Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. Nov. 2015 - M 5 E 15.4074

bei uns veröffentlicht am12.11.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der am ... 1951 geborene Antragsteller steht als Studienrat im Förderschuldienst (Besoldungsgruppe A 13) als Beamter auf Lebenszeit in Diensten des Antragsgegners. Er ist als Lehrer an einem Sonderpädagogischen Förderzentrum tätig.

Der Antragsteller hatte im Schuljahr 2005/06 einen Schlaganfall erlitten, von dem er genesen ist. Nachdem sich nach Feststellung der Schulleitung Auffälligkeiten gezeigt hatten, wurde der Antragsteller auf deren Antrag am ... Juni 2014 von der Medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung von Oberbayern (MUS) amtsärztlich untersucht. Im Gesundheitszeugnis vom ... Juli 2014 ist festgehalten, dass bei dem Beamten gravierende neuropsychologische Einschränkungen des Gedächtnisses, des formalen Denkvermögens sowie der kritischen Selbstwahrnehmung und Selbsteinschätzung vorhanden seien. Die Krankheitssymptome seien als langjährig chronifiziert anzusehen und bestünden insbesondere auf neuropsychologischer Ebene in weiterhin erheblichem Umfang. Es bestünden keine realistischen Aussichten auf Wiederherstellung einer Leistungsfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate. Aufgrund des Ausmaßes chronifizierter neurologischer Krankheitssymptome sei dauernde Dienstunfähigkeit zu attestieren. Angesichts des Ausmaßes der neurologischen Krankheitssymptome bestünden auch keine anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten.

Die Regierung von Oberbayern teilte dem Antragsteller darauf mit Schreiben mit, dass beabsichtigt sei, ihn aufgrund Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen.

Der Beamte erhob hiergegen Einwendungen. Er legte eine hausärztliche Stellungnahme von Dr. F. vom ... Dezember 2014 vor. Der Antragsteller sei aus ärztlicher Sicht hoch motiviert und leistungsbereit in derzeit stabilem körperlichen Zustand. Die berufliche Verwendung könnte bis zum Erreichen des Ruhestandsalters auf konfliktreduzierte Fächer wie Musik und Kunst oder Förderunterricht in kleinen Gruppen bzw. weniger spannungsbelastete Jahrgangsstufen erstreckt werden.

Weiter legte der Beamte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. St.-P. (Ärztin für Neurologie und Psychiatrie) vom ... März 2015 vor. Es ergäben sich bei der aktuellen Begutachtung Hinweise darauf, dass der Antragsteller aufgrund der vorliegenden neuropsychologischen Defizite den Anforderungen als Klassenleiter in einer sonderpädagogischen Einrichtung nicht mehr gerecht werden dürfte. Es fänden sich noch neuropsychologische Ressourcen, die einen beruflichen Einsatz im Unterricht mit kleineren Gruppen bzw. in einzelnen Nebenfächern wie Musik, Kunst, Religionsunterricht ermöglichten, so wie in den letzten Jahren bereits erfolgt. Bei hochgradiger Motivation und Leistungsbereitschaft könne davon ausgegangen werden, dass der Beamte in diesen überschaubaren Unterrichtseinheiten den Schülern gerecht werden könne.

Dieses Gutachten wurde der MUS übersandt, die darauf eine erneute Untersuchung des Antragstellers für erforderlich hielt.

Nach einer Stellungnahme der Schule, an der der Antragsteller eingesetzt war, sei er vom 24. September 2015 an im vergangenen Schuljahr in einem Umfang von 12 Wochenstunden zur Unterstützung des Klassenlehrers als Differenzierungskraft für einzelne Schüler oder Kleingruppen in der Grundschulstufe tätig gewesen. Zum großen Teil sei seine Anwesenheit in den Klassen als belastend empfunden worden. Er habe wie ein Schüler genaue Anweisungen bekommen und kontrolliert werden müssen. Bei seinem Unterricht im Umfang von zwei Stunden Ethik in einer kleinen Gruppe und im Umfang von vier Stunden im Fach Musik in den Jahrgangsstufen 1 und 2 sei auffällig gewesen, dass der Unterricht von geringer Anschaulichkeit und hohem Konfliktpotential geprägt gewesen sei. Es sei ihm im Laufe des Schuljahres nicht gelungen, sich die Namen der Schüler zu merken und sie persönlich anzusprechen. Er habe auftretende Konflikte nur versuchen können, durch Drohungen zu unterdrücken. Die Schüler hätten ihm keinen Respekt gezollt. Der Antragsteller habe zumeist hilflos den Provokationen der Schüler ausgeliefert gewirkt. Nach einem Gespräch mit der Personalstelle der Regierung sei der Schulleitung mitgeteilt worden, dass davon auszugehen sei, dass sich der Beamte im Krankenstand befinde und nicht im Unterricht eingesetzt werden dürfe.

Nach einer erneuten Untersuchung des Antragstellers am ... Juli 2015 und einer ausführlichen neuropsychologischen Zusatzbegutachtung vom ... August 2015 kam die MUS mit Gesundheitszeugnis vom ... September 2015 zu dem Ergebnis, dass bei dem Beamten gemessen am Tätigkeitsprofil keine Leistungsfähigkeit verblieben sei. Im Hinblick auf Dauer und Schwere der Gesundheitsstörungen bestünden keine realistischen Aussichten auf Wiederherstellung der tätigkeitsbezogenen Leistungsfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate und darüber hinaus - auch nicht im Umfang einer Teildienstfähigkeit. Es gäbe auch keine anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten. Es hätten sich sowohl beim klinischen Untersuchungsbefund wie bei der ausführlichen neurologischen Testung kognitive Defizite und Wortfindungsstörungen ergeben.

Mit Schreiben vom 30. September 2015 wurde der Antragsteller erneut zu einer beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit angehört.

Mit Schriftsatz vom 16. September 2015, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Antragsteller den Erlass folgender einstweiligen Anordnung beantragt:

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, den Antragsteller vorläufig weiterhin zu beschäftigen.

Erst mit Beginn des Schuljahres 2015/16 sei der Antragsteller nicht mehr beschäftigt worden. Die Verweigerung einer amtsangemessenen Beschäftigung unter Hinweis auf ein mehr als ein Jahr altes Gesundheitszeugnis sei rechtswidrig. Hinzu komme, dass der Beamte in seiner aktuellen dienstlichen Beurteilung vom ... Januar 2015 für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 mit dem Prädikat „HM“ beurteilt worden sei. Damit habe der Dienstherr die dienstlichen Leistungen des Antragstellers als „den Anforderungen in hohem Maße gerecht werdend“ bewertet.

Die Regierung von Oberbayern hat für den Antragsgegner keinen Antrag gestellt. Sie verwies auf das Gesundheitszeugnis der MUS vom ... September 2015, mit dem beim Antragsteller dauernde Dienstunfähigkeit attestiert worden sei. Mit Schreiben vom 30. September 2015 habe die Regierung den Antragsteller zur beabsichtigten Versetzung des Beamten in den Ruhestand aufgrund Dienstunfähigkeit angehört.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.

1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d. h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.

2. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung aus dem bestehenden Beamtenverhältnis. Nachdem das Verfahren nach Art. 65, 66 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG („Zwangspensionierungsverfahren“) noch nicht abgeschlossen ist, besteht ein Beamtenverhältnis als aktiver Beamter beim Antragsgegner. Die im Schreiben der Regierung zum Ausdruck kommende Schlussfolgerung, dass der Antragsteller dienstunfähig sei, weshalb ein Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand eingeleitet werde, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Ein Beamter hat grundsätzlich einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung (Conrad in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2015, § 45 BeamtStG Rn. 132 ff.). Der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung eines dienstunfähigen Beamten unterliegt jedoch im Vergleich zu dem Anspruch eines uneingeschränkt dienstfähigen Beamten gewissen Einschränkungen. So ist etwa ein dienstunfähiger Beamter gem. § 26 Abs. 3 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtStG) verpflichtet, auch die dauerhafte Zuweisung eines unterwertigen Dienstpostens hinzunehmen, wenn eine anderweitige gleichwertige Verwendung nicht möglich und die unterwertige Tätigkeit zumutbar ist. Besteht ein hinreichendes Restleistungsvermögen des Beamten, ist der Dienstherr verpflichtet, nach einer anderweitigen Verwendung für den Beamten zu suchen. Nur dann, wenn der dienstunfähige Beamte nicht auf einem gleichwertigen Dienstposten anderweitig verwendet werden kann, ist gem. § 26 Abs. 3 BeamtStG eine unterwertige Beschäftigung in Betracht zu ziehen und entfällt sein Anspruch auf amtsangemessene, also seinem ursprünglichen Amt entsprechende Beschäftigung (vgl. VG Minden, U. v. 26.3.2015 - 4 K 3170/13 - juris, m. w. N.).

Im vorliegenden Fall ist in den Gesundheitszeugnissen der MUS vom ... Juli 2014 und ... September 2015 festgehalten, dass beim Antragsteller aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen, insbesondere der neuropsychologischen Defizite, keine tätigkeitsbezogene Leistungsfähigkeit verblieben ist. Das gilt auch für mindestens die Hälfte der Arbeitszeit oder eine anderweitige Tätigkeit. Damit ist bei dem Beamten keine Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Tätigkeit entsprechend seinem abstrakt-funktionellen Amt gegeben. Auch eine Restleistungsfähigkeit unter arbeitserleichternden Maßnahmen oder eine anderweitige Tätigkeit besteht nach den Gesundheitszeugnissen nicht. Das bezieht sich nach sachgerechtem Verständnis der amtsärztlichen Zeugnisse auch auf geringerwertige Tätigkeiten. Denn beim Antragsteller werden insbesondere im Zeugnis vom ... September 2015 erhebliche kognitive Defizite und Wortfindungsstörungen beschrieben. In der neuropsychologischen Testung waren u. a. die Daueraufmerksamkeit deutlich reduziert und eine Aufmerksamkeitsteilung konnte nur unter erhöhtem Zeitbedarf erbracht werden. Die Gedächtnisleistung war eingeschränkt. Im Bereich des Planens und Problemlösens lag ein erhöhter Zeitbedarf vor. Auch hier zeigten sich Wortfindungsschwierigkeiten, ein verzögertes Sprechtempo sowie zusätzlich eine allgemein reduzierte Belastbarkeit. Dabei war sich der Beamte der vorliegenden kognitiven und sprachlichen Defizite mit ihren Auswirkungen auf die Alltagsbewältigung nicht bewusst.

Die genannten Gesundheitszeugnisse sind schlüssig und nachvollziehbar. sie beschränken sich nicht lediglich darauf, nur ein Untersuchungsergebnis mitzuteilen, sondern enthalten auch die das Ergebnis tragenden Gründe (vgl. BVerwG, U. v. 19.3.2015 - 2 C 37/13 - NVwZ-RR 2015, 625, juris Rn. 12 - zu den Anforderungen an ein amtärztliches Gutachten im Zurruhesetzungsverfahren). Insbesondere das Zeugnis vom ... September 2015 überzeugt gegenüber der Einschätzung von Dr. St.-P. (Ärztin für Neurologie und Psychiatrie) vom ... März 2015. Der MUS war das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. Dr. St.-P. vom ... März 2015 bekannt. Es bestehen keine Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes, seine Beurteilung beruht auf zutreffenden Tatsachengrundlagen und ist in sich stimmig und nachvollziehbar (BVerwG, B. v. 15.2.2010 - 2 B 126/09 - Buchholz 232.0 § 96 BBG 2009 Nr. 1, juris Rn. 16). Insbesondere hat der Amtsarzt - anders Dr. St.-P. - neben einer Untersuchung eine ausführliche neuropsychologische Testung durchgeführt. Dabei zeigten sich beschriebenen kognitiven Defizite und Wortfindungsstörungen. Daher überzeugt aufgrund der intensiveren Untersuchung die amtsärztliche Bewertung. Abgerundet wird diese Einschätzung durch das Schreiben der Schule vom 24. September 2015, an der der Antragsteller eingesetzt war. Dort sind aus Sicht der Schulleitung die gesundheitlichen Einschränkungen des Beamten und deren negative Folgen im Unterricht geschildert.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass das amtsärztliche Gutachten, auf dem das Urteil der Dienstunfähigkeit beruht, über ein Jahr alt sei. Das maßgebliche Gesundheitszeugnis der MUS datiert vom ... September 2015. Auch die dienstliche Beurteilung vom ... Januar 2015, nach der dem Beamten bescheinigt wird, „den Anforderungen in hohem Maße gerecht“ zu werden, bedingt nichts anderes. Denn die Bewertung der Dienstunfähigkeit ist von der vergleichenden Bewertung der gezeigten Leistungen zu unterscheiden. Auch in der zitierten Beurteilung finden sich in „Nr. 3. Ergänzende Bemerkungen“ deutliche Hinweise auf leistungsmäßige Defizite des Antragstellers. Das von der Regierung von Oberbayern vorgelegte Schreiben vom 10. November 2015 hat keinen Bezug zum vorliegenden Verfahren. Das gilt auch für das Schreiben der MUS vom 29. Oktober 2015. Darin werden auch keine neuen Umstände benannt.

3. Es ist damit für das Ergebnis unerheblich, ob der Antragsteller das Bedürfnis nach einer eiligen gerichtlichen Entscheidung glaubhaft machen kann.

4. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, 2 des Gerichtskostengesetzes/GKG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. Nov. 2015 - M 5 E 15.4074

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. Nov. 2015 - M 5 E 15.4074

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. Nov. 2015 - M 5 E 15.4074 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 26 Dienstunfähigkeit


(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als die

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 45 Fürsorge


Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlich

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 96 Fernbleiben vom Dienst


(1) Beamtinnen und Beamte dürfen dem Dienst nicht ohne Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten fernbleiben. Dienstunfähigkeit infolge von Krankheit ist auf Verlangen nachzuweisen. (2) Verliert die Beamtin oder der Beamte wegen unentschuldigten Fernb

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. Nov. 2015 - M 5 E 15.4074 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. Nov. 2015 - M 5 E 15.4074 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Minden Urteil, 26. März 2015 - 4 K 3170/13

bei uns veröffentlicht am 26.03.2015

Tenor Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger entsprechend seinem Amt als Lehrer im gehobenen Dienst (A 12 Bundesbesoldungsordnung) amtsangemessen zu beschäftigen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kost

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. März 2015 - 2 C 37/13

bei uns veröffentlicht am 19.03.2015

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. 2

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 15. Feb. 2010 - 2 B 126/09

bei uns veröffentlicht am 15.02.2010

Gründe 1 Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO, § 69 BDG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das

Referenzen

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung.

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.

(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.

(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger entsprechend seinem Amt als

Lehrer im gehobenen Dienst (A 12 Bundesbesoldungsordnung) amtsangemessen zu beschäftigen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.

2

Der 1968 geborene Kläger steht als Studienrat mit der Lehrbefähigung für Musik seit 2000 als Beamter auf Lebenszeit (BesGr A 13 LBesO) im Dienst des Beklagten. Zuletzt war er an einem Gymnasium tätig und unterrichtete ausschließlich das Fach Musik.

3

Nach dem gehäuften Auftreten von Fehltagen veranlasste der Beklagte im Herbst 2006 erstmals eine amtsärztliche Untersuchung des Klägers. Der zuständige Amtsarzt, ein Psychiater, diagnostizierte eine leichte chronische seelische Störung und hielt den Kläger für in der Lage, 16 Wochenstunden zu unterrichten. Im Juni 2007 erkrankte der Kläger erneut für längere Zeit. Die vom Beklagten daraufhin veranlasste amtsärztliche Untersuchung führte ein Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen durch, der im Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 eine "chronifizierte seelische Störung" feststellte. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, den Beruf als Lehrer auszuüben. Für anderweitige Tätigkeiten im öffentlichen Dienst ohne Kontakt mit Schülern sei er hingegen uneingeschränkt leistungsfähig. Erläuterungen oder Herleitungen dieser Ergebnisse enthielt das amtsärztliche Zeugnis nicht.

4

Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus sah in seinem Ressort keine Verwendungsmöglichkeit, da für den Kläger zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung und auch später keine geeigneten und statusgemäßen Stellen frei waren. Eine von ihm an die Staatskanzlei und die anderen Ressorts gerichtete schriftliche Suchanfrage bezüglich einer anderweitigen Verwendung des Klägers endete mit dem Satz: "Das Staatsministerium geht von einer Fehlanzeige aus, wenn nicht innerhalb von vier Wochen nach Erhalt dieses Schreibens eine Rückmeldung Ihres Hauses erfolgt." Die Ressorts reagierten auf diese Suchanfrage nicht.

5

Der Beklagte versetzte den Kläger wegen Dienstunfähigkeit mit Wirkung zum 1. September 2008 in den Ruhestand. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner durch Beschluss ergangenen Entscheidung insbesondere darauf verwiesen, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zurruhesetzung eines Beamten sei. Der Kläger sei dienstunfähig, weil er aufgrund seiner seelischen Störung nicht mehr in der Lage sei, den Beruf als Lehrer auszuüben. Der Beklagte sei auch seiner Suchpflicht nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers nachgekommen.

6

Mit der Revision beantragt der Kläger,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Januar 2012 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 24. März 2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2008 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Landesbeamtenrecht (§ 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), weil die vorzeitige Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ohne hinreichende Klärung seiner anderweitigen Verwendbarkeit gegen den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" verstößt.

9

1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung ist Art. 56 Bayerisches Beamtengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998 (GVBl 702), in der zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 10) gültigen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 2003 (GVBl S. 374, künftig: BayBG a.F.).

10

Gemäß Art. 56 Abs. 1 Satz 1 BayBG a.F. ist ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 17). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, unter Beibehaltung des übertragenen Amtes aber seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, soll er für begrenzt dienstfähig erklärt werden (Art. 56a BayBG a.F.; hierzu auch BVerwG, Urteile vom 30. August 2012 - 2 C 82.10 - Buchholz 237.6 § 54 NdsLBG Nr. 3 Rn. 11 und vom 27. März 2014 - 2 C 50.11 - BVerwGE 149, 244 Rn. 26).

11

Die Versetzung eines Beamten in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen voraus. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkenntnis, über die nur ein Arzt verfügt.

12

Den Gesundheitszustand des Beamten feststellen und medizinisch bewerten muss der Arzt, die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen ist dagegen Aufgabe der Behörde und ggf. des Gerichts. Der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um den zuständigen Stellen diejenige Fachkenntnis zu vermitteln, die für deren Entscheidung erforderlich ist (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 18 m.w.N.; hierzu auch Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 - RiA 2012, 165 f.). Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes (amts-)ärztliches Gutachten darf sich daher nicht darauf beschränken, nur ein Untersuchungsergebnis mitzuteilen. Es muss auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde, darstellen als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, seinen dienstlichen Anforderungen weiter zu genügen (stRspr, BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 31 sowie zuletzt Beschluss vom 13. März 2014 - 2 B 49.12 - juris Rn. 8 f.).

13

Die hier im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 der Sache nach bescheinigte "Schülerphobie" genügt diesen Anforderungen nicht. Die Einschätzung des Amtsarztes, der Kläger leide an einer chronifizierten seelischen Störung, die einen Kontakt mit Schülern ausschließe und es ihm unmöglich mache, den Lehrerberuf weiter auszuüben, ist nicht auf tatsächliche Umstände gestützt, die die Feststellung, dem Kläger sei ein Schülerkontakt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar, plausibel machen könnten. Die entsprechenden Mitteilungen im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 sind weder aus sich heraus verständlich noch nachvollziehbar. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass nur dreizehn Monate zuvor ein anderer Amtsarzt als Facharzt für Psychiatrie beim Kläger bei ähnlicher Diagnose noch zu dem Ergebnis gekommen war, seine psychosoziale Leistungsfähigkeit als Lehrer sei zwar reduziert, reiche aber noch für 16 Unterrichtsstunden wöchentlich bei bis zu vier Unterrichtsstunden täglich aus. Eine fundierte Aussage zum Umfang der gesundheitsbedingten Einschränkungen hätte unter diesen Voraussetzungen einer zusätzlichen fachpsychiatrischen Untersuchung und Begutachtung bedurft.

14

Dessen ungeachtet hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Beschluss festgestellt, dass der Kläger aufgrund seiner chronifizierten seelischen Störung dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, den Beruf als Lehrer auszuüben. An diese tatsächliche Feststellung ist das Bundesverwaltungsgericht mangels entsprechender Rügen des Klägers gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden und hat sie seiner rechtlichen Betrachtung zugrunde zu legen. Damit ist von einer dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers auszugehen.

15

2. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Von einer Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit soll nach Art. 56 Abs. 4 Satz 1 BayBG a.F. abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben, einer entsprechenden, gleichwertigen oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Gemäß Art. 56 Abs. 4 Satz 2 BayBG a.F. ist in Fällen des Satzes 1 die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amts genügt. Damit hat der Gesetzgeber den Dienstherrn die Verpflichtung auferlegt, für dienstunfähige Beamte nach anderweitigen, ihnen gesundheitlich möglichen und zumutbaren Verwendungen zu suchen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 25 ff. zu § 42 Abs. 3 BBG a.F.). Erst wenn feststeht, dass der in seiner Beschäftigungsbehörde dienstunfähige Beamte auch nicht anderweitig von seinem Dienstherrn eingesetzt werden kann, darf er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzt werden. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes unvereinbar (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 25 ff.).

16

Der gesetzliche Vorrang der weiteren Dienstleistung vor der Frühpensionierung wird auch durch den Wortlaut des Satzes 1 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. zum Ausdruck gebracht, wonach von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden "soll". Soll-Vorschriften gestatten Abweichungen von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Ausnahmefällen, in denen das Festhalten an dieser Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 26).

17

Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des Satzes 2 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F., der die Übertragung eines neuen Amts für zulässig erklärt, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung nach Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayBG a.F. auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann.

18

Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Der Senat hält für diese vorausschauende Suche nach frei werdenden und/oder neu zu besetzenden Dienstposten einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen. Die Zeitspanne entspricht dem in Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG a.F. (entsprechend § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG und § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeitraum von weiteren sechs Monaten. Dagegen begründet Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. keine Verpflichtung anderer Behörden, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 29).

19

Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Diese Kurzbeschreibung muss den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt. Dabei ist zu beachten, dass diese Beschreibung den Anspruch des Beamten auf Personaldatenschutz wahrt (§ 50 BeamtStG, Art. 60a Abs. 2 Satz 3 und Art. 100a BayBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998, GVBl S. 702). Deshalb darf die Kurzbeschreibung keine Mitteilung persönlicher Daten des Beamten enthalten, die nach dem geschilderten Zweck der Suchanfrage nicht erforderlich sind. Regelmäßig genügt es, die konkreten Leistungseinschränkungen mitzuteilen. Eine Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden ist für den Zweck der Suchanfrage als Konkretisierung des gesetzlichen Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig.

20

Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108 f.>).

21

Diesen Anforderungen genügt die hier zu beurteilende ressortübergreifende Suchanfrage nicht. Zwar wird in der Anfrage der Sachverhalt zutreffend dahin erläutert, dass der Kläger krankheitsbedingt nur den Beruf des Lehrers nicht mehr ausüben kann, er innerhalb der öffentlichen Verwaltung, aber außerhalb des Schuldienstes, jedoch vollschichtig einsatzfähig ist. Außerdem ist die Anfrage an die Personalabteilungen der anderen Ressorts und an die Staatskanzlei adressiert; sie deckt damit den gesamten Verwaltungsbereich des Beklagten ab. Die Setzung einer Verschweigensfrist, derzufolge die suchende Behörde von einer Fehlanzeige ausgeht, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rückmeldungen vorliegen, lässt sich indes nicht mit dem gesetzlichen "Grundsatz der Weiterverwendung vor Versorgung" in Einklang bringen. Denn die Einräumung einer bloßen Verschweigensfrist setzt nicht den erforderlichen Impuls für die angefragten Behörden, hinreichend ernsthaft und nachdrücklich nach einer anderweitig möglichen Verwendung des dienstunfähigen Beamten Ausschau zu halten. Die Möglichkeit, durch schlichtes Verschweigen auf eine Suchanfrage zu reagieren, eröffnet die Möglichkeit, den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" zu unterlaufen.

22

In welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, sei es - wie vorliegend - durch schriftliche Anfragen oder aber durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise, bleibt ihrer Organisationsgewalt überlassen. Ebenso bedarf es für die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten nur dann einer Nachfrage, wenn die Suchanfrage von einer angefragten Behörde unbeantwortet bleibt (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 - IÖD 2012, 122 <123>).

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO, § 69 BDG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Der Beklagte hat dargelegt, dass das Berufungsurteil auf einem Verfahrensmangel gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG beruht.

2

Der als Briefzusteller bei der Deutschen Post AG tätige Beamte wurde im Mai 2003 wegen des Vorwurfs, dem Dienst unerlaubt fernzubleiben, vorläufig des Dienstes enthoben. Sein hiergegen gerichteter Aussetzungsantrag blieb in beiden verwaltungsgerichtlichen Instanzen erfolglos. Im Disziplinarklageverfahren hat das Oberverwaltungsgericht die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis bestätigt. Der Beklagte sei als Beamter untragbar geworden, weil er zwischen dem 1. September 2002 und dem 24. Januar 2007 mit Ausnahme der Zeit eines Krankenhausaufenthalts dem Dienst vorsätzlich unerlaubt ferngeblieben sei. Die Dienstfähigkeit des Beklagten stehe aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 16. Dezember 2005, durch das seine Klage gegen die Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge abgewiesen worden sei, und aufgrund des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung bindend fest. Es gebe keinen Grund, sich von diesen Feststellungen zu lösen.

3

1. Der Beklagte rügt zu Recht, dass das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seines Rechtsstandpunkts bei der disziplinarrechtlichen Würdigung des dem Beklagten angelasteten Verhaltens und bei der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme einen entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstand, nämlich die Erklärung in dem Schriftsatz vom 2. Dezember 2003, er sei zur Aufnahme der früheren dienstlichen Tätigkeit bereit, nicht berücksichtigt hat. Darin liegt ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 3 BDG.

4

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt auch die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei seiner rechtlichen Würdigung außer Acht lassen, insbesondere Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche Würdigung als solche nicht zu beanstanden ist (vgl. nur Beschluss vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 = NVwZ 2009, 399, jeweils Rn. 27 m.w.N.).

5

Dem Berufungsurteil liegt die Rechtsauffassung zugrunde, ein Beamter bleibe dem Dienst auch weiterhin unerlaubt fern, wenn er aus diesem Grund vorläufig des Dienstes enthoben worden sei. Auch nach dieser Auffassung ist aber der Tatbestand des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. (§ 96 Abs. 1 Satz 1 BBG n.F.) ab dem Zeitpunkt nicht mehr gegeben, zu dem der Beamte seinen Dienst aufgenommen hätte, wenn er hieran nicht durch die vorläufige Dienstenthebung gehindert worden wäre (§ 39 Abs. 3 Satz 2 BDG). Dies ist der Fall, wenn der Beamte nach der vorläufigen Dienstenthebung glaubhaft unmissverständlich zu erkennen gibt, er sei bereit, die ihm obliegenden Dienstgeschäfte wahrzunehmen (sog. Dienstbereitschaftserklärung).

6

Danach ist nach dem Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob der Beklagte in dem Schriftsatz vom 2. Dezember 2003 eine derartige Erklärung abgegeben hat. Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Schriftsatz trotz seiner zentralen Bedeutung in Tatbestand und Gründen des Berufungsurteils nicht erwähnt, obwohl ihn der Beklagte in dem Aussetzungsverfahren beim Oberverwaltungsgericht eingereicht hat. Dies lässt darauf schließen, dass es seinen Inhalt nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Vielmehr hat sich das Oberverwaltungsgericht damit erst in den Gründen seines Beschlusses vom 7. Oktober 2009 auseinander gesetzt, in dem es den Antrag des Beklagten auf Berichtigung des Urteilstatbestandes abgelehnt hat. Diese Ausführungen nach der Verkündung des Berufungsurteils können den diesem anhaftenden Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nicht nachträglich heilen.

7

Die Nichtberücksichtigung der Erklärung des Beklagten vom 2. Dezember 2003 ist auch nicht wegen der Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 16. Dezember 2005 unbeachtlich. Die Feststellungen zur Dauer des unerlaubten Fernbleibens binden nicht nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG, weil sie offenbar unrichtig im Sinne des Satzes 2 dieser Vorschrift sind. Da auch das Verwaltungsgericht den Schriftsatz vom 2. Dezember 2003 nicht erwähnt hat, bestehen an der Richtigkeit der Feststellungen aufgrund eines neu eingeführten Beweismittels zumindest erhebliche Zweifel. Diese reichen aus, um nach § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG eine Pflicht zur erneuten Prüfung der Feststellungen über die Dauer des unerlaubten Fernbleibens des Beklagten zu begründen (stRspr, vgl. zuletzt Beschluss vom 24. Juli 2007 - BVerwG 2 B 65.07 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 4 Rn. 11).

8

Die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in dem Beschluss vom 12. Juni 2007 über die Ablehnung des Berufungszulassungsantrags des Beklagten können eine Bindungswirkung gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG schon deshalb nicht entfalten, weil diese Wirkung nach dem Wortlaut des § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG auf die Feststellungen rechtskräftiger Urteile beschränkt ist. Der Beschluss vom 12. Juni 2007 steht einem Urteil nicht gleich. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht über den Streitgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, nämlich über die Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge gemäß § 9 BBesG, sondern über die Darlegung und das Vorliegen eines Berufungszulassungsgrundes entschieden (§ 124a Abs. 5 Satz 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO).

9

2. Die weiteren Verfahrensrügen des Beklagten greifen nicht durch:

10

a) Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag des Beklagten auf Aussetzung des Disziplinarklageverfahrens ermessensfehlerfrei abgelehnt, weil der Ausgang des Zurruhesetzungsverfahrens für die Entscheidung über die Disziplinarklage nicht vorgreiflich ist (§ 94 VwGO, § 3 BDG). Die Klage wäre im Falle der Zurruhesetzung des Beklagten nicht zwangsläufig abzuweisen. Auch gegen Ruhestandsbeamte können Disziplinarmaßnahmen wegen Dienstvergehen verhängt werden, die sie im aktiven Dienst begangen haben (§ 5 Abs. 2, §§ 11, 12, § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG; vgl. Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 6 und vom 17. Mai 2006 - BVerwG 2 B 15.06 - Buchholz 235.1 § 12 BDG Nr. 1).

11

b) Nach der Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, die einer revisionsgerichtlichen Nachprüfung nur in eingeschränktem Umfang zugänglich ist, lassen die Stellungnahmen des Facharztes Dr. R. für sich genommen die Bindungswirkung der Feststellungen in dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 16. Dezember 2005 nicht entfallen. Insoweit sieht der Senat im Hinblick auf die Ausführungen unter 4.b) von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO, § 69 BDG).

12

3. Auch die Grundsatzrüge des Beklagten kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Die aufgeworfene Frage zur Reichweite der Aufklärungspflicht im Anwendungsbereich des § 9 BBesG ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 BDG, weil sie nur aufgrund der konkreten Umstände des jeweiligen Falles beantwortet werden kann.

13

4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

14

a) Der für die Beurteilung der Verfahrensrüge maßgebende Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts, der Tatbestand des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst könne auch nach der vorläufigen Dienstenthebung des Beamten verwirklicht werden, entspricht nicht der Rechtsauffassung des Senats (vgl. Urteil vom 24. April 1980 - BVerwG 2 C 26.77 - BVerwGE 60, 118 = Buchholz 235 § 9 BBesG Nr. 2). Danach ruht die aktive Dienstleistungspflicht eines Beamten oder Soldaten während der Rechtswirksamkeit einer vorläufigen Dienstenthebung. Deren Zweck besteht gerade darin, dem Beamten die weitere Erfüllung seiner Dienstgeschäfte zu untersagen. Der Beamte ist davon entbunden, sich während der vorgeschriebenen Arbeitszeit an dem vorgesehenen Ort aufzuhalten, um Dienstgeschäfte wahrzunehmen. Daher obliegt ihm kein Dienst mehr, dem er ungenehmigt und schuldhaft fernbleiben könnte. Die Regelung des § 39 Abs. 3 Satz 1 BDG, die ebenso wie die inhaltsgleiche Vorgängerregelung des § 125 Satz 1 BDO die Fortdauer des nach § 9 BBesG begründeten Verlusts der Dienstbezüge wegen unerlaubten Fernbleibens nach der vorläufigen Dienstenthebung anordnet, stellt nur klar, dass der Beamte nach der vorläufigen Dienstenthebung besoldungsrechtlich nicht besser steht als vorher. Es soll verhindert werden, dass deren Anordnung dem Beamten einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil bringt, weil sein weiteres Fernbleiben nicht mehr als ungenehmigt angesehen werden könnte.

15

b) Das Oberverwaltungsgericht ist gemäß § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG verpflichtet, erneut diejenigen tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 16. Dezember 2005 zu prüfen, die die Dienstfähigkeit des Beklagten betreffen. Diese Feststellungen sind offenbar unrichtig, weil sie darauf beruhen, dass das Verwaltungsgericht den Anwendungsbereich des Grundsatzes des Vorrangs der medizinischen Beurteilung des Amtsarztes zu Lasten des Beklagten verkannt hat.

16

Der medizinischen Beurteilung des Amtsarztes kommt kein unbedingter, sondern nur ein eingeschränkter Vorrang vor der Beurteilung des behandelnden Privatarztes zu, wenn beide Beurteilungen hinsichtlich desselben Krankheitsbildes des Beamten voneinander abweichen. Ein unbedingter Vorrang wäre mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 3 BDG nicht zu vereinbaren. Danach besteht keine generelle Rangordnung der Beweismittel; diese sind grundsätzlich gleichwertig (stRspr, vgl. nur Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 16). Daher können sich die Tatsachengerichte im Konfliktfall nur dann auf die Beurteilung des Amtsarztes stützen, wenn keine Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes bzw. eines von ihm hinzugezogenen Facharztes bestehen, seine Beurteilung auf zutreffenden Tatsachengrundlagen beruht und in sich stimmig und nachvollziehbar ist. Hat der Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert, so muss der Amtsarzt auf diese Erwägungen eingehen und nachvollziehbar darlegen, warum er ihnen nicht folgt. Diese Grundsätze beanspruchen in gleicher Weise Geltung, wenn sich der Amtsarzt der medizinischen Beurteilung eines von ihm eingeschalteten Facharztes anschließt. Die Stellungnahme des Facharztes wird dann dem Amtsarzt zugerechnet (Urteile vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 36 und vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 2.05 - juris Rn. 34).

17

Dieser eingeschränkte Vorrang im Konfliktfall findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, nimmt der Amtsarzt seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig vor. Er steht Beamten und Dienststelle gleichermaßen fern (Urteile vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 1 D 3.02 - juris Rn. 22, vom 11. Oktober 2006 a.a.O. Rn. 37 und vom 12. Oktober 2006 a.a.O. Rn. 35).

18

Zwar kann der Bahnarzt dem Amtsarzt gleichgestellt werden, weil der Bahnärztliche Dienst aufgrund der Zuordnung zum Bundeseisenbahnvermögen öffentlich-rechtlichen Charakter hat (Urteile vom 11. April 2000 - BVerwG 1 D 1.99 - juris Rn. 12 und vom 12. Oktober 2006 a.a.O. Rn. 33). Entsprechendes könnte für die im Auftrag der Postnachfolgeunternehmen tätigen Betriebsärzte allenfalls gelten, wenn deren Neutralität und Unabhängigkeit durch Rechtsnormen begründet und gewährleistet wäre. Interne Regelungen der Unternehmen genügen nicht. Ansonsten fehlt die unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des Vorranggrundsatzes. Es besteht dann kein Grund, der im Auftrag eines privatwirtschaftlich tätigen Unternehmens erstellten Beurteilung eines Betriebsarztes einen anderen Stellenwert als derjenigen des behandelnden Privatarztes zuzuerkennen.

19

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat jedenfalls den Anwendungsbereich des Vorranggrundsatzes verkannt, weil es ihn unbesehen auf die Beurteilungen der Betriebsärztin der Deutschen Post AG angewandt hat. Es hat die Betriebsärztin einem Amtsarzt gleichgestellt, ohne zu berücksichtigen, dass dies nur bei normativ gesicherter Neutralität und Unabhängigkeit der Betriebsärzte gegenüber den Postnachfolgeunternehmen gerechtfertigt wäre.

(1) Beamtinnen und Beamte dürfen dem Dienst nicht ohne Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten fernbleiben. Dienstunfähigkeit infolge von Krankheit ist auf Verlangen nachzuweisen.

(2) Verliert die Beamtin oder der Beamte wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst nach dem Bundesbesoldungsgesetz den Anspruch auf Besoldung, wird dadurch die Durchführung eines Disziplinarverfahrens nicht ausgeschlossen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.