Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 13. Dez. 2016 - 2 B 408/16
Gericht
Gründe
I.
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Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtschutzes gegen die Anordnung der Überstellung nach Ungarn aufgrund der Ablehnung seines Asylantrages als unzulässig.
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Er ist nach eigenen Angaben iranischer Staatsangehöriger, persischer Volkszugehörigkeit und islamischen Glaubens. Er wurde am 15.07.1987 in Gotvand geboren.
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Am 30.06.2016 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 18.07.2016 einen Asylantrag. Aufgrund eines EURODAC-Treffers (HU 1330022340805) stellte die Beklagte ein Übernahmeersuchen gemäß den Bestimmungen der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates (nachfolgend: „Dublin-III-VO“) an Ungarn. Ungarn ließ das Übernahmeersuchen unbeantwortet.
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Daraufhin lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 18.11.2016 den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab, stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nicht bestehen, ordnete die Abschiebung nach Ungarn an und verhängte ein sechsmonatiges Einreise- und Aufenthaltsverbot.
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Hiergegen hat der Antragsteller am 02.12.2016 beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben (Az.: 2 A 409/16 MD). Seine Klage begründet er damit, dass eine Abschiebung nach Ungarn rechtswidrig sei, weil das ungarische Asylsystem systemische Mängel aufweise.
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Der Antragsteller beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der Klage vom 02.12.2016 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.11.2016 anzuordnen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Zur Begründung bezieht sich die Antragsgegnerin auf die Ausführungen in ihrem Bescheid vom 18.11.2016 auf den gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO Bezug genommen wird.
II.
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Das Gericht entscheidet gemäß 76 Abs. 4 AsylG im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes durch den Einzelrichter.
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Der Antrag des Antragstellers, der darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung seiner am 02.12.2016 erhobenen Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 18.11.2016 anzuordnen, hat Erfolg.
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Der vorläufige Rechtsschutzantrag ist als Antrag nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft und zulässig, insbesondere fristgerecht, denn er wurde innerhalb der einwöchigen Antragsfrist gemäß § 34 a Abs. 2 Satz 1 AsylG gestellt.
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Der Antrag ist auch begründet. Der Antragsteller darf aufgrund offener Erfolgsaussichten der Hauptsache und seinem das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an seiner Rückführung überwiegende Interesse auf aufschiebende Wirkung derzeit nicht nach Ungarn abgeschoben werden.
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Im Rahmen eines Antrages gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Es hat bei der Entscheidung hierüber abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Ein gewichtiges Indiz sind dazu die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
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Im vorliegenden Fall sind die Erfolgsaussichten der vom Antragsteller erhobenen Klage als offen anzusehen. Denn es ist fraglich, ob der Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.11.2016 in Bezug auf die angeordnete Abschiebung nach Ungarn gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 2 AsylG rechtmäßig ist.
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Nach § 34 a Abs. 1 S. 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, wenn sie in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) erfolgen soll.
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Die Zuständigkeit Ungarns für das Asylverfahren des Antragstellers ergibt sich aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG (§ 27 a AsylG a. F.) i. V. m. den Vorschriften der Dublin-III-VO. Der Antragsteller hat sich vor der Stellung seines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland ausweislich der EURODAC-Daten bereits früher in Ungarn aufgehalten und dort einen Asylantrag gestellt (vgl. Bl. 26 d. BA-A). Zwar hat Ungarn ausweislich der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin seine Zuständigkeit für das Asylverfahren des Antragstellers nicht ausdrücklich anerkannt, jedoch gilt gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO die Zustimmung zum Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 20.07.2016 nach 2 Wochen – mithin am 04.08.2016 – als erteilt. Damit ist Ungarn nach Art. 18 Abs. 1 b der Dublin-III-VO der für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständige Staat.
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Die Antragsgegnerin ist dennoch für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO zuständig. Danach wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat – hier die Antragsgegnerin – abweichend von Art. 3 Abs. 1 der Dublin-III-VO zum zuständigen Mitgliedstaat, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem nach Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO eigentlich zuständigen Mitgliedstaat – hier Ungarn – systemische Schwachstellen aufweist und kein sonstiger Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
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Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, NVwZ 2012, S. 417) gilt grundsätzlich die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist. Dabei berührt aber nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedsstaat oder jeder Verstoß gegen einzelne Bestimmungen der einschlägigen unionsrechtlichen Richtlinie die Verpflichtung der übrigen Mitgliedstaaten. Wenn dagegen dem Mitgliedstaat einschließlich der nationalen Gerichte nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta ausgesetzt zu werden, obliegt es ihm, keine Überstellung vorzunehmen. An die Darlegung eines solchen Sonderfalles sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen (vgl. VG Augsburg, B. v. 17.01.2014 – AU 2 S 13.30478 –, zitiert nach juris).
- 21
Systemische Schwachstellen in diesem Sinne sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem – aus welchen Gründen auch immer – faktisch ganz oder in weiten Teile seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. OVG Niedersachsen, U. v. 15.11.2016 – 8 LB 92/15 –, zitiert nach juris).
- 22
Systemische Schwachstellen liegen damit insbesondere dann vor, wenn dem Betroffenen in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, der Zugang zu einem Asylverfahren, welches nicht mit grundlegenden Mängeln behaftet ist, verwehrt oder massiv erschwert wird, wenn das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet oder wenn er während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. VG München, B. v. 13.10.2016 – M 26 S 16.50664 –, zitiert nach juris)
- 23
Ausgehend von diesen Maßstäben ist im Rahmen der im vorläufigen Rechtschutz zu treffenden Gefahrenprognose zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht auszuschließen, dass der Antragsteller in Ungarn aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen könnte, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein.
- 24
Die aktuellen Erkenntnismittel enthalten erhebliche Indizien dafür, dass das ungarische Asylsystem wegen der 2015 und 2016 in Kraft getretenen und durch die Regierung Ungarns praktizierten Änderungen Dublin-Rückkehrern den Zugang zu einem die materielle Prüfung des Asylbegehrens gewährenden Asylverfahren verwehrt, die Abschiebung nach Serbien als sicherem Drittstaat ggfs. gegen das Refoulement-Verbot verstößt und die bestehenden Aufnahmebedingungen dazu führen, dass elementare Grundbedürfnisse des Antragstellers unbefriedigt bleiben (so auch OVG Niedersachsen, U. v. 15.11.2016, a.a.O.).
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Das ungarische Parlament hat im Juli und im September 2015 erhebliche Verschärfungen des ungarischen Asylrechts sowie Beschleunigungen des Asylverfahrens beschlossen, die zwischenzeitlich in Kraft sind. Danach werden u.a. Asylverfahren annulliert, wenn Asylsuchende die ihnen zugewiesenen Aufenthaltsorte länger als 48 Stunden verlassen. Die grundsätzlich auch nach den gemeinsamen europarechtlichen Regelungen zulässige Asylhaft wurde erneut ausgeweitet und zwischenzeitlich auch verstärkt angewendet (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, U v. 13.10.2016 – A 11 S 1596/16 –, zitiert nach juris). Alleinstehende, männliche Dublin-Rückkehrer, wie der Antragsteller, werden häufig in Haft genommen (vgl. Bericht des UNHCR an das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg v. 09.09.2016, abrufbar unter www.milo.de; „Gänzlich unerwünscht – Entrechtung, Kriminalisierung und Inhaftierung von Flüchtlingen in Ungarn“ Bericht von bordermonitoring.eu und proasyl e.V., abrufbar unter www.proasyl.de). Ferner wurden die gerichtliche Überprüfung von Asylanträgen, die als unzulässig abgelehnt wurden, insoweit eingeschränkt, als dass die Gerichte die betreffenden Entscheidungen nur noch aufheben und zur erneuten Entscheidung an die Asylbehörden zurückverweisen können (vgl. Bericht des UNHCR an das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg vom 09.09.2016, a.a.O.). In der Regel bedarf es daher zweier gerichtlicher Aufhebungsentscheidungen, damit die Asylbehörden die Begründetheit eines Asylantrages überprüfen.
- 26
Die ungarische Regierung hat zwischenzeitlich im Wege der Verordnung Serbien zum sicheren Drittstaat erklärt. Dadurch ist es den ungarischen Behörden möglich, auch Dublin-Rückkehrer weiter nach Serbien abzuschieben. Derzeit kann nicht davon ausgegangen werden, dass Serbien über ein den allgemeinen europäischen Standards entsprechendes Asylsystem verfügt. Zwischen September 2015 und März 2016 hat die ungarische Regierung 298 Asylsuchende unter den Regelungen des zwischen Ungarn und Serbien bestehenden bilateralen Rückübernahmeabkommens nach Serbien zurückgeführt (vgl. Bericht des UNHCR an das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg vom 09.09.2016, a.a.O.). Weitere Rückführungen wurden auch ohne die nach dem Rückübernahmeabkommen notwendige Zustimmung Serbiens von den bestehenden Transitzonen aus durchgeführt. Zwar ist dem VG Cottbus insoweit zuzustimmen, als dass es sich bei der Einordnung Serbiens als sicheren Drittstaat durch ungarische Behörden nicht um eine der deutschen Jurisdiktion unterliegende Frage handelt (vgl. VG Cottbus, B. v. 13.09.2016 – 5 L 308/16.A –, zitiert nach juris). Jedoch könnte eine mögliche Weiterschiebung des Antragsstellers von Ungarn nach Serbien zu derartigen Nachteilen für den Antragsteller führen, die im Rahmen der Hauptsache nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Anstrengungen wieder ausgeglichen werden können.
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Insgesamt wird die Frage systemischer Mängel des ungarischen Asyl- und Aufnahmesystems in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet (systemische Mängel verneinend: VG Cottbus, B. v. 13.09.2016, a.a.O.; VG Schleswig-Holstein, U. v. 31.08.2016 – 5 A 343/16 –; VG München, B. v. 05.08.2016 – M 1 S 16.50383 –, beide Entscheidungen zitiert nach juris; systemische Mängel bejahend: OVG Niedersachsen, U. v. 15.11.2016, a.a.O.; VG München, B. v. 13.10.2016, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, U. v. 13.10.2016, a.a.O., VG München, U. v. 26.09.2016 – M 24 K 16.50509 –, zitiert nach juris).
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Vor diesem Hintergrund kann im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes die Frage nach systemischen Schwachstellen im Asyl- und Aufnahmeverfahren Ungarns nicht mit ausreichender Sicherheit beantwortet werden. Die jüngsten politischen Entwicklungen in Ungarn (abgelehntes Referendum über die EU-weite Verteilung von Flüchtlingen und die anschließende Ankündigung der ungarischen Regierung den rigiden Kurs fortzusetzen und ggfs. die Verfassung zu ändern) tun ihr Übriges hierzu, die weitere ungarische Asylpraxis nicht abschätzen zu können (vgl. dazu auch den Bericht „Gänzlich unerwünscht – Entrechtung, Kriminalisierung und Inhaftierung von Flüchtlingen in Ungarn“ von bordermonitoring.eu und proasyl e.V., a.a.O.).
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Käme es somit, trotz offener Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu einer Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides, bedeutete dies rein faktisch wohl einen nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten revidierbaren Zustand. Ein solches Vorgehen würde den Grundsätzen effektiven Rechtschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG widersprechen.
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Der Eilantrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.
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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
- 1.
ein anderer Staat - a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder - b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
- 2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat, - 3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird, - 4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder - 5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.
(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.
(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.
(1) Ein Ausländer, der bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war, wird nicht als Asylberechtigter anerkannt.
(2) Ist der Ausländer im Besitz eines von einem sicheren Drittstaat (§ 26a) oder einem sonstigen Drittstaat ausgestellten Reiseausweises nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, so wird vermutet, dass er bereits in diesem Staat vor politischer Verfolgung sicher war.
(3) Hat sich ein Ausländer in einem sonstigen Drittstaat, in dem ihm keine politische Verfolgung droht, vor der Einreise in das Bundesgebiet länger als drei Monate aufgehalten, so wird vermutet, dass er dort vor politischer Verfolgung sicher war. Das gilt nicht, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass eine Abschiebung in einen anderen Staat, in dem ihm politische Verfolgung droht, nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen war.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.