Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 10. Aug. 2018 - 1 L 660/18.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2018:0810.1L660.18.00
10.08.2018

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Sicherstellung ihres Hundes „E.“ durch die Antragsgegnerin vom 1. März 2018.

2

Der Ehemann der Antragstellerin, K. F. H., schloss mit der Stadt G. (Umweltamt – Städtisches Tierheim) am ... Januar 2013 einen Tierabgabevertrag „Nr. 12“. Damit wurde ein Hund der Rasse Staffordshire-Mix mit einem Alter von sieben Monaten Namens „E. J.“ übernommen. In der Folgezeit wurde der vorgenannte Hund in dem gemeinschaftlichen Anwesen der Eheleute gehalten. Der Ehemann der Antragstellerin war alleiniger Inhaber einer Erlaubnis zur Haltung des Hundes „E.“.

3

Die Antragstellerin wurde im Jahr 2017 von ihrem Ehemann verlassen, der den Hund bei ihr zurückließ. Zum ... Juli 2017 verlegte die Antragstellerin ihren Wohnsitz nach M.

4

Am 1. August 2017 meldete die Antragstellerin den Hund „E.“ bei der Hundesteuerstelle der Antragsgegnerin als „Mischling“ an; ohne dabei die Eigenschaft des Hundes als gefährlicher Hund ausdrücklich zu benennen.

5

Am 1. März 2018 kam es mit dem Hund der Antragstellerin zu einem Beißvorfall mit dem Hund ihres Nachbarn (Herrn ...) mit der Folge, dass der Nachbarshund eingeschläfert werden musste. Am selben Tage um ... Uhr stellte die Antragsgegnerin den Hund „E.“ bei der Antragstellerin gemäß § 22 POG sicher (Sicherstellungsprotokoll vom 1. März 2018; Blatt 4 der Verwaltungsakte – VA –). Als Anlass wurde ein Verstoß gegen das Landeshundegesetz angegeben. Der Hund wurde am 3. März 2018 in das städtische Tierheim G. gebracht.

6

Gegen die Sicherstellung legte die Antragstellerin unter dem 8. März 2018 (Zugang am 9. März 2018) Widerspruch ein.

7

Mit Schreiben vom 31. Juli 2018 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der ordnungsbehördlichen Verfügung vom 1. März 2018 gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) an. Darin führte sie aus, dass die Antragstellerin einen gefährlichen Hund halte, ohne die erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde gemäß § 3 Abs. 1 LHundG zu besitzen. Da die Antragstellerin kein berechtigtes Interesse an der Haltung dieses Hundes habe und deshalb eine Erlaubnis nicht erlangt werden könne, sei die Haltung des Hundes gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 LHundG zu untersagen. Ein Verstoß gegen die Erlaubnispflicht stelle eine Störung der öffentlichen Sicherheit dar, sodass der Hund sofort sicherzustellen gewesen sei. Aufgrund des Beißvorfalles am 1. März 2018, bei dem ein Hund totgebissen worden sei, bestehe außerdem ein besonderes öffentliches Interesse an der Sicherstellung des Hundes „E.“, um eine akute Gefahr für Tiere und Menschen in der Umgebung abzuwenden.

8

Bereits am 26. Juli 2018 hatte die Antragstellerin einen Antrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gestellt. Sie trägt im Wesentlichen vor, dass die Sicherstellung rechtswidrig gewesen sei. Der Hund sei ihr zurückzugeben und ihr sei eine Erlaubnis zur Haltung des Hundes zu erteilen. Die Antragstellerin könne die erforderliche Sachkunde im Umgang mit gefährlichen Hunden nachweisen. Sie habe zudem nicht vorsätzlich gegen die Bestimmungen des Landeshundegesetzes verstoßen. Die Antragstellerin sei auch Eigentümerin des Hundes geworden.

9

Die Antragstellerin beantragt,

10

1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die ordnungsrechtliche Verfügung vom 1. März 2018 wiederherzustellen;

11

2. die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Hund bis zur Entscheidung über den Widerspruch in der Hauptsache an die Antragstellerin herauszugeben.

12

Die Antragsgegnerin beantragt,

13

den Antrag abzulehnen.

14

Der Antrag sei bereits nicht zulässig, da der Antragstellerin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle. Zudem sei der Antrag unbegründet, denn die Sicherstellung sei offensichtlich rechtmäßig erfolgt. Die Antragstellerin habe den streitgegenständlichen Hund über einen Zeitraum von mehreren Monaten gehalten (... Juli 2017 bis 1. März 2018), ohne im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis nach dem Landeshundegesetz zu sein. Dies stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, die sich bereits verwirklicht habe. Der Antragstellerin könne auch entgegen ihrer Auffassung keine Erlaubnis zur Haltung des Hundes „E.“ erteilt werden, weil sie kein berechtigtes Interesse an der Haltung des gefährlichen Hundes habe. Das normale Affektionsinteresse reiche dahingehend nicht aus. Zudem schließe ein Verhalten, dass auf die Umgehung der Vorschriften des Landeshundegesetzes gerichtet sei und sich als rechtsmissbräuchlich darstelle, ein berechtigtes Interesse zur Haltung eines gefährlichen Hundes aus. Der Antragstellerin sei die Eigenschaft des Hundes als gefährlicher Hund bekannt gewesen. Sie habe entgegen ihrer Pflicht keinen Kontakt zu der zuständigen Erlaubnisbehörde der Antragsgegnerin aufgenommen.

15

Aus dem Umstand, dass sie in der Vergangenheit selbst einen Sachkundenachweis für einen anderen gefährlichen Hund abgelegt habe und diesen gefährlichen Hund vom ... Juli 2000 bis ... August 2017 gehalten habe, seien ihr die gesetzlichen Vorgaben und Pflichten bezüglich der Haltung gefährlicher Hunde nach dem Landeshundegesetz und das Verhältnis zu der zuständigen Behörde bekannt gewesen. Somit habe sie bewusst und vorsätzlich mit der Haltung des gefährlichen Hundes „E.“ über einen Zeitraum von mehreren Monaten die Vorgaben des Landesgesetzes über gefährliche Hunde umgangen. Auch die Meldung des Hundes „E.“ bei der Hundesteuerstelle der Antragsgegnerin am ... August 2017 als „Mischling“ spreche für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Antragstellerin. Zudem sei die Sicherstellung durch zwei Beißvorfälle gerechtfertigt. Der Hund „E.“ habe im Juli 2017 eine Frau in den Oberschenkel gebissen. Im März 2018 habe er den Nachbarshund so gebissen, dass dieser habe eingeschläfert werden müssen.

II.

16

Der Antrag hat keinen Erfolg, da er zulässig, aber unbegründet ist.

17

Der Antrag zu 1. ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des unter dem 8. März 2018 erhobenen Widerspruchs statthaft und auch sonst zulässig. Da für das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist, ist es insoweit unerheblich, dass die sofortige Vollziehung erst nach Antragstellung bei Gericht angeordnet worden ist.

18

Es besteht insbesondere auch – trotz bereits erfolgter Vollziehung der Sicherstellungsverfügung vom 1. März 2018 – ein Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin fort. Dies folgt schon daraus, dass eine Rückgängigmachung dieser Vollzugsmaßnahmen bei einem Obsiegen der Antragstellerin hinsichtlich des Antrags zu 1. nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO durch das Gericht ausgesprochen werden könnte (Antrag zu 2.).

19

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist allerdings unbegründet.

20

Die formelle Rechtmäßigkeit der (nachträglichen) Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vom 31. Juli 2018 begegnet keinen Bedenken. Die Antragsgegnerin ist ihrer Begründungspflicht gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hinreichend nachgekommen. Sie hat in einer gesonderten Begründung dieser Anordnung unter individueller Würdigung des vorliegenden Falls auf das Drohen von erheblichen Gefahren und Nachteilen bei einem Hinausschieben der Anordnungen und damit auf das besondere Vollzugsinteresse hingewiesen, hinter dem die privaten Interessen der Antragstellerin zurückzutreten haben. Die Antragsgegnerin hat damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie vorliegend den Sofortvollzug wegen der Ordnungsfunktion des Landesgesetzes über gefährliche Hunde, nämlich der effektiven Sicherung des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, für erforderlich erachte, um angemessen auf die Umgehung der Vorgaben dieses Gesetzes reagieren zu können (vgl. dazu OVG RP, Beschluss vom 8. Mai 2015 – 7 B 10383/15 –, juris, Rn. 7).

21

Im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist in materieller Hinsicht das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung abzuwägen. Dabei ist maßgeblich, ob die Umstände des Einzelfalls die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs oder der Anfechtungsklage zur Gewährung effektiven Rechtsschutz in der Hauptsache oder aus anderen Gründen gebieten (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, Rn. 963). Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur auf Grund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann (BVerwG, Beschluss vom 16. September 2014 – 7 VR 1/14 –, NVwZ 2015, 82, Rn. 10). Kann in diesem Rahmen nicht festgestellt werden, ob der Rechtsbehelf des Betroffenen sich als offensichtlich erfolgversprechend oder offensichtlich aussichtslos erweist, bedarf es einer Abwägung der widerstreitenden Interessen (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 983 ff.; OVG RP, Beschluss vom 3. Mai 1977, AS 14, S. 429 [436]).

22

Bei der im Eilverfahren gebotenen und allein nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich die am 1. März 2018 angeordnete und durchgeführte Sicherstellung des Hundes als offensichtlich rechtmäßig.

23

Rechtsgrundlage für die Sicherstellung ist § 22 Nr. 1 POG. Demnach kann eine Sache zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr sichergestellt werden. Die Vorschrift findet gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 POG für Tiere entsprechende Anwendung (OVG RP, Beschluss vom 8. Mai 2015 – 7 B 10383/15 –, juris, Rn. 10). Die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 POG sind vorliegend gegeben, da die Sicherstellung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erfolgte. Eine gegenwärtige Gefahr liegt vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst dabei jede Norm des geschriebenen Rechts, die den Störer zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet. Nicht erforderlich ist dagegen, dass die Gefahr von dem sicherzustellenden Gegenstand, hier also dem Hund, selbst ausgeht (OVG RP, a.a.O., Rn. 11; BremOVG, Urteil vom 24. Juni 2014 – 1 A 255/12 –, juris, Rn. 23).

24

Aus § 3 Abs. 1 Satz 1 LHundG ergibt sich, dass derjenige, der einen gefährlichen Hund halten will, der Erlaubnis bedarf. Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier und Hunde, die von dieser Rasse abstammen, was vorliegend bei dem Hund „E.“ als „Staffordshire-Mix“ – unstreitig – der Fall ist, sind nach § 1 Abs. 2 LHundG gefährliche Hunde im Sinne von § 1 Abs. 1 LHundG. Da die Antragstellerin den Hund hält, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, liegt ein Verstoß gegen geltendes Recht vor und die Gefahr für die öffentliche Sicherheit hat sich bereits verwirklicht (vgl. OVG RP, Beschluss vom 8. Mai 2015 – 7 B 10383/15 –, juris, Rn. 11). Auf ein Verschulden der Antragstellerin kommt es dabei nicht an.

25

Die Sicherstellung erweist sich zudem – im Rahmen der hier alleine durchzuführenden summarischen Prüfung – als verhältnismäßig, da für die Antragstellerin die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 LHundG nicht vorgelegen haben.

26

Es spricht dabei allerdings viel dafür, dass die Antragstellerin ein gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG erforderliches berechtigtes Interesse an der Haltung des gefährlichen Hundes „E.“ hat. Der Begriff des berechtigten Interesses ist eng auszulegen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 8. Mai 2015 – 7 B 10383/15 –, juris, Rn. 13; LT-Drucks. 14/3512, S. 11). Die Erteilung der Erlaubnis für die Haltung eines gefährlichen Hundes kommt nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht (vgl. OVG RP, a.a.O., Rn. 13 m.w.N.). Das normale Affektionsinteresse an der Haltung eines Hundes im Sinne des § 1 Abs. 1 LHundG, namentlich des in § 1 Abs. 2 LHundG genannten Typs bzw. der dort genannten Rassen, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nicht ausreichen (vgl. LT-Drucks. 14/3512, S. 11).

27

Bejaht werden könnte das berechtigte Interesse allerdings – nach dem Willen des Gesetzgebers – regelmäßig bei einem Halterwechsel innerhalb der Familie oder einer eheähnlichen Gemeinschaft, wenn der neue Halter bereits eine enge Beziehung zu dem Hund besitzt (LT-Drs. 14/3512, S. 11). Dabei dürfte er vor allem Halterwechsel durch plötzlich eintretende Ereignisse, wie etwa den Tod des bisherigen Halters, im Blick gehabt haben. Damit akzeptiert der Gesetzgeber wohl zwangsläufig einen jedenfalls kurzfristigen rechtswidrigen Zustand für eine gewisse Übergangszeit. Die nicht auf sachlichen Gründen beruhende Verlängerung bzw. Aufrechterhaltung des möglicherweise in seiner Entstehung zu billigenden Zustands könnte daher für das Vorliegen eines berechtigten Interesses unbeachtlich sein. Dies kann im Ergebnis allerdings dahinstehen, da die Antragstellerin schon aus anderen Gründen keine Erlaubnis erlangen könnte.

28

Auf etwaige Aspekte aus dem „Tierabgabevertrag“ zwischen dem Ehemann der Antragstellerin und dem Tierheim G. (insbesondere Ziffern 8 und 9) kommt es insoweit nicht an, da diese wohl allenfalls zivilrechtliche Rückgabeansprüche des Tierheims zur Folge hätten. Gleiches gilt an dieser Stelle für die Eigentümerstellung der Antragstellerin, da diese nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme der (früheren) Haltereigenschaft wäre (vgl. Ziffer 3.1.1 der Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Landesgesetzes über gefährliche Hunde im Gemeinsamen Rundschreiben des Ministeriums des Innern und für Sport und des Ministeriums für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutzes vom 5. Juli 2006 – Ministerialblatt vom 18. August 2006, S. 128 ff. –).

29

Erhebliche Zweifel bestehen aber jedenfalls an der gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHundG erforderlichen Zuverlässigkeit der Antragstellerin. Die zur Haltung eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 4 LHundG in der Regel nicht, wer wiederholt gegen Bestimmungen in § 2 Abs. 1 oder 3, § 3 Absatz 1 Satz 1, § 4 oder § 5 LHundG verstoßen hat. Hier deutet bereits die über das sachlich notwendige Maß hinausgehende Aufrechterhaltung des rechtwidrigen Zustands unter falscher oder jedenfalls zu ungenauer Angabe der Rasse als „Mischling“ bei der Hundesteueranmeldung darauf hin, dass sich die Antragstellerin wider besseren Wissens über einen Zeitraum von mehreren Monaten der Beantragung einer notwendigen Erlaubnis entziehen wollte und damit der § 3 Abs. 1 Satz 1 LHundG mittelbar normierten Verpflichtung zur unverzüglichen Anmeldung bei der Antragsgegnerin zuwidergehandelt hat. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Antragstellerin bekannt gewesen ist, dass eine Erlaubnis zur Haltung des Hundes durch sie erneut bei der Antragsgegnerin beantragt werden musste, da sie schon über einen langen Zeitraum mit den Anforderungen an die Haltung gefährlicher Hunde vertraut gewesen sein dürfte. Das (wohl bewusste) Aufrechterhalten eines derartigen Zustands, bei dem sich die Rechtsverletzung fortdauernd über einen mehrmonatigen Zeitraum aktualisiert, erfüllt hier für sich genommen bereits das Merkmal „wiederholt“ bzw. ist diesem jedenfalls hier in seiner Intensität gleichzusetzen. Schon damit greift die Regelvermutung des § 3 Abs. 3 Nr. 4 LHundG.

30

Zudem sind auch offenbar zwei Beißvorfälle im Juli 2017 und März 2018 bekannt geworden, die von der Antragstellerin auch dem Grunde nach nicht bestritten werden. Eine von der Antragstellerin dargelegte Provokation durch den anderen Hund bei dem Beißvorfall am 1. März 2018 vermag an der Bewertung nichts zu ändern. Selbst wenn der Vortrag der Antragstellerin zutreffen sollte und der Nachbarshund des Herrn ... tatsächlich auf „E.“ zugelaufen und diesen erheblich provoziert haben sollte, kann dies jedenfalls – nach der hier gebotenen summarischen Prüfung – nicht als ein derart intensiver Angriff gewertet werden, der das Verhalten von „E.“ als artgerechte Abwehrreaktion erscheinen ließe (vgl. VG Mainz, Urteil vom 30. November 2017 – 1 K 166/17.MZ –, juris, Rn. 36; VG Gießen, Urteil vom 5. Juli 2016 – 4 K 414/16.GI –, juris, Rn. 25), sodass der Vorfall dann etwa keine besondere Aggressivität und Kampfbereitschaft von „E.“ demonstrieren würde. Zudem lassen auch die gegenläufigen Aussagen des Herrn ... (Bl. 6 d. VA) den Schluss zu, dass die (physische) Aggression vornehmlich von „E.“ ausgegangen sein könnte. Jedenfalls im Eilverfahren kann dahingehend keine Klärung zugunsten der Antragstellerin erfolgen.

31

Der Beißvorfall im Juli 2017, bei dem offenbar die Nachbarin (Frau ...) der Antragstellerin am Oberschenkel verletzt wurde, vermag zudem eine besondere Aggressivität des Hundes zu bestätigen. Selbst wenn die Verletzung – wie die Antragstellerin vorträgt (Bl. 43 d. VA) – letztlich (möglicherweise nur zufällig) bloß in einem Bluterguss bestanden haben sollte, dürfte schon das dafür erforderliche feste Zuschnappen des Kiefers die hinreichende Aggressivität des Hundes belegen (vgl. zur Bissigkeit eines Hundes: VG Mainz, Urteil vom 30. November 2017 – 1 K 166/17.MZ –, juris) und damit einen von dem Landeshundegesetz missbilligten Vorfall darstellen. Dies folgt letztlich auch daraus, dass nicht nur Beißvorfälle (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 LHundG), sondern auch sonstige aggressive Verhaltensweisen die Gefährlichkeit eines Hundes begründen können (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 und 4 LHundG). Ob die Verletzungen tatsächlich bloß derart unerheblich gewesen sind, wie die Antragstellerin sie darzustellen versucht, mag außerdem vor dem Hintergrund der Angaben der Familie ... (Bl. 7 d. VA) erheblich bezweifelt werden. Bei bloß geringfügigen Schäden dürften etwa die von diesen erwähnten Meldungen bei der Versicherung oder der Krankenkasse, die von der Antragstellerin auch nicht bestritten werden, nämlich regelmäßig nicht angebracht sein.

32

Diese Anhaltspunkte lassen – nach summarischer Prüfung – den Schluss zu, dass insoweit ein wiederholter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 LHundG vorliegt und auch in Zukunft mit ähnlichen Verstößen zu rechnen sein wird. Es bestehen berechtigte Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin ihren Hund nicht derart unter Kontrolle haben wird, dass Menschen oder andere Hunde nicht gefährdet werden.

33

Zudem ergibt sich aus dem Aktenvermerk der kommunalen Vollzugsbeamten vom 2. März 2018 (Bl. 22 d. VA), dass die Antragstellerin den Hund „E.“ nicht unter Kontrolle gehabt habe und er nicht auf sie gehört habe. Dies wird zwar seitens der Antragstellerin mit ihrer emotionalen Ausnahmesituation begründet. Allerdings stellt das Landeshundegesetz vor dem Hintergrund der besonderen Gefahren, die insbesondere von den sogenannten „Listenhunden“ ausgehen können, strenge Anforderungen. Gerade der Zuverlässigkeit zum Halten eines gefährlichen Hundes kommt nämlich eine wesentliche Bedeutung im Rahmen dieser Gefahrenvorsorge zu (LT-Drs. 14/3512, S. 12). Es ist daher von einem Halter eines gefährlichen Hundes zu erwarten, dass er etwa in emotionalen Ausnahmesituationen hinreichende Vorkehrungen trifft, dass es nicht zu Gefährdungen Dritter kommt. Dazu kann etwa – soweit rechtlich möglich – die (vorübergehende) Abgabe des Hundes oder die Hinzuziehung geeigneter Personen zählen, die den Hundehalter bei der Haltung unterstützen können.

34

Insgesamt vermag auch der Vortrag der Antragstellerin, dass sie mehrere Jahre gemeinsam mit ihrem Ehemann gefährliche Hunde und auch den Hund „E.“ beanstandungsfrei gehalten habe, keine Abweichung von der in § 3 Abs. 3 LHundG vorgesehenen Regelvermutung zu rechtfertigen. Insoweit ließe sich bereits anführen, dass die Antragstellerin möglicherweise in arbeitsteiliger Haltung gemeinsam mit ihrem Ehemann als zuverlässig eingestuft werden konnte, sie allerdings in ihrer derzeitigen Situation ohne Unterstützung ihres Ehemannes mit der Haltung des Hundes überfordert sein und daher keine hinreichende Gewähr dafür bieten könnte, dass sie in Zukunft die hohen Anforderungen des Landeshundegesetzes erfüllen wird. Ihre Zuverlässigkeit als alleinige Halterin des Hundes muss vor dem Hintergrund der neuen Lebenssituation erneut geprüft werden. Dieses von ihr angebrachte Indiz für das Vorliegen der Zuverlässigkeit der Antragstellerin ist aus den vorgenannten Gründen als widerlegt anzusehen.

35

Die Antragstellerin hat zudem zwar einen Sachkundenachweis für den Hund „R.“ vorgelegt (Bl. 39 der Gerichtsakte – GA –), nicht aber einen auf den Hund „E.“ ausgestellten Nachweis. Ein solcher wäre allerdings zur Erlaubniserteilung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 LHundG zusätzlich erforderlich. Dass die Antragstellerin einen solchen noch nicht für den Hund „E.“ erlangt hatte, lässt auch darauf schließen, dass eine entsprechende Antragstellung auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 3 LHundG nicht beabsichtigt war. Darauf deutet auch hin, dass noch kein Nachweis über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung vorgelegt worden ist (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4 LHundG).

36

Insgesamt war daher in Sicherstellung nach summarischer Prüfung als rechtmäßig einzustufen. Mildere Mittel kamen nicht in Betracht.

37

Daneben ist in Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, also hier im Hinblick auf die Ziffer 2, selbst bei einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit des zu vollziehenden Verwaltungsaktes zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung festzustellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. April 2010 – 1 BvR 2709/09 –, NJW 2010, 2268 [2269]; OVG RP, Beschluss vom 8. Mai 2015 – 7 B 10383/15 –, juris, Rn. 21 ff.; HessVGH, Beschluss vom 14. März 2003 – 9 TG 2894/02, NVwZ-RR 2004, 32; OVG LSA, Beschluss vom 17. August 1999 – B 1 S 114/99 –, NJW 1999, 2982 [2984]; VGH BW, Beschluss vom 13. März 1997 – 13 S 1132/96 –, BeckRS 1997, 21475).

38

Ziel der Erlaubnispflicht des § 3 LHundG ist, die Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren, die von gefährlichen Hunden ausgehen können, soweit wie möglich zu reduzieren (vgl. LT-Drucks. 14/3512, S. 11; OVG RP, Beschluss vom 8. Mai 2015 – 7 B 10383/15 –, juris, Rn. 23; Beschluss vom 2. März 2009 – 7 A 11077/08 –, juris, Rn. 7). Bezweckt wird der Schutz von Leib und Leben als „höchste Schutzgüter“, sodass hier von vornherein ein hohes Vollzugsinteresse besteht (OVG RP, Beschluss vom 2. März 2009 – 7 A 11077/08 –, juris, Rn. 7). Sofern ein gefährlicher Hund gemäß § 1 Abs. 2 LHundG – wie hier – von einer als unzuverlässig eingestuften Person gehalten wird, besteht insgesamt eine Gefährdungslage, die die sofortige Sicherstellung des Hundes als geboten erscheinen lässt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 8. Mai 2015 – 7 B 10383/15 –, juris, Rn. 23). Da sich der Hund bereits nicht mehr bei der Antragstellerin, sondern im städtischen Tierheim G. befindet, ist auch aus Gründen des Tierschutzes ein weiterer (ggf. vorübergehender) Ortswechsel des Hundes zu vermeiden.

39

Hier kann zudem davon ausgegangen werden, dass von dem Hund erhebliche Gefahren für die Allgemeinheit ausgehen können, was insbesondere in den beiden Beißvorfällen im Zeitraum von einem Jahr zum Ausdruck kommt. Dabei ist erheblich zu berücksichtigen, dass bei dem Beißvorfall vom 1. März 2018, der der Sicherstellung vorausging, der gebissene Hund eingeschläfert werden musste. Eine andere Bewertung ist vor diesem aktuellen Hintergrund – schon mangels Vorlage eines entsprechenden Belegs – auch nicht durch den von der Antragstellerin in Bezug genommenen Wesenstest aus dem Jahr 2013 geboten.

40

Der Vortrag der Antragstellerin, dass der Verlust des Hundes bei ihr Schlafstörungen und Depressionen ausgelöst habe (Bl. 33, 38 d. GA), führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Die ärztliche Diagnose (Bl. 38 d. GA) ist dahingehend schon in ihrer dargebotenen Kürze nicht besonders aussagekräftig. Sie enthält insbesondere keinen Hinweis auf die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben. Zumal dürfte der ausstellende Arzt, Dr. T. ..., als ausgewiesener Internist nicht notwendigerweise über vertiefte Kenntnisse im Bereich von psychischen Erkrankungen verfügen. Ferner dürfte auch die Aussage der Antragstellerin, dass der Hund auf sie „geprägt“ sei, durch die Ausführungen der kommunalen Vollzugsbeamten, dass der Hund nicht auf die Antragstellerin gehört habe, jedenfalls in Frage gestellt sein.

41

Die persönliche Situation der Antragstellerin vermag – selbst ihren Vortrag als wahr unterstellt – überdies auch ohnehin nicht die möglichen schweren Folgen für die Gesundheit Dritter aufzuwiegen. Nach alledem überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, sodass der Antrag abzulehnen war.

42

Der Antrag zu 2. als Annexantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO musste daher ebenso ohne Erfolg bleiben.

43

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

44

Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Abdruck in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, Anhang § 164 Rn. 14).

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Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

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Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 18. März 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

2

Die mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, die angegriffene Entscheidung aufzuheben oder abzuändern.

3

Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die unter Ziffer 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Februar 2015 angeordnete Sicherstellung der Hündin „A“, die von einem Hund der Rasse American Staffordshire Terrier abstammt, und Verpflichtung des Antragstellers zur Übergabe der Hündin an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V. wiederherzustellen sowie die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die unter Ziffer 4 des Bescheides angedrohte Ersatzvornahme anzuordnen.

4

Entgegen der Auffassung des Antragstellers fehlt es weder an einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung (dazu unter I.), noch überwiegt im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen das Suspensivinteresse des Antragstellers das Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Gefahrenabwehr (dazu unter II.), weil sich die Ziffern 2 und 4 der angegriffenen Verfügung - jedenfalls nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung - als offensichtlich rechtmäßig erweisen. Die Vollziehung der in Ziffer 2 verfügten Anordnungen ist auch eilbedürftig (dazu unter III.).

5

I. Zu Unrecht rügt der Antragsteller einen Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Er trägt mit seiner Beschwerde vor, es fehle eine auf seinen konkreten Einzelfall abstellende Darlegung, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig sei und dass hinter dem erheblichen öffentlichen Interesse sein Interesse, zunächst von den Folgen der in Ziffer 2 getroffenen Regelungen des von ihm angegriffenen Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Februar 2015 verschont zu bleiben, zurücktreten müsse.

6

Zutreffend geht der Antragsteller davon aus, dass nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen ist. Dieser formell-rechtlichen Anforderung ist allerdings genügt, wenn die Behörde unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls erkennen lässt, aufgrund welcher Überlegungen sie die sofortige Vollziehung als notwendig ansieht; ob sich die angeführten Gründe im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung als tragfähig erweisen, betrifft nicht das formale Begründungserfordernis, sondern die Eilrechtsschutzentscheidung in der Sache. Eine bloß formelhafte Begründung genügt allerdings den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 85 m.w.N.).

7

Die Antragsgegnerin hat die Anordnung des Sofortvollzuges in der streitgegenständlichen Verfügung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß begründet. Sie hat unter Bezugnahme auf den konkreten Fall des Antragstellers hervorgehoben, dass dessen persönliche Interessen zurückzutreten haben, weil er einen gefährlichen Hund trotz bestehender Erlaubnispflicht ohne Erlaubnis halte und auch keine Erlaubnis bekommen könne. Nach der Begründung des Bescheides fehlt es dem Antragsteller am nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG erforderlichen berechtigten Interesse zur Haltung eines gefährlichen Hundes, weil es rechtsmissbräuchlich sei, zunächst einen gefährlichen Hund, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, in Obhut zu nehmen und ihn dann mit der Begründung zur Vermeidung eines Tierheimaufenthalts behalten zu wollen. Die Antragsgegnerin hat damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie vorliegend den Sofortvollzug wegen der Ordnungsfunktion des Landesgesetzes über gefährliche Hunde, nämlich der effektiven Sicherung des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, für erforderlich erachte, um angemessen auf die Umgehung der Vorgaben dieses Gesetzes reagieren zu können.

8

II. Entgegen der Auffassung des Antragstellers überwiegt bei der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO das öffentliche Interesse sein Interesse, bis zum Abschluss des Widerspruchs- und ggf. eines Klageverfahrens von den Folgen der in Ziffer 2 und 4 des Bescheides der Antragsgegnerin getroffenen Regelungen verschont zu bleiben.

9

1. Die in dem angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin unter Ziffer 2 angeordnete Sicherstellung der Hündin ist offensichtlich rechtmäßig.

10

Rechtsgrundlage für die Sicherstellung ist § 22 Nr. 1 POG. Zwar spricht die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur von einer Sicherstellung von Sachen, gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 POG findet sie jedoch für Tiere entsprechend Anwendung (vgl. Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – 7 A 10723/09.OVG –, AS 38, 114, 115). Die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 POG sind vorliegend gegeben, da die Sicherstellung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erfolgte.

11

Eine gegenwärtige Gefahr liegt vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst dabei jede Norm des geschriebenen Rechts, die den Störer zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet. Nicht erforderlich ist dagegen, dass die Gefahr von dem sicherzustellenden Gegenstand, hier also der Hündin, selbst ausgeht. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LHundG bedarf derjenige, der einen gefährlichen Hund halten will, der Erlaubnis. Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier und Hunde, die von dieser Rasse abstammen, was vorliegend bei der Hündin „A“ der Fall ist, sind nach § 1 Abs. 2 LHundG gefährliche Hunde im Sinne von § 1 Abs. 1 LHundG. Da der Antragsteller die Hündin hält, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, liegt ein Verstoß gegen geltendes Recht vor und die Gefahr für die öffentliche Sicherheit hat sich bereits verwirklicht (vgl. Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – 7 A 10723/09.OVG –, AS 38, 114, 122).

12

Die Sicherstellung ist auch nicht unverhältnismäßig gewesen. Denn dem Antragsteller kann – entgegen seiner Auffassung – keine Erlaubnis zur Haltung der Hündin „A“ erteilt werden, weil er – wie das Verwaltungsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung unter Hinweis auf den Beschluss des Senats vom 2. März 2009 (7 A 11077/08.OVG) und die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid zutreffend ausgeführt haben – gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG kein berechtigtes Interesse an der Haltung der gefährlichen Hündin hat.

13

Der Begriff des berechtigten Interesses ist eng auszulegen. Die Erteilung der Erlaubnis für die Haltung eines gefährlichen Hundes kommt nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht (vgl. Beschlüsse des Senats vom 2. März 2009 – 7 A 11077/08.OVG –, AS 37, 185, 186, und 2. Juli 2007 – 7 B 10486/07.OVG –). Das normale Affektionsinteresse an der Haltung eines Hundes im Sinne des § 1 Abs. 1 LHundG, namentlich des in § 1 Abs. 2 LHundG genannten Typs bzw. der dort genannten Rassen, reicht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht aus (vgl. LT-Drucks. 14/3512 S. 11). Entgegen der Auffassung des Antragstellers schließt ein Verhalten, das auf die Umgehung der Vorschriften des Landesgesetzes über gefährliche Hunde gerichtet ist und sich als rechtsmissbräuchliches darstellt, ein berechtigtes Interesse zur Haltung eines gefährlichen Hundes aus.

14

Der Antragsteller hat die Hündin „A“ nicht aus Belangen des Tierschutzes oder aus sozialen Gründen übernommen. Vielmehr wurden die Vorgaben des Landesgesetzes über gefährliche Hunde umgangen. Wie bereits im Beschluss des Senats vom 2. März 2009 (a.a.O.) ausgeführt, ist es rechtsmissbräuchlich, sich erst einen gefährlichen Hund zu verschaffen, um ihn dann - zur Vermeidung oder Beendigung eines Tierheimaufenthalts - legal behalten bzw. wieder aufnehmen zu können. Um die tatsächliche Wirkung des Gesetzes nicht zu beeinträchtigen, ist mit dieser Fallgestaltung in der Regel die Situation gleichzusetzen, in der ein Betroffener ohne entsprechende Erlaubnis einen gefährlichen Hund in Obhut nimmt, selbst wenn er dessen Eigenschaft nicht kennt (Beschluss des Senats vom 2. März 2009, a.a.O.).

15

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nach Maßgabe dieser Grundsätze bei ihm ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG an der Haltung der Hündin „A“ nicht anzuerkennen. Selbst wenn die Initiative zum Erwerb der Hündin von seinem Sohn ausgegangen sein mag, so war der Antragsteller selbst nach Lage der Akten offensichtlich an dem Kauf beteiligt. In seinem Antrag auf Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes gemäß § 3 LHundG führte er in einer Anlage zum Antrag aus: „Der Züchter sagte uns, es handelt sich um einen American Bulli, es gäbe keine Probleme mit der Haltung eines solchen Hundes. Wir kauften daraufhin unsere A, … “. Nicht überzeugend sind die Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, wo er nunmehr dargelegt hat, sein Sohn habe den Hund gekauft und er habe erst später Gefallen an dem Tier gefunden. Den Widerspruch zu seinen ursprünglich noch von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin unbeeinflussten Angaben erklärt er nicht. Dieser wird auch nicht dadurch aufgelöst, dass er in seinem Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz angegeben hat, nicht er habe den Hund gekauft, sondern sein Sohn. Er habe gewusst, dass sich sein Sohn einen Hund habe anschaffen wollen, und dieser habe ihm im Vorfeld des Kaufs Fotos von dem Hund gezeigt. Dass er an dem Kauf der Hündin beteiligt war, bekräftigte er bei seiner Antragstellung bei der Antragsgegnerin auch, indem er ausführte, wenn er die Probleme geahnt hätte, wäre der Hund nicht von „ihnen“ gekauft worden. Auch hierauf geht der Antragsteller nicht ein.

16

Zwar reicht die Beteiligung des Antragstellers am Kauf der gefährlichen Hündin bereits aus, um ein berechtigtes Interesse an deren Haltung zu verneinen. Hinzu kommt vorliegend allerdings – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – darüber hinaus, dass dem berechtigten Interesse entgegensteht, dass der Sohn des Antragstellers, der nach Lage der Akten aufgrund von Verurteilungen wegen vorsätzlicher Straftaten als unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs.1 Satz 2 und Abs. 3 Nr. 1 LHundG anzusehen ist, nicht unerhebliche Einwirkungsmöglichkeiten auf die Hündin hat. Das pauschale Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, dass sein Sohn, mit dem er in seinem eigenen Haus lebt, seit der angeblichen Übernahme des Hundes durch ihn (den Antragsteller) keinen Einfluss auf die Hundehaltung mehr habe, überzeugt nicht. Bei seiner Antragstellung auf Erteilung der Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes am 4. November 2014 führte der Antragsteller aus, er habe den Hund mittlerweile übernommen. Die Hündin lebe mit ihnen im Haus. Sie habe zwei Schlafplätze. Einer befinde sich bei ihm im Wohnzimmer und der andere im Obergeschoss bei seinem Sohn. Eine Änderung zu den früheren Verhältnissen, als sein Sohn eine Erlaubnis zur Haltung der gefährlichen Hündin beantragt hatte, zeigt sich damit nicht. Denn der Sohn des Antragstellers gab – worauf das Verwaltungsgericht sich in seiner Entscheidung stützt – in seinem Antrag an, dass die Hündin mit ihnen im Haus lebe und sowohl bei ihm als auch bei dem Antragsteller ihren Korb habe. Hierauf geht der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht ein. Dass sich eine tatsächliche Veränderung in der Einflussmöglichkeit seines Sohnes, der keine Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes hat und auch nicht erhalten kann, ergeben hätte und wie sich diese im Verhältnis zu den früheren Haltungsbedingungen auswirkte, hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt. Sein Hinweis, es sei gefahrenabwehrrechtlich belanglos, dass sein Sohn den Hund in seinem Haus sehen könne, entkräftet seinen früheren Vortrag, dass die Hündin auch mit seinem Sohn im Haus lebt und auch bei diesem einen Schlafplatz hat, nicht. Das Vorbringen des Antragstellers bei der Antragstellung im November 2014, dass der Hund mit ihnen im Haus lebe, und die Schilderung des Kaufs lassen unter Berücksichtigung seines späteren lediglich pauschalen Vorbringens den Schluss zu, dass sein Sohn eine nicht unerhebliche Bestimmungsmacht über die Hündin hat und ihm Betreuungsaufgaben zukommen. Selbst unterstellt, der Antragsteller allein sei rechtlich als Halter anzusehen, hat sein Sohn ungeachtet von Abwesenheitszeiten aufgrund von mitunter mehrwöchigen Montageeinsätzen tatsächlich noch so weitgehende Einflussmöglichkeiten auf die Hündin, dass der Gesetzeswille umgangen würde.

17

Entgegen dem Vortrag des Antragstellers kommt auch die Erteilung einer Erlaubnis unter der Auflage, dass sein Sohn die Hündin nicht ausführen darf, nicht in Betracht. Ungeachtet dessen, dass der Sohn des Antragstellers nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LHundG nicht berechtigt ist, die gefährliche Hündin zu führen, erschöpfen sich dessen Einflussmöglichkeiten nach dem Vorbringen des Antragstellers bei seiner Antragstellung bei dem Antragsgegner nicht allein in dem Ausführen der Hündin.

18

2. Die Verpflichtung des Antragstellers zur Übergabe der Hündin an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V. ist offensichtlich rechtmäßig.

19

Nach § 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 POG kann die Antragsgegnerin als zuständige Ordnungsbehörde die sichergestellte Hündin zur Verwahrung einem Dritten überlassen und den Antragsteller verpflichten, die Hündin an diesen herauszugeben. Der Dritte, der die Verwahrung für die Ordnungsbehörde vorzunehmen hat, ist von dieser zu bestimmen. Die Antragsgegnerin hat das zur Aufnahme bereite und zu den Beteiligten räumlich nächstgelegene Tierheim ausgewählt. Umstände, aus denen sich eine Ungeeignetheit des von der Antragsgegnerin ausgewählten Tierheims ergeben könnte, sind nicht vorgetragen worden. Der Antragsteller hat weder im Anhörungsverfahren der Antragsgegnerin noch im gerichtlichen Verfahren ein aufnahmebereites Tierheim benannt oder eine Person, die bereit ist, die gefährliche Hündin aufzunehmen, und die Voraussetzungen für deren Haltung erfüllt.

20

3. Umstände, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der in Ziffer 4 des Bescheides angedrohten Ersatzvornahme ergeben könnte, sind nicht vorgetragen worden.

21

III. Entgegen der Auffassung des Antragstellers besteht auch eine das besondere Vollziehungsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Sicherstellung der Hündin und Verpflichtung zur Herausgabe an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V..

22

Zwar kann die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Grundverfügung allein die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht tragen, aber vorliegend sind besondere Gründe gegeben, die die Verwirklichung der in Ziffer 2 des Bescheides getroffenen Anordnungen vor der Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf des Antragstellers erfordern und damit die Durchbrechung des vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen Suspensiveffekts rechtfertigen.

23

Ziel der Erlaubnispflicht des § 3 LHundG ist, die Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren, die von gefährlichen Hunden ausgehen können, soweit wie möglich zu reduzieren (LT-Drucks. 14/3512 S. 11). Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt gerade der Zuverlässigkeit als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes eine wesentliche Bedeutung im Rahmen der Gefahrenvorsorge zu (vgl. LT-Drucks. 14/3512 S. 12). Der Sohnes des Antragstellers, der nach Lage der Akten als unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs.1 Satz 2 und Abs. 3 Nr. 1 LHundG anzusehen ist, hat – wie bereits oben ausgeführt – erhebliche Möglichkeiten, auf die gefährliche Hündin einzuwirken, sodass eine erhöhte Gefährdungslage, die die sofortige Sicherstellung der Hündin „A“ durch Übergabe an das Tierheim erfordert, besteht.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

25

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2, 47 GKG.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller, eine anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis zu einer Gewässerbenutzung für den Betrieb des Steinkohle-Kraftwerks Moorburg in Hamburg an der Süderelbe.

2

Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens, in dem der Antragsteller sich mit Einwendungen u.a. gegen die im Zusammenhang mit dem Betrieb des Kraftwerks geplante Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung gewandt hatte, erteilte die Beklagte der Beigeladenen mit Bescheid vom 30. September 2008 neben der in Bestandskraft erwachsenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Kraftwerks eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Wasserentnahme von maximal 64,4 cbm/s unter Beifügung von Beschränkungen und Nebenbestimmungen. Aufgrund eines mit der Beigeladenen geschlossenen Vergleichs ersetzte sie diese Erlaubnis mit Bescheid vom 4. Oktober 2010 unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit durch eine inhaltlich modifizierte Erlaubnis, ohne die grundsätzlich zulässige Entnahmemenge zu verändern. Diese Erlaubnis enthält zahlreiche Einschränkungen und Nebenbestimmungen; unter anderem wird die Höchstmenge der Wasserentnahme aus der Süderelbe insgesamt auf ein Drittel des jeweiligen Wasserzuflusses begrenzt, bei Unterschreitung eines Mindestsauerstoffgehalts von 6,0 mg/l als gleitendem 24-Stunden-Mittelwert ist die Einleitmenge gestuft zu vermindern. Als technische Maßnahmen zur Schadensminderung sind eine elektrische Fischscheuchanlage am Entnahmebauwerk und eine Fischaufstiegsanlage bei Geesthacht vorgesehen. Durch Änderungsbescheid vom 21. Januar 2011 ist der Beigeladenen erlaubt, zum Zweck der - alternativ zur Durchlaufkühlung möglichen - Kreislaufkühlung Wasser aus der Elbe zu entnehmen (maximale Entnahmemenge von 1 cbm/s).

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die wasserrechtliche Erlaubnis unter Abweisung der Klage des Antragstellers im Übrigen aufgehoben, soweit sie die Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung betrifft: Habitatrechtliche Erwägungen rechtfertigten die Aufhebung der Erlaubnis zwar nicht. Soweit der Antragsteller geltend mache, die Gewässerbenutzung führe zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen der unterhalb des Wehres von Geesthacht gelegenen Natura-2000-Gebiete, sei er mit seinem Vorbringen ausgeschlossen. Bezogen auf die oberhalb des Wehres gelegenen Schutzgebiete liege kein Verstoß gegen die maßgeblichen Schutzvorschriften vor, weil durch Bau und Betrieb der Fischaufstiegsanlage am Wehr erhebliche Beeinträchtigungen der Schutzziele vermieden würden. Die Gewässerbenutzung für die Durchlaufkühlung verstoße aber gegen das Verschlechterungsverbot des § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG, das keine bloße Zielbestimmung darstelle, sondern bei der Erlaubniserteilung als unmittelbar geltendes Recht zu beachten sei und jede substanzielle Verschlechterung der Qualität des betroffenen Gewässers über eine durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gezogene Relevanzschwelle hinaus verbiete. Diese Schwelle werde mit den nachteiligen Auswirkungen auf den Sauerstoffgehalt der Oberflächenwasserkörper Hafen und Elbe West überschritten, die von der erlaubten Kühlwassernutzung für die Durchlaufkühlung trotz der in der Erlaubnis vorgesehenen Einschränkungen der Gewässerbenutzung in Sauerstoffmangelsituationen zu erwarten seien. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot lägen mit Rücksicht auf die umweltschonendere technische Alternative der Kreislaufkühlung als Regelbetrieb nicht vor.

4

Nach Einlegung der Revisionen gegen dieses Urteil durch die Antragsgegnerin und die Beigeladene im Frühjahr 2013 hat der Antragsteller am 21. März 2014 beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die wasserrechtliche Erlaubnis wiederherzustellen, soweit diese die Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung betrifft. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Der Eilantrag sei nunmehr geboten, da die Beigeladene die Aufnahme des Dauerbetriebs für den Herbst 2014 plane und eine Aussetzung des Revisionsverfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in dem das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot betreffenden Vorabentscheidungsverfahren zur Weservertiefung (Rs. C-461/13) als möglich erscheine. Bei Abwägung der betroffenen Interessen überwiege das Suspensionsinteresse gegenüber dem Vollzugsinteresse der Beigeladenen. Selbst unabhängig vom Ausgang des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof müsse die Klage Erfolg haben, weil die angefochtene Erlaubnis gegen das Habitat- und das besondere Artenschutzrecht verstoße. Aber auch eine von den Erfolgsaussichten losgelöste Interessenabwägung gehe zugunsten des Antragstellers aus. Nach Errichtung des Hybridkühlturms könne die Inbetriebnahme des Kraftwerks unter Einsatz der Kreislaufkühlung erfolgen. Das Interesse der Beigeladenen an der Nutzung der wirtschaftlich günstigeren Durchlaufkühlung habe geringeres Gewicht als das öffentliche Interesse am Schutz der Elbe, denn schon für die Dauer des Hauptsacheverfahrens drohten irreversible Verstöße gegen das Naturschutzrecht und das Wasserrecht.

5

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene treten dem Antragsbegehren entgegen und beantragen,

den Antrag abzulehnen.

II.

6

Der Antrag hat keinen Erfolg.

7

1. Der Antrag ist zulässig. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach Einlegung der Revisionen das Gericht der Hauptsache im Sinne von § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

8

Der Antragsteller ist befugt, gegen die nach § 8 WHG erteilte Erlaubnis Klage zu erheben, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Damit verbindet sich die Möglichkeit, gegenüber der gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ergangenen Anordnung der sofortigen Vollziehung einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu stellen, § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

9

2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

10

Der Prüfungsmaßstab für das Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes folgt aus § 4a Abs. 3 UmwRG. Danach ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. Mit dieser Regelung knüpft § 4a Abs. 3 UmwRG an den allgemein für Anträge auf gerichtliche Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs geltenden Maßstäbe an. In Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer eigenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Ist es - namentlich wegen der besonderen Dringlichkeit einer alsbaldigen Entscheidung - nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu beurteilen, so sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten (vgl. Beschluss vom 22. März 2010 - BVerwG 7 VR 1.10 - juris Rn. 13).

11

§ 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab nur bezogen auf die gebotene Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs: Die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung setzt hiernach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung "ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen". An dem Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung, in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen ausweislich des Hinweises im Gesetzestext auf die Gesamtabwägung nichts (so bereits Beschluss vom 13. Juni 2013 - BVerwG 9 VR 3.13 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 90 = juris Rn. 4 unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung, BTDrucks 17/10957 S. 18).

12

Hiernach muss der Antrag erfolglos bleiben, weil der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist (a) und eine deshalb gebotene von den Erfolgsaussichten losgelöste Interessenabwägung zulasten des Antragstellers ausgeht (b).

13

a) Bei summarischer Prüfung lässt sich kein Übergewicht der für oder gegen den Erfolg der Klage gegen die angefochtene wasserrechtliche Erlaubnis sprechenden Gründe feststellen.

14

Offen ist zunächst, ob das Oberverwaltungsgericht das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot (§ 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG, Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) i) WRRL) zutreffend ausgelegt hat. Das Oberverwaltungsgericht versteht § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG als zwingendes, bei der Erlaubniserteilung unmittelbar zu beachtendes Recht und nicht bloß als umsetzungsbedürftige Zielvorgabe. Eine Verschlechterung des Gewässerzustands im Sinne der Vorschrift bejaht es überdies nicht erst bei einem Wechsel des Gewässers in eine schlechtere Zustandsklasse oder im Falle einer erheblichen Verschlechterung, sondern grundsätzlich bereits bei jeder substanziellen negativen Einwirkung auf das Gewässer oberhalb einer in der Vorschrift angelegten Relevanzschwelle. Der Senat neigt dieser Rechtsauffassung zu, hält sie aber nicht für eindeutig, wie dem Beschluss vom 11. Juli 2013 - BVerwG 7 A 20.11 - (DVBl 2013, 1450 Rn. 23 ff.) zu entnehmen ist, mit dem er in einem Verfahren über die geplante Weservertiefung den Europäischen Gerichtshof unter anderem zur Klärung des Bedeutungsgehalts des Verschlechterungsverbots in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) i) WRRL angerufen hat. Wie der Gerichtshof die Vorlagefragen, deren Klärung auch für die Auslegung des § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG entscheidend ist (vgl. Beschluss vom 11. Juli 2013 a.a.O. Rn. 21), beantworten wird, ist offen. Dies wird dadurch unterstrichen, dass die im Vorabentscheidungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen der Europäischen Kommission und mehrerer Mitgliedstaaten zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen gelangen.

15

An der Einschätzung der Erfolgsaussichten unter wasserrechtlichem Blickwinkel ändert sich auch dann nichts, wenn die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zur Anwendung des Verschlechterungsverbots auf den Streitfall in die Beurteilung einbezogen werden. Es spricht wenig dafür, dass dem Oberverwaltungsgericht dabei - ausgehend von seiner Auslegung des Verschlechterungsverbots - Fehler unterlaufen sind. Namentlich dürfte sich die Bedeutung, die das Gericht einer nachteiligen Veränderung der Qualitätskomponente Sauerstoffgehalt für die Frage einer Verschlechterung des ökologischen Potenzials der in Rede stehenden Oberflächenwasserkörper beigemessen hat, schlüssig aus dem von ihm zugrunde gelegten weiten Verschlechterungsbegriff ergeben. Dass die Sachverhaltsfeststellung und Überzeugungsbildung, soweit sie die Anwendung des Verschlechterungsverbots betreffen, verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sind, liegt zumindest bezogen auf den Oberflächenwasserkörper Hafen fern; insbesondere drängt es sich nicht auf, dass das Gericht mit seiner Annahme, dem Wärmelastplan für die Tideelbe sei ein Zielwert von 6 mg O2/l zu entnehmen (UA S. 92), gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen hat (vgl. S. 7 des Wärmelastplans).

16

Ob die wasserrechtliche Erlaubnis in habitatrechtlicher Hinsicht der Überprüfung im Hauptsacheverfahren standhalten wird, ist ebenfalls offen. Das Oberverwaltungsgericht hat den Antragsteller mit seinen die Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten unterhalb des Wehres Geesthacht betreffenden Rügen für präkludiert gehalten, weil er hierzu im Verfahrensverlauf keine Einwendungen erhoben habe; eine erhebliche Beeinträchtigung der Schutzgebiete oberhalb des Wehres von Geesthacht hat es verneint, weil der Eintritt der befürchteten Beeinträchtigungen aquatischer Schutzziele durch die Bestimmungen der angefochtenen Erlaubnis über die Errichtung und den Betrieb einer Fischaufstiegsanlage wirksam verhindert werden könnten.

17

Was zunächst die Präklusion anbelangt, ist nicht verlässlich abzuschätzen, ob sich die Erwägungen der Vorinstanz im Hauptsacheverfahren als tragfähig erweisen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Unionsrechtskonformität der einschlägigen gesetzlichen Präklusionsregelungen zwar schon mehrfach geprüft und bejaht (vgl. Urteil vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149 = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 13; Beschluss vom 17. Juni 2011 - BVerwG 7 B 79.10 - Buchholz 406.254 URG Nr. 3), die Europäische Kommission hält diese Regelungen hingegen für unionsrechtswidrig und hat deswegen beim Europäischen Gerichtshof ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet (Rs. C-137/14). Wie der Gerichtshof entscheiden wird, erscheint vor allem im Hinblick auf die von den Umweltverbänden zu beachtenden vergleichsweise kurzen Auslegungs- und Einwendungsfristen als offen.

18

Bezogen auf die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens mit den aquatischen Erhaltungszielen der oberhalb des Wehres von Geesthacht gelegenen Natura-2000-Gebiete bestehen gleichfalls Unsicherheiten, die sich im Eilverfahren nicht auflösen lassen. Dies gilt zumindest für die Einstufung der an dem Wehr vorgesehenen - und mittlerweile errichteten - Fischaufstiegsanlage als Schadensminderungsmaßnahme, die die Gebietsverträglichkeit sichern soll. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bisher anerkannt, dass verbindlich geregelte Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen dann als Schadensminderungsmaßnahmen berücksichtigt werden können, wenn sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 53 f. = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 26). Für Ausgleichsmaßnahmen wird sich diese Feststellung allerdings nur ausnahmsweise treffen lassen, da derartige Maßnahmen in der Regel erst deutlich verzögert wirken und ihr Erfolg selten mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Sicherheit vorhergesagt werden kann (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 94 = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 30). Ob diese Rechtsprechung sich uneingeschränkt aufrechterhalten lässt, erscheint mit Rücksicht auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Mai 2014 - Rs. C-521/12 - als zweifelhaft. Der Gerichtshof hat darin ausgeführt, in der Verträglichkeitsprüfung seien solche in das Projekt aufgenommene Maßnahmen zu berücksichtigen, mit denen unmittelbar verursachte schädliche Auswirkungen auf ein Natura-2000-Gebiet verhindert oder verringert, nicht dagegen solche Maßnahmen, mit denen schädliche Auswirkungen auf das Gebiet nur ausgeglichen werden sollen. Er hat hierzu darauf hingewiesen, dass die etwaigen positiven Auswirkungen der künftigen Schaffung eines neuen Lebensraums, der den Verlust an Fläche und Qualität desselben Lebensraumtyps in einem Schutzgebiet ausgleichen soll, sich im Allgemeinen nur schwer vorhersehen lassen und jedenfalls erst mit geraumer zeitlicher Verzögerung erkennbar sein werden; außerdem solle verhindert werden, dass die Behörde mit Maßnahmen, die in Wirklichkeit Ausgleichsmaßnahmen entsprechen, das spezifische Verfahren des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL umgehe. Diese Vorgaben dürften nicht in jeder Hinsicht den bisher vom Bundesverwaltungsgericht angelegten Maßstäben entsprechen. Welche Konsequenzen sich daraus für den Streitfall ergeben, bedarf eingehender Prüfung, die im Eilverfahren nicht verlässlich zu leisten ist. Namentlich muss insoweit der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, ob die Fischtreppe als bloße Ausgleichsmaßnahme zu werten ist, weil sie nicht verhindert, dass ein Teil der Fische und des Fischlaichs im Zuge der Durchlaufkühlung zu Schaden kommt, oder ob es sich um eine Schadensminderungs- bzw. Schutzmaßnahme im eigentlichen Sinne handelt, weil die Stabilität der Fischpopulationen in den stromauf von Geesthacht gelegenen Schutzgebieten gesichert wird, indem anderen - zu den jeweiligen Populationen gehörenden - Fischen in größerer Anzahl der Aufstieg ermöglicht wird.

19

b) Sind demnach die Erfolgsaussichten der Klage offen, so überwiegt bei der im Übrigen gebotenen folgenorientierten Abwägung der wechselseitigen Interessen das Vollzugsinteresse der Beigeladenen gegenüber dem vom Antragsteller als Umweltschutzvereinigung vertretenen Interesse, die Schaffung vollendeter Tatsachen durch Inbetriebnahme des Kraftwerks mit der genehmigten Durchlaufkühlung vor einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache zu verhindern.

20

Das Kraftwerk der Beigeladenen ist baulich nach Maßgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 30. September 2008 in der Fassung der zur nachträglichen Errichtung des Hybridkühlturms erteilten Änderungsgenehmigung vom 23. Dezember 2010 vollendet. Es befindet sich zurzeit in der Erprobungsphase, die die Aufnahme des Regelbetriebs vorbereitet. In diesem Stadium richtet sich das Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes darauf, die Fortsetzung des Probebetriebs und die Aufnahme des Regelbetriebs mit der immissionsschutzrechtlich bestandskräftig genehmigten Durchlaufkühlung als Regelkühlung zu verhindern. Dieses Interesse hat nach den Umständen des Falles vergleichsweise geringes Gewicht.

21

Es ist nicht ersichtlich, dass die Einwirkungen durch den Kraftwerksbetrieb auf die betroffenen Schutzgüter so gravierend sein werden, dass bis zur Entscheidung über die Revisionen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gewichtige und irreversible Nachteile eintreten.

22

Das gilt zum einen in wasserrechtlicher Hinsicht. Negative Auswirkungen sind in Gestalt einer Verstärkung der in den Sommermonaten schon infolge anderer Ursachen zeitweise auftretenden Sauerstoffmangelsituationen in Betracht zu ziehen; die Entnahme von Kühlwasser aus der Süderelbe und dessen Wiedereinleitung in erwärmtem Zustand führt prinzipiell zu einer Verminderung des Sauerstoffgehalts, mag diese auch örtlich begrenzt sein. Solche Auswirkungen sind aber nur bezogen auf einen kurzen Zeitraum in die Abwägung einzustellen und werden zudem durch die in der wasserrechtlichen Erlaubnis vorgesehenen Betriebsbeschränkungen deutlich vermindert. Aufgrund von Reparaturarbeiten an den Dampferzeugern werden der erste Block des Kraftwerks voraussichtlich frühestens im Dezember 2014 und der zweite Block erst Ende des ersten Quartals 2015 in Betrieb gehen, was wiederum voraussetzt, dass keine weiteren Störungen im Rahmen des Probebetriebs auftreten. Erst dann ist mit einer kontinuierlichen Ausschöpfung der erlaubten Wasserentnahmemenge zu rechnen, während im Verlauf des Probebetriebs überwiegend nur reduzierte Mengen entnommen und - teilweise nicht einmal erwärmt - wieder eingeleitet werden. Sollte in der kritischen Zeit der Sommermonate 2015 das Kraftwerk seinen vollen Betrieb aufgenommen haben, werden die in der wasserrechtlichen Erlaubnis angeordneten Entnahme- bzw. Wiedereinleitungsbeschränkungen nach Maßgabe des Oberwasserzuflusses (Nr. 3.2), der Gewässertemperatur (Nr. 4.2) und des Sauerstoffgehalts (Nr. 4.3) greifen. Da bis zum Frühjahr 2016 mit einem Abschluss des im März 2013 anhängig gewordenen Revisionsverfahrens zu rechnen ist, sind Einwirkungen, die im Sommer 2016 zur Verschärfung des Sauerstoffmangels führen könnten, nicht zu berücksichtigen. Sollte das Hauptsacheverfahren mit der Revisionsentscheidung zulasten der Beigeladenen enden, hat dies nämlich die unmittelbare Einstellung einer Durchlaufkühlung und damit die Beendigung der vom Antragsteller befürchteten Gewässerbelastung zur Folge. Sollte es hingegen zu einer Zurückverweisung an die Vorinstanz kommen, so hat der Antragsteller die Möglichkeit, mit Rücksicht auf die dann erfolgte rechtliche Vorklärung erneut um vorläufigen Rechtsschutz durch das Oberverwaltungsgericht nachzusuchen.

23

In naturschutzrechtlicher Hinsicht gilt Ähnliches. Trotz der am Wasserentnahmebauwerk installierten Scheuchanlage muss zwar damit gerechnet werden, dass einzelne Exemplare geschützter Fischarten durch die Durchlaufkühlung zu Schaden kommen. Mit Blick auf den voraussichtlich kurzen Zeitraum des Regelbetriebs bis zu einer Revisionsentscheidung liegt es aber fern, dass die betroffenen Fischpopulationen in den Natura-2000-Gebieten, in denen sie Gegenstand von Erhaltungszielen sind, durch den Kraftwerksbetrieb destabilisiert werden. Dies trifft insbesondere für die stromauf von Geesthacht liegenden Gebiete zu, für die die am Wehr bei Geesthacht errichtete Fischaufstiegsanlage - unabhängig von der Frage ihrer Einordnung als Schadensminderungsmaßnahme - ihre Wirkung entfalten kann; dass die Aufstiegsanlage technisch ihre Funktion nicht erfüllt, hat der Antragsteller nicht substanziiert geltend gemacht.

24

Hiervon ausgehend ist das Interesse der Beigeladenen an der Inbetriebnahme des Kraftwerks mittels Durchlaufkühlung als Regelkühlung höher zu bewerten als das Suspensivinteresse des Antragstellers. Die Kreislaufkühlung verursacht wegen ihres verstärkten Energiebedarfs Mehrkosten, die jährlich im hohen einstelligen oder gar im zweistelligen Millionenbereich liegen dürften. Überdies schlägt ein Umweltaspekt zu Buche. Ungeachtet der Frage, ob die Annahme des Oberverwaltungsgerichts zutrifft, der Energiemehrbedarf für die Kreislaufkühlung könne mittel- bis langfristig in erheblichem Maße aus regenerativen Quellen gedeckt werden, hat der Antragsteller nicht substanziiert infrage gestellt, dass jedenfalls aktuell bis zur Entscheidung über die Revisionen der für die Kreislaufkühlung entstehende Mehrbedarf einen erhöhten Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid nach sich zieht. Dieser Nachteil stärkt ebenfalls das Interesse, die Kreislaufkühlung als Regelkühlung zu vermeiden. Außerdem verweist die Beigeladene schlüssig darauf, dass die Erfahrungsbasis für den Einsatz der Kreislaufkühlung mittels Hybridkühlturms bislang noch sehr schmal ist. Sie führt - vom Antragsteller unwidersprochen - hierzu an, dass bundesweit lediglich zwei Kraftwerke mit einem Hybridkühlturm betrieben werden und dass es insbesondere an betriebspraktischen Erfahrungen für den Betrieb eines Kohlekraftwerks in der Kombination von Durchlaufkühlung als Regelkühlung und Kreislaufkühlung in Ausnahmesituationen fehlt. Insoweit in Rechnung zu stellende Ausfallrisiken erhöhen sich umso mehr, wenn die wenig erprobte Kreislaufkühlung mittels Hybridkühlturms als Regelkühlung eingesetzt werden soll. Nicht von der Hand zu weisen ist ferner ein Interesse der Beigeladenen, die Inbetriebnahmephase des Kraftwerks auf der Grundlage der geplanten Kombinationskühlung zu Ende zu bringen. Wäre die Beigeladene gezwungen, diese Phase allein auf der Basis einer Kreislaufkühlung weiterzuführen, würde die Inbetriebsetzung anderer Gewerke des Kraftwerks erheblich behindert; sollte die Beigeladene schließlich im Hauptsacheverfahren obsiegen, müsste die unterbrochene Inbetriebnahme der Durchlaufkühlung wieder aufgenommen werden und die automatisierten Umschaltvorgänge zwischen Durchlauf- und Kreislaufkühlung müssten erprobt und optimiert werden, wofür das Kraftwerk tageweise vom Netz zu trennen wäre. All dies spricht angesichts des vergleichsweise geringen Suspensivinteresses des Antragstellers für die Beibehaltung der Vollzugsanordnung.

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Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 18. März 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

2

Die mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, die angegriffene Entscheidung aufzuheben oder abzuändern.

3

Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die unter Ziffer 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Februar 2015 angeordnete Sicherstellung der Hündin „A“, die von einem Hund der Rasse American Staffordshire Terrier abstammt, und Verpflichtung des Antragstellers zur Übergabe der Hündin an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V. wiederherzustellen sowie die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die unter Ziffer 4 des Bescheides angedrohte Ersatzvornahme anzuordnen.

4

Entgegen der Auffassung des Antragstellers fehlt es weder an einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung (dazu unter I.), noch überwiegt im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen das Suspensivinteresse des Antragstellers das Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Gefahrenabwehr (dazu unter II.), weil sich die Ziffern 2 und 4 der angegriffenen Verfügung - jedenfalls nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung - als offensichtlich rechtmäßig erweisen. Die Vollziehung der in Ziffer 2 verfügten Anordnungen ist auch eilbedürftig (dazu unter III.).

5

I. Zu Unrecht rügt der Antragsteller einen Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Er trägt mit seiner Beschwerde vor, es fehle eine auf seinen konkreten Einzelfall abstellende Darlegung, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig sei und dass hinter dem erheblichen öffentlichen Interesse sein Interesse, zunächst von den Folgen der in Ziffer 2 getroffenen Regelungen des von ihm angegriffenen Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Februar 2015 verschont zu bleiben, zurücktreten müsse.

6

Zutreffend geht der Antragsteller davon aus, dass nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen ist. Dieser formell-rechtlichen Anforderung ist allerdings genügt, wenn die Behörde unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls erkennen lässt, aufgrund welcher Überlegungen sie die sofortige Vollziehung als notwendig ansieht; ob sich die angeführten Gründe im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung als tragfähig erweisen, betrifft nicht das formale Begründungserfordernis, sondern die Eilrechtsschutzentscheidung in der Sache. Eine bloß formelhafte Begründung genügt allerdings den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 85 m.w.N.).

7

Die Antragsgegnerin hat die Anordnung des Sofortvollzuges in der streitgegenständlichen Verfügung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß begründet. Sie hat unter Bezugnahme auf den konkreten Fall des Antragstellers hervorgehoben, dass dessen persönliche Interessen zurückzutreten haben, weil er einen gefährlichen Hund trotz bestehender Erlaubnispflicht ohne Erlaubnis halte und auch keine Erlaubnis bekommen könne. Nach der Begründung des Bescheides fehlt es dem Antragsteller am nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG erforderlichen berechtigten Interesse zur Haltung eines gefährlichen Hundes, weil es rechtsmissbräuchlich sei, zunächst einen gefährlichen Hund, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, in Obhut zu nehmen und ihn dann mit der Begründung zur Vermeidung eines Tierheimaufenthalts behalten zu wollen. Die Antragsgegnerin hat damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie vorliegend den Sofortvollzug wegen der Ordnungsfunktion des Landesgesetzes über gefährliche Hunde, nämlich der effektiven Sicherung des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, für erforderlich erachte, um angemessen auf die Umgehung der Vorgaben dieses Gesetzes reagieren zu können.

8

II. Entgegen der Auffassung des Antragstellers überwiegt bei der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO das öffentliche Interesse sein Interesse, bis zum Abschluss des Widerspruchs- und ggf. eines Klageverfahrens von den Folgen der in Ziffer 2 und 4 des Bescheides der Antragsgegnerin getroffenen Regelungen verschont zu bleiben.

9

1. Die in dem angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin unter Ziffer 2 angeordnete Sicherstellung der Hündin ist offensichtlich rechtmäßig.

10

Rechtsgrundlage für die Sicherstellung ist § 22 Nr. 1 POG. Zwar spricht die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur von einer Sicherstellung von Sachen, gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 POG findet sie jedoch für Tiere entsprechend Anwendung (vgl. Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – 7 A 10723/09.OVG –, AS 38, 114, 115). Die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 POG sind vorliegend gegeben, da die Sicherstellung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erfolgte.

11

Eine gegenwärtige Gefahr liegt vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst dabei jede Norm des geschriebenen Rechts, die den Störer zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet. Nicht erforderlich ist dagegen, dass die Gefahr von dem sicherzustellenden Gegenstand, hier also der Hündin, selbst ausgeht. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LHundG bedarf derjenige, der einen gefährlichen Hund halten will, der Erlaubnis. Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier und Hunde, die von dieser Rasse abstammen, was vorliegend bei der Hündin „A“ der Fall ist, sind nach § 1 Abs. 2 LHundG gefährliche Hunde im Sinne von § 1 Abs. 1 LHundG. Da der Antragsteller die Hündin hält, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, liegt ein Verstoß gegen geltendes Recht vor und die Gefahr für die öffentliche Sicherheit hat sich bereits verwirklicht (vgl. Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – 7 A 10723/09.OVG –, AS 38, 114, 122).

12

Die Sicherstellung ist auch nicht unverhältnismäßig gewesen. Denn dem Antragsteller kann – entgegen seiner Auffassung – keine Erlaubnis zur Haltung der Hündin „A“ erteilt werden, weil er – wie das Verwaltungsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung unter Hinweis auf den Beschluss des Senats vom 2. März 2009 (7 A 11077/08.OVG) und die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid zutreffend ausgeführt haben – gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG kein berechtigtes Interesse an der Haltung der gefährlichen Hündin hat.

13

Der Begriff des berechtigten Interesses ist eng auszulegen. Die Erteilung der Erlaubnis für die Haltung eines gefährlichen Hundes kommt nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht (vgl. Beschlüsse des Senats vom 2. März 2009 – 7 A 11077/08.OVG –, AS 37, 185, 186, und 2. Juli 2007 – 7 B 10486/07.OVG –). Das normale Affektionsinteresse an der Haltung eines Hundes im Sinne des § 1 Abs. 1 LHundG, namentlich des in § 1 Abs. 2 LHundG genannten Typs bzw. der dort genannten Rassen, reicht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht aus (vgl. LT-Drucks. 14/3512 S. 11). Entgegen der Auffassung des Antragstellers schließt ein Verhalten, das auf die Umgehung der Vorschriften des Landesgesetzes über gefährliche Hunde gerichtet ist und sich als rechtsmissbräuchliches darstellt, ein berechtigtes Interesse zur Haltung eines gefährlichen Hundes aus.

14

Der Antragsteller hat die Hündin „A“ nicht aus Belangen des Tierschutzes oder aus sozialen Gründen übernommen. Vielmehr wurden die Vorgaben des Landesgesetzes über gefährliche Hunde umgangen. Wie bereits im Beschluss des Senats vom 2. März 2009 (a.a.O.) ausgeführt, ist es rechtsmissbräuchlich, sich erst einen gefährlichen Hund zu verschaffen, um ihn dann - zur Vermeidung oder Beendigung eines Tierheimaufenthalts - legal behalten bzw. wieder aufnehmen zu können. Um die tatsächliche Wirkung des Gesetzes nicht zu beeinträchtigen, ist mit dieser Fallgestaltung in der Regel die Situation gleichzusetzen, in der ein Betroffener ohne entsprechende Erlaubnis einen gefährlichen Hund in Obhut nimmt, selbst wenn er dessen Eigenschaft nicht kennt (Beschluss des Senats vom 2. März 2009, a.a.O.).

15

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nach Maßgabe dieser Grundsätze bei ihm ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG an der Haltung der Hündin „A“ nicht anzuerkennen. Selbst wenn die Initiative zum Erwerb der Hündin von seinem Sohn ausgegangen sein mag, so war der Antragsteller selbst nach Lage der Akten offensichtlich an dem Kauf beteiligt. In seinem Antrag auf Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes gemäß § 3 LHundG führte er in einer Anlage zum Antrag aus: „Der Züchter sagte uns, es handelt sich um einen American Bulli, es gäbe keine Probleme mit der Haltung eines solchen Hundes. Wir kauften daraufhin unsere A, … “. Nicht überzeugend sind die Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, wo er nunmehr dargelegt hat, sein Sohn habe den Hund gekauft und er habe erst später Gefallen an dem Tier gefunden. Den Widerspruch zu seinen ursprünglich noch von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin unbeeinflussten Angaben erklärt er nicht. Dieser wird auch nicht dadurch aufgelöst, dass er in seinem Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz angegeben hat, nicht er habe den Hund gekauft, sondern sein Sohn. Er habe gewusst, dass sich sein Sohn einen Hund habe anschaffen wollen, und dieser habe ihm im Vorfeld des Kaufs Fotos von dem Hund gezeigt. Dass er an dem Kauf der Hündin beteiligt war, bekräftigte er bei seiner Antragstellung bei der Antragsgegnerin auch, indem er ausführte, wenn er die Probleme geahnt hätte, wäre der Hund nicht von „ihnen“ gekauft worden. Auch hierauf geht der Antragsteller nicht ein.

16

Zwar reicht die Beteiligung des Antragstellers am Kauf der gefährlichen Hündin bereits aus, um ein berechtigtes Interesse an deren Haltung zu verneinen. Hinzu kommt vorliegend allerdings – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – darüber hinaus, dass dem berechtigten Interesse entgegensteht, dass der Sohn des Antragstellers, der nach Lage der Akten aufgrund von Verurteilungen wegen vorsätzlicher Straftaten als unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs.1 Satz 2 und Abs. 3 Nr. 1 LHundG anzusehen ist, nicht unerhebliche Einwirkungsmöglichkeiten auf die Hündin hat. Das pauschale Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, dass sein Sohn, mit dem er in seinem eigenen Haus lebt, seit der angeblichen Übernahme des Hundes durch ihn (den Antragsteller) keinen Einfluss auf die Hundehaltung mehr habe, überzeugt nicht. Bei seiner Antragstellung auf Erteilung der Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes am 4. November 2014 führte der Antragsteller aus, er habe den Hund mittlerweile übernommen. Die Hündin lebe mit ihnen im Haus. Sie habe zwei Schlafplätze. Einer befinde sich bei ihm im Wohnzimmer und der andere im Obergeschoss bei seinem Sohn. Eine Änderung zu den früheren Verhältnissen, als sein Sohn eine Erlaubnis zur Haltung der gefährlichen Hündin beantragt hatte, zeigt sich damit nicht. Denn der Sohn des Antragstellers gab – worauf das Verwaltungsgericht sich in seiner Entscheidung stützt – in seinem Antrag an, dass die Hündin mit ihnen im Haus lebe und sowohl bei ihm als auch bei dem Antragsteller ihren Korb habe. Hierauf geht der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht ein. Dass sich eine tatsächliche Veränderung in der Einflussmöglichkeit seines Sohnes, der keine Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes hat und auch nicht erhalten kann, ergeben hätte und wie sich diese im Verhältnis zu den früheren Haltungsbedingungen auswirkte, hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt. Sein Hinweis, es sei gefahrenabwehrrechtlich belanglos, dass sein Sohn den Hund in seinem Haus sehen könne, entkräftet seinen früheren Vortrag, dass die Hündin auch mit seinem Sohn im Haus lebt und auch bei diesem einen Schlafplatz hat, nicht. Das Vorbringen des Antragstellers bei der Antragstellung im November 2014, dass der Hund mit ihnen im Haus lebe, und die Schilderung des Kaufs lassen unter Berücksichtigung seines späteren lediglich pauschalen Vorbringens den Schluss zu, dass sein Sohn eine nicht unerhebliche Bestimmungsmacht über die Hündin hat und ihm Betreuungsaufgaben zukommen. Selbst unterstellt, der Antragsteller allein sei rechtlich als Halter anzusehen, hat sein Sohn ungeachtet von Abwesenheitszeiten aufgrund von mitunter mehrwöchigen Montageeinsätzen tatsächlich noch so weitgehende Einflussmöglichkeiten auf die Hündin, dass der Gesetzeswille umgangen würde.

17

Entgegen dem Vortrag des Antragstellers kommt auch die Erteilung einer Erlaubnis unter der Auflage, dass sein Sohn die Hündin nicht ausführen darf, nicht in Betracht. Ungeachtet dessen, dass der Sohn des Antragstellers nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LHundG nicht berechtigt ist, die gefährliche Hündin zu führen, erschöpfen sich dessen Einflussmöglichkeiten nach dem Vorbringen des Antragstellers bei seiner Antragstellung bei dem Antragsgegner nicht allein in dem Ausführen der Hündin.

18

2. Die Verpflichtung des Antragstellers zur Übergabe der Hündin an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V. ist offensichtlich rechtmäßig.

19

Nach § 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 POG kann die Antragsgegnerin als zuständige Ordnungsbehörde die sichergestellte Hündin zur Verwahrung einem Dritten überlassen und den Antragsteller verpflichten, die Hündin an diesen herauszugeben. Der Dritte, der die Verwahrung für die Ordnungsbehörde vorzunehmen hat, ist von dieser zu bestimmen. Die Antragsgegnerin hat das zur Aufnahme bereite und zu den Beteiligten räumlich nächstgelegene Tierheim ausgewählt. Umstände, aus denen sich eine Ungeeignetheit des von der Antragsgegnerin ausgewählten Tierheims ergeben könnte, sind nicht vorgetragen worden. Der Antragsteller hat weder im Anhörungsverfahren der Antragsgegnerin noch im gerichtlichen Verfahren ein aufnahmebereites Tierheim benannt oder eine Person, die bereit ist, die gefährliche Hündin aufzunehmen, und die Voraussetzungen für deren Haltung erfüllt.

20

3. Umstände, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der in Ziffer 4 des Bescheides angedrohten Ersatzvornahme ergeben könnte, sind nicht vorgetragen worden.

21

III. Entgegen der Auffassung des Antragstellers besteht auch eine das besondere Vollziehungsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Sicherstellung der Hündin und Verpflichtung zur Herausgabe an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V..

22

Zwar kann die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Grundverfügung allein die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht tragen, aber vorliegend sind besondere Gründe gegeben, die die Verwirklichung der in Ziffer 2 des Bescheides getroffenen Anordnungen vor der Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf des Antragstellers erfordern und damit die Durchbrechung des vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen Suspensiveffekts rechtfertigen.

23

Ziel der Erlaubnispflicht des § 3 LHundG ist, die Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren, die von gefährlichen Hunden ausgehen können, soweit wie möglich zu reduzieren (LT-Drucks. 14/3512 S. 11). Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt gerade der Zuverlässigkeit als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes eine wesentliche Bedeutung im Rahmen der Gefahrenvorsorge zu (vgl. LT-Drucks. 14/3512 S. 12). Der Sohnes des Antragstellers, der nach Lage der Akten als unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs.1 Satz 2 und Abs. 3 Nr. 1 LHundG anzusehen ist, hat – wie bereits oben ausgeführt – erhebliche Möglichkeiten, auf die gefährliche Hündin einzuwirken, sodass eine erhöhte Gefährdungslage, die die sofortige Sicherstellung der Hündin „A“ durch Übergabe an das Tierheim erfordert, besteht.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

25

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2, 47 GKG.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die ordnungsrechtliche Verfügung der Beklagten vom 7. September 2012 mit der sein Hund „F.“ als gefährlicher Hund eingestuft wurde, sowie gegen den Bescheid vom 8. Oktober 2015 mit dem die Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 € festsetzte.

2

Der Kläger ist Halter einer Deutschen Dogge namens „F.“.

3

Am 10. Juli 2012 führten die Frau des Klägers und ihre beiden Töchter den Hund „F.“ aus, als es zu einem Zusammentreffen mit Frau K. und ihrem Zwergspitz „B.“ kam. Hierbei wurde B. von F. gebissen und verletzt. Die Bissverletzung von B. wurde tierärztlich versorgt; jedoch verstarb B. am 12. Juli 2012.

4

Am 1. September 2012 kam es zu einem Vorfall mit dem Jack Russel Terrier „G.“ des Herrn M. Hierbei nahm F. den Jack Russel Terrier ins Maul. Bei der anschließenden tierärztlichen Versorgung wurde eine Lungenkontusion festgestellt.

5

Nach vorheriger Anhörung des Klägers erließ die Beklagte unter dem Datum vom 7. September 2012 eine ordnungsbehördliche Anordnung mit der die Deutsche Dogge F. als gefährlicher Hund im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Landesgesetzes über gefährliche Hunde (LHundG) eingestuft wurde (Ziffer 1). Ferner wurde verfügt, dass der Hund außerhalb des befriedeten Besitztums sowie bei Mehrfamilienhäusern, auf Zuwegen, in Treppenhäusern und Fluren nur noch angeleint zu führen sei und hierbei einen Maulkorb zu tragen habe. Der Hund dürfe außerhalb des befriedeten Besitztums nur von Personen geführt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten und körperlich in der Lage seien, den Hund sicher zu führen und auch hierfür die erforderliche Zuverlässigkeit besäßen. Das Anwesen sei so zu sichern, dass ein Entweichen des Hundes ausgeschlossen sei. Ferner sei eine Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes bis zum 24. September 2012 zu beantragen (Ziffer 2). Für den Fall, dass der Kläger der unter Ziffer 1 genannten Aufforderung nicht nachkomme, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 € angedroht (Ziffer 3). Für den Fall, dass der Kläger der unter Ziffer 2 genannten Aufforderung nicht nachkomme, wurde die Ersatzvornahme angedroht (Ziffer 4). Ferner wurde der Sofortvollzug angeordnet (Ziffer 5). Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass sich der Hund F. durch die beiden Vorfälle am 10. Juli 2012 und 1. September 2012 als bissig erwiesen habe und somit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 LHundG als gefährlich einzustufen sei.

6

Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 18. September 2012 Widerspruch ein mit der Begründung, die Einstufung des F. als gefährlich Hund sei nicht gerechtfertigt. Der angeordneten Leinenpflicht werde aber nicht entgegengetreten, allerdings der Pflicht, einen Maulkorb zu tragen.

7

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 bescheinigte die Tierärztin Frau Dr. G., dass der Kläger den Sachkundenachweis nach § 3 Abs. 2 LHundG in Bezug auf den Hund F. bestanden habe. Angefügt war der Hinweis, dass der Hund gemäß § 5 Abs. 5 LHundG vom Maulkorb befreit werden könne, da von ihm keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten sei.

8

Mit Schreiben vom 14. Januar 2013 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers teilte die Beklagte mit, dass sie nicht bereit sei, ihren Bescheid vom 7. September 2012 aufzuheben. Allerdings könne nach der erfolgreich bestandenen Sachkundeprüfung der Antrag des Klägers auf Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes positiv beschieden werden.

9

Mit Schreiben vom 12. August 2015 teilte Frau K. mit, dass der Hund F. am 9. August 2015 nach ihrem Minimalteser „A.“ gebissen und ihn im Maul wie ein Spielzeug weggeschleppt habe.

10

Nach vorheriger Anhörung des Klägers setzte die Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 2015 gegen den Kläger ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 € fest. Ferner wurde ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 400,00 € angedroht, wenn der Hund F. außerhalb des befriedeten Besitztums nicht ab sofort angeleint geführt werde und hierbei einen das Beißen verhindernden Maulkorb trage.

11

Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 14. Oktober 2015 Widerspruch ein, da ein Zwangsgeld in der festgesetzten Höhe nicht geboten sei, weil der Kläger sich entsprechend der Sachkundeprüfung der Tierärztin Dr. G. darauf verlassen könne, dass er seinen Hund F. auch ohne Maulkorb ausführen könne.

12

Mit Schreiben vom 27. November 2016 (Bl. 146 der Verwaltungsakte) teilte Herr B. (Lebensgefährte von Frau K.) mit, dass Frau K. am 26. November 2016 dem Hund F. begegnet sei, der ohne Leine und Maulkorb ausgeführt worden sei. Hiervon fertigte sie zwei Bilder (Bl. 147 f. der Verwaltungsakte).

13

Mit E-Mail vom 30. November 2016 teilte Herr B. mit, dass F. weiterhin ohne Leine und Maulkorb ausgeführt werde. Hierzu übergab er eine von seinem Nachbarn Herrn H. geführte Liste, auf der 13 Vorfälle angeführt sind.

14

Die Widersprüche des Klägers wurden durch Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2017 – dem Kläger per Postzustellungsurkunde zugestellt am 10. Februar 2017 – zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Einstufung des Hundes F. durch die Verfügung vom 7. September 2012 ihre Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 1 Nr. 2 LHundG finde, da sich F. als bissig erwiesen habe, als er am 10. Juli 2012 und am 1. September 2012 einem anderen Hund Bissverletzungen zugefügt habe. Die Pflicht, den Hund anzuleinen, und der Maulkorbzwang ergäben sich aus § 5 Abs. 4 LHundG. Eine Ausnahme vom Maulkorbzwang gemäß § 5 Abs. 5 LHundG komme nicht in Betracht. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Hinweis von Frau Dr. G. vom 19. Dezember 2012. Zuständige Behörde für die Genehmigung einer Ausnahme vom Maulkorbzwang sei gemäß § 12 i.V.m. § 5 Abs. 5 LHundG die Beklagte, nicht jedoch die für den Sachkundenachweis zuständige Tierärztin. Die Anleinpflicht für den Hund F. ergebe sich darüber hinaus aus § 2 Abs. 1 der Gefahrenabwehrverordnung über das Halten von Hunden und zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und auf Feld-, Forst- und Wirtschaftswegen der Verbandsgemeinde G. vom 5. Mai 2003. Die Maulkorbpflicht und der Anleinzwang seien vorliegend angemessen und verhältnismäßig. Die von F. ausgehende Gefahr habe sich auch durch einen weiteren Beißvorfall am 3. August 2015 abermals konkretisiert.

15

Die Festsetzung des Zwangsgeldes in Höhe von 200,00 € durch den Bescheid vom 8. Oktober 2015 sei rechtmäßig, ebenso sei die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes in Höhe von 400,00 € nicht zu beanstanden.

16

Der Kläger hat am 7. März 2017 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass sein Hund F. nicht als gefährlicher Hund im Sinne des Landeshundegesetzes einzustufen sei, da er sich gerade nicht als bissig erwiesen habe, was Frau Dr. G. auch festgestellt habe und was objektiv nachvollziehbar sei. Soweit sich die Beklagte zur Begründung der Bissigkeit auf die Vorfälle vom 10. Juli 2012 und vom 1. September 2012 berufe, sei hinsichtlich der beteiligten Hunde „B.“ und „G.“ von einem erheblichen Mitverschulden der beiden Hunde auszugehen. Das Vorliegen von Arztrechnungen und Berichten beweise nicht, dass sich der Hund F. als bissig erwiesen habe und ständig von einer diesbezüglichen Gefahr auszugehen sei.

17

Die Tierärztin Frau Dr. G. habe im Rahmen der Sachkundeprüfung unstreitig festgestellt, dass der Hund F. tatsächlich nicht gefährlich und seine Einstufung als gefährlicher Hund nicht gerechtfertigt gewesen sei. Deshalb habe sie hier auch gerade eine Maulkorbbefreiung erteilt. Die Beißvorfälle vom 10. Juli 2012 und vom 1. September 2012 hätten deutlich vor der tierärztlichen Empfehlung vom 19. Dezember 2012 gelegen. Insoweit habe die Beklagte nicht abgewogen, ob zwischenzeitlich veränderte Umstände eingetreten seien, die einer Gefährlichkeit des Hundes F. entgegenstünden.

18

Der Kläger beantragt,

19

die Bescheide der Beklagten vom 7. September 2012 und vom 8. Oktober 2015 sowie den Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2017 aufzuheben.

20

Die Beklagte beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Sie beruft sich auf die Gründe des angefochtenen Bescheids und des Widerspruchsbescheids. Sie verweist darauf, dass sich der Hund F. anlässlich der Vorfälle vom 10. Juli 2012, vom 1. September 2012 und vom 3. August 2015 als bissig erwiesen habe. Dies werde auch belegt durch die vorgelegten Arztberichte und Rechnungen. Ungeachtet der tatsächlichen Geschehensabläufe sei zu bezweifeln, ob aufgrund der mittlerweile fast 5 Jahre zurückliegenden Vorfälle durch Zeugenvernehmung jetzt noch eine Klärung des tatsächlichen Geschehensablaufs erfolgen könne. Man habe damals und auch heute noch eine Zeugenvernehmung der Familienangehörigen des Klägers jedenfalls nicht für erforderlich gehalten. Ferner sei darauf zu verweisen, dass Frau Dr. G. im Ergebnisprotokoll zum Sachkundenachweis nicht die Feststellung getroffen habe, dass der Hund F. sich nicht als bissig erwiesen habe, sondern sie habe lediglich empfohlen, dass der Hund vom Maulkorb befreit werden könne, da von ihm keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten sei. In diesem Zusammenhang sei nochmals darauf hinzuweisen, dass eine Tierärztin keine Maulkorbbefreiung erteilen könne. Insoweit könne sie allenfalls eine Empfehlung aussprechen, die Entscheidung hierüber obliege aber der Beklagten als der zuständigen Ordnungsbehörde. Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 3. Juli 2012 (1 L 828/12.MZ) genüge bereits ein erstmaliger oder einmaliger Vorfall – hier also der Vorfall vom 10. Juli 2012 – zur Feststellung der Bissigkeit eines Hundes. Deshalb sei die Beklagte im konkreten Fall im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr nicht gehalten gewesen, weitere Vorfälle abzuwarten, bevor sie einen auffällig gewordenen Hund als gefährlich einstuft.

23

Hinsichtlich des festgesetzten Zwangsgeldes von 200,00 € zuzüglich Gebühren und Auslagen (insgesamt 228,50 €) sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger diesen Betrag am 30. März 2017 bar eingezahlt habe.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakte der Beklagten und die Widerspruchsakte der Kreisverwaltung M. verwiesen, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

25

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist als hinsichtlich aller angegriffenen Bescheide als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet.

26

Das mit Bescheid vom 8. Oktober 2015 festgesetzte Zwangsgeld hat der Kläger einschließlich der Verwaltungsgebühren und Auslagen zwar in bar beglichen. Damit ist allerdings noch keine Erledigung des der Zahlung zugrundeliegenden Verwaltungsakts eingetreten, da dieser weiterhin Rechtswirkungen entfaltet; nämlich als ein Rechtsgrund für die Beklagte zum Behaltendürfen des Geldes.

27

Die Voraussetzungen der objektiven Klagehäufung gemäß § 44 VwGO liegen vor.

28

Die Klage ist allerdings insgesamt unbegründet, da die angefochtenen Verwaltungsakte rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

29

Der Bescheid der beklagten Verbandsgemeinde vom 7. September 2012 ist rechtmäßig. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 LHundG kann die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere Verstöße gegen Bestimmungen dieses Gesetzes, abzuwehren, wobei sowohl aus dem Gesetzestitel als auch dem Gesamtzusammenhang der Vorschriften hervorgeht, dass die Gefahr von einem gefährlichen Hund im Sinne von § 1 LHundG ausgehen muss (VG Trier, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 6 L 9992/16.TR –, juris, Rn. 10).

30

Gemäß § 1 Abs. 1 LHundG gelten solche Hunde als gefährlich im Sinne dieses Gesetzes, die sich als bissig erwiesen haben (Nr. 1), durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie Wild oder Vieh hetzen oder reißen (Nr. 2), in aggressiver oder gefahrdrohender Weise Menschen angesprungen haben (Nr. 3) oder eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder andere in ihrer Wirkung vergleichbare Eigenschaft entwickelt haben (Nr. 4).

31

Die Verbandsgemeindeverwaltung der Beklagten als gemäß § 12 LHundG zuständige örtliche Ordnungsbehörde hat den Hund „F.“ zu recht auf Grundlage des § 1 Abs. 1 Nr. 1 LHundG als gefährlich eingestuft, weil er sich als bissig erwiesen hat. Aus dem Wortlaut der Regelung folgt, dass es jedenfalls einen konkreten Vorfall gegeben haben muss, der auf die Bissigkeit des Hundes schließen lässt (vgl. VG Trier, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 6 L 9992/16.TR –, juris, Rn. 14). Dabei kann ein rein artgerechtes Verhalten allerdings nicht die Bissigkeit begründen, soweit es sich in einem Bereich der von der Rechtsgemeinschaft hingenommenen Risiken bewegt, die mit der Haltung von Hunden zwangsläufig verbunden sind (VG Trier, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 6 L 9992/16.TR –, juris, Rn. 15). Als Biss im Sinne des Gesetzes ist bereits das Zuschnappen der Kiefer eines Hundes an einem menschlichen oder tierischen Körper einzuordnen (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 6. März 2017 – 3 M 245/16 –, juris, Rn. 4). Erhebliche Verletzungen sind dafür nicht erforderlich. Anders als beispielsweise in Sachsen-Anhalt sieht der Gesetzgeber in Rheinland-Pfalz bei der Annahme der Bissigkeit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 LHundG zudem nicht explizit das Erfordernis einer „mehr als geringfügigen Verletzung“ vor (vgl. zu § 3 Abs. 3 Nr. 2 HundeG LSA: OVG LSA, Beschluss vom 6. März 2017 – 3 M 245/16 –, juris, Rn. 4 ff.).

32

Sofern es sich nur um einen einmaligen Beißvorfall handelt, muss dieser allerdings ein derart erhebliches Gewicht besitzen, um einen Hund als gefährlich einstufen zu können (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 29. Oktober 2008 – 4 Bs 149/08 –, juris, Rn. 11 f.; VG Trier, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 6 L 9992/16.TR –, juris, Rn. 16). Die Neigung des Hundes zum Beißen muss durch zumindest einen Beißvorfall hinreichend belegt sein (VG Trier, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 6 L 9992/16.TR –, juris, Rn. 17). Dabei ist der gesamte Geschehensablauf einschließlich der Begleitumstände zu würdigen (Stollenwerk, PdK Rheinland-Pfalz, K 30a RhPf, § 1 LHundG, Ziffer 1.1.3).

33

Es ist erforderlich, dass eine dem Wesen des Hundes nicht regelmäßig entsprechende Schärfe, ein übersteigertes Aggressionsverhalten zu Tage tritt (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 1. März 2000 – 9 W 2/99 –, juris, Rn. 27; OVG Hamburg, Beschluss vom 29. Oktober 2008 – 4 Bs 149/08 –, juris, Rn. 11 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. März 1997 – 5 B 3201/96 –, NVwZ 1997, 806, juris; VG Saarland, Beschluss vom 4. August 2016 – 6 L 725/16 –, juris; VG Trier, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 6 L 9992/16.TR –, juris, Rn. 17). Wenn es sich ausschließlich um eine Reaktion auf einen Angriff auf sich bzw. seine Aufsichtsperson oder ein bewusst herausgefordertes Verhalten gehandelt hat, kann dies unter Umständen gegen die Annahme der Bissigkeit des Hundes sprechen (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 1. März 2000 – 9 W 2/99 –, juris, Rn. 29; VG Trier, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 6 L 9992/16.TR –, juris, Rn. 17). In diesem Zusammenhang ist eine Würdigung der Gesamtumstände vorzunehmen.

34

Die Voraussetzungen für die Einstufung als gefährlicher Hund liegen vor, da sich F. als bissig erwiesen hat. Der aktenkundige Beißvorfall am 10. Juli 2012 mit dem Zwergspitz „B.“ ist schon für sich genommen hinreichend gewichtig, um die Einstufung als gefährlicher Hund zu rechtfertigen. B. wurde von F. gebissen (vgl. Bl. 39 der Verwaltungsakte) und derart erheblich verletzt, dass er tierärztlich versorgt werden musste und sogar am 12. Juli 2012 verstarb (Bl. 38 der Verwaltungsakte). Dabei ist von einer (jedenfalls äquivalenten) Kausalität zwischen dem Beißvorfall und dem Tod des gebissenen Hundes B. auszugehen – ungeachtet des möglicherweise schon allgemein schlechten Gesundheitszustandes des Hundes.

35

Es handelt sich dabei auch nicht um ein ausschließlich artgerechtes Abwehrverhalten von F. (vgl. dazu etwa OVG Nds., Beschluss vom 18. Januar 2012 – 11 ME 423/11 –, juris, Rn. 9), sondern es demonstriert dessen über das natürliche Maß hinausgehende Aggressivität und Kampfbereitschaft (vgl. auch § 1 Abs. 1 Nr. 4 LHundG). Dies folgt besonders daraus, dass F. sich von der ihn zu diesem Zeitpunkt führenden Person (Frau C.) losgerissen hat und auf B. und seine Halterin (Frau K.) zugelaufen ist (vgl. OVG Nds., Beschluss vom 18. Januar 2012 – 11 ME 423/11 –, juris, Rn. 10; VG Gießen, Urteil vom 5. Juli 2016 – 4 K 414/16.GI –, juris, Rn. 25). Gerade dies wird auch nicht durch die Sachverhaltsschilderung im Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 7. August 2012 an die Rechtsanwälte H. in Abrede gestellt. Dass F. nach dem Zulaufen nur mit B. habe „spielen“ wollen, ist durch die ihm durch F. zugefügten erheblichen Verletzungen nach Überzeugung der Kammer widerlegt. Spielerisches Beißen bei Hunden zeichnet sich gerade dadurch aus, dass die eigene Beißkraft des Hundes gehemmt wird, um solche erheblichen Verletzungen zu vermeiden. Es ist daher davon auszugehen, dass gerade die nicht nur geringfügigen Bisse die Gefährlichkeit von F. erweisen. Durch den dadurch herbeigeführten Tod des Hundes B. ist dieser Vorfall für sich genommen bereits hinreichend erheblich, um auf eine Gefährlichkeit zu schließen.

36

Selbst wenn der oben dargestellte erste Beißvorfall alleine noch nicht die Bissigkeit als erwiesen erscheinen ließe, so kann dies jedenfalls auf der Grundlage des zweiten Vorfalls vom 1. September 2012 mit dem Jack Russel Terrier „G.“ des Herrn M. angenommen werden. Die Kammer sieht es als erwiesen an, dass G. „multiple Bissverletzungen“ erlitten hat (vgl. Blatt 50 der Verwaltungsakte) und die dadurch herbeigeführte Lungenkontusion jedenfalls mehr als geringfügig war. Selbst wenn G. auf F. zugelaufen und ihn tatsächlich damit provoziert haben sollte, kann dies jedenfalls nicht als ein derart intensiver Angriff gewertet werden, der das Verhalten von F. als artgerechte Abwehrreaktion erscheinen ließe (vgl. VG Gießen, Urteil vom 5. Juli 2016 – 4 K 414/16.GI –, juris, Rn. 25). Ob F. tatsächlich „einen Satz nach vorne“ gemacht hat (siehe Sachverhaltsschilderung des Herrn M.; Blatt 60 der Verwaltungsakte), kann insoweit offenbleiben. Auf ein Mitverschulden des Herrn M. kommt es im Zusammenhang mit der im Rahmen der Einstufung als gefährlicher Hund anzustellenden Gefahrenprognose ebenfalls nicht an (vgl. VG Köln, Beschluss vom 6. November 2014 – 20 L 1908/14 –, BeckRS 2015, 42239), da bei der Einstufung gemäß § 1 Abs. 1 LHundG das Wesen des Hundes und nicht seines Halters relevant ist. Dies kann allenfalls in einem zivilrechtlichen Haftungsprozess von Bedeutung sein.

37

Auch die Ausführungen der Frau Dr. G. im „Ergebnisprotokoll zum Sachkundenachweis nach § 3 Abs. 2 des Landesgesetzes über gefährliche Hunde“ (Blatt 86 der Verwaltungsakte) lassen keine andere Bewertung zu. Erstens hat Dr. G. in diesem Rahmen nicht den Hund, sondern die Sachkunde des Halters zu begutachten gehabt, sodass durchaus fraglich ist, warum sie in diesem Zusammenhang überhaupt Feststellungen zum Hund getroffen hat. Zweitens lässt sich nicht erkennen, worauf sie ihre Feststellungen, dass von F. keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausginge, stützte. Mangels hinreichender Begründung ihrer Aussage gibt das vorgenannte „Ergebnisprotokoll“ für die Kammer keinen Anlass an der durch die beiden Beißvorfälle erwiesenen Gefährlichkeit des Hundes F. zu zweifeln. Insoweit ist überdies darauf hinzuweisen, dass die Befreiung vom sofort vollziehbaren Maulkorbzwang gemäß § 5 Abs. 5 LHundG durch die Verbandsgemeindeverwaltung der Beklagten zu erfolgen hätte und nicht etwa durch die Tierärztin angeordnet werden konnte. Der Befreiung vom Maulkorbzwang hätte zudem auch ein entsprechender Antrag des Klägers und ein Verwaltungsverfahren beim Beklagten vorausgehen müssen. Gegen eine eventuelle Ablehnung eines solchen Antrags stünden dem Kläger dann gesonderte Rechtsbehelfe zu.

38

Nach alledem war F. als bissig einzustufen, sodass die entsprechenden Rechtsfolgen der §§ 2 ff. LHundG Anwendung finden. Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Die Beklagte konnte die vorgelegten Tierarztrechnungen sowie die Sachverhaltsschilderungen der Beteiligten als hinreichenden Anlass nehmen, den Hund F. als gefährlich einzustufen. Einer weiteren Sachverhaltsaufklärung bedurfte es insoweit nicht, da bereits im unstreitigen Teil des Geschehensablaufs hinreichende Anhaltspunkte für eine Gefährlichkeit zu sehen waren. Ferner erscheint die Einstufung als gefährlicher Hund auch nicht als unverhältnismäßig.

39

Der in Ziffer 1a angeordnete Maulkorb- und Leinenzwang ergibt sich insbesondere aus § 5 Abs. 4 LHundG. Demnach sind gefährliche Hunde außerhalb des befriedeten Besitztums sowie bei Mehrfamilienhäusern auf Zuwegen, in Treppenhäusern und Fluren sowie in sonstigen, von der Hausgemeinschaft gemeinsam genutzten Räumen anzuleinen und haben einen das Beißen verhindernden Maulkorb zu tragen. Darüber hinaus ergibt sich eine Anleinpflicht bereits aus § 2 Abs. 1 der Gefahrenabwehrverordnung über das Halten von Hunden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und auf Feld-, Forst und Wirtschaftswegen in der Verbandsgemeinde G. vom 5. Mai 2003. Demnach dürfen Hunde auf öffentlichen Straßen innerhalb bebauter Ortslagen nur angeleint geführt werden. Außerhalb bebauter Ortslagen sind sie umgehend und ohne Aufforderung anzuleinen, wenn sich andere Personen nähern. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen gefährlichen Hund im Sinne des LHundG handelt.

40

Die Anordnung unter Ziffer 1b findet ihre Grundlage in § 5 Abs. 1 Satz 1 LHundG. Danach darf außerhalb des befriedeten Besitztums sowie bei Mehrfamilienhäusern auf Zuwegen, in Treppenhäusern und Fluren sowie in sonstigen, von der Hausgemeinschaft gemeinsam genutzten Räumen einen gefährlichen Hund nur führen, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat, körperlich in der Lage ist, den Hund sicher zu führen, und die zur Führung eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Ferner ergibt sich die Anordnung in Ziffer 1c aus § 4 Abs. 1 Satz 2 LHundG. Dort ist ausdrücklich vorgesehen, dass gefährliche Hunde im sicheren Gewahrsam zu halten sind.

41

Der Kläger ist als Halter des Hundes F. gemäß § 5 POG auch für die Einhaltung der vorgenannten Vorschriften verantwortlich. Gemäß § 5 Abs. 1 POG sind die Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten, wenn von einem Tier oder von einer Sache eine Gefahr ausgeht. Die für Sachen geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes sind auf Tiere entsprechend anzuwenden. Ferner können gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 POG Maßnahmen auch gegen den Eigentümer oder einen anderen Berechtigten gerichtet werden.

42

Da die Haltung eines gefährlichen Hundes gemäß § 3 LHundG erlaubnispflichtig ist, war auch die in Ziffer 2 getroffene Anordnung rechtmäßig. Die Androhung des Zwangsgeldes in Höhe von 200,00 € (Ziffer 3) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1, 64, 66 LVwVG. Ebenso verhält es sich mit der Androhung der Ersatzvornahme (Ziffer 4), die auf §§ 61 Abs. 1, 63, 66 LVwVG gestützt werden kann.

43

Die Festsetzung eines Zwangsgelds in Höhe von 200,00 € (zuzüglich einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 25,00 € sowie Auslagen in Höhe von 3,50 €) und der gleichzeitigen Androhung eines höheren Zwangsgeldes (in Höhe von 400,00 €) mit Bescheid vom 8. Oktober 2015 waren ebenfalls rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Da gegen den in Ziffer 1 des Bescheids vom 7. September 2012 angeordneten und sofort vollziehbaren Maulkorb- und Leinenzwang verstoßen worden ist, konnte ein entsprechendes Zwangsgeld festgesetzt werden (vgl. etwa Blätter 95, 97 der Verwaltungsakte). Der Maulkorbzwang ist zudem auch nicht zwischenzeitlich aufgehoben worden. Weitergehende rechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit der vorgenannten Zwangsgeldfestsetzung und -androhung bestehen ebenfalls nicht.

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VGO.

45

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Beschluss der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 30. November 2017

46

Der Streitwert wird auf 5.228,50 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2, 3 GKG).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

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Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 18. März 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

2

Die mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, die angegriffene Entscheidung aufzuheben oder abzuändern.

3

Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die unter Ziffer 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Februar 2015 angeordnete Sicherstellung der Hündin „A“, die von einem Hund der Rasse American Staffordshire Terrier abstammt, und Verpflichtung des Antragstellers zur Übergabe der Hündin an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V. wiederherzustellen sowie die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die unter Ziffer 4 des Bescheides angedrohte Ersatzvornahme anzuordnen.

4

Entgegen der Auffassung des Antragstellers fehlt es weder an einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung (dazu unter I.), noch überwiegt im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen das Suspensivinteresse des Antragstellers das Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Gefahrenabwehr (dazu unter II.), weil sich die Ziffern 2 und 4 der angegriffenen Verfügung - jedenfalls nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung - als offensichtlich rechtmäßig erweisen. Die Vollziehung der in Ziffer 2 verfügten Anordnungen ist auch eilbedürftig (dazu unter III.).

5

I. Zu Unrecht rügt der Antragsteller einen Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Er trägt mit seiner Beschwerde vor, es fehle eine auf seinen konkreten Einzelfall abstellende Darlegung, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig sei und dass hinter dem erheblichen öffentlichen Interesse sein Interesse, zunächst von den Folgen der in Ziffer 2 getroffenen Regelungen des von ihm angegriffenen Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Februar 2015 verschont zu bleiben, zurücktreten müsse.

6

Zutreffend geht der Antragsteller davon aus, dass nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen ist. Dieser formell-rechtlichen Anforderung ist allerdings genügt, wenn die Behörde unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls erkennen lässt, aufgrund welcher Überlegungen sie die sofortige Vollziehung als notwendig ansieht; ob sich die angeführten Gründe im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung als tragfähig erweisen, betrifft nicht das formale Begründungserfordernis, sondern die Eilrechtsschutzentscheidung in der Sache. Eine bloß formelhafte Begründung genügt allerdings den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 85 m.w.N.).

7

Die Antragsgegnerin hat die Anordnung des Sofortvollzuges in der streitgegenständlichen Verfügung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß begründet. Sie hat unter Bezugnahme auf den konkreten Fall des Antragstellers hervorgehoben, dass dessen persönliche Interessen zurückzutreten haben, weil er einen gefährlichen Hund trotz bestehender Erlaubnispflicht ohne Erlaubnis halte und auch keine Erlaubnis bekommen könne. Nach der Begründung des Bescheides fehlt es dem Antragsteller am nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG erforderlichen berechtigten Interesse zur Haltung eines gefährlichen Hundes, weil es rechtsmissbräuchlich sei, zunächst einen gefährlichen Hund, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, in Obhut zu nehmen und ihn dann mit der Begründung zur Vermeidung eines Tierheimaufenthalts behalten zu wollen. Die Antragsgegnerin hat damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie vorliegend den Sofortvollzug wegen der Ordnungsfunktion des Landesgesetzes über gefährliche Hunde, nämlich der effektiven Sicherung des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, für erforderlich erachte, um angemessen auf die Umgehung der Vorgaben dieses Gesetzes reagieren zu können.

8

II. Entgegen der Auffassung des Antragstellers überwiegt bei der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO das öffentliche Interesse sein Interesse, bis zum Abschluss des Widerspruchs- und ggf. eines Klageverfahrens von den Folgen der in Ziffer 2 und 4 des Bescheides der Antragsgegnerin getroffenen Regelungen verschont zu bleiben.

9

1. Die in dem angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin unter Ziffer 2 angeordnete Sicherstellung der Hündin ist offensichtlich rechtmäßig.

10

Rechtsgrundlage für die Sicherstellung ist § 22 Nr. 1 POG. Zwar spricht die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur von einer Sicherstellung von Sachen, gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 POG findet sie jedoch für Tiere entsprechend Anwendung (vgl. Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – 7 A 10723/09.OVG –, AS 38, 114, 115). Die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 POG sind vorliegend gegeben, da die Sicherstellung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erfolgte.

11

Eine gegenwärtige Gefahr liegt vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst dabei jede Norm des geschriebenen Rechts, die den Störer zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet. Nicht erforderlich ist dagegen, dass die Gefahr von dem sicherzustellenden Gegenstand, hier also der Hündin, selbst ausgeht. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LHundG bedarf derjenige, der einen gefährlichen Hund halten will, der Erlaubnis. Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier und Hunde, die von dieser Rasse abstammen, was vorliegend bei der Hündin „A“ der Fall ist, sind nach § 1 Abs. 2 LHundG gefährliche Hunde im Sinne von § 1 Abs. 1 LHundG. Da der Antragsteller die Hündin hält, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, liegt ein Verstoß gegen geltendes Recht vor und die Gefahr für die öffentliche Sicherheit hat sich bereits verwirklicht (vgl. Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – 7 A 10723/09.OVG –, AS 38, 114, 122).

12

Die Sicherstellung ist auch nicht unverhältnismäßig gewesen. Denn dem Antragsteller kann – entgegen seiner Auffassung – keine Erlaubnis zur Haltung der Hündin „A“ erteilt werden, weil er – wie das Verwaltungsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung unter Hinweis auf den Beschluss des Senats vom 2. März 2009 (7 A 11077/08.OVG) und die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid zutreffend ausgeführt haben – gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG kein berechtigtes Interesse an der Haltung der gefährlichen Hündin hat.

13

Der Begriff des berechtigten Interesses ist eng auszulegen. Die Erteilung der Erlaubnis für die Haltung eines gefährlichen Hundes kommt nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht (vgl. Beschlüsse des Senats vom 2. März 2009 – 7 A 11077/08.OVG –, AS 37, 185, 186, und 2. Juli 2007 – 7 B 10486/07.OVG –). Das normale Affektionsinteresse an der Haltung eines Hundes im Sinne des § 1 Abs. 1 LHundG, namentlich des in § 1 Abs. 2 LHundG genannten Typs bzw. der dort genannten Rassen, reicht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht aus (vgl. LT-Drucks. 14/3512 S. 11). Entgegen der Auffassung des Antragstellers schließt ein Verhalten, das auf die Umgehung der Vorschriften des Landesgesetzes über gefährliche Hunde gerichtet ist und sich als rechtsmissbräuchliches darstellt, ein berechtigtes Interesse zur Haltung eines gefährlichen Hundes aus.

14

Der Antragsteller hat die Hündin „A“ nicht aus Belangen des Tierschutzes oder aus sozialen Gründen übernommen. Vielmehr wurden die Vorgaben des Landesgesetzes über gefährliche Hunde umgangen. Wie bereits im Beschluss des Senats vom 2. März 2009 (a.a.O.) ausgeführt, ist es rechtsmissbräuchlich, sich erst einen gefährlichen Hund zu verschaffen, um ihn dann - zur Vermeidung oder Beendigung eines Tierheimaufenthalts - legal behalten bzw. wieder aufnehmen zu können. Um die tatsächliche Wirkung des Gesetzes nicht zu beeinträchtigen, ist mit dieser Fallgestaltung in der Regel die Situation gleichzusetzen, in der ein Betroffener ohne entsprechende Erlaubnis einen gefährlichen Hund in Obhut nimmt, selbst wenn er dessen Eigenschaft nicht kennt (Beschluss des Senats vom 2. März 2009, a.a.O.).

15

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nach Maßgabe dieser Grundsätze bei ihm ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG an der Haltung der Hündin „A“ nicht anzuerkennen. Selbst wenn die Initiative zum Erwerb der Hündin von seinem Sohn ausgegangen sein mag, so war der Antragsteller selbst nach Lage der Akten offensichtlich an dem Kauf beteiligt. In seinem Antrag auf Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes gemäß § 3 LHundG führte er in einer Anlage zum Antrag aus: „Der Züchter sagte uns, es handelt sich um einen American Bulli, es gäbe keine Probleme mit der Haltung eines solchen Hundes. Wir kauften daraufhin unsere A, … “. Nicht überzeugend sind die Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, wo er nunmehr dargelegt hat, sein Sohn habe den Hund gekauft und er habe erst später Gefallen an dem Tier gefunden. Den Widerspruch zu seinen ursprünglich noch von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin unbeeinflussten Angaben erklärt er nicht. Dieser wird auch nicht dadurch aufgelöst, dass er in seinem Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz angegeben hat, nicht er habe den Hund gekauft, sondern sein Sohn. Er habe gewusst, dass sich sein Sohn einen Hund habe anschaffen wollen, und dieser habe ihm im Vorfeld des Kaufs Fotos von dem Hund gezeigt. Dass er an dem Kauf der Hündin beteiligt war, bekräftigte er bei seiner Antragstellung bei der Antragsgegnerin auch, indem er ausführte, wenn er die Probleme geahnt hätte, wäre der Hund nicht von „ihnen“ gekauft worden. Auch hierauf geht der Antragsteller nicht ein.

16

Zwar reicht die Beteiligung des Antragstellers am Kauf der gefährlichen Hündin bereits aus, um ein berechtigtes Interesse an deren Haltung zu verneinen. Hinzu kommt vorliegend allerdings – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – darüber hinaus, dass dem berechtigten Interesse entgegensteht, dass der Sohn des Antragstellers, der nach Lage der Akten aufgrund von Verurteilungen wegen vorsätzlicher Straftaten als unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs.1 Satz 2 und Abs. 3 Nr. 1 LHundG anzusehen ist, nicht unerhebliche Einwirkungsmöglichkeiten auf die Hündin hat. Das pauschale Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, dass sein Sohn, mit dem er in seinem eigenen Haus lebt, seit der angeblichen Übernahme des Hundes durch ihn (den Antragsteller) keinen Einfluss auf die Hundehaltung mehr habe, überzeugt nicht. Bei seiner Antragstellung auf Erteilung der Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes am 4. November 2014 führte der Antragsteller aus, er habe den Hund mittlerweile übernommen. Die Hündin lebe mit ihnen im Haus. Sie habe zwei Schlafplätze. Einer befinde sich bei ihm im Wohnzimmer und der andere im Obergeschoss bei seinem Sohn. Eine Änderung zu den früheren Verhältnissen, als sein Sohn eine Erlaubnis zur Haltung der gefährlichen Hündin beantragt hatte, zeigt sich damit nicht. Denn der Sohn des Antragstellers gab – worauf das Verwaltungsgericht sich in seiner Entscheidung stützt – in seinem Antrag an, dass die Hündin mit ihnen im Haus lebe und sowohl bei ihm als auch bei dem Antragsteller ihren Korb habe. Hierauf geht der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht ein. Dass sich eine tatsächliche Veränderung in der Einflussmöglichkeit seines Sohnes, der keine Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes hat und auch nicht erhalten kann, ergeben hätte und wie sich diese im Verhältnis zu den früheren Haltungsbedingungen auswirkte, hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt. Sein Hinweis, es sei gefahrenabwehrrechtlich belanglos, dass sein Sohn den Hund in seinem Haus sehen könne, entkräftet seinen früheren Vortrag, dass die Hündin auch mit seinem Sohn im Haus lebt und auch bei diesem einen Schlafplatz hat, nicht. Das Vorbringen des Antragstellers bei der Antragstellung im November 2014, dass der Hund mit ihnen im Haus lebe, und die Schilderung des Kaufs lassen unter Berücksichtigung seines späteren lediglich pauschalen Vorbringens den Schluss zu, dass sein Sohn eine nicht unerhebliche Bestimmungsmacht über die Hündin hat und ihm Betreuungsaufgaben zukommen. Selbst unterstellt, der Antragsteller allein sei rechtlich als Halter anzusehen, hat sein Sohn ungeachtet von Abwesenheitszeiten aufgrund von mitunter mehrwöchigen Montageeinsätzen tatsächlich noch so weitgehende Einflussmöglichkeiten auf die Hündin, dass der Gesetzeswille umgangen würde.

17

Entgegen dem Vortrag des Antragstellers kommt auch die Erteilung einer Erlaubnis unter der Auflage, dass sein Sohn die Hündin nicht ausführen darf, nicht in Betracht. Ungeachtet dessen, dass der Sohn des Antragstellers nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LHundG nicht berechtigt ist, die gefährliche Hündin zu führen, erschöpfen sich dessen Einflussmöglichkeiten nach dem Vorbringen des Antragstellers bei seiner Antragstellung bei dem Antragsgegner nicht allein in dem Ausführen der Hündin.

18

2. Die Verpflichtung des Antragstellers zur Übergabe der Hündin an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V. ist offensichtlich rechtmäßig.

19

Nach § 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 POG kann die Antragsgegnerin als zuständige Ordnungsbehörde die sichergestellte Hündin zur Verwahrung einem Dritten überlassen und den Antragsteller verpflichten, die Hündin an diesen herauszugeben. Der Dritte, der die Verwahrung für die Ordnungsbehörde vorzunehmen hat, ist von dieser zu bestimmen. Die Antragsgegnerin hat das zur Aufnahme bereite und zu den Beteiligten räumlich nächstgelegene Tierheim ausgewählt. Umstände, aus denen sich eine Ungeeignetheit des von der Antragsgegnerin ausgewählten Tierheims ergeben könnte, sind nicht vorgetragen worden. Der Antragsteller hat weder im Anhörungsverfahren der Antragsgegnerin noch im gerichtlichen Verfahren ein aufnahmebereites Tierheim benannt oder eine Person, die bereit ist, die gefährliche Hündin aufzunehmen, und die Voraussetzungen für deren Haltung erfüllt.

20

3. Umstände, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der in Ziffer 4 des Bescheides angedrohten Ersatzvornahme ergeben könnte, sind nicht vorgetragen worden.

21

III. Entgegen der Auffassung des Antragstellers besteht auch eine das besondere Vollziehungsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Sicherstellung der Hündin und Verpflichtung zur Herausgabe an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V..

22

Zwar kann die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Grundverfügung allein die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht tragen, aber vorliegend sind besondere Gründe gegeben, die die Verwirklichung der in Ziffer 2 des Bescheides getroffenen Anordnungen vor der Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf des Antragstellers erfordern und damit die Durchbrechung des vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen Suspensiveffekts rechtfertigen.

23

Ziel der Erlaubnispflicht des § 3 LHundG ist, die Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren, die von gefährlichen Hunden ausgehen können, soweit wie möglich zu reduzieren (LT-Drucks. 14/3512 S. 11). Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt gerade der Zuverlässigkeit als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes eine wesentliche Bedeutung im Rahmen der Gefahrenvorsorge zu (vgl. LT-Drucks. 14/3512 S. 12). Der Sohnes des Antragstellers, der nach Lage der Akten als unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs.1 Satz 2 und Abs. 3 Nr. 1 LHundG anzusehen ist, hat – wie bereits oben ausgeführt – erhebliche Möglichkeiten, auf die gefährliche Hündin einzuwirken, sodass eine erhöhte Gefährdungslage, die die sofortige Sicherstellung der Hündin „A“ durch Übergabe an das Tierheim erfordert, besteht.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

25

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2, 47 GKG.


Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 13. August 2008 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Erlaubnis zur Haltung des Staffordshire Bullterrier-Mischlings „B.“.

2

Dem vorliegenden Verfahren ging ein entsprechender Antrag des Ehemanns der Klägerin bei der Beklagten vom 13. April 2006 voraus. Er gab hierbei an, ein Bekannter habe „B.“ aus Russland mitgebracht und ihm im Februar 2006 geschenkt. Mit Bescheid vom gleichen Tage untersagte die Beklagte dem Ehemann die Haltung des Hundes und gab ihm auf, das Tier beim Tierheim abzugeben. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 14. Juni 2006 (Az.: 5 L 799/06.KO) einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab, woraufhin der Ehemann seinen Widerspruch gegen die Verfügung vom 13. April 2006 zurücknahm und den Hund einem Tierheim überließ.

3

Am 15. August 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihr eine Erlaubnis zur Haltung des Hundes „B.“ zu erteilen. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 12. Dezember 2006 ab, weil der Klägerin das erforderliche berechtigte Interesse fehle. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab.

II.

4

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

5

Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch.

6

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin kann kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Landesgesetzes über gefährliche Hunde (LHundG) an der Haltung des gefährlichen Hundes „B.“ geltend machen, sodass sie von der Beklagten auch nicht die erstinstanzlich begehrte Neubescheidung ihres Antrags auf Erteilung einer Erlaubnis verlangen kann.

7

Das Landesgesetz über gefährliche Hunde dient dem Ziel, die Bevölkerung besser vor den von Hunden ausgehenden Gefahren für Leib und Leben zu schützen. Der Gesetzgeber handelt damit in Erfüllung der ihm gerade durch die Verfassung selbst auferlegten Pflicht, sich schützend und fördernd vor diese höchsten Rechtsgüter zu stellen und sie vor Eingriffen anderer zu bewahren (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz; vgl. VGH RP, AS 29, 23 [31]). Das Zucht-, Vermehrungs- und Handelsverbot (§ 2 Abs. 1 LHundG), die Soll-Vorschrift über die Anordnung zur Unfruchtbarmachung (§ 2 Abs. 2 LHundG) und der Erlaubnisvorbehalt zur Haltung eines gefährlichen Hundes setzen den Gesetzeszweck um, indem sie darauf abzielen, den Bestand an diesen Hunden in Rheinland-Pfalz in der Zukunft gänzlich zurückzudrängen (vgl. VGH RP, a.a.O., S. 45 ff.). In diesem Lichte muss der Begriff des berechtigten Interesses gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG eng ausgelegt werden. Die Erteilung einer Erlaubnis für die Haltung eines gefährlichen Hundes kommt nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht (Beschluss des Senats vom 2. Juli 2007 - 7 B 10486/07.OVG -). Ein solcher Fall kann regelmäßig unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes angenommen werden, wenn ein gefährlicher Hund, der in einem Tierheim oder in einer ähnlichen Einrichtung gehalten wird (sog. Tierheimhund), an eine Privatperson abgegeben werden kann (vgl. LT-Drs. 14/3512, S. 11). Entsprechendes ist anzunehmen, wenn die Haltung in einer der genannten Einrichtungen unmittelbar bevorsteht. Es liegt jedoch auf der Hand, dass ein berechtigtes Interesse selbst bei einem sog. Tierheimhund nicht bestehen kann, wenn die Vorgaben des Landesgesetzes über gefährliche Hunde bewusst umgangen werden. Es ist rechtsmissbräuchlich, sich erst einen gefährlichen Hund zu verschaffen, um ihn dann – zur Vermeidung oder Beendigung eines Tierheimaufenthalts – legal behalten bzw. wieder aufnehmen zu können. Um die tatsächliche Wirkung des Gesetzes nicht zu beeinträchtigen, ist mit dieser Fallgestaltung in der Regel die Situation gleichzusetzen, in der ein Betroffener ohne entsprechende Erlaubnis einen gefährlichen Hund in Obhut nimmt, selbst wenn er dessen Eigenschaft nicht kennt. Durch sein Verhalten hat er nämlich objektiv einen gesetzlich missbilligten Zustand herbeigeführt. Für die hieraus folgende Verantwortlichkeit genügt die Verursachung durch den Betroffenen. Wie im Ordnungsrecht allgemein (vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehrrecht, 9. Aufl. 1985, S. 293) ist insoweit ohne Bedeutung, ob ihn ein persönliches Verschulden trifft oder er sich hinsichtlich seiner Verantwortlichkeit in einem Irrtum befindet.

8

Vor diesem Hintergrund ist ein berechtigtes Interesse der Klägerin im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG an der Hundehaltung nicht anzuerkennen. Ihr Ehemann hat „B.“ aufgenommen, ohne über die erforderliche Haltererlaubnis zu verfügen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ob dem Ehemann der Klägerin die Eigenschaft des Hundes bekannt war, ist nicht erheblich, sodass es, anders als die Klägerin meint, keiner weiteren Sachverhaltserforschung bedurfte. Erhielte nun die Klägerin eine Erlaubnis zur Haltung von „B.“, würde der Hund in den gemeinsamen Haushalt der Eheleute aufgenommen. Üblicherweise ist die Aufnahme eines Hundes für die erwachsenen Familienmitglieder des Haushalts mit einer nicht unerheblichen Bestimmungsmacht über das Tier sowie Betreuungsaufgaben verbunden. Davon wäre auch vorliegend auszugehen; anderes wird im Zulassungsantrag nicht geltend gemacht. Selbst wenn rechtlich nur die Klägerin Halterin wäre, hätte ihr Ehemann tatsächlich noch so weitgehende Einflussmöglichkeiten, dass der Wille des Gesetzes umgangen würde. Etwas anderes gilt deshalb vorliegend auch nicht mit Blick auf den schlechten Gesundheitszustand des Hundes.

9

2. Die Rechtssache weist über die Ausführungen zu 1. hinaus keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

10

3. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die von der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam angesehenen Fragen zur Relevanz des Verschuldens, dessen Zurechenbarkeit und des Tierschutzes lassen sich ohne die Durchführung eines Berufungsverfahrens beantworten.

11

4. Schließlich legt die Klägerin keinen Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO dar (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Der Zulassungsantrag zeigt nicht auf, gegen welche Verfahrensvorschrift das Verwaltungsgericht verstoßen haben sollte. Soweit ihr Vortrag, das Verwaltungsgericht habe dem Tierschutz und dem schlechten Gesundheitszustand von „B.“ mit keinem Wort und keiner Erwägung Rechnung getragen, als Rüge eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör zu verstehen sein sollte, führte auch dies nicht zur Berufungszulassung. Das Verwaltungsgericht hat die Belange des Tierschutzes in seine rechtlichen Ausführungen ausdrücklich einbezogen (Bl. 7 ff. UA). Auf den Gesundheitszustand kommt es – abgesehen davon, dass er im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung wiederholt erwähnt wird (Bl. 2, 3 und 4 UA) – nicht entscheidend an.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.

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Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 18. März 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

2

Die mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, die angegriffene Entscheidung aufzuheben oder abzuändern.

3

Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die unter Ziffer 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Februar 2015 angeordnete Sicherstellung der Hündin „A“, die von einem Hund der Rasse American Staffordshire Terrier abstammt, und Verpflichtung des Antragstellers zur Übergabe der Hündin an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V. wiederherzustellen sowie die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die unter Ziffer 4 des Bescheides angedrohte Ersatzvornahme anzuordnen.

4

Entgegen der Auffassung des Antragstellers fehlt es weder an einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung (dazu unter I.), noch überwiegt im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen das Suspensivinteresse des Antragstellers das Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Gefahrenabwehr (dazu unter II.), weil sich die Ziffern 2 und 4 der angegriffenen Verfügung - jedenfalls nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung - als offensichtlich rechtmäßig erweisen. Die Vollziehung der in Ziffer 2 verfügten Anordnungen ist auch eilbedürftig (dazu unter III.).

5

I. Zu Unrecht rügt der Antragsteller einen Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Er trägt mit seiner Beschwerde vor, es fehle eine auf seinen konkreten Einzelfall abstellende Darlegung, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig sei und dass hinter dem erheblichen öffentlichen Interesse sein Interesse, zunächst von den Folgen der in Ziffer 2 getroffenen Regelungen des von ihm angegriffenen Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Februar 2015 verschont zu bleiben, zurücktreten müsse.

6

Zutreffend geht der Antragsteller davon aus, dass nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen ist. Dieser formell-rechtlichen Anforderung ist allerdings genügt, wenn die Behörde unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls erkennen lässt, aufgrund welcher Überlegungen sie die sofortige Vollziehung als notwendig ansieht; ob sich die angeführten Gründe im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung als tragfähig erweisen, betrifft nicht das formale Begründungserfordernis, sondern die Eilrechtsschutzentscheidung in der Sache. Eine bloß formelhafte Begründung genügt allerdings den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 85 m.w.N.).

7

Die Antragsgegnerin hat die Anordnung des Sofortvollzuges in der streitgegenständlichen Verfügung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß begründet. Sie hat unter Bezugnahme auf den konkreten Fall des Antragstellers hervorgehoben, dass dessen persönliche Interessen zurückzutreten haben, weil er einen gefährlichen Hund trotz bestehender Erlaubnispflicht ohne Erlaubnis halte und auch keine Erlaubnis bekommen könne. Nach der Begründung des Bescheides fehlt es dem Antragsteller am nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG erforderlichen berechtigten Interesse zur Haltung eines gefährlichen Hundes, weil es rechtsmissbräuchlich sei, zunächst einen gefährlichen Hund, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, in Obhut zu nehmen und ihn dann mit der Begründung zur Vermeidung eines Tierheimaufenthalts behalten zu wollen. Die Antragsgegnerin hat damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie vorliegend den Sofortvollzug wegen der Ordnungsfunktion des Landesgesetzes über gefährliche Hunde, nämlich der effektiven Sicherung des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, für erforderlich erachte, um angemessen auf die Umgehung der Vorgaben dieses Gesetzes reagieren zu können.

8

II. Entgegen der Auffassung des Antragstellers überwiegt bei der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO das öffentliche Interesse sein Interesse, bis zum Abschluss des Widerspruchs- und ggf. eines Klageverfahrens von den Folgen der in Ziffer 2 und 4 des Bescheides der Antragsgegnerin getroffenen Regelungen verschont zu bleiben.

9

1. Die in dem angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin unter Ziffer 2 angeordnete Sicherstellung der Hündin ist offensichtlich rechtmäßig.

10

Rechtsgrundlage für die Sicherstellung ist § 22 Nr. 1 POG. Zwar spricht die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur von einer Sicherstellung von Sachen, gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 POG findet sie jedoch für Tiere entsprechend Anwendung (vgl. Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – 7 A 10723/09.OVG –, AS 38, 114, 115). Die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 POG sind vorliegend gegeben, da die Sicherstellung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erfolgte.

11

Eine gegenwärtige Gefahr liegt vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst dabei jede Norm des geschriebenen Rechts, die den Störer zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet. Nicht erforderlich ist dagegen, dass die Gefahr von dem sicherzustellenden Gegenstand, hier also der Hündin, selbst ausgeht. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LHundG bedarf derjenige, der einen gefährlichen Hund halten will, der Erlaubnis. Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier und Hunde, die von dieser Rasse abstammen, was vorliegend bei der Hündin „A“ der Fall ist, sind nach § 1 Abs. 2 LHundG gefährliche Hunde im Sinne von § 1 Abs. 1 LHundG. Da der Antragsteller die Hündin hält, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, liegt ein Verstoß gegen geltendes Recht vor und die Gefahr für die öffentliche Sicherheit hat sich bereits verwirklicht (vgl. Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – 7 A 10723/09.OVG –, AS 38, 114, 122).

12

Die Sicherstellung ist auch nicht unverhältnismäßig gewesen. Denn dem Antragsteller kann – entgegen seiner Auffassung – keine Erlaubnis zur Haltung der Hündin „A“ erteilt werden, weil er – wie das Verwaltungsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung unter Hinweis auf den Beschluss des Senats vom 2. März 2009 (7 A 11077/08.OVG) und die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid zutreffend ausgeführt haben – gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG kein berechtigtes Interesse an der Haltung der gefährlichen Hündin hat.

13

Der Begriff des berechtigten Interesses ist eng auszulegen. Die Erteilung der Erlaubnis für die Haltung eines gefährlichen Hundes kommt nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht (vgl. Beschlüsse des Senats vom 2. März 2009 – 7 A 11077/08.OVG –, AS 37, 185, 186, und 2. Juli 2007 – 7 B 10486/07.OVG –). Das normale Affektionsinteresse an der Haltung eines Hundes im Sinne des § 1 Abs. 1 LHundG, namentlich des in § 1 Abs. 2 LHundG genannten Typs bzw. der dort genannten Rassen, reicht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht aus (vgl. LT-Drucks. 14/3512 S. 11). Entgegen der Auffassung des Antragstellers schließt ein Verhalten, das auf die Umgehung der Vorschriften des Landesgesetzes über gefährliche Hunde gerichtet ist und sich als rechtsmissbräuchliches darstellt, ein berechtigtes Interesse zur Haltung eines gefährlichen Hundes aus.

14

Der Antragsteller hat die Hündin „A“ nicht aus Belangen des Tierschutzes oder aus sozialen Gründen übernommen. Vielmehr wurden die Vorgaben des Landesgesetzes über gefährliche Hunde umgangen. Wie bereits im Beschluss des Senats vom 2. März 2009 (a.a.O.) ausgeführt, ist es rechtsmissbräuchlich, sich erst einen gefährlichen Hund zu verschaffen, um ihn dann - zur Vermeidung oder Beendigung eines Tierheimaufenthalts - legal behalten bzw. wieder aufnehmen zu können. Um die tatsächliche Wirkung des Gesetzes nicht zu beeinträchtigen, ist mit dieser Fallgestaltung in der Regel die Situation gleichzusetzen, in der ein Betroffener ohne entsprechende Erlaubnis einen gefährlichen Hund in Obhut nimmt, selbst wenn er dessen Eigenschaft nicht kennt (Beschluss des Senats vom 2. März 2009, a.a.O.).

15

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nach Maßgabe dieser Grundsätze bei ihm ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG an der Haltung der Hündin „A“ nicht anzuerkennen. Selbst wenn die Initiative zum Erwerb der Hündin von seinem Sohn ausgegangen sein mag, so war der Antragsteller selbst nach Lage der Akten offensichtlich an dem Kauf beteiligt. In seinem Antrag auf Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes gemäß § 3 LHundG führte er in einer Anlage zum Antrag aus: „Der Züchter sagte uns, es handelt sich um einen American Bulli, es gäbe keine Probleme mit der Haltung eines solchen Hundes. Wir kauften daraufhin unsere A, … “. Nicht überzeugend sind die Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, wo er nunmehr dargelegt hat, sein Sohn habe den Hund gekauft und er habe erst später Gefallen an dem Tier gefunden. Den Widerspruch zu seinen ursprünglich noch von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin unbeeinflussten Angaben erklärt er nicht. Dieser wird auch nicht dadurch aufgelöst, dass er in seinem Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz angegeben hat, nicht er habe den Hund gekauft, sondern sein Sohn. Er habe gewusst, dass sich sein Sohn einen Hund habe anschaffen wollen, und dieser habe ihm im Vorfeld des Kaufs Fotos von dem Hund gezeigt. Dass er an dem Kauf der Hündin beteiligt war, bekräftigte er bei seiner Antragstellung bei der Antragsgegnerin auch, indem er ausführte, wenn er die Probleme geahnt hätte, wäre der Hund nicht von „ihnen“ gekauft worden. Auch hierauf geht der Antragsteller nicht ein.

16

Zwar reicht die Beteiligung des Antragstellers am Kauf der gefährlichen Hündin bereits aus, um ein berechtigtes Interesse an deren Haltung zu verneinen. Hinzu kommt vorliegend allerdings – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – darüber hinaus, dass dem berechtigten Interesse entgegensteht, dass der Sohn des Antragstellers, der nach Lage der Akten aufgrund von Verurteilungen wegen vorsätzlicher Straftaten als unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs.1 Satz 2 und Abs. 3 Nr. 1 LHundG anzusehen ist, nicht unerhebliche Einwirkungsmöglichkeiten auf die Hündin hat. Das pauschale Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, dass sein Sohn, mit dem er in seinem eigenen Haus lebt, seit der angeblichen Übernahme des Hundes durch ihn (den Antragsteller) keinen Einfluss auf die Hundehaltung mehr habe, überzeugt nicht. Bei seiner Antragstellung auf Erteilung der Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes am 4. November 2014 führte der Antragsteller aus, er habe den Hund mittlerweile übernommen. Die Hündin lebe mit ihnen im Haus. Sie habe zwei Schlafplätze. Einer befinde sich bei ihm im Wohnzimmer und der andere im Obergeschoss bei seinem Sohn. Eine Änderung zu den früheren Verhältnissen, als sein Sohn eine Erlaubnis zur Haltung der gefährlichen Hündin beantragt hatte, zeigt sich damit nicht. Denn der Sohn des Antragstellers gab – worauf das Verwaltungsgericht sich in seiner Entscheidung stützt – in seinem Antrag an, dass die Hündin mit ihnen im Haus lebe und sowohl bei ihm als auch bei dem Antragsteller ihren Korb habe. Hierauf geht der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht ein. Dass sich eine tatsächliche Veränderung in der Einflussmöglichkeit seines Sohnes, der keine Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes hat und auch nicht erhalten kann, ergeben hätte und wie sich diese im Verhältnis zu den früheren Haltungsbedingungen auswirkte, hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt. Sein Hinweis, es sei gefahrenabwehrrechtlich belanglos, dass sein Sohn den Hund in seinem Haus sehen könne, entkräftet seinen früheren Vortrag, dass die Hündin auch mit seinem Sohn im Haus lebt und auch bei diesem einen Schlafplatz hat, nicht. Das Vorbringen des Antragstellers bei der Antragstellung im November 2014, dass der Hund mit ihnen im Haus lebe, und die Schilderung des Kaufs lassen unter Berücksichtigung seines späteren lediglich pauschalen Vorbringens den Schluss zu, dass sein Sohn eine nicht unerhebliche Bestimmungsmacht über die Hündin hat und ihm Betreuungsaufgaben zukommen. Selbst unterstellt, der Antragsteller allein sei rechtlich als Halter anzusehen, hat sein Sohn ungeachtet von Abwesenheitszeiten aufgrund von mitunter mehrwöchigen Montageeinsätzen tatsächlich noch so weitgehende Einflussmöglichkeiten auf die Hündin, dass der Gesetzeswille umgangen würde.

17

Entgegen dem Vortrag des Antragstellers kommt auch die Erteilung einer Erlaubnis unter der Auflage, dass sein Sohn die Hündin nicht ausführen darf, nicht in Betracht. Ungeachtet dessen, dass der Sohn des Antragstellers nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LHundG nicht berechtigt ist, die gefährliche Hündin zu führen, erschöpfen sich dessen Einflussmöglichkeiten nach dem Vorbringen des Antragstellers bei seiner Antragstellung bei dem Antragsgegner nicht allein in dem Ausführen der Hündin.

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2. Die Verpflichtung des Antragstellers zur Übergabe der Hündin an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V. ist offensichtlich rechtmäßig.

19

Nach § 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 POG kann die Antragsgegnerin als zuständige Ordnungsbehörde die sichergestellte Hündin zur Verwahrung einem Dritten überlassen und den Antragsteller verpflichten, die Hündin an diesen herauszugeben. Der Dritte, der die Verwahrung für die Ordnungsbehörde vorzunehmen hat, ist von dieser zu bestimmen. Die Antragsgegnerin hat das zur Aufnahme bereite und zu den Beteiligten räumlich nächstgelegene Tierheim ausgewählt. Umstände, aus denen sich eine Ungeeignetheit des von der Antragsgegnerin ausgewählten Tierheims ergeben könnte, sind nicht vorgetragen worden. Der Antragsteller hat weder im Anhörungsverfahren der Antragsgegnerin noch im gerichtlichen Verfahren ein aufnahmebereites Tierheim benannt oder eine Person, die bereit ist, die gefährliche Hündin aufzunehmen, und die Voraussetzungen für deren Haltung erfüllt.

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3. Umstände, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der in Ziffer 4 des Bescheides angedrohten Ersatzvornahme ergeben könnte, sind nicht vorgetragen worden.

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III. Entgegen der Auffassung des Antragstellers besteht auch eine das besondere Vollziehungsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Sicherstellung der Hündin und Verpflichtung zur Herausgabe an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V..

22

Zwar kann die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Grundverfügung allein die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht tragen, aber vorliegend sind besondere Gründe gegeben, die die Verwirklichung der in Ziffer 2 des Bescheides getroffenen Anordnungen vor der Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf des Antragstellers erfordern und damit die Durchbrechung des vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen Suspensiveffekts rechtfertigen.

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Ziel der Erlaubnispflicht des § 3 LHundG ist, die Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren, die von gefährlichen Hunden ausgehen können, soweit wie möglich zu reduzieren (LT-Drucks. 14/3512 S. 11). Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt gerade der Zuverlässigkeit als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes eine wesentliche Bedeutung im Rahmen der Gefahrenvorsorge zu (vgl. LT-Drucks. 14/3512 S. 12). Der Sohnes des Antragstellers, der nach Lage der Akten als unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs.1 Satz 2 und Abs. 3 Nr. 1 LHundG anzusehen ist, hat – wie bereits oben ausgeführt – erhebliche Möglichkeiten, auf die gefährliche Hündin einzuwirken, sodass eine erhöhte Gefährdungslage, die die sofortige Sicherstellung der Hündin „A“ durch Übergabe an das Tierheim erfordert, besteht.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

25

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2, 47 GKG.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.