Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 26. Sept. 2016 - 9 A 764/15
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrages.
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Der am … 1989 geborene Kläger, syrischer Staatsbürger kurdischer Volks- und sunnitischer Glaubenszugehörigkeit, reiste nach eigenen Angaben Anfang 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 31.03.2014 einen Asylantrag. In seiner persönlichen Anhörung a, 03.04.2014 gab der Kläger an, über den Landweg kommend nach Deutschland eingereist und bereits in Bulgarien anerkannt worden zu sein. Die Beklagte erzielte zu dem Kläger am 30.04.2014 einen EURODAC-Treffer zu Bulgarien (vgl. Bl. 40 der Beiakte A) und ersuchte den Mitgliedsstaat Bulgarien mit Schreiben vom selben Tag um Übernahme des Klägers gemäß der Dublin-III-Regelungen (vgl. Bl. 45 der Beiakte A). Die Republik Bulgarien lehnte dieses Ersuchen ab mit der Begründung, dass dem Kläger bereits am 03.12.2013 der subsidiäre Schutz gewährt worden sei (vgl. Bl. 58 der Beiakte A). Mit Schriftsatz vom 10.12.2014 zeigte Rechtsanwalt D. der Beklagten gegenüber an, dass er die rechtlichen Interessen des Klägers vertrete. Am 17.02.2015 lehnte die Beklagte zu ihrem Geschäftszeichen 5741043-475 den Antrag des Klägers als unzulässig ab und forderte ihn auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen, anderenfalls werde er nach Bulgarien oder in einen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet sei, abgeschoben. Nach Syrien dürfe der Kläger nicht abgeschoben werden. Ihre Entscheidung begründete sie damit, dass ein erneutes Asylverfahren wegen der bereits zuvor in Bulgarien erfolgten Schutzgewährung unzulässig sei. § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG schlössen eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aus, was gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG auch für subsidiär Schutzberechtigte entsprechend gelte. Der Asylantrag, welcher nicht auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränkt war, werde daher nicht materiell geprüft. Die Unzulässigkeit ergäbe sich zudem aus dem Schutzstatus in einem sicheren Drittstaat. Zwar sei in diesen Fällen die Abschiebung anzuordnen, sie könne aber als milderes Mittel auch angedroht werden. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dieses Schriftstück an den damaligen Bevollmächtigten des Klägers übersandt hat. Mit Schreiben vom 18.03.2015 zeigte Rechtsanwalt B. die Interessenwahrnehmung des Klägers an. Diesem übersandte die Beklagte das o. g. Schriftstück als Kopie zur Kenntnis (vgl. Bl. 81, 84 der Beiakte A). Die Beklagte ging aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen (Versandliste, Bl. 79, 80 der Beiakte A und Empfangsbekenntnis vom 05.03.2015, Bl. 91 der Beiakte A) von einer Bekanntgabe des Bescheides aus. Auf den Vortrag des Klägerbevollmächtigten, dass dem bisherigen Bevollmächtigten kein auf den Kläger lautender Bescheid am 05.03.2015 zugegangen sei, hielt die Beklagte an ihrer Auffassung fest. Am 11.09.2015 stellte der Kläger einen weiteren Antrag; zu diesem Verfahren zeigte der Bevollmächtigte B. der Beklagten mit Schreiben vom 14.09.2015 (vgl. Bl. 39 der Beiakte B) erneut die Interessenvertretung des Klägers an. Mit Bescheid vom 06.10.2015, Geschäftszeichen , lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab und forderte ihn auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche zu verlassen; halte er die Ausreisefrist nicht ein, werde er nach Bulgarien abgeschoben. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot befristete die Beklagte auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Ihre Entscheidung begründete die Beklagte damit, dass der Asylantrag des Klägers am 24.03.2015 unanfechtbar als unzulässig abgelehnt worden sei. Ein weiteres Asylverfahren sei unzulässig, da die Voraussetzungen, folglich Wiederaufgreifensgründe nicht vorlägen. Der Bescheid wurde dem Kläger am 09.10.2015 zugestellt, sein Bevollmächtigter erhielt eine Bescheidkopie übersandt (vgl. Bl. 54, 57 der Beiakte B).
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Hiergegen hat der Kläger am 28.10.2015 Klage erhoben, diese aber nicht weiter begründet.
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Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
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den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2015 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt, schriftsätzlich,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verteidigt ihren streitbefangenen Bescheid, jedenfalls sei dieser im Wege der Umdeutung aufrecht zu erhalten, denn der Antrag des Klägers bleibe unter jeglicher Betrachtungsweise aufgrund der Schutzgewährung im Ausland unzulässig.
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Die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Magdeburg hat das Verfahren mit Beschluss vom 30.11.2015 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen (vgl. Bl. 20 der Gerichtsakte).
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Das Gericht hat zudem Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin E. in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2016.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen. Diese sowie die bei der Kammer geführten Erkenntnismittel waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26.09.2016 Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beteiligten nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen sind. Darauf waren sie in der Ladung hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO); die Einzelrichterin war aufgrund des Beschlusses vom 30.11.2015 zur Entscheidung berufen, § 76 AsylG.
II.
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Die zulässige Klage hat Erfolg.
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1. Das klägerische Begehren ist im Wege der Anfechtungsklage zulässig (vgl. nur: BVerwG, Urt. v. 27.10.2015 - 1 C 32.14 -, juris). Die isolierte Anfechtung des belastenden Bescheides führt zur sachlichen Prüfung des Asylantrages durch das Bundesamt und mithin zum angestrebten Rechtsschutzziel. Denn mit der Aufhebung des Bescheides wird das Verwaltungsverfahren in den Stand zurückversetzt, in dem es sich vor Erlass der streitgegenständliche Regelung befunden hat. Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 5.9.2013 - 10 C 1.13 -, BVerwGE 147, 329 = NVwZ 2014, 158; Urt. v. 7.3.1995 - 9 C 264.94 -, NVwZ 1996, 80) hat im Fall einer Einstellungsverfügung durch das Bundesamt nach §§ 32, 33 AsylVfG die vom Kläger beantragte (bloße) Aufhebung des Einstellungsbescheids für ausreichend erachtet mit der Folge, dass die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt vorbehalten bleibt. Das Bundesverwaltungsgericht weist dabei darauf hin, dass das Verwaltungsgericht zwar die Sache grundsätzlich spruchreif zu machen habe, dies aber nicht ausnahmslos gelte. Es könne nicht generell Aufgabe des Verwaltungsgerichts sein, anstelle des mit besonderer Sachkunde versehenen Bundesamts, das mit der Sache noch gar nicht befasst gewesen sei und demgemäß auch eine Entscheidung über das Asylbegehren noch gar nicht habe treffen können, über den Asylanspruch zu befinden. § 113 Abs. 3 VwGO lasse sich jedenfalls der Rechtsgedanke entnehmen, dass die Verwaltungsgerichte auch bei der Kontrolle eines rechtlich gebundenen Verwaltungsakts nicht in jedem Falle selbst die Spruchreife herbeiführen müssten, sondern bei erheblichen Aufklärungsdefiziten zunächst der Behörde Gelegenheit geben könnten, eine den Streitstoff erschöpfende Sachentscheidung zu treffen. Die besondere – auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete – Ausgestaltung des Asylverfahrens durch das Asylverfahrensgesetz stehe im Falle versäumter Sachentscheidung durch das Bundesamt der Annahme entgegen, dass nur eine auf die Asylanerkennung gerichtete Verpflichtungsklage, auf die hin das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hätte, in Betracht käme. Darüber hinaus ginge dem Asylantragsteller eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien wie persönliche Anhörung (§ 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG) und Amtsermittlungsgrundsatz (§ 24 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ausgestattet sei. Die Regelungen des Asylverfahrensgesetzes ließen darauf schließen, dass die sachliche Prüfung vorrangig von der Fachbehörde nachzuholen sei und nicht generell eine Pflicht zum „Durchentscheiden“ angenommen werden könne.
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Eine derartige „bloße” Anfechtung ist bei dem Erlass von Dublin-Bescheiden anerkannt, da lediglich eine Zuständigkeitsprüfung erfolge und durch die Aufhebung ins nationale Verfahren, mithin in die materielle Prüfung eingestiegen wird. Diese Ausführungen können auf vorliegende Konstellation übertragen werden, da bereits nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten keine materiell-rechtliche Prüfung des Antragsbegehrens erfolgte.
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2. Die Klage ist begründet. In dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist der streitbefangene Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat zu Unrecht in der Annahme eines Folgeantrages des Klägers festgestellt, dass sein Asylantrag in Deutschland unzulässig ist und die daran anknüpfende Androhung seiner Abschiebung ausgesprochen.
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2.1. Voranzustellen ist dabei, dass vorliegend kein Fall des Wiederaufgreifens i. S. d. § 71 AsylG i. V. m. § 51 Abs. 1 – 3 VwVfG gegeben ist. Denn dem Antrag des Klägers vom 11.09.2015 liegt bereits keine unanfechtbare Ablehnung eines früheren Asylantrages zugrunde; vielmehr hat die Beklagte bisher über den Antrag des Klägers vom 31.03.2014 nicht wirksam oder gar bestandskräftig entschieden. Dem steht auch nicht die Entscheidung der Beklagten vom 17.02.2015 entgegen, denn dieser kommt mangels wirksamer Bekanntgabe keine rechtliche Existenz zu. Gemäß § 31 Abs. 1 AsylG in der nunmehr maßgeblichen Fassung des Art. 6 des Integrationsgesetztes vom 06.08.2016 ergeht die Entscheidung des Bundesamtes schriftlich, sie ist schriftlich zu begründen und die Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Wird der Asylantrag nur nach § 26 a oder § 29 Absatz 1 Nummer 1 abgelehnt, ist die Entscheidung zusammen mit der Abschiebungsanordnung nach § 34 a dem Ausländer selbst zuzustellen. Sie kann ihm auch von der für die Abschiebung oder für die Durchführung der Abschiebung zuständigen Behörde zugestellt werden. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsberechtigten benannt, soll diesem ein Abdruck der Entscheidung zugeleitet werden. Bei Zweifeln hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes nachzuweisen. Wenn Zweifel am Zugang bestehen, bedarf es für den Zugang des vollen Beweises, der von Amts wegen zu führen ist (§ 86 Abs. 1 VwGO) und für den die Behörde die objektive Beweislast trägt. Falls der Adressat bestreitet, den Bescheid überhaupt erhalten zu haben, genügt regelmäßig schon dieser Umstand an sich, um Zweifel am Zugang zu wecken, denn vom Adressaten kann dann keine weitere Substantiierung verlangt werden (vgl. BVerwG, Urt v. 15.06.2016 – 9 C 19/15 -, juris m. w. N. – zu einem Duldungsbescheid wegen rückständiger Grundsteuern).
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Der Kläger war zum Zeitpunkt der Entscheidung vom 17.02.2015 anwaltlich vertreten. Dem beigezogenen Verwaltungsvorgang ist einem Vermerk des Sachbearbeiters zu entnehmen, dass am 04.03.2015 eine Bescheidausfertigung als Einschreiben an den (damaligen) Bevollmächtigten zur Post gegeben worden sein soll; in einer Versandliste wird unter der laufenden Nummer 1 der (damalige) Bevollmächtigte geführt und ihm die Sendungsnummer RB 00 444 474 7DE zugeordnet; ferner konnte die Beklagte eine Kopie des Auslieferungsbeleges zu dieser Sendungsnummer für den 05.03.2015, unterschrieben durch E., vorlegen, in welchem zu der Abkürzung „EmpfBev” ein Kreuzchen gesetzt ist. Weitere Angaben in diesem Beleg sind unkenntlich gemacht und auf Nachfrage des Gerichts von der Beklagten auch nicht ergänzt worden. Der ehemalige Klägerbevollmächtigte gab auf Nachfrage des Gerichts in einer schriftlichen Stellungnahme vom 01.08.2016 an, dass ihn am 05.03.2015 lediglich zu dem Aktenzeichen 5882071-475 ein Bescheid der Beklagten erreicht habe und entsprechend der Versandliste der Beklagten sei an ihn am 04.03.3015 zu der Sendungsnummer RB 00 444 474 7DE auch ein Schriftstück zu dem Aktenzeichen 5882071-475 versandt worden. Ein weiteres Schriftstück sei in diesem Brief nicht dabei gewesen. Frau E., eine Angestellte des ehemaligen Bevollmächtigten, welche das o. g. Empfangsbekenntnis am 05.03.2015 unterschrieben hat, bestätigt in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 08.08.2016, dass sie ein Einschreiben des Bundesamtes zur Sendungsnummer RB 004444747DE entgegen genommen hat, in diesem sich nach ihrer Prüfung aber lediglich ein Bescheid der Beklagten zum Aktenzeichen 5882071-475 enthalten war. Ein Bescheid des Herrn A. war nicht beigefügt.
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In der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2016 hat das Gericht Beweis erhoben zu der Tatsache, ob der Bescheid der Beklagten vom 17.02.2015 in der Postsendung zu der Sendungsnummer RB 004444747DE enthalten gewesen ist.
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Zur Überzeugung des Gerichts steht im Ergebnis der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme fest, dass der Bescheid der Beklagten vom 17.02.2015 nicht wirksam bekannt gegeben wurde; denn der Bescheid wurde dem damaligen Klägerbevollmächtigten nicht übersandt.
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Die Zeugin E. hat hierzu angegeben, dass sie vor Quittieren des Empfangsbekenntnisses nicht in den Umschlag geschaut habe. Dies sei so auch nicht üblich. Bei ihrer Unterschrift sei ihr nicht bekannt gewesen, welche Unterlagen sich in dem Umschlag befunden hatten. Nach dem Öffnen des Briefumschlages habe sie dann festgestellt, dass das darin enthaltene Anschreiben sich zwar an den Kläger gerichtet habe, der beigefügte Bescheid habe jedoch auf einen anderen Namen gelautet. Zwar könne sie den Namen des Bescheidadressaten nicht mehr erinnern; es sei in ihrer dreijährigen Ausbildungszeit jedoch das erste Mal gewesen, dass zu einem Anschreiben ein Bescheid, der für jemand anderen bestimmt war, beigefügt war. Sie habe dies auch umgehend ihrem Arbeitgeber angezeigt.
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Das Gericht hat keinen Zweifel an den Angaben der Zeugin. Diese hat in nachvollziehbarer Weise geschildert, wie der Empfang von Postsendungen mittels Empfangsbekenntnis erfolgt, nämlich, dass die Entgegennahme der Briefsendung schriftlich mittels Unterschrift bestätigt wird, bevor dann später der Inhalt zur Kenntnis genommen wird. Trotz des erheblichen Zeitablaufs von mehr als einem Jahr konnte die Zeugin den Vorfall erinnern, denn nach ihren Angaben sei dies sehr ungewöhnlich gewesen und das erste Mal in ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit vorgekommen. Dem steht auch nicht entgegen, dass sie den tatsächlichen Adressaten des Bescheides nicht mehr namentlich benennen konnte; denn ein solches Detailwissen über einen längeren Zeitraum und der Vielzahl der Mandanten in einer Kanzlei ist vielmehr nachvollziehbar und vermag die Glaubwürdigkeit der Zeugin nicht zu erschüttern.
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2.2. Der streitgegenständliche Bescheid erweist sich auch aus anderen Gründen als rechtswidrig, denn die erfolgte Ablehnung des klägerischen Antrages als unzulässig wegen der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus in Bulgarien begegnet rechtlichen Bedenken. Das Gericht kann es insoweit dahin stehen lassen, ob, gemäß den Ausführungen der Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 11.07.2016 aufgrund des richterlichen Hinweises auf die Rechtslage und Rechtsprechung, eine Umdeutung der „Entscheidung” über die Ablehnung des Folgeantrages in eine ablehnende Entscheidung wegen „Unzulässigkeit aufgrund Bescheidung in einem anderen Mitgliedstaat“ möglich ist (vgl. hierzu VG Magdeburg, Urt. v. 02.09.2015 - 9 A 399/14 MD -, juris). Denn dies als rechtlich möglich unterstellt, würde sich die Entscheidung der Beklagten ebenso als rechtswidrig darstellen. Denn der Kläger hat – auch im Lichte der zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Rechtslage und so des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in der Fassung des Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 06.08.2016 - einen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland insoweit, als hier durch die Beklagte zu prüfen ist, ob dem Kläger im Wege der „Aufstockung” die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Denn die vor dem 20.07.2015 gestellten Asylanträge dürfen aufgrund der Übergangsregelung in Art. 51 Unterabschnitt 1 der Richtlinie 2013/32/EU nicht allein deshalb als unzulässig behandelt werden, weil dem Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat bereits subsidiärer Schutz gewährt worden ist. Das nationale Recht und so die Regelung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG wird durch die auf den Kläger anzuwendenden europarechtlichen Reglungen des Flüchtlingsrechts verdrängt. Das Bundesverwaltungsgericht führt in seinem Beschluss vom 23.10.2015 (- 1 B 41.15 -, juris) zur der vorliegenden Problematik aus:
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"Danach wenden die Mitgliedstaaten die in Umsetzung der Richtlinie nach Art 51. Abs. 1 erlassenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz nach dem 20.07.2015 oder früher an; für vor diesem Datum gestellte Anträge gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften "nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85//EG" (Asylverfahrensrichtlinie a.F.). Zu den dieser Übergangsregelung unterfallenden Bestimmungen zählt auch die Ermächtigung in Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU, die regelt, unter welchen Voraussetzungen Mitgliedstaten zusätzlich zu den Fällen, in denen nach Maßgabe der Dublin-Verordnung ein Antrag nicht geprüft wird, einen Antrag auf internationalen Schutz wegen Unzulässigkeit nicht prüfen müssen. Folglich darf ein vor dem Stichtag (20.07.2015) gestellter Asylantrag nur nach Maßgabe der Regelung in Art. 25 der Richtlinie 2005/85/EG als unzulässig abgelehnt werden. Nach Art. 25 Abs. 2 Bucht. b der Richtlinie 2005/8/EG können die Mitgliedstaaten einen Asylantrag wegen Schutzgewährung in einem anderen Mitgliedstaat aber nur als unzulässig betrachten, wenn der andere Mitliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat. Daran fehlt es hier.13Da es sich bei der den Mitgliedstaaten in Art. 33 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU eingeräumten – und gegenüber der Vorgängerregelung erweiterten – Option um eine den Antragsteller belastende Änderung handelt, ermöglicht auch die Günstigkeitsbestimmung des Art. 5 der Richtlinie 2013/32/EU keine vorzeitige Anwendung der Änderung auf vor dem 20.Juli 2015 gestellte Asylanträge. Damit steht im vorliegende Verfahren Unionsrecht der von der Beklagten angenommenen Auslegung des § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG entgegen […]."
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Dem schließt sich das Gericht vorliegend an. Dafür, dass diese Rechtsprechung mit der Novellierung des Asylgesetzes durch das Integrationsgesetz vom 06.08.2016 auf diese „Altfälle” nicht mehr übertragbar sein soll, ist nichts ersichtlich. Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht erfolgreich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Urteil vom 17.06.2014 (- 10 C 7.13 -, juris) berufen. Denn in der dortigen Fallkonstellation war der Asylbewerber bereits im anderen Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannt worden. Nur eine solche ausländische Flüchtlingsanerkennung hat zur Folge, dass ein - nur dann - neuerlicher Anspruch auf eine Statusanerkennung durch das Bundesamt nicht erfolgt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.10.2015 - 1 B 41.15 -, juris). Vorliegend ist die Fallkonstellation aber wegen der ausländischen bloßen subsidiären Schutzgewährung gerade anders. Die Beklagte wird daher aufgrund der Übergangsregelung die inhaltliche Prüfung der begehrten "Aufstockung" des bereits erlangten ausländischen "subsidiären Schutzes" zur Zuerkennung der "Flüchtlingseigenschaft" nachholen müssen (so auch: VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid v. 29.12.2015 - 22 K 1472/15.A -; VG Osnabrück, Urt. v. 04.01.2016 - 5 A 83/15 -, beide juris). Ob diese materiell-rechtliche Prüfung des "Flüchtlingsschutzes" inhaltlich im Rahmen eines von den Dublin-Vorschriften unabhängigen "reinen inländischen" Erstverfahrens oder eines Zweitverfahrens nach § 71 a AsylG zu erfolgen hat, muss hier nicht entschieden werden und setzt weitere tatsächliche Erkenntnisse voraus. Denn fraglich ist, ob der ausländische Schutzstatus aufgrund einer inhaltlichen Prüfung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft erlangt wurde, ob also der andere Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft überhaupt geprüft und abgelehnt hat. Dies müsste von der Beklagten überprüft werden. Denn eine solche Prüfung beinhaltet auch, dass das Bundesamt Kenntnis von den Entscheidungsgründen der Ablehnung des Antrages im anderen Mitgliedstaat hat (BVerwG, Beschl. v. 18.02.2015 - 1 B 2.15 -; VG Osnabrück, Beschl. v. 24.04.2015 - 5 B 125/15 -; VG Lüneburg, Beschl. v. 11.05.2015 - 2 B 13.15 -; VG Ansbach, Urt. v. 07.01.2016 - AN 3 K 15.30960 - mit Verweis auf Marx, AsylVfG, 8. Auflage 2014, § 71 a Rn. 17; alle juris). Sollte es eine explizite ausländische Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft geben, wäre die in Deutschland begehrte "Aufstockung" jedenfalls im Rahmen eines Zweitantrages nach § 71 a AsylG von der Beklagten zu prüfen. Insofern dürfte die Beklagte nunmehr gehalten sein zu prüfen, ob der Kläger im Wege der "Aufstockung" einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i. S. v. §§ 3 ff. AsylG hat.
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3. Mit der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides zu Ziffer 1 entfällt auch die Rechtsgrundlage für die in den Ziffern 2 und 3 des streitgegenständlichen Bescheides ausgesprochene Abschiebungsandrohung und die Entscheidung über das Einreise- und Aufenthaltsverbot.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; § 83 b AsylG.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 26. Sept. 2016 - 9 A 764/15
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Das Gleiche gilt für den Asylantrag eines Kindes, wenn der Vertreter nach § 14a Abs. 3 auf die Durchführung eines Asylverfahrens verzichtet hatte.
(2) Der Ausländer hat den Folgeantrag persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der er während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet war. Wenn der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hatte, gelten die §§ 47 bis 67 entsprechend. In den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder wenn der Ausländer nachweislich am persönlichen Erscheinen gehindert ist, ist der Folgeantrag schriftlich zu stellen. Der Folgeantrag ist schriftlich bei der Zentrale des Bundesamtes zu stellen, wenn
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die Außenstelle, die nach Satz 1 zuständig wäre, nicht mehr besteht, - 2.
der Ausländer während des früheren Asylverfahrens nicht verpflichtet war, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
(3) In dem Folgeantrag hat der Ausländer seine Anschrift sowie die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt. Auf Verlangen hat der Ausländer diese Angaben schriftlich zu machen. Von einer Anhörung kann abgesehen werden. § 10 gilt entsprechend.
(4) Liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor, sind die §§ 34, 35 und 36 entsprechend anzuwenden; im Falle der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) ist § 34a entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, so bedarf es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung. Die Abschiebung darf erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden.
(6) Absatz 5 gilt auch, wenn der Ausländer zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen hatte. Im Falle einer unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) kann der Ausländer nach § 57 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes dorthin zurückgeschoben werden, ohne dass es der vorherigen Mitteilung des Bundesamtes bedarf.
(7) War der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt, gilt die letzte räumliche Beschränkung fort, solange keine andere Entscheidung ergeht. Die §§ 59a und 59b gelten entsprechend. In den Fällen der Absätze 5 und 6 ist für ausländerrechtliche Maßnahmen auch die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer aufhält.
(8) Ein Folgeantrag steht der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen, es sei denn, es wird ein weiteres Asylverfahren durchgeführt.
(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.
(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.
(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.
(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.
(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen einen Duldungsbescheid.
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Eine aus der I. GmbH (im Folgenden: I. GmbH) und der J. GmbH (im Folgenden: J. GmbH) gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts war seit dem Jahr 1994 Miteigentümerin des in Köln gelegenen Grundstücks S.-Straße 12. Die I. GmbH wurde durch einen am 1. Februar 2005 in das Handelsregister eingetragenen Beschluss des Amtsgerichts Neuwied aufgelöst.
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Hinsichtlich des vorbezeichneten Grundstücks setzte die Beklagte mit Bescheid vom 14. August 2006 die anteilige Grundsteuer für die Jahre 2002 bis 2005 und mit weiterem Bescheid vom 10. April 2007 für das Jahr 2006 in Höhe von jährlich 871,50 € fest. Die Bescheide waren adressiert an Frau L. als Geschäftsführerin der J. GmbH. Als Abgabenschuldnerin war jeweils die aus der J. GmbH und der I. GmbH gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts bezeichnet.
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Bereits am 8. November 2006 waren hinsichtlich des erwähnten Miteigentumsanteils an dem Grundstück S.-Straße 12 der Kläger und eine P. GmbH als neue Miteigentümer in das Grundbuch eingetragen worden. Am 8. März 2010 wurde der Kläger als neuer alleiniger Inhaber des Miteigentumsanteils eingetragen.
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Nachdem keine Zahlungen eingegangen waren, nahm die Beklagte mit Haftungsbescheiden vom 23. und 24. November 2010 die J. GmbH für die rückständige Grundsteuer der Jahre 2002 bis 2006 und den Kläger sowie die P. GmbH gesamtschuldnerisch für die Grundsteuer der Jahre 2005 und 2006 in Haftung. Auch die Haftungsschuldner leisteten in der Folgezeit keine Zahlungen.
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Daraufhin verpflichtete die Beklagte den Kläger mit Duldungsbescheid vom 22. August 2011, die Zwangsvollstreckung in den Miteigentumsanteil wegen der rückständigen Grundsteuern der Gesellschaft bürgerlichen Rechts für die Jahre 2002 bis 2006 in Höhe von 4 357,50 € zu dulden.
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Mit seiner Klage hat der Kläger eine wirksame Festsetzung sowohl der Grundsteuern als auch des Grundsteuermessbetrages mit Nichtwissen bestritten und sich auf Festsetzungsverjährung, hilfsweise auf Zahlungsverjährung berufen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, der Duldungsbescheid sei rechtmäßig, insbesondere sei die Grundsteuer gegenüber der Steuerschuldnerin wirksam festgesetzt worden. Allein das Bestreiten mit Nichtwissen wecke noch keine Zweifel am Zugang der Steuerbescheide. Auch sonst weise der Sachverhalt keine Tatsachen auf, die eine Grundlage für solche Zweifel bilden könnten. Nichts anderes gelte für den der Grundsteuerforderung zugrunde liegenden Messbescheid, von dessen Bekanntgabe ebenfalls auszugehen sei.
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Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, anerkanntermaßen könne der Adressat eines durch einfachen Brief übersandten Bescheides durch schlichtes Bestreiten des Zugangs Zweifel an der Bekanntgabe wecken und damit die Nachweispflicht der Behörde auslösen. Das gleiche müsse gelten, wenn - wie hier - ein Dritter den Zugang des Bescheides beim Adressaten mit Nichtwissen bestreite. Daher hätte das Oberverwaltungsgericht den Zugang sowohl der Grundsteuerbescheide als auch des Grundsteuermessbescheides positiv feststellen müssen. Diese Feststellung, für die die Akten des Finanzamtes hätten beigezogen werden müssen, sei zu Unrecht unterblieben. Die Bescheide hätten zudem beiden Gesellschaftern der Steuerschuldnerin bekannt gegeben werden müssen, falls nicht ein Gesellschafter als alleinvertretungsberechtigt bestimmt oder ein gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter bestellt gewesen sei. Auch insoweit fehle es an den erforderlichen Feststellungen.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. November 2014 zu ändern und den Duldungsbescheid der Beklagten vom 22. August 2011 aufzuheben,
-
hilfsweise: das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht die Klageabweisung bestätigt. Der angefochtene Duldungsbescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
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1. Der Duldungsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 2 in Verbindung mit § 191 Abs. 1 Satz 1 und § 77 Abs. 2 Satz 1 AO. Nach der zuletzt genannten Norm hat der Eigentümer die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz wegen einer Steuer zu dulden, die als öffentliche Last auf dem Grundbesitz ruht; dies ist bei der Grundsteuer der Fall (§ 12 GrStG). Da die Duldungspflicht akzessorisch ist, setzt sie das Bestehen der Steuerschuld voraus. Der Steueranspruch muss entstanden und darf nicht wieder untergegangen, er muss festgesetzt, fällig und vollstreckbar sein (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 1987 - 8 C 25.85 - Buchholz 401.0 § 77 AO Nr. 2 S. 3 f.).
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Die Grundsteuerschuld ist zulasten der aus der J. GmbH und der I. GmbH gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts für alle fraglichen Steuerjahre mit dem Beginn des jeweiligen Kalenderjahres entstanden (§ 9 Abs. 2 GrStG). Die Steuerbescheide der Beklagten vom 14. August 2006 (für die Jahre 2002 bis 2005) und vom 10. April 2007 (für das Jahr 2006) wahrten die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO), die mit dem Ablauf des jeweiligen Entstehungsjahres begonnen hatte (§ 170 Abs. 1 AO) und somit für die Grundsteuer 2002 erst Ende 2006 und für die Grundsteuer 2006 erst Ende 2010 abgelaufen ist. Einwände gegen die Steuerfestsetzungen bestehen auch nicht deshalb, weil eine der beiden Mitgliedsgesellschaften der Steuerschuldnerin, die I. GmbH, bei Erlass der Bescheide bereits aufgelöst war. Abgesehen davon, dass dem Tod einer natürlichen Person als Auflösungsgrund der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 727 BGB) nicht schon die Auflösung, sondern erst die Vollbeendigung einer Mitgliedsgesellschaft gleichsteht (vgl. C. Schäfer, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2013, § 727 Rn. 8 m.w.N.), war die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ihrerseits steuerrechtlich so lange existent, wie noch Steueransprüche gegen sie geltend gemacht werden konnten (BFH, Urteile vom 24. März 1987 - X R 28/80 - BFHE 150, 293 <295> und vom 22. Januar 2015 - IV R 62/11 - BFH/NV 2015, 995 = juris Rn. 13).
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2. Wirksam ist ein Steuerbescheid nur, wenn er dem Adressaten bekannt gegeben worden ist (§ 124 Abs. 1 AO). Hinsichtlich der hier in Rede stehenden Grundsteuerbescheide beziehen sich die Angriffe der Revision zum einen auf den Bekanntgabe-Adressaten (a) und zum anderen auf die Frage des tatsächlichen Zugangs (b). Unter keinem der beiden Gesichtspunkte greifen die Einwände gegen das Berufungsurteil durch.
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a) Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Bekanntgabe der Steuerbescheide gegenüber der J. GmbH als einem der beiden Gesellschafter der Steuerschuldnerin ausreichend war. Gemäß § 122 Abs. 1 Satz 2 AO ist § 34 Abs. 2 AO auf die Bekanntgabe entsprechend anzuwenden. Danach haben die Mitglieder oder Gesellschafter einer nicht rechtsfähigen Personenvereinigung, soweit diese ohne Geschäftsführer ist, die steuerlichen Pflichten der Vereinigung zu erfüllen; hierzu gehört die Entgegennahme von Steuerbescheiden (BFH, Urteile vom 8. November 1995 - V R 64/94 - BFHE 179, 211 <215> und vom 13. Januar 2010 - V R 24/07 - BFHE 229, 378 Rn. 18). Auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist unbeschadet der Anerkennung ihrer Teilrechtsfähigkeit § 34 Abs. 2 AO weiter anwendbar (BFH, Beschluss vom 19. August 2004 - II B 22/03 - BFH/NV 2005, 156 = juris Rn. 5). Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat keinen Geschäftsführer im Sinne des § 34 Abs. 2 AO, wenn die Gesellschafter keine besondere Regelung über die Geschäftsführung getroffen haben, sodass diese gemäß § 709 Abs. 1 BGB allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zusteht (BFH, Urteil vom 8. November 1995 a.a.O.). Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Gesellschaftsvertrag der Steuerschuldnerin keinem einzelnen Gesellschafter die Befugnis zur Geschäftsführung zugesprochen hat. Soweit die Revision dieser Feststellung entgegengetreten sein sollte, kann sie jedenfalls nicht darlegen, wieso sich dem Oberverwaltungsgericht hierzu eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen sollen, nachdem der Kläger selbst mit der Berufungsbegründung eine entsprechende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag bestritten hatte. Demzufolge durfte es die Beklagte im vorliegenden Fall gemäß § 34 Abs. 2 AO bei der Bekanntgabe der Steuerbescheide an einen der beiden Gesellschafter bewenden lassen.
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b) Nach § 122 Abs. 2 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Erst wenn Zweifel am Zugang bestehen, die die widerlegliche Vermutung des § 122 Abs. 2 AO erschüttern, bedarf es für den Zugang des vollen Beweises, der von Amts wegen zu führen ist (§ 86 Abs. 1 VwGO) und für den die Behörde die objektive Beweislast trägt (vgl. Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 122 AO Rn. 61, Stand Oktober 2015; Müller-Franken, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rn. 361, Stand Juni 2008; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 41 Rn. 127, jeweils m.w.N.). Das Berufungsurteil beruht auf der zutreffenden Annahme, dass allein das bloße Bestreiten des Zugangs mit Nichtwissen durch eine Person, an die der Bescheid nicht gerichtet war, nicht ausreicht, um derartige Zweifel am Zugang auszulösen.
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Falls der Adressat eines Steuerbescheides bestreitet, diesen überhaupt erhalten zu haben, genügt zwar nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs regelmäßig schon dieser Umstand an sich, um Zweifel am Zugang im Sinne des § 122 Abs. 2 AO zu wecken. Anders als im Fall der Behauptung eines verspäteten Zugangs kann danach von einem Adressaten, der den Zugang überhaupt bestreitet, keine weitere Substantiierung verlangt werden. Wählt die Behörde statt der förmlichen Zustellung die Bekanntgabe des Bescheides durch einfachen Brief, trägt sie im Falle des Bestreitens das Risiko der Unerweislichkeit des Zugangs, ohne dass ihr die Erleichterungen des Anscheinsbeweises zugutekommen (stRspr, vgl. BFH, Urteile vom 14. März 1989 - VII R 75/85 - BFHE 156, 66 <69 ff.> und vom 29. April 2009 - X R 35/08 - BFH/NV 2009, 1777 = juris Rn. 20; Beschluss vom 14. Februar 2008 - X B 11/08 - BFH/NV 2008, 743 = juris Rn. 4 ff.; vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 122 AO Rn. 58, Stand Oktober 2015; Müller-Franken, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rn. 377 ff., Stand Juni 2008; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 41 Rn. 128 f.).
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Diese Rechtsprechung lässt sich aber entgegen der Auffassung des Klägers nicht ohne Weiteres auf den Fall übertragen, dass ein Dritter den Zugang des Verwaltungsaktes beim Adressaten mit Nichtwissen bestreitet. Die Regelung in § 138 Abs. 4 ZPO, wonach eine Erklärung mit Nichtwissen (nur) über Tatsachen zulässig ist, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind, ist in dem vom Untersuchungsgrundsatz geprägten Verwaltungsprozess (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht anwendbar. Vielmehr richtet sich das Maß der gerichtlichen Aufklärungspflicht hier wie auch sonst nach der Substanz des Vorbringens der Beteiligten (BVerwG, Urteil vom 2. August 2001 - 7 C 2.01 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 45 S. 58; Beschluss vom 12. Januar 2009 - 5 B 48.08 - juris Rn. 4). Entscheidend ist danach, dass der Adressat, falls er den Zugang bestreitet, eine (negative) Tatsache aus seinem eigenen Einfluss- und Wahrnehmungsbereich bekundet, während sich der Dritte mangels eigener Erkenntnisse lediglich darauf berufen kann, dass die Frage des Zugangs offen sei (ebenso bereits OVG Münster, Urteil vom 28. November 1995 - 15 A 72/93 - NVwZ-RR 1997, 77 <78>; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 23. Februar 2000 - 3 K 91/94 - EFG 2000, 904 <905>). In dieser Konstellation bedarf es daher weiterer tatsächlicher Umstände, um die gesetzliche Zugangsvermutung zu erschüttern und Zweifel am Zugang zu wecken (§ 122 Abs. 2 AO). Zu derartigen Umständen, die unter Berücksichtigung der Mitwirkungslasten der Beteiligten von Amts wegen zu ermitteln sind, kann neben etwaigen Anhaltspunkten aus den Akten vor allem ein Bestreiten des Zugangs durch den Adressaten selbst gehören (OVG Münster, Urteil vom 28. November 1995 a.a.O.). Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht im vorliegenden Fall ausgegangen. Es hat die aus den Akten ersichtlichen Umstände, dass die verschiedenen an Frau L. gerichteten Schreiben und Bescheide der Beklagten nicht zurückgekommen sind und dass Frau L. darauf einerseits nicht reagiert, aber auch andererseits niemals geltend gemacht hat, Sendungen nicht erhalten zu haben, gewürdigt und im Ergebnis das Fehlen von Tatsachen festgestellt, die die Grundlage für Zweifel bilden könnten.
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Erfolgreiche Verfahrensrügen hat die Revision in diesem Zusammenhang nicht erhoben. Soweit sie beanstandet, das Oberverwaltungsgericht habe die Nachweispflicht des § 122 Abs. 2 AO verkannt, wendet sie sich in Wahrheit gegen den materiellen Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts zur Auslegung dieser Norm. Dass dem Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht oder den Überzeugungsgrundsatz unterlaufen wäre, lässt sich den Darlegungen der Revision nicht entnehmen.
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Weitere Aufklärungsmöglichkeiten (§ 86 Abs. 1 VwGO) hätten dem Oberverwaltungsgericht zwar gegebenenfalls zur Verfügung gestanden, insbesondere durch Vernehmung der Frau L. als Zeugin zu der Frage, ob sie die Grundsteuerbescheide vom 14. August 2006 und 10. April 2007 seinerzeit erhalten hat. Der Kläger hat aber weder einen diesbezüglichen Beweisantrag gestellt, noch musste sich dem Berufungsgericht diese Beweisaufnahme von sich aus aufdrängen. Letzteres ist vor allem deshalb nicht der Fall, weil Frau L. es auch dann noch unterlassen hat, sich bei der Beklagten zu melden, insbesondere den seinerzeitigen Zugang der beiden ihr zunächst mit einfacher Post übersandten Bescheide zu bestreiten, als die Beklagte ihr die Bescheide nachträglich am 29. Oktober 2010 mit Postzustellungsurkunde förmlich zugestellt hatte. Jedenfalls von da an lag die Annahme fern, ihre Untätigkeit könne darauf zurückzuführen sein, dass sie in der Vergangenheit überhaupt keine Sendungen erhalten habe.
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Ebenso wenig lassen sich dem Revisionsvorbringen Hinweise darauf entnehmen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestimmte aus den Akten ersichtliche Umstände, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, bei seiner Überzeugungsbildung übergangen habe. Insoweit hätte es konkreter Darlegungen bedurft, insbesondere einer genauen Bezeichnung der Aktenteile, aus denen der Verstoß hergeleitet wird (s. nur BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 2001 - 9 B 3.01 - juris Rn. 7). Auch daran fehlt es.
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3. Soweit die Revision geltend macht, der Kläger habe auch die ordnungsgemäße Bekanntgabe des den Steuerbescheiden zu Grunde liegenden Messbescheides vom 7. Juli 1997 mit Nichtwissen bestreiten dürfen, dringt sie ebenfalls nicht durch. Unter der Prämisse, dass sich der Kläger im Prozess gegen den Duldungsbescheid auf die etwaige Rechtswidrigkeit der - wirksamen und gegenüber der Steuerschuldnerin bestandskräftigen - Grundsteuerbescheide berufen kann (vgl. zu dieser Frage: Boeker, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 77 AO Rn. 55 f., Stand August 2011, § 191 AO Rn. 216 f. m.w.N., Stand März 2012), ist das Berufungsgericht von einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe auch des Messbescheides ausgegangen. Auf der Grundlage seines - wie bereits ausgeführt - zutreffenden Normverständnisses des § 122 Abs. 2 AO hat es auch insoweit unter Hinweis auf seine Ausführungen zu den Grundsteuerbescheiden angenommen, dass Tatsachen fehlen, die eine Grundlage für Zugangszweifel bilden könnten. Auch dies steht mit Bundesrecht in Einklang.
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Die Revision hält dem Oberverwaltungsgericht einen Verstoß gegen die Aufklärungspflicht vor, weil es die Beiziehung der Akte des Finanzamtes und sodann Feststellungen dazu, ob und an wen der Messbescheid durch das Finanzamt tatsächlich versandt worden war, verabsäumt habe. Dabei verkennt sie, dass das Gericht nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung zu einer solchen Sachaufklärung jedenfalls von Amts wegen nicht verpflichtet war. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren mit der Beiziehung der Finanzamtsakte hatte geklärt wissen wollen, ob die I. GmbH als Adressatin des Messbescheides laut Gesellschaftsvertrag alleinvertretungsberechtigt oder empfangsbevollmächtigt war, kam es darauf nach dem materiellen Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts nicht an. Soweit er den tatsächlichen Zugang (auch) des Messbescheides mit Nichtwissen bestritten hatte, berücksichtigt die Revision nicht hinreichend den schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten, nach Auskunft des Finanzamtes sei der Messbescheid vom 7. Juli 1997 am 18. Juli 1997 an die I. GmbH für die Steuerschuldnerin zur Post gegeben worden; weder beim Finanzamt noch bei der Beklagten fänden sich Hinweise auf etwaige Bekanntgabefehler. Hätte der Kläger einen Beweisantrag gestellt, spricht zwar einiges dafür, dass ihn das Oberverwaltungsgericht nicht ohne Weiteres als unzulässigen Ausforschungs- bzw. Beweisermittlungsantrag hätte ablehnen dürfen; denn die (negative) Behauptung des Klägers, die nicht in seinen eigenen Erkenntnisbereich fiel, entbehrte auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Beklagten nicht von vornherein jeglicher Wahrscheinlichkeit (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 8 B 99.13 - juris Rn. 40 m.w.N.). In Anbetracht des Beklagtenvorbringens mussten sich dem Oberverwaltungsgericht weitere Aufklärungsmaßnahmen aber nicht von Amts wegen aufdrängen.
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4. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Duldungsbescheides sind im Übrigen nicht ersichtlich. Der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis war bei Erlass des Haftungsbescheides nicht durch Zahlungsverjährung erloschen. Denn die fünfjährige Verjährung (§ 228 AO) hatte erst mit Ablauf des Kalenderjahres der Steuerfestsetzung, also nicht vor 2007, begonnen (§ 229 Abs. 1 Satz 2 AO) und war daher bei Erlass des Duldungsbescheides vom 22. August 2011 noch nicht abgelaufen. Soweit die Revision die Ermessensausübung der Beklagten bei der Entscheidung, gegen den Kläger den Duldungsbescheid zu erlassen, wegen der behaupteten Unwirksamkeit des Grundsteuermessbescheids angreift, stellt sich diese Frage auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen nicht. Unbeschadet dessen lassen die in dem Bescheid vom 22. August 2011 angestellten Ermessenserwägungen erkennen, dass der Beklagten die Subsidiarität des Duldungsbescheides bewusst war. Sie ist davon ausgegangen, dass Vollstreckungsversuche gegenüber der Steuerschuldnerin, deren eine Gesellschafterin, die I. GmbH, bereits im Jahr 2005 aufgelöst worden war, ebenso wenig erfolgversprechend waren wie eine Inanspruchnahme der anderen Gesellschafterin, der J. GmbH, oder der Geschäftsführer der Gesellschafterinnen als Haftungsschuldner; die Revision stellt dies nicht in Frage. Schließlich gilt die Beschränkung auf den Teil der Grundsteuer, der für die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres zu entrichten ist, nur für die persönliche Haftung (§ 11 Abs. 2 GrStG), nicht aber für die dingliche Haftung gemäß § 12 GrStG.
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-
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
- 1.
ein anderer Staat - a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder - b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
- 2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat, - 3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird, - 4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder - 5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.
(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.
(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. Januar 2015 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger stellte am 3. November 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag. Am 10. November 2014 erhielt das Bundesamt mehrere Meldungen aus dem Eurodac-Datenbestand, aus denen hervorgeht, dass der Kläger bereits in Österreich, Norwegen und Ungarn anhand seiner Fingerabdrücke im Eurodac-Datenbestand erfasst wurde. Das Bundesamt ersuchte am 22. Dezember 2014 zunächst Österreich um Wiederaufnahme des Klägers. Österreich lehnte mit Schreiben vom 29. Dezember 2014 das Ersuchen mit Hinweis darauf ab, dass Ungarn gegenüber Österreich seine Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens am 30. September 2011 anerkannt habe. Daraufhin richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an Ungarn. Ungarn lehnte das Gesuch mit Schreiben vom 7. Januar 2015 ab unter Hinweis darauf, dass dem Kläger am 27. Mai 2014 in Ungarn subsidiärer Schutz gewährt worden sei und daher die Dublin III-VO auf ihn keine Anwendung finde; eine etwaige Rückübernahme des Klägers auf der Grundlage der Rückführungsrichtline oder des deutsch-ungarischen Rückübernahmeabkommens müsse bei der zuständigen, im Folgenden konkret bezeichneten Behörde beantragt werden.
3Mit Bescheid vom 21. Januar 2015 stellte das Bundesamt fest, dass dem Kläger in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Ungarn an (Ziffer 2). Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger könne sich auf Grund seiner Einreise aus Ungarn, einem sicheren Drittstaat i.S.v. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a Abs. 2 AsylVfG (in der damaligen Fassung) nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen. In einem solchen Fall sei auch weder über die Voraussetzungen der Zuerkennung des internationalen Schutzes noch über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG zu entscheiden. Die Abschiebungsanordnung beruhe auf § 34a Abs. 1 AsylVfG.
4Der Kläger hat gegen den ihm am 19. Februar 2015 zugestellten Bescheid am 24. Februar 2015 Klage erhoben.
5Zur Begründung der Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Lebensumstände in Ungarn seien unerträglich für ihn gewesen.
6Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
7den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. Januar 2015 aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
11Auf Antrag des Klägers ist mit Beschluss vom 24. März 2015 (Az. 22 L 609/15.A) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides angeordnet worden.
12Der Rechtsstreit ist mit Beschluss der Kammer vom 19. Mai 2015 auf die Vorsitzende als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden.
13Die Beklagte hat sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt. Der Kläger ist mit Verfügung des Gerichts vom 19. Mai 2015 zur Möglichkeit der Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
14Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der dazu beigezogenen Gerichtsakte 22 L 609/15.A sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes sowie der Ausländerbehörde des Kreises X. Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zu der Möglichkeit einer solchen Entscheidung gehört worden sind.
17Die Klage ist zulässig und begründet.
18Die Klage ist zulässig.
19Sie ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Var. VwGO statthaft,
20vgl. im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 C 32/14 –, Rdn. 13 ff, juris; OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A ‑, Rdn. 28 ff und vom 16. September 2015 ‑ 13 A 800/15.A ‑, Rdn. 22 ff m.w.N., juris.
21Die isolierte Aufhebung der angefochtenen Regelungen führt auf die weitere Prüfung des Asylantrags des Klägers durch die Beklagte und damit zu dem erstrebten Rechtsschutzziel. Denn mit der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids wird das Verwaltungsverfahren in den Verfahrensstand zurückversetzt, in dem es vor Erlass der streitgegenständlichen Regelungen war. Das Bundesamt ist im Falle einer Aufhebung des Bescheides gemäß §§ 24, 31 Asylgesetz (AsylG)
22in der Fassung der Bekanntmachung des Asylverfahrensgesetzes vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch Art. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722)
23gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren weiterzuführen.
24Die Klage wurde auch fristgerecht im Sinne von § 74 Abs. 1 AsylVfG in der zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides gültigen Fassung, nämlich innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides, erhoben.
25Die Klage ist auch begründet. In dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
26Dies gilt zunächst für die Feststellung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides, dem Kläger stehe in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zu. Diese Feststellung findet keine Rechtsgrundlage in §§ 26a, 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG.
27Anders als die Beklagte meint, ist sie vorliegend nicht gänzlich von einer Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes entbunden. Gemäß § 1 Nr. 2 AsylG umfasst internationaler Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz (Qualifikationsrichtlinie) den Schutz vor Verfolgung nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und den subsidiären Schutz im Sinne dieser Richtlinie. Wurde ein Schutzsuchender in einem anderen Mitgliedstaat der EU bereits als Flüchtling nach der GFK anerkannt, hat dies zur Folge, dass der Betroffene nach § 60 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG kraft nationalen Rechts nicht in den Herkunftsstaat abgeschoben werden darf; einen Anspruch auf eine (neuerliche) Statusanerkennung durch das Bundesamt hat er nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG aber nicht. Zugleich hat er über § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG in einem solchen Fall auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes.
28Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015 – 1 B 41/15 –, Rdn. 6, juris.
29So liegt der Fall hier indes nicht. Dem Kläger ist in Ungarn lediglich subsidiärer Schutz gewährt worden und er beantragte in Deutschland (u.a.) die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und damit eine Aufstockung seines Schutzes.
30Die Regelung in § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG kann im vorliegenden Fall auch nicht mit Blick auf unionsrechtliche Vorgaben, insbesondere Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rats vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Asylverfahrensrichtlinie n.F.) erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass sie die Ablehnung der Durchführung eines erneuten Asylverfahrens wegen der Gewährung allein subsidiären Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat erfasst. Denn insoweit ist jedenfalls die Übergangsregelung in Art. 52 Abs. 1 der Asylverfahrensrichtlinie n.F. zu beachten. Danach wenden die Mitgliedstaaten die in Umsetzung dieser Richtlinie nach Art. 51 Abs. 1 erlassenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz nach dem 20. Juli 2015 oder früher an; für vor diesem Datum gestellte Anträge gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften "nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85/EG" (Asylverfahrensrichtlinie a.F.). Zu den dieser Übergangsregelung unterfallenden Bestimmungen zählt auch die Ermächtigung in Art. 33 der Asylverfahrensrichtlinie n.F., die regelt, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten zusätzlich zu den Fällen, in denen nach Maßgabe der Dublin-Verordnungen ein Antrag nicht geprüft wird, einen Antrag auf internationalen Schutz wegen Unzulässigkeit nicht prüfen müssen. Folglich darf ein - wie hier - vor dem Stichtag (20. Juli 2015) gestellter Asylantrag nur nach Maßgabe der Regelung in Art. 25 der Asylverfahrensrichtlinie a.F. als unzulässig betrachtet werden. Nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. a der Asylverfahrensrichtlinie a.F. können die Mitgliedstaaten einen Asylantrag wegen Schutzgewährung in einem anderen Mitgliedstaat aber nur als unzulässig betrachten, wenn der andere Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat.
31Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015 – 1 B 41/15 –, Rdn. 11, juris.
32Daran fehlt es hier.
33Da es sich bei der den Mitgliedstaaten in Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie Asylverfahrensrichtlinie n.F. eingeräumten - und gegenüber der Vorgängerregelung erweiterten - Option um eine den Schutzsuchenden belastende Änderung handelt, ermöglicht auch die Günstigkeitsbestimmung des Art. 5 der Asylverfahrensrichtlinie n.F. keine vorzeitige Anwendung der Änderung auf vor dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge. Damit steht im vorliegenden Verfahren Unionsrecht der von der Beklagten angenommenen Auslegung des § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG entgegen.
34BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015 – 1 B 41/15 –, Rdn. 12, juris.
35Offen bleiben kann, ob in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der EU dem Schutzsuchenden subsidiären Schutz gewährt, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der GFK aber abgelehnt hat, und der betreffende Schutzsuchende sodann die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Mitgliedstaat beantragt, in Bezug auf die Durchführung dieses auf die Aufstockung des Schutzes gerichteten Asylverfahrens eine Rückübernahmepflicht des betreffenden Mitgliedstaates nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. d) der Dublin III-VO besteht. Zum einen lässt sich vorliegend nicht feststellen, ob der Kläger überhaupt in Ungarn einen Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der GFK gestellt hat, der abgelehnt wurde. Dies wäre nicht der Fall, wenn er sein Schutzgesuch in Ungarn auf die Gewährung subsidiären Schutzes beschränkt hatte,
36die Asylverfahrensrichtlinie a.F. enthielt noch keine Regelung, die – wie Art. 10 Abs. 2 Asylverfahrensrichtlinie n.F. ‑ die Gewährung subsidiären Schutzes nur dann zulässt, wenn die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt wird.
37Zudem hat Ungarn selbst eine Übernahme des Klägers nach der Dublin III-VO abgelehnt.
38Unter diesen Umständen ist auch die in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides verfügte Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 1. Alt. AsylG rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Nach dieser Norm ordnet das Bundesamt in den Fällen, in denen der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
39Mit der Aufhebung der Regelung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides fehlt es bereits an dem für die Abschiebungsanordnung erforderlichen, auf § 26a AsylG gestützten Ausspruch, mit dem der Asylantrag beschieden wird, vgl. § 31 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 4 Satz 1 AsylG.
40Zudem steht auch nach derzeitigem Erkenntnisstand weiterhin nicht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Denn es ist nicht ersichtlich, dass ein Übernahmeantrag in Bezug auf den Kläger von ungarischer Seite positiv beschieden oder auch nur von deutscher Seite gestellt worden wäre. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Beschluss vom 24. März 2015 im Eilverfahren 22 L 609/15.A Bezug genommen.
41Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO, § 83b AsylG.
42Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 84 Abs. 1 Satz 3, 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
Aktenzeichen: AN 3 K 15.30960
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 7. Januar 2016
3. Kammer
Sachgebiets-Nr.: 0710
Hauptpunkte:
Behandlung eines Asylantrags als Zweitantrag unzulässig, wenn nicht feststeht,
dass Asylverfahren im Mitgliedstaat abgeschlossen wurde
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
..., geb. ...1971 alias ..., geb. ...1971
- Kläger -
bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...
gegen
..., vertreten durch: Bundesamt ... Referat Außenstelle ...
- Beklagte -
wegen Verfahrens nach dem AsylVfG/AsylG
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 3. Kammer, durch die Einzelrichterin Richterin am Verwaltungsgericht Kokoska-Ruppert ohne mündliche Verhandlung am 7. Januar 2016 folgendes Urteil:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2015, Gesch.-Zeichen ..., wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung
in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
den Bescheid des Bundesamtes vom 26.Juni 2015 aufzuheben und die
Beklagte zu verpflichten, ein Asylverfahren für den Kläger durchzuführen.
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach
Hausanschrift: |
Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder |
Postfachanschrift: |
Postfach 616, 91511 Ansbach, |
zu beantragen.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Gegenstandswert beträgt 5.000,00 EUR (§ 30 Abs. 1 Satz 1 RVG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 80 AsylG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.