Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Mai 2016 - M 8 S 16.897
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen
Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Mieterin von Hallenflächen sowie des Lager- und Freiflächenbereichs auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ..., ...str. 12. Das Grundstück wurde ihr von der Beigeladenen als Werkstatt-, Ausstellungs- und Lagerfläche vermietet. Sie hat diese Flächen an eine Vielzahl von Untermietern untervermietet.
In der Hauptsache wendet sich die Antragstellerin gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Mai 2015 sowie einen Ergänzungsbescheid vom 28. Oktober 2015. Die Anfechtungsklagen sind unter den Az. M 8 K 14.5609 und M 8 K 15.5314 beim Verwaltungsgericht München anhängig.
Mit dem Ausgangsbescheid vom
Im Ergänzungsbescheid vom
Zur Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit wurde ausgeführt, sie sei gerechtfertigt, weil das öffentliche Interesse an einer wieder geordneten und öffentlich-rechtlich genehmigten Nutzung ein sofortiges Einschreiten gegen die widerrechtliche Nutzungsweiterführung und vor allem gegen die widerrechtliche Nutzungsintensivierung erfordere. Insbesondere sei sie angemessen und gerechtfertigt, um die nachträglich eingetretenen Verdachtsmomente auszuräumen und eine ordnungsgemäße Beweisführung zu ermöglichen. Das allgemeine öffentliche Interesse an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände sei durch die rechtlich festgelegte und moralisch verpflichtende Vorgehensweise bei dem Verdacht von Kriegsgräbern im Zusammenhang mit den Kriegsgräberabkommen diverser Staaten zu einem besonderen öffentlichen Interesse geworden. Die Verhandlungen mit der Antragstellerin in der Vergangenheit hätten gezeigt, dass trotz ihrer Forderung nach Belassung der illegalen Nutzung diese noch intensiviert und durch die Errichtung zusätzlicher Gebäude verfestigt worden sei. Die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 21. Mai 2015 durch eine höhere Instanz überprüfen zu lassen, sei genutzt worden, um die wirtschaftlichen Interessen der Adressatin voll auszuschöpfen und den Gewinn zu maximieren.
Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2016, am selben Tag beim Verwaltungsgericht München eingegangen, haben die Bevollmächtigten der Antragstellerin beantragt:
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Grundstück werde wohl bereits seit Ende des 2. Weltkrieges als Abstellfläche für Container bzw. als Lagerfläche genutzt. Bis zur Verfügung vom 21. Mai 2015
Weiter seien die seitens der Antragsgegnerin angeführten Sondierungen bzw. Grabungen auf Verdachtsflächen des KZ-Außenlagers ... bereits durchgeführt worden, wofür bereits Freiräumungen der Grundstücksteile seitens der Untermieter erfolgt seien.
Zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin seien bereits Gespräche zur Verlängerung der Räumungsfrist geführt worden. Von der Antragstellerin sei bereits mehrfach mitgeteilt und unter Angabe entsprechender Ausweichgrundstücke deutlich gemacht worden, dass ihrerseits eine schnellstmögliche Räumung des Grundstücks beabsichtigt sei, hierfür aber die mit Bescheid vom 28. Oktober 2015 verfügte Frist nicht ausreiche. Ausdrücklich sei gegenüber der Antragsgegnerin angeboten worden, einen großen Teil des Grundstücks frei zu räumen, was unmittelbar bevorstehe. Der Untermieter der im vorgelegten Lageplan rot schraffierten Fläche werde diese im Laufe des Monats März räumen. Eine Einigung zur Fristverlängerung sei im Ergebnis nicht zustande gekommen.
Das Interesse der Antragstellerin an der beantragten Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage überwiege des Interesse der Antragsgegnerin, weil die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids nicht hinreichend begründet worden sei, sie ermessensfehlerhaft sei und die Erfolgsaussichten der eingelegten Klage zumindest als offen anzusehen seien. Im Übrigen könnten allein fehlende Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache das erforderliche besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung weder begründen noch ersetzen.
Vorliegend würden die Interessen der Antragstellerin an einer zeitlich auskömmlichen Räumungsdauer die Interessen der Antragsgegnerin an einer sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsaufgabe überwiegen. Insbesondere könnten die von der Antragsgegnerin angeführten Verdachtsmomente für etwaige Vorkommen von sterblichen Überresten aus dem KZ-Außenlager ... eine sofortige Vollziehbarkeit nicht mehr rechtfertigen. Es seien auf bereits frei geräumten Flächen umfangreiche Sondierungen und Schürfungen zur etwaigen Verifizierung des Verdachts von Grabstätten durchgeführt worden. Grabstätten bzw. sterbliche Überreste hätten hierbei nicht aufgefunden werden können. Eine vollständige Räumung des Grundstücks sei entgegen der Ausführungen der Antragsgegnerin hierfür nicht nötig. Im Übrigen habe die Antragstellerin schon im Vorfeld angeboten, entsprechende Flächen zur Untersuchung des Untergrunds frei zu räumen.
Gerade im Hinblick auf die jahrelang seitens der Antragsgegnerin geduldete Nutzung der inmitten stehenden Fläche als Lagerplatz und der, trotz der Nutzung durch die Antragstellerin bzw. ihre Untermieter/Pächter ermöglichten Sondierungen hinsichtlich des Verdachts auf Kriegsgräber, überwiege des öffentliche Interesse an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände innerhalb des mit Bescheid vom 28. Oktober 2015 festgelegten Zeitrahmens nicht das Interesse der Antragstellerin an einem in zeitlicher Hinsicht realistischen Umzug der Untermieter/Unterpächter. Die seitens der Antragsgegnerin ausgeführte Eilbedürftigkeit zur Räumung des Grundstücks zum Zwecke der Grabungen bzw. Sondierungen bestehe nachweislich nicht mehr, da die Grabungen bereits stattgefunden hätten. Darüber hinaus seien die Ausführungen der Antragsgegnerin zur Nutzungsintensivierung nicht korrekt.
Gegen die Errichtung von zusätzlichen Gebäuden sei seitens der Antragstellerin bereits gegen den betreffenden Untermieter vorgegangen worden, welcher diese Gebäudlichkeiten auch zu einem großen Teil bereits abgebaut habe.
Die Festlegung der Frist zum Nutzungsaufgabe bis zum
Mit Beschluss vom 14. April 2016 wurde die Vermieterin und ehemalige Eigentümerin des Grundstücks auf deren Antrag im Hinblick auf den Aussetzungsbeschluss des Landgerichts München I
Mit Schreiben vom 2. Mai 2016, beim Verwaltungsgericht am 9. Mai 2016 eingegangen, hat die Antragsgegnerin die mit Schreiben des Verwaltungsgerichts München
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen der Anordnung des Sofortvollzugs lägen vor und die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage werde erfolglos bleiben, da die Nutzungsuntersagung formell und materiell rechtmäßig sei.
Das streitgegenständliche Grundstück liege außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils jenseits des Ortsrandes von ... Der Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin stelle für die streitgegenständliche Fläche eine landwirtschaftliche Nutzung (LW) dar. Das Grundstück sei bereits seit mehreren Jahren Gegenstand bauaufsichtlicher Bemühungen der Antragsgegnerin. Bereits im Jahre 1999 sei es aufgrund einer ungenehmigten Nutzung als Lagerplatz für LKW und andere Fahrzeuge bauaufsichtlich aufgegriffen und mit Datum vom 9. Dezember 1999 die illegale Nutzung gegenüber dem seinerzeitigen Eigentümer untersagt worden. Mit Bescheid vom 31. August 2000 sei dem damaligen Eigentümer eine Baugenehmigung für eine Nutzung als Baumschule mit Fertigrasenproduktion als im Außenbereich privilegiertes Vorhaben erteilt worden. Ob von der Genehmigung tatsächlich Gebrauch gemacht worden sei, sei aus Sicht der Antragsgegnerin unklar; es existierten jedoch erhebliche Indizien, die dagegen sprächen. Nachweislich wurden durch den damaligen Eigentümer auf dem Grundstück verschiedene Steine und Erden gelagert sowie für den Baumschulbetrieb genehmigte baulichen Anlagen, Baufahrzeuge und Baumaschinen aus einem anderen Betrieb des Eigentümers (Abbrucharbeiten und Baumaschinenverleih) abgestellt. Mit Bescheid vom 16. Januar 2007 sei für den genehmigten Baumschulbetrieb der Neubau einer landwirtschaftlichen Lager- und Maschinenhalle genehmigt worden, die in der Folge auch errichtet worden sei.
Im Januar 2015 habe die Antragsgegnerin entsprechende Hinweise vom zuständigen Bezirksausschuss sowie von Anwohnern der westlich angrenzenden Siedlung erhalten, dass offenbar der Nutzer des Geländes gewechselt und sich dort ein Fahrzeug- bzw. Schrotthandel etabliere. Bei einer durchgeführten Ortskontrolle am 21. Januar 2015 seien auf der Fläche abgestellte PKW, LKW und Container festgestellt worden. Bei einer durchgeführten Eigentümerermittlung habe sich gezeigt, dass die Beigeladene Eigentümerin des Grundstücks gewesen sei.
Mit Schreiben vom
Die Beigeladene habe mit Schreiben vom
Mit Datum vom
Aufgrund weiterer Beschwerden habe die Antragsgegnerin am
Anfang Juli 2015 habe die Antragsgegnerin zudem von nicht unerheblichen Verdachtsmomenten erfahren, dass sich auf dem Grundstück Gräber aus der Zeit des Dritten Reiches befänden, zu der das Grundstück als Außenlager des Konzentrationlagers ... gedient habe. Zwar seien nach der Befreiung des Lagers Überreste von Verstorbenen in ganz erheblichem Umfang umgebettet worden; von fachkundiger Seite existierten jedoch Hinweise, dass nicht alle Gräber geöffnet und die Verstorbenen umgebettet worden seien. In einem Gespräch mit der Antragstellerin und deren Rechtsanwälten am 22. Juli 2015 sei sowohl die planungsrechtliche Situation als auch der historische Kontext umfangreich erörtert worden.
Kurz nach diesem Gespräch habe die Antragsgegnerin von der Beigeladenen die Mitteilung erhalten, dass das Pachtverhältnis mit der Antragstellerin zwischenzeitlich fristlos gekündigt worden sei. Auch im Nachgang zu dem Gespräch habe die Antragsgegnerin keinen wesentlichen Rückgang der Intensität der Grundstücksnutzung verzeichnen können.
Am
Anfang Oktober 2015 habe die Antragsgegnerin eine weitere Anzeige erhalten, wonach auf dem Grundstück nunmehr weitere bauliche Anlagen geschaffen würden, die zudem in notwendigen Rettungswegen errichtet würden.
Insgesamt habe die Antragsgegnerin im Vorfeld ihres Ergänzungsbescheides vom
Zwar erkenne die Antragsgegnerin an, dass die Antragstellerin bemüht sei, der Verfügung Folge zu leisten und Ausweichflächen für die Nutzung aufzufinden. Hierbei sei aber auch zu berücksichtigen, dass die Auffassung der Antragsgegnerin zur Unzulässigkeit der Nutzung der Antragstellerin nunmehr seit über einem Jahr bekannt sei und diese offenbar trotzdem nicht in der Lage sei, das Nutzungsverhalten auf dem Grundstück einzudämmen bzw. in geregelte Bahnen zu lenken. Das Angebot der Antragstellerin, Flächen für die erforderlichen Grabungen nach NS-Opfern freizuräumen, gehe zudem am Kern des bauaufsichtlichen Problems vorbei, das in der baurechtswidrigen Nutzung des Grundstücks liege und nicht in dem historischen Kontext. Dass das Grundstück nach dem Vollzug der Nutzungsuntersagung für Grabungen zur Verfügung stehe, sei vielmehr ein Nebeneffekt der bauaufsichtlichen Bemühungen, nicht jedoch deren Motiv.
Mit Schriftsatz vom
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten, auch in den Verfahren M 8 K 14.5609 und M 8 K 15.5314, sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der Ziffern 1a und 1b im Bescheid vom
Entgegen der insoweit missverständlichen Formulierung der Ziffer 2 des Ergänzungsbescheids vom
Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO hat eine Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt nur in den in § 80 Abs. 2 VwGO genannten Fällen, u. a. wenn dies Bundes- oder Landesrecht vorschreibt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO), was in Bezug auf Vollstreckungsmaßnahmen durch Art. 21 a Satz 1 VwZVG erfolgt ist, oder wenn eine Behörde die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Bei einer solchen Anordnung des Sofortvollzugs ist gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen.
Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. Art. 21 a Satz 1 VwZVG nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 21 a Satz 2 VwZVG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise anordnen sowie im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO nach § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzugs prüft das Gericht zunächst, ob diese formell rechtmäßig war. Im Übrigen trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung: Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche summarische Überprüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.
Daran gemessen kommt vorliegend keine Anordnung bzw. Wiedererstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklagen vom 25. Juni 2015 und vom 25. November 2015 in Betracht: Die Anordnung des Sofortvollzugs in Ziffer 2. des Bescheids vom 28. Oktober 2015 ist formell rechtmäßig (1.). Die Interessenabwägung geht zulasten der Antragstellerin aus, weil ihre Anfechtungsklagen gegen den Bescheid vom 25. Mai 2015 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 28. Oktober 2015 bei summarischer Prüfung erfolglos bleiben werden (2.).
1. Die Anordnung des Sofortvollzugs in Ziffer 2. des Ergänzungsbescheids vom
Um der Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO zu genügen, bedarf es einer schlüssigen konkreten Auseinandersetzung im Einzelfall unter substantiierter Darlegung der wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen, wieso gerade im konkreten Fall ein Aufschub der Anordnung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht hingenommen werden kann (BayVGH, B.v. 6.10.2000 - 2 CS 98.2373 - juris Rn. 16 zu einer Beseitigungsanordnung). Es sind somit die Gründe, die zur Annahme eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung und damit zum Gebrauch der Anordnungsmöglichkeit nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO geführt haben, darzulegen (Decker, in: Simon/Busse, BayBO, 122. EL Januar 2016, Art. 76 Rn. 329 m. w. N.). Formelhafte, allgemein gehaltene Wendungen genügen daher nicht dem Begründungserfordernis, da hiermit nicht hinreichend dargelegt wird, warum nach den Umständen des konkreten Einzelfalles eine Vollstreckung im öffentlichen Interesse dringlich ist und hiermit nicht bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens gewartet werden kann (BayVGH, B.v. 6.10.2000 - 2 CS 98.2373 - juris Rn. 17).
Im Falle einer Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO ist diese darauf gerichtet, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern bzw. die weitere Verfestigung bereits unter Verstoß gegen formelles Baurecht geschaffener Tatsachen zu unterbinden. Liegen die Voraussetzungen einer Nutzungsuntersagung gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO aller Voraussicht nach vor, ist auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gerechtfertigt, da ein öffentliches Interesse daran besteht, dass die Genehmigungspflicht beachtet wird. Dieses öffentliche Interesse überwiegt im allgemeinen das private Interesse, die rechtswidrige Nutzung vorläufig fortsetzen zu dürfen (BayVGH, B.v. 7.7.2005 - 25 CS 05.1192 - juris Rn. 4). In diesen Fällen stellt die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit daher den Regelfall dar (vgl. Jäde, Bauaufsichtliche Maßnahmen, 4. Aufl. 2012, Rn. 286 m. w. N.).
Für das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO folgt daraus im Falle von Nutzungsuntersagungen, dass anders als bei sonstigen Verwaltungsakten, kein besonderes, über die den zu vollziehenden Grundverwaltungsakt tragenden Gründe hinausgehendes besonderes Vollzugsinteresse erforderlich ist, sondern zur Begründung auch auf die die Nutzungsuntersagung als solche tragenden Gründe abgestellt werden kann.
In den Ausführungen zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit wird insoweit für die formelle Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO noch ausreichend auf das öffentliche Interesse an einer wieder geordneten und öffentlich-rechtlich genehmigten Nutzung abgestellt, das ein sofortiges Einschreiten gegen die widerrechtliche Nutzungsweiterführung und gegen die widerrechtliche Nutzungsintensivierung erfordere. Damit ist zwar knapp, aber noch hinreichend angegeben, welche Gründe die Antragsgegnerin bezogen auf den konkreten Einzelfall bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen.
2. Die vom Gericht im Rahmen seiner eigenen Ermessenentscheidung anzustellende Interessabwägung geht zulasten der Antragstellerin aus. Nach der im Rahmen dieses vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ist zu erwarten, dass die Anfechtungsklagen der Antragstellerin gegen die Verfügung vom 21. Mai 2015 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 28. Oktober 2015 erfolglos bleiben werden, weil diese Bescheide rechtmäßig sind und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde für den Fall, dass Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden, diese Nutzung untersagen. Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagung genügt dabei das Vorliegen einer formell illegalen Nutzung, wenn die illegal aufgenommene Nutzung nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 29.5.2015 - 9 ZB 14.2580 - juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 20.1.2016 - 9 CS 15.1973 - juris Rn. 12; vgl. auch Jäde, Bauaufsichtliche Maßnahmen, 4. Aufl. 2012, Rn. 262 ff. m. w. N.).
Vorliegend bestehen für die von den Mietern der Antragstellerin seit Anfang 2015 vorgenommenen Nutzungen auf dem Grundstück keine Baugenehmigungen. Auch sind diese Nutzungen offensichtlich nicht von der dem Voreigentümer mit Bescheid vom 31. August 2000 erteilten Baugenehmigung für eine Nutzung als Baumschule mit Fertigrasenproduktion gedeckt.
Daher hätte die Aufnahme der Nutzungen einer Baugenehmigung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO bedurft. Die Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 4 BayBO für die Änderung der Nutzung von Anlagen greift nicht ein, da für die seit Anfang 2015 neu ausgeübten Nutzungen andere öffentlich-rechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung als Baumschule (Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO), insbesondere, da es sich in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nicht um privilegierte Außenbereichsvorhaben handelt. Auch entfallen aufgrund der Außenbereichslage des Grundstücks möglicherweise in Betracht kommende Verfahrensfreiheitstatbestände nach Art. 57 Abs. 1 und 2 BayBO (vgl. etwa Art. 57 Abs. 4 Nr. 2 BayBO).
Die ausgeübten Nutzungen sind auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Nach den in der Bauakte enthaltenen Luftbildern und Lageplänen ist die bauplanungsrechtliche Einstufung des Grundstücks als Außenbereich durchaus nachvollziehbar. Dass die Nutzungen als nicht privilegierte sonstige Außenbereichsvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB genehmigungsfähig sind, erscheint ausgeschlossen, da dem die Darstellung im Flächennutzungsplan als „Fläche für die Landwirtschaft“ entgegensteht und damit eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB vorliegt.
Die Antragsgegnerin hat auch das ihr zustehende Ermessen korrekt ausgeübt, wobei hieran keine besonderen Anforderungen zu stellen sind, da es sich bei der Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO um ein gesetzlich intendiertes Ermessen handelt, d. h. bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen stellt der Erlass der Nutzungsuntersagung die Regel dar (vgl. Jäde, Bauaufsichtliche Maßnahmen, 4. Aufl. 2012, Rn. 269). Im Rahmen der Ermessenserwägung hat die Antragsgegnerin auch den Einwand berücksichtigt bzw. widerlegt, sie habe jahrelang die rechtswidrige Nutzung durch den Voreigentümer geduldet. Zwar kann eine jahrelange Duldung einer Nutzung dazu führen, dass eine Nutzungsuntersagung allein aufgrund der formellen Illegalität der Nutzung ermessensfehlerhaft ist (vgl. Jäde, Bauaufsichtliche Maßnahmen, 4. Aufl. 2012, Rn. 270). Allerdings handelt es sich vorliegend schon nicht um die unveränderte Fortführung der angeblich jahrelang geduldeten Nutzung, sondern um neue Nutzungen seit Anfang 2015, die von der Antragsgegnerin aufgrund von Nachbarbeschwerden aufgegriffen wurden und denen sie mit der Nutzungsuntersagung vom 21. Mai 2015 entgegengetreten ist.
Die Auswahl der Antragstellerin als Adressatin der Nutzungsuntersagung aufgrund ihrer Verhaltensstörereigenschaft begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr ist es nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin weder die ihr derzeit weitestgehend unbekannten Untermieter der Teilflächen noch die Grundstückseigentümerin herangezogen hat.
Die zunächst im Bescheid vom
Der Umstand, dass die Fristsetzung und die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erst nachträglich erfolgten und im ursprünglichen Bescheid die Nutzungsuntersagung erst mit dessen Unanfechtbarkeit wirksam werden sollte, begründet keine Rechtswidrigkeit des Ergänzungsbescheids (vgl. BayVGH, B.v. 10.2.1988 - 2 CS 88.00208, BayVBl. 1988, 436 f.; vgl. auch Jäde, Bauaufsichtliche Maßnahmen, 4. Aufl. 2012, Rn. 287). Hierfür spricht schon, dass die Antragsgegnerin berechtigt gewesen wäre, die Nutzungsuntersagung von Anfang an mit einer bestimmten Frist sowie einer Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zu erlassen. Vor allem ist mit der Verfügung vom 21. Mai 2015 kein Vertrauensschutz zugunsten der Antragstellerin begründet worden, da diese unabhängig vom Erlass und dem Wirksamwerden der Nutzungsuntersagung die geänderte Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung nicht hätte aufnehmen und fortsetzen dürfen (BayVGH, B.v. 10.2.1988 - 2 CS 88.00208, BayVBl. 1988, 436, 437). Die Nutzung war von Anfang an formell und wohl auch materiell rechtswidrig, was der Antragstellerin spätestens aufgrund der Verfügung vom 21. Mai 2015 vor Augen geführt wurde.
b) Auch die Androhung der Zwangsgelder in Höhe von 5.000,-- EUR für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der in Ziff. 1a genannten Verpflichtung und in Höhe von 2.500,-- EUR für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der in Ziff. 1b genannten Verpflichtung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die allgemeinen (Art. 18 ff. VwZVG) und besonderen (Art. 29 ff. VwZVG) Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Insbesondere sind die Ziffern 1a und 1b des Bescheids vom 21. Mai 2015 aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Ergänzungsbescheid vom 28. Oktober 2015 vollstreckbar (Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG). Vor der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit war die Vollstreckbarkeit durch die Formulierung „nach Unanfechtbarkeit dieser Verfügung“ sichergestellt. Die gesetzte Frist von vier Monaten ist auch mit Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG vereinbar. Auch der Höhe nach sind die angedrohten Zwangsgelder angemessen, insbesondere liegen sie innerhalb des Rahmens des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG von mindestens fünfzehn und höchstens fünfzigtausend Euro, wobei gem. Art. 31 Abs. 2 Satz 2 und 4 VwZVG das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen soll, wobei das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen ist.
Schließlich ist auch weder vorgetragen noch sonst erkennbar geworden, dass die Antragstellerin im Hinblick auf die Untervermietungen rechtlich oder tatsächlich nicht in der Lage wäre, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Vielmehr zeigt der Umstand, dass die Antragstellerin die im mit Schriftsatz vom 12. Mai 2016 übermittelten Lageplan blau markierte Fläche räumen konnte, dass die Untermietverhältnisse die Antragstellerin nicht daran hindern, die ihr auferlegten Verpflichtungen zu erfüllen. Im Übrigen würde das Fehlen möglicherweise noch erforderlicher Duldungsanordnungen gegenüber den Untermietern lediglich ein Vollstreckungshindernis darstellen, nicht aber die Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Grundverfügung samt Zwangsgeldandrohung betreffen (vgl. Jäde, Bauaufsichtliche Maßnahmen, 4. Aufl. 2012, Rn. 229 ff.). Ihr Fehlen würde daher einem Fälligwerden der Zwangsgelder entgegenstehen. Im Übrigen könnte die Antragsgegnerin gestützt auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO von der Antragstellerin die Mitteilung der Untermieter verlangen, um mit Erlass der Duldungsanordnungen die erforderlichen Voraussetzungen für weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu schaffen.
Daher war der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO und Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 21a Satz 2 VwZVG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nrn. 1.5 und 1.7.2 Satz 2 des Streitwertkatalogs.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Mai 2016 - M 8 S 16.897
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht München Beschluss, 17. Mai 2016 - M 8 S 16.897 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin des Anwesens ...-str. 43/45/47 auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ... Sie wendet sich mit ihrer am 17. Dezember 2014 bei Gericht eingegangenen Anfechtungsklage gegen die von der Beklagten der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 26. November 2014 für das westlich angrenzende Grundstück FlNr. ... in der ...-str. 128 a für den Neubau eines fünfgeschossigen Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage.
Auf dem klägerischen Grundstück befindet sich ein fünfgeschossiges Mehrfamilienhaus, das in westöstlicher Richtung ausgerichtet ist und von der ...-straße erschlossen wird. Für dieses Gebäude war zuletzt für dessen Modernisierung mit Aufbringung eines Tonnendachs am 17. Juni 2004 eine Baugenehmigung erteilt worden, in der u. a. eine Abweichung von den einzuhaltenden Abstandsflächen in Richtung des streitgegenständlichen Grundstücks erteilt wurde.
Lageplan, 1:1000
In der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 26. November 2014 wurden neben einer Abweichung von den Abstandsflächen zum nordöstlich gelegenen Grundstück FlNr. ... auch eine Abweichung wegen der Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen zu klägerischen Grundstück FlNr. ... erteilt. In der Begründung hierzu wurde ausgeführt, die Nachbarn FlNr. ... hielten auch die Abstandsflächen zum Baugrundstück nicht ein, diese reichten bis in die vorgesehene Bebauung, die ihre Abstandsflächen nur bis zum Fuß des Nachbarn habe. Damit sei eine unangemessene zusätzliche Beeinträchtigung der Besonnung und Belüftung nicht zu befürchten.
Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2014, bei Gericht eingegangen am 17. Dezember 2014, haben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage erhoben und beantragt:
Der Baugenehmigungsbescheid vom 26. November 2014 wird aufgehoben.
Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2015 haben die Bevollmächtigten der Beigeladenen beantragt,
die Klage kostenpflichtig zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 18. August 2015 haben die Bevollmächtigten der Klägerin zur Klagebegründung vorgetragen, mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 26. November 2014 sei ein Baukörper mit einer Baukörperlänge von 37,18 m und einer Baukörpertiefe von 12,05 m genehmigt worden. Im Vergleich zum Vorbescheid vom 13. Februar 2013 sei mit der Genehmigungsplanung die Gebäudetiefe daher um 1,15 m erhöht worden. Hierdurch rücke das genehmigte Gebäude in seiner gesamten Längsausdehnung näher an die gemeinsame Grundstücksgrenze heran und verringere sich der Abstand zum klägerischen Wohngebäude. Andererseits erhöhe sich zum südlichen Nachbargebäude ...-str. 128, zu dem als Kommunbebauung angeschlossen werden solle, der Gebäudevorsprung zugunsten des streitgegenständlichen Vorhabens auf insgesamt ca. 2,50 m. Mit der erteilten Baugenehmigung gehe auch im Vergleich zur Vorbescheidsplanung eine Erhöhung der absoluten Höhe (Firsthöhe) einher, der um 0,20 m (von 18,31 m auf 18,51 m) erhöht worden sei. Die Vorbescheidsplanung habe noch eine höhengleiche Verlängerung des südlichen Nachbargebäudes mit einer Firsthöhe von 18,31 m vorgesehen. Schließlich erfolge eine Erhöhung der Wandhöhe, die Vorbescheidsplanung habe eine straßenseitige Wandhöhe von 14,70 m und 13,70 m an der Ostfassade zum klägerischen Anwesen hin vorgesehen. Die in der Genehmigungsplanung dargestellte Wandhöhe betrage straßenseitig wie auch ostseitig im Bereich des zurückversetzten vierten Obergeschosses mit darüberliegendem, ausgebauten Dachgeschoss gemäß der Schnittzeichnung 14,90 m.
Zwar sehe die Genehmigungsplanung nunmehr nach Osten eine sogenannte Abtreppung bzw. einen Rücksprung vor. Ob dieser auf der östlichen, hofseitigen Gebäudefront mit der durch den Vorbescheid zugelassenen Planung in abstandsflächenrechtlicher Hinsicht zum Anwesen der Klägerin identisch oder zumindest vergleichbar sei, erscheine jedoch fraglich.
Bei genauerer Betrachtung des dem Abweichungsantrag beigefügten Planes mit Darstellung der Abstandsflächen sei fraglich, ob die Wandhöhe und mithin die Abstandsflächen zutreffend ermittelt worden seien. So setze die Darstellung H 1 auf der hofseitigen Gebäudeseite an der Traufe an. Maßgeblich für die Bestimmung der Wandhöhe sei jedoch der Schnittpunkt der Wand mit der äußeren Dachhaut. Da nicht der obere Abschluss der Wand für die Abstandsflächendarstellung gewählt worden sei, könne klägerseits nicht ausgeschlossen werden, dass mit der erteilten Baugenehmigung gegenüber der Vorbescheidsplanung noch eine weitere Verschlechterung der Abstandsflächensituation einhergehe.
Die Klägerin halte auch in Bezug auf die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 26. November 2014 an ihrer Rechtsauffassung fest, dass sie durch die Zulassung des Vorhabens unter Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften in ihren nachbarschützenden Rechten verletzt werde. Entgegen der von der erkennenden Kammer im abgeschlossenen Klageverfahren M 8 K 13.1102 vertretenen Rechtsauffassung, könne sich die Klägerin auf einen Abstandsflächenverstoß berufen. Die Klägerin sei von einer Abstandsflächenrüge insbesondere deshalb nicht ausgeschlossen, weil sie mit ihrer Bebauung auf dem Grundstück FlNr. ... die heute geltenden Abstandsflächenvorschriften bzw. den nach heutiger Rechtslage erforderlichen Grenzabstand mit ihrem Gebäude nicht einhalte. Insoweit wird auf das Berufungszulassungsvorbringen im beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren 2 ZB 14.2605 verwiesen.
Mit der für das streitgegenständliche Vorhaben erteilten Baugenehmigung erfolge eine über die Vorbescheidsplanung hinausgehende bauliche Ausnutzung bzw. Optimierung, die eine zusätzliche Beeinträchtigung der Klägerin in ihren durch das Abstandsflächenrecht geschützten Belangen beinhalte. Die in der streitgegenständlichen Baugenehmigung enthaltene Abweichungsentscheidung sei nicht geeignet, die erteilte Abweichung zulasten der Klägerin zu tragen, da die Begründung bereits nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abweichungsentscheidung genüge. Zur Begründung werde von der Beklagten lediglich ausgeführt, dass die Nachbarn auch die Abstandsflächen zum Baugrundstück nicht einhielten. Eine konkrete und verständliche Auseinandersetzung mit den von der Abweichung betroffenen Nachbarinteressen auf der Grundlage der genehmigten Planunterlagen sei im Ansatz nicht erkennbar. Die Feststellung der Beklagten, dass die Abweichungen in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen erteilt worden seien, stelle sich als eine lediglich floskelhafte, allgemein gehaltene, jedoch nicht auf das vorliegende Bauvorhaben bezogene Abweichungsbegründung dar, die einen konkreten Bezug zum Genehmigungsinhalt bzw. das genehmigte Vorhaben vermissen lasse.
Mit Schriftsatz vom 16. November 2015 haben die Bevollmächtigten der Beigeladenen ausgeführt, die Höhe der genehmigten Außenwand (14,90 m) falle im Vergleich zum Vorbescheid um brutto 20 cm höher aus (Vorbescheid 14,70 m), da die Geländehöhe im Vorbescheid auf 0,00 m und nach der Eingabeplanung auf 0,15 m festgelegt worden sei. Daraus ergebe sich für die hofseitige Außenwand ein Nettomaß von 14,75 m. Das Nettomaß für die Firsthöhe liege bei 18,51 m und erhöhe sich wegen der festgelegten Geländehöhe auf eine absolute Höhe von brutto 18,66 m.
Für die Berechnung der Abstandsflächen sei ordnungsgemäß der Schnittpunkt zwischen Außenwand und Dachhaut als Ansatzpunkt genommen worden. Die Klägerin nehme den Attikagiebel als Dachhaut an und komme so zu der unzutreffenden Annahme, dass die Wandhöhe größer sein müsse. Im Vergleich zur Vorbescheidsplanung reduziere sich die Abstandsflächenüberschreitung gegenüber dem klägerischen Anwesen von 128 m² auf 124,65 m². Im Gegensatz dazu hätten sich die Abstandsflächen, die das klägerische Gebäude auf das Grundstück der Beigeladenen werfe, von 129 m² auf 145,59 m² erhöht, da seit der Erteilung des Vorbescheids zwischenzeitlich am klägerischen Gebäude eine Aufzugs- und Balkonanlage angebracht worden sei. Durch die streitgegenständliche Abweichung komme es zu einer Reduzierung der Abstandsflächenüberschreitung zulasten des klägerischen Anwesens im Vergleich zu der mit dem Vorbescheid in Aussicht gestellten Planung.
Die Klägerin werde auch durch die streitgegenständliche Baugenehmigung nicht in Nachbarrechten verletzt. Die wechselseitige Abstandsflächenüberschreitung zwischen dem klägerischen Anwesen FlNr. ... und dem Anwesen der Beigeladenen FlNr. ... vergleichbar und schließe insoweit analog § 242 BGB die Geltendmachung einer Rechtsverletzung durch die Klägerin aus. Durch die Veränderung der absoluten Höhe (Firsthöhe) und der Gebäudetiefe werde auch das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber der Klägerin nicht verletzt.
Aus dem nachbarschaftlichen Rücksichtnahmegebot folge, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhalte, billigerweise nicht verlangen könne, dass der Nachbar die Abstandsflächen einhalte. Aus diesem Grund könne sich ein Nachbar nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gegenüber einer Baugenehmigung nicht mit Erfolg auf die Einhaltung der nachbarschützenden Vorschrift berufen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück dieser Vorschrift nicht entspreche und wenn die beiderseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig seien (BayVGH, U. v. 4.2.2011 - BV 08.131). Der Abstandsflächenüberschreitung durch das klägerische Gebäude zulasten des Grundstücks der Beigeladenen in Höhe von 145,59 m² habe im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung eine Abstandsflächenüberschreitung durch das geplante Vorhaben von 124,65 m² gegenüber gestanden. Die Überschreitung durch das klägerische Gebäude liege damit deutlich über der des geplanten Vorhabens, so dass es der Klägerin nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt sei, sich auf eine Verletzung in eigenen Rechten zu berufen.
Bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit der wechselseitigen Abstandsflächenüberschreitungen sei es entgegen der Ansicht der Klägerin ohne Bedeutung, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerseits in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden sei oder Bestandsschutz genieße. Maßgeblich sei allein, dass der klagende Nachbar den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhalte, denn die Versagung des Abwehranspruchs beruhe darauf, dass es unbillig wäre, einem Nachbarn den durch die grenznahe bauliche Anlage ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren (VG München, B. v. 11.6.2015 - M 8 SN 15.1421).
In der Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot sei anerkannt, dass eine erdrückende Wirkung vor allem bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht komme (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78). Hauptkriterium bei der Beurteilung einer abriegelnden oder erdrückenden Wirkung seien u. a. die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme einer abriegelnden bzw. erdrückenden Wirkung sei grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher sei als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gelte, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich lägen (BayVGH, B. v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454;
Mit Schreiben vom 19. Januar 2016 hat die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin wende sich als Nachbarin gegen die erteilte Baugenehmigung vom 26. November 2014, drittschützende Normen der Klägerin würden durch diese jedoch nicht verletzt.
Die in der Baugenehmigung erteilte Abweichung von den Abstandsflächen zum östlich gelegenen Grundstück der Klägerin sei rechtmäßig und könne sich überdies die Klägerin nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch nicht auf einen Abstandsflächenverstoß berufen. Vorliegend sei der Abstandsflächenverstoß der Klägerin mit 145,59 m² größer als derjenige der Beigeladenen mit 124,65 m². Auch werde vorliegend nicht das Gebot der Rücksichtnahme verletzt.
Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2016 haben die Bevollmächtigten der Klägerin ihren Vortrag zur Verletzung des Rücksichtnahmegebots sowie der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften zulasten der Klägerin vertieft. Insbesondere wurde geltend gemacht, bei der Gegenüberstellung der wechselseitigen Abstandsflächenverstöße seien Bauteile am klägerischen Gebäude ohne abstandsflächenrechtliche Relevanz (etwa untergeordnete Balkone, Gesims) in die Berechnung einbezogen worden. Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2016 wurde ausgeführt, die erteilte Abweichung zulasten des Grundstücks FlNr. ... sei schon deshalb rechtswidrig, da es an den Voraussetzungen für die Zulassung einer Abweichung fehle. Diese erforderten Gründe, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheide und die damit bewirkte Einbuße an geschützten Nachbarrechtspositionen vertretbar erscheinen ließen (BayVGH, B. v. 13.3.2002 - 2 CS 01.1506 - juris). Die zu fordernde atypische Situation liege für das Baugrundstück FlNr. ... nicht vor. Allein die Lage des Baugrundstücks und das für die Neubebauung zu beachtende übergeleitete Bauliniengefüge stelle keine atypische Grundstückssituation dar. Insbesondere unter Berücksichtigung der geringeren Grundstückstiefe des Baugrundstücks im Vergleich zu den nördlich und südlich angrenzenden Nachbargrundstücken stelle auch eine geringere, abstandsflächenkonforme Bebauung eine wirtschaftlich vertretbare Ausnutzung dar. Das übergeleitete Bauliniengefüge gebe zwar eine straßenbegleitende Bebauung, nicht jedoch deren Höhenentwicklung vor. Gerade aufgrund der geringeren Grundstückstiefe sei es nicht gerechtfertigt, eine abstandsflächenwidrige, mit Belichtungseinbußen verbundene Bebauungstiefe und -höhe in dem hier gewährten Umfang zuzulassen.
Die Klägerin könne sich vorliegend auch auf den Abstandsflächenverstoß berufen. Zwar werde in der Rechtsprechung gestützt auf die Rechtsfigur des sog. wechselseitigen Abstandsflächenverstoßes die Auffassung vertreten, dass sich ein Nachbar nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf einen Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften berufen könne, wenn bzw. soweit er diese Vorschriften selbst nicht einhalte. Der vorliegende Fall sei jedoch dadurch geprägt, dass das Bestandsgebäude der Klägerin, welches die nach heute geltendem Abstandsflächenrecht zu fordernden Abstandsflächen nicht einhalte, noch vor in Kraft treten der Bayerischen Bauordnung nach dem damals geltenden Recht genehmigt worden sei. Das vorliegende Nachbarschaftsverhältnis werde daher einerseits durch den legalen Baubestand der Klägerin und andererseits durch die heutigen, für das streitgegenständliche Neubauvorhaben der Beigeladenen geltenden Abstandsflächenvorschriften geprägt, die Inhalt und Schranken des Eigentums der Beigeladenen als Bauherrin und der Klägerin als Nachbarin regelten. Die Auffassung der Beklagten, die Klägerin könne sich nicht auf einen Abstandsflächenverstoß berufen, weil sie ihrerseits die heute geltenden Abstandsflächenvorschriften nicht einhalte, verkenne, dass sich die Frage, ob der Klägerin Abwehrrechte zustünden, zunächst nach den heute geltenden Vorschriften beantworte. Die Geltendmachung eines Abstandsflächenverstoßes sei vom Gesetzgeber unter keinen Vorbehalt gestellt worden. Werden die Abstandsflächenvorschriften nicht eingehalten, bedürfe es zur Ausräumung dieses Verstoßes einer Abweichungsentscheidung, die den für die Abweichungserteilung zu stellenden Anforderungen genügen müsse.
Ungeachtet der nach Auffassung der Klägerin schon fehlenden Atypik sei vorliegend für die Beurteilung der Frage, ob die Nichteinhaltung der Abstandsflächenvorschriften auch unter Berücksichtigung der Nachbarrechtspositionen vertretbar erscheine, zu berücksichtigen, dass das Gebäude der Klägerin zwar die heute geltenden Abstandsflächenvorschriften nicht einhalte, zum Zeitpunkt seiner Errichtung jedoch mit dem damals geltenden Abstandsflächenrecht vereinbar gewesen bzw. genehmigt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei die derzeitige bauliche Ausnutzung des klägerischen Anwesens mit den vorhandenen Grenzabständen nur so lange privilegiert, wie der Bautenbestand nicht beseitigt bzw. nicht in abstandsflächenrelevanter Weise geändert werde. Würde das Grundstück der Klägerin neu bebaut, so hätte sich eine Neubebauung an den heute geltenden Abstandsvorschriften messen zu lassen. Da sich die Klägerin auf eine bestandskräftige Baugenehmigung stützen könne, die eine geschützte Eigentumsposition darstelle, sei sie nicht von der Geltendmachung eines Abstandsflächenverstoßes ausgeschlossen. Insbesondere stehe der Grundsatz von Treu und Glauben einer Geltendmachung nicht entgegen. Denn dieser Grundsatz, der nur in Ausnahmefällen zur Anwendung komme und den besonderen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls Rechnung tragen solle, erfordere, dass ein untragbares, mit Recht und Gerechtigkeit unvereinbares Ergebnis entstehen würde. Da sich die Klägerin auf eine bestandskräftige Baugenehmigung für ihren Bautenbestand und damit auf eine ihr zustehende geschützte Eigentumsposition berufen könne, sei ein solches untragbares Ergebnis nicht zu erkennen.
Die von der Klägerin gegen den Vorbescheid vom 13. Februar 2013 erhobene Anfechtungsklage hat die Kammer mit Urteil vom 30. Juni 2014 abgewiesen (M 8 K 13.1102 - juris). Die von der Klägerin beantragte Zulassung der Berufung ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter dem Aktenzeichen 2 ZB 14.2605 anhängig.
Über die baulichen Verhältnisse auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie in dessen Umgebung hat das Gericht am 29. Februar 2016 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und am selben Tag die Hauptsache mündlich verhandelt. Hinsichtlich der Feststellungen dieses Augenscheins sowie der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten die schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf das Protokoll vom 29. Februar 2016 verwiesen. Sowohl der Augenschein als auch die mündliche Verhandlung wurden gemeinsam mit dem Verfahren M 8 K 14.5728, einer Nachbarklage des Eigentümers des Grundstücks FlNr. 705/3 durchgeführt.
Der Eilantrag der Klägerin vom 27. Januar 2016 wurde mit Beschluss vom 13. Mai 2016 abgelehnt (M 8 SN 16.358).
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten, auch im Verfahren M 8 K 14.5609, sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Gründe
Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg, da die angefochtene Baugenehmigung vom 26. November 2014 bei summarischer Prüfung zwar nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts verletzt, die Klägerin sich aber hierauf nicht berufen kann und damit nicht in ihren Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris Rn. 3).
2. Zwar verstößt das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Klägerin, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, Art. 59 Satz 1 BayBO (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), jedoch kann die Klägerin sich hierauf aufgrund der auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsätze von Treu und Glauben nicht berufen.
Das beantragte Bauvorhaben, das keinen Sonderbau i. S. des Art. 2 Abs. 4 BayBO darstellt, wurde im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO genehmigt. Da die Beigeladene zum Grundstück der Klägerin eine Abweichung von den Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach Art. 6 BayBO beantragt und die Beklagte diese gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO erteilt hat, gehören die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO auch zum Prüfumfang der streitgegenständlichen Baugenehmigung, so dass sie im Rahmen des Nachbarrechtsbehelfes zu prüfen sind (vgl. BayVGH, B. v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 - juris Rn. 36; BayVGH, B. v. 5.11.2015 - 15 B 15.1371 - juris Rn. 15).
Zwar war in dem Bauantrag kein expliziter schriftlicher Antrag im Sinne von Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO für die Erteilung einer Abweichung in Richtung des Grundstücks der Klägerin enthalten. Jedoch war eine vergleichbare Abweichung - wenn auch für ein anders gestaltetes Vorhaben - Gegenstand des Vorbescheids vom 13. Februar 2013. Vor allem sind sowohl die vom Vorhaben ohne Abweichung auf das Grundstück der Klägerin fallende Abstandsfläche als auch die vom Gebäude der Klägerin auf das Vorhabengrundstück fallende Abstandsfläche eingehend in den eingereichten Planunterlagen dargestellt, so dass die hierfür erforderliche Abweichung entgegen der Ansicht der Klägerseite durchaus als beantragt anzusehen ist. Aufgrund der ausdrücklich erteilten Abweichung durch die Beklagte in der streitgegenständlichen Baugenehmigung nimmt diese am Feststellungsumfang der Baugenehmigung teil und gehört damit das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht zum relevanten Prüfungsmaßstab.
3. In bauordnungsrechtlicher Hinsicht stellt sich die in der verfahrensgegenständlichen Baugenehmigung vom 26. November 2014 erteilte Abweichung als rechtswidrig dar. Dies führt gleichwohl nicht zum Erfolg der Anfechtungsklage, da sich die Klägerin aufgrund des wechselseitigen Abstandsflächenverstoßes nach den Grundsätzen von Treu und Glauben hierauf nicht berufen kann.
3.1 Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Die Zulassung einer Abweichung setzt Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Belüftung im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B. v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16). Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (vgl. BayVGH, B. v. 13.2.2002 - 2 CS 01.1506 - juris Rn. 16;
Liegt die erforderliche Atypik nicht vor, erweist sich eine trotzdem erteilte Abweichung von der Einhaltung der gesetzlich vorgeschrieben Abstandsflächen von vornherein als rechtswidrig und ist auf eine Nachbarklage hin die Baugenehmigung grundsätzlich aufzuheben (vgl. BayVGH, B. v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16).
Liegt die erforderliche Atypik vor, ist weitere Voraussetzung für die Erteilung einer Abweichung die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung der öffentlichrechtlich geschützten nachbarlichen Interessen. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz - wie bei dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme - eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn (BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 17). Ob eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden kann, beurteilt sich dabei nicht allein danach, wie stark die Interessen des betroffenen Nachbarn beeinträchtigt werden. Es ist stets auch zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 20).
3.2 Eine derartige Sondersituation (Atypik) ist im vorliegenden Fall hinsichtlich der streitgegenständlichen Abweichung nicht in vollem Umfang gegeben.
Zwar liegt an der nordöstlichen Grundstücksecke des Vorhabengrundstücks eine schräg verlaufende Grundstücksgrenze zum Grundstück FlNr. ... und damit grundsätzlich eine grundstücksbezogene Besonderheit vor. Allerdings betrifft dies ausschließlich das Verhältnis zum Grundstück FlNr. ... und nicht zum Grundstück der Klägerin FlNr. ... Zudem vermag der schräge Grenzverlauf eine Atypik nur insoweit zu begründen, als bei einem ideal geschnittenen Grundstück mit geradem Grenzverlauf die Abstandsflächen entsprechend Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf dem Vorhabengrundstück selbst liegen würden. Die erteilte Abweichung erfasst aber nicht nur diesen Bereich, vielmehr geht die Abstandsflächentiefe ca. weitere 4,10 m über diesen Bereich hinaus. Diese weitergehende Abweichung lässt sich aber nicht mit einer Atypik aufgrund des schrägen Grenzverlaufs rechtfertigen.
Eine Atypik kann sich insoweit aus der besonderen städtebaulichen Situation sowie der vorhandenen Umgebungsbebauung ergeben. Zum einen gibt die Baulinie entlang der ...-straße vor, dass bei einer Bebauung des Vorhabengrundstücks ein Gebäude an dieser Baulinie zu situieren ist. Zum anderen ist die vorhandene Bebauung südlich und nördlich des Vorhabens eine typische straßenbegleitende fünfgeschossige Blockrandbebauung, an der sich eine Baulückenschließung auf dem Vorhabengrundstück orientieren kann.
Die städtebauliche Situation vermag eine Baulückenschließung und die hierfür erforderliche Abweichung von den Abstandsflächen aber als Atypik nur insoweit zu rechtfertigen, als es sich um eine Baulückenschließung im Sinne einer Aufnahme der Höhenentwicklung und der Bebauungstiefe der vorhandenen Blockrandbebauung nördlich und südlich des Vorhabengrundstücks handelt. Da es sich beim Vorhabengrundstück im näheren Umgriff um das Grundstück mit der kleinsten Ausdehnung von West nach Ost handelt, vermag die Baulückenschließung nicht jedwede Abstandsflächenüberschreitung bzw. Abstandsflächenverkürzung für eine sich nach § 34 Abs. 1 BauGB einfügende, gegebenenfalls den Umgebungsrahmen zulässigerweise überschreitende Bebauung zu legitimieren. Eine Abstandsflächenverkürzung kommt daher nur für eine Baulückenschließung im engeren Sinne in Betracht, die das streitgegenständliche Vorhaben aber weder nach seiner Höhenentwicklung noch nach der vorgesehenen Bebauungstiefe darstellt.
Das Vorhaben hat eine Wandhöhe von 14,90 m sowie eine Firsthöhe von 18,51 m. Die Bebauungstiefe beträgt vom Erdgeschoss bis einschließlich des dritten Obergeschosses 12,05 m und ab dem vierten Obergeschoss 9,583 m. Demgegenüber weist das südlich gelegene Nachbargebäude auf dem Grundstück FlNr. ... (...-str. 128) eine Wandhöhe von 14,70 m und eine Firsthöhe von 18,31 m sowie eine Baukörpertiefe von 9,58 m auf. Das nördlich gelegene Nachbargebäude auf dem Grundstück FlNr. ... (...-str. 132) hat eine Wandhöhe von 12,62 m, eine Firsthöhe von 17,11 m und eine Baukörpertiefe von ca. 10,90 m.
Damit überschreitet das Vorhaben sowohl nach seiner Höhe als auch nach der Baukörpertiefe die unmittelbar südlich und nördlich angrenzende Blockrandbebauung und stellt damit keine bloße Baulückenschließung dar. Das Vorhaben soll auf dem schmalsten Baugrundstück an der ...-straße errichtet werden und beschränkt sich aber nicht auf die Maße der Umgebungsbebauung, um die damit einhergehende Abstandsflächenüberschreitung auf das der besonderen städtebaulichen Situation geschuldete unabdingbare Maß zu reduzieren, sondern geht sogar über die Maße der Umgebungsbebauung hinaus, was aber von der Atypik nicht mehr legitimiert wird.
4. Da aber das Gebäude der Klägerin zum Vorhabengrundstück selbst die erforderlichen Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO nicht einhält, ist die Klägerin insoweit nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, sich uneingeschränkt auf die drittschützenden Vorgaben des Art. 6 BayBO zu berufen.
4.1 Aus dem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsflächen freihält. Dies führt dazu, dass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Nachbar sich gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Einhaltung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37; VGH BW, B. v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10, BauR 2011, 148 - juris Rn. 5; VGH BW, B. v. 4.1.2007 - 8 S 1802/06 - juris Rn. 4). Derjenige, der mit seinem Gebäude selbst nicht den erforderlichen Grenzabstand einhält, kann billigerweise nicht verlangen, dass der Nachbar die Abstandsfläche, die er selbst auf dem eigenen Grundstück nicht zur Verfügung hat, auf dem fremden Grundstück frei hält (BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37).
4.2 Dabei ist es unerheblich, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (vgl. OVG Berlin, U. v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 29; VGH SH,
Selbst wenn man sich der Ansicht anschließen wollte, dass gegenüber einer baulichen Anlage, die 1957 in Übereinstimmung mit dem damaligen Recht genehmigt worden ist, aber die heute geltenden Abstandsflächen nicht einhält, aufgrund von Bestandsschutzerwägungen der wechselseitige Abstandsflächenverstoß nicht angeführt werden kann, würde dies im vorliegenden Fall gleichwohl nicht dazu führen, dass gegenüber der Klägerin der Einwand des wechselseitigen Abstandsflächenverstoßes ausgeschlossen wäre. Das Gebäude der Klägerin erhielt aufgrund einer Baugenehmigung vom 17. Juni 2006 ein Tonnendach und wurde damit in abstandsflächenrelevanter Weise umgebaut. Im Rahmen dieser Baugenehmigung wurden aufgrund der erforderlichen abstandsflächenrechtlichen Neubetrachtung auch Abweichungen von den Abstandsflächen erteilt, so dass aufgrund dieses Umbaus das Gebäude dem Abstandsflächenregime der Bayerischen Bauordnung unterliegt. Der möglicherweise ursprünglich vorhandene Bestandsschutz in abstandsflächenrechtlicher Hinsicht ist jedenfalls mit diesem Umbau entfallen (vgl. OVG Münster, U. v. 24.4.2001 - 10 A 1402/98 - juris Rn. 12 f.).
4.3 Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG Berlin, U. v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 30; OVG Lüneburg, U. v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris Rn. 43).
Nach der Darstellung der jeweiligen Abstandsflächen in den eingereichten Bauvorlagen wirft das streitgegenständliche Vorhaben bei einer Wandhöhe von 14,90 m auf das Grundstück der Klägerin eine Abstandsfläche von 124,65 m².
Die vom Gebäude der Klägerin auf das Vorhabengrundstück fallende Abstandsfläche soll demgegenüber 145,59 m² betragen. Die Klägerseite bemängelt insoweit, dass hierbei fehlerhaft abstandsrechtlich nicht relevante untergeordnete Bauteile (Balkone, Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO; Gesims, Art. 6 Abs. 8 Nr. 1 BayBO; Brüstung im Bereich des eingeschnittenen Tonnendachs) berücksichtigt worden seien. Ob diese Kritik zutrifft kann im Ergebnis dahinstehen, da sich auf Grundlage der Planvorlage des Grundrisses des Erdgeschosses zur Baugenehmigung für das Gebäude der Klägerin vom 17. Juni 2004 bei einem Abstand des Gebäudes von 4,875 m zur gemeinsamen Grundstücksgrenze eine Abstandsflächenüberschreitung auf dem Vorhabengrundstück von insgesamt 140,06 m² ergibt. Die Abstandsfläche des Außenaufzugs an der Nordseite mit einer Tiefe von 1,66 m und einer Höhe von 17,58 m fällt in einer Tiefe von 3,50 m, und damit mit 5,81 m² auf das Grundstück FlNr. ... Die dem Vorhabengrundstück zugewandte westliche Giebelseite mit dem Tonnendach wirft bei einer Höhe von 16,11 m und einer Breite von 11,95 m in einer Tiefe von 11,235 m, und damit 134,258 m² Abstandsflächen auf das Vorhabengrundstück. Insoweit ist anzumerken, dass entgegen der Darstellung im Erdgeschossplan eine Inanspruchnahme des 16 m-Privilegs aus Art. 6 Abs. 6 BayBO nicht in Betracht kommt, da das Gebäude der Klägerin an drei Seiten nicht die erforderlichen Abstandsflächen einhält (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 6 Rn. 88). Zudem erfolgte die Berechnung der Wandhöhe der Giebelwand noch nach der Regelung des Art. 6 Abs. 3 Satz 5 BayBO 1998, wonach die Höhe von Giebelflächen im Bereich des Daches bei einer Dachneigung von mehr als 75 Grad voll und im Übrigen zu einem Drittel anzurechnen war. In der aktuellen Fassung des Art. 6 Abs. 4 Satz 4 BayBO ist die Höhe von Giebelflächen im Bereich des Daches bei einer Dachneigung von mehr als 70 Grad voll und im Übrigen zu einem Drittel anzurechnen, so dass nach den aktuellen Anforderungen die Abstandflächenüberschreitung sogar etwas höher als 140,06 m² liegt.
Damit übertrifft die Abstandsfläche des Gebäudes der Klägerin in quantitativer Hinsicht deutlich die Abstandsfläche des Vorhabens. Auch die Tatsache, dass der Abstandsflächenverstoß des streitgegenständlichen Gebäudes sich über die gesamte Grundstücksgrenze erstreckt, wogegen der klägerische Abstandsflächenverstoß lediglich einen etwa 11,95 m breiten Wandteil betrifft, ist vorliegend nicht geeignet, die Gleichwertigkeit des gegenseitigen Abstandsflächenverstoßes zu entkräften. Es ist bereits äußerst fraglich, ob die Breite des Abstandsflächenverstoßes überhaupt ein geeignetes Kriterium im Rahmen der qualitativ und quantitativ wertenden Betrachtung bei der Frage der Gleichwertigkeit des gegenseitigen Abstandsflächenverstoßes darstellt. Selbst wenn man diesen Umstand zugunsten der Klägerin berücksichtigen wollte, so müsste sie sich entgegenhalten lassen, dass ihr Gebäude aufgrund des äußerst geringen Abstands zu gemeinsamen Grundstücksgrenze von 4,875 m bei einer Wandhöhe von 16,11 m Abstandsflächen nicht nur auf das Grundstück der Beigeladenen, sondern auch in das geplante Vorhabengebäude wirft. Insoweit ist der Abstandsflächenverstoß qualitativ intensiver.
Da somit der Abstandflächenverstoß auf Seiten der Klägerin wesentlich größer ist und auch in qualitativer Hinsicht keine Umstände vorliegen, die den geringeren Abstandsflächenverstoß auf Seiten der Beigeladenen qualitativ schwerwiegender erscheinen lassen, ist die Klägerin vorliegend nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Verletzung des Art. 6 BayBO zu berufen.
5. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen i. S. v. § 162 Abs. 3 VwGO, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 7.500,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Nrn. I und II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg
II.
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheids des Landratsamts Aschaffenburg vom
III.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
IV.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Auf Mietverhältnisse über Grundstücke sind die Vorschriften der §§ 550, 554, 562 bis 562d, 566 bis 567b sowie 570 entsprechend anzuwenden.
(2) Auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, sind die in Absatz 1 genannten Vorschriften sowie § 552 Abs. 1, § 555a Absatz 1 bis 3, §§ 555b, 555c Absatz 1 bis 4, § 555d Absatz 1 bis 6, § 555e Absatz 1 und 2, § 555f und § 569 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. § 556c Absatz 1 und 2 sowie die auf Grund des § 556c Absatz 3 erlassene Rechtsverordnung sind entsprechend anzuwenden, abweichende Vereinbarungen sind zulässig. Sind die Räume zum Aufenthalt von Menschen bestimmt, so gilt außerdem § 569 Abs. 1 entsprechend.
(3) Auf Verträge über die Anmietung von Räumen durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder einen anerkannten privaten Träger der Wohlfahrtspflege, die geschlossen werden, um die Räume Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zum Wohnen zu überlassen, sind die in den Absätzen 1 und 2 genannten Vorschriften sowie die §§ 557, 557a Absatz 1 bis 3 und 5, § 557b Absatz 1 bis 3 und 5, die §§ 558 bis 559d, 561, 568 Absatz 1, § 569 Absatz 3 bis 5, die §§ 573 bis 573d, 575, 575a Absatz 1, 3 und 4, die §§ 577 und 577a entsprechend anzuwenden. Solche Verträge können zusätzlich zu den in § 575 Absatz 1 Satz 1 genannten Gründen auch dann auf bestimmte Zeit geschlossen werden, wenn der Vermieter die Räume nach Ablauf der Mietzeit für ihm obliegende oder ihm übertragene öffentliche Aufgaben nutzen will.
(1) Bei einem Mietverhältnis über Grundstücke, über Räume, die keine Geschäftsräume sind, ist die ordentliche Kündigung zulässig,
- 1.
wenn die Miete nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag zum Ablauf des folgenden Tages; - 2.
wenn die Miete nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktag einer Woche zum Ablauf des folgenden Sonnabends; - 3.
wenn die Miete nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats, bei einem Mietverhältnis über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke jedoch nur zum Ablauf eines Kalendervierteljahrs.
(2) Bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume ist die ordentliche Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs zulässig.
(3) Bei einem Mietverhältnis über bewegliche Sachen oder digitale Produkte ist die ordentliche Kündigung zulässig,
- 1.
wenn die Miete nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag zum Ablauf des folgenden Tages; - 2.
wenn die Miete nach längeren Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am dritten Tag vor dem Tag, mit dessen Ablauf das Mietverhältnis enden soll.
(4) Absatz 1 Nr. 3, Absatz 2 und 3 Nr. 2 sind auch anzuwenden, wenn ein Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist gekündigt werden kann.
(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird, - 2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder - 3.
der Mieter - a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder - b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht, - 2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder - 3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.
(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.