Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 14. Juni 2016 - 15 A 7/16

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2016:0614.15A7.16.0A
bei uns veröffentlicht am14.06.2016

Tatbestand

1

Der 1964 geborene Kläger ist Polizeivollzugsbeamter im Land Sachsen-Anhalt im Rang eines Polizeiobermeisters und wendet sich gegen die durch Disziplinarbescheid vom 22.07.2015 verhängte Geldbuße in Höhe von 400,00 Euro.

2

Dem Kläger wird vorgehalten, am 25.06.2014 um 12.49 Uhr seinen Spätdienst (13.00 Uhr bis 21.00 Uhr) als Sachbearbeiter Einsatz im Verkehrsunfall- und Ermittlungsdienst im Polizeirevier A-Stadt unter Alkoholeinfluss angetreten zu haben. Durch die Vorgesetzte, Frau PHK'in E., sei bei dem Kläger Atemalkoholgeruch wahrgenommen worden. Der sodann gegen 13.00 Uhr durchgeführte Atemalkoholtest habe einen Wert von 0,61 ‰ ergeben. Durch den stellvertretenden Revierleiter, Herrn KHK D., sei dem Kläger die weitere Dienstausübung untersagt worden. Bereits in der Vergangenheit sei der Verdacht einer Alkoholabhängigkeit bei dem Kläger aufgekommen, so dass mehrere Personalgespräche stattgefunden hätten und zudem eine beamtenrechtliche Pflichtenmahnung im Jahre 2013 erfolgt sei.

3

Der Beamte habe damit ein innerdienstliches Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) begangen. Denn er habe gegen den Grundtatbestand der allgemeinen beamtenrechtlichen Wohlverhaltenspflicht nach § 34 Satz 3 BeamtStG und zudem gegen die Weisung und allgemeine Richtlinie zum strikten und absoluten Alkoholverbot im Polizeidienst verstoßen (§ 35 Satz 2 BeamtStG). Nach dem Erlass des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt vom 31.05.2001 (22.3/22.4-03027) und nach der Verfügung der PD ... vom 27.01.2010 (24.51-0314) sei es untersagt, während des Dienstes Alkohol zu sich zu nehmen bzw. unter dem Einfluss von Alkohol zum Dienst zu erscheinen. Demnach sei aufgrund der Gesamtabwägung eine eindringliche Pflichtenmahnung zwingend geboten und der Ausspruch einer Geldbuße gemäß § 7 Disziplinargesetz (DG LSA) in der ausgesprochenen Höhe angemessen um eine pflichtenmahnende Wirkung zu erzielen, ohne dass dadurch eine wirtschaftliche unerträgliche Belastung für den Kläger eintrete.

4

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2015 als unbegründet zurück. Soweit der Kläger in seinem Widerspruch die Höhe des Atemalkoholwertes und die Glaubwürdigkeit der Aussage der PHK'in E. als strittig betrachte bzw. einen alkoholisierten Dienstantritt völlig in Abrede stelle, könne dem aufgrund der eindeutigen Feststellungen der PHK'in E. und des hinzugerufenen KHK M.... nicht gefolgt werden. Aufgrund der Erlasslage herrsche ein absolutes Alkoholverbot im Dienst, so dass es auf den genauen Alkoholwert nicht ankomme.

5

Mit der fristgerecht erhobenen Klage wendet sich der Kläger weiter gegen die Disziplinarmaßnahme und macht im Sinne seines Widerspruchs geltend, dass er über das Messergebnis nicht informiert worden sei und Frau E. ihn schon mehrfach unbegründet des Alkoholgenusses bezichtigt habe. Bei früheren Messungen aufgrund eines derartigen Vorwurfes seien stets 0,0 ‰ festgestellt worden.

6

Der Kläger beantragt,

7

die Disziplinarverfügung vom 22.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2015 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen

10

und verteidigt die Disziplinarverfügung und die dortigen Ausführungen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Disziplinarbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 3 DG LSA; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme in Form der Geldbuße in Höhe von 400,00 Euro erweist sich zudem nicht als unzweckmäßig, zu dessen Prüfung das Disziplinargericht ebenso aufgerufen ist (§ 59 Abs. 3 DG LSA).

13

Auch zur Überzeugung des Disziplinargerichts steht letztendlich aufgrund der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Zeugenvernehmungen fest, dass der Kläger am besagtem 25.06.2014 gegen 12.49 Uhr seinen Dienst alkoholisiert angetreten hat. Nach übereinstimmender Zeugenaussagen der Zeugin E. und des Zeugen D. konnten diese bei dem Kläger eindeutig Atemalkohol feststellen und haben sich diesbezüglich vergewissert. Dies haben die Zeugen dem Gericht gegenüber eindeutig und nachvollziehbar auch auf Nachfragen wiederholt glaubhaft und glaubwürdig bestätigt. Ebenso hat das Gericht keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der Zeugin E. durchgeführte Messung des Atemalkohols mittels eines entsprechenden Gerätes fehlerhaft oder gar manipulativ durchgeführt worden sei. Die Zeugin konnte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar den am Gerät ablesbaren Wert von 0,61 ‰ erklären. Dafür, dass der Wert dem Kläger nicht mitgeteilt bzw. am Display des Gerätes gezeigt worden sei, hat das Gericht ebenso keine Anhaltspunkte. Es ist nicht ersichtlich, weshalb Frau E. das Messergebnis dem Kläger vorenthalten sollte. Dies entspricht im Übrigen auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass man als Betroffener sich des angezeigten Wertes durch eigene Augenscheinnahme vergewissert. Auf die Kenntnisnahme des Messergebnisses durch den Kläger kommt es im Übrigen auch nicht an. Entscheidend ist die Tatsache, dass der Kläger vor Dienstantritt Alkohol konsumiert hat.

14

Aufgrund der von den Zeugen E. und D. wahrgenommenen sogenannten Alkoholfahne ergibt sich zwingend, dass der Kläger unter dem Einfluss von Alkohol gestanden hat. Dabei ist die Alkoholkonzentration in der Atemluft der Blutalkoholkonzentration proportional. Zwar bedingt diese Tatsache der Geruchswahrnehmung allein noch nicht die Intensität und den Grad der Alkoholbeeinflussung (BVerwG, Urteil v. 23.03.1988, 1 D 27.87; juris, mit Verweis auf: Schwerd in „Kurzgefasstes Lehrbuch der Rechtsmedizin für Mediziner und Juristen“, Deutscher Ärzteverlag, 3. Auflage 1979, S. 130). Darauf kommt es aber auch nicht an. Von Bedeutung ist allein, ob der Kläger überhaupt Alkohol in wahrnehmbarem Umfang zu sich genommen und unter dessen Einfluss gestanden hat. Dabei bedarf es nicht des Nachweises eines bestimmten Alkoholwertes (vgl. BVerwG, Urteil v. 28.08.2001, 1 D 57/00; juris). Denn die dem Kläger als (Polizei-)Beamten vorgeworfene Pflichtenverletzung tritt unabhängig von einem bestimmten Messergebnis ein. Anders als etwa bei einer Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB ist der Grad der Alkoholisierung bereits bei einem Verstoß gegen die allgemeine beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht weitgehend irrelevant. So kommt es - jedenfalls bei bestimmten Berufsgruppen - nicht einmal entscheidend darauf an, ob bereits durch interne Vorschriften ein absolutes Alkoholverbot begründet ist, wie dies generell im Polizeidienst der Fall ist. Der Beamte schuldet seinem Dienstherrn auch kein alkoholabstinentes Verhalten in seiner Freizeit und seinem Privatleben (BVerwG, Urteil v. 15.03.1995, 1 D 37.93; juris). Entscheidend ist, dass durch den wahrnehmbaren Alkoholgeruch, sei es auch nur in Form von Restalkohol aufgrund der Einnahme des Alkohols am Vorabend oder in der späten Nacht, bei anderen Menschen, sei es den Kollegen oder den Bürgern und somit der Öffentlichkeit, die Alkoholeinnahme deutlich erkennbar wird. Darin liegt die Ansehensschädigung begründet (VG Magdeburg, Urteil v. 14.01.2014, 8 A 12/13; juris). Hinzu kommt vorliegend bei einem Polizeivollzugsbeamten die besondere Erlasslage. Nach dem Erlass des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt vom 31.05.2001 (22.3/22.4-03027) und nach der Verfügung der PD ... vom 27.01.2010 (24.51-0314) sei es untersagt, während des Dienstes Alkohol zu sich zu nehmen bzw. unter dem Einfluss von Alkohol zum Dienst zu erscheinen. Dies war und ist dem Kläger auch bekannt.

15

Durch den somit als bewiesen angesehenen Dienstantritt unter Alkoholeinfluss hat der Kläger zum einen gegen seine allgemeine beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht nach § 34 Satz 3 BeamtStG aber auch gegen seine Pflicht nach § 35 Satz 2 BeamtStG verstoßen, den Erlass zum strikten Alkoholverbot im Polizeidienst zu befolgen. Dabei handelt es sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG. Bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aufgrund der Schwere des Dienstvergehens und der Persönlichkeitsbewertung des Beamten (vgl. § 13 DG LSA) ist für das Disziplinargericht entscheidend, dass das absolute Alkoholverbot im Polizeidienst unabdingbar mit den polizeilichen Aufgaben in Verbindung steht. Aufgrund der den Polizeibeamten zustehenden polizeilichen Befugnisse und auch als Schusswaffenträger und im Übrigen auch in Bezug auf eine Ansehensschädigung des Berufs des Polizeibeamten ist die Vorstellung eines alkoholisierten Polizeibeamten im Dienst schier unerträglich (vgl. zum Alkoholkonsum eines Lehrers: VG Magdeburg, 8 A 12/13, Urteil v. 14.01.2014; juris).

16

Entlastungs- oder Milderungsgründe sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Auch unter Zugrundelegung einer bestehenden Alkoholerkrankung vermag das Gericht keine greifbaren Anhaltspunkte dafür zu erblicken, dass dies mildernd zu berücksichtigen wäre (vgl. zu den Milderungsgründen z. B. nur: VG Magdeburg, Urteil v. 17.09.2015, 8 A 1/15; juris). Denn der Kläger äußert sich diesbezüglich nicht und streitet den Alkoholkonsum sogar ab. Das vom Kläger in Ansatz gebrachte "Mobbing" oder gesteigerte "Kontrollbedürfnis" der Kollegin E., kann das Gericht ebenso nicht nachvollziehen. Entscheidend ist, dass die Kollegin E. unmittelbare Dienstvorgesetzte des Klägers war und dementsprechend - und selbstverständlich - derartige Überprüfungs- und Kontrollmaßnahmen bei einem konkreten Verdacht durchführen musste. Gerade darin besteht sogar ihre Dienstpflicht. Auch deswegen, weil die Vorgeschichte und alkoholbedingte Krankheitsverläufe beim Kläger bekannt waren und mit zu berücksichtigen sind. Aus den Akten ist dem Disziplinargericht bekannt, dass der Kläger an einer Alkoholerkrankung leidet bzw. gelitten hat. So gab es bereits im Jahr 2012 gewisse alkoholbedingte Vorfälle, welche letztendlich dazu führten, dass am 25.04.2013 eine beamtenrechtliche Pflichtenmahnung gegenüber dem Kläger erfolgte.

17

Demnach erscheint hier die disziplinarrechtliche Ahndung auf der zweiten Stufe der disziplinarrechtlichen Maßnahmen, nämlich der Geldbuße nach § 7 DG LSA, als verhältnismäßig und nach § 59 Satz 3 DG LSA auch als zweckmäßig. Denn es ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger eine alkoholbedingte Vorgeschichte bzw. Erkrankung aufweist und diesbezüglich auch eine beamtenrechtliche Pflichtenmahnung vorliegt. Handelt es sich dabei zwar nicht um eine disziplinarrechtliche Vorbelastung, so darf diese Tatsache doch vom Disziplinargericht bei der Persönlichkeitswertung nach § 13 DG LSA mit berücksichtigt werden. Demnach ist auch gegen die Höhe der ausgesprochenen Geldbuße nichts einzuwenden.

18

Das Gericht schließt sich demnach umfänglich der ausführlichen Würdigung des Sachverhaltes und der Persönlichkeit des Klägers in dem streitbefangenen Disziplinarbescheid und dem Widerspruchsbescheid an und darf darauf zur weiteren Begründung darauf verweisen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

19

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 72 Abs. 4 DG LSA, 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

Tatbestand

1

Die 1963 geborene Klägerin wendet sich als Studienrätin (Besoldungsgruppe A 13 hD BBesO) gegen die disziplinarrechtliche Kürzung ihrer Dienstbezüge um 1/10 auf die Dauer von zwölf Monaten durch Bescheid vom 06.02.2013.

2

Im Jahre 2004 erfolgte die Verbeamtung auf Lebenszeit. Die Beamtin lebt in Lebenspartnerschaft und hat ein im Jahre 2000 geborenes Kind. Nach den Ausführungen im disziplinarrechtlichen Ermittlungsbericht sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin geordnet, Vorerkrankungen sind nicht bekannt und die Dienstbezüge belaufen sich auf ca. 4.502,00 Euro brutto und 3.300,00 Euro netto. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom Oktober 2011 (11 Cs 875 Js 31536/11) ist die Klägerin rechtskräftig seit dem 20.12.2011 wegen einer fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr bei einem Blutalkoholgehalt von 1,40 oo/o zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen je 100,00 Euro verurteilt worden. Zugleich wurde die Fahrerlaubnis entzogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, vor Ablauf von neun Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

3

Disziplinarrechtlich wird der Klägerin in dem streitbefangenen Bescheid eine schuldhafte Pflichtverletzung nach den §§ 34 und 35 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und damit die Begehung eines Dienstvergehens nach § 47 Abs. 1 BeamtStG vorgehalten. Die Klägerin habe wiederholt zumindest grob fahrlässig, Weisungen des Dienstvorgesetzten nicht befolgt. Gleiches gelte für ihre Dienstleistungs- und Gesunderhaltungspflicht nach § 34 BeamtStG.

4

Die Disziplinarverfügung führt aus, dass in Umsetzung des Sucht-Stufenplans am 16.02.2010 ein Personalgespräch mit der Klägerin geführt worden sei. Danach sei festgelegt worden, dass sie sich innerhalb von 14 Tagen bei ihrem Hausarzt wegen ihrer Alkoholproblematik einer Therapie zu melden und den Beginn dieser nachzuweisen habe. Ein Therapieplan sollte danach vorgelegt sowie der monatliche Nachweis durch eine schriftliche Bestätigung des Therapeuten erbracht werden. Nach zwei schriftlichen Aufforderungen habe die Klägerin am 06.05.2010 ein Schreiben ihres Allgemeinarztes vorgelegt, dass sie dort am 30.04.2010 wegen eines Alkoholproblems vorstellig geworden sei. Nach weiterer Aufforderung habe die Klägerin am 11.08.2010 eine Bestätigung einer Praxis für Psychotherapie vorgelegt. In einem erneuten Personalgespräch am 24.02.2011, sei die Klägerin unter dem 24.03.2011 verpflichtet worden, in der Drogen- und Suchtberatungsstelle … zwecks einer Alkoholtherapie vorzusprechen und eine Schweigepflichtentbindung abzugeben. Hierauf habe die Klägerin telefonisch mitgeteilt, dass zwei Termine von ihr wahrgenommen worden seien. Aufgrund des weiteren Personalgesprächs am 07.12.2011 sei die Klägerin unter dem 09.12.2011 aufgefordert worden, bis zum 16.12.2011 bei der Drogen- und Suchtberatungsstelle ... wegen der begonnenen aber abgebrochenen Alkoholtherapie vorzusprechen und eine Schweigepflichtentbindung vorzulegen. Des Weiteren sollte der Therapieplan und die Nachweise über die Wahrnehmung der jeweiligen Termine übersandt werden. Die geforderten Unterlagen seien nicht termingerecht vorgelegt worden.

5

Am 02.02.2012 sei durch den Schulleiter der Stammschule der Klägerin deutlicher Alkoholgeruch und typische Verhaltensweisen, die auf Alkoholkonsum schließen ließen, bei ihr festgestellt worden. In ihrer Unterrichtsvorbereitung habe der Zeuge deutliche Probleme erkennen können. Daraufhin habe der Schulleiter die Klägerin für diesen Tag von ihren dienstlichen Verpflichtungen freigestellt. Am 21.02.2012 sei durch Schüler sowie den stellvertretenden Schulleiter aufgefallen, dass die Klägerin nach Alkohol rieche. Auch an diesem Tag sei die Klägerin vom Unterricht freigestellt worden. Ebenso seien durch Kollegen und Schüler am 29.02.2012 bei der Klägerin Verhaltensweisen festgestellt worden, die auf einen Alkoholgenuss schließen würden. Zu den einzelnen Feststellungen werde auf die Ausführungen im Ermittlungsbericht vom 12.09.2012 verwiesen.

6

Insbesondere Lehrer müssten, um ihre Aufgaben der Erziehung und Unterrichtung von Schülern erfüllen zu können, bei Eltern, Schülern und in der Öffentlichkeit das notwendige Ansehen, die Autorität und das Vertrauen in die korrekte Amtsführung besitzen. Sie müssten in ihrer gesamten Lebensführung durch regelgerechtes Verhalten Vorbild sein, um ihrem Erziehungsauftrag gerecht zu werden. Dem sei die Klägerin, indem sie während ihrer dienstlichen Verpflichtungen wiederholt unter Alkoholeinfluss gestanden habe, nicht nachgekommen. Besondere Beachtung müsse hier auch auf der dem Lehrer obliegenden Aufsichtspflicht über die ihm anvertrauten Schüler liegen. Die Achtung und das Ansehen bei Schülern, Eltern und Kollegen, aber auch das Vertrauen in die Zuverlässigkeit seien nachhaltig gestört. Die Klägerin habe grob fahrlässig gehandelt. Denn trotz Androhung von Sanktionen sei die Klägerin den Weisungen wiederholt nicht nachgekommen und sei alkoholisiert zum Dienst erschienen.

7

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich sei, richte sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Die Klägerin habe schuldhaft gegen sogenannte Kernpflichten aus ihrem Beamtenverhältnis verstoßen und damit eine disziplinarrechtlich zu ahnende Vertrauensbeeinträchtigung herbeigeführt. Die Disziplinarmaßnahmen des Verweises oder einer Geldbuße seien als zu mildes Mittel nicht in Betracht zu ziehen. Denn durch ihre Einmaligkeit seien diese Maßnahmen nicht geeignet, das Verhalten der Beamtin langfristig zu ändern. Die verhängte Kürzung der Dienstbezüge sei durch die monatliche Wiederholung ein nachhaltiges Mittel um erzieherisch zu wirken, um künftig Pflichtverletzungen und damit Dienstvergehen der Klägerin zu vermeiden. Die Kürzung um 1/10 auf die Dauer von zwölf Monaten sei ausreichend. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin seien dabei nicht gefährdet. Erschwerend bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin wegen einer Trunkenheitsfahrt strafrechtlich vorbelastet sei. Zudem sei festzustellen, dass die Klägerin nicht immer als dienstlich zuverlässig anzusehen sei. Zwar habe sie ihre dienstlichen Verpflichtungen insoweit wahrgenommen, wobei die Dienstausübung jedoch von privaten und dienstlichen Belastungen abhänge. Auch ihre Auskünfte in diesem Zusammenhang seien oftmals zögerlich. Dies gebe Anlass zur Sorge, dass die Klägerin ihr Verhalten im Hinblick auf den Alkoholkonsum nicht dauerhaft ändern werde.

8

Zu ihren Gunsten spreche, dass sie in geordneten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen lebe und die Dienstpflichten ansonsten beanstandungsfrei wahrgenommen habe.

9

Den dagegen ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.2013 mit Verweis auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid als unbegründet zurück.

10

Mit der fristgerecht erhobenen Klage wendet sich die Klägerin weiter gegen die Disziplinarmaßnahme und macht Ausführungen dazu, dass die Disziplinarverfügung widersprüchlich sei. Einerseits werde der Klägerin Alkoholkonsum und eine Alkoholabhängigkeit und somit ein Suchtproblem bescheinigt, so dass ein Sucht-Stufenplan bzw. Therapieplan notwendig und von der Klägerin vorzulegen sei. Andererseits prüfe der Beklagte aber nicht, dass dann ein krankheitsbedingtes Verhalten vorliegen würde, welches mit den von der Beklagten gewählten disziplinarrechtlichen Mitteln nicht lenkbar sei. Die unterstellte Suchterkrankung und die vorgehaltenen Pflichtverletzungen schlössen sich gegenseitig aus. Zudem stehe mit dem amtsärztlichen Gutachten vom 17.12.2013 fest, dass die Klägerin nicht alkoholkrank sei sondern allenfalls ein riskantes Trinkverhalten vorliege.

11

Die Klägerin beantragt,

12

die Disziplinarverfügung vom 06.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2013 aufzuheben.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen

15

und verteidigt die Disziplinarverfügung und die dortigen Ausführungen. Den Hinweisen des Gerichtes in der Verfügung vom 18.09.2013 zur Problematik des Nachweises von Alkoholgenuss im Dienst sowie der Problematik der Alkoholsuchterkrankung begegnete der Beklagte damit, dass es feststehe, dass die Klägerin mehrfach in der Schule unter Einfluss von Alkohol unterrichtet habe. Bereits aus diesem Grunde seien die Durchführung des Sucht-Stufenplans und die Durchführung einer Suchttherapie erforderlich gewesen. Bei der Feststellung des Alkoholeinflusses sei der Beklagte auf die Aussagen der Zeugen angewiesen gewesen. Die Klägerin könne nicht die Auffassung vertreten, dass die Vorfälle dienstrechtlich nicht hätten verfolgt werden dürfen. Ein Sucht-Stufenplan sei bereits dann notwendig, wenn eine Suchtgefahr bestehe.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Denn der angefochtene Disziplinarbescheid in Form der Gehaltskürzung ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 3 DG LSA; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme in Form der Gehaltskürzung ist hinsichtlich des Kürzungsanteils sowie der Laufzeit unverhältnismäßig, weil unangemessen und bedarf insoweit der Abänderung. Unter Berücksichtigung dessen erweist sich die ausgesprochene Disziplinarverfügung zur Überzeugung des Gerichts auch als unzweckmäßig, welches ebenso zur Aufhebung bzw. Abänderung durch das Disziplinargericht führt (§ 59 Abs. 3 DG LSA).

18

Nach § 59 Abs. 3 DG LSA prüft das Gericht bei der Klage des Beamten gegen eine Disziplinarverfügung neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. Anders als sonst bei einer Anfechtungsklage ist das Disziplinargericht danach nicht nur gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO darauf beschränkt, eine rechtswidrige Verfügung aufzuheben oder abzuändern. Vielmehr übt das Disziplinargericht in Anwendung der in § 13 Abs. 1 DG LSA niedergelegten Grundsätze innerhalb der durch die Verfügung vorgegebenen Disziplinarmaßnahmeobergrenze selbst die Disziplinarbefugnis aus (vgl. Gesetzesbegründung zum gleichlautenden § 60 Abs. 3 BDG, Bundestagsdrucksache 14/4659, S. 48; BVerwG, U. v. 27.06.2013, 2 A 2.12; B. v. 21.05.2013, 2 B 67.12; U. v. 15.12.2005, 2 A 4.04; OVG NRW, B. v. 19.09.2007, 21 d A 3600/06.O; Bayr. VGH, B. v. 27.01.2010, 16 a DZ 07.3110, Bayr. VGH, B. v. 02.07.2012, 16 a DZ 10.1644; vgl. zu den Zweckmäßigkeitserwägungen auch: VG Magdeburg, U. v. 18.07.2012, 8 A 1/12; U. v. 01.12.2011, 8 A 18/10; U. v. 18.07.2012, 8 A 13/11; U. v. 06.11.2007, 8 A 10/07; alle juris).

19

1.) Auch zur Überzeugung des Disziplinargerichts hat die Klägerin als Studienrätin und damit verbeamtete Lehrkraft ein innerdienstliches Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Aufgrund der Ermittlungen im Disziplinarverfahren sowie der geständigen Einlassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht und unter Bewertung des gesamten Aktenmaterials steht fest, dass die Klägerin am 02.02.2012, 21.02.2012 und 29.02.2012 zumindest alkoholisiert zum Dienst erschienen ist und damit gegen ihre beamtenrechtliche sogenannte Wohlverhaltenspflicht verstoßen und eine Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums begangen hat. Diese in § 34 Satz 3 BeamtStG normierte Pflicht besagt, dass das Verhalten eines Beamten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert. Damit wird dem Beamten die Pflicht auferlegt, sich so zu verhalten, dass aus seinem Handeln kein Achtungs- und Vertrauensverlust ableitbar ist. Dies gilt insbesondere bei einer in der Öffentlichkeit stehenden Lehrkraft.

20

Die Wohlverhaltenspflicht ist als Auffangtatbestand für alle Dienstpflichten anzusehen, die keine spezielle Regelung in den Beamtengesetzen gefunden haben. Letzten Endes gehen alle Dienstpflichten aus ihr hervor (vgl. nur: VG Magdeburg, Urt. v. 23.01.2013, 8 A 21/12 MD; juris; mit Verweis auf Hummel/Köhler/Mayer: BDG, 4. Aufl. 2009, S. 305). Mit Verweis auf die Abgrenzung zwischen einem dienstlichen und einem außerdienstlichen Dienstvergehen hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Erfordernisse, die der Beruf an Achtung und Vertrauen stellt, sich aus dem jeweiligen konkret funktionellen Amt ergeben, wobei es ausreichend ist, wenn ein Verhalten zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen geeignet ist. Eine tatsächliche Beeinträchtigung ist nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.05.2001, 1 D 20.00; VG Magdeburg, Urt. v. 08.06.2011, 8 A 16/10 MD; VG Magdeburg, Urt. v. 23.01.2013, 8 A 21/12 MD; alle juris).

21

Diesbezüglich war das erkennende Disziplinargericht schon mehrfach mit der disziplinarrechtlichen Bewertung und Ahndung eines Ansehens schädigenden Verhaltens beschäftigt (vgl. zuletzt: Beschluss v. 26.08.2013, 8 B 13/13 MD m. w. Nachw.; juris). Liegt die Ansehensschädigung überwiegend in der Verwendung einer nicht hinnehmbaren Wortwahl, ergibt sich vorliegend der Verstoß gegen den Pflichtentatbestand, durch den nicht hinnehmbaren Alkoholkonsum der Klägerin vor bzw. bei Dienstantritt. Die diesbezüglichen alkoholbedingten Feststellungen und Vorfälle am 02.02.2012, 21.02.2012 und 29.02.2012 sind in dem behördlichen Verwaltungsvorgang durch Aussagen der Schüler, Kollegen und des Schulleiters belegt. Soweit die Erhebung dieser Beweise aus verfahrensrechtlichen Gründen gewisse Defizite aufweisen dürften (vgl. § 24 ff. DG LSA), muss dem nicht weiter nachgegangen werden. Denn die Klägerin hat die Richtigkeit dieser Feststellungen an den besagten Tagen in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht eingeräumt, so dass diese als wahr unterstellt werden dürfen. Demnach reicht es für die disziplinarrechtliche Bewertung aus, dass die Klägerin an diesen Unterrichtstagen aufgrund vorherigen Alkoholkonsums und der bei den Schülern und Kollegen gezeigten physischen und psychischen Ausfallerscheinungen nicht in der Lage war, den Dienst zu verrichten.

22

Die Disziplinarverfügung weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass insbesondere Pädagogen und Lehrer bei Eltern, Schülern und in der Öffentlichkeit das notwendige Ansehen, die Autorität und das Vertrauen in die korrekte Amtsführung besitzen müssen um so ihre Aufgabe der Erziehung und Unterrichtung von Schülern erfüllen zu können. Die Lehrkräfte müssen in ihrer gesamten Lebensführung durch regelgerechtes Verhalten Vorbild sein, um so ihren Erziehungsauftrag gerecht zu werden. Der Alkoholeinfluss während dienstlicher Verpflichtungen widerspricht der insbesondere Lehrern immanenten Vorbildwirkung vor Schülern. Die ordnungsgemäße Erfüllung des Erziehungsauftrages kann so nicht gewährleistet werden. Zudem haben Lehrer ihren Schülern gegenüber eine konkrete Aufsichtspflicht und die Schüler sind ihnen anvertraut. Durch alkoholisierte Lehrkräfte werden insbesondere die Achtung und das Ansehen bei Schülern, Eltern und auch den anderen Kollegen massiv geschädigt und untergraben. Zugleich ist das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Berufsgruppe der Lehrer und Pädagogen nachhaltig gestört bzw. beeinträchtigt. Auf den Punkt gebracht: Es kann und darf nicht angehen, dass alkoholisierte Lehrkräfte die ihnen anvertrauten, minderjährigen und sich in der Entwicklung befindlichen Schüler unterrichten.

23

Aufgrund der wahrgenommenen sogenannten Alkoholfahne ergibt sich zwingend, dass die Klägerin unter dem Einfluss von Alkohol gestanden hat, was sie im Übrigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht auch einräumte. Dabei ist die Alkoholkonzentration in der Atemluft der Blutalkoholkonzentration proportional. Zwar bedingt diese Tatsache allein noch nicht die Intensität und den Grad der Alkoholbeeinflussung (BVerwG, Urteil v. 23.03.1988, 1 D 27.87; juris, mit Verweis auf: Schwerd in „Kurzgefasstes Lehrbuch der Rechtsmedizin für Mediziner und Juristen“, Deutscher Ärzteverlag, 3. Auflage 1979, S. 130). Darauf kommt es aber auch nicht an. Von Bedeutung ist allein, ob die Klägerin überhaupt Alkohol in wahrnehmbarem Umfang zu sich genommen und unter dessen Einfluss gestanden hat. Dabei bedarf es nicht des Nachweises eines bestimmten Alkoholwertes (vgl. BVerwG, Urteil v. 28.08.2001, 1 D 57/00; juris). Denn die der Klägerin als Beamtin vorgeworfene Pflichtenverletzung tritt unabhängig von einem bestimmten Messergebnis ein. Anders als etwa bei einer Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB ist der Grad der Alkoholisierung beim Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht weitgehend irrelevant. Es ist auch nicht entscheidend, ob bereits durch interne Vorschriften ein absolutes Alkoholverbot begründet ist, wie dies generell im Polizeidienst gilt (vgl. dazu: VG Regensburg, Urteil v. 16.04.2010, RO 10A DB 09.2015; juris). Der Beamte schuldet seinem Dienstherrn auch kein alkoholabstinentes Verhalten in seiner Freizeit und seinem Privatleben (BVerwG, Urteil v. 15.03.1995, 1 D 37.93; juris). Entscheidend ist, dass durch den wahrnehmbaren Alkoholgeruch, sei es auch nur in Form von Restalkohol aufgrund der Einnahme des Alkohols am Vorabend oder in der späten Nacht, bei den Schülern und Kollegen und somit der Öffentlichkeit die Alkoholeinnahme deutlich erkennbar wird. Darin liegt die Ansehensschädigung begründet, was nicht zuletzt die Reaktionen der Eltern beweist.

24

Gerade eine Lehrkraft ist auf den unmittelbaren Einsatz ihrer Stimme als Unterrichtsmittel angewiesen, so dass unabhängig von eventuellem Alkoholgeruch in der Kleidung, dieser durch den Atem kundgetan und für die erwähnten anderen Personen unmittelbar und unverwechselbar wahrnehmbar wird. Ähnlich wie etwa bei einem Pflichtuniformträger, der durch eine ungepflegte, verschlissene Uniform auffällt, bedingt hier das an objektiven Kriterien feststellbare äußere Erscheinungsbild der verbeamteten Lehrkraft die Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums und damit den Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht.

25

Darüber hinaus ist die Klägerin nicht nur durch den wahrnehmbaren Alkoholgeruch aufgefallen, sondern zeigte in Sprache sowie Körperhaltung und Gang typische alkoholbedingte Ausfallerscheinungen. Dies führte dazu, dass die Klägerin an den besagten Tagen vom Unterricht befreit wurde, so dass dienstlich nachteilige Folgen eingetreten sind, was ebenso den selbständigen Pflichtentatbestand begründet. Neben dem Verstoß gegen die allgemeine Wohlverhaltenspflicht ist mit diesen alkoholbedingten physischen wie psychischen Ausfallerscheinungen, die aus der allgemeinen Dienstpflicht resultierende Gesunderhaltungspflicht des Beamten angesprochen (vgl. dazu: VG Magdeburg, Urteil v. 17.01.2013, 8 A 6/12; juris). Auch diese füllt die Treuepflicht und die Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf aus (§ 34 Satz 1 BeamtStG).

26

Feststellungen zur Schuldunfähigkeit erübrigen sich. Denn aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 17.12.2012 (Bl, 182 Beiakte A) sind eine Alkoholerkrankung und damit auch eine Alkoholabhängigkeit bei der Klägerin auszuschließen und zudem verneint dies auch die Klägerin (vgl. zu den Voraussetzungen der diesbezüglichen Anhaltspunkte: BVerwG, Beschluss v. 04.07.2013, 2 B 76/12; Urteil v. 29.11.2012, 2 WD 10/12; beide juris). Entsprechend ist der Klägerin zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, was zur Bejahung des Schuldvorwurfs genügt.

27

2.) Hingegen sieht das Disziplinargericht den – anscheinend – in der Disziplinarverfügung zum Ausdruck gebrachten Weisungsverstoß wegen nicht bzw. verspäteter Vorlage eines sogenannten Therapieplans nicht. Insoweit bemängelt das Disziplinargericht bereits, dass die streitbefangene Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides die der Klägerin zur Last gelegten Pflichtenverstöße nicht hinreichend konkretisiert. Ähnlich wie bei einer Disziplinarklage müssen die dort explizit genannten Voraussetzungen (vgl. § 49 Abs. 2 DG LSA) auch bei der behördlichen Disziplinarverfügung gelten. Denn dies ergibt sich bereits aus der Anwendung allgemeiner verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften hinsichtlich der Bestimmtheit des Verwaltungsaktes (vgl. § 3 DG LSA; § 37 VwVfG). Danach muss der in der Disziplinarverfügung dem Beamten gegenüber erhobene Pflichtenverstoß und der diesem zugrunde gelegte Sachverhalt so deutlich und klar sein, dass der Beamte sich mit seiner Verteidigung darauf einstellen kann (vgl. zuletzt: BVerwG, U. v. 27.06.2013, 2 WD 5.12; juris).

28

So ist bereits nicht hinreichend bestimmt, was mit dem in der Disziplinarverfügung genannten „Therapieplan“ gemeint ist und wie oder in welcher Form dieser Nachweis zu erbringen sei. Auch in der mündlichen Verhandlung konnte diesbezüglich keine weitere Aufklärung bzw. Bestimmtheit erzielt werden. Die diesbezüglich mit der Klägerin geführten Personalgespräche und die dort von der Klägerin eingegangenen Verpflichtungen führen nicht weiter. Denn dort dürfte es sich um die Umsetzung des sogenannten Stufenplanes gehandelt haben. Der Stufenplan ist ein Interventionsleitfaden, der eine Abfolge von Fünfstufengesprächen vorsieht. Voraussetzung ist ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche bzw. dienstrechtliche Pflichten oder deren Vernachlässigung im Zusammenhang mit Suchtmittelkonsum oder suchtbedingtem Verhalten (vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.; www.sucht-am-arbeitsplatz.de). Das Disziplinargericht weist darauf hin, dass der Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides gerade nicht zu entnehmen ist, welche Verpflichtungen bzw. Weisung in diesem Zusammenhang die Klägerin nicht erfüllt habe. Die Disziplinarverfügung spricht selbst davon, dass die Umsetzung der in den Personalgesprächen geforderten Verhaltensweisen nicht bzw. zu spät erfolgt sei. Allein diese Formulierung des Vorwurfs „nicht bzw. zu spät“ lässt nicht hinreichend erkennen, welche Nachweise die Klägerin gerade nicht oder aber nur verspätet erbracht habe.

29

Im Übrigen weist das Disziplinargericht darauf hin, dass sich die Klägerin sehr wohl bemüht hat, den in den Personalgesprächen geforderten Nachweisen nachzukommen. In dem dem Gericht überlassenen Verwaltungsvorgang sind zahlreiche diesbezügliche Nachweise über Therapieangebote und durchgeführte Therapiegespräche enthalten. So erging unter dem 14.03.2012 mit der Drogen- und Suchtberatung ... eine Behandlungsvereinbarung und ein Therapieplan. Diese von der Klägerin aufgegriffene Initiative ist insofern von Bedeutung, da sie unmittelbar nach den alkoholbedingten Ereignissen im Februar 2012 stattfanden. Dementsprechend war die Klägerin durchaus bemüht ihr Problem anzugehen und in den Griff zu bekommen. Weiter ist dem Aktenvermerk bzw. dem Protokoll vom 12.04.2012 (Blatt 113 BA A) zu entnehmen, dass die Klägerin dort die bei der Drogen- und Suchtberatungsstelle in ... wahrgenommenen Termine seit Januar 2012 bis April 2012 nachgewiesen hat (Blatt 115 BA A). Die Drogen- und Suchtberatungsstelle ... bescheinigt unter dem 11.05.2012 die Teilnahme der Klägerin im Rahmen des mit ihr vereinbarten Therapieplans (Blatt 151 BA A). Darüber hinaus sind der Akte mehrere Bescheinigungen über ein sogenanntes Urinscreening zu entnehmen. All diese Erkenntnisse sowie die Tatsache, dass die amtsärztliche Untersuchung bei der Klägerin im Dezember 2012 keine Alkoholabhängigkeit und damit Suchterkrankung sondern ein riskantes Trinkverhalten bescheinigt, sind von dem Beklagten nicht berücksichtigt worden. Schließlich nahm die Klägerin bis Februar 2013 und damit bis zur Schließung der Drogen und Suchtberatungsstelle ... deren Hilfe in Anspruch. Demnach ist nachvollziehbar, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht darauf hinwies, dass ihr unklar sei, was sie noch machen solle.

30

3.) Der Klägerin stehen in dem Fall der alkoholbedingten Wohlverhaltens- bzw. Ansehensschädigung und dem Verstoß gegen die Gesunderhaltungspflicht keine Milderungs- oder Entlastungsgründe zur Seite, die den Pflichtenverstoß in einem milderen Licht erscheinen lassen würden (vgl. Milderungs- und Entlastungsgründe ausführlich: VG Magdeburg, U. v. 17.10.2013, 8 A 6/13 MD; juris). Die entlastenden Gründe sind nicht (mehr) allein auf den in der Rechtsprechung entwickelten Kanon der anerkannten Milderungsgründe beschränkt (BVerwG, U. v. 29.03.2012, 2 A 11.10, m. w. Nachw.; juris). Die Klägerin handelte nicht in einer körperlichen oder psychischen Ausnahmesituation und eine persönlichkeitsfremde Einzelverfehlung oder „Entgleisung“ während einer negativen, inzwischen überwundenen, durch Alkohol, Drogen oder Schicksalsschlägen bedingte Lebensphase liegt nicht vor. Die wiederholte durch mehrere Einzeltaten begangene Ansehensschädigung war allein in ihrem riskanten, in der Freizeit ausgelebten Trinkverhalten begründet. Mangels vorliegender und vorgetragener Besonderheiten, muss sie für dieses auf den Dienst durchschlagene Verhalten, die dienstrechtlichen Konsequenzen tragen. Dies auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ihr Alkoholkonsum bereits zu einer strafrechtlichen Verurteilung wegen einer Trunkenheitsfahrt geführt hat.

31

4.) Bei der nunmehr vom Disziplinargericht aufgrund der Gesamtabwägung und des Persönlichkeitsbildes der Beamtin nach § 13 DG LSA auszusprechenden Disziplinarmaßnahme, lässt sich das Gericht davon leiten, dass die Klägerin als verbeamtete Lehrkraft eine besondere Vorbild- und Fürsorgefunktion hinsichtlich ihrer Schüler inne hat. Der Zweck des Disziplinarrechts liegt grundsätzlich in der individuellen Pflichtenmahnung (Spezialprävention) des Beamten zu einer berufserforderlichen Zuverlässigkeit (Hummel/Köhler/Mayer; BDG, 4. Auflage 2009, A.IV.3 Rz. 88). Dementsprechend ist hier die Stufe der Disziplinarmaßnahme der Gehaltskürzung als letzte vom Dienstherrn auszusprechende Disziplinarmaßnahme aus erzieherischer Sicht durchaus angebracht. Denn durch die monatliche Kürzung ihr Dienstbezüge über einen gewissen Zeitraum soll die Klägerin stetig an ihr Fehlverhalten erinnert werden und die Sache nicht durch eine einmalige Geldbuße abgetan sein.

32

Dabei unterliegt die Bemessung der Gehaltskürzung einer erheblichen Spannweite hinsichtlich des vom Disziplinargesetz (§ 8 Abs. 1 Satz 1 DG LSA) bis zur Höhe von 20 % vorgesehenen Kürzungsteils und der Laufzeit von drei Jahren. Während die Laufzeit der Gehaltskürzung durch die Schwere des Dienstvergehens bestimmt wird, sind für die Festlegung des Kürzungsbruchteils die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten maßgebend (vgl. BVerwG, Urteil v. 20.09.2006, 1 D 8.05; juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.03.2002, 1 D 29.00; juris) beträgt der regelmäßige Kürzungssatz bei Beamten des gehobenen und höheren Dienstes bis Besoldungsgruppe A 16 regelmäßig 1/10. Soll diese Regelmäßigkeit des Kürzungsbruchteils insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten abgreifen, so ist dieser Kürzungssatz gesetzlich nicht verbindlich und kann vom Disziplinargericht ebenso bestimmt werden. Gerade im Kürzungssatz kann sich das objektiv größere oder mindere Gewicht des Dienstvergehens ausdrücken. Sinn einer Vermögenssanktion ist es ohnehin, dass höhere Gewicht der Verfehlung durch eine spürbare finanzielle Einbuße deutlich zu machen. Dabei kommt es dem Gesetz bei der Gehaltskürzung nicht auf die letztliche Gesamtsumme der finanziellen Einbuße, sondern auf die Wirkung der wiederkehrenden Einzeleinbußen an (vgl. insgesamt: Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 4. Auflage 2009, A.IV.3 Rz. 87). Andererseits muss auch das Abstandsgebot zu den Disziplinarmaßnahmen der Geldbuße und der Zurückstufung gewahrt bleiben. Alles dies begründet es, im jeweiligen Einzelfall individuell über die „Stellschrauben“ des Kürzungsbruchteils und der Laufzeit die angemessene Gehaltskürzung zu bestimmen.

33

Dementsprechend darf das Disziplinargericht – letztendlich auch aus Zweckmäßigkeitsgründen nach § 59 Abs. 3 DG LSA – aufgrund der nunmehr eigenen, dem Disziplinargericht zusehenden Disziplinarbefugnis, auf der Stufe der Gehaltskürzung eine in Bezug auf den Kürzungssatz wie die Laufzeit individuell bemessene geringe Disziplinarmaßnahme aussprechen. In der Bemessung der Laufzeit kann das konkrete Bedürfnis nach pflichtenmahnender Einwirkung entsprechend der Verhaltensprognose (Labilität, Wiederholungsgefahr) wirkungsvoll dargestellt werden. Unter Beachtung dessen, sieht das Disziplinargericht hier einen abgemilderten Kürzungssatz bei einer überschaubaren Laufzeit als dem Dienstvergehen angemessen und auch als zweckmäßig an. Die Maßnahme erscheint als angemessen, aber auch notwendig, um die Beamten an die Einhaltung ihrer Pflichten, insbesondere der Wohlverhaltens- und Gesunderhaltungspflicht, zu erinnern.

34

Die Klägerin hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht einsichtig gezeigt und insbesondere durch die Einräumung des alkoholbedingten Tatvorwurfs zur Sachverhaltsaufklärung und Entscheidungsreife maßgeblich beigetragen. Eine umfassende Beweisaufnahme unter Einbeziehung der Schüler, Eltern und Kollegen wurde vermieden. Ebenso hat sie bei dem Disziplinargericht den Eindruck hinterlassen, dass sie ihre Alkoholproblematik und das amtsärztlich bescheinigte riskante Trinkverhalten erkannt und die daraus resultierenden Folgen eingesehen hat. Dementsprechend hat sie auch Beratungsstellen und Beratungsangebote in Anspruch genommen und aktiv an der Bewältigung ihrer Probleme mitgearbeitet. Gleichwohl sieht sich das Disziplinargericht zur Verhängung der ausgesprochenen Gehaltskürzung und nicht nur einer Geldbuße veranlasst, wobei die Klägerin die monatlich wiederkehrende Kürzung als Mahnung und damit auch als Chance begreifen sollte. Im Wiederholungsfall könnte, je nach Ausmaß der Trunkenheit und der Vertrauensbeeinträchtigung, durchaus die Entfernung aus dem Dienst anstehen.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 72 Abs. 4 DG LSA, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da die Klägerin weiterhin disziplinarrechtlich belangt wird, ist es angemessen, dass sie die Hauptlast der Kosten trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

Tatbestand

1

Die 1963 geborene Klägerin wendet sich als Studienrätin (Besoldungsgruppe A 13 hD BBesO) gegen die disziplinarrechtliche Kürzung ihrer Dienstbezüge um 1/10 auf die Dauer von zwölf Monaten durch Bescheid vom 06.02.2013.

2

Im Jahre 2004 erfolgte die Verbeamtung auf Lebenszeit. Die Beamtin lebt in Lebenspartnerschaft und hat ein im Jahre 2000 geborenes Kind. Nach den Ausführungen im disziplinarrechtlichen Ermittlungsbericht sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin geordnet, Vorerkrankungen sind nicht bekannt und die Dienstbezüge belaufen sich auf ca. 4.502,00 Euro brutto und 3.300,00 Euro netto. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom Oktober 2011 (11 Cs 875 Js 31536/11) ist die Klägerin rechtskräftig seit dem 20.12.2011 wegen einer fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr bei einem Blutalkoholgehalt von 1,40 oo/o zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen je 100,00 Euro verurteilt worden. Zugleich wurde die Fahrerlaubnis entzogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, vor Ablauf von neun Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

3

Disziplinarrechtlich wird der Klägerin in dem streitbefangenen Bescheid eine schuldhafte Pflichtverletzung nach den §§ 34 und 35 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und damit die Begehung eines Dienstvergehens nach § 47 Abs. 1 BeamtStG vorgehalten. Die Klägerin habe wiederholt zumindest grob fahrlässig, Weisungen des Dienstvorgesetzten nicht befolgt. Gleiches gelte für ihre Dienstleistungs- und Gesunderhaltungspflicht nach § 34 BeamtStG.

4

Die Disziplinarverfügung führt aus, dass in Umsetzung des Sucht-Stufenplans am 16.02.2010 ein Personalgespräch mit der Klägerin geführt worden sei. Danach sei festgelegt worden, dass sie sich innerhalb von 14 Tagen bei ihrem Hausarzt wegen ihrer Alkoholproblematik einer Therapie zu melden und den Beginn dieser nachzuweisen habe. Ein Therapieplan sollte danach vorgelegt sowie der monatliche Nachweis durch eine schriftliche Bestätigung des Therapeuten erbracht werden. Nach zwei schriftlichen Aufforderungen habe die Klägerin am 06.05.2010 ein Schreiben ihres Allgemeinarztes vorgelegt, dass sie dort am 30.04.2010 wegen eines Alkoholproblems vorstellig geworden sei. Nach weiterer Aufforderung habe die Klägerin am 11.08.2010 eine Bestätigung einer Praxis für Psychotherapie vorgelegt. In einem erneuten Personalgespräch am 24.02.2011, sei die Klägerin unter dem 24.03.2011 verpflichtet worden, in der Drogen- und Suchtberatungsstelle … zwecks einer Alkoholtherapie vorzusprechen und eine Schweigepflichtentbindung abzugeben. Hierauf habe die Klägerin telefonisch mitgeteilt, dass zwei Termine von ihr wahrgenommen worden seien. Aufgrund des weiteren Personalgesprächs am 07.12.2011 sei die Klägerin unter dem 09.12.2011 aufgefordert worden, bis zum 16.12.2011 bei der Drogen- und Suchtberatungsstelle ... wegen der begonnenen aber abgebrochenen Alkoholtherapie vorzusprechen und eine Schweigepflichtentbindung vorzulegen. Des Weiteren sollte der Therapieplan und die Nachweise über die Wahrnehmung der jeweiligen Termine übersandt werden. Die geforderten Unterlagen seien nicht termingerecht vorgelegt worden.

5

Am 02.02.2012 sei durch den Schulleiter der Stammschule der Klägerin deutlicher Alkoholgeruch und typische Verhaltensweisen, die auf Alkoholkonsum schließen ließen, bei ihr festgestellt worden. In ihrer Unterrichtsvorbereitung habe der Zeuge deutliche Probleme erkennen können. Daraufhin habe der Schulleiter die Klägerin für diesen Tag von ihren dienstlichen Verpflichtungen freigestellt. Am 21.02.2012 sei durch Schüler sowie den stellvertretenden Schulleiter aufgefallen, dass die Klägerin nach Alkohol rieche. Auch an diesem Tag sei die Klägerin vom Unterricht freigestellt worden. Ebenso seien durch Kollegen und Schüler am 29.02.2012 bei der Klägerin Verhaltensweisen festgestellt worden, die auf einen Alkoholgenuss schließen würden. Zu den einzelnen Feststellungen werde auf die Ausführungen im Ermittlungsbericht vom 12.09.2012 verwiesen.

6

Insbesondere Lehrer müssten, um ihre Aufgaben der Erziehung und Unterrichtung von Schülern erfüllen zu können, bei Eltern, Schülern und in der Öffentlichkeit das notwendige Ansehen, die Autorität und das Vertrauen in die korrekte Amtsführung besitzen. Sie müssten in ihrer gesamten Lebensführung durch regelgerechtes Verhalten Vorbild sein, um ihrem Erziehungsauftrag gerecht zu werden. Dem sei die Klägerin, indem sie während ihrer dienstlichen Verpflichtungen wiederholt unter Alkoholeinfluss gestanden habe, nicht nachgekommen. Besondere Beachtung müsse hier auch auf der dem Lehrer obliegenden Aufsichtspflicht über die ihm anvertrauten Schüler liegen. Die Achtung und das Ansehen bei Schülern, Eltern und Kollegen, aber auch das Vertrauen in die Zuverlässigkeit seien nachhaltig gestört. Die Klägerin habe grob fahrlässig gehandelt. Denn trotz Androhung von Sanktionen sei die Klägerin den Weisungen wiederholt nicht nachgekommen und sei alkoholisiert zum Dienst erschienen.

7

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich sei, richte sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Die Klägerin habe schuldhaft gegen sogenannte Kernpflichten aus ihrem Beamtenverhältnis verstoßen und damit eine disziplinarrechtlich zu ahnende Vertrauensbeeinträchtigung herbeigeführt. Die Disziplinarmaßnahmen des Verweises oder einer Geldbuße seien als zu mildes Mittel nicht in Betracht zu ziehen. Denn durch ihre Einmaligkeit seien diese Maßnahmen nicht geeignet, das Verhalten der Beamtin langfristig zu ändern. Die verhängte Kürzung der Dienstbezüge sei durch die monatliche Wiederholung ein nachhaltiges Mittel um erzieherisch zu wirken, um künftig Pflichtverletzungen und damit Dienstvergehen der Klägerin zu vermeiden. Die Kürzung um 1/10 auf die Dauer von zwölf Monaten sei ausreichend. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin seien dabei nicht gefährdet. Erschwerend bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin wegen einer Trunkenheitsfahrt strafrechtlich vorbelastet sei. Zudem sei festzustellen, dass die Klägerin nicht immer als dienstlich zuverlässig anzusehen sei. Zwar habe sie ihre dienstlichen Verpflichtungen insoweit wahrgenommen, wobei die Dienstausübung jedoch von privaten und dienstlichen Belastungen abhänge. Auch ihre Auskünfte in diesem Zusammenhang seien oftmals zögerlich. Dies gebe Anlass zur Sorge, dass die Klägerin ihr Verhalten im Hinblick auf den Alkoholkonsum nicht dauerhaft ändern werde.

8

Zu ihren Gunsten spreche, dass sie in geordneten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen lebe und die Dienstpflichten ansonsten beanstandungsfrei wahrgenommen habe.

9

Den dagegen ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.2013 mit Verweis auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid als unbegründet zurück.

10

Mit der fristgerecht erhobenen Klage wendet sich die Klägerin weiter gegen die Disziplinarmaßnahme und macht Ausführungen dazu, dass die Disziplinarverfügung widersprüchlich sei. Einerseits werde der Klägerin Alkoholkonsum und eine Alkoholabhängigkeit und somit ein Suchtproblem bescheinigt, so dass ein Sucht-Stufenplan bzw. Therapieplan notwendig und von der Klägerin vorzulegen sei. Andererseits prüfe der Beklagte aber nicht, dass dann ein krankheitsbedingtes Verhalten vorliegen würde, welches mit den von der Beklagten gewählten disziplinarrechtlichen Mitteln nicht lenkbar sei. Die unterstellte Suchterkrankung und die vorgehaltenen Pflichtverletzungen schlössen sich gegenseitig aus. Zudem stehe mit dem amtsärztlichen Gutachten vom 17.12.2013 fest, dass die Klägerin nicht alkoholkrank sei sondern allenfalls ein riskantes Trinkverhalten vorliege.

11

Die Klägerin beantragt,

12

die Disziplinarverfügung vom 06.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2013 aufzuheben.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen

15

und verteidigt die Disziplinarverfügung und die dortigen Ausführungen. Den Hinweisen des Gerichtes in der Verfügung vom 18.09.2013 zur Problematik des Nachweises von Alkoholgenuss im Dienst sowie der Problematik der Alkoholsuchterkrankung begegnete der Beklagte damit, dass es feststehe, dass die Klägerin mehrfach in der Schule unter Einfluss von Alkohol unterrichtet habe. Bereits aus diesem Grunde seien die Durchführung des Sucht-Stufenplans und die Durchführung einer Suchttherapie erforderlich gewesen. Bei der Feststellung des Alkoholeinflusses sei der Beklagte auf die Aussagen der Zeugen angewiesen gewesen. Die Klägerin könne nicht die Auffassung vertreten, dass die Vorfälle dienstrechtlich nicht hätten verfolgt werden dürfen. Ein Sucht-Stufenplan sei bereits dann notwendig, wenn eine Suchtgefahr bestehe.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Denn der angefochtene Disziplinarbescheid in Form der Gehaltskürzung ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 3 DG LSA; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme in Form der Gehaltskürzung ist hinsichtlich des Kürzungsanteils sowie der Laufzeit unverhältnismäßig, weil unangemessen und bedarf insoweit der Abänderung. Unter Berücksichtigung dessen erweist sich die ausgesprochene Disziplinarverfügung zur Überzeugung des Gerichts auch als unzweckmäßig, welches ebenso zur Aufhebung bzw. Abänderung durch das Disziplinargericht führt (§ 59 Abs. 3 DG LSA).

18

Nach § 59 Abs. 3 DG LSA prüft das Gericht bei der Klage des Beamten gegen eine Disziplinarverfügung neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. Anders als sonst bei einer Anfechtungsklage ist das Disziplinargericht danach nicht nur gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO darauf beschränkt, eine rechtswidrige Verfügung aufzuheben oder abzuändern. Vielmehr übt das Disziplinargericht in Anwendung der in § 13 Abs. 1 DG LSA niedergelegten Grundsätze innerhalb der durch die Verfügung vorgegebenen Disziplinarmaßnahmeobergrenze selbst die Disziplinarbefugnis aus (vgl. Gesetzesbegründung zum gleichlautenden § 60 Abs. 3 BDG, Bundestagsdrucksache 14/4659, S. 48; BVerwG, U. v. 27.06.2013, 2 A 2.12; B. v. 21.05.2013, 2 B 67.12; U. v. 15.12.2005, 2 A 4.04; OVG NRW, B. v. 19.09.2007, 21 d A 3600/06.O; Bayr. VGH, B. v. 27.01.2010, 16 a DZ 07.3110, Bayr. VGH, B. v. 02.07.2012, 16 a DZ 10.1644; vgl. zu den Zweckmäßigkeitserwägungen auch: VG Magdeburg, U. v. 18.07.2012, 8 A 1/12; U. v. 01.12.2011, 8 A 18/10; U. v. 18.07.2012, 8 A 13/11; U. v. 06.11.2007, 8 A 10/07; alle juris).

19

1.) Auch zur Überzeugung des Disziplinargerichts hat die Klägerin als Studienrätin und damit verbeamtete Lehrkraft ein innerdienstliches Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Aufgrund der Ermittlungen im Disziplinarverfahren sowie der geständigen Einlassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht und unter Bewertung des gesamten Aktenmaterials steht fest, dass die Klägerin am 02.02.2012, 21.02.2012 und 29.02.2012 zumindest alkoholisiert zum Dienst erschienen ist und damit gegen ihre beamtenrechtliche sogenannte Wohlverhaltenspflicht verstoßen und eine Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums begangen hat. Diese in § 34 Satz 3 BeamtStG normierte Pflicht besagt, dass das Verhalten eines Beamten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert. Damit wird dem Beamten die Pflicht auferlegt, sich so zu verhalten, dass aus seinem Handeln kein Achtungs- und Vertrauensverlust ableitbar ist. Dies gilt insbesondere bei einer in der Öffentlichkeit stehenden Lehrkraft.

20

Die Wohlverhaltenspflicht ist als Auffangtatbestand für alle Dienstpflichten anzusehen, die keine spezielle Regelung in den Beamtengesetzen gefunden haben. Letzten Endes gehen alle Dienstpflichten aus ihr hervor (vgl. nur: VG Magdeburg, Urt. v. 23.01.2013, 8 A 21/12 MD; juris; mit Verweis auf Hummel/Köhler/Mayer: BDG, 4. Aufl. 2009, S. 305). Mit Verweis auf die Abgrenzung zwischen einem dienstlichen und einem außerdienstlichen Dienstvergehen hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Erfordernisse, die der Beruf an Achtung und Vertrauen stellt, sich aus dem jeweiligen konkret funktionellen Amt ergeben, wobei es ausreichend ist, wenn ein Verhalten zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen geeignet ist. Eine tatsächliche Beeinträchtigung ist nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.05.2001, 1 D 20.00; VG Magdeburg, Urt. v. 08.06.2011, 8 A 16/10 MD; VG Magdeburg, Urt. v. 23.01.2013, 8 A 21/12 MD; alle juris).

21

Diesbezüglich war das erkennende Disziplinargericht schon mehrfach mit der disziplinarrechtlichen Bewertung und Ahndung eines Ansehens schädigenden Verhaltens beschäftigt (vgl. zuletzt: Beschluss v. 26.08.2013, 8 B 13/13 MD m. w. Nachw.; juris). Liegt die Ansehensschädigung überwiegend in der Verwendung einer nicht hinnehmbaren Wortwahl, ergibt sich vorliegend der Verstoß gegen den Pflichtentatbestand, durch den nicht hinnehmbaren Alkoholkonsum der Klägerin vor bzw. bei Dienstantritt. Die diesbezüglichen alkoholbedingten Feststellungen und Vorfälle am 02.02.2012, 21.02.2012 und 29.02.2012 sind in dem behördlichen Verwaltungsvorgang durch Aussagen der Schüler, Kollegen und des Schulleiters belegt. Soweit die Erhebung dieser Beweise aus verfahrensrechtlichen Gründen gewisse Defizite aufweisen dürften (vgl. § 24 ff. DG LSA), muss dem nicht weiter nachgegangen werden. Denn die Klägerin hat die Richtigkeit dieser Feststellungen an den besagten Tagen in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht eingeräumt, so dass diese als wahr unterstellt werden dürfen. Demnach reicht es für die disziplinarrechtliche Bewertung aus, dass die Klägerin an diesen Unterrichtstagen aufgrund vorherigen Alkoholkonsums und der bei den Schülern und Kollegen gezeigten physischen und psychischen Ausfallerscheinungen nicht in der Lage war, den Dienst zu verrichten.

22

Die Disziplinarverfügung weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass insbesondere Pädagogen und Lehrer bei Eltern, Schülern und in der Öffentlichkeit das notwendige Ansehen, die Autorität und das Vertrauen in die korrekte Amtsführung besitzen müssen um so ihre Aufgabe der Erziehung und Unterrichtung von Schülern erfüllen zu können. Die Lehrkräfte müssen in ihrer gesamten Lebensführung durch regelgerechtes Verhalten Vorbild sein, um so ihren Erziehungsauftrag gerecht zu werden. Der Alkoholeinfluss während dienstlicher Verpflichtungen widerspricht der insbesondere Lehrern immanenten Vorbildwirkung vor Schülern. Die ordnungsgemäße Erfüllung des Erziehungsauftrages kann so nicht gewährleistet werden. Zudem haben Lehrer ihren Schülern gegenüber eine konkrete Aufsichtspflicht und die Schüler sind ihnen anvertraut. Durch alkoholisierte Lehrkräfte werden insbesondere die Achtung und das Ansehen bei Schülern, Eltern und auch den anderen Kollegen massiv geschädigt und untergraben. Zugleich ist das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Berufsgruppe der Lehrer und Pädagogen nachhaltig gestört bzw. beeinträchtigt. Auf den Punkt gebracht: Es kann und darf nicht angehen, dass alkoholisierte Lehrkräfte die ihnen anvertrauten, minderjährigen und sich in der Entwicklung befindlichen Schüler unterrichten.

23

Aufgrund der wahrgenommenen sogenannten Alkoholfahne ergibt sich zwingend, dass die Klägerin unter dem Einfluss von Alkohol gestanden hat, was sie im Übrigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht auch einräumte. Dabei ist die Alkoholkonzentration in der Atemluft der Blutalkoholkonzentration proportional. Zwar bedingt diese Tatsache allein noch nicht die Intensität und den Grad der Alkoholbeeinflussung (BVerwG, Urteil v. 23.03.1988, 1 D 27.87; juris, mit Verweis auf: Schwerd in „Kurzgefasstes Lehrbuch der Rechtsmedizin für Mediziner und Juristen“, Deutscher Ärzteverlag, 3. Auflage 1979, S. 130). Darauf kommt es aber auch nicht an. Von Bedeutung ist allein, ob die Klägerin überhaupt Alkohol in wahrnehmbarem Umfang zu sich genommen und unter dessen Einfluss gestanden hat. Dabei bedarf es nicht des Nachweises eines bestimmten Alkoholwertes (vgl. BVerwG, Urteil v. 28.08.2001, 1 D 57/00; juris). Denn die der Klägerin als Beamtin vorgeworfene Pflichtenverletzung tritt unabhängig von einem bestimmten Messergebnis ein. Anders als etwa bei einer Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB ist der Grad der Alkoholisierung beim Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht weitgehend irrelevant. Es ist auch nicht entscheidend, ob bereits durch interne Vorschriften ein absolutes Alkoholverbot begründet ist, wie dies generell im Polizeidienst gilt (vgl. dazu: VG Regensburg, Urteil v. 16.04.2010, RO 10A DB 09.2015; juris). Der Beamte schuldet seinem Dienstherrn auch kein alkoholabstinentes Verhalten in seiner Freizeit und seinem Privatleben (BVerwG, Urteil v. 15.03.1995, 1 D 37.93; juris). Entscheidend ist, dass durch den wahrnehmbaren Alkoholgeruch, sei es auch nur in Form von Restalkohol aufgrund der Einnahme des Alkohols am Vorabend oder in der späten Nacht, bei den Schülern und Kollegen und somit der Öffentlichkeit die Alkoholeinnahme deutlich erkennbar wird. Darin liegt die Ansehensschädigung begründet, was nicht zuletzt die Reaktionen der Eltern beweist.

24

Gerade eine Lehrkraft ist auf den unmittelbaren Einsatz ihrer Stimme als Unterrichtsmittel angewiesen, so dass unabhängig von eventuellem Alkoholgeruch in der Kleidung, dieser durch den Atem kundgetan und für die erwähnten anderen Personen unmittelbar und unverwechselbar wahrnehmbar wird. Ähnlich wie etwa bei einem Pflichtuniformträger, der durch eine ungepflegte, verschlissene Uniform auffällt, bedingt hier das an objektiven Kriterien feststellbare äußere Erscheinungsbild der verbeamteten Lehrkraft die Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums und damit den Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht.

25

Darüber hinaus ist die Klägerin nicht nur durch den wahrnehmbaren Alkoholgeruch aufgefallen, sondern zeigte in Sprache sowie Körperhaltung und Gang typische alkoholbedingte Ausfallerscheinungen. Dies führte dazu, dass die Klägerin an den besagten Tagen vom Unterricht befreit wurde, so dass dienstlich nachteilige Folgen eingetreten sind, was ebenso den selbständigen Pflichtentatbestand begründet. Neben dem Verstoß gegen die allgemeine Wohlverhaltenspflicht ist mit diesen alkoholbedingten physischen wie psychischen Ausfallerscheinungen, die aus der allgemeinen Dienstpflicht resultierende Gesunderhaltungspflicht des Beamten angesprochen (vgl. dazu: VG Magdeburg, Urteil v. 17.01.2013, 8 A 6/12; juris). Auch diese füllt die Treuepflicht und die Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf aus (§ 34 Satz 1 BeamtStG).

26

Feststellungen zur Schuldunfähigkeit erübrigen sich. Denn aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 17.12.2012 (Bl, 182 Beiakte A) sind eine Alkoholerkrankung und damit auch eine Alkoholabhängigkeit bei der Klägerin auszuschließen und zudem verneint dies auch die Klägerin (vgl. zu den Voraussetzungen der diesbezüglichen Anhaltspunkte: BVerwG, Beschluss v. 04.07.2013, 2 B 76/12; Urteil v. 29.11.2012, 2 WD 10/12; beide juris). Entsprechend ist der Klägerin zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, was zur Bejahung des Schuldvorwurfs genügt.

27

2.) Hingegen sieht das Disziplinargericht den – anscheinend – in der Disziplinarverfügung zum Ausdruck gebrachten Weisungsverstoß wegen nicht bzw. verspäteter Vorlage eines sogenannten Therapieplans nicht. Insoweit bemängelt das Disziplinargericht bereits, dass die streitbefangene Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides die der Klägerin zur Last gelegten Pflichtenverstöße nicht hinreichend konkretisiert. Ähnlich wie bei einer Disziplinarklage müssen die dort explizit genannten Voraussetzungen (vgl. § 49 Abs. 2 DG LSA) auch bei der behördlichen Disziplinarverfügung gelten. Denn dies ergibt sich bereits aus der Anwendung allgemeiner verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften hinsichtlich der Bestimmtheit des Verwaltungsaktes (vgl. § 3 DG LSA; § 37 VwVfG). Danach muss der in der Disziplinarverfügung dem Beamten gegenüber erhobene Pflichtenverstoß und der diesem zugrunde gelegte Sachverhalt so deutlich und klar sein, dass der Beamte sich mit seiner Verteidigung darauf einstellen kann (vgl. zuletzt: BVerwG, U. v. 27.06.2013, 2 WD 5.12; juris).

28

So ist bereits nicht hinreichend bestimmt, was mit dem in der Disziplinarverfügung genannten „Therapieplan“ gemeint ist und wie oder in welcher Form dieser Nachweis zu erbringen sei. Auch in der mündlichen Verhandlung konnte diesbezüglich keine weitere Aufklärung bzw. Bestimmtheit erzielt werden. Die diesbezüglich mit der Klägerin geführten Personalgespräche und die dort von der Klägerin eingegangenen Verpflichtungen führen nicht weiter. Denn dort dürfte es sich um die Umsetzung des sogenannten Stufenplanes gehandelt haben. Der Stufenplan ist ein Interventionsleitfaden, der eine Abfolge von Fünfstufengesprächen vorsieht. Voraussetzung ist ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche bzw. dienstrechtliche Pflichten oder deren Vernachlässigung im Zusammenhang mit Suchtmittelkonsum oder suchtbedingtem Verhalten (vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.; www.sucht-am-arbeitsplatz.de). Das Disziplinargericht weist darauf hin, dass der Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides gerade nicht zu entnehmen ist, welche Verpflichtungen bzw. Weisung in diesem Zusammenhang die Klägerin nicht erfüllt habe. Die Disziplinarverfügung spricht selbst davon, dass die Umsetzung der in den Personalgesprächen geforderten Verhaltensweisen nicht bzw. zu spät erfolgt sei. Allein diese Formulierung des Vorwurfs „nicht bzw. zu spät“ lässt nicht hinreichend erkennen, welche Nachweise die Klägerin gerade nicht oder aber nur verspätet erbracht habe.

29

Im Übrigen weist das Disziplinargericht darauf hin, dass sich die Klägerin sehr wohl bemüht hat, den in den Personalgesprächen geforderten Nachweisen nachzukommen. In dem dem Gericht überlassenen Verwaltungsvorgang sind zahlreiche diesbezügliche Nachweise über Therapieangebote und durchgeführte Therapiegespräche enthalten. So erging unter dem 14.03.2012 mit der Drogen- und Suchtberatung ... eine Behandlungsvereinbarung und ein Therapieplan. Diese von der Klägerin aufgegriffene Initiative ist insofern von Bedeutung, da sie unmittelbar nach den alkoholbedingten Ereignissen im Februar 2012 stattfanden. Dementsprechend war die Klägerin durchaus bemüht ihr Problem anzugehen und in den Griff zu bekommen. Weiter ist dem Aktenvermerk bzw. dem Protokoll vom 12.04.2012 (Blatt 113 BA A) zu entnehmen, dass die Klägerin dort die bei der Drogen- und Suchtberatungsstelle in ... wahrgenommenen Termine seit Januar 2012 bis April 2012 nachgewiesen hat (Blatt 115 BA A). Die Drogen- und Suchtberatungsstelle ... bescheinigt unter dem 11.05.2012 die Teilnahme der Klägerin im Rahmen des mit ihr vereinbarten Therapieplans (Blatt 151 BA A). Darüber hinaus sind der Akte mehrere Bescheinigungen über ein sogenanntes Urinscreening zu entnehmen. All diese Erkenntnisse sowie die Tatsache, dass die amtsärztliche Untersuchung bei der Klägerin im Dezember 2012 keine Alkoholabhängigkeit und damit Suchterkrankung sondern ein riskantes Trinkverhalten bescheinigt, sind von dem Beklagten nicht berücksichtigt worden. Schließlich nahm die Klägerin bis Februar 2013 und damit bis zur Schließung der Drogen und Suchtberatungsstelle ... deren Hilfe in Anspruch. Demnach ist nachvollziehbar, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht darauf hinwies, dass ihr unklar sei, was sie noch machen solle.

30

3.) Der Klägerin stehen in dem Fall der alkoholbedingten Wohlverhaltens- bzw. Ansehensschädigung und dem Verstoß gegen die Gesunderhaltungspflicht keine Milderungs- oder Entlastungsgründe zur Seite, die den Pflichtenverstoß in einem milderen Licht erscheinen lassen würden (vgl. Milderungs- und Entlastungsgründe ausführlich: VG Magdeburg, U. v. 17.10.2013, 8 A 6/13 MD; juris). Die entlastenden Gründe sind nicht (mehr) allein auf den in der Rechtsprechung entwickelten Kanon der anerkannten Milderungsgründe beschränkt (BVerwG, U. v. 29.03.2012, 2 A 11.10, m. w. Nachw.; juris). Die Klägerin handelte nicht in einer körperlichen oder psychischen Ausnahmesituation und eine persönlichkeitsfremde Einzelverfehlung oder „Entgleisung“ während einer negativen, inzwischen überwundenen, durch Alkohol, Drogen oder Schicksalsschlägen bedingte Lebensphase liegt nicht vor. Die wiederholte durch mehrere Einzeltaten begangene Ansehensschädigung war allein in ihrem riskanten, in der Freizeit ausgelebten Trinkverhalten begründet. Mangels vorliegender und vorgetragener Besonderheiten, muss sie für dieses auf den Dienst durchschlagene Verhalten, die dienstrechtlichen Konsequenzen tragen. Dies auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ihr Alkoholkonsum bereits zu einer strafrechtlichen Verurteilung wegen einer Trunkenheitsfahrt geführt hat.

31

4.) Bei der nunmehr vom Disziplinargericht aufgrund der Gesamtabwägung und des Persönlichkeitsbildes der Beamtin nach § 13 DG LSA auszusprechenden Disziplinarmaßnahme, lässt sich das Gericht davon leiten, dass die Klägerin als verbeamtete Lehrkraft eine besondere Vorbild- und Fürsorgefunktion hinsichtlich ihrer Schüler inne hat. Der Zweck des Disziplinarrechts liegt grundsätzlich in der individuellen Pflichtenmahnung (Spezialprävention) des Beamten zu einer berufserforderlichen Zuverlässigkeit (Hummel/Köhler/Mayer; BDG, 4. Auflage 2009, A.IV.3 Rz. 88). Dementsprechend ist hier die Stufe der Disziplinarmaßnahme der Gehaltskürzung als letzte vom Dienstherrn auszusprechende Disziplinarmaßnahme aus erzieherischer Sicht durchaus angebracht. Denn durch die monatliche Kürzung ihr Dienstbezüge über einen gewissen Zeitraum soll die Klägerin stetig an ihr Fehlverhalten erinnert werden und die Sache nicht durch eine einmalige Geldbuße abgetan sein.

32

Dabei unterliegt die Bemessung der Gehaltskürzung einer erheblichen Spannweite hinsichtlich des vom Disziplinargesetz (§ 8 Abs. 1 Satz 1 DG LSA) bis zur Höhe von 20 % vorgesehenen Kürzungsteils und der Laufzeit von drei Jahren. Während die Laufzeit der Gehaltskürzung durch die Schwere des Dienstvergehens bestimmt wird, sind für die Festlegung des Kürzungsbruchteils die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten maßgebend (vgl. BVerwG, Urteil v. 20.09.2006, 1 D 8.05; juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.03.2002, 1 D 29.00; juris) beträgt der regelmäßige Kürzungssatz bei Beamten des gehobenen und höheren Dienstes bis Besoldungsgruppe A 16 regelmäßig 1/10. Soll diese Regelmäßigkeit des Kürzungsbruchteils insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten abgreifen, so ist dieser Kürzungssatz gesetzlich nicht verbindlich und kann vom Disziplinargericht ebenso bestimmt werden. Gerade im Kürzungssatz kann sich das objektiv größere oder mindere Gewicht des Dienstvergehens ausdrücken. Sinn einer Vermögenssanktion ist es ohnehin, dass höhere Gewicht der Verfehlung durch eine spürbare finanzielle Einbuße deutlich zu machen. Dabei kommt es dem Gesetz bei der Gehaltskürzung nicht auf die letztliche Gesamtsumme der finanziellen Einbuße, sondern auf die Wirkung der wiederkehrenden Einzeleinbußen an (vgl. insgesamt: Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 4. Auflage 2009, A.IV.3 Rz. 87). Andererseits muss auch das Abstandsgebot zu den Disziplinarmaßnahmen der Geldbuße und der Zurückstufung gewahrt bleiben. Alles dies begründet es, im jeweiligen Einzelfall individuell über die „Stellschrauben“ des Kürzungsbruchteils und der Laufzeit die angemessene Gehaltskürzung zu bestimmen.

33

Dementsprechend darf das Disziplinargericht – letztendlich auch aus Zweckmäßigkeitsgründen nach § 59 Abs. 3 DG LSA – aufgrund der nunmehr eigenen, dem Disziplinargericht zusehenden Disziplinarbefugnis, auf der Stufe der Gehaltskürzung eine in Bezug auf den Kürzungssatz wie die Laufzeit individuell bemessene geringe Disziplinarmaßnahme aussprechen. In der Bemessung der Laufzeit kann das konkrete Bedürfnis nach pflichtenmahnender Einwirkung entsprechend der Verhaltensprognose (Labilität, Wiederholungsgefahr) wirkungsvoll dargestellt werden. Unter Beachtung dessen, sieht das Disziplinargericht hier einen abgemilderten Kürzungssatz bei einer überschaubaren Laufzeit als dem Dienstvergehen angemessen und auch als zweckmäßig an. Die Maßnahme erscheint als angemessen, aber auch notwendig, um die Beamten an die Einhaltung ihrer Pflichten, insbesondere der Wohlverhaltens- und Gesunderhaltungspflicht, zu erinnern.

34

Die Klägerin hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht einsichtig gezeigt und insbesondere durch die Einräumung des alkoholbedingten Tatvorwurfs zur Sachverhaltsaufklärung und Entscheidungsreife maßgeblich beigetragen. Eine umfassende Beweisaufnahme unter Einbeziehung der Schüler, Eltern und Kollegen wurde vermieden. Ebenso hat sie bei dem Disziplinargericht den Eindruck hinterlassen, dass sie ihre Alkoholproblematik und das amtsärztlich bescheinigte riskante Trinkverhalten erkannt und die daraus resultierenden Folgen eingesehen hat. Dementsprechend hat sie auch Beratungsstellen und Beratungsangebote in Anspruch genommen und aktiv an der Bewältigung ihrer Probleme mitgearbeitet. Gleichwohl sieht sich das Disziplinargericht zur Verhängung der ausgesprochenen Gehaltskürzung und nicht nur einer Geldbuße veranlasst, wobei die Klägerin die monatlich wiederkehrende Kürzung als Mahnung und damit auch als Chance begreifen sollte. Im Wiederholungsfall könnte, je nach Ausmaß der Trunkenheit und der Vertrauensbeeinträchtigung, durchaus die Entfernung aus dem Dienst anstehen.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 72 Abs. 4 DG LSA, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da die Klägerin weiterhin disziplinarrechtlich belangt wird, ist es angemessen, dass sie die Hauptlast der Kosten trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Tatbestand

1

Der Kläger führt die Disziplinarklage gegen die beklagte Studienrätin mit dem Ziel ihrer Entfernung aus dem Dienst.

2

Die 1965 geborene Beamtin besuchte von 1972 bis 1982 die Polytechnische Oberschule und schloss diese mit der 10. Klasse ab. Bis 1985 besuchte sie die Berufsschule - Bildungsgang „Maschinenbauer mit Abitur“ - und absolvierte die Facharbeiter- und Reifeprüfung. Das anschließende Studium der Fachrichtung Berufsschullehrer für Maschinenbau schloss sie 1990 mit dem akademischen Grad „Diplomingenieurpädagoge“ ab.

3

1990 wurde die Beklagte als Lehrkraft für den theoretischen Unterricht in Vollbeschäftigung beim Magistrat der Stadt B-Stadt eingestellt. 1992 wurde sie als vollbeschäftigte Lehrkraft im Land Sachsen-Anhalt übernommen und am 08.07.2003 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Studienrätin zur Anstellung ernannt. Die Verbeamtung auf Lebenszeit erfolgte unter dem 17.02.2005.

4

Seit 1991 wird die Beklagte als Lehrkraft für den berufstheoretischen Unterricht an den berufsbildenden Schulen I B-Stadt eingesetzt.

5

Die Beklagte ist verheiratet und hat zwei Kinder, geboren 1987 und 1990. Sie erhält Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 13 Besoldungsordnung A Landesbesoldungsgesetz. Die Brutto-Dienstbezüge betragen 4.750,72 Euro; die Netto-Bezüge 3.560,64 Euro. Die Beklagte ist disziplinarrechtlich oder strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten.

6

Unter dem 19.09.2013 wurde gegen die Beklagte ein Disziplinarverfahren eingeleitet und gleichzeitig gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt (DG LSA) die Suspendierung ausgesprochen. Später erfolgte nach § 38 Abs. 2 DG LSA die Anordnung, dass 50 v. H. der monatlichen Dienstbezüge einbehalten werden.

7

Mit der Disziplinarklage vom 07.01.2015 (Eingang 15.01.2015) wird der Beamtin vorgeworfen, durch drei Tathandlungen in disziplinarrechtlich relevanter Weise gegen ihre Verpflichtungen aus § 30 Abs. 1 und 2 Schulgesetz Land Sachsen-Anhalt (SchulG LSA) in Verbindung mit dem Erziehungs- und Bildungsauftrag aus § 1 SchulG LSA und damit letztendlich gegen ihre beamtenrechtlichen Pflichten verstoßen und damit ein Dienstvergehen nach § 47 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) begangen zu haben. Im Einzelnen:

8

1. „Die Beklagte hat den Inhalt der angekündigten Klassenarbeit vom 10.04.2013 im Fach BVWL der Klasse WAS11 des Schuljahres 2012/13 dem Schüler D. einschließlich Erwartungsbild bzw. Lösungsskizze vorab bekannt gegeben, indem sie die Unterlagen in einen Briefkasten steckte, den der Schüler ihr zuvor bezeichnete hatte.

9

2. Die Beklagte hat die Prüfungsaufgaben der Abschlussprüfung vom 17.06.2013 im Fach BVWL der Klasse WAS11 des Schuljahres 2012/13 einschließlich Erwartungsbild bzw. Lösungsskizze dem Schüler D. vor der Prüfung am 17.06.2013 bekannt gegeben, indem sie die Unterlagen in einen Briefkasten steckte, den der Schüler ihr zuvor bezeichnet hatte.

10

3. Die Beklagte hat das Ergebnis der Abschlussklausur im Prüfungsfach BVWL der Klasse WAS11 des Schuljahres 2012/13 zeitnah nach Fertigung der Klausur dem Schüler D. bekannt gegeben und ihm eingeräumt, Nachbesserungen an der von ihm gefertigten Klausur vorzunehmen. Anschließend hat sie selbst in einer Aufgabe noch Ergänzungen vorgenommen. Durch die Nachbesserungen des Schülers und ihre Ergänzungen wurde das Ergebnis der Klausur auf der Grundlage ihrer Bewertung von der Note „ausreichend“ auf die Note „gut“ verbessert.“

11

Die Beklagte hat die Vorwürfe durch Selbstanzeige eingeräumt und zugestanden. Sie habe rechtwidrig und schuldhaft gehandelt. Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe seien nicht erkennbar. Der Vortrag der Beklagten, der Schüler D. habe sie aufgrund des zwischen ihr und dem Schüler bestandenen sexuellen Verhältnisses durch Offenbarung dessen bedroht, sei im Hinblick auf die vorhandene und belegte Kommunikation der Beteiligten über soziale Netzwerke als nicht glaubhaft anzusehen. Daraus ergebe sich ein einvernehmliches Handeln im Hinblick auf den Intimverkehr und die Hilfe bei der Klassenarbeit und Prüfungsklausur. Für eine rechtfertigende Notwehr fehle es an einer erforderlichen und gebotenen Notwehrhandlung. Die Beklagte wäre in jedem Stadium einer „Drohung“ oder „Nötigung“ durch den Schüler in der Lage gewesen, sich vertrauensvoll an die Schulleitung, das Landesschulamt oder gegebenenfalls an die Strafverfolgungsbehörden zu wenden. Die Offenbarung und Strafanzeige durch die Beklagte sei erst am 13.07.2013, also nach Vollendung der Dienstpflichtverletzungen, geschehen.

12

Es handele sich um ein schweres innerdienstliches Fehlverhalten, welches die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erforderlich mache. Das notwendige Vertrauensverhältnis sei als endgültig zerstört anzusehen. Durch den schweren Ansehensverlust für die Lehrer und Beamtenschaft sei die Integrität des Beamtentums in Frage gestellt worden.

13

Der Kläger beantragt,

14

die Beamtin aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Disziplinarklage abzuweisen,

17

hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen

18

und sieht bereits formelle Mängel der Disziplinarklage. Die Disziplinarklage sei nahezu deckungsgleich mit dem Abschlussbericht des Ermittlungsführers vom 27.06.2014. Entlastende Umstände und Beweisangebote seien nicht berücksichtigt worden; der Bescheid über die vorläufige Einbehaltung von Dienstbezügen sei formell fehlerhaft. Die Beklagte werde als „Täterin“ behandelt und nicht, wie es richtig wäre, als Opfer der Geschehnisse. Darin zeige sich eine Voreingenommenheit. Die Beamtin habe sich in einer akuten Zwangs- und Bedrohungslage befunden, aus welcher sie sich nicht zu helfen gewusst habe und aus der sich letztendlich das vorgenannte Verhalten entwickelt habe. Aus diesem Grunde liege ein Rechtfertigungsgrund vor. Es habe eine rechtfertigende Notwehrlage bestanden. Herr D. habe vorgegeben, das gesamte Privat- und Berufsleben der Beklagten zu gefährden oder gar zu zerstören. Er habe erwähnt, dass er genügend Beweise gegen die Beklagte habe und auch seine Kontakte spielen lassen könnte. Sie sei so stark eingeschüchtert gewesen, dass sie aus ihrer Sicht andere Möglichkeiten nicht ergreifen konnte. Schließlich habe sie sich doch zur Selbstanzeige entschlossen. Zur Entwicklung des Sexualverkehrs lässt sich die Beklagte wie folgt ein:

19

„Herr D. habe die Beklagte zu einer Abschlussparty in einer Privatwohnung am B… Weg in B-Stadt eingeladen. Wegen anderer Schuhe im Flur der Wohnung sei die Beklagte davon ausgegangen, dass bereits andere Gäste vor Ort seien. Sie sei von Herrn D. gezwungen worden, in der Wohnung zu verweilen und den Sexualverkehr durchzuführen (06.04.2013). Herr D. habe die Beklagte bezüglich der Klassen- und Prüfungsarbeiten zu einem Briefkasten navigiert. Schließlich kam es zur deutlichen Steigerung des Drohens, was zu einer Vornahme von Änderungen an der Prüfungsklausur führte. Infolgedessen sei sie völlig eingeschüchtert und verängstigt mit ihrem PKW gegen einen Bordstein gefahren. Schließlich habe Herr D. Geld gefordert. Herr D. habe die Beklagte geschickt dazu gebracht, SMS-Texte an ihn zu schreiben. Das gesamte Verhalten des Herrn D. sei planmäßig und genau durchdacht gewesen. Sie habe den Geschlechtsverkehr über sich ergehen lassen. Sie sei letztendlich auf die „Flirterei“ des Herrn D. als planmäßiges Vorgehen hereingefallen. Von Mai bis Juli 2013 habe Herr D. knapp 3.000,00 Euro gefordert.“

20

Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen die Beamtin (156 Js 29926/13) wurde nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Das aufgrund der Anzeige gegen den Zeugen D. geführte Ermittlungsverfahren (645 Js 30100/13) wurde mangels Anfangsverdacht nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Beschwerde der Beklagten war erfolglos.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungs- und Ermittlungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

22

Die Disziplinarklage hat Erfolg.

23

1.) Die von der Beklagten gerügten Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens liegen nicht vor und stellen zudem keine wesentlichen Mängel im Sinne von § 52 DG LSA dar. Hierunter fallen Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorschriften und Rechtsgrundsätze, die den äußeren Ablauf des behördlichen Disziplinarverfahrens bis zur abschließenden behördlichen Entscheidung, also bis zur Erhebung der Disziplinarklage oder bis zu dem Erlass einer Disziplinarverfügung betreffen (BVerwG, Urt. v. 29.07.2010, 2 A 4.09 mit Verweis auf Beschl. v. 18.11.2008, 2 B 63.08; vgl. zuletzt: BVerwG, Urt. v. 28.02.2013, 2 C 3.12; VG Magdeburg, Urt. v. 06.11.2013, 8 A 9/12 MD; VG Magdeburg, Urt. v. 15.04.2014, 8 A 2/13; alle juris).

24

Dabei ist bereits nicht ersichtlich, welche konkreten wesentlichen Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Disziplinarklage die Beklagte i. S. v. § 52 DG LSA rügt. Der von der Beklagten angesprochene Deckungsgleichheit zwischen der Disziplinarklage und dem Abschlussbericht des Ermittlungsführers und die sich daraus ergebenen Nichtberücksichtigung entlastender Gründe und Beweisangebote, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Die Disziplinarklage setzt sich hinreichend mit dem Vorbringen der Beklagten auseinander. Rügen gegen die Einbehaltung von Teilen der Dienstbezüge sind in der vorliegenden Disziplinarklage nicht streitgegenständlich.

25

2.) Die Beklagte hat ein schwerwiegendes Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, welches die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 DG LSA) nach sich zieht.

26

Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Aufgrund der engen Beziehung der Tatgeschehnisse mit dem Schuldienst der Beklagten liegt auch ein innerdienstlicher Pflichtenverstoß vor. Denn ohne den Schuldienst und das diesbezügliche Lehrer-Schüler-Verhältnis wären die Tathandlungen nicht möglich gewesen.

27

Nach der geständigen Einlassung der Beklagten liegt das ihr zu Last gelegte disziplinarrechtliche Fehlverhalten unstreitig vor. Danach hat sie in den angeschuldigten drei Fällen die Lösungsskizzen für Klassen- und Abschlussarbeiten dem Schüler D. vorab gegeben und zudem das Ergebnis der Abschlussklausur ihm bekannt gegeben und Nachbesserungen darin vornehmen lassen und selbst vorgenommen. Dies stellt einen schweren Verstoß gegen ihre Verpflichtungen aus § 30 Abs. 1 und 2 SchulG LSA in Verbindung mit dem Erziehungs- und Bildungsauftrag aus § 1 SchulG LSA dar, woraus sich die allgemeine beamtenrechtliche Pflichtverletzung nach § 33 Abs. 1 Satz 2 und § 34 Satz 2 und 3 BeamtStG sowie § 35 Satz 2 BeamtStG ergibt.

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3.) Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens, dem Persönlichkeitsbild des Beamten sowie dem Umfang der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist regelmäßig dann auszusprechen, wenn der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen, das für die weitere dienstliche Tätigkeit notwendige Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Dienstherrn aber auch der Allgemeinheit endgültig zerstört hat (vgl. nur: BVerwG, Urt. v. 20.10.2005, 2 C 12.04 und Urt. v. 19.08.2010, 2 C 13.10; beide juris).

29

a.) Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist. Eine vollständige und richtige Gesamtwürdigung setzt voraus, dass die Disziplinarkammer die im Einzelfall bemessungsrelevanten, d. h. die für die Schwere des Dienstvergehens und das Persönlichkeitsbild bedeutsamen Tatsachen ermittelt und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Gesamtbewertung einbezieht. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis des Disziplinargerichts als einem Mittel der Funktionssicherheit des öffentlichen Dienstes. Dabei findet der Grundsatz „in dubio pro reo“ Anwendung. Die Disziplinargerichte dürfen nur solche belastenden Tatsachen in die Gesamtwürdigung einstellen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber müssen entlastende (mildernde) Umstände schon dann zu Gunsten des Beamten berücksichtigt werden, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (vgl. nur: VG Magdeburg, Urt. v. 27.10.2011, 8 A 2/11 mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 27.01.2011, 2 A 5.09; jüngst BVerwG, Urt. v. 29.03.2012, 2 A 11/10, OVG Lüneburg, Urt. v. 14.11.2012, 19 LD 4/11; zuletzt ausführlich; VG Magdeburg, Urt. v. 09.12.2014, 8 A 3/14; alle juris).

30

Die Beklagte handelte schuldhaft, vorsätzlich und ohne Rechtfertigungsgründe. An der von ihr zunächst im behördlichen Disziplinarverfahren behauptete Notwehr- bzw. Nötigungslage durch den Schüler D., hat sie in der mündlichen Verhandlung nicht mehr festgehalten, sodass einvernehmlich auf die Zeugenvernehmung des Schülers verzichtet werden konnte. Zweifel an der Schuldfähigkeit ergeben sich nicht. Ausgehend von einer durch die Beklagte eingeräumten Verliebtheit zu dem Schüler hat sie wissentlich und willentlich die zwischen einer Lehrerin und ihrem Schüler notwendige Distanz aufgegeben und im Zuge dessen, das Ergebnis von Klausuren und Prüfungen dem Schüler bekannt gegeben und Nachbessrungen erlaubt sowie selbst vorgenommen. Aufgrund ihres Bildungs- und Berufsstandes, ihrer Lebenserfahrung sowie ihres Lebensalters von nahezu 50 Jahren waren ihr die Folgen ihres Handelns bewusst bzw. hätten ihr bewusst sein müssen. Der Gefühlszustand einer Verliebtheit stellt keinen Schuldausschlussgrund dar. Die mit der Verliebtheit einhergehende „Kopflosigkeit“ bewirkt zwar unter Umständen eine erhöhe Bereitschaft zu irrationalem Verhalten, hebt jedoch die verstandsgemäße Einsicht und auch die Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, nicht auf (vgl. VG Saarland, Urteil v. 17.09.2010, 7 K 238/09; juris).

31

Danach muss man vorliegend von einem schweren Dienstvergehen ausgehen, welches grundsätzlich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als sogenannte Höchstmaßnahme nach sich zieht. Denn es ist intolerabel, dass eine zur Objektivität berufene Lehrkraft Prüfungsaufgaben bzw. deren Lösungen an die Prüflinge herausgibt und/oder bei der Nachbearbeitung der Prüfungsleistungen behilflich ist bzw. sogar selbst die Veränderungen vornimmt. Dies ist mit dem Ansehen und der Würde des Lehrerberufs nicht zu vereinbaren und gerade in Bezug auf die Objektivität und Neutralität der Abnahme von staatlichen Prüfungsleistungen auch der Allgemeinheit nicht zu vermitteln. Das gesamte rechtsstaatliche Prüfungswesen basiert auf der nachvollziehbaren fairen Objektivität und Neutralität der Entscheidungen.

32

b.) Ist damit aufgrund der Schwere der Dienstpflichtverletzungen generell von der Maßnahme der Entfernung aus dem Dienst auszugehen, ist zu fragen, ob gewichtige Milderungsgründe eine darunter liegende Disziplinarmaßnahme (noch) rechtfertigen können.

33

Dies ist dann der Fall, wenn zu Gunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe (Milderungsgründe) zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, dass das dem Beamten vom Dienstherrn und der Allgemeinheit entgegengebrachte Vertrauen noch nicht endgültig verloren ist. Solche Gründe stellen zum einen die von der Rechtsprechung bezüglich der sog. Zugriffsdelikte entwickelten und anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere menschliche Konfliktsituationen beschreiben. Hierzu zählen etwa das Handeln in einer existenziellen wirtschaftlichen Notlage oder einer körperlichen oder psychischen Ausnahmesituation oder besonderen Versuchssituationen oder eine persönlichkeitsfremde Einzelverfehlung des Beamten wie auch „Entgleisungen“ während einer negativen, inzwischen überwundenen, durch Alkohol, Drogen oder Schicksalsschlägen bedingten Lebensphase. Der Milderungsgrund der Geringwertigkeit eines verursachten Schadens oder des geldlichen Vorteils der Handlung wird bei etwa 50,00 Euro gezogen. Auch besondere die Dienstpflichtverletzung begünstigende Handlungen und mangelnde Kontrollen des Dienstherrn können im Einzelfall wie ein besonderes Nachtatverhalten die Schwere der Verfehlung mildern. Zeitlich überlange Disziplinarverfahren können wegen des disziplinarrechtlichen Beschleunigungsgebotes und der mit dem Disziplinarverfahren verbundenen persönlichen Belastungen jedenfalls bei Maßnahmen der Pflichtenmahnung berücksichtigt werden. Entlastungsgründe können sich aber zum anderen auch aus allen Besonderheiten ergeben, die es im Einzelfall wegen der persönlichkeitsbedingten an § 13 DG LSA zu orientierenden Prognoseentscheidung gebieten, von der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahmen Abstand zu nehmen. Auch eine dienstliche Überlastung kann einen Milderungsgrund darstellen (VG Magdeburg, Urteil v. 29.01.2013, 8 A 5/11; juris).

34

Die entlastenden Gründe sind nicht (mehr) allein auf den in der Rechtsprechung entwickelten Kanon der anerkannten Milderungsgründe beschränkt (BVerwG, Urteil v. 29.03.2012, 2 A 11.10, m. w. Nachw.; juris). Diese müssen aber in ihrer Gesamtheit geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Delikt aufgrund der Schadenshöhe sowie der Tatumstände, wie Anzahl, Häufigkeit, Zeitraum, Verschiedenartigkeit und Tatausführung wiegt (im Ganzen ausführlich: VG Magdeburg, Urt. v. 29.11.2012, 8 A 12/11, v. 31.03.2011, 8 A 2/10 MD und v. 27.10.2011, 8 A 2/11, mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 24.05.2007, 2 C 28.06, Urt. v. 06.06.2007, 1 D 2.06, Urt. v. 29.05.2008, 2 C 59.07; Bayr. VGH, Urt. v. 27.10.2010, 16 aD 09.2470; OVG Lüneburg, Urt. v. 08.02.2011, 6 LD 4/08; alle juris).

35

In diesem Sinne durchgreifende besondere Umstände, die ein Absehen von der schwerwiegendsten und eine mildere Disziplinarmaßnahme rechtfertigen würden, vermag das Disziplinargericht vorliegend nicht zu erkennen. Denn den, das Eigengewicht der Verfehlung prägenden Gesichtspunkten stehen nur wenige Aspekte entgegen, die in Bezug auf das Dienstvergehen mildernd anzuführen sind:

36

Zu berücksichtigen ist hier insbesondere, dass die ihren Dienst bis dahin beanstandungsfrei leistende Beklagte – wie bereits dargestellt – in einer auch menschlich durchaus nachvollziehbaren Weise in eine Situation geraten ist, in der sie im Stadium des Verliebtseins, mit der damit einhergehenden Bereitschaft zu irrationalem Verhalten, sich zu den hier zu bewertenden Handlungen hat hinreißen lassen. Spätestens in dem Moment, als es der Beklagten bewusst geworden ist, dass sie gegenüber dem Berufsschüler eine gesteigerte, die notwendige Distanz gefährdende Sympathie empfindet, hätte die sich seit 1990 im Schulddienst befindliche Beamtin an ihren Dienstherrn wenden können und müssen, damit ihr ggf. ein anderer Tätigkeitsbereich zugewiesen wird. Die Beklagte ließ es trotz bestehenden Steuerungsvermögens und der Vorhersehbarkeit der drohenden Entwicklung zum Austausch von Zärtlichkeiten bis hin zu Geschlechtsverkehr mit dem volljährigen Berufsschüler kommen. Diese distanzvermissende Umgangsart mündete schließlich in dem ihr hier allein zur Last gelegten Dienstvergehen der Preisgabe von Prüfungsaufgaben und –lösungen. Die Auswertung der dem Gericht vorliegenden Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft zum Ermittlungsverfahren gegen Herrn D. dokumentierten WhatsApp-Kontakte bestätigen zudem, dass die Kontakte und die distanzlose Beziehung zu dem Berufsschüler von der Beklagten gesucht wurden und sie ihm gegenüber eindeutige Anspielungen, insbesondere auch sexuellen Inhalts, machte. Folge dessen war, dass die Beamtin – selbst wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass der Berufsschüler D. die Weitergabe der Klausur-/Prüfungsergebnisse angeregt oder aber auch im Rahmen der geführten Beziehung gefordert hat – bereitwillig und damit aus eigenem Antrieb heraus, das Dienstvergehen begangen hat. Dies zeigt insbesondere, der auf rotem Briefpapier mit Kussmund versehende an den Berufsschüler gerichtete Begleitbrief, mit dem die Lösungsskizze für die Klassenarbeit übermittelt wurde und dessen Inhalt nahe legt, dass die Preisgabe auch im eigenen Interesse der Beamtin erfolgte. Bestätigt wird dies schließlich durch die zeitlich nachfolgende Textnachricht, in der es heißt: „Wenn wir beide schon „Bescheißen“ dann professionell.“ Auch die an den Berufsschüler gerichteten per Handynachricht vom 14.06.2013 erteilten Handlungsanweisungen, wie „Lösungen nicht Original wiedergeben“, „Unterlagen nach dem Lernen vernichten“ sowie „Ich vertraue dir jetzt blind, missbrauch das Vertrauen nicht“ machen deutlich, dass das sich über mehr als drei Monate hinziehende Geschehen nicht lediglich als eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat angesehen werden kann. Vielmehr muss der Beklagten durchaus ein gewisses planvolles Handeln und das hierzu notwendige Bewusstsein unterstellt werden. Sie hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, den Geschehnissen ein Ende zu bereiten.

37

Soweit die Beklagte darüber hinaus zunächst eingewandt hat, der Berufsschüler D. habe einen Geldbetrag von 3.000,00 EUR erpressen wollen, ist dies weder bewiesen (vgl. Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft: Einstellung des Verfahrens mangels Anfangsverdachts) noch hat die Beklagte an ihrer Behauptung in der mündlichen Verhandlung festgehalten. Denn nach ihrer Einlassung, in den Berufsschüler verliebt gewesen zu sein, relativiert sich ihr Vorbringen als bloße Schutzbehauptung.

38

Zu ihren Gunsten ist zwar weiterhin zu berücksichtigen ist, dass sie, allerdings erst nachdem das Dienstvergehen vollendet war, ein Geständnis abgelegt hat. Im Ergebnis verbleibt es aber bei der nach § 13 DG LSA anzustellenden Gesamtbetrachtung und der Berücksichtigung aller Umstände bei der Feststellung, dass das zwischen der Beklagten und ihrem Dienstherrn vormals bestehende Vertrauensverhältnis aufgrund der Schwere des von ihr vorsätzlich im Kernbereich ihrer Pflichten begangenen Dienstvergehens endgültig und unwiderruflich zerstört ist. Zu Recht erwarten sowohl der Dienstherr wie auch die Allgemeinheit vom Berufsstand der Lehrer Objektivität und Neutralität bei der Abnahme von staatlichen Prüfungsleistungen. Angesichts des endgültig eingetretenen Vertrauensverlustes und aus Gründen der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes ist die Beklagte daher aus dem Dienst zu entfernen. Diese Maßnahme ist die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn ansonsten nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Weder die jahrelange unbeanstandete Dienstzeit, in welcher die Beklagte überdurchschnittliche dienstliche Leistungen erbracht hat, noch die bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit vermögen ein Verbleiben der Beklagten im Dienst zu rechtfertigen. Die darin liegende Härte für die Beklagte ist nicht unverhältnismäßig. Sie beruht vielmehr auf dem ihr zurechenbaren vorangegangenen Verhalten, wobei das damit verbundene Risiko für sie vorhersehbar war. Aufgrund des endgültigen und vollständigen Vertrauensverlustes des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Person der Beklagten ist ihre Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zwingend erforderlich und angemessen.

39

4.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 72 Abs. 1 Satz 1 DG LSA. Das Verfahren ist gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 gebührenfrei.


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.