug der Festsetzung aller Baugrenzen lässt sich schon deshalb nicht aus dieser Regelung ableiten, weil die Ausnahme in gleicher Weise für alle Baugrenzen gilt, unabhängig davon, ob diese einem benachbarten Baugrundstück oder einer öffentlichen Straße gegenüberliegen. Eine Aussage zur Schutzwirkung der betroffenen Baugrenze oder aller Baugrenzen, die benachbarten Wohngrundstücken gegenüberliegen ist nicht zu erkennen. Zudem handelt es sich bei der Regelung um eine allgemeine Zulassung bestimmter Bauteile von Hauptbaukörpern außerhalb von Baugrenzen entsprechend § 23 Abs. 3 Satz 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Eine Regelung gem. § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO über die Zulässigkeit von Nebenanlagen außerhalb der überbaubaren Grundstückflächen wird damit nicht getroffen. Dementsprechend lässt sich aus der Ausnahmevorschrift nichts zur Zulässigkeit von Nebenanlagen außerhalb von Baugrenzen und einer insoweit bestehenden nachbarschützenden Funktion der Baugrenzen folgern. Zudem lässt sich aus der Regelung ersehen, dass der Satzungsgeber den Nachbarn gerade nicht generell vor baulichen Anlagen in einem geringen Abstand schützen wollte. Vielmehr werden sogar verglaste Wintergärten bis zu einer Länge von 5 m in einem Mindestabstand von der Nachbargrenze von 1,5 m für zumutbar gehalten. Weshalb diese Teile von Hauptgebäuden nach dem Willen des Satzungsgebers nur einen Abstand von 1,5 m einhalten müssen, während die Baugrenzen im Übrigen aus Gründen des Nachbarschutzes generell nicht überschritten werden sollten, ist nicht ersichtlich. Nicht zuletzt spricht gegen die nachbarschützende Funktion der Baugrenze auf dem Baugrundstück auch, dass der durch die Baugrenze festgeschriebene Abstand von der geplanten Grundstücksgrenze nicht nur gegenüber der Grundstücksgrenze zum Kläger, sondern in gleicher Weise auch gegenüber der Straße und der Grundstücksgrenze nach Süden vorgesehen ist. Dies spricht für eine städtebauliche Funktion der Baugrenze, da diese Abstände unabhängig von der Zulässigkeit von baulichen Anlagen auf dem benachbarten Grundstück festgelegt wurden.

2.3 Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, das auch bei der Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans zu prüfen ist, liegt nicht vor.

Zunächst gilt es zu berücksichtigen, dass sich eine Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Klägergrundstück nur aus dem mit der Befreiung Zugelassenen ergeben kann. Im vorliegenden Fall wird durch die Befreiung ein Heranrücken der eingehausten Luftwärmepumpe an das Klägergrundstück zwischen 0,6 m und 0,9 m über die festgesetzte Baugrenze hinaus ermöglicht. Zu prüfen ist deshalb nicht eine mögliche Rücksichtslosigkeit der Gesamtanlage, sondern lediglich die Rücksichtslosigkeit des Heranrückens um 0,6 m bis 0,9 m. Die von der Klägerseite in dem Rahmen des Rücksichtnahmegebots eingewendeten Emissionen der Luftwärmepumpe können deshalb nur dann von Belang sein, wenn eine Überschreitung der für das Klägergrundstück zumutbaren Immissionen gerade durch die Verringerung des Abstandes entstehen würde. Für eine derartige Annahme ist nichts ersichtlich. Vielmehr ergibt sich aus dem Gutachten des Ingenieurbüros H. F. vom ... August 2015 (Bl. 27 der Behördenakte), in plausibler und nachvollziehbarer Weise, dass die eingehauste Luftwärmepumpe die maßgeblichen Werte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26.8.1998 (TA Lärm) für Dorfgebiete sowohl zur Tagzeit als auch zur Nachtzeit bei weitem einhält.

Eine Rücksichtslosigkeit der Anlage ergibt sich auch nicht aus einem Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht. Abgesehen davon, dass die Abstandsflächen nicht Gegenstand der Prüfung im Rahmen der streitgegenständlichen Befreiung sind, ergibt sich bereits aus Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO eindeutig, dass die streitgegenständliche Anlage ohne eigene Abstandsfläche zulässig ist und sogar an die Grundstücksgrenze gebaut werden dürfte.

Das vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung übergebene Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. November 2016 (Az.: 7 A 263/16) hat mit der vorliegenden Fallgestaltung nichts zu tun. Es befasst sich mit der Frage, ob ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten des Nachbarn besteht. In dem entschiedenen Fall handelt es sich um eine an einer Gebäudeaußenwand angebrachte Luftwärmepumpe, die die landesrechtlichen Abstandflächenvorschriften nicht einhält. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Es ist hier nicht wie im Fall des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen die allgemeine baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens Prüfungsgegenstand.

Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da die Beigeladenen einen eigenen Klageantrag gestellt haben und sich deshalb in das Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO begeben haben, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 2 VwGO ebenfalls dem Kläger aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind.

(2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.

(3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist.

(4) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind die Grundflächen von

1.
Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten,
2.
Nebenanlagen im Sinne des § 14,
3.
baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, durch die das Baugrundstück lediglich unterbaut wird,
mitzurechnen. Die zulässige Grundfläche darf durch die Grundflächen der in Satz 1 bezeichneten Anlagen bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundflächenzahl von 0,8; weitere Überschreitungen in geringfügigem Ausmaß können zugelassen werden. Im Bebauungsplan können von Satz 2 abweichende Bestimmungen getroffen werden. Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, kann im Einzelfall von der Einhaltung der sich aus Satz 2 ergebenden Grenzen abgesehen werden
1.
bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlichen Funktionen des Bodens oder
2.
wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde.

(5) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, darf die zulässige Grundfläche in Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten durch die Grundflächen von Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme aus solarer Strahlungsenergie und Windenergie überschritten werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die der Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 28. Mai 2015 für die Errichtung eines Asylbewerberwohnheims (Vorhaben; hier: Gemeinschaftsunterkunft, vgl. § 50 Abs. 2, § 53 AsylVfG, Art. 4 AufnG) auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung H.

Das Vorhaben umfasst ein Gebäude auf einer Grundfläche von ca. 47 m (Süd-Nord) x 15 m (West-Ost), das sich aus zwei Teilen mit unterschiedlicher Geschossigkeit zusammensetzt. Das Gebäude soll durchwegs auf vier Ebenen genutzt werden (Südteil: freiliegendes Untergeschoss, Erdgeschoss, 1. und 2. Obergeschoss; Nordteil: freiliegendes Untergeschoss, Erdgeschoss, 1. Obergeschoss, ausgebautes Dachgeschoss). Aufgrund des von Westen nach Osten steil geneigten Geländes tritt das Gebäude mit seiner Westseite erst ab dem Bereich der 1. Obergeschosse (Süd- und Nordteil) in Erscheinung. Ausweislich des Baugenehmigungsbescheids verfügt das Gebäude über 47 Zimmer, die eine Belegung mit maximal 164 Personen ermöglichten. Außerdem sind verschiedene Gemeinschaftsräume (u. a. Küche, Schulungsraum, Gymnastikraum, Waschraum, Duschen und Toiletten) vorgesehen.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. ... der Gemarkung H., das mit einem Wohnhaus bebaut ist und im Nordwesten an das Baugrundstück angrenzt. Gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 28. Mai 2015 hat der Antragsteller am 25. Juni 2015 Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Regensburg erhoben, über die noch nicht entschieden wurde (Az. RN 6 K 15.982). Am 3. August 2015 beantragte der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 10. August 2015 in der Sache ab.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Das Vorhaben sei als Anlage für soziale Zwecke mit einer Anzahl von 164 Bewohnern gebietsunverträglich. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts komme es für die Gebietsverträglichkeit nicht nur auf die Größe des Baukörpers an, sondern auch auf dessen Nutzung. Die Baugenehmigung lasse es an jeglichen Maßnahmen zur erforderlichen Hangsicherung fehlen. In einem anhängigen Beweissicherungsverfahren habe der Sachverständige wiederholt aufgefordert, ihm alle sachdienlichen Unterlagen den Hang betreffend, wie Baugrundgutachten, Berechnungen etc., zuzuleiten. Dies sei bislang nicht geschehen, was den Schluss zulasse, dass es nichts gebe, was vorgelegt werden könne. Dies sei problematisch, weil die Standsicherheit der Böschungen unter Bebauung auf die unmittelbar an die Baugrube angrenzenden Nachbargrundstücke nicht gefährdet werden dürfe.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Mai 2015 unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 10. August 2015 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Vorhaben sei als soziale Anlage mit einer wohnähnlichen Nutzung zu werten, die den Gebietserhaltungsanspruch des Antragstellers nicht berühre. Unter Berücksichtigung der Zielsetzung und Größe des Vorhabens, dessen Bewohnerstruktur und des prognostizierten Personal- und Lieferverkehrs gingen vom Vorhaben lediglich sozialadäquate und damit zumutbare Lärmwirkungen aus. Fragen der Standsicherheit ergäben sich in erster Linie während der Bauausführung. Den Anforderungen des Bauordnungsrechts werde dadurch Rechnung getragen, dass die statischen Unterlagen von einem Prüfingenieur geprüft würden, der auch die Bauausführung überwache. Anhaltspunkte für ernsthafte Zweifel an der Standsicherheit des Nachbargrundstücks würden nicht vorliegen und seien auch nicht vorgetragen worden.

Die beigeladene Bauherrin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Gebietsverträglichkeit des Vorhabens ergebe sich schon aus dem Mischgebietscharakter der Umgebung. Weder die Zahl der Bewohner noch die Größe des Baukörpers würden den Gebietscharakter beeinträchtigen. Für die vom Antragsteller behauptete Gefährdung der Standsicherheit gebe es keine Anhaltspunkte. Die Beigeladene habe selbst all diejenigen Maßnahmen ergriffen und umgesetzt, die vom Prüfsachverständigen vorgegeben worden seien.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Bauakten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die vom Antragsteller innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers zu Recht abgelehnt. Die Klage des Antragstellers im Hauptsacheverfahren wird voraussichtlich erfolglos bleiben, so dass das Interesse an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegenüber dem Ausnutzungsinteresse an der angefochtenen Baugenehmigung nachrangig ist.

1. Die Zulassung des Vorhabens verletzt den Gebietserhaltungsanspruch des Antragstellers nicht.

a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung im unbeplanten Innenbereich einem Baugebiet i. S. d. § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 2, §§ 2 ff. BauNVO, hat der mit seinem Grundstück im selben Baugebiet gelegene Nachbar einen Schutzanspruch auf Bewahrung der Gebietsart, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht (vgl. BVerwG, B. v. 11.4.1996 - 4 B 51/96 - NVwZ-RR 1997, 463 = juris Rn. 10 m. w. N.; U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91 - BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 13; B. v. 22.12.2011 - 4 B 32/11 - juris Rn. 5). Für diesen Fall ordnet § 34 Abs. 2 BauGB an, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach beurteilt, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässig wäre (vgl. BVerwG, U. v. 16.9.2010 - 4 C 7/10 - NVwZ 2011, 436 = juris Rn. 15).

b) Das Verwaltungsgericht geht vom Vorliegen eines faktischen Mischgebiets aus, was der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht substantiiert in Zweifel zieht. Nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO sind u. a. Anlagen für soziale Zwecke in einem Mischgebiet zulässig. Asylbewerberunterkünfte sind (jedenfalls) Anlagen für soziale Zwecke in diesem Sinn (vgl. BVerwG, B. v. 4.6.1997 - 4 C 2/96 - NVwZ 1998, 173 = juris Rn. 3 m. w. N.; VGH BW, B. v. 6.10.2015 - 3 S 1695/15 - juris Rn. 8 ff.). Auch das stellt der Antragsteller nicht infrage. Der Einwand des Antragstellers, nicht nur die Größe des Baukörpers, sondern dessen Nutzung spiele eine ganz entscheidende Rolle, lässt vor diesem Hintergrund nicht erkennen, weshalb die Nutzung einer baulichen Anlage zur Unterbringung von Asylbewerbern und folglich eine Anlage für soziale Zwecke im Mischgebiet unzulässig sein soll.

c) Das Vorhaben ist gebietsverträglich (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 1 BauNVO). Bei der anzustellenden typisierenden Betrachtungsweise wirkt sich das Asylbewerberwohnheim - bezogen auf den Gebietscharakter des Mischgebiets - nicht störend aus (vgl. zu diesem Maßstab, BVerwG, B. v. 28.2.2008 - 4 B 60/07 - BayVBl 2008, 542 = juris Rn. 6 ff, 11). Mischgebiete dienen gleichermaßen dem Wohnen und dem - mit dem Wohnen verträglichen - Gewerbe. Beide Nutzungsarten haben aufeinander Rücksicht zu nehmen, so die Wohnnutzung nämlich darauf, dass gewerbliche Nutzungen in der Regel nicht ohne jede Beeinträchtigung der Wohnruhe ausgeübt werden können. Sie hat solche Störungen in gewissem Maße hinzunehmen und genießt nicht denselben Schutz wie in einem allgemeinen Wohngebiet (vgl. BVerwG, U. v. 21.2.1986 - 4 C 31/83 - NVwZ 1986, 643 = juris Rn. 11). Asylbewerberunterkünfte sind aufgrund ihrer zumindest wohnähnlichen Nutzung mit dem Gebietscharakter eines Mischgebiets insoweit vereinbar, als von ihnen keine wohnunverträglichen Störungen ausgehen, die bebauungsrechtlich beachtlich wären. Insbesondere kann und soll das allgemeine Bauplanungsrecht keinen Milieuschutz gewährleisten (vgl. BVerwG, U. v. 23.8.1996 - 4 C 13/94 - BVerwGE 101, 364 = juris Rn. 72). Im Hinblick auf die im Mischgebiet zulässigen gewerblichen Nutzungen ist der wohnähnliche Charakter einer Asylbewerberunterkunft ebenfalls gebietsverträglich, weil nur solche Gewerbebetriebe zulässig sind, die das Wohnen nicht erheblich stören (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Dafür, dass das konkrete Vorhaben den Gebietscharakter im Hinblick auf seine Immissions(un)verträglichkeit gefährden könnte, bestehen weder nach allgemeinen Maßstäben noch im konkreten Fall tragfähige Anhaltspunkte (s. auch nachfolgend Buchst. d).

d) Soweit beanstandet wird, das Verwaltungsgericht habe die Zahl der Bewohner (maximal 164 Personen; Regelbewohnerzahl ca. 130 Personen, vgl. Erläuterungsbericht vom 7.4.2015 zum Bauantrag) völlig ausgeblendet, beruft sich der Antragsteller wohl auch auf § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, wonach die in den § 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig sind, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Auch diese dem Nachbarschutz dienende Vorschrift findet als die §§ 2 bis 14 BauNVO ergänzende Regelung zur Art der baulichen Nutzung kraft Verweisung in § 34 Abs. 2 BauGB im unbeplanten Innenbereich Anwendung (vgl. BVerwG, B. v. 29.7.1991 - 4 B 40/91 - NVwZ 1991, 1078 = juris Rn. 4; B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 - ZfBR 2009, 376 = juris Rn. 4 m. w. N.) und vermittelt - neben der Wahrung des Rücksichtnahmegebots - einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets (vgl. BVerwG, B. v. 13.5.2002 - 4 B 86/01 - NVwZ 2002, 1384 = juris Rn. 7 m. w. N.). Anhaltspunkte für einen Widerspruch des Vorhabens zur Eigenart des faktischen Mischgebiets aufgrund seiner „Anzahl, Lage oder Zweckbestimmung“ bestehen nicht. Ein dem Beschwerdevorbringen zu entnehmender Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets hinsichtlich des „Umfangs“ des Vorhabens liegt ebenfalls nicht vor. Wenn § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bestimmt, dass ein Vorhaben im Einzelfall auch unzulässig ist, wenn es wegen seines Umfangs der Eigenart eines bestimmten Baugebiets widerspricht, so geht die Vorschrift davon aus, dass im Einzelfall Quantität in Qualität umschlagen kann, dass also die Größe einer baulichen Anlage die Art der baulichen Nutzung erfassen kann (vgl. BVerwG, U. v. 16.3.1995 - 4 C 3/94 - NVwZ 1995, 899 = juris Rn. 17). Dergleichen ist hier schon deshalb nicht ersichtlich, weil nach dem Vortrag der Antragsgegnerin in der Nachbarschaft zum Vorhaben ein Hotel mit 49 Zimmern sowie ein dreigeschossiger Gewerbebau bestehen, an deren Dimensionierung das Vorhaben anknüpfen kann. Von seinen baulichen Abmessungen ausgehend, aber auch hinsichtlich etwaiger Folgewirkungen, insbesondere was Lärmwirkungen betrifft (vgl. aber die Regelung in Nr. 1 Abs. 2 Buchst. h TA Lärm, die Anlagen für soziale Zwecke vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausnimmt), lässt das Vorhaben aufgrund seiner wohnähnlichen Nutzung auch keine gebietsunverträglichen Störungen erwarten (vgl. OVG Hamburg, U. v. 10.4.1997 - Bf II 72/96 - juris Rn. 87, nachgehend BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 4 C 16/97 - BVerwGE 108, 190 = juris Rn. 33). Allein die Anzahl der künftigen Bewohner ist für sich keine geeignete Grundlage, um die bebauungsrechtliche Zulassungsfähigkeit des Vorhabens in Zweifel zu ziehen. Denn das allgemeine Bauplanungsrecht kann und soll keinen „Milieuschutz“ gewährleisten. Daher sind Wohnimmissionen, die von einer Asylbewerberunterkunft ausgehen, in der Regel (sogar) auch in solchen Wohngebieten hinzunehmen, die durch eine andere homogene Wohnbevölkerung geprägt sind (vgl. BVerwG, U. v. 23.8.1996 - 4 C 13/94 - BVerwGE 101, 364 = juris Rn. 72). Für Mischgebiete gilt nichts anderes.

e) Von Vorstehendem ausgehend bedarf es hinsichtlich der Zulassungsfähigkeit des Vorhabens keines Rückgriffs auf die bauplanungsrechtlichen Neuregelungen aufgrund des Art. 6 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes (v. 20.8.2015, BGBl I S. 1722 [1731]).

2. (Sonstige) Anhaltspunkte für eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht.

3. Soweit sich der Antragsteller auf eine Nachbarrechtsverletzung beruft, die aus der fehlenden Festlegung von Maßnahmen der Hangsicherung folgen soll, ist nicht substantiiert dargelegt, dass aufgrund der Bauausführung eine konkrete Gefahr für die Standsicherheit des Anwesens des Antragstellers besteht (vgl. Art. 10 Satz 3 BayBO). Die Beigeladene hat der Nebenbestimmung Nr. 2.2 des Bescheids vom 28. Mai 2015 und dem Baufortschritt folgend laufend Nachweise über die Standsicherheit vorgelegt. Welche weiter gehenden Maßnahmen der Antragsteller für erforderlich erachtet, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht.

4. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil er mit seiner Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Nachdem die Beigeladene einen eigenen Sachantrag gestellt und sich mithin einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO), entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Stellplätze und Garagen sind in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt.

(2) In Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, sind Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig.

(3) Unzulässig sind

1.
Stellplätze und Garagen für Lastkraftwagen und Kraftomnibusse sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in reinen Wohngebieten,
2.
Stellplätze und Garagen für Kraftfahrzeuge mit einem Eigengewicht über 3,5 Tonnen sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in Kleinsiedlungsgebieten und allgemeinen Wohngebieten.

(4) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen nur Stellplätze oder Garagen und zugehörige Nebeneinrichtungen (Garagengeschosse) zulässig sind. Eine Festsetzung nach Satz 1 kann auch für Geschosse unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden. Bei Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 sind Stellplätze und Garagen auf dem Grundstück nur in den festgesetzten Geschossen zulässig, soweit der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt.

(5) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in Teilen von Geschossen nur Stellplätze und Garagen zulässig sind. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass in Baugebieten oder bestimmten Teilen von Baugebieten Stellplätze und Garagen unzulässig oder nur in beschränktem Umfang zulässig sind, soweit landesrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.

(7) Die landesrechtlichen Vorschriften über die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen sowie die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Bereiche bleiben bei Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 6 unberührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.