Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 10. Dez. 2015 - 6 A 99/15
Gericht
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie als Heimleiter fachlich geeignet ist.
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Mit Schreiben vom 13. April 2011 teilte das Deutsche Rote Kreuz – Regionalverband Magdeburg-Jerichower Land e.V. (im Folgenden: DRK) dem Beklagten mit, dass die Klägerin als Heimleiterin für das DRK Seniorenzentrum „D.“ in A-Stadt vorgesehen sei und bat um Mitteilung, ob die Klägerin die hierfür erforderlichen Voraussetzungen mitbringe. Mit Schreiben vom 19. April 2011 teilte der Beklagte dem DRK mit, dass die Klägerin als Ökonomin in der Fachrichtung Sozialistische Betriebswirtschaft des Gesundheits- und Sozialwesens nicht als Heimleiter fachlich geeignet sei. Darüber hinaus könne die Klägerin nicht die erforderliche mindestens zweijährige hauptberufliche Tätigkeit in einem Heim oder in einer vergleichbaren Tätigkeit nachweisen.
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Daraufhin legte das DRK einen Bescheid über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen des Landes Brandenburg vom 19. Mai 2011 vor, womit der Klägerin die Berechtigung zuerkannt wurde, den Grad Diplom-Betriebswirtin (FH) zu führen. Weiterhin wurde bescheinigt, dass dieser Abschluss im Sinne von Art. 37 Abs. 1 Satz 2 des Einigungsvertrages einem Fachhochschulabschluss gleichstehe. Darüber hinaus legte das DRK ein Abschlusszeugnis der Kreiskrankenhaus A-Stadt GmbH vom 9. Mai 2011 vor, wonach die Klägerin in der Zeit vom 11. Februar 1974 bis zum 30. Juni 2005 bei der Kreiskrankenhaus A-Stadt GmbH beschäftigt war, zuletzt in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 30. Juni 2005 in der Funktion als Leiterin für Wirtschaft und Versorgung.
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Mit Schreiben vom 1. Juni 2011 teilte der Beklagte dem DRK mit, dass die Klägerin aufgrund des vorgelegten Bescheids über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen als fachlich geeignet angesehen werden könne. Allerdings fehle es an einer mindestens zweijährigen hauptberuflichen Tätigkeit in einer stationären Einrichtung oder in einer vergleichbaren Einrichtung. Die berufspraktische Erfahrung müsse sich auf Leitungserfahrungen beziehen, was bei der Klägerin nicht der Fall sei. Deshalb sei sie als Heimleiterin derzeit nicht geeignet.
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Daraufhin bestellte das DRK mit Wirkung vom 29. Juni 2011 statt der Klägerin eine andere Person zum Heimleiter. Eine Prüfung der fachlichen und persönlichen Voraussetzungen dieser Person sah der Beklagte als bereits erfolgt und damit entbehrlich an.
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Bereits am 27. Mai 2011 hatten das DRK und die Klägerin einen Arbeitsvertrag geschlossen, aufgrund dessen die Klägerin mit Wirkung vom 1. April 2011 als Heimleiter eingestellt und in die Vergütungsgruppe 10/1 zum DRK-Tarifvertrag eingruppiert wurde. Die regelmäßige Arbeitszeit betrug 40 Wochenstunden. Mit Schreiben vom 14. Juli 2011, das als „Anlage zum Arbeitsvertrag vom 01.04.2011“ überschrieben war, teilte das DRK der Klägerin mit, sie werde mit Wirkung vom 1. Juli 2011 als Assistentin der Heimleitung für 2 Jahre eingesetzt. Sie erhalte die Vergütungsgruppe 6/1 mit 35 Wochenstunden. Die Monate 04/2011 bis 06/2011 würden angerechnet. Seit dem 28. August 2012 ist die Klägerin arbeitsunfähig krankgeschrieben.
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Am 26. März 2014 hat die Klägerin Klage erhoben.
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Sie macht geltend, durch die über 31 Jahre währende Tätigkeit im Kreiskrankenhaus A-Stadt habe sie die für die Leitung eines Heimes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben. Das Kreiskrankenhaus A-Stadt sei eine einem Heim vergleichbare Einrichtung. Dort habe sie über Jahre Leitungsaufgaben im eigenen Verantwortungsbereich ausgeübt. Sie habe ein wirtschaftliches Interesse an der Feststellung der fachlichen Eignung zur Heimleitung. Weil der Beklagte die fachliche Eignung verneint habe, sei sie in eine andere Entgeltgruppe umgruppiert worden und habe dadurch finanzielle Einbußen erlitten. Auch müsse sie befürchten, dass auch andere Heime sie nicht als Heimleiter einstellen, weil davon auszugehen sei, dass der Beklagte mit gleicher Begründung die fachliche Eignung verneinen würde.
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Die Klägerin beantragt,
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festzustellen, dass sie bereits am 1. April 2011 fachlich geeignet war, als Einrichtungsleiterin für Seniorenzentren eingestellt zu werden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Nach seiner Ansicht ist die Klage bereits unzulässig, weil es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten fehle. Die Klage wäre im Übrigen auch unbegründet. Aus den vorgelegten Unterlagen lasse sich eine zweijährige Leitungstätigkeit der Klägerin nicht entnehmen. Die Tätigkeit der Klägerin für die Kreiskrankenhaus A-Stadt GmbH befähige sie ggf. für die Aufgaben eines Wirtschaftsleiters in einem Heim, nicht jedoch für die umfassenden Aufgaben eines Heimleiters.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig.
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Zwar liegt ein Rechtsverhältnis vor, womit die Klage als Feststellungsklage gemäß § 43 Alt. 1 VwGO statthaft ist. Gemäß § 11 des Gesetzes über Wohnformen und Teilhabe des Landes Sachsen-Anhalt (Wohn- und Teilhabegesetz - WTG LSA) vom 17. Februar 2011 (GVBl. LSA S. 136) bestehen Qualitätsanforderungen an den Betrieb einer stationären Einrichtung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 WTG LSA, die sich an den Träger und die Leitung der Einrichtung richten (§ 11 Abs. 3 WTG LSA). Über die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen wacht die Heimaufsicht (vgl. §§ 19 ff. WTG LSA), die vom Beklagten ausgeübt wird (§ 32 WTG LSA). Demgemäß hat der Träger einer stationären Einrichtung dem Beklagten u.a. den Namen, die berufliche Ausbildung und den Werdegang der Einrichtungsleitung mitzuteilen, wenn insoweit eine Änderung beabsichtigt ist (§ 12 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 WTG LSA). Fehlt es an der erforderlichen Eignung der Heimleitung, kann die Aufsichtsbehörde die weitere Beschäftigung der Leitung ganz oder für bestimmte Funktionen und Tätigkeiten untersagen (§ 24 Abs. 1 WTG LSA). Die personellen Anforderungen an die Heimleitung regelt die aufgrund des § 3 des Heimgesetzes erlassene Heimpersonalverordnung (HeimPersV) vom 19. Juli 1993 (BGBl. I S. 1205), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 22. Juni 1998 (BGBl. I S. 1506), die gemäß § 35 Abs. 1 WTG LSA fortgilt. Aufgrund dieser Regelungen hat das DRK als Heimträger den Beklagten als Heimaufsicht um Mitteilung gebeten, ob die Klägerin die für die Leitung eines Seniorenheims erforderlichen Voraussetzungen mitbringt.
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Entgegen der Ansicht des Beklagten muss das festzustellende Rechtsverhältnis nicht unmittelbar zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehen; auch ein Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und einem Dritten - hier: dem DRK - ist feststellungsfähig (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 43 Rn. 16 m.w.N.). Allerdings muss das Feststellungsinteresse gerade gegenüber dem Beklagten bestehen. Ferner müssen von dem festzustellenden Rechtsverhältnis eigene Rechte des Klägers abhängen. Insoweit ergeben sich besondere Anforderungen an das Vorliegen der Klagebefugnis und des Feststellungsinteresses (vgl. Ehlers, in: Ehlers/Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2009, § 25 Rn. 25). Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen dem DRK und dem Beklagten um ein in der Vergangenheit liegendes Rechtsverhältnis handelt, weil das DRK mit Einverständnis des Beklagten die Heimleitung des Seniorenzentrums „D.“ am 29. Juni 2011 anstelle der Klägerin einer anderen Person übertragen hat.
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Die Klägerin ist auch klagebefugt (analog § 42 Abs. 2 VwGO), weil von dem Rechtsverhältnis zwischen dem DRK und dem Beklagten eigene Rechte der Klägerin abhängen. Die fachlichen Anforderungen an die Heimleitung in § 2 Abs. 2 HeimPersV stellen eine Regelung der Berufsfreiheit dar. Sie erschöpft sich nicht in einer reinen Ausübungsregelung, sondern greift in die Freiheit der Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG ein. Es werden subjektive Zulassungsvoraussetzungen normiert, mit denen die Zulassung zum Beruf des Heimleiters von bestimmten persönlichen Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten des Berufsanwärters abhängig gemacht wird (vgl. VG Gera, Urteil vom 22. Oktober 2002 - 6 K 65/02.GE -, juris, Rn. 32). Wenn der Beklagte in seiner Funktion als Heimaufsicht die fachliche Eignung als Heimleiter verneint, ist die betroffene Person dadurch in ihrer Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG betroffen, weil ein Heimträger in diesem Fall regelmäßig - so auch hier - von der Bestellung dieser Person zum Heimleiter absehen wird. Es ist unerheblich, ob die Heimaufsicht insoweit rechtsförmig handelt (vgl. § 24 Abs. 1 WTG LSA) oder lediglich eine Auskunft erteilt, wenn dadurch - wie im vorliegenden Fall - der Heimträger von der Ernennung der betroffenen Personen zum Heimleiter abgebracht wird. Denn ein Grundrechtseingriff hängt nicht von der Rechtsförmigkeit der Maßnahme ab, sondern erfasst jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht oder wesentlich erschwert (vgl. BVerfGE 105, 279 <299 ff.>). Es erscheint auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Beklagte die fachliche Eignung der Klägerin zu Unrecht verneint hat.
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Allerdings fehlt es an dem gemäß § 43 VwGO erforderlichen berechtigten Feststellungsinteresse. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass mit der Bestellung einer anderen Person als der Klägerin zum Heimleiter des Seniorenzentrums „D.“ das Rechtsverhältnis zwischen dem DRK und dem Beklagten endete und damit der Vergangenheit angehört, womit ein berechtigtes Interesse nur anzuerkennen ist, wenn das Rechtsverhältnis auch noch in der Gegenwart Rechtswirkungen entfaltet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Wiederholungsgefahr besteht oder der Kläger ein Rehabilitationsinteresse hat (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 25 m.w.N.). Die von der Klägerin angedeutete Absicht der Vorbereitung eines Schadensersatz- oder Entschädigungsprozesses vor den ordentlichen Gerichten genügt aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO hingegen nicht. Bei einem der Vergangenheit angehörenden Rechtsverhältnis bedarf es insoweit keines Rechtsschutzes durch die Verwaltungsgerichte, weil der Betroffene sogleich das (auch für die Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen) zuständige Zivilgericht anrufen kann und er sich aus prozessökonomischen Gründen hierauf verweisen lassen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 1974 - BVerwG IV B 25.74 -, juris, Rn. 3; Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 24; Ehlers, a.a.O., § 26 Rn. 57).
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Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr liegt nicht vor. Voraussetzung hierfür ist, dass der Kläger in absehbarer Zeit mit im Wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen rechnen muss (vgl. Ehlers, a.a.O., § 26 Rn. 59). Daran fehlt es bei nur vager Möglichkeit einer Wiederholung; der Wunsch nach Klärung abstrakter Rechtsfragen genügt nicht. Auch bei Ungewissheit, ob künftig gleiche tatsächliche Verhältnisse vorliegen werden, besteht kein Feststellungsinteresse (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 93). Daran gemessen hat die Klägerin kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung der fachlichen Eignung zum Heimleiter. Zum einen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, ob und ggf. wann die seit August 2012 durchgehend erkrankte Klägerin wieder arbeitsfähig sein wird. Deshalb ist auch nicht absehbar, dass ein Heimträger die Klägerin als Heimleiterin einstellen könnte und in diesem Zusammenhang die fachliche Eignung der Klägerin vom Beklagten (erneut) überprüft würde. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin vor ihrer Erkrankung bereits 17 Monate (von April 2011 bis August 2012) als Assistentin der Heimleitung des DRK Seniorenzentrums „D.“ tätig gewesen ist. Insoweit hat der Beklagte erklärt, nach Absolvierung von zwei Jahren als Assistentin der Heimleitung sei von der fachlichen Eignung der Klägerin als Heimleiter auszugehen. Vor diesem Hintergrund erscheint es für die Klägerin naheliegend, nach einer eventuellen Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit die danach für die fachliche Eignung noch fehlenden 7 Monate als Assistentin der Heimleitung nachzuholen, weil dies - wie ausgeführt - zu der von der Klägerin gewünschten Feststellung durch den Beklagten führen würde. Doch auch wenn die Klägerin nicht erneut als Assistentin der Heimleitung tätig würde, wäre ihre immerhin 17-monatige Tätigkeit in dieser Funktion bei einer erneuten Prüfung der fachlichen Eignung vom Beklagten zu berücksichtigen, womit von unveränderten tatsächlichen Verhältnissen bei der künftigen Beurteilung der Rechtslage jedenfalls nicht auszugehen ist.
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Die Klägerin hat schließlich auch kein Rehabilitationsinteresse. Dies ist anzunehmen, wenn von dem Rechtsverhältnis diskriminierende (ehrenrührige) Wirkungen ausgehen oder wenn tiefgreifend in Grundrechte eingegriffen worden ist (vgl. BVerfGE 96, 27, <39 f.>; 110, 77 <86>; BVerwG, Urteil vom 21. März 2013 - BVerwG 3 C 6/12 -, NVwZ 2013, S. 1150 <1551>). Derartiges ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Die Klage wäre auch unbegründet. Die Klägerin war nicht am 1. April 2011 als Heimleiter fachlich geeignet.
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Wer ein Heim leitet, muss hierzu persönlich und fachlich geeignet sein. Er muss nach seiner Persönlichkeit, seiner Ausbildung und seinem beruflichen Werdegang die Gewähr dafür bieten, dass das jeweilige Heim entsprechend den Interessen und Bedürfnissen seiner Bewohner sachgerecht und wirtschaftlich geleitet wird (§ 35 Abs. 1 WTG LSA i.V.m. § 2 Abs. 1 HeimPersV). Gemäß § 35 Abs. 1 WTG LSA i.V.m. § 2 Abs. 2 HeimPersV ist als Heimleiter fachlich geeignet, wer
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1. eine Ausbildung zu einer Fachkraft im Gesundheits- oder Sozialwesen oder in einem kaufmännischen Beruf oder in der öffentlichen Verwaltung mit staatlich anerkanntem Abschluss nachweisen kann und
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2. durch eine mindestens zweijährige hauptberufliche Tätigkeit in einem Heim oder in einer vergleichbaren Einrichtung die weiteren für die Leitung eines Heimes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat. Die Wahrnehmung geeigneter Weiterbildungsangebote ist zu berücksichtigen.
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Nach dem Bescheid über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen des Landes Brandenburg vom 19. Mai 2011 ist die Klägerin berechtigt, den Grad Diplom-Betriebswirtin (FH) zu führen. Damit kann die Klägerin die erforderliche fachliche Eignung im Hinblick auf § 2 Abs. 2 Nr. 1 HeimPersV vorweisen, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Unterschiedlich beurteilen Klägerin und Beklagter dagegen das Vorliegen der Voraussetzungen von § 2 Abs. 2 Nr. 2 HeimPersV, d. h. den Erwerb der weiteren für die Leitung eines Heims erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten durch eine mindestens zweijährige hauptberufliche Tätigkeit in einem Heim oder in einer vergleichbaren Einrichtung. Mit dem Beklagten ist davon auszugehen, dass es daran bei der Klägerin jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitpunkt (1. April 2011) gefehlt hat.
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Dabei kann offenbleiben, ob das Kreiskrankenhaus A-Stadt, in dem die Klägerin insgesamt mehr als 31 Jahre tätig gewesen ist, eine Einrichtung darstellt, die mit einem Heim im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 HeimPersV vergleichbar ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass bei einem Krankenhaus die regelmäßige, auch zeitlich umfassende ärztliche Betreuung im Vordergrund steht, während die Aufnahme in ein Pflegeheim demgegenüber nicht in erster Linie zur ärztlichen Betreuung geschieht. Der Krankenhausaufenthalt ist unbeschadet seiner konkreten Dauer auch dadurch gekennzeichnet, dass er seinem Zweck nach vorübergehend und auf die Rückkehr des Erkrankten in das allgemeine soziale Umfeld gerichtet ist; Zweck eines Heimes ist dagegen, wie sich auch aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 WTG LSA (im Hinblick auf „stationäre Einrichtungen“) ergibt, die nicht nur vorübergehende Unterbringung älterer Menschen sowie pflegebedürftiger oder behinderter oder von Behinderung bedrohter Volljähriger (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Juli 1991 - BVerwG 1 B 64/91 -, juris, Rn. 7). Demgemäß bestimmt § 6 Abs. 3 WTG LSA, dass dieses Gesetz nicht für Krankenhäuser gilt.
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Selbst wenn man trotz der genannten Unterschiede von einer grundsätzlichen Vergleichbarkeit ausginge, wäre gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 HeimPersV maßgeblich, ob die Klägerin „durch“ ihre spezifische Tätigkeit im Kreiskrankenhaus „die weiteren für die Leitung des Heims erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat“. Das ist zu verneinen. Zwar hat die Klägerin als Leiterin der Abteilung für Wirtschaft und Versorgung in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 30. Juni 2005 eigenständig und eigenverantwortlich die ihr übertragenen Tätigkeiten ausgeführt, wozu u.a. die Sicherstellung der Speisenverantwortung für Patienten und Mitarbeiter, die Gewährleistung einer reibungslosen Wäscheversorgung bei Hauswäsche, OP-Wäsche und Hygienebekleidung sowie die Koordinierung des Hol- und Bringedienstes zählten. Ausweislich des Abschlusszeugnisses der Kreiskrankenhaus A-Stadt GmbH vom 9. Mai 2011 hat die Klägerin die ihr übertragenen Aufgaben kontinuierlich, gewissenhaft, zuverlässig und stets zur vollen Zufriedenheit erfüllt. Es ist davon auszugehen, dass sie insoweit für Leitungstätigkeiten in einem Heim fachlich geeignet ist.
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Die Aufgaben eines Heimleiters reichen allerdings über die Sicherstellung der angemessen Qualität des Wohnens und der hauswirtschaftlichen Versorgung (vgl. § 11 Abs. 3 Nr. 8 WTG LSA) sowie der Wirtschaftlichkeit des Heimbetriebs (vgl. § 11 Abs. 1 WTG LSA) weit hinaus. Gemäß § 11 Abs. 3 WTG LSA hat - neben dem Heimträger - die Heimleitung entsprechend dem Zweck dieses Gesetzes (vgl. § 1 WZG LSA) u.a. die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Heimbewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen (Nr. 1), die Selbstbestimmung, die Selbstverantwortung und die Selbständigkeit sowie die Teilhabe der Bewohnerinnen und Bewohner am Leben in der Gesellschaft zu wahren und zu fördern (Nr. 2), die kulturelle Herkunft, die religiöse, weltanschauliche und sexuelle Orientierung der Heimbewohner zu achten sowie geschlechtsspezifische Belange angemessen zu berücksichtigen (Nr. 3), eine angemessene Qualität der Pflege und Betreuung sowie der Verpflegung der Heimbewohner sowie die ärztliche und gesundheitliche Betreuung zu sichern (Nr. 4) und den Heimbewohnern eine nach Art und Umfang ihrer Betreuungsbedürftigkeit angemessene Lebensgestaltung zu ermöglichen und die erforderlichen Hilfen zu gewähren (Nr. 7). Wie der Beklagte insbesondere in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, fungiert der Heimleiter insoweit als zentrale Figur und wesentlicher Ansprechpartner im täglichen, die Heimbewohner unmittelbar aber auch mittelbar berührenden Geschehensablauf. Seine persönliche und fachliche Qualifikation müssen dieser umfassenden Aufgabenstellung genügen, was ihn auch zu entsprechender Fort- und Weiterbildung verpflichtet (vgl. § 8 HeimPersV).
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Die hiernach erforderlichen Fähigkeiten, um die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse älterer Heimbewohner zu schützen (vgl. § 1 Abs. 1 WTG LSA), erstrecken sich u.a. auf die Förderung selbständiger und selbstverantwortlicher Lebensgestaltung (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 4 HeimPersV), die aktivierende Betreuung und Pflege (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 5 HeimPersV), die Erstellung von Pflegekonzepten, Pflegeplanung und Pflegedokumentation (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 6 HeimPersV), die Arbeit mit verwirrten Bewohnern (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 7 HeimPersV), die Praxisanleitung (vgl. § 8 Abs. 2 WTG LSA) sowie die Sterbebegleitung (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 10 HeimPersV). Mit keiner dieser Funktionen oder Tätigkeitsfelder war die Klägerin als Leiterin der Abteilung für Wirtschaft und Verwaltung im Kreiskrankenhaus A-Stadt befasst; ihre Tätigkeit dort richtete sich auch nicht - oder allenfalls am Rande - nach den rechtlichen Grundlagen der fachlichen Arbeit in einer stationären Einrichtung (z. B. GG, WTG LSA, HeimPersV, Vertragsrecht, Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, SGB XI, SGB XII), deren Kenntnis von einem Heimleiter erwartet wird (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 11 HeimPersV). Nach ihrem Aufgabenspektrum bestand für die Klägerin auch kaum Anlass für Kontakte oder persönlichen Umgang mit den Patienten, während ein Heimleiter zur Gewährleistung eines würdevollen, selbstbestimmten Lebens der Heimbewohner in ständigem persönlichen Kontakt mit den Heimbewohnern bzw. dem Bewohnerbeirat (vgl. § 9 WTG LSA) stehen muss.
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Nach alldem war die Klägerin jedenfalls am 1. April 2011 (noch) nicht als Heimleiter fachlich geeignet. Ob die Klägerin die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten aufgrund der 17-monatigen Tätigkeit als Assistenz der Heimleitung erlangt hat oder ob - wie der Beklagte meint - auch angesichts der (Vor-)Tätigkeit der Klägerin im Kreiskrankenhaus A-Stadt eine mindestens zweijährige (Assistenz-)Tätigkeit in einem Heim erforderlich ist, bedarf insoweit keiner Entscheidung.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Annotations
(1) Die Heime sind verpflichtet, ihre Leistungen nach dem jeweils allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse zu erbringen.
(2) Zur Durchführung des § 2 kann das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechende Regelungen (Mindestanforderungen) erlassen
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Wer ein Heim leitet, muß hierzu persönlich und fachlich geeignet sein. Er muß nach seiner Persönlichkeit, seiner Ausbildung und seinem beruflichen Werdegang die Gewähr dafür bieten, daß das jeweilige Heim entsprechend den Interessen und Bedürfnissen seiner Bewohner sachgerecht und wirtschaftlich geleitet wird.
(2) Als Heimleiter ist fachlich geeignet, wer
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eine Ausbildung zu einer Fachkraft im Gesundheits- oder Sozialwesen oder in einem kaufmännischen Beruf oder in der öffentlichen Verwaltung mit staatlich anerkanntem Abschluß nachweisen kann und - 2.
durch eine mindestens zweijährige hauptberufliche Tätigkeit in einem Heim oder in einer vergleichbaren Einrichtung die weiteren für die Leitung des Heims erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat. Die Wahrnehmung geeigneter Weiterbildungsangebote ist zu berücksichtigen.
(3) Wird das Heim von mehreren Personen geleitet, so muß jede dieser Personen die Anforderungen des Absatzes 1 erfüllen.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Wer ein Heim leitet, muß hierzu persönlich und fachlich geeignet sein. Er muß nach seiner Persönlichkeit, seiner Ausbildung und seinem beruflichen Werdegang die Gewähr dafür bieten, daß das jeweilige Heim entsprechend den Interessen und Bedürfnissen seiner Bewohner sachgerecht und wirtschaftlich geleitet wird.
(2) Als Heimleiter ist fachlich geeignet, wer
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eine Ausbildung zu einer Fachkraft im Gesundheits- oder Sozialwesen oder in einem kaufmännischen Beruf oder in der öffentlichen Verwaltung mit staatlich anerkanntem Abschluß nachweisen kann und - 2.
durch eine mindestens zweijährige hauptberufliche Tätigkeit in einem Heim oder in einer vergleichbaren Einrichtung die weiteren für die Leitung des Heims erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat. Die Wahrnehmung geeigneter Weiterbildungsangebote ist zu berücksichtigen.
(3) Wird das Heim von mehreren Personen geleitet, so muß jede dieser Personen die Anforderungen des Absatzes 1 erfüllen.
(1) Der Träger des Heims ist verpflichtet, dem Leiter des Heims und den Beschäftigten Gelegenheit zur Teilnahme an Veranstaltungen berufsbegleitender Fort- und Weiterbildung zu geben. Mehrjährig Beschäftigten, die die Anforderungen des § 6 nicht erfüllen, ist Gelegenheit zur Nachqualifizierung zu geben.
(2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 besteht nur, wenn sich die Veranstaltungen insbesondere auf folgende Funktionen und Tätigkeitsfelder erstrecken:
- 1.
Heimleitung, - 2.
Wohnbereichs- und Pflegedienstleistung sowie entsprechende Leitungsaufgaben, - 3.
Rehabilitation und Eingliederung sowie Förderung und Betreuung Behinderter, - 4.
Förderung selbständiger und selbstverantworteter Lebensgestaltung, - 5.
aktivierende Betreuung und Pflege, - 6.
Pflegekonzepte, Pflegeplanung und Pflegedokumentation, - 7.
Arbeit mit verwirrten Bewohnern, - 8.
Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen sowie mit Einrichtungen und Diensten des Sozial- und Gesundheitswesens, - 9.
Praxisanleitung, - 10.
Sterbebegleitung, - 11.
rechtliche Grundlagen der fachlichen Arbeit, - 12.
konzeptionelle Weiterentwicklung der Altenhilfe und der Eingliederungshilfe für Behinderte.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.