Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Juli 2016 - M 5 E 16.2986

published on 08/07/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Juli 2016 - M 5 E 16.2986
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO hat keinen Erfolg.

1. Ein Anordnungsgrund für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung liegt vor, da die streitgegenständliche Untersuchung am 12. Juli 2016, 8:00 Uhr unmittelbar bevorsteht.

2. Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

a) Die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung gemäß Art. 128 Abs. 1 Satz 3, 65 Abs. 2 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG muss nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 17/10; U.v. 30.5.2013 - 2 C 68/11; B.v. 10.4.2014 - 2 B 80/13 jeweils juris).

Die Untersuchungsanordnung hat zur Voraussetzung, dass aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände zweifelhaft ist, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen (BVerwG, U.v. 30.5.2013, a. a. O., Rn. 19). Die diesbezüglichen Zweifel des Dienstherrn müssen sich auf konkrete Umstände stützen und dürfen nicht aus der Luft gegriffen sein (BayVGH, B.v. 23.2.2015 - 3 CE 15.172 - juris Rn. 16 f.). Die Anordnung muss sich auf Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Der Anordnung müssen die tatsächlichen Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als naheliegend erscheinen lassen (BVerwG, U.v. 26.4.2012, a. a. O., Rn. 19).

In formeller Hinsicht muss die Anordnung aus sich heraus verständlich sein. Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstfähigkeit stützt, in der Anordnung angeben (BVerwG, U.v. 30.5.2013, a. a. O., Rn. 20). Der Beamte muss anhand der darin gegebenen Begründung entnehmen können, was konkreter Anlass ist und ob das in der Anordnung Verlautbarte die Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag. Dabei darf die Behörde nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat würde schon wissen, „worum es gehe“ (BVerwG, U.v. 26.4.2012, a. a. O., Rn. 20). Genügt diese Anordnung nicht diesen Anforderungen, können Mängel nicht nachträglich durch Nachschieben von Gründen geheilt werden (BVerwG, U.v. 26.4.2012, a. a. O., Rn. 21).

b) Die Anordnung vom 28. Juni 2016 (vorgelegt mit dem Antragsschriftsatz als Anlage Ast 1) genügt diesen Anforderungen.

Eine hohe Zahl an krankheitsbedingten Fehltagen bietet hinreichenden Anlass für den Dienstherrn, den Beamten amtsärztlich untersuchen zu lassen. Eine Zahl von 59 Arbeitstagen (84 Kalendertagen) im Jahr 2015 und eine erneute Krankheitsperiode seit 2. Juni 2016 mindestens bis zum Erlass der Anordnung stellt eine solche überdurchschnittlich hohe Zahl an Krankheitstagen dar. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass die Krankheitszeiten aus einer Wiedereingliederungsmaßnahme von Anfang Januar 2015 bis 27. März 2015 sowie einer Rehabilitationsmaßnahme von Mitte bis Ende Oktober 2015 resultierten. Denn der Dienstherr darf den gesamten Verlauf der Krankheitsentwicklung in den Blick nehmen. Wenn sich hierbei immer wieder krankheitsbedingte Ausfallzeiten ergeben - wie hier Anfang 2015 (wobei der Wiedereingliederungsmaßnahme eine längere Krankheitsphase vorausgegangen sein muss), im Oktober 2015 und wiederum seit 2. Juni 2016 - ist es rechtlich nicht zu beanstanden, eine amtsärztliche Untersuchung hinsichtlich der weiteren dienstlichen Verwendung anzuordnen. Hinzu kommt, dass der Antragsteller bereits am 10. Oktober 2014 amtsärztlich untersucht worden ist und nach einer Umsetzung im Januar 2015 nach einer „ausgeprägten dienstlichen Inkongruenzsituation“ den Dienst in einer anderen Organisationseinheit wieder aufgenommen hat. Nunmehr ist es dort erneut zu längeren Krankheitsphasen gekommen. Dass die Gesundheitsschäden, die der Beamte nach dem Dienstunfall im Jahre 2012 erlitten hat und die zur Feststellung eines Grades der Behinderung von 30 geführt haben, mit den nunmehr festzustellenden Fehlzeiten zusammenhängen, steht nicht fest. Darauf kann von der Personalverwaltung des Polizeipräsidiums ohne amtsärztliche Untersuchung auch nicht geschlossen werden.

Auch der Inhalt der Untersuchung ist in der Anordnung vom 28. Juni 2016 hinreichend umschrieben. Soweit neben einem Anamnesegespräch auch dann ärztlicherseits für notwendig erachtete Untersuchungen zur Labordiagnostik (Blutentnahme, Haarprobe) als Möglichkeiten genannt sind, ist auch dieser offene Rahmen nicht zu beanstanden. Denn das hält sich im Rahmen einer allgemeinen ärztlichen Untersuchung. Die diesbezügliche Offenheit der möglichen Untersuchungen ist darin begründet, dass der Dienstherr derzeit keine genaueren Erkenntnisse über ein möglicherweise bestehendes Krankheitsbild des Beamten hat.

Der Anordnung kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass der Dienstherr zur Vermeidung einer amtsärztlichen Untersuchung vorher mit dem Antragsteller hätte Kontakt aufnehmen müssen. Eine solche Verfahrensverpflichtung drängt sich nicht auf. Insbesondere in dem vorliegenden Fall, in dem eine amtsärztliche Untersuchung (10.10.2014) nach einer längeren Erkrankung erfolgte und es nach einer Umsetzung zu einer anderen Dienststelle erneut zu längeren Fehlzeiten gekommen ist. Vielmehr hätte der Beamte seinerseits nach Erhalt der Untersuchungsanordnung mit dem Dienstherrn Kontakt aufnehmen können. Denn die Gründe für die angefallenen längeren Krankheitsphasen liegen ausschließlich in der Sphäre des Beamten.

Auch der Umstand, dass für den 14. Juli 2016 ein betriebliches Eingliederungsmanagement vorgesehen ist, bedingt nichts anderes. Eine amtsärztliche Untersuchung hat einen anderen Gegenstand und Umfang als ein betriebliches Eingliederungsmanagement, bei dem geklärt werden soll, welche Möglichkeiten zur Überwindung bzw. Vorbeugung erneuter Arbeitsunfähigkeit bestehen (§ 84 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch IX. Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen/SGB IX). Beide Institute sind nicht deckungsgleich. Hinzu kommt, dass das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX freiwillig ist und jederzeit beendet werden kann. Die Anordnung nach Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, ist dagegen verpflichtend.

3. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes/GKG, wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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Annotations

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.