Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. März 2015 - M 5 E 14.4949

bei uns veröffentlicht am12.03.2015

Tenor

I.

Dem Antragsgegner wird untersagt, die ausgeschriebene Stelle einer Vorsitzenden Richterin/eines Vorsitzenden Richters am Bayerischen Landessozialgericht mit dem Beigeladenen zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

In einer am ... Februar 2014 veröffentlichten Stellenausschreibung im Allgemeinen Ministerialblatt (AllMBl Nr. ...) wurden zwei Stellen für Vorsitzende Richterinnen/Vorsitzende Richter am Bayerischen Landessozialgericht (Besoldungsgruppe R 3) ausgeschrieben.

Auf diese Stellen bewarben sich unter anderem der Antragsteller und der Beigeladene.

Der 1956 geborene Antragsteller steht seit ... 1991 in Diensten des Antragsgegners, zunächst als Verwaltungsjurist, seit ... 1993 als Richter kraft Auftrags und seit ... 1994 als Richter auf Lebenszeit beim Sozialgericht .... Seit dem ... 2005 ist der Antragsteller als Richter am Bayerischen Landesozialgericht tätig. In der dort zuletzt erstellten periodischen Beurteilung vom ... Januar 2008 erzielte der Antragsteller 12 Punkte. In einer außerordentlichen Beurteilung betreffend den Beurteilungszeitraum 1. März 2010 - 28. Februar 2014 anlässlich seiner Bewerbung um die ausgeschriebene Stelle erzielte der Antragsteller 14 Punkte. Daneben wurde ihm in dieser Beurteilung Führungseignung sowie die uneingeschränkte Verwendungseignung als Senatsvorsitzender attestiert. Ausweislich einer Mitteilung des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom ... Juni 2014 ist diese Beurteilung abschließend überprüft und gebilligt worden.

Der 1966 geborene Beigeladene steht seit ... 2000 als Verwaltungsjurist im damaligen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen in Diensten des Antragsgegners. Im Zeitraum vom ... 2002 bis ... 2004 war der Beigeladene als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Bundessozialgericht abgeordnet. Ab ... 2004 war der Beigeladene zunächst als Richter kraft Auftrags, ab ... 2005 als Richter auf Lebenszeit beim Sozialgericht ... tätig. Zum ... 2006 wechselte der Beigeladene zurück in das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, wo er zuletzt im Amt eines Ministerialrates (Besoldungsgruppe A 16) tätig war. Im Zeitraum ... 2011 - ... 2013 war der Beigeladene als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Bundesverfassungsgericht abgeordnet, hinsichtlich des Abordnungszeitraumes erhielt er in der dienstlichen Beurteilung des Bundesverfassungsgerichts vom ... Februar 2014 15 Punkte. In der zuletzt erstellten periodischen Beurteilung vom ... Februar 2014, betreffend den Beurteilungszeitraum 1. März 2010 - 28. Februar 2013, erzielte der Beigeladene 15 Punkte. Dabei wurde ihm neben der Eignung für leitende Funktionen innerhalb des Ministeriums auch die Eignung als Vorsitzender Richter am Landessozialgericht attestiert. In den ergänzenden Bemerkungen dieser Beurteilung ist vermerkt, dass die dienstliche Beurteilung des Bundesverfassungsgerichts vom ... Februar 2014 berücksichtigt worden sei.

Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom ... Juni 2014 an die Präsidentin des Bayerischen Landessozialgerichts wurde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, eine der beiden Stellen dem auch von dort vorgeschlagenen Bewerber zu übertragen. Hinsichtlich der Besetzung der zweiten Stelle könne jedoch dem dortigen Vorschlag zugunsten des Antragstellers nicht gefolgt werden. Stattdessen sei beabsichtigt, diese Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Dem trat der im Verfahren beteiligte Präsidialrat für die Sozialgerichtsbarkeit beim Bayerischen Landessozialgericht entgegen und unterbreitete den Gegenvorschlag, eine der zu besetzenden Stellen mit dem Antragsteller zu besetzen. Auch die Hauptvertrauensperson der schwerbehinderten Richterinnen und Richter im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration stimmte der Besetzungsabsicht des Ministeriums mit dem Beigeladenen in der Leistungskonkurrenz mit einer weiteren (schwerbehinderten) Bewerberin nicht zu, erklärte aber vorsorglich sein Einverständnis mit einer Auswahlentscheidung zugunsten des Antragstellers.

Nachdem das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration den Gegenvorschlag zugunsten des Antragstellers ablehnte, fand auf Verlangen des Präsidialrates für die Sozialgerichtsbarkeit beim Bayerischen Landessozialgericht am ... August 2014 eine Aussprache mit der Staatsministerin statt. In dem entsprechenden Vermerk ist festgehalten, dass die Leistungen des Beigeladenen im Amt A 16 als in einem der Besoldungsgruppe R 2 statusrechtlich vergleich-baren Amt zuletzt 2013 wiederholt mit 15 Punkten im Gesamturteil bewertet worden seien. Hierbei habe der Beigeladene auch die erforderliche Verwendungseignung als Vorsitzender Richter am Bayerischen Landessozialgericht erhalten. Demgegenüber sei der Antragsteller in seiner aktuellen Beurteilung mit einem Gesamturteil von 14 Punkten eindeutig ungünstiger beurteilt. Auch könne den vom Präsidialrat vorgebrachten Argumenten des Bewertungsniveaus der Beurteilungen im ministeriellen Bereich einerseits und im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit andererseits sowie der geringeren Prozesserfahrung des Beigeladenen nicht gefolgt werden. Als oberste Dienstbehörde achte das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration auf eine möglichst einheitliche Beurteilungspraxis sowie auf die Einordnung der Gesamturteile in das Gefüge des gesamten Geschäftsbereiches. Unbestritten sei dabei auch die Ermächtigung zur Zuerkennung von Verwendungseignungen richterlicher Beförderungsämter des eigenen Geschäftsbereiches. Für die Besetzung einer Stelle eines Vorsitzenden Richters in der zweiten Instanz der Sozialgerichtsbarkeit gelte nur das allgemeine Anforderungsprofil bestehend aus den Bereichen allgemeine Rechtskenntnisse, Führungsqualitäten und Verhandlungsgeschick. Soweit im Vergleich zum Antragsteller die geringere Prozesserfahrung des Beigeladenen moniert werde, werde dies durch die in vielfältigen Bereichen des Sozialrechts erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen als Leiter des Referates für Grundsatzfragen des Arbeits- sowie des gesamten Sozialrechtes im Ministerium und durch seine außerordentlich gut bewertete Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Revisionsinstanz der Sozialgerichtsbarkeit und beim Bundesverfassungsgericht aufgewogen (vgl. im Einzelnen den Gesprächsvermerk zur Ministeraussprache vom ....8.2014, Bl. 86 ff. der Akten).

Dementsprechend wurde dem Antragsteller sowie den übrigen nicht berücksichtigten Bewerbern am ... Oktober 2014 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, eine der ausgeschriebenen Stellen entsprechend dem Besetzungsvorschlag der Präsidentin des Bayerischen Landessozialgerichts und des Präsidialrates zu besetzen und die zweite Stelle mit dem Beigeladenen.

Am ... November 2014 hat der Kläger Widerspruch gegen die getroffene Auswahlentscheidung eingelegt, über den bislang nicht entschieden wurde. Gleichzeitig hat der Antragsteller bei Gericht im Rahmen eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zuletzt, das heißt nach Rücknahme eines parallel gerichteten Antrags hinsichtlich der weiteren zu besetzenden Stelle (M 5 E 14.4947) sinngemäß beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben, es zu unterlassen, die Stelle eines Vorsitzenden Richters am Bayerischen Landessozialgericht gemäß der Stellenausschreibung vom ... Februar 2014 (AllMBl Nr. ...) mit dem Beigeladenen zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden wurde.

Zum Anforderungsprofil eines Vorsitzenden Richters der zweiten Instanz gehöre - abgeleitet aus dem Erfordernis der Führung eines Senates neben der ausgiebigen Erfahrung in zentralen Rechtsgebieten der Sozialgerichtsbarkeit, Führungs- und Sachkompetenz - vor allem in Bezug auf die Zusammenarbeit in Kollegialspruchkörpern, organisatorische Kompetenz insoweit und Verhandlungsgeschick und Entscheidungsstärke - auch in Bezug auf die Besonderheiten in der zweiten Instanz sowie senatsinterne Durchsetzungsfähigkeit. Das der Auswahlentscheidung zugrunde gelegte Anforderungsprofil bedürfe in dieser Hinsicht zumindest einer inhaltlichen Füllung und Zuspitzung, die es überhaupt erst möglich mache, die Bestenauslese durchzuführen. Unter Heranziehung des Werdeganges des Beigeladenen fehle es bei ihm an richterlichen Tätigkeiten, aus denen die ihm in seinen Beurteilungen zuerkannte Eignung als Vorsitzender Richter am Landessozialgericht abgeleitet werden könnte. Dies gelte insbesondere in Bezug auf die Anforderungen im Prozessrecht, für die im Rahmen einer ministeriellen Tätigkeit bzw. einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesverfassungsgericht keine relevanten Aufschlüsse gegeben werden könnten. In der direkten Konkurrenz zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen hätte außerdem der Zeitraum der Tätigkeit als Instanzrichter im Sinne eines Differenzierungskriteriums zwischen geeigneten Bewerbern herangezogen werden müssen. Eine solche Vorgehensweise hätte dazu führen müssen, dass die Aussagekraft der dem Beigeladenen zuerkannten 15 Punkte im Gesamturteil geringer einzuschätzen sei, als die aus einer Richtertätigkeit am Landessozialgericht abgeleiteten 14 Punkte des Antragstellers. Noch mehr gelte dies für das Kriterium der Verwendungseignung als Vorsitzender Richter in der zweiten Instanz.

Demgegenüber hat das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration mit Schriftsatz vom 12. Januar 2015 für den Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Anforderungen an Vorsitzende Richter am Landessozialgericht ergäben sich ohne weiteres aus dem Gesetz sowie der Rechtsprechung, so dass es eines zusätzlichen Anforderungsprofils für die Vergabe der zu besetzenden Stelle nicht bedürfe. Im Rahmen der Auswahlentscheidung habe man sich nicht darauf beschränkt, lediglich die reinen Punktwerte im Gesamturteil der dienstlichen Beurteilungen zu vergleichen, sondern man habe die Beurteilungen an den Anforderungen des zu besetzenden Amtes gemessen, wobei hier entscheidend auf die allgemeine Sach- und Rechtskenntnis, auf Führungsqualitäten und Verhandlungsgeschick abzustellen sei. Dabei habe der Beigeladene durch seine verschiedenen ministeriellen Leitungsaufgaben im Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration sowie durch seine außerordentlich gut bewerteten Tätigkeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Revisionsinstanz der Sozialgerichtsbarkeit und beim Bundesverfassungsgericht in vielfältigen Bereichen des Sozialrechtes Kenntnisse und Erfahrungen erworben, die die behauptete geringere Prozesserfahrung in jedem Fall aufwiegten. In diesen Funktionen seien ihm in einem mit einer richterlichen Tätigkeit - auch in der zweiten Instanz - mindestens vergleichbaren Umfang Urteilsvermögen, Verhandlungsgeschick und Entscheidungsstärke abverlangt worden. Schließlich verfüge der Beigeladene ausweislich seiner Beurteilung über eine herausragende Teamfähigkeit und Führungsbefähigung. Der Beigeladene habe deshalb bei wertender Betrachtung einen Leistungsvorsprung gegenüber dem Antragsteller, so dass ihm bei der Besetzung der streitgegenständlichen Stelle der Vorzug zu geben sei.

Auf Nachfrage des Gerichts hat die Präsidentin des Bayerischen Landessozialgerichts mit Schreiben vom 5. Februar 2015 mitgeteilt, dass es für die Beurteilung der Richter in der Sozialgerichtsbarkeit keine Vorgabe zur Vergabe von Spitzenbeurteilungen mit 15 oder 16 Punkten gäbe. Allerdings sei die Freiheit des Beurteilenden/der Beurteilenden am Bayerischen Landessozialgericht, den gesamten Beurteilungsrahmen auszuschöpfen, durch den Umstand eingeschränkt, dass Richterinnen und Richter auf Lebenszeit in der Besoldungsgruppe R 2 lediglich einmal, und zwar zu dem auf die erstmalige Berufung in ein Amt dieser Besoldungsgruppe folgenden Beurteilungsstichtag, zu beurteilen seien. Das tatsächliche Beurteilungsniveau liege auch angesichts der Kürze des Beurteilungszeitraumes bei 12 Punkten. Wegen des Fachsenateprinzips könne sich die herausragende Leistung des Richters im Vergleich zu anderen Berichterstattern erst mit zunehmender Erfahrung erweisen. Im Zusammenhang mit einer Anlassbeurteilung das Gesamturteil der Regelbeurteilung nach wenigen Jahren um drei bis vier Punkte anzuheben, verbiete sich aus Plausibilitätsgründen. Die Punktevergabe orientiere sich an der konkreten Vergleichsgruppe der Richterinnen und Richter des Bayerischen Landessozialgerichts in der Besoldungsgruppe R 2 und zwar unabhängig davon, ob alle Angehörigen dieser Vergleichsgruppe oder nur einzelne Richterinnen und Richter zu beurteilen seien. Eine Orientierung an anderen Vergleichsgruppen - etwa aus dem Bereich der Beamten des höheren Dienstes oder Richter anderer Gerichtsbarkeiten - könne nicht erfolgen, weil Binnenstruktur und Punkteniveau dieser Vergleichsgruppen nicht bekannt seien. Wäre die Beurteilung eine abstrakte, von der konkreten Vergleichsgruppe losgelöste, Leistungseinschätzung, wäre der Antragsteller - der das höchste Leistungsniveau seiner Besoldungsgruppe erreicht habe - mit 15 Punkten zu bewerten.

Der mit Beschluss vom 26. November 2014 als ausgewählte Beamte Beigeladene hat bislang keinen Antrag gestellt und sich auch sonst nicht zum Verfahren geäußert.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.

2. Ein Anordnungsgrund ist vorliegend zu bejahen, da der vom Antragsteller angestrebte Dienstposten eines Vorsitzenden Richters am Bayerischen Landessozialgericht ausweislich der Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom ... Oktober 2014 mit dem Beigeladenen besetzt werden soll. Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - NVwZ 2011, 358 und U. v. 25.8.1988 - 2 C 62/85 - NVwZ 1989, 158; VG München, B. v. 28.4.2014 - M 5 E 14.1466) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Stellenbesetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Antragsgegner die Stellenbesetzung mit dem Beigeladenen nicht mehr rückgängig machen könnte.

3. Der Antragsteller hat auch einen darauf gerichteten Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner die umstrittene Stelle nicht mit dem Beigeladenen besetzt, bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.

a) Einen Rechtsanspruch auf die Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Antragsteller allerdings nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und damit amtsbezogen ist. Der Antragsteller hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, das heißt einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung für den Freistaat Bayern (BV), § 9 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und Art. 16 Abs. 1 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz - LlbG) normierten Leistungsgrundsatzes (hier i. V. m. Art. 2 Abs. 1 Bayerisches Richtergesetz - BayRiG) vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt (vgl. BVerfG, B. v. 26.11.2010, NVwZ 2011, 746, 748 und B. v. 8.10.2007, NVwZ 2008, 69, 70).

Anhand dieser Vorgaben hat der Dienstherr unter mehreren Bewerbern den am besten Geeigneten ausfindig zu machen. Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamten- bzw. Richterstellen, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Beamten bzw. Richters an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Ein Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (BVerwG, U. v. 25.8.1988 - 2 C 28/85 - juris; BayVGH, B. v. 25.5.2011 - 3 CE 11.605 - BayVBl 2011, 565; VG München, B. v. 24.10.2012 - M 5 E 12.2637 - juris). Aus der Verletzung dieses Anspruches folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder auf Vergabe des begehrten Dienstpostens. Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B. v. 26.11.2010, a. a. O.).

b) Das im vorliegenden Fall durchgeführte Auswahlverfahren lässt nicht in hinreichender Weise erkennen, dass die Vorgaben des Leistungsgrundsatzes in einer die Prognose rechtfertigenden Weise eingehalten wären, dass der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird.

aa) Die Vorgaben des Leistungsgrundsatzes sind auf die vorliegende Konkurrenzsituation zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen anwendbar. Die mit R 3 bewertete Stelle eines Vorsitzenden Richters am Bayerischen Landessozialgericht stellt für beide Bewerber - unabhängig von ihrer unterschiedlichen Laufbahngruppe - ein Beförderungsamt dar, bei dessen Vergabe die Regeln der Bestenauslese zu beachten sind.

bb) Zweifelhaft ist insoweit aber schon, ob der Leistungsvergleich zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen auf einer hinreichend tragfähigen Grundlage vergleichbarer Beurteilungen erfolgt ist.

Im Rahmen eines Auswahlverfahrens, bei dem es um die „Klärung einer Wettbewerbssituation“ geht, ist zur Wahrung der Chancengleichheit der Bewerber ein inhaltlicher Vergleich von dienstlichen Beurteilungen nur zulässig, wenn er sich im Wesentlichen auf die gleichen Beurteilungszeiträume und die gleichen Beurteilungsstichtage erstreckt. Im Fall des Antragstellers endet der Beurteilungszeitraum der herangezogenen außerordentlichen Beurteilung am ... Februar 2014, während die zum Leistungsvergleich herangezogene periodische Beurteilung des Beigeladenen einen Beurteilungszeitraum abdeckt, der zum 28. Februar 2013 endet. Es ist fraglich, ob eine solche Divergenz der Beurteilungsstichtage, die dazu führt, dass die letzten 12 Monate der Tätigkeit des Beigeladenen im Leistungsvergleich mit dem Antragsteller ausgeblendet werden, noch eine tragfähige Grundlage für einen Leistungsvergleich in einem Auswahlverfahren bildet (vgl. hierzu BVerwG, B. v 3.2.2015 - 1 WDS-VR 2/14 - juris, Rn. 38/42 unter Hinweis auf B. v. 12.4.2013 - 1 WDS-VR 1.13 - juris, Rn. 40, wo bereits eine Divergenz von 8 Monaten als für einen Leistungsvergleich unzureichend angesehen wurde; a.A. BayVGH, B. v. 3.2.2015 - 3 CE 14.2848 - juris, wo eine Divergenz der Beurteilungszeiträume von 17 Monaten unbeanstandet blieb).

cc) Bei der weiteren Überprüfung, ob die Vorgaben des Leistungsgrundsatzes eingehalten sind, ist auf die maßgeblichen Erwägungen des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration abzustellen, die im dortigen Auswahlvermerk vom ... Juni 2014 sowie im Vermerk über die Aussprache des Präsidialrates mit der Ministerin vom ... August 2014 niedergelegt sind. Danach wurde entscheidend auf einen Vergleich der vorliegenden dienstlichen Beurteilungen abgestellt, nämlich auf die außerordentliche dienstliche Beurteilung des Antragstellers für den Zeitraum 1. März 2010 - 28. Februar 2014 mit einem Gesamturteil von 14 Punkten einerseits und die periodische Beurteilung des Beigeladenen für den Zeitraum 1. März 2010 - 28. Februar 2013 mit einem Gesamturteil von 15 Punkten andererseits. Für eine Berücksichtigung des Antragstellers bliebe kein Raum, da dieser im Gesamturteil eindeutig ungünstiger beurteilt sei.

Des Weiteren erfolgten Ausführungen zu der seitens des Präsidialrates angeführten wesentlich geringeren richterlichen Erfahrung des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller, die das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration allerdings durch die bisher vom Beigeladenen wahrgenommenen Tätigkeiten und die hierbei erbrachten Leistungen als aufgewogen ansah. Entscheidend für die Prognose des Antragsgegners, welcher Bewerber die Anforderungen der zu besetzenden Stelle am besten erfüllt, blieb daher die bereits aufgezeigte Differenz im Gesamturteil der genannten Beurteilungen.

Allerdings bestehen auch unter Berücksichtigung des nur dem Dienstherren vorbehaltenen Aktes wertender Erkenntnis bei der Prognoseentscheidung, welcher Bewerber den Anforderungen des höheren Richteramtes am besten gerecht wird, erhebliche Zweifel daran, dass diese Differenz im Gesamturteil der dienstlichen Beurteilungen den vom Antragsgegner angenommenen Leistungsvorsprung des Beigeladenen trägt.

Zum einen wurde nicht berücksichtigt, dass die genannten Beurteilungen nicht ohne weiteres miteinander verglichen werden dürfen. Dienstliche Beurteilungen haben stets die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eines Beamten bzw. Richters im Vergleich zu den anderen Beamten bzw. Richtern derselben Laufbahn- und Besoldungsgruppe abzubilden. Die Beurteilung des Antragstellers erfolgte daher im Leistungsvergleich mit anderen Richtern der Besoldungsgruppe R 2, die des Beigeladenen im Leistungsvergleich mit anderen Beamten der Besoldungsgruppe A 16. Die so an unterschiedlichen Vergleichsgruppen orientierten Beurteilungen sind für einen Leistungsvergleich nur sehr eingeschränkt geeignet (vgl. bereits VG München, B. v. 25.1.2005 - M 5 E 04.6321 - juris, Rn. 28 für einen vergleichbaren Fall). Der Antragsgegner hat in seinen Auswahlüberlegungen diesen unterschiedlichen Ausgangspunkt für das Zustandekommen der jeweiligen dienstlichen Beurteilungen im Rahmen des Leistungsvergleiches nicht thematisiert, sondern ist ohne Weiteres davon ausgegangen, dass der Beigeladene aufgrund seines besseren Gesamturteils als leistungsstärker einzustufen ist. Insofern bestehen erhebliche Zweifel, ob die getroffene Auswahlentscheidung allgemein gültigen Bewertungsmaßstäben entspricht.

Die weiteren Überlegungen der Auswahlentscheidung des Antragsgegners setzen sich zwar mit der vom Präsidialrat angführten, erheblich größeren richterlichen Erfahrung des Antragstellers - insbesondere im prozessualen Bereich - auseinander und kommen letztendlich zu dem Ergebnis, dass der Beigeladene diesen Vorsprung des Antragstellers durch die von ihm gesammelten und entsprechend bewerteten Erfahrungen in anderen Tätigkeitsgebieten kompensieren könne. Allerdings werden diese Überlegungen stets vor dem Hintergrund angestellt, dass der Beigeladene schon aufgrund des Gesamturteils seiner dienstlichen Beurteilung leistungsstärker sei, ohne darzulegen, inwieweit ein Leistungsvergleich in der gegebenen Konstellation unterschiedlicher Laufbahngruppen möglich bzw. wie dieser - gemessen an den Anforderungen der zu besetzenden Stelle - vorzunehmen ist.

Zum anderen bestehen auch ganz erhebliche Bedenken an der getroffenen Einschätzung des Antragsgegners, der Beigeladene sei leistungsstärker als der Antragsteller, aufgrund der vom Gericht eingeholten Stellungnahme vom 5. Februar 2015 der Präsidentin des Bayerischen Landessozialgerichts als zuständige Beurteilerin der dortigen Richter.

In der genannten Stellungnahme wird nämlich zum Zustandekommen der dienstlichen Beurteilungen der Sozialrichter ausgeführt, dass es keine Vorgaben zur Vergabe von Spitzenprädikaten von 15 oder 16 Punkten im Gesamturteil gebe. Die Punktevergabe bei Beurteilungen von Richterinnen und Richtern der Besoldungsgruppe R 2 hätte sich an der Gruppe eben dieser Richterinnen und Richter als Vergleichsgruppe zu orientieren. Abschließend wird ausgeführt, dass der Antragsteller - der das höchste Leistungsniveau seiner Besoldungsgruppe erreicht habe - dann, wenn die Beurteilung eine abstrakte, von der konkreten Vergleichsgruppe losgelöste Leistungseinschätzung wäre, mit 15 Punkten zu bewerten wäre.

Die zuletzt getroffene Aussage wirft in mehrerlei Hinsicht Fragen auf. Zunächst ist nicht ersichtlich, weshalb eine Leistungseinschätzung losgelöst von der Vergleichsgruppe (die ja nach den vorangehenden Ausführungen der Beurteilerin zutreffend als maßgeblicher Bezug für die Leistungsbewertung zu sehen ist) angestellt wird. Weiter ist nicht ersichtlich, warum der Antragsteller - wenn er das höchste Leistungsniveau seiner Besoldungsgruppe erreicht hat - tatsächlich mit 14 Punkten bewertet wurde und - losgelöst von der Vergleichsgruppe - mit 15 Punkten zu bewerten gewesen wäre. Nachdem seitens der Beurteilerin bereits in ihrem Besetzungsvorschlag vom ... Mai 2014 (dort S. 3) darauf hingewiesen wurde, dass auch für herausragende Richterpersönlichkeiten bislang allenfalls 14 Punkte vergeben worden seien und auch der Antragsgegner im vorliegenden Verfahren bestätigt hat, dass Richterinnen und Richter in der Sozialgerichtsbarkeit seit dem Jahr 2000 mit einem Gesamturteil von maximal 14 Punkten beurteilt wurden (s. Schriftsatz des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 23.1.2015, dort S. 3), liegt die Annahme nahe, dass für den Bereich der Richterinnen und Richter der Sozialgerichtsbarkeit der Beurteilungsrahmen nur verkürzt angewandt werde. Dieses würde in Konkurrenzsituationen - wie der vorliegenden - dazu führen, dass auch ein leistungsmäßig herausragender Richter gegenüber einem Mitbewerber eines anderen Geschäftsbereiches, bei dem der Beurteilungsrahmen voll ausgeschöpft wird (vgl. hierzu die für den Beigeladenen einschlägige Vorgabe zu einer weitestgehenden Ausschöpfung des Beurteilungsrahmens in Ziff. 1.3 der Richtlinien über die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 7.2.2011 - P2/0371-1/6 - AllMBl 2011, 224), stets das Nachsehen hätte. Dies würde in der formulierten Allgemeinheit erkennbar nicht mit dem Leistungsgrundsatz in Einklang stehen.

dd) Da im Hinblick auf die Beurteilungspraxis innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit - wie vorstehend ausgeführt - weitergehender Aufklärungsbedarf besteht, dem im Hauptsacheverfahren nachzukommen ist, und erhebliche Bedenken gegen die getroffene Auswahlentscheidung bestehen, wobei es möglich erscheint, dass bei einer rechtsfehlerfrei getroffenen Auswahlentscheidung der Antragsteller zu berücksichtigen wäre, war dem Antrag stattzugeben.

4. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst, da es nicht gerechtfertigt ist, sie der unterliegenden Partei oder der Staatskasse aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), denn der Beigeladene hat sich bisher nicht am Verfahren beteiligt, insbesondere keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt (Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Rn. 17 zu § 162).

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. März 2015 - M 5 E 14.4949

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. März 2015 - M 5 E 14.4949

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. März 2015 - M 5 E 14.4949 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 9 Kriterien der Ernennung


Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identi

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. März 2015 - M 5 E 14.4949 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. März 2015 - M 5 E 14.4949 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2015 - 3 CE 14.2848

bei uns veröffentlicht am 03.02.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das Beschwerdeve

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 04. Nov. 2010 - 2 C 16/09

bei uns veröffentlicht am 04.11.2010

Tatbestand 1 Der Kläger als Präsident des ... (Besoldungsgruppe R 6) und der Beigeladene als damaliger Präsident des ...gerichts (Besoldungsgruppe R 6) bewarben sich auf

Referenzen

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tatbestand

1

Der Kläger als Präsident des ... (Besoldungsgruppe R 6) und der Beigeladene als damaliger Präsident des ...gerichts (Besoldungsgruppe R 6) bewarben sich auf die nach R 8 besoldete Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts in Koblenz. Die Stelle war frei geworden, weil der Amtsinhaber Justizminister des beklagten Landes geworden war.

2

Der Justizminister gab dem Beigeladenen aufgrund einer von ihm selbst erstellten Anlassbeurteilung den Vorzug. Der Präsidialrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit sprach sich wegen der fehlenden Erfahrung des Beigeladenen im Bereich dieser Gerichtsbarkeit gegen ihn aus. Nach dem Landesrichtergesetz bedurfte der Besetzungsvorschlag der Zustimmung des Richterwahlausschusses, wofür die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. In der Sitzung des Ausschusses vom 8. Februar 2007 stimmten in der gesetzlich vorgesehenen offenen Abstimmung fünf Mitglieder für und vier Mitglieder gegen den Besetzungsvorschlag. Die beiden richterlichen Mitglieder enthielten sich ihrer Stimme. Sie waren unmittelbar vor der Sitzung des Ausschusses von der Staatssekretärin des Justizministeriums zu einem Gespräch in ihrem Dienstzimmer gebeten worden.

3

Der Antrag des Klägers, dem Beklagten im Wege einstweiliger Anordnung die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu untersagen, blieb in beiden Instanzen erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts durch Beschluss vom 13. Juni 2007 zurück. Darin heißt es, der Richterwahlausschuss habe dem Besetzungsvorschlag zugestimmt, weil die Zahl der Ja-Stimmen die Zahl der Nein-Stimmen überwogen habe. Es gebe keine greifbaren Anhaltspunkte für eine sachwidrige Beeinflussung der richterlichen Ausschussmitglieder durch die Staatssekretärin. Die Auswahlentscheidung des Justizministers sei frei von Rechtsfehlern. Dessen Anlassbeurteilung für den Beigeladenen sei auf zureichende tatsächliche Erkenntnisse gestützt. Der Justizminister habe statistische Unterlagen über die Arbeitsergebnisse der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verwertet. Darüber hinaus habe er seinen persönlichen Eindruck von dem Beigeladenen zugrunde gelegt, den er aufgrund der regelmäßigen Kontakte der Präsidenten der Obergerichte gewonnen habe. Da sowohl der Kläger als auch der Beigeladene mit der bestmöglichen Gesamtnote beurteilt worden seien, habe der Justizminister die Auswahl des Beigeladenen zu Recht auf bestimmte aussagekräftige Gesichtspunkte gestützt. Er habe rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits jahrelang Präsident eines Obergerichts gewesen sei, während seiner Amtszeit die Sozialgerichtsbarkeit des Landes nach den Statistiken über die Bearbeitung sozialgerichtlicher Verfahren in die Spitzengruppe der Sozialgerichtsbarkeiten geführt habe und nur ihm die ständige Bereitschaft zur Modernisierung der Justiz und zur Innovation bescheinigt worden sei.

4

Während des Beschwerdeverfahrens hatte der Kläger angekündigt, er werde im Falle der Zurückweisung seiner Beschwerde verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen.

5

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Justizministerium des Beklagten jeweils am 22. Juni 2007 zur Mittagszeit per Telefax übermittelt. Ungefähr eine halbe Stunde später händigte der Justizminister in seinem Dienstzimmer dem Beigeladenen die Ernennungsurkunde aus. Die danach eingelegte Verfassungsbeschwerde des Klägers nahm die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts durch Beschluss vom 24. September 2007 nicht zur Entscheidung an. In den Gründen heißt es, die Ernennung des Beigeladenen unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung trotz der dem Beklagten mitgeteilten Absicht des Klägers, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG. Jedoch sei dem Kläger zuzumuten, den Rechtsweg auszuschöpfen, weil eine Hauptsacheklage angesichts der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht als offensichtlich aussichtslos bewertet werden könne.

6

Mit seiner Klage will der Kläger hauptsächlich die Aufhebung der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts erreichen. Hilfsweise strebt er seine Ernennung zusätzlich zu derjenigen des Beigeladenen an. Weiter hilfsweise will er festgestellt wissen, dass ihn sowohl die Ernennung des Beigeladenen und die zugrunde liegende Auswahlentscheidung als auch die Vornahme der Ernennung vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in seinen Rechten verletzten.

7

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat sie in Bezug auf sämtliche Klagebegehren als unzulässig angesehen. Sein Berufungsurteil ist im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

8

Die Ernennung des Beigeladenen könne nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht rückgängig gemacht werden. Es sei auch rechtlich unmöglich, den Kläger zum weiteren Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen. Die Planstellen für die Präsidenten der beiden Oberlandesgerichte des Beklagten seien rechtsbeständig besetzt. Die Bereitstellung einer dritten Planstelle komme nicht in Betracht. Auch habe der Justizminister die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes nicht verhindert. Er habe nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung keinen Grund zu der Annahme gehabt, er müsse mit der Ernennung des Beigeladenen nach Abschluss des einstweiligen Anordnungsverfahrens weiter zuwarten, um dem Kläger die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ermöglichen. Der Kläger habe kein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass er durch Auswahl und Ernennung des Beigeladenen in seinen Rechten verletzt worden sei. Die Feststellung einer Rechtsverletzung durch die vorzeitige Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 sei nicht möglich, weil das vor Klageerhebung erforderliche Widerspruchsverfahren nicht stattgefunden habe.

9

Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil verletze seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Zudem erhebt er Besetzungs-, Aufklärungs- und Gehörsrügen.

10

Der Kläger beantragt mit dem Hauptantrag,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Januar 2009 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Juli 2008 aufzuheben sowie die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und dessen Einweisung in die Planstelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen und in die dazugehörende Planstelle einzuweisen, hilfsweise über die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

13

Der Beigeladene beteiligt sich nicht am Revisionsverfahren.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers ist zulässig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Revisionsbegründung form- und fristgerecht als elektronisches Dokument eingereicht (§ 55a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof - ERVVO - vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091).

15

Bei elektronisch übermittelten Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, tritt die qualifizierte elektronische Signatur an die Stelle der Unterschrift (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO; § 2 Abs. 6 ERRVO). Die Signatur soll die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO). Sie soll Gewähr dafür bieten, dass das anstelle eines Schriftstücks eingereichte Dokument von einem bestimmten Verfasser stammt und mit seinem Willen übermittelt worden ist. Daher reicht es bei Übermittlung des Dokuments als Anlage einer Datei aus, dass diese in einer Weise signiert ist, die keinen Zweifel an dem Verfasser des Dokuments zulässt. Es ist dann nicht erforderlich, dass er das Dokument gesondert signiert. Dementsprechend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in Einklang mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nur die Datei signiert, mit der er die Revisionsbegründung fristgemäß elektronisch übermittelt hat.

16

Die Revision des Klägers ist mit dem Hauptantrag im Wesentlichen begründet. Die angefochtene Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und seine Einweisung in die dazugehörende Planstelle beim Oberlandesgericht Koblenz sind mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil die Ernennung die Rechte der Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt und der Grundsatz der Ämterstabilität der Aufhebung nicht entgegensteht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Beklagte muss über die Vergabe des Amtes des Präsidenten des Oberlandesgerichts aufgrund eines erneuten Auswahlverfahrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats nochmals entscheiden.

17

1. Der Kläger kann die Ernennung des Beigeladenen anfechten, weil sie in seine Rechte eingreift. Die Ernennung eines nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählten Bewerbers für ein Amt stellt einen Verwaltungsakt dar, der darauf gerichtet ist, unmittelbare Rechtswirkungen für die durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber zu entfalten.

18

Einer Ernennung bedarf es, um einem Richter oder Beamten auf Lebenszeit ein höherwertiges, nämlich einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnetes Amt im statusrechtlichen Sinne zu verleihen (Beförderung; vgl. § 5 Abs. 1 des Landesrichtergesetzes Rheinland Pfalz - LRiG RP - i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz - LBG RP -; nunmehr § 8 Abs. 1 Nr. 3 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG -). Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung der Ernennungsurkunde (§ 8 Abs. 2 Satz 1 LBG RP; § 8 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG). Dadurch wird der Richter oder Beamte Inhaber des höherwertigen Amtes mit den daran geknüpften Rechten und Pflichten aus dem Richter- oder Beamtenverhältnis. Die Ernennung begründet Ansprüche auf die Einweisung in die zu dem Amt gehörende Planstelle und auf eine dem neuen Amt angemessene Beschäftigung bei dem Gericht oder der Behörde, der die Planstelle zugeordnet ist (Urteile vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55 f.> und vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 Rn. 12).

19

Darüber hinaus ist die Ernennung nach ihrem Regelungsgehalt auf unmittelbare Rechtswirkungen für diejenigen Bewerber gerichtet, die sich erfolglos um die Verleihung des Amtes beworben haben. Die Ernennung greift in deren Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG ein, weil sie in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Entscheidung des Dienstherrn über die Bewerberauswahl steht und deren rechtliches Schicksal teilt. Die Ernennung des ausgewählten Bewerbers ist Ziel und Abschluss des Auswahlverfahrens.

20

Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 16 f., vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <239 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31 S. 22 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 17 f.).

21

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. Urteile vom 28. Oktober 2004 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O).

22

Als Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl wird der Bewerbungsverfahrensanspruch auch erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für am besten geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum für die Gewichtung der Leistungskriterien auf Null reduziert ist, d.h. ein Bewerber eindeutig am Besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren. Dessen Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt zum Anspruch auf Vergabe des höheren Amtes.

23

Aufgrund seiner Zielrichtung ist der Bewerbungsverfahrensanspruch an ein laufendes Auswahlverfahren zur Vergabe eines bestimmten Amtes geknüpft. Die Bewerber um dieses Amt stehen in einem Wettbewerb, dessen Regeln der Leistungsgrundsatz vorgibt. Ihre Ansprüche stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind aufeinander bezogen. Sie werden in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes, d.h. des Leistungsvermögens der Mitbewerber, inhaltlich konkretisiert. Jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirkt sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus. Dies gilt umso mehr, je weniger Bewerber um das Amt konkurrieren.

24

Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG kann sich daraus ergeben, dass ein Leistungsvergleich gar nicht möglich ist, weil es bereits an tragfähigen Erkenntnissen über das Leistungsvermögen, d.h. an aussagekräftigen dienstlichen Beurteilungen, fehlt. Der eigentliche Leistungsvergleich verletzt Art. 33 Abs. 2 GG, wenn nicht unmittelbar leistungsbezogene Gesichtspunkte in die Auswahlentscheidung einfließen oder die Leistungsmerkmale fehlerhaft gewichtet werden. Aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Bewerbungen folgt, dass jeder Bewerber im Stande sein muss, sowohl eigene Benachteiligungen als auch Bevorzugungen eines anderen zu verhindern, die nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Daher kann sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs auch aus der Beurteilung eines Mitbewerbers oder aus dem Leistungsvergleich zwischen ihnen ergeben. Voraussetzung ist nur, dass sich ein derartiger Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Deren Erfolg muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194 und vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 19.01 - Buchholz 237.95 § 20 SHLBG Nr. 2).

25

Der wechselseitige inhaltliche Bezug der Rechte der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG schlägt sich in der Entscheidung des Dienstherrn nieder, welchen Bewerber er für am besten geeignet für das zu vergebende Amt hält. Diese Auswahlentscheidung betrifft nach ihrem Inhalt alle Bewerber gleichermaßen: Mit der Auswahl eines Bewerbers geht zwangsläufig die Ablehnung der Mitbewerber einher. Hat der Dienstherr die Auswahl in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG vorgenommen, so sind die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber erfüllt. Die gesonderten Mitteilungen der Auswahlentscheidung an jeden Bewerber, einmal positiven, ansonsten negativen Inhalts, stellen keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen dar, sondern geben die einheitliche, rechtlich untrennbare Auswahlentscheidung bekannt. Ihre Begründung muss die maßgebenden Erwägungen des Dienstherrn erkennen lassen.

26

Der Regelungsgehalt der Ernennung stimmt inhaltlich mit der Auswahlentscheidung überein. Die Ernennung folgt der Auswahlentscheidung, setzt diese rechtsverbindlich um und beendet das Auswahlverfahren. Sie ist an keine weiteren Voraussetzungen als an die Auswahlentscheidung gebunden, sondern bestätigt diese nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG getroffene Entscheidung des Dienstherrn auch im Hinblick auf die Bewerbungsverfahrensansprüche.

27

Ein unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählter Bewerber hat einen Anspruch auf Verleihung des Amtes durch Ernennung (vgl. Beschluss vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 - BVerwGE 129, 272 Rn. 45). Die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber gehen durch die Ernennung unter, wenn diese das Auswahlverfahren endgültig abschließt. Dies ist regelmäßig der Fall, weil die Ernennung nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sodass das Amt unwiderruflich vergeben ist. Ein unterlegener Bewerber kann seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nur dann durch eine Anfechtungsklage gegen die Ernennung weiterverfolgen, wenn er unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG daran gehindert worden ist, seine Rechtsschutzmöglichkeiten vor der Ernennung auszuschöpfen (vgl. unter 2.).

28

Die rechtliche Bedeutung der Ernennung wird nunmehr durch den Wortlaut des hier noch nicht anwendbaren § 9 BeamtStG verdeutlicht. Danach sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Darin kommt zum Ausdruck, dass nicht nur die Auswahlentscheidung, sondern auch die daran anknüpfende Ernennung in die Rechte aller Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift (vgl. zum Ganzen Schenke, in: Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>). An der gegenteiligen Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest (vgl. Urteile vom 9. März 1989 - BVerwG 2 C 4.87 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 36 S. 7 f. und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <372 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 7 f.).

29

2. Die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Ernennung scheitert nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, weil dem Kläger der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotene Rechtsschutz nicht erschöpfend vor der Ernennung gewährt worden ist. Aus diesem Grund ist eine inhaltliche Nachprüfung der Ernennung verfassungsrechtlich geboten.

30

Der Grundsatz der Ämterstabilität steht der Aufhebung einer Ernennung nicht entgegen, wenn ein herkömmlicher gesetzlicher Rücknahmetatbestand erfüllt ist. Diese Tatbestände erfassen vor allem Fallgestaltungen, in denen der Gesetzgeber die Aufrechterhaltung der Ernennung als unerträglich ansieht (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Ansonsten soll das Amt mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers unwiderruflich vergeben sein, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ernennung mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang steht (Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 62.85 - BVerwGE 80, 127 <130 f.> = Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 4 S. 5 f. und vom 9. März 1989 a.a.O. S. 7 f.; Beschluss vom 30. Juni 1993 - BVerwG 2 B 64.93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 49; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. November 2005 - NotZ 18/05 - BGHZ 165, 139 <142 f.>).

31

Auch wenn die Ernennung in die Rechte der unterlegenen Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift, ist deren Rechtsbeständigkeit aus Gründen der Ämterstabilität mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar, wenn unterlegene Bewerber ihren Bewerbungsverfahrensanspruch vor der Ernennung in der grundrechtlich gebotenen Weise gerichtlich geltend machen können. Es muss sichergestellt sein, dass ein unterlegener Bewerber die Auswahlentscheidung des Dienstherrn vor der Ernennung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann, das den inhaltlichen Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG genügt. Hierfür hat sich eine Praxis der Verwaltungsgerichte herausgebildet, die den gerichtlichen Rechtsschutz in den Zeitraum zwischen der Auswahlentscheidung und der Ernennung verlagert. Ein unterlegener Bewerber ist zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs darauf verwiesen, eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zu beantragen, durch die dem Dienstherrn die Ernennung des ausgewählten Bewerbers untersagt wird. Erwächst eine einstweilige Anordnung dieses Inhalts in Rechtskraft, so muss der Dienstherr das Auswahlverfahren, wenn er es nicht zulässigerweise abbricht, je nach Inhalt und Reichweite des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG vollständig oder teilweise wiederholen und auf der Grundlage des wiederholten Verfahrens eine neue Auswahlentscheidung treffen (vgl. zum Abbruch: Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 <115>). Der Dienstherr darf den ausgewählten Bewerber erst ernennen, wenn feststeht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg hat. Ein Hauptsacheverfahren findet dann wegen der Rechtsbeständigkeit der Ernennung nicht mehr statt.

32

Dieses von den Verwaltungsgerichten allgemein praktizierte Modell des vor die Ernennung gezogenen Rechtsschutzes im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 123 VwGO wird den sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen nur dann gerecht, wenn das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Das Verfahren darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Dies bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten. Auch dürfen die Verwaltungsgerichte die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannen. Stellen sie eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs fest, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (stRspr; vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 - NJW 1990, 501; vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 und vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194; BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 -BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <106 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 31 f.).

33

Hatte ein unterlegener Bewerber Gelegenheit, die Rechtsschutzmöglichkeiten zur gerichtlichen Nachprüfung der Auswahlentscheidung vor der Ernennung auszuschöpfen, so sind seine Ansprüche aus Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erfüllt. Dies gilt unabhängig davon, ob den gerichtlichen Entscheidungen materiellrechtliche oder prozessuale Mängel anhaften. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt weder einen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung noch darauf, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch zweimal, nämlich vor und nach der Ernennung gerichtlich verfolgt werden kann. Eine Anfechtung der Ernennung ist in diesen Fällen verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Wirksamkeit des Rechtsschutzes vor der Ernennung hängt aber davon ab, dass der Dienstherr die gerichtliche Nachprüfung seiner Auswahlentscheidung ermöglicht. Er muss mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers zuwarten, bis die unterlegenen Bewerber ihre Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Daher ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG Mitteilungs- und Wartepflichten des Dienstherrn, mit denen Ansprüche der unterlegenen Bewerber korrespondieren:

34

Zunächst muss der Dienstherr die Auswahlentscheidung vor der Ernennung den unterlegenen Bewerbern mitteilen (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20). Danach muss er eine angemessene Zeit zuwarten, damit die Unterlegenen das Verwaltungsgericht anrufen können. In der Praxis der Verwaltungsgerichte hat sich eine Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung als angemessen herausgebildet. Beantragt ein Bewerber rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, darf der Dienstherr die Ernennung erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vornehmen (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <374 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 10 f.).

35

Hat der Dienstherr in der abschließenden Beschwerdeinstanz des einstweiligen Anordnungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht obsiegt, muss er nochmals angemessene Zeit mit der Ernennung zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber Gelegenheit zu geben, zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleisten Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG auch die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG zu erwirken oder Verfassungsbeschwerde zu erheben. Nimmt der Dienstherr dem unterlegenen Bewerber diese Möglichkeit, indem er den ausgewählten Bewerber nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vor Ablauf einer angemessenen Wartefrist ernennt, so verhindert er die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 - NJW-RR 2005, 998 <999>; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178; vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - NVwZ 2008, 70 und vom 9. Juli 2009 - 2 BvR 706/09 - NVwZ 2009, 1430).

36

Nach alledem verhindert der Dienstherr den nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen Rechtsschutz, wenn er den ausgewählten Bewerber ernennt, obwohl ihm dies durch eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts untersagt ist. Gleiches gilt, wenn er die Ernennung während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens vornimmt. Darüber hinaus liegen Fälle der Rechtsschutzverhinderung vor, wenn der Dienstherr die Ernennung ohne vorherige Mitteilungen an die unterlegenen Bewerber oder vor Ablauf der Wartefrist für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der gesetzlichen Frist für die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht oder der Wartefrist für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts vornimmt.

37

Verstößt der Dienstherr vor der Ernennung gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG, so muss der verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutz nach der Ernennung nachgeholt werden. Der Dienstherr kann sich auf die Ämterstabilität nicht berufen, um Verletzungen des vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu decken. Ansonsten hätte er es in der Hand, die Grundrechte unterlegener Bewerber durch vorzeitige Ernennungen auszuschalten. Gefährdungen der Funktionsfähigkeit von Justiz oder Verwaltung kann der Dienstherr vermeiden, indem er die Anforderungen der Rechtsschutzgarantie beachtet. Im Übrigen liegen sie wegen der überschaubaren Zahl der Fälle der Rechtsschutzverhinderung fern.

38

Dies gilt auch, wenn der Ämterstabilität als Ausdruck des Lebenszeitprinzips nach Art. 33 Abs. 5 GG nicht nur als Schutz gegen die Entziehung des Amtes durch den Dienstherrn, sondern auch in Konkurrentenstreitigkeiten Verfassungsrang zukäme (bejahend etwa Wernsmann, DVBl 2005, 276<282>; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, S. 475 ff; ablehnend Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <688 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <295>).

39

Nach der Ernennung des ausgewählten Bewerbers kann unterlegenen Bewerbern gerichtlicher Rechtsschutz nur im Wege der Anfechtungsklage gegen die Ernennung gewährt werden. Eine andere Möglichkeit zur Durchsetzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs besteht nicht. Verstößt die Ernennung gegen die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG, so ist sie mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Aufhebung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vornahme scheidet aus, weil die mit der Ernennung verbundene Statusänderung jedenfalls ohne gesetzliche Grundlage nicht nachträglich ungeschehen gemacht werden kann. Die insoweit auch für Richter geltenden Beamtengesetze sehen die Aufhebung für die Vergangenheit nur in den Fällen vor, in denen ein Rücknahmetatbestand erfüllt ist (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Zudem erklären sie die Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt für unzulässig und insoweit unwirksam (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 2 LBG RP; nunmehr § 8 Abs. 4 BeamtStG). Gleiches muss für die Aufhebung der Ernennung gelten, zumal diese zeitliche Beschränkung Rechte übergangener Bewerber nicht berührt.

40

Aus den dargelegten Gründen führt der Senat die Rechtsprechung nicht weiter, dass in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung zwar die Ernennung rechtsbeständig sei, jedoch der Bewerbungsverfahrensanspruch des unterlegenen Bewerbers mit verändertem Inhalt fortbestehe (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - a.a.O.). Aufgrund seiner Abhängigkeit von dem konkreten Auswahlverfahren ist dieser Anspruch nicht darauf gerichtet, eine weitere Planstelle zu schaffen. Deren Bereitstellung ergibt für funktionsgebundene Ämter keinen Sinn, weil es an der Möglichkeit einer amtsangemessenen Beschäftigung fehlt (vgl. Schnellenbach, ZBR 2004, 104 <105>). Hinzu kommt, dass auch das neue Amt nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vergeben werden muss.

41

Im vorliegenden Fall kann sich der Beklagte nicht auf die Ämterstabilität berufen, weil er die Gewährung wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutzes für den Kläger verhindert hat. Durch die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat der Justizminister des Beklagten dem Kläger die Möglichkeit genommen, die Ernennung durch die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu verhindern. Er hat die aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG folgende Wartepflicht missachtet. Diesen Verfassungsverstoß hat bereits das Bundesverfassungsgericht in den Gründen des Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) festgestellt.

42

Dem Justizminister musste zum Zeitpunkt der Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 auch bekannt sein, dass er die Ernennung noch nicht vornehmen durfte. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach das Bundesverfassungsgericht die Wartepflicht für seine eigene Anrufung erstmals in dem Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - (NVwZ 2007, 1178) postuliert habe, sind unrichtig. Dieser Beschluss nimmt ausdrücklich auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - (NJW-RR 2005, 998) Bezug. Dort heißt es, eine Verletzung der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG liege vor, wenn einem unterlegenen Bewerber um eine Notarstelle durch umgehende Ernennung des ausgewählten Bewerbers die Möglichkeit genommen werde, die Besetzung der Stelle durch eine verfassungsgerichtliche Eilentscheidung zu verhindern. Der Justizminister kann sich nicht darauf berufen, diese Entscheidung nicht gekannt zu haben, zumal der Kläger die Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts bereits angekündigt hatte.

43

3. Die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil sie den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Die Erwägungen, auf die der Beklagte die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen gestützt hat, werden den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen nicht gerecht. Dies hat die Rechtswidrigkeit der Ernennung zur Folge, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beigeladene aus anderen als den vom Beklagten angeführten Gründen in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG hätte ausgewählt werden können. Die Ernennung verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers, weil es zumindest ernsthaft möglich erscheint, dass dieser bei rechtsfehlerfreiem Verlauf anstelle des Beigeladenen ausgewählt und ernannt worden wäre.

44

Zwar enthält das Berufungsurteil keine tatsächlichen Feststellungen zur Auswahlentscheidung. Der Senat kann diese Entscheidung jedoch aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 im einstweiligen Anordnungsverfahren inhaltlich nachprüfen, weil diese von der Bezugnahme des Oberverwaltungsgerichts auf die Akten der Gerichtsverfahren umfasst werden.

45

Wie dargelegt dürfen der Entscheidung über die Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne nur leistungsbezogene Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße die Bewerber den Anforderungen ihres Amtes genügen und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren werden. Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte (Urteile vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3, vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f.).

46

Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f.; vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - a.a.O. S. 151 und S. 18).

47

Der dienstlichen Beurteilung fehlt die erforderliche Aussagekraft, wenn sie auf einer nur partiell oder bruchstückhaft vorhandenen Kenntnis der für die Bewertungen erforderlichen Tatsachen beruht. Ist der für die Beurteilung Zuständige nicht in der Lage, sich ein eigenes vollständiges Bild von den Leistungen des Bewerbers zu machen, ist er darauf angewiesen, sich die fehlenden Kenntnisse von anderen Personen zu beschaffen. Hierfür kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Bewerbers aus eigener Anschauung kennen. In diesen Fällen müssen die Beurteilungsbeiträge der sachkundigen Personen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes berücksichtigt werden. Der Beurteiler darf nicht davon absehen, Beurteilungsbeiträge einzuholen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Bewerber zutreffend einzuschätzen. Zwar ist er an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren (Urteile vom 5. November 1998 - BVerwG 2 A 3.97 - BVerwGE 107, 360 <361 f.> = Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 5 S. 12; vom 21. März 2007 - BVerwG 2 C 2.06 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27 Rn. 10 und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 35 ).

48

Danach erweist sich die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen schon deshalb als rechtsfehlerhaft, weil dessen Anlassbeurteilung nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht. Der für die Beurteilung zuständige Justizminister hat sich kein Bild über die dienstliche Tätigkeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verschafft. Hierfür reichen weder die statistischen Angaben über die Entwicklung der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen noch die Eindrücke aus, die der Justizminister in seiner Amtszeit als Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz aufgrund der Zusammenarbeit der Präsidenten der Obergerichte des Landes von dem Beigeladenen gewonnen hat.

49

Statistische Angaben über Erledigungszahlen und Verfahrenslaufzeiten im Bereich einer Gerichtsbarkeit lassen für sich genommen keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Leistungen eines Gerichtspräsidenten und seine Eignung für das Amt des Präsidenten eines Obergerichts zu. Da sie dem Präsidenten nicht unmittelbar zugerechnet werden können, sind sie allenfalls geeignet, das Werturteil über die Führung der Dienstgeschäfte abzurunden.

50

Dass persönliche Eindrücke von einer Person aufgrund von Begegnungen bei Tagungen und vergleichbaren Veranstaltungen nicht geeignet sind, um auf weitere Erkenntnisse über dessen dienstliche Tätigkeit zu verzichten, liegt auf der Hand. Derartige Zusammenkünfte können keine Tatsachengrundlage liefern, auf die ein Gesamturteil über dienstliche Leistungen und über die Eignung für ein höherwertiges Amt gestützt werden kann.

51

Da dem Justizminister eigene Tatsachenkenntnisse fehlten, um Leistung und Eignung des Beigeladenen erschöpfend beurteilen zu können, war er verpflichtet, auf andere Erkenntnisquellen zurückzugreifen. Es hätte nahegelegen, Beurteilungsbeiträge hinreichend sachkundiger Mitarbeiter der Personalabteilung des Justizministeriums anzufordern. Der Beklagte hat zu keiner Zeit behauptet, dass derartige Beiträge eingeholt wurden. Daher kann dahingestellt bleiben, ob der Justizminister die Beurteilung des Beigeladenen vor der Eröffnung der Personalreferentin des Justizministeriums zur Prüfung zugeleitet hat. Das Oberverwaltungsgericht ist im Berufungsurteil von einer entsprechenden Feststellung in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 abgerückt (Urteilsabdruck S. 40). Jedenfalls hat die Personalreferentin keinen Beurteilungsbeitrag erstellt.

52

Darüber hinaus verletzt auch der Leistungsvergleich, auf den der Beklagte die Auswahlentscheidung gestützt hat, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers. Zum einen sind die zugrunde gelegten Leistungskriterien nicht aussagekräftig, zum anderen fehlt es an gleichen Bewertungsmaßstäben für Kläger und Beigeladenen.

53

Da beide das bestmögliche Gesamturteil erhielten, war es dem Beklagten möglich, die Auswahlentscheidung auf bestimmte, als besonders bedeutsam angesehene Leistungsgesichtspunkte zu stützen. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 hat der Beklagte darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits seit sieben Jahren Präsident eines Obergerichts war, in dieser Eigenschaft ein höher bewertetes Richteramt als der Kläger wahrnahm, die Sozialgerichtsbarkeit im statistischen Ländervergleich in die Spitzengruppe geführt habe und ihm eine stetige Innovations- und Modernisierungsbereitschaft eigen sei.

54

Das Amt des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts kann hier für sich genommen keinen entscheidenden Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger begründen. Gleiches gilt für die unterschiedliche Einstufung der Richterämter. Denn das zu besetzende Amt ist in der ordentlichen Gerichtsbarkeit angesiedelt, in der nur der Kläger, nicht aber der Beigeladene über dienstliche Erfahrungen als Richter und Gerichtspräsident verfügt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 - NVwZ 2007, 691; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 29 zur Bedeutung eines höherwertigen Dienstpostens).

55

Die statistisch erfassten Verbesserungen im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen können einen Eignungsvorsprung nicht begründen, weil sie nicht lediglich das Werturteil über die Amtsführung des Beigeladenen abrunden. Vielmehr wird die Bewertung, der Beklagte verfüge über herausragende Fähigkeiten, ausschließlich mit den Statistiken belegt. Diese Betrachtungsweise greift zu kurz, weil sie die Besonderheiten des Amtes eines Gerichtspräsidenten außer Acht lässt. Aufgrund der durch Art. 97 Abs. 1 GG gewährleisteten Unabhängigkeit der Richter, die alle Bestandteile der Rechtsprechungstätigkeit umfasst, übt ein Gerichtspräsident keine Leitungsfunktion für diese Tätigkeit aus. Da er auf die Arbeitsweise der Richter nicht unmittelbar einwirken kann, ist er auch nicht für deren Arbeitsergebnisse verantwortlich, wie dies bei einem Behördenleiter in Bezug auf die Arbeit der Mitarbeiter der Behörde der Fall sein mag. Ein Gerichtspräsident kann nur Vorschläge machen und motivierend tätig werden, etwa mit gutem Beispiel vorangehen, um auf höhere Erledigungszahlen und kürzere Verfahrenslaufzeiten hinzuwirken. Er muss zu erkennen geben, dass er Verbesserungen in diesem Bereich nicht Vorrang um jeden Preis einräumt, sondern die Bedeutung der statistisch nicht erfassbaren inhaltlichen Qualität der Rechtsprechung, etwa der Bemühungen um eine erschöpfende Sachverhaltsaufklärung, nicht aus dem Blick verliert. Die Feststellung und Bewertung derartiger Bemühungen eines Gerichtspräsidenten kann nicht durch eine undifferenzierte Hervorhebung statistischer Angaben ersetzt werden.

56

Insoweit hat der Beklagte auch das Gebot gleicher Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet. Hierfür wäre erforderlich gewesen, die statistische Entwicklung im Bereich des ... während der Amtszeit des Beklagten in vergleichbarer Weise festzustellen und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten und Instanzen mit den statistischen Angaben über die Sozialgerichtsbarkeit zu vergleichen.

57

Auf die dem Beigeladenen zugeschriebene Modernisierungs- und Innovationsbereitschaft konnte die Auswahlentscheidung nicht gestützt werden, weil dieses Merkmal inhaltlich gänzlich unbestimmt geblieben ist. Der Beklagte hat nicht deutlich gemacht, auf welche Tatsachen diese Wertung gestützt ist. Demzufolge hat er auch nicht dargelegt, auf welche Weise sich der Beigeladene hier vom Kläger abgehoben haben könnte.

58

Die dargestellten Defizite der Auswahlentscheidung haben zur Folge, dass der Beklagte ein neues Auswahlverfahren für die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts durchführen muss. Aus diesem Grund kann der Antrag des Klägers, den Beklagten zu seiner Ernennung anstelle des Beigeladenen zu verpflichten, keinen Erfolg haben. Für die erneute Bewerberauswahl müssen aktuelle Anlassbeurteilungen der Bewerber erstellt werden, wobei auch der seit 2007 verstrichene Zeitraum einzubeziehen ist. Dies bedeutet, dass auch die Amtsführung des Beigeladenen als Präsident des Oberlandesgerichts im Falle seiner erneuten Bewerbung zu beurteilen ist (vgl. Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 S. 16).

59

4. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 20 Abs. 3 GG gebietet nicht, im vorliegenden Fall von der Aufhebung der Ernennung abzusehen und es bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung zu belassen. Eine Änderung der Rechtsprechung ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - BVerfGE 122, 248 <277 f.>). Dies ist hier der Fall. Die Auffassung, die Aufhebung der Ernennung scheitere in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, schließt eine Entwicklung ab, die der Senat durch die Urteile vom 13. September 2001 - BVerwG 2 C 39.00 - (BVerwGE 115, 89 = Buchholz 237.3 § 41a BrLBG Nr. 1) und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - (BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27) eingeleitet hat. Die Gründe des auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers ergangenen Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) lassen darauf schließen, dass auch die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts angenommen hat, die Rechtsprechung des Senats sei im Wandel begriffen. Im Schrifttum ist die Anfechtbarkeit der Ernennung seit langem gefordert worden, wobei die Beschränkung auf Fälle der Rechtsschutzverhinderung überwiegend abgelehnt wird (vgl. nur Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 692 ff.; Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>; Battis, Kommentar zum BBG, 4. Auflage 2009, § 9 Rn. 30 f.; Höfling, in Bonner Kommentar zum Grundgesetz Stand: August 2007, Art. 33 Abs. 1 bis 3 Rn. 367 f.; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar zur VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 325; Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 16. Auflage 2009, § 42 Rn. 49).

60

Davon abgesehen ist ein Vertrauen des Beklagten in die Rechtsbeständigkeit der Ernennung auch wegen des Verfassungsverstoßes des Justizministers nicht schutzwürdig. Zwar hat der Beigeladene erhebliche Nachteile zu tragen. Er kann in dem Amt des Präsidenten des ...gerichts nicht mehr amtsangemessen beschäftigt werden. Auch dies ist auf das Vorgehen des Beklagten zurückzuführen, der die einzige Stelle nach der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts trotz Warnungen zügig besetzt hat. Der Beklagte ist aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, die Folgen für den Beigeladenen soweit als möglich auszugleichen. Er kann den Beigeladenen mit dessen Zustimmung in ein anderes gleichwertiges Amt der Besoldungsgruppe R 6 versetzen. Aus diesem Grund hat der Senat die Wirksamkeit seines Urteils hinsichtlich der Aufhebung der Ernennung auf den Zeitpunkt der Urteilszustellung hinausgeschoben. Der Beigeladene kann sich erneut um das Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewerben. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass einer weiteren, allein der Ämterstabilität geschuldeten Amtsführung des Beigeladenen ein Makel anhaften würde, wenn es der Senat bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung beließe. Seinen Belangen wird dadurch Rechnung getragen, dass die Auswahlentscheidung in einem neuen Bewerbungsverfahren unter seiner Beteiligung dann unter Berücksichtigung einer dienstlichen Beurteilung zu treffen ist, die seine Leistungen im Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewertet (Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 Rn. 4).

61

Auf die Verfahrensrügen des Klägers braucht der Senat nicht einzugehen, weil sie für den Ausgang des Revisionsverfahrens unerheblich sind. Da die Klage mit dem Hauptantrag Erfolg hat, ist über die hilfsweise gestellten Verpflichtungs-, Bescheidungs- und Feststellungsanträge nicht zu entscheiden.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller und der Beigeladene bewarben sich um die vom Antragsgegner unter dem 11. Juni 2014 ausgeschriebene Stelle des Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Staatsanwaltschaft K. (...).

Der 19... geborene Antragsteller steht als Vizepräsident des Landgerichts M. (Besoldungsgruppe R2 + AZ) im Dienst des Antragsgegners. Aus Anlass einer Bewerbung des Antragstellers um die Stelle des Präsidenten des Landgerichts M. erstellte der Präsident des Landgerichts M. am 20. Februar 2013 eine dienstliche Beurteilung des Antragstellers. Diese umfasst den Zeitraum vom 25. Oktober 2003 bis 20. Februar 2013 und schließt mit dem Gesamturteil „14 Punkte“.

Seine Bewerbung vom 26. Juni 2014 legte der Präsident des Landgerichts M. mit Schreiben vom 27. Juni 2014 dem Präsidenten des Oberlandesgerichts mit der einleitenden Bemerkung vor, „zunächst“ nehme er auf die Anlassbeurteilung vom 20. Februar 2013 Bezug. Der Antragsteller habe nach der Ende August 2013 eingetretenen schweren Erkrankung des Vorsitzenden der 1. und 2. Kammer für Handelssachen zupackend in den Kammern für Handelssachen längerfristig anhängige Verfahren übernommen und zügig sachgerechten Erledigungen zugeführt. Desgleichen habe er ohne Scheu und ohne Hinweis auf seine anderweitige Belastung in der Zeit (1.6. bis 15.9.2013), in der der Vorsitz der 3. Strafkammer des Landgerichts unbesetzt gewesen sei, problemlos Verhandlungen der 3. Strafkammer geführt und Entscheidungen ohne jede Beanstandung getroffen. Seine Eignung zur Leitung einer Behörde habe der Antragsteller nicht nur dadurch bewiesen, dass er das Landgericht im Juni 2013, als die Stelle des Präsidenten nicht besetzt und in Zeiten, in denen der Präsident zu vertreten gewesen sei, einwandfrei, selbstständig und loyal geleitet habe. Insgesamt sei festzuhalten, dass der Antragsteller sein hohes Leistungsniveau nach der Zwischenbeurteilung vom 20. Februar 2013 in allen von ihm betreuten Bereichen nicht nur bestätigt, sondern nochmals gesteigert habe.

Der 19... geborene Beigeladene ist ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts (Besoldungsgruppe R2 + AZ) bei der Staatsanwaltschaft K. (...). Der Beigeladene wurde anlässlich seiner Bewerbung um die verfahrensgegenständliche Stelle vom Generalstaatsanwalt in M. am 28. Juli 2014 dienstlich beurteilt. Die Beurteilung umfasst den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 28. Juli 2014 und schließt mit dem Gesamturteil „14 Punkte“.

Mit Schreiben vom 29. Juli 2014 schlug der Generalstaatsanwalt in M. dem Bayerischen Staatsministerium für Justiz vor, die Stelle dem Beigeladenen zu übertragen. Er weise ebenso wie der Antragsteller eine aktuelle Beurteilung von 14 Punkten auf. Dennoch sei dem Beigeladenen klar der Vorrang einzuräumen. Begründet wurde die Auswahlentscheidung u. a. damit, dass der Beigeladene über ein besonderes Maß an Führungs- und Sozialkompetenz verfüge. Besonders eindrucksvoll habe er seine Fähigkeit, mit außergewöhnlichen Belastungssituationen umzugehen, in jüngster Zeit während der Erkrankungsphase des bisherigen Behördenleiters und nach dessen plötzlichen Tod unter Beweis gestellt. In vorbildlicher Weise habe er allen Behördenangehörigen den nötigen Halt und die erforderliche Sicherheit vermittelt.

Im Rahmen einer Personalbesprechung am 6. August 2014 wählte der Staatsminister Prof. Dr. B. unter Einbeziehung des Besetzungsberichts, der Personalakten und der dienstlichen Beurteilungen nach einer Sacherörterung den Beigeladenen als den bestgeeignetsten Bewerber aus.

Unter Bezugnahme auf den Besetzungsvorschlag vom 29. Juli 2014 bat der Staatsminister mit Schreiben vom 6. August 2014 den erweiterten Hauptstaatsanwaltsrat um Stellungnahme zur Eignung des Beigeladenen. Nach Zustimmung teilte das Bayerische Staatsministerium der Justiz dem Antragsteller mit Schreiben vom 1. September 2014 mit, dass beabsichtigt sei, die Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Mit Schriftsatz vom 23. September 2014 beantragte der Antragsteller im Wege einer einstweiligen Anordnung

dem Antragsgegner vorläufig zu untersagen, die Stelle des Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Staatsanwaltschaft K. (...) - Besoldungsgruppe R4 - mit einer anderen Bewerberin/einem anderen Bewerber zu besetzen, eine andere Bewerberin/einen anderen Bewerber darauf zu beschäftigen oder eine auf den streitbefangenen Dienstposten bezogene Ernennungsurkunde auszuhändigen, bevor nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.

Die Auswahlentscheidung sei nicht auf der Grundlage einer hinreichend aktuellen Beurteilung getroffen worden, da sich beim Antragsteller seit der Erstellung der Beurteilung bis zur Besetzungsentscheidung Hinweise für eine Leistungssteigerung ergeben hätten. Im Schreiben des Präsidenten des Landgerichts M. vom 27. Juni 2014 werde ausgeführt, dass er sein hohes Leistungsniveau in der Zwischenbeurteilung vom 20. Februar 2013 in allen von ihn betreuten Bereichen nicht nur bestätigt, sondern nochmals gesteigert habe. Vor diesem Hintergrund hätte die Beurteilung vom 20. Februar 2013 nicht ohne weiteres der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden dürfen, sondern es hätte eine aktuelle Anlassbeurteilung eingeholt werden müssen. Dies gelte umso mehr, als in die Anlassbeurteilung des Beigeladenen mehrere Umstände eingeflossen seien, die erst kurz vor Erstellung der Bewerbung gelegen hätten. So werde dort etwa positiv die Umsetzung der Neuordnung des Gerichtswesens erwähnt, das Verhalten während der Krankheit und nach dem Tod des früheren Behördenleiters oder auch ein Leitfaden zur Verfolgung von Unterhaltspflichtverletzungen, der erst vor wenigen Tagen auf den neuesten Stand gebracht worden sei. Vor diesem Hintergrund sei es keinesfalls ausgeschlossen, dass die vom Präsidenten des Landgerichts M. attestierte Leistungssteigerung im Rahmen einer aktuellen Anlassbeurteilung zu einem höheren Gesamturteil geführt hätte.

Mit Beschluss vom 1. Dezember 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab. Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch geltend gemacht. Beim Antragsteller seien im Zeitraum von der Erstellung seiner außerordentlichen Beurteilung bis zur Erstellung der Anlassbeurteilung des Beigeladenen keine Veränderungen von relevanten Beurteilungsumständen erkennbar. Er habe in diesem Zeitraum weiterhin das Amt des Vizepräsidenten des Landgerichts ausgeübt. Auch hätte sich weder der Zuschnitt seiner Aufgaben noch der Umfang signifikant geändert. Zwar werde dem Antragsteller in dem Vorlageschreiben des Präsidenten des Landgerichts M. vom 27. Juni 2014 verbal bescheinigt, dass er sein hohes Leistungsniveau in der Zeit nach der Beurteilung vom 20. Februar 2013 in allen von ihm betreuten Bereichen nicht nur bestätigt, sondern nochmals gesteigert habe. Daraus könne jedoch nicht abgeleitet werden, dass der Präsident des Landgerichts M. als Beurteiler angenommen habe, das vergebene Gesamturteil von 14 Punkten bringe das Leistungsvermögen des Antragstellers nicht mehr zutreffend zum Ausdruck. Diese Sichtweise finde im Schreiben vom 27. Juni 2014, in dem von einer Notwendigkeit der Anpassung des Gesamturteils nicht die Rede sei, keine ausreichende Stütze. Vielmehr gelte insoweit die erfolgte Bezugnahme auf die außerordentliche Beurteilung vom 20. Februar 2013. Der Beurteiler habe damit konkludent zu erkennen gegeben, dass sich die vom Antragsteller gezeigte Leistungssteigerung noch im Rahmen des in dieser Beurteilung vom 20. Februar 2013 vergebenen Gesamturteils von 14 Punkten bewege und dessen Änderung gerade nicht veranlasst sei.

Die Auswahlentscheidung sei auch ausreichend dokumentiert. Zwar seien die Auswahlerwägungen in dem Personalauswahlgespräch vom 6. August 2014 nicht schriftlich niedergelegt. Jedoch ergäben sich die maßgeblichen Auswahlerwägungen aus dem Besetzungsakt der Behörde. Im Schreiben des Bayerischen Staatsministers der Justiz vom 6. August 2014 an den Vorsitzenden des Hauptstaatsanwaltsrats werde ausdrücklich auf den Besetzungsvorschlag vom 29. Juli 2014 Bezug genommen. Er habe damit zu Ausdruck gebracht, dass er die Begründung des Besetzungsvorschlags übernehme und diese Begründung Grundlage der von ihm getroffenen Besetzungsentscheidung sei.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

Er rügt im Wesentlichen, dass für den Antragsteller keine aktuelle Anlassbeurteilung eingeholt und dass der Auswahlentscheidung des Staatsministers dem Besetzungsvorgang nicht zu entnehmen sei.

Angesichts des Umstands, dass die Beurteilung des Beigeladenen durchaus maßgeblich von aktuellen Umständen geprägt sei, hätte auch für den Antragsteller eine weitere aktuelle Anlassbeurteilung eingeholt werden müssen, um die Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen herzustellen. Dem könne nicht entgegen gehalten werden, dass der Antragsteller seit der Erstellung der Anlassbeurteilung vom 20. Februar 2013 nach wie vor dasselbe Amt des Vizepräsidenten des Landgerichts M. ausübt und sich weder der Zuschnitt seiner Aufgaben, noch deren Umfang signifikant geändert hätten. Aus dem Schreiben des Präsidenten des Landgerichts M. vom 27. Juni 2014 sei vielmehr ersichtlich, dass der Antragsteller weitere Aufgaben übernommen habe, welche sich zwar ggf. noch im Rahmen der üblichen Dienstpflichten bewegten, dennoch bei der Beurteilung der Leistungen des Antragstellers zu berücksichtigen seien. Da der Dienstvorgesetze in seinem Schreiben festgehalten habe, dass der Antragsteller sein hohes Leistungsniveau in der Zeit nach der Beurteilung in allen von ihn betreuten Bereichen nicht nur bestätigt, sondern nochmals gesteigert habe, hätte sich der Antragsgegner vergewissern müssen, ob der Leistungsstand 2013 noch aktuell sei. Es könne nicht Aufgabe des Beurteilers sein, von sich aus die Erstellung einer Anlassbeurteilung anzuregen, sondern es sei Sache des Auswahlentscheiders vor dem Hintergrund des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechende Ermittlungen aufzunehmen, wenn ihm Anhaltspunkte bekannt seien, die auf eine ggf. signifikante Leistungssteigerung eines Bewerbers hinwiesen. Derartige Anhaltspunkte lägen beim Antragsteller vor.

Der Antragsgegner hat beantragt die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und keinen eigenen Antrag gestellt.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behörden- sowie Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das vom Antragsgegner durchgeführte Stellenbesetzungsverfahren lässt -ausgehend von den vom Antragsteller dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - erkennen, dass die Grundsätze der Bestenauslese dergestalt eingehalten worden sind, dass im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon auszugehen ist, dass der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

Die im Rahmen der Stellenbesetzung vorzunehmende Auswahlentscheidung ist gemäß dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 BV (vgl. § 9 BeamtStG, Art. 16 Abs. 1 LlbG) nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen. Kommen mehrere Bewerber für einen höherwertigen Dienstposten in Betracht, muss der am besten Geeignete ausfindig gemacht werden. Bei einer wesentlichen gleichen Beurteilungslage kann der Dienstherr die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen. Diese Regeln dienen vornehmlich dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung von Beamtenstellen, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Der Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (BVerwG, U. v. 25.8.1988 - 2 C 51/86 - BVerwGE 80, 123 ff.; BayVGH, B. v. 19.1.2000 - 3 CE 99.3309 - BayVBl 2001, 214; B. v. 16.8.2011 - 3 CE 11.897 - juris - st. Rspr.).

Ist unter mehreren Bewerbern eine Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens zu treffen, so sind die Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistungen in erster Linie auf dienstliche Beurteilungen zu stützen (BVerwG, U. v. 19.12.2002 - 2 C 31.01 - BayVBl 2003, 533; U. v. 27.2.2003 - 2 C 16.02 - BayVBl 2003, 693). Erst wenn alle unmittelbar leistungsbezogenen Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind, die Bewerber im Wesentlichen gleich einzustufen sind, sind Hilfskriterien heranzuziehen (BayVGH, B. v. 11.5.2009 - 3 CE 09.596 - juris).

1. Das Verfahren entspricht in formaler Hinsicht den Erfordernissen der Rechtsprechung, wonach die maßgeblichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niedergelegt werden müssen, da durch das Nachschieben der Auswahlerwägungen im gerichtlichen Verfahren der gerichtliche Rechtsschutz des Betroffenen unzumutbar erschwert wäre (BVerfG, B. v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - ZBR 2008, 169 - juris).

Aus der Rüge des Antragstellers, dass sich den Akten des Antragsgegners keine eigenen Auswahlerwägungen des Staatsministers entnehmen ließen, ergibt sich die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung nicht. Dem im Auswahlverfahren unterlegenen Mitbewerber obliegt im Eilverfahren die Darlegungslast für die von ihm behauptete Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung. Grundlage hierfür können allein die in den Akten der Behörde niedergelegten Auswahlerwägungen sein. Aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m.. Art. 19 Abs. 4 GG folgt deshalb die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Auch stellt nur die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie ist damit die verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, B. v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - ZBR 2008, 169 - juris Rn. 20 bis 22).

Vorliegend sind die maßgeblichen Auswahlerwägungen im Besetzungsakt der Behörde ausreichend dokumentiert. Im Schreiben des Generalstaatsanwalts in M. vom 29. Juli 2014 werden Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Antragstellers und des Beigeladenen dargestellt; es wird im Einzelnen begründet, weshalb der Beigeladene als der geeignetere Bewerber erachtet wird. Der Staatsminister hat in seinem Schreiben vom 6. August 2014 an den Vorsitzenden des Hauptstaatsanwaltsrats in Personalangelegenheiten, in dem er seine Absicht mitgeteilt hat, die Stelle dem Beigeladenen zu übertragen, ausdrücklich auf den Besetzungsvorschlag des Generalstaatsanwalts in M. vom 29. Juli 2014 Bezug genommen. Er hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er die Begründung des Besetzungsvorschlags übernimmt und diese Begründung Grundlage der von ihr getroffenen Besetzungsentscheidung ist (vgl. BayVGH, B. v. 29.11.2012 - 3 CE 12.2225 - juris Rn. 29).

2. Der Antragsgegner hat bei seiner Auswahlentscheidung allein auf die aktuellen Anlassbeurteilungen abgestellt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, nachdem die vorausgegangenen dienstlichen Beurteilungen beider Bewerber bereits sehr lange zurückliegen (der Antragsteller wurde zuletzt 2003, der Beigeladene 2004 dienstlich beurteilt), ihre aktuelle Aussagekraft daher gering ist und im Hinblick auf den zu besetzenden, herausgehobenen Dienstposten der hier beschrittene Weg, nämlich eine Binnendifferenzierung vorzunehmen, eine sachgerechte Verfahrensweise ist (Art. 16 Abs. 2 LlbG i. V. m.. Art. 70 Abs. 7 LlbG).

2.1. Der Antragsgegner ist zu Recht davon ausgegangen, dass die maßgeblichen Beurteilungen beim Vergleich der Gesamturteile gleichwertig sind und sich dadurch kein Beurteilungsvorsprung einer der beiden Bewerber ergibt. Zwar wurde die Anlassbeurteilung für den Antragsteller vom 20. Februar 2013 im Hinblick auf seine Bewerbung für das Amt des Präsidenten des Landgerichts M. erstellt. Der Antragsgegner durfte diese Beurteilung gleichwohl zum Leistungsvergleich heranziehen, denn die Darstellung und Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bezog sich auf das Amt des Präsidenten eines Landgerichts und ist daher hinsichtlich des Anforderungsprofils auch für das hier streitbefangene und in den prinzipiellen Anforderungen vergleichbare Amt des Leitenden Oberstaatsanwalts verwertbar (vgl. BayVGH, B. v. 29.11.2012 - 3 CE 12.2225 - juris Rn. 31). Das hier maßgebliche Anforderungsprofil ist in Ziff. 3.2.4 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 30. September 2003 in der Fassung vom 21. Juni 2011, JMBl 2011, 74, Anforderungsprofile für Richter und Staatsanwälte, festgelegt und gilt sowohl für die Leitung eines Gerichts als auch einer Staatsanwaltschaft. Beide Anlassbeurteilungen tragen diesem Anforderungsprofil Rechnung. Es umfasst die Fähigkeit, Mitarbeiter sachgerecht einzusetzen und zu beurteilen, kooperativ anzuleiten und zu fördern, ferner die Fähigkeit zur Integration sowie zum kompetenten Umgang mit Medien, die Bereitschaft und Fähigkeit zur Repräsentation in der Öffentlichkeit und zur Darstellung justizieller Belage sowie außerdem die Fähigkeit, technische und organisatorische Maßnahmen anzustoßen und umzusetzen und außerdem sachgerecht zu delegieren.

2.2 Die der Auswahlentscheidung zugrundeliegende Anlassbeurteilung des Antragstellers hat ihre Aktualität weder aufgrund der in der Beurteilung des Beigeladenen genannten Umstände, die kurz vor der Erstellung lagen (z. B. Verhalten während der Krankheit und nach dem Tod des früheren Behördenleiters) noch durch die im Vorlageschreiben des Präsidenten des Landgerichts M. genannte Leistungssteigerung, verloren.

Allein der Umstand, dass in der Anlassbeurteilung des Beigeladenen jüngste Ereignisse berücksichtigen werden konnten, rechtfertigt aus Gründen der Vergleichbarkeit keine erneute Anlassbeurteilung des Antragstellers. Anders wäre der Fall nur zu beurteilen, wenn sich die Situation des Antragstellers seit seiner Anlassbeurteilung vom 20. Februar 2013 relevant (vgl. BayVGH, B. v. 8.3.2010 - 3 CE 09.3208 - juris Rn. 17) bzw. erheblich (vgl. Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG) veränderte hätte. Entsprechende Anhaltspunkte liegen hierfür jedoch nicht vor.

Die im Vorlageschreiben des Präsidenten des Landgerichts M. vom 27. Juni 2014 genannte Leistungssteigerung stellt keine relevante Veränderung der Situation des Antragstellers dar. Das Verwaltungsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass aus dem Vorlageschreiben nicht abgeleitet werden kann, dass das vergebene Gesamturteil von 14 Punkten das Leistungsvermögen des Antragstellers nicht mehr zutreffend zum Ausdruck brächte, zumal der Dienstvorgesetzte nicht davon spricht, dass das Gesamturteil (nach oben) angepasst werden müsse. Mit der Bezugnahme auf die Anlassbeurteilung vom 20. Februar 2013 hat der Beurteiler vielmehr konkludent zu erkennen gegeben, dass sich die vom Antragsteller gezeigte Leistungssteigerung noch im Rahmen des in dieser Beurteilung vorgegebenen Gesamturteils von 14 Punkten bewegt. Da keine Veränderungen im Aufgabenbereich und in den Tätigkeiten des Antragstellers eingetreten waren, waren die tatsächlichen Beurteilungsgrundlagen, wie übrigens auch für den Beigeladenen, unverändert. Konkrete Anhaltspunkte für Ermittlungen wegen erheblicher Veränderungen im Leistungsbild bestanden nicht, zumal sich aus dem Vorlageschreiben insoweit keine Erkenntnisse ergeben. Die Last der vom Antragsteller übernommenen Vertretungen ist verdienstvoll, rechtfertigt aber nicht den Schluss auf eine Leistungssteigerung, sondern betont nochmals seine Belastbarkeit, die jedoch bereits in der Anlassbeurteilung vom 20. Februar 2013 (Bl. 3) Berücksichtigung gefunden hat. Erhebliche Anhaltspunkte für die vom Präsidenten des Landgerichts M. beschriebene Steigerung des hohen Leistungsniveaus finden sich im Schreiben nicht, die es notwendig erscheinen lassen, eine aktuelle Anlassbeurteilung einzuholen.

3. Bei einer im Wesentlichen gleichen Beurteilungslage kann der Dienstherr die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen (BayVGH, B. v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris Rn. 108). Sind mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann er auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen (BVerwG, B. v. 22.11.2012 - 2 VR 5.12 - juris Rn. 25). Vor diesem Hintergrund durfte der Umstand, dass der Beigeladene langjährig mit der Vertretung des Leitenden Oberstaatsanwalts der Staatsanwaltschaft K. (...) betraut war und die zu beurteilenden Leistungen auch in diesem Amt erbracht hat, berücksichtigt werden (Art. 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LlbG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 GKG, wobei der Senat auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um eine Dienstpostenbesetzung den Auffangstreitwert in voller Höhe festsetzt (BayVGH, B. v. 19.12.2914 - § CE 14.2057 - juris Rn. 41).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.