Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 10. Aug. 2016 - 6 A 34/16

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2016:0810.6A34.16.0A
bei uns veröffentlicht am10.08.2016

Tatbestand

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Der Kläger begehrt Einsicht in eine Weisung des Beklagten, auf die sich der Geschäftsführer des Jobcenters B., Herr S. D., in einer E-Mail vom 23.06.2015 an den Kläger bezogen hatte.

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Die E-Mail hat den folgenden Wortlaut:

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"Sehr geehrter Herr A.,

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hinsichtlich der Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung ist grundsätzlich auf die Werte der seit 01.01.2010 gültigen KdU-RL – einschließlich zwischenzeitlich erfolgter Anpassungen – abzustellen.

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Die aktuelle Rechtsprechung stellt regelmäßig, sofern ein sogenanntes „Schlüssiges Konzept“ hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gem. § 22 SGB II nicht vorliegt, auf die Werte des § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % bzw. auf die Werte des „Heizspiegel Bundesweit“ ab. Insofern kann, entsprechend dem Hinweis des Landkreises B., als Träger der Leistungen nach § 22 SGB II, nach erforderlicher Prüfung im Einzelfall im Rechtsbehelfsverfahren auf die vorgenannten Werte des WoGG bzw. „Heizspiegel Bundesweit“ abgestellt werden. Außerhalb von Rechtsbehelfsverfahren ist dies jedoch nicht vorgesehen. Insofern kann im Rahmen von Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X, wie etwa im Leistungssachverhalt 04506BG00112921, keine anderweitige Entscheidung getroffen werden.

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Mit freundlichen Grüßen

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im Auftrag

S. D.

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Bereichsleiter Leistungsbereich

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Jobcenter B.

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…"

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Mit Schreiben vom 31.08.2015 beantragte der Kläger unter Berufung auf das Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt (IZG LSA), ihm die vorstehend bezeichnete Weisung des Beklagten zur Inaugenscheinnahme zugänglich zu machen. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass sich aus der E-Mail des Jobcenters ergebe, dass der Landkreis das Jobcenter angewiesen habe, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung bei fehlendem notwendigem „schlüssigem Konzept“ erst selektiv im Rechtsbehelfsverfahren zu berücksichtigen, was er für grob rechtswidrig halte.

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Insoweit hatte der Kläger mit Schreiben vom 31.03.2015 beim Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt – Referat Kommunalaufsicht – Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt. Diese wurde mit Schreiben vom 24.06.2015 vom Vorsitzenden des Kreistages des Landkreises B. als unbegründet zurückgewiesen. Darin wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die E-Mail des Jobcenters lediglich klarstelle, dass die Festsetzung angemessener Aufwendungen für die Unterkunft ausschließlich Sache einer einzelfallbezogenen Bewertung sei. Dies gelte sowohl im Verfahren zum Erlass des Ausgangsbescheides als auch für zu bearbeitende Widerspruchsverfahren. Zwar gebe es unterschiedliche Auffassungen über die Arbeitsweise der Jobcenter bundesweit, weshalb eine einheitliche Bewertung der Verfahrensabläufe nicht möglich sei. Insbesondere sei aber zu berücksichtigen, dass der Landkreis mit Wirkung vom 01.10.2014 eine neue KdU-Richtlinie erlassen habe, deren schlüssiges Konzept das Sozialgericht Magdeburg im Rahmen eines Eilverfahrens durch Beschluss vom 19.03.2015 bereits bestätigt habe.

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Mit Bescheid vom 25.09.2015 lehnte der Beklagte den Antrag auf Informationszugang ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dem Informationszugangsbegehren stünden die Ausschlussgründe des §§ 3 Abs. 1 Nr. 4 und 5 Abs. 2 IZG LSA entgegen. Es werde ein Auszug aus einem beamtenrechtlichen Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang begehrt, der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Bestandteil der Personalakte im materiellen Sinne sei. Dies gelte nach der Rechtsprechung auch dann, wenn der Dienstherr die Unrichtigkeit der Beschwerde als erwiesen ansehe und den Vorgang nicht in die formelle Personalakte aufnehme.

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Gegen den ihm am 08.10.2015 zugestellten Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 09.10.2015, eingegangen beim Beklagten am 12.10.2015, Widerspruch und legte dar, er wolle nach wie vor die Weisung aus der Kreisverwaltung sehen, auf die der Geschäftsführer des Jobcenters B., Herr D., in seiner E-Mail vom 23.06.2014 hingewiesen habe. Durch diese Weisung würden viele Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis vorsätzlich und systematisch um ihnen gesetzlich zustehende Leistungen betrogen. Er werde die Sache gleichfalls als Beschwerde dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Sachsen-Anhalt vorlegen.

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Mit Schreiben vom 15.10.2015 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er beabsichtige, die Abhilfeprüfung bezüglich des Widerspruchs zunächst zurückzustellen, bis der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit des Landes Sachsen-Anhalt über die Beschwerde des Klägers entschieden habe. Mit E-Mail vom 17.10.2015 erklärte sich der Kläger mit der vom Beklagten vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden.

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Mit Klage vom 22.01.2016 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er legt dar, über seinen mit Schreiben vom 09.10.2015 erhobenen Widerspruch sei bisher nicht entschieden worden. Ihm gehe es um den Inhalt und um das Datum der Weisung. Deswegen sei er – hilfsweise – damit einverstanden, dass der Verfasser der Weisung für ihn durch Schwärzung unkenntlich gemacht werde.

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Der Kläger beantragt sinngemäß,

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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 25.09.2015 zu verpflichten, dem Kläger die Weisung der Kreisverwaltung, auf die sich der stellvertretende Geschäftsführer D. des Jobcenters B. in seiner E-Mail vom 23.06.2014 bezieht, zwecks Inaugenscheinnahme zugänglich zu machen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er ist der Ansicht, die Klage sei als Untätigkeitsklage bereits unzulässig, weil ein zureichender Grund dafür vorliege, dass über dem Widerspruch des Klägers noch nicht entschieden worden sei. Dieser beruhe auf dem beiderseitigen Einverständnis der Beteiligten, die Widerspruchsbearbeitung zunächst bis zur Entscheidung des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit des Landes Sachsen-Anhalt über die Beschwerde zurückzustellen.

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Die Klage habe aber auch in der Sache keinen Erfolg. Dem Anspruch des Klägers stünden die Versagungsgründe des § 3 Abs. 1 Nr. 4 und § 5 Abs. 2 IZG LSA entgegen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 IZG-LSA bestehe der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Verschlusssachenanweisung für das Land Sachsen-Anhalt geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliege. § 50 S. 3 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern – Beamtenstatusgesetz – regele eine solche spezielle Verschwiegenheitspflicht. Danach sei die Personalakte vertraulich zu behandeln. Personalakte im formellen Sinne bezeichneten dabei die von der personalverwaltenden Behörde als „Personalakte“ gekennzeichneten Ordner, Hefter oder sonstigen Blattsammlungen. Im materiellen Sinne umfasse die Personalakte gemäß der Legaldefinition in § 50 S. 2 Beamtenstatusgesetz – kraft Gesetzes, d.h. unabhängig von der Art der Registrierung und Aufbewahrung und damit unabhängig davon, ob die Behörde sie bereits in die formelle Personalakte eingeordnet hat – alle Unterlagen, die die Beamtin oder dem Beamten betreffen, soweit sie mit dem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen würden (Personalaktendaten). Zu den Vorgängen, die in diesem Sinne in einem inneren Zusammenhang mit dem Beamtenverhältnis stünden und daher Bestandteil der Personalakten seien, gehörten – neben Personalunterlagen und dienstlichen Beurteilungen – nicht nur die Vorgänge, die den Inhalt des Dienstverhältnisses insgesamt oder einzelner aus ihm fließende Rechte oder Pflichten bestimmen oder verändern, sondern auch die Unterlagen, die die Art und Weise erhellen, in der die jeweilige Entscheidung vorbereitet worden ist, oder die Aufschluss über die Gesichtspunkte und Erwägungen geben, die für die einzelnen das Dienstverhältnis berührende Maßnahme oder dafür, dass sie unterblieben ist, maßgebend waren. Für den erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen dem angefallenen Aktenmaterial und dem konkreten Beamtenverhältnis komme es entscheidend auf den Zweck an, dem die Vorgänge zu dienen bestimmt seien. Vorgänge gehörten dann nicht zu den Personalakten, wenn der Zweck, zu welchem Vorgänge angelegt worden seien, außerhalb des durch das (konkrete) Beamtenverhältnis begründeten Rechts- und Pflichtenkreises liege, nämlich wenn diese Vorgänge besonderen von dem Dienstverhältnis und der Person gerade dieses Beamten sachlich zu trennenden Zwecken dienten. Nach diesen Maßstäben gehörten zur Personalakte im materiellen Sinne etwa die bei einer Dienstbehörde geführten förmlichen Disziplinarvorgänge, disziplinarrechtliche Vorermittlungen Akten, Vorgänge über etwaige formlose Verwaltung Ermittlungen als auch bloße Hinweise auf möglicherweise pflichtwidriges oder die Eignung des Beamten minderndes dienstliches oder außerdienstliches Verhalten. Abzustellen sei mithin im Ergebnis auf den Zweck, dem der Vorgang bei dem Inhaber des Aufsichtsrechts diene. Nehme er in Ausübung seiner Amtsbefugnisse Verwaltungsermittlungen gegen einen Bediensteten vor, so zählten die angefallenen Schriftstücke zu den Personalakten. Vorliegend habe der Zweck, zu dem der in Rede stehende aufsichtsrechtliche Vorgang um die Dienstaufsichtsbeschwerde angelegt wurde, in der Beurteilung des dienstlichen Verhaltens des Beamten bestanden. Dienstaufsichtsbeschwerden würden die Eignung eines Beamten in seinem Dienstverhältnis betreffen und Aufschluss über die Gesichtspunkte und Erwägungen geben, die für die einzelnen das Dienstverhältnis berührende Maßnahme oder dafür, dass sie unterblieben sei, maßgebend gewesen seien. Insbesondere aus § 89 Abs. 1 Ziffer 1 Beamtengesetz des Landes Sachsen-Anhalt ergebe sich, dass Dienstaufsichtsbeschwerden zur Personalakte im materiellen Sinne gehörten. Hiernach seien Unterlagen über Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen, auf die Eins des Disziplinargesetzes Sachsen-Anhalt nicht anzuwenden sein, falls sie sich als unbegründet oder falsch erwiesen hätten, mit Zustimmung der Beamtin oder des Beamten unverzüglich aus der Personalakte zu entfernen und zu vernichten. Dienstaufsichtsbeschwerden seien daher Bestandteil der Personalakte unabhängig davon, ob sie zu behördeninternen formlosen Ermittlungen oder förmlichen Disziplinarverfahren führten und ob der Dienstherr von einer Aufbewahrung absehe und den Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang zur alsbaldigen Vernichtung vorsehe, den Vorgang also nicht in die formelle Personalakte aufnehmen. Da der Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang Teil der materiellen Personalakte sei, sei der Antrag auf Informationszugang abzulehnen gewesen. Im Übrigen sehe auch § 5 Abs. 2 IZG LSA vor, dass das Interesse des Amtsträgers an der Geheimhaltung seiner Personalaktendaten das Informationsinteresse Interesse des Antragstellers immer überwiege.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten A und B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

Die Entscheidung ergeht im erklärten Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO und ohne mündliche Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO.

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Die Klage ist zulässig.

27

Die Klage ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vergleiche Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 75 Rn. 11) als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO statthaft, da der Beklagte über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25.09.2015 ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat. Das zunächst vorliegende beiderseitige Einverständnis der Beteiligten, die Widerspruchsbearbeitung bis zur Entscheidung des Landesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Sachsen-Anhalt über die Beschwerde des Klägers, welches einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung des Widerspruchs darstellte, ist nach Ergehen der Mitteilung des Landesbeauftragten vom 21.03.2016 weggefallen. Denn nach dieser Mitteilung ist klar, dass eine Entscheidung des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt mangels Zuständigkeit nicht ergehen wird. Damit ist die Untätigkeitsklage zulässig, auch wenn im Zeitpunkt der Klageerhebung noch ein zureichender Grund für die Verzögerung vorlag.

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Die Klage ist auch begründet.

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Der Bescheid des Beklagten vom 25.09.2015 ist rechtswidrig, verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten und war daher aufzuheben.

30

Der Kläger hat Anspruch auf Zugang zu der Weisung, die Gegenstand des Dienstaufsichtsbeschwerdevorgangs ist. Anspruchsgrundlage ist § 1 Abs. 1 Satz 1 IZG LSA. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen u. a. gegenüber den der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften des öffentlichen Rechts. Eine amtliche Information ist nach der Legaldefinition des § 2 Nr. 1 IZG LSA jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Dazu zählt auch die streitgegenständliche Weisung der Kreisverwaltung, auf die sich der stellvertretende Geschäftsführer D. des Jobcenters B. in seiner E-Mail vom 23.06.2014 bezieht.

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Der Beklagte ist nicht berechtigt, diese Information unter Hinweis auf die Versagungsgründe des § 3 Abs. 1 Nr. 4 IZG LSA und § 5 Abs. 2 IZG LSA zu verweigern.

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Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 IZG LSA besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Verschlusssachenanweisung für das Land Sachsen-Anhalt geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt. Dies ist hier nicht der Fall. § 50 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – betrifft lediglich die Personalakte eines Beamten und regelt diesbezüglich die Pflicht zur Vertraulichkeit. Nach S. 2 dieser Vorschrift gehören zur Personalakte alle Unterlagen, die die Beamtin oder den Beamten betreffen, soweit sie mit dem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (Personalaktendaten).

33

Personalakte im formellen Sinne bezeichnet die von der personalverwaltenden Behörde als „Personalakte“ gekennzeichneten Ordner, Hefter oder sonstigen Blattsammlungen (vgl. BVerwGE 62, 135 [137] m.w.N.). Im materiellen Sinne umfasst die Personalakte gemäß der Legaldefinition in § 56 Abs. 1 Satz 2 BRRG - kraft Gesetzes, d.h. unabhängig von der Art der Registrierung und Aufbewahrung und damit unabhängig davon, ob die Behörde sie bereits in die formelle Personalakte eingeordnet hat - „alle Unterlagen einschließlich der in Dateien gespeicherten, die den Beamten betreffen, soweit sie mit seinem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (Personalaktendaten)“. Dies präzisiert die frühere gesetzliche Regelung („alle ihn betreffenden Vorgänge“, § 90 Satz 1 BRRG a.F.) auf der Grundlage der dazu ergangenen Rechtsprechung (vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayr, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, Stand der Kommentierung: August 2004, § 90 BBG Rdnr. 8). Zu den Vorgängen, die in diesem Sinne in einem inneren Zusammenhang mit dem Beamtenverhältnis stehen und deshalb Bestandteil der Personalakten sind, gehören - neben Personalunterlagen und dienstlichen Beurteilungen - nicht nur die Vorgänge, die den Inhalt des Dienstverhältnisses insgesamt oder einzelner aus ihm fließender Rechte oder Pflichten bestimmen oder verändern, sondern auch die Unterlagen, die die Art und Weise erhellen, in der die jeweilige Entscheidung vorbereitet worden ist, oder die Aufschluss über die Gesichtspunkte und Erwägungen geben, die für die einzelne das Dienstverhältnis berührende Maßnahme oder dafür, dass sie unterblieben ist, maßgebend waren (vgl. BVerwGE 67, 300 [302] m.w.N.). Für den erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen dem angefallenen Aktenmaterial und dem konkreten Beamtenverhältnis kommt es entscheidend auf den Zweck an, dem die Vorgänge zu dienen bestimmt sind (vgl. BVerwG, a.a.O.). Vorgänge gehören dann nicht zu den Personalakten, "wenn der Zweck, zu welchem Vorgänge angelegt worden sind, außerhalb des durch das (konkrete) Beamtenverhältnis begründeten Rechts- und Pflichtenkreises liegt", nämlich wenn diese Vorgänge "besonderen von dem Dienstverhältnis und der Person gerade dieses Beamten sachlich zu trennenden Zwecken dienen" (vgl. BVerwG a.a.O.). Nach diesen Maßstäben gehören zur Personalakte (im materiellen Sinne) etwa die bei einer Dienstbehörde geführten förmlichen Disziplinarvorgänge, disziplinarrechtliche Vorermittlungsakten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 1989, NJW 1989, 1942), Vorgänge über etwaige formlose „Verwaltungsermittlungen“ (vgl. BVerwGE 36, 134 [139 ff.]) als auch bloße Hinweise auf möglicherweise pflichtwidriges oder die Eignung des Beamten minderndes dienstliches oder außerdienstliches Verhalten. Ebenso sind Dienstaufsichtsbeschwerden bzw. der Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang Bestandteil der Personalakte (im materiellen Sinne). Denn (Dienstaufsichts-) Beschwerden, d.h. Eingaben Dritter, die sich gegen ein Verhalten des Beamten richten und ihm daraus einen persönlichen Vorwurf machen (vgl. Plog u.a., a.a.O., § 90 b Rdnr. 5), betreffen die Eignung gerade dieses Beamten in seinem Dienstverhältnis und geben Aufschluss über die Gesichtspunkte und Erwägungen, die für die einzelne das Dienstverhältnis berührende Maßnahme oder dafür, dass sie unterblieben ist, maßgebend waren (vgl. BVerwGE 59, 355 [359]). Im für den Beamten ungünstigen Fall sind sie die Vorstufe einer behördeninternen „Verwaltungsermittlung“ oder gar eines förmlichen Disziplinarverfahrens. Insbesondere aus § 56 b Satz 1 BRRG ergibt sich, dass (Dienstaufsichts-) Beschwerden zur Personalakte (im materiellen Sinne) gehören. Denn hiernach ist der Beamte zu Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen, die für ihn ungünstig sind oder ihm nachteilig werden können, vor deren Aufnahme in die Personalakte zu hören. (Dienstaufsichts-) Beschwerden Dritter sind dabei Bestandteil der Personalakte (im materiellen Sinne) unabhängig davon, ob sie zu behördeninternen formlosen Ermittlungen oder förmlichen Disziplinarverfahren führen und ob der Dienstherr im Hinblick auf § 56 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BRRG (vgl. § 90 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG, § 90 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBG Bln) von einer Aufbewahrung absieht und den Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang zur alsbaldigen Vernichtung vorsieht, wenn er die Unrichtigkeit der Beschwerde als erwiesen ansieht (vgl. zu dieser Vorgehensweise die Begründung des Regierungsentwurfes zu § 90 b BBG, BT-Drs. 12/544, S. 18), den Vorgang also nicht in die formelle Personalakte aufnimmt (VG Berlin, Urteil vom 26.11.2004 – 2 A 59.04 –).

34

Der Kläger begehrt jedoch nicht Informationszugang zur Personalakte des Weisungsverfassers und insbesondere nicht zu dem Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang. Insoweit kommt es nicht auf die Unterscheidung zwischen dem formellen und materiellen Personalaktenbegriff an. Der Kläger hat von Anfang an deutlich gemacht, dass er die Weisung aus der Kreisverwaltung sehen möchte, auf die sich der stellvertretende Geschäftsstellenleiter des Jobcenters B. in der fraglichen E-Mail bezieht. Der Umstand, dass die Weisung wegen der Dienstaufsichtsbeschwerde des Klägers – auch - Gegenstand des Dienstaufsichtsbeschwerdevorgangs wurde, ist insofern unerheblich. Weiterhin kommt es nicht darauf an, ob die streitgegenständliche Weisung aus der Kreisverwaltung als Original oder als Kopie Eingang in den Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang gefunden hat. Ein innerer Zusammenhang der streitgegenständlichen Weisung mit dem Beamtenverhältnis besteht nicht, weil es sich weder um Personalunterlagen und dienstlichen Beurteilungen noch um Unterlagen handelt, die die Art und Weise erhellen, in der die jeweilige Entscheidung vorbereitet worden ist, oder die Aufschluss über die Gesichtspunkte und Erwägungen geben, die für die einzelne das Dienstverhältnis berührende Maßnahme oder dafür, dass sie unterblieben ist, maßgebend waren.

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Die streitgegenständliche Weisung aus der Kreisverwaltung ist verwaltungsinterner Natur. Denn das Jobcenter B. ist eine gemeinsame Einrichtung der Agentur für Arbeit M. und des Landkreises B.. Insofern besteht eine Weisungsbefugnis des Beklagten gegenüber dem Jobcenter als nachgeordneter Einrichtung. Da die Weisung jedoch allgemein gilt, nämlich alle Fälle betrifft, auf die sich ihr Regelungsgehalt bezieht, handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift. Mithin geht es vorliegend nicht um geschützte Personaldaten im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 4 IZG LSA.

36

Der Anwendungsbereich des § 5 IZG LSA ist bereits deshalb nicht eröffnet, weil es nicht um personenbezogene Daten geht.

37

Dem gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IZG LSA grundsätzlich gegebenen Anspruch des Klägers auf Informationszugang stehen weder die vorstehend angeführten Ausschlussregelungen entgegen noch § 4 IZG LSA. Nach der letztgenannten Regelung soll der Antrag auf Informationszugang für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung abgelehnt werden, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereitelt würde. Darum geht es im vorliegenden Fall nicht, weil die Weisung keinen Einzelfall betrifft, sondern eine Vielzahl von Fällen und die Weisung nicht ein Entwurf oder eine Arbeit bzw. ein Beschluss im Sinne der vorgenannten Regelung ist.

38

Der Anspruch auf Informationszugang des Klägers kann nicht dadurch zu Fall gebracht werden, dass wegen der Dienstaufsichtsbeschwerde des Klägers eine Information, die Bestandteil des Dienstaufsichtsbeschwerdevorgangs geworden ist, zurückgehalten wird, während sie ohne Erhebung der Dienstaufsichtsbeschwerde zugänglich gemacht werden müsste.

39

Allein die Kenntnis vom Inhalt der streitgegenständlichen Weisung verschafft dem Kläger als Rechtsbeistand von Leistungsempfängern nach dem SGB II und damit nicht im persönlichen, sondern im übergeordneten Interesse die Möglichkeit der Kontrolle staatlichen Handelns. Zudem gibt es ihm die Möglichkeit, zu überprüfen, ob der Beklagte seine Dienstaufsichtsbeschwerde zu Recht zurückgewiesen hat. Diese Zielsetzungen stehen im Einklang mit dem Sinn und Zweck des IZG LSA.

40

Da jeder Amtsinhaber verpflichtet ist, seine Entscheidungen zu vertreten und dafür die Verantwortung zu übernehmen, ist auch nicht die seitens des Klägers lediglich hilfsweise begehrte Schwärzung des Verfassers der Weisung geboten.

41

Mithin war der Klage vollumfänglich stattzugeben.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

43

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

44

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. In Verfahren, in denen ein Kläger Informationszugang nach dem IFG bzw. nach dem IZG LSA begehrt, ist - sofern wie im vorliegenden Fall keine besonderen Umstände vorliegen - pauschal und typisierend von dem Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG auszugehen (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 14. Juni 2012 – 3 O 375/11).


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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 10. Aug. 2016 - 6 A 34/16 zitiert 19 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

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Für jede Beamtin und jeden Beamten ist eine Personalakte zu führen. Zur Personalakte gehören alle Unterlagen, die die Beamtin oder den Beamten betreffen, soweit sie mit dem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (Personal

Referenzen

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Für jede Beamtin und jeden Beamten ist eine Personalakte zu führen. Zur Personalakte gehören alle Unterlagen, die die Beamtin oder den Beamten betreffen, soweit sie mit dem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (Personalaktendaten). Die Personalakte ist vertraulich zu behandeln. Personalaktendaten dürfen ohne Einwilligung der Beamtin oder des Beamten nur für Zwecke der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft verarbeitet werden. Für Ausnahmefälle kann landesrechtlich eine von Satz 4 abweichende Verarbeitung vorgesehen werden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung die Bewilligung von Urlaub aus anderen Anlässen und bestimmt, inwieweit die Besoldung während eines solchen Urlaubs fortbesteht.

(2) Stimmen Beamtinnen und Beamte ihrer Aufstellung als Bewerberinnen oder Bewerber für die Wahl zum Europäischen Parlament oder zum Deutschen Bundestag oder zu der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes zu, ist ihnen auf Antrag innerhalb der letzten zwei Monate vor dem Wahltag der zur Vorbereitung ihrer Wahl erforderliche Urlaub unter Wegfall der Besoldung zu gewähren.

(3) Beamtinnen und Beamten, die in die gesetzgebende Körperschaft eines Landes gewählt worden sind und deren Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis nicht nach § 40 Abs. 1 ruhen, ist zur Ausübung des Mandats auf Antrag

1.
Teilzeitbeschäftigung im Umfang von mindestens 30 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit zu bewilligen oder
2.
ein Urlaub unter Wegfall der Besoldung zu gewähren.
Der Antrag soll jeweils für den Zeitraum von mindestens sechs Monaten gestellt werden. § 23 Abs. 5 des Abgeordnetengesetzes ist entsprechend anzuwenden. Auf Beamtinnen und Beamte, denen nach Satz 1 Nr. 2 Urlaub unter Wegfall der Besoldung gewährt wird, ist § 7 Abs. 1, 3 und 4 des Abgeordnetengesetzes entsprechend anzuwenden.

(4) Für die Tätigkeit als Mitglied einer kommunalen Vertretung, eines nach Kommunalverfassungsrecht gebildeten Ausschusses oder vergleichbarer Einrichtungen in Gemeindebezirken ist Beamtinnen und Beamten der erforderliche Urlaub unter Fortzahlung der Besoldung zu gewähren. Satz 1 gilt auch für die von einer kommunalen Vertretung gewählten ehrenamtlichen Mitglieder von Ausschüssen, die aufgrund eines Gesetzes gebildet worden sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.