Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 09. Feb. 2017 - 9 K 933/16

bei uns veröffentlicht am09.02.2017

Tenor

Soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt.

Auf die Klage der Kläger zu 1., 3., 4. und 5. wird festgestellt, dass die Weigerung des Beklagten, in der Gemeinderatssitzung vom 07.12.2015 den von Gemeinderat Dr. XXX formulierten Antrag zur Flüchtlingsunterbringung zu behandeln und eine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen, rechtswidrig war.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten tragen die Kläger zu 1.,3., 4. und 5. jeweils zu 3/28, der Kläger zu 2., die Klägerinnen zu 6. und 7. und der Beklagte jeweils zu einem Siebtel. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1.,3.,4. und 5. trägt der Beklagte jeweils zu einem Viertel. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Kläger zu 1., 3., 4. und 5. jeweils zu 3/28, der Kläger zu 2. und die Klägerinnen zu 6. und 7. jeweils zu einem Siebtel. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

Die Kläger sind Mitglieder des Gemeinderats der Gemeinde XXX. Die Kläger zu 1., 2., 3., 4. und 5. gehören der siebenköpfigen CDU-Fraktion an, die Klägerinnen zu 6. und 7. bilden zusammen die Fraktion „Mensch und Umwelt“. Sie begehren in ihrer Eigenschaft als Gemeinderäte die Feststellung, dass mehrere Maßnahmen des beklagten Bürgermeisters rechtswidrig waren.
Die Kläger wenden sich zum einen gegen die Weigerung des Beklagten, in einer vergangenen Sitzung des Gemeinderats über einen bestimmten Standort zur Flüchtlingsunterbringung im Gemeindegebiet beraten und beschließen zu lassen. Der Gemeinderat hatte in seiner Sitzung vom 27.07.2015 beschlossen, die Verwaltung zu beauftragen, geeignete Grundstücke und Immobilien zur Unterbringung von Flüchtlingen im Gemeindegebiet zu suchen und dem Gemeinderat in der nächsten Sitzung Standorte zu empfehlen. In der Sitzung des Gemeinderats vom 21.09.2015 wurden die aus Sicht der Verwaltung für die Flüchtlingsunterbringung infrage kommenden Standorte vorgestellt. Darunter waren auch die Flurstücke 4765 bis 4769 am Ortseingang von Bilfingen, auf denen bereits die Errichtung eines Feuerwehrhauses geplant war (im Folgenden: Feuerwehrstandort). Von den zehn aus Sicht der Verwaltung geeigneten Standorten wurden vier zur Abstimmung des Gemeinderats gestellt und hinsichtlich zweier Standorte ein positiver Beschluss gefasst. Der Feuerwehrstandort wurde nicht zur Abstimmung gestellt. Im Zeitraum vom 16.11.2015 bis 18.11.2015 gingen bei der Gemeinde Kämpfelbach aus der Mitte des Gemeinderats weitere Standortvorschläge ein, eingereicht unter anderem von den Klägern zu 1., 2., 3. und der Klägerin zu 6. Zwei der eingereichten Vorschläge waren allerdings bereits in der Sitzung vom 21.09.2015 vorgestellt worden. So schlug der Kläger zu 1. mit E-Mail vom 17.11.2015 den bereits damals vorgestellten Feuerwehrstandort vor. Die Tagesordnung für die Sitzung des Gemeinderats am 07.12.2015 sah daraufhin unter dem Tagesordnungspunkt 2 „Flüchtlingsunterbringung, Beratung und Beschlussfassung“ vor, zunächst die von den Gemeinderäten vorgeschlagenen neuen Asylstandorte bekanntzugeben (Buchst. a), dann das weitere Vorgehen bei den Asylstandorten festzulegen (Buchst. b) und schließlich über die Behandlung der Bauanträge des Landratsamts Enzkreis zu entscheiden (Buchst. c). In der diesem Tagesordnungspunkt zugrunde liegenden Sitzungsvorlage (Nr. 16/71/2015) waren alle Standortvorschläge, die im Zeitraum vom 16.11.2015 bis 18.11.2015 bei der Gemeinde Kämpfelbach eingegangen waren, enthalten. Am Ende der Sitzungsvorlage wird ausgeführt, dass der Gemeinderat nach Wertung und abschließender Prüfung seiner ab dem 16.11.2015 bei der Gemeindeverwaltung eingereichten Standorte eine Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen habe. Als „Beschlussvorschlag“ wird formuliert: „Das Gremium beschließt das weitere Vorgehen“. In der Sitzung vom 07.12.2015 wurde laut Niederschrift eingangs ein Sachvortrag über alle in der Sitzungsvorlage erwähnten Standorte gehalten, vom Beklagten wurden jedoch nur die 19 Standorte zur Abstimmung gestellt, die noch nicht in der Sitzung vom 21.09.2015 vorgestellt worden waren. Im Nachgang zu diesen Abstimmungen verlas Gemeinderat Dr. XXX laut Sitzungsniederschrift eine Stellungnahme, in der es - auszugsweise - heißt:
„Die von mir nun vorgetragenen Stellungnahmen zu diesem Tagesordnungspunkt sind gemeinsam mit weiteren Gemeinderäten über die Fraktionsgrenzen hinweg erarbeitet worden. Ich spreche folglich auch im Namen folgender hierbei beteiligter Gemeinderäte: XXX, XXX, XXX, XXX, XXX, XXX und XXX. … Da gemäß der Sitzungsvorlage der Gemeinderat das weitere Vorgehen herbeizuführen hat, schlagen wir vor, dass die Gemeindeverwaltung das Land-ratsamt beauftragt, einen Bauantrag über eine Wohncontaineranlage für asylsuchende Menschen am Standort XXX (angedachtes Gelände für gemeinsames Feuerwehrgebäude) zu stellen. Dieser kann dann in einer Sondersitzung des Gemeinderats zeitnah genehmigt werden. ...“
Ausweislich der Sitzungsniederschrift kam es aufgrund des in der Stellungnahme enthaltenen Vorschlags, den geplanten Feuerwehrstandort als Platz für eine Wohncontaineranlage zur Verfügung zu stellen und das Landratsamt zu beauftragen, einen entsprechenden Bauantrag zu stellen, im Gremium zu einer kontroversen Diskussion. Der Beklagte führte der Niederschrift zufolge aus, dass über den Feuerwehrstandort sowie einen weiteren Standort in der heutigen Sitzung kein weiterer Beschluss gefasst werden könne, da diese Standorte bereits Teil des Beschlusses vom 21.09.2015 gewesen seien. Der Gemeinderat könne nicht innerhalb von sechs Monaten ein- und dasselbe Thema (Standort) auf die Tagesordnung setzen und darüber Beschluss fassen.
Zum anderen rügen die Kläger die verspätete Zuleitung von Sitzungsniederschriften. Die Sitzungsniederschriften der öffentlichen Gemeinderatssitzungen vom 02.02.2015, 23.02.2015, 23.03.2015, 11.05.2015, 17.06.2015 und 27.07.2015 wurden zwischen knapp fünf Monaten und bis zu neuneinhalb Monaten später den Gemeinderäten zur Kenntnis gebracht.
Schließlich wenden sich die Kläger gegen Eilentscheidungen des Beklagten. Am 30.07.2014 entschied der Beklagte, Personalcomputer für die XXX zum Preis von 7.078,12 EUR und eine Küche, Möbel und Spielsachen für die Ausstattung des Kindertreffs e.V. zu einem Preis von insgesamt 70.199,28 EUR zu erwerben. Der Beklagte unterrichtete den Gemeinderat in seiner Sitzung vom 15.09.2014 über diese beiden Entscheidungen.
Die Kläger haben am 04.03.2016 Klage erhoben. Ihr ursprüngliches weiteres Begehren festzustellen, dass das Zurverfügungstellen des Grundstücks mit der Flurstücksnummer 4477 für einen Asylstandort an den Landkreis Enzkreis durch den Beklagten rechtswidrig war, haben die Kläger zurückgenommen. Nach in der mündlichen Verhandlung erfolgter Rücknahme des Klageantrags Ziffer 1 durch den Kläger zu 2. beantragen die Kläger zu 1. und 3. bis 7.,
1.festzustellen, dass die Weigerung des Beklagten, in der Gemeinderatssitzung vom 07.12.2015 den von Gemeinderat Dr. XXX formulierten Antrag zur Flüchtlingsunterbringung zu behandeln und eine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen, rechtswidrig war;
Sämtliche Kläger beantragen,
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2.festzustellen, dass es rechtswidrig war, die Sitzungsniederschriften des Gemeinderats vom 02.02.2015, 23.02.2015, 23.03.2015, 11.05.2015, 17.06.2015 und 27.07.2015 ihnen jeweils mehr als fünf Monate später zur Kenntnis zu bringen;
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3.festzustellen, dass die Eilentscheidungen des Beklagten hinsichtlich des Kaufs von Personalcomputern für die XXX und hinsichtlich des Kaufs von Ausstattung für den Kindertreff e.V., über die der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 15.09.2014 unterrichtet wurde, rechtswidrig waren.
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Zur Begründung des Klageantrags Ziffer 1 führen sie aus, dass der geplante Feuerwehrstandort schon nicht Gegenstand der Abstimmung am 21.09.2015 gewesen sei und insoweit keine Bindungswirkung habe entstehen können. Selbst wenn man davon ausginge, dass dieser Standort durch den Beschluss vom 21.09.2015 ausgeschlossen worden wäre, so wäre die Weigerung des Beklagten, über diesen Standort in der Sitzung am 07.12.2015 abstimmen zu lassen, dennoch aus mehreren Gründen rechtswidrig. Der Tagesordnungspunkt 2 sei so gefasst gewesen, dass es möglich gewesen sei, Anträge zu allen Standorten zu stellen, auch ausgeschiedene Standorte neu aufzurufen oder neue Standorte einzubringen. Der Beklagte habe zudem verkannt, dass die Sperrwirkung des § 34 Abs. 1 Satz 6 GemO für ihn nicht gelte und infolgedessen das ihm zustehende Ermessen, ob er einen Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung des Gemeinderats nehme, fehlerhaft ausgeübt. Im Übrigen sei eine Bindung der Gemeinderäte an den Beschluss vom 21.09.2015 noch nicht eingetreten, da dieser noch nicht vollzogen worden sei. Zur Begründung des Klageantrags Ziffer 2 tragen die Kläger vor, dass jeder einzelne Gemeinderat einen Anspruch darauf habe, dass die Vorschrift des § 38 Abs. 2 GemO eingehalten werde, auch wenn es sich dabei um eine bloße Ordnungsvorschrift handele. Andernfalls könnte ihr Sinn, den Gemeinderäten eine zeitnahe Inhaltskontrolle der Niederschrift zu ermöglichen, nicht erreicht werden. Jeder Gemeinderat habe das Recht, Einwendungen gegen die Niederschrift zu erheben. Daher sei bei einer Nichteinhaltung der Ordnungsvorschrift jeder einzelne Gemeinderat betroffen. Der Hinweis des Beklagten, dass ihm der Gemeinderat keine angemessene Personalausstattung zugebilligt habe, sei unbeachtlich. Der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass die mangelhafte Personalausstattung ursächlich für die späte Herstellung der Niederschriften gewesen sei. Zur Begründung des Klageantrags Ziffer 3 wird ausgeführt, dass das Gericht zu prüfen habe, ob die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aus dem Jahr 1992, wonach eine Eilentscheidung des Bürgermeisters grundsätzlich nur vom Gemeinderat als solchem, nicht aber von einzelnen Mitgliedern des Gemeinderats angegriffen werden könne, heute noch Gültigkeit habe.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor, die Klagen seien mangels Klagebefugnis sämtlich unzulässig. Bezüglich des Klageantrags Ziffer 1 könnten die Kläger vorliegend aus § 34 Abs. 1 Satz 4 GemO kein organschaftliches Recht ableiten. Es sei schon fraglich, ob die Stellungnahme in der Sitzung vom 07.12.2015 überhaupt als Antrag im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 4 GemO zu werten sei. Der Kläger zu 2. und die Klägerinnen zu 6. und 7. hätten jedenfalls einen solchen Antrag nicht gestellt, da sie sich der Stellungnahme nicht angeschlossen hätten und auch sonst keinen Antrag gestellt hätten. Überdies sei das organschaftliche Recht aus § 34 Abs. 1 Satz 4 GemO nach § 34 Abs. 1 Satz 6 GemO nicht entstanden, weil der gleiche Verhandlungsgegenstand bereits innerhalb der letzten sechs Monate behandelt worden sei. Der Gemeinderat habe nämlich in der Gemeinderatssitzung vom 21.09.2015 über den Feuerwehrstandort als potentiellen Standort für eine Flüchtlingsunterkunft diskutiert. § 34 Abs. 1 Satz 6 GemO lasse eine „Behandlung“ des Verhandlungsgegenstandes genügen. Eine Beschlussfassung müsse nicht erfolgen. Im Übrigen sei eine Beschlussfassung erfolgt, da der Gemeinderat aus der Vielzahl der möglichen Standorte für Flüchtlingsunterkünfte eine Auswahl und Reihenfolge beschlossen habe. Im Umkehrschluss seien die übrigen Standorte, so auch der Standort für das geplante Feuerwehrhaus, ausgeschlossen worden. Innerhalb dieses Sechsmonatszeitraums bestehe auch kein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Außerdem sei die Nichtbehandlung dieses Verhandlungsgegenstandes in der Sitzung vom 07.12.2015 eine ermessensfehlerfreie Entscheidung gewesen. Den anderen Gemeinderatsmitgliedern hätte wegen der gemeindepolitischen Brisanz des Entfalls der Flächen für das zentrale Feuerwehrhaus Gelegenheit zur internen Vorberatung gegeben werden müssen. Zudem sei in der Sitzung bereits der Feuerwehrbedarfsplan verabschiedet gewesen. Überdies hätten zuvor rechtliche Informationen über die Auswirkungen auf die Zweckvereinbarungen mit den ehemaligen Grundstückseigentümern des geplanten Feuerwehrstandorts zusammengetragen werden müssen, um allen Mitgliedern des Gemeinderats eine Entscheidung auf sachgerechter Grundlage zu ermöglichen. Außerdem könne aus § 34 Abs. 1 Satz 4 GemO kein Anspruch darauf abgeleitet werden, dass der Verhandlungsgegenstand noch in der gleichen Sitzung auf die Tagesordnung gesetzt werde. Er habe bewusst an der Beschlusslage nicht rütteln wollen. Der Feuerwehrstandort sei auch nicht von der Tagesordnung für die Sitzung am 07.12.2015 umfasst gewesen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des Tagesordnungspunkts 2 Buchst. a) „Bekanntgabe der von den Gemeinderäten vorgeschlagenen neuen Asylstandorte“ und der Sitzungsvorlage, die hervorhebe, dass der Feuerwehrstandort bereits in der Sitzung vom 21.09.2015 behandelt worden sei. Eine Beschlussfassung über die bereits behandelten Asylstandorte wäre eine Überraschung gewesen. Außerdem verstieße die Stellungnahme, sollte sie als Antrag auszulegen sein, gegen § 20 Abs. 1 und Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat. Zudem sei zum Zeitpunkt der Stellungnahme der Bedarf des Landratsamts an Flüchtlingsunterkünften bereits gedeckt gewesen, und die entsprechenden Baugesuche des Landratsamts seien durch das gemeindliche Einvernehmen bereits umsetzbar gewesen, wohingegen ein Baugesuch für den Feuerwehrstandort noch nicht einmal skizziert gewesen sei. Schließlich wäre ein Beschluss über den Feuerwehrstandort als Flüchtlingsunterkunft aufgrund der Zweckbindung der Gemeinde beim Erwerb der Flurstücke rechtswidrig, so dass er einem solchen Beschluss hätte widersprechen müssen und die Kommunalaufsicht einen solchen Beschluss hätte beanstanden können. Bezüglich des Klageantrags Ziffer 2 begründe § 38 Abs. 2 GemO als bloße Ordnungsvorschrift keine organschaftlichen Rechte einzelner Gemeinderatsmitglieder. Die organschaftlichen Rechte der Gemeinderatsmitglieder seien bereits während der Gemeinderatssitzung ausgeübt worden. Auch bei einer verspäteten Erstellung könnten die Kläger immer noch ihre Kontrolle über § 24 GemO ausüben. Selbst aus inhaltlichen Einwendungen gegen die Sitzungsniederschrift könne ein Gemeinderatsmitglied keine organschaftlichen Rechte ableiten. Wenn man § 38 Abs. 2 GemO nicht als bloße Ordnungsvorschrift einstufte, stünden daraus abgeleitete organschaftliche Rechte allenfalls dem Gemeinderat als Gesamtorgan zu. Zudem sei es vorliegend von Seiten der Kläger rechtsmissbräuchlich, die Nichteinhaltung der Monatsfrist zu rügen, weil sie durch ihr eigenes Verhalten bewirkt hätten, dass die Monatsfrist nicht habe eingehalten werden können. Bereits seit dem Jahr 2014 betrage die Personaldeckung nur ca. 65 %. Insbesondere die CDU-Fraktion und hier klagende Gemeinderäte hätten die Besetzung geschaffener Stellen durch Vertagungsanträge über ein Jahr lang bis Anfang 2016 verhindert, obgleich dieser unzulängliche Zustand mehrfach nachdrücklich von ihm angeprangert worden sei. Es sei in dieser Situation auch offensichtlich, dass die unzureichende Personalausstattung ursächlich für die späte Herstellung der Sitzungsniederschriften sei. Schließlich sei auch der Klageantrag Ziffer 3 unzulässig, da organschaftliche Rechte des einzelnen Gemeinderatsmitglieds bei der Ausübung des Eilentscheidungsrechts nach § 43 Abs. 4 GemO nicht unmittelbar betroffen würden. Im Übrigen müsse er nicht auf sein Eilentscheidungsrecht abstellen, da ihm gemäß § 6 Abs. 2 Ziffer 2.1 der Hauptsatzung die Bewirtschaftung der Mittel nach dem Haushaltsplan bis zum Betrag von 20.000,00 EUR dauernd übertragen sei. Die Anschaffungen für die Ausstattung des Kindertreffs e.V. seien davon umfasst.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze und die der Kammer vorliegenden Verfahrensvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGOeinzustellen.
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Im Übrigen haben die Klagen überwiegend keinen Erfolg. Der Klageantrag Ziffer 1 ist hinsichtlich der Kläger zu 1., 3., 4. und 5. zulässig und begründet. Hinsichtlich der Klägerinnen zu 6. und 7. ist er dagegen unzulässig (dazu unter 1.). Die Klageanträge Ziffer 2 und Ziffer 3 sind jeweils insgesamt unzulässig (dazu unter 2. und 3.).
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1. Der Klageantrag Ziffer 1 ist als Feststellungsklage im Kommunalverfassungsstreit statthaft, da die Kläger geltend machen, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, in der Gemeinderatssitzung vom 07.12.2015 den von Gemeinderat Dr. XXX formulierten Antrag zur Flüchtlingsunterbringung zu behandeln und eine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen. Durch seine Weigerung, so zu verfahren, habe er die ihnen als Gemeinderäten zustehenden organschaftlichen Mitwirkungsrechte verletzt. Damit begehren sie die Feststellung des Bestehens eines konkreten organschaftlichen Rechtsverhältnisses innerhalb kommunaler Organe, die mit der kommunalverfassungsrechtlichen Feststellungsklage verfolgt werden kann. Die Kläger zu 1., 3., 4. und 5. sind insoweit auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO entspr.; zu diesem Erfordernis vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.12.1988 - 7 B 208/87 -, NVwZ 1989, 470; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.02.1990 - 1 S 588/89 -, NVwZ-RR 1990, 369), da sie sich dem Vorbringen von Gemeinderat Dr. XXX angeschlossen haben. Es erscheint infolge dieses Anschlusses zumindest als möglich, dass sie aufgrund des ihnen als Gemeinderäten zustehenden Antragsrechts einen Anspruch auf Behandlung des Feuerwehrstandorts und Beschlussfassung in der Sitzung vom 07.12.2015 hatten. Die Klägerinnen zu 6. und 7. sind dagegen hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 1 nicht klagebefugt, da sie sich dem Vorbringen von Gemeinderat Dr. XXX nicht angeschlossen und auch keinen eigenen Antrag gestellt haben. Eine Verletzung ihres eigenen Antragsrechts erscheint damit nicht als möglich. Es genügt nicht, dass sie das Vorbringen von Gemeinderat Dr. XXX nur inhaltlich befürwortet haben. Die Kläger zu 1., 3., 4. und 5. verfügen weiter über das erforderliche berechtigte Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO an der begehrten Feststellung. Sie begehren die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses, da die streitgegenständliche Weigerung des Beklagten sich lediglich auf die Sitzung des Gemeinderats am 07.12.2015 bezog. In einem solchen Fall ist ein Interesse an der Feststellung nur unter besonderen Voraussetzungen anzuerkennen. Diese orientieren sich an den rechtlichen Anforderungen zum berechtigten Interesse bei der Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne des § 113 Absatz 1 Satz 4 VwGO, da die Sachverhalte in den wesentlichen Punkten gleichgelagert sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.1993 - 1 S 1888/92 -, VBlBW 1993, 469). Danach ist das Feststellungsinteresse zu bejahen bei einer konkreten Wiederholungsgefahr, wenn die begehrte Feststellung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen erheblich ist oder wenn die Maßnahme diskriminierende Wirkung hatte und der Kläger ein schutzwürdiges Rehabilitierungsinteresse besitzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.1993 - 1 S 1888/92 -, VBlBW 1993, 469). Die Voraussetzungen einer konkreten Wiederholungsgefahr liegen hier vor. Zwar dürfte nicht nochmals mit einem erneuten Antrag eines Gemeinderats, den Feuerwehrstandort zu behandeln und eine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen, zu rechnen sein. Es kann sich indes bei künftigen Gemeinderatssitzungen jederzeit erneut die hier erhebliche allgemeine Frage stellen, unter welchen Voraussetzungen ein Verhandlungsgegenstand von der Tagesordnung des Gemeinderats umfasst ist und unter welchen Voraussetzungen der Beklagte berechtigt ist, einen Sachantrag eines Gemeinderats nicht im Gemeinderat zu behandeln und keiner Beschlussfassung zuzuführen.
20 
Hinsichtlich der Kläger zu 1., 3., 4. und 5. ist der Klageantrag Ziffer 1 auch begründet, weil durch die Weigerung des Beklagten, in der Gemeinderatssitzung vom 07.12.2015 den von Gemeinderat Dr. XXX formulierten Antrag zur Flüchtlingsunterbringung zu behandeln und eine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen, das selbstverständliche, von § 20 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Gemeinderats vom 09.05.2011 vorausgesetzte, aus dem freien Mandat des Gemeinderats nach § 32 Abs. 3 GemO abzuleitende (vgl. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14, Rn. 20; vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Stand: Sept. 2016, § 32, Rn. 3; vgl. VG Freiburg, Beschluss vom 20.02.2006 - 1 K 351/06 -, juris, Rn. 9; vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 15.08.1996 - 3 S 465/96 -, LKV 1997, 229, 230) Recht des einzelnen Gemeinderatsmitglieds, innerhalb der tagesordnungsmäßigen Behandlung eines Gegenstandes Anträge stellen zu können, verletzt wurde.
21 
Das Vorbringen von Gemeinderat Dr. XXX in der Sitzung vom 07.12.2015 unter dem Tagesordnungspunkt 2 Buchst. b), das als Anlage zur Niederschrift über die Sitzung vom 07.12.2015 genommen wurde, enthielt einen Antrag. Dieser liegt in dem Satz „Da gemäß der Sitzungsvorlage der Gemeinderat das weitere Vorgehen herbeizuführen hat, schlagen wir vor, dass die Gemeindeverwaltung das Landratsamt beauftragt, einen Bauantrag über eine Wohncontaineranlage für asylsuchende Menschen am Standort Bohnäcker (angedachtes Gelände für gemeinsames Feuerwehrgelände) zu stellen“. Unter Antrag ist das förmliche Ansinnen an ein Kollegium zu verstehen, einen der Antragsformulierung entsprechenden Beschluss zu fassen (Raum, Das Recht auf Rücknahme von Vorschlägen von der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung, NVwZ 1990, 144, 145). Das Vorliegen eines solchen Antrags ist, da ein solcher eine empfangsbedürftige Willenserklärung des öffentlichen Rechts ist, in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB im Wege der Auslegung zu klären (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2000 - 8 C 28.99 -, juris, Rn.16). Der Wortlaut „schlagen wir vor“ ist im Hinblick auf die Frage, ob es sich um einen Antrag handelt, offen. Ausgehend von diesem Wortlaut ist ein Verständnis dahingehend denkbar, dass es sich um einen Vorschlag im Sinne einer bloßen Anregung handelt. Es erscheint aber auch ein Verständnis dahingehend möglich, dass es sich um einen Vorschlag im Sinne eines förmlichen Beschlussvorschlags handelt. Dies gilt in besonderem Maße angesichts des Umstands, dass in der Sitzungsvorlage der Begriff „Beschlussvorschlag“ verwendet wird und Gemeinderat Dr. XXX auf die Sitzungsvorlage ausdrücklich Bezug nahm („Da gemäß der Sitzungsvorlage der Gemeinderat das weitere Vorgehen herbeizuführen hat …“). Aus der Gesamtschau des weiteren Vorbringens wird dieses letztere Verständnis des Vorbringens aus der Sicht eines objektiven Dritten mit hinreichender Deutlichkeit bestätigt. Gemeinderat Dr. XXX spricht im Weiteren von der „nun anstehenden Entscheidung“, dass es „sicher nicht die 100 % richtige Entscheidung“ geben werde und davon, dass er davon ausgehe, dass ein „positiv gefasster Beschluss“ vom Beklagten akzeptiert und zielgerichtet umgesetzt werde. Die Verwendung des Begriffs „Antrags“ wird weder von der Gemeindeordnung noch nach der Geschäftsordnung des Gemeinderats vom 09.05.2011 gefordert.
22 
Dieser Sachantrag wurde auch wirksam gestellt. Ohne Erfolg verweist der Beklagte insoweit auf § 20 der Geschäftsordnung des Gemeinderats vom 09.05.2011. § 20 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung steht einer wirksamen Antragstellung nicht entgegen, da der Antrag von Gemeinderat Dr. XXX das weitere Vorgehen bezüglich des Feuerwehrstandorts betraf und ausweislich der Sitzungsniederschrift bereits zu Beginn der Beratung über den Tagesordnungspunkt 2 Buchst. b) „Festlegung des weiteren Vorgehens bei den Asylstandorten“ gestellt wurde. § 20 Abs. 2 der Geschäftsordnung steht einer wirksamen Antragstellung ebenfalls nicht entgegen, da es sich vorliegend um keinen Finanzantrag im Sinne von 20 Abs. 2 der Geschäftsordnung handelt. Diese Regelung ist, da sich nahezu jeder Sachantrag zumindest mittelbar auf den Haushalt der Gemeinde auswirken dürfte, angesichts des hohen Stellenwerts des aus dem freien Mandat der Gemeinderäte fließenden Antragsrechts (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 10.12.1986 - 4 B 85 A. 916 -, NVwZ 1988, 83, 85; vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 15.08.1996 - 3 S 465/96 -, LKV 1997, 229, 230) eng auszulegen und auf Anträge mit unmittelbaren finanziellen Auswirkungen zu begrenzen. Der Antrag von Gemeinderat Dr. XXX hat jedoch keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen, da ein positiver Beschluss lediglich einen ersten Schritt zur Unterbringung von Flüchtlingen am Feuerwehrstandort dargestellt hätte.
23 
Der Antrag bezog sich auch auf einen Verhandlungsgegenstand, mit dem sich der Gemeinderat nach der festgesetzten Tagesordnung für die Sitzung vom 07.12.2015 zu befassen hatte. Der Tagesordnungspunkt 2, der mit „Flüchtlingsunterbringung, Beratung und Beschlussfassung“ überschrieben war und vorsah, zunächst „die von den Gemeinderäten vorgeschlagenen neuen Asylstandorte bekanntzugeben“ (Buchst. a), war im Hinblick auf den Feuerwehrstandort nicht eindeutig. Der Feuerwehrstandort war insoweit „neu“, als er mit E-Mail vom 17.11.2015 und damit nach der Gemeinderatssitzung vom 21.09.2015 vorgeschlagen wurde und insoweit „alt“, als er bereits in der Sitzung vom 21.09.2015 vorgestellt worden war. Was Gegenstand eines Tagesordnungspunkts ist, wird maßgeblich durch die den Gemeinderäten übersandten Unterlagen im Zuge der Einladung bestimmt (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 03.05.2011 - 9 A 51/10 -, juris, Rn. 36). Insbesondere wird der Umfang eines Tagesordnungspunkts durch einen bereits versandten Beschlussvorschlag konkretisiert (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 03.05.2011 - 9 A 51/10 -, juris, Rn. 36). Vorliegend wird auf der letzten Seite der Sitzungsvorlage für die Sitzung vom 07.12.2015 ausgeführt, dass „der Gemeinderat nach Wertung und abschließender Prüfung seiner ab dem 16.11.2015 bei der Gemeindeverwaltung eingereichten Standorte eine Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen … habe“. Der sich an diese Ausführungen unmittelbar anschließende Beschlussvorschlag lautet dahingehend, dass das „Gremium das weitere Vorgehen beschließe“. Der streitgegenständliche Feuerwehrstandort ging laut Sitzungsvorlage mit E-Mail des Klägers zu 1. vom 17.11.2015 und damit innerhalb des von dem Beschlussvorschlag erfassten Zeitraums bei der Verwaltung ein. Der Feuerwehrstandort taucht auch als Standort Nr. 9 mit Skizze in der Sitzungsvorlage auf. Es wird zwar erwähnt, dass der Gemeinderat diesen Standort in seiner Sitzung vom 21.09.2015 ausgeschlossen habe. Ein weitergehender Hinweis, dass dieser Standort deswegen nicht Gegenstand der Beschlussfassung in der Sitzung vom 07.12.2015 sein solle, findet sich in der Vorlage aber nicht. Da der Feuerwehrstandort innerhalb des Zeitraums, auf den sich die Beschlussvorlage bezog, erneut vorgeschlagen wurde, wäre dies jedoch erforderlich gewesen, um diesen Standort mit der erforderlichen Eindeutigkeit (zu diesem Erfordernis vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 03.05.2011 - 9 A 51/10 -, juris, Rn. 36) vom Beschlussvorschlag auszunehmen. War der Gegenstand des versandten Beschlussvorschlags damit unter anderem der Beschluss über das weitere Vorgehen bezüglich des Feuerwehrstandorts, so hielt sich der Antrag von Gemeinderat Dr. XXX im Rahmen des Verhandlungsgegenstandes, der unter dem Tagesordnungspunkt Nr. 2 Buchst. a) und b) in der Sitzung am 07.12.2015 behandelt werden sollte. Unerheblich ist, ob der Beklagte zu Beginn der Sitzung den Feuerwehrstandort ausdrücklich von der Tagesordnung ausgenommen hat und sein Verständnis vom Verhandlungsgegenstand unter dem Tagesordnungspunkt Nr. 2 anschließend nochmals dadurch zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Feuerwehrstandort nicht zur Abstimmung stellte. Die Kompetenz des Bürgermeisters, die Tagesordnung festzusetzen und hiermit den Verhandlungsablauf in der Gemeinderatssitzung zu bestimmen, endet mit deren Beginn. Ab diesem Zeitpunkt wird der Gemeinderat als Gesamtgremium für die Behandlung der Beratungsgegenstände und von Anträgen aus dem Gemeinderat zuständig (vgl. VwV zu § 34 GemO; vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2016 - 1 K 246/15 -, juris, Rn. 36; Raum, Das Recht auf Rücknahme von Vorschlägen von der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung, NVwZ 1990, 144, 145).
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Dem Bürgermeister kommt kein inhaltliches Prüfungsrecht hinsichtlich eines Antrags, der sich auf einen Gegenstand der Tagesordnung bezieht, zu. Allein der Gemeinderat darf über die ihm vorgelegten Gegenstände entscheiden. Selbst wenn absehbar ist, dass der Bürgermeister verpflichtet wäre, einen antragsgemäßen Gemeinderatsbeschluss zu beanstanden, wie vorliegend vom Beklagten behauptet, ist er nicht berechtigt, einen solchen Antrag nicht zu behandeln und keine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2016 - 1 K 246/15 -, juris, Rn. 39).
25 
Die Frage einer Vorbehandlung des Feuerwehrstandorts in der Sitzung vom 21.09.2015 im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 6 GemO kann offenbleiben, da § 34 Abs. 1 Satz 6 GemO sich nach seiner systematischen Stellung nur auf das in § 34 Abs. 1 Satz 4 GemO geregelte Initiativrecht bezieht.
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Nach alledem war der Beklagte nicht berechtigt, den von Gemeinderat Dr. XXX formulierten Antrag zur Flüchtlingsunterbringung in der Sitzung vom 07.12.2015 nicht zu behandeln und keine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen und dadurch das Antragsrecht der Kläger zu 1., 3., 4. und 5., die sich diesem Antrag angeschlossen haben, zu beschränken.
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2. Hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 2 ist die Klage insgesamt unzulässig. Es kann offen bleiben, ob die Kläger entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO zur Klage befugt sind. Ihnen fehlt im vorliegenden Fall jedenfalls das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse. Die Kläger begehren auch mit ihrem Klageantrag Ziffer 2 die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses, da ihnen die streitgegenständlichen Sitzungsniederschriften bereits vor Klageerhebung übermittelt worden waren. Ein hier allein in Betracht kommendes Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut eine gleichartige Maßnahme ergehen wird. Ist dagegen ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des staatlichen Handelns, kann das Feststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.10.2006 - 4 C 12/04 -, juris, Rn. 8). Vorliegend ist ungewiss, ob noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse wie im streitgegenständlichen Zeitraum eintreten werden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Sitzungsniederschriften seit Mitte 2016 fristgerecht zur Kenntnis des Gemeinderats gebracht werden. Der Beklagte trägt vor, dass ihm seit der Einstellung einer Mitarbeiterin im Hauptamt zum 01.07.2016 die zeitnahe Zuleitung der Sitzungsniederschriften an den Gemeinderat möglich sei. Damit ist der vom Beklagten für die vorherigen massiven Verzögerungen genannte Grund weggefallen, da er sich auf eine Personalunterdeckung in der Gemeindeverwaltung berief. In der mündlichen Verhandlung betonte der Beklagte, dass ihm die große Bedeutung der Sitzungsniederschriften bewusst sei und er sich für ihre fristgerechte Erstellung auch in Zukunft einsetzen werde.
28 
3. Hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 3 ist die Klage ebenfalls insgesamt unzulässig. Es fehlt an der Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO; denn eine Beeinträchtigung eigener subjektiver Mitwirkungsrechte der Kläger in ihrer Rechtsstellung als Gemeinderäte scheidet von vorneherein aus. Überschreitet der Bürgermeister seine ihm nach § 43 Abs. 4 GemO übertragenen Befugnisse, weil, wie die Kläger geltend machen, die Voraussetzungen für eine Eilentscheidung nicht vorgelegen haben, so liegt darin ein Eingriff allein in die Kompetenz desjenigen Organs, dessen Zuständigkeit im Regelfall gegeben ist. Dies ist nach der Gemeindeordnung regelmäßig das Organ Gemeinderat (§ 24 Abs. 1 GemO) oder ein beschließender Ausschuss (§ 39 GemO), aber nicht der einzelne Gemeinderat (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.09.1992 - 1 S 506/92 -, NVwZ 1993, 396). Angesichts der insoweit seit 1992 unveränderten Rechtslage ist ein Anlass für ein Abrücken von dieser Rechtsprechung nicht ersichtlich.
29 
4. Die Kostenentscheidung über den streitigen Teil beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Hinblick darauf, dass ein unterschiedliches Obsiegen/Unterliegen der Kläger zu 1. bis 7. vorliegt, war bei der einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung die allgemein anerkannte Baumbach’sche Formel anzuwenden. Bezüglich des zurückgenommenen Teils beruht die Kostenentscheidung auf § 155 Abs. 2 VwGO.
30 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
31 
B E S C H L U S S
32 
Der Streitwert wird in Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung gemäß § 52 Abs. 1 GKG und in Anlehnung an Ziffern 1.1.3 und 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen auf EUR 35.000,-- festgesetzt. Dabei erschien es der Kammer angemessen, den im Streitwertkatalog empfohlenen Betrag von EUR 10.000,-- zu halbieren. Bei sieben Klägern ergibt sich ein Streitwert von EUR 35.000,--.
33 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

17 
Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGOeinzustellen.
18 
Im Übrigen haben die Klagen überwiegend keinen Erfolg. Der Klageantrag Ziffer 1 ist hinsichtlich der Kläger zu 1., 3., 4. und 5. zulässig und begründet. Hinsichtlich der Klägerinnen zu 6. und 7. ist er dagegen unzulässig (dazu unter 1.). Die Klageanträge Ziffer 2 und Ziffer 3 sind jeweils insgesamt unzulässig (dazu unter 2. und 3.).
19 
1. Der Klageantrag Ziffer 1 ist als Feststellungsklage im Kommunalverfassungsstreit statthaft, da die Kläger geltend machen, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, in der Gemeinderatssitzung vom 07.12.2015 den von Gemeinderat Dr. XXX formulierten Antrag zur Flüchtlingsunterbringung zu behandeln und eine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen. Durch seine Weigerung, so zu verfahren, habe er die ihnen als Gemeinderäten zustehenden organschaftlichen Mitwirkungsrechte verletzt. Damit begehren sie die Feststellung des Bestehens eines konkreten organschaftlichen Rechtsverhältnisses innerhalb kommunaler Organe, die mit der kommunalverfassungsrechtlichen Feststellungsklage verfolgt werden kann. Die Kläger zu 1., 3., 4. und 5. sind insoweit auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO entspr.; zu diesem Erfordernis vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.12.1988 - 7 B 208/87 -, NVwZ 1989, 470; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.02.1990 - 1 S 588/89 -, NVwZ-RR 1990, 369), da sie sich dem Vorbringen von Gemeinderat Dr. XXX angeschlossen haben. Es erscheint infolge dieses Anschlusses zumindest als möglich, dass sie aufgrund des ihnen als Gemeinderäten zustehenden Antragsrechts einen Anspruch auf Behandlung des Feuerwehrstandorts und Beschlussfassung in der Sitzung vom 07.12.2015 hatten. Die Klägerinnen zu 6. und 7. sind dagegen hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 1 nicht klagebefugt, da sie sich dem Vorbringen von Gemeinderat Dr. XXX nicht angeschlossen und auch keinen eigenen Antrag gestellt haben. Eine Verletzung ihres eigenen Antragsrechts erscheint damit nicht als möglich. Es genügt nicht, dass sie das Vorbringen von Gemeinderat Dr. XXX nur inhaltlich befürwortet haben. Die Kläger zu 1., 3., 4. und 5. verfügen weiter über das erforderliche berechtigte Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO an der begehrten Feststellung. Sie begehren die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses, da die streitgegenständliche Weigerung des Beklagten sich lediglich auf die Sitzung des Gemeinderats am 07.12.2015 bezog. In einem solchen Fall ist ein Interesse an der Feststellung nur unter besonderen Voraussetzungen anzuerkennen. Diese orientieren sich an den rechtlichen Anforderungen zum berechtigten Interesse bei der Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne des § 113 Absatz 1 Satz 4 VwGO, da die Sachverhalte in den wesentlichen Punkten gleichgelagert sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.1993 - 1 S 1888/92 -, VBlBW 1993, 469). Danach ist das Feststellungsinteresse zu bejahen bei einer konkreten Wiederholungsgefahr, wenn die begehrte Feststellung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen erheblich ist oder wenn die Maßnahme diskriminierende Wirkung hatte und der Kläger ein schutzwürdiges Rehabilitierungsinteresse besitzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.1993 - 1 S 1888/92 -, VBlBW 1993, 469). Die Voraussetzungen einer konkreten Wiederholungsgefahr liegen hier vor. Zwar dürfte nicht nochmals mit einem erneuten Antrag eines Gemeinderats, den Feuerwehrstandort zu behandeln und eine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen, zu rechnen sein. Es kann sich indes bei künftigen Gemeinderatssitzungen jederzeit erneut die hier erhebliche allgemeine Frage stellen, unter welchen Voraussetzungen ein Verhandlungsgegenstand von der Tagesordnung des Gemeinderats umfasst ist und unter welchen Voraussetzungen der Beklagte berechtigt ist, einen Sachantrag eines Gemeinderats nicht im Gemeinderat zu behandeln und keiner Beschlussfassung zuzuführen.
20 
Hinsichtlich der Kläger zu 1., 3., 4. und 5. ist der Klageantrag Ziffer 1 auch begründet, weil durch die Weigerung des Beklagten, in der Gemeinderatssitzung vom 07.12.2015 den von Gemeinderat Dr. XXX formulierten Antrag zur Flüchtlingsunterbringung zu behandeln und eine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen, das selbstverständliche, von § 20 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Gemeinderats vom 09.05.2011 vorausgesetzte, aus dem freien Mandat des Gemeinderats nach § 32 Abs. 3 GemO abzuleitende (vgl. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14, Rn. 20; vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Stand: Sept. 2016, § 32, Rn. 3; vgl. VG Freiburg, Beschluss vom 20.02.2006 - 1 K 351/06 -, juris, Rn. 9; vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 15.08.1996 - 3 S 465/96 -, LKV 1997, 229, 230) Recht des einzelnen Gemeinderatsmitglieds, innerhalb der tagesordnungsmäßigen Behandlung eines Gegenstandes Anträge stellen zu können, verletzt wurde.
21 
Das Vorbringen von Gemeinderat Dr. XXX in der Sitzung vom 07.12.2015 unter dem Tagesordnungspunkt 2 Buchst. b), das als Anlage zur Niederschrift über die Sitzung vom 07.12.2015 genommen wurde, enthielt einen Antrag. Dieser liegt in dem Satz „Da gemäß der Sitzungsvorlage der Gemeinderat das weitere Vorgehen herbeizuführen hat, schlagen wir vor, dass die Gemeindeverwaltung das Landratsamt beauftragt, einen Bauantrag über eine Wohncontaineranlage für asylsuchende Menschen am Standort Bohnäcker (angedachtes Gelände für gemeinsames Feuerwehrgelände) zu stellen“. Unter Antrag ist das förmliche Ansinnen an ein Kollegium zu verstehen, einen der Antragsformulierung entsprechenden Beschluss zu fassen (Raum, Das Recht auf Rücknahme von Vorschlägen von der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung, NVwZ 1990, 144, 145). Das Vorliegen eines solchen Antrags ist, da ein solcher eine empfangsbedürftige Willenserklärung des öffentlichen Rechts ist, in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB im Wege der Auslegung zu klären (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2000 - 8 C 28.99 -, juris, Rn.16). Der Wortlaut „schlagen wir vor“ ist im Hinblick auf die Frage, ob es sich um einen Antrag handelt, offen. Ausgehend von diesem Wortlaut ist ein Verständnis dahingehend denkbar, dass es sich um einen Vorschlag im Sinne einer bloßen Anregung handelt. Es erscheint aber auch ein Verständnis dahingehend möglich, dass es sich um einen Vorschlag im Sinne eines förmlichen Beschlussvorschlags handelt. Dies gilt in besonderem Maße angesichts des Umstands, dass in der Sitzungsvorlage der Begriff „Beschlussvorschlag“ verwendet wird und Gemeinderat Dr. XXX auf die Sitzungsvorlage ausdrücklich Bezug nahm („Da gemäß der Sitzungsvorlage der Gemeinderat das weitere Vorgehen herbeizuführen hat …“). Aus der Gesamtschau des weiteren Vorbringens wird dieses letztere Verständnis des Vorbringens aus der Sicht eines objektiven Dritten mit hinreichender Deutlichkeit bestätigt. Gemeinderat Dr. XXX spricht im Weiteren von der „nun anstehenden Entscheidung“, dass es „sicher nicht die 100 % richtige Entscheidung“ geben werde und davon, dass er davon ausgehe, dass ein „positiv gefasster Beschluss“ vom Beklagten akzeptiert und zielgerichtet umgesetzt werde. Die Verwendung des Begriffs „Antrags“ wird weder von der Gemeindeordnung noch nach der Geschäftsordnung des Gemeinderats vom 09.05.2011 gefordert.
22 
Dieser Sachantrag wurde auch wirksam gestellt. Ohne Erfolg verweist der Beklagte insoweit auf § 20 der Geschäftsordnung des Gemeinderats vom 09.05.2011. § 20 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung steht einer wirksamen Antragstellung nicht entgegen, da der Antrag von Gemeinderat Dr. XXX das weitere Vorgehen bezüglich des Feuerwehrstandorts betraf und ausweislich der Sitzungsniederschrift bereits zu Beginn der Beratung über den Tagesordnungspunkt 2 Buchst. b) „Festlegung des weiteren Vorgehens bei den Asylstandorten“ gestellt wurde. § 20 Abs. 2 der Geschäftsordnung steht einer wirksamen Antragstellung ebenfalls nicht entgegen, da es sich vorliegend um keinen Finanzantrag im Sinne von 20 Abs. 2 der Geschäftsordnung handelt. Diese Regelung ist, da sich nahezu jeder Sachantrag zumindest mittelbar auf den Haushalt der Gemeinde auswirken dürfte, angesichts des hohen Stellenwerts des aus dem freien Mandat der Gemeinderäte fließenden Antragsrechts (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 10.12.1986 - 4 B 85 A. 916 -, NVwZ 1988, 83, 85; vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 15.08.1996 - 3 S 465/96 -, LKV 1997, 229, 230) eng auszulegen und auf Anträge mit unmittelbaren finanziellen Auswirkungen zu begrenzen. Der Antrag von Gemeinderat Dr. XXX hat jedoch keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen, da ein positiver Beschluss lediglich einen ersten Schritt zur Unterbringung von Flüchtlingen am Feuerwehrstandort dargestellt hätte.
23 
Der Antrag bezog sich auch auf einen Verhandlungsgegenstand, mit dem sich der Gemeinderat nach der festgesetzten Tagesordnung für die Sitzung vom 07.12.2015 zu befassen hatte. Der Tagesordnungspunkt 2, der mit „Flüchtlingsunterbringung, Beratung und Beschlussfassung“ überschrieben war und vorsah, zunächst „die von den Gemeinderäten vorgeschlagenen neuen Asylstandorte bekanntzugeben“ (Buchst. a), war im Hinblick auf den Feuerwehrstandort nicht eindeutig. Der Feuerwehrstandort war insoweit „neu“, als er mit E-Mail vom 17.11.2015 und damit nach der Gemeinderatssitzung vom 21.09.2015 vorgeschlagen wurde und insoweit „alt“, als er bereits in der Sitzung vom 21.09.2015 vorgestellt worden war. Was Gegenstand eines Tagesordnungspunkts ist, wird maßgeblich durch die den Gemeinderäten übersandten Unterlagen im Zuge der Einladung bestimmt (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 03.05.2011 - 9 A 51/10 -, juris, Rn. 36). Insbesondere wird der Umfang eines Tagesordnungspunkts durch einen bereits versandten Beschlussvorschlag konkretisiert (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 03.05.2011 - 9 A 51/10 -, juris, Rn. 36). Vorliegend wird auf der letzten Seite der Sitzungsvorlage für die Sitzung vom 07.12.2015 ausgeführt, dass „der Gemeinderat nach Wertung und abschließender Prüfung seiner ab dem 16.11.2015 bei der Gemeindeverwaltung eingereichten Standorte eine Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen … habe“. Der sich an diese Ausführungen unmittelbar anschließende Beschlussvorschlag lautet dahingehend, dass das „Gremium das weitere Vorgehen beschließe“. Der streitgegenständliche Feuerwehrstandort ging laut Sitzungsvorlage mit E-Mail des Klägers zu 1. vom 17.11.2015 und damit innerhalb des von dem Beschlussvorschlag erfassten Zeitraums bei der Verwaltung ein. Der Feuerwehrstandort taucht auch als Standort Nr. 9 mit Skizze in der Sitzungsvorlage auf. Es wird zwar erwähnt, dass der Gemeinderat diesen Standort in seiner Sitzung vom 21.09.2015 ausgeschlossen habe. Ein weitergehender Hinweis, dass dieser Standort deswegen nicht Gegenstand der Beschlussfassung in der Sitzung vom 07.12.2015 sein solle, findet sich in der Vorlage aber nicht. Da der Feuerwehrstandort innerhalb des Zeitraums, auf den sich die Beschlussvorlage bezog, erneut vorgeschlagen wurde, wäre dies jedoch erforderlich gewesen, um diesen Standort mit der erforderlichen Eindeutigkeit (zu diesem Erfordernis vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 03.05.2011 - 9 A 51/10 -, juris, Rn. 36) vom Beschlussvorschlag auszunehmen. War der Gegenstand des versandten Beschlussvorschlags damit unter anderem der Beschluss über das weitere Vorgehen bezüglich des Feuerwehrstandorts, so hielt sich der Antrag von Gemeinderat Dr. XXX im Rahmen des Verhandlungsgegenstandes, der unter dem Tagesordnungspunkt Nr. 2 Buchst. a) und b) in der Sitzung am 07.12.2015 behandelt werden sollte. Unerheblich ist, ob der Beklagte zu Beginn der Sitzung den Feuerwehrstandort ausdrücklich von der Tagesordnung ausgenommen hat und sein Verständnis vom Verhandlungsgegenstand unter dem Tagesordnungspunkt Nr. 2 anschließend nochmals dadurch zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Feuerwehrstandort nicht zur Abstimmung stellte. Die Kompetenz des Bürgermeisters, die Tagesordnung festzusetzen und hiermit den Verhandlungsablauf in der Gemeinderatssitzung zu bestimmen, endet mit deren Beginn. Ab diesem Zeitpunkt wird der Gemeinderat als Gesamtgremium für die Behandlung der Beratungsgegenstände und von Anträgen aus dem Gemeinderat zuständig (vgl. VwV zu § 34 GemO; vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2016 - 1 K 246/15 -, juris, Rn. 36; Raum, Das Recht auf Rücknahme von Vorschlägen von der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung, NVwZ 1990, 144, 145).
24 
Dem Bürgermeister kommt kein inhaltliches Prüfungsrecht hinsichtlich eines Antrags, der sich auf einen Gegenstand der Tagesordnung bezieht, zu. Allein der Gemeinderat darf über die ihm vorgelegten Gegenstände entscheiden. Selbst wenn absehbar ist, dass der Bürgermeister verpflichtet wäre, einen antragsgemäßen Gemeinderatsbeschluss zu beanstanden, wie vorliegend vom Beklagten behauptet, ist er nicht berechtigt, einen solchen Antrag nicht zu behandeln und keine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2016 - 1 K 246/15 -, juris, Rn. 39).
25 
Die Frage einer Vorbehandlung des Feuerwehrstandorts in der Sitzung vom 21.09.2015 im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 6 GemO kann offenbleiben, da § 34 Abs. 1 Satz 6 GemO sich nach seiner systematischen Stellung nur auf das in § 34 Abs. 1 Satz 4 GemO geregelte Initiativrecht bezieht.
26 
Nach alledem war der Beklagte nicht berechtigt, den von Gemeinderat Dr. XXX formulierten Antrag zur Flüchtlingsunterbringung in der Sitzung vom 07.12.2015 nicht zu behandeln und keine Beschlussfassung hierüber herbeizuführen und dadurch das Antragsrecht der Kläger zu 1., 3., 4. und 5., die sich diesem Antrag angeschlossen haben, zu beschränken.
27 
2. Hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 2 ist die Klage insgesamt unzulässig. Es kann offen bleiben, ob die Kläger entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO zur Klage befugt sind. Ihnen fehlt im vorliegenden Fall jedenfalls das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse. Die Kläger begehren auch mit ihrem Klageantrag Ziffer 2 die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses, da ihnen die streitgegenständlichen Sitzungsniederschriften bereits vor Klageerhebung übermittelt worden waren. Ein hier allein in Betracht kommendes Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut eine gleichartige Maßnahme ergehen wird. Ist dagegen ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des staatlichen Handelns, kann das Feststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.10.2006 - 4 C 12/04 -, juris, Rn. 8). Vorliegend ist ungewiss, ob noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse wie im streitgegenständlichen Zeitraum eintreten werden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Sitzungsniederschriften seit Mitte 2016 fristgerecht zur Kenntnis des Gemeinderats gebracht werden. Der Beklagte trägt vor, dass ihm seit der Einstellung einer Mitarbeiterin im Hauptamt zum 01.07.2016 die zeitnahe Zuleitung der Sitzungsniederschriften an den Gemeinderat möglich sei. Damit ist der vom Beklagten für die vorherigen massiven Verzögerungen genannte Grund weggefallen, da er sich auf eine Personalunterdeckung in der Gemeindeverwaltung berief. In der mündlichen Verhandlung betonte der Beklagte, dass ihm die große Bedeutung der Sitzungsniederschriften bewusst sei und er sich für ihre fristgerechte Erstellung auch in Zukunft einsetzen werde.
28 
3. Hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 3 ist die Klage ebenfalls insgesamt unzulässig. Es fehlt an der Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO; denn eine Beeinträchtigung eigener subjektiver Mitwirkungsrechte der Kläger in ihrer Rechtsstellung als Gemeinderäte scheidet von vorneherein aus. Überschreitet der Bürgermeister seine ihm nach § 43 Abs. 4 GemO übertragenen Befugnisse, weil, wie die Kläger geltend machen, die Voraussetzungen für eine Eilentscheidung nicht vorgelegen haben, so liegt darin ein Eingriff allein in die Kompetenz desjenigen Organs, dessen Zuständigkeit im Regelfall gegeben ist. Dies ist nach der Gemeindeordnung regelmäßig das Organ Gemeinderat (§ 24 Abs. 1 GemO) oder ein beschließender Ausschuss (§ 39 GemO), aber nicht der einzelne Gemeinderat (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.09.1992 - 1 S 506/92 -, NVwZ 1993, 396). Angesichts der insoweit seit 1992 unveränderten Rechtslage ist ein Anlass für ein Abrücken von dieser Rechtsprechung nicht ersichtlich.
29 
4. Die Kostenentscheidung über den streitigen Teil beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Hinblick darauf, dass ein unterschiedliches Obsiegen/Unterliegen der Kläger zu 1. bis 7. vorliegt, war bei der einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung die allgemein anerkannte Baumbach’sche Formel anzuwenden. Bezüglich des zurückgenommenen Teils beruht die Kostenentscheidung auf § 155 Abs. 2 VwGO.
30 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
31 
B E S C H L U S S
32 
Der Streitwert wird in Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung gemäß § 52 Abs. 1 GKG und in Anlehnung an Ziffern 1.1.3 und 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen auf EUR 35.000,-- festgesetzt. Dabei erschien es der Kammer angemessen, den im Streitwertkatalog empfohlenen Betrag von EUR 10.000,-- zu halbieren. Bei sieben Klägern ergibt sich ein Streitwert von EUR 35.000,--.
33 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

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Tenor Die Klagen werden abgewiesen.Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand  1 Die beiden Klägerinnen sind jeweils Fraktionsgemeinschaften im Gemeinderat der Stadt Freiburg. Sie begehren vom beklagte

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Beschluss des Gemeinderates der Stadt ...-... vom 25.01.2006 zu Tagesordnungspunkt 3.3 - Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 der Verwaltungsgemeinschaft ...-..., Aufstellungsbeschluss - vorläufig nicht zu vollziehen und den Tagesordnungspunkt 1.1 von der 2. Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22. Februar 2006 abzusetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I. Der Antragsteller begehrt - bei sachdienlicher Auslegung seines Antrages -, dass aus der Beschlussfassung des Gemeinderats der Stadt ...-... über die Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes am 25.01.2006 vorläufig keine Folgen gezogen werden und der gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22.06.2006 diesen Tagesordnungspunkt nicht behandelt.
Die Große Kreisstadt ...-... ist nach einer Vereinbarung 14.6.1974 (mit drei nachfolgenden Änderungen, zuletzt vom 21.11.1983) erfüllende Gemeinde eines Gemeindeverwaltungsverbandes für die Gemeinden ..., ..., ..., ..., ... und .... Sie erfüllt in eigener Zuständigkeit nach § 1 Abs. 4 die vorbereitende Bauleitplanung. Die beteiligten Gemeinden bilden einen gemeinsamen Ausschuss, welcher an Stelle des Gemeinderates der Stadt über die vorbereitende Bauleitplanung entscheidet, soweit nicht der Oberbürgermeister zuständig ist. Dieser besteht aus 26 Mitgliedern, darunter die Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden sowie 13 weitere Vertreter der Stadt und ein weiterer jeweiliger Vertreter der Nachbargemeinden. Vorsitzender des Gemeinsamen Ausschusses ist der Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt ...-....
Der Antragsteller ist Stadtrat der Großen Kreisstadt ...-.... Auf der Tagesordnung der 21. Sitzung des Gemeinderates der Großen Kreisstadt ...-... standen im Anschluss an den Bericht des Oberbürgermeisters und die Bekanntgabe von nicht öffentlich gefassten Beschlüssen verschiedene Beschlussvorlagen, darunter zuerst der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „..., ... ... ...“ (Vorlage Nr. 440) und - nach einem weiteren Tagesordnungspunkt - die Beschlussfassung zur Sechsten Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 der Verwaltungsgemeinschaft ...-... (Aufstellungsbeschluss, Vorlage Nr. 407). Durch Schreiben vom 17.01.2006 beantragte der Antragsteller auf die Änderung des Flächennutzungsplanes zu verzichten, um das Gebiet zwischen ... und L ... als landwirtschaftliche Nutzfläche und als Grünzone zwischen dem Stadtbezirk ... und dem Zentralbereich zu erhalten. Er begründete diesen Antrag schriftlich damit, dass eine Abwägung darüber, ob der mit der Planung verbundene Eingriff in die Landschaft vertretbar und notwendig sei, fehle. Die Anforderungen des § 1a BauGB würden nicht erfüllt und der geplante Landschaftsverbrauch sei nicht vertretbar, was er weitergehend erläuterte.
In der Gemeinderatssitzung am 25.01.2006 wurde ausweislich des von der Großen Kreisstadt ...-... übersandten Ergebnisprotokolles im Anschluss an die ersten beiden Tagesordnungspunkte zunächst der Bebauungsplan ... aufgerufen. Stadtrat Dr. G. bat, die Tagesordnungspunkte 3.1 (Bebauungsplan ...) und 3.3 (Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes) zusammenzulegen und zu diskutieren und danach getrennt abzustimmen. Der Antragsgegner sagte dies zu. In der Beratung sprach der Antragsteller zweimal zur Sache und stellte auch zwei Änderungsanträge zu dem Bebauungsplan. Die Aussprache differenzierte nicht näher zwischen Bebauungsplan und Flächennutzungsplan, sondern stellte insgesamt auf das Projekt ab. Der Antragsteller bat in seinem zweiten Wortbeitrag abschließend darum, den Bebauungsplan wenigstens ein Stück weit zu verschieben oder den Flächennutzungsplan abzulehnen. Am Ende der Debatte stellte Stadtrat Sch. den Antrag, diesen Tagesordnungspunkt (damit ist der im Protokoll separat aufgeführte Tagesordnungspunkt zum Bebauungsplan gemeint) zu vertagen, was mehrheitlich abgelehnt wurde. Die inhaltlichen Anträge des Antragstellers zum Bebauungsplan wurden abgelehnt, der Verwaltungsantrag sodann angenommen.
Im Protokoll der Gemeinderatssitzung ist dann unter § 3 als nächster Tagesordnungspunkt die Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 aufgeführt (S. 17). Danach verwies der Antragsgegner hierzu auf die Drucksache und machte darauf aufmerksam, dass der Gemeinderat damit einverstanden gewesen sei, die Diskussion zu diesem Punkt im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan ... zu führen und über den Flächennutzungsplan extra abzustimmen. Der Antragsgegner ließ laut Protokoll sodann dazu keine Wortmeldungen zu. Anschließend wurde der Verwaltungsantrag aus der Drucksache Nr. 407 mehrheitlich beschlossen.
Der Antragsteller trägt vor, er habe am 17.1.2006 schriftlich auch einen Änderungsantrag zum Tagesordnungspunkt Flächennutzungsplan gestellt, über den nicht abgestimmt worden sei und zu dem er auch nicht habe sprechen können, weil ihm trotz Wortmeldung das Wort nicht mehr erteilt worden sei.
Der Antragsgegner trägt vor, das dem Gericht vorliegende Ergebnisprotokoll gebe nicht den vollständigen Wortlaut des Sitzungsablaufes wieder; der Oberbürgermeister habe vielmehr den Gemeinderat gefragt, ob er mit der von Stadtrat Dr. G vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden sei. Nachdem keine negative Reaktion erfolgt sei, habe er festgestellt, dass so verfahren werden könne.
II. Der zulässige Antrag ist begründet, denn bei der Behandlung des Tagesordnungspunkts „Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes“ wurde das Rederecht des Antragstellers verletzt, das ohne Erlass der einstweiligen Anordnung durch Beschlussfassung in dem gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22.02.2006 dauerhaft vereitelt würde.
1. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist statthaft, denn verfahrensleitende Handlungen des Oberbürgermeisters als Vorsitzenden des Gemeinderates (§ 42 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 S. 1 GemO), hier: die Ablehnung, dem Antragsteller das Wort zum Tagesordnungspunkt „Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 der Verwaltungsgemeinschaft...-...“ zu erteilen, sind als Anordnungen im organschaftlichen Innenverhältnis keine Verwaltungsakte (vgl. Erichsen/Biermann, JURA 1997, 157 [161]; VGH Bad.-Württ., Urt. vom 11.10.1982 - 1 S 828/81 -, VBlBW 1983, 342 zum Sitzungsausschluss). Stadtrat und Oberbürgermeister sind in einem derartigen Rechtsstreit entsprechend § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig, weil sie jeweils eigene Rechte geltend machen können und zwischen ihnen ein innerorganschaftliches Rechtsverhältnis besteht. Der Antragsteller kann sich insoweit auf sein aus dem freien Mandat abzuleitendes Rederecht (§§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1, 37 Abs. 1 GemO) und Antragstellungsrecht während der Gemeinderatssitzung berufen (vgl. Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl. 2005, Rdnr. 267; VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 04.11.1993 - 1 S 953/93 -, VBlBW 1994, 99 zum Rederecht; Sächs. OVG, Beschl. vom 15.08.1996 - 3 S 465/96 -, DVBl. 1997, 1287; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 21.12.1988 - 15 A 951/87 -, NVwZ-RR 1989, 380 zum Antragsrecht); der Oberbürgermeister leitet nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GemO die Sitzungen des Gemeinderates als dessen Vorsitzender (§ 42 Abs. 1 Satz 1 GemO). Darüber hinaus gewährt auch die Geschäftsordnung des Gemeinderates der Großen Kreisstadt ...-... dem Antragsteller in §§ 13 Abs. 1, 15, 19 entsprechende Rechte auf Antragstellung und Rede zur Sache (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119; wobei hier dahingestellt bleiben kann, ob diese Befugnisse über den gesetzlich gewährten Mindeststandard hinausreichen, wie es das OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.03.2004, 15 A 2360/02, NVwZ-RR 2004, 674; Beschl. v. 14.07.2004, 15 A 12148/04, NVwZ-RR 2005, 427, für möglich hält. Zu prozessualen Folgen von Verfahrensverstößen bzgl. der Geschäftsordnung vgl. ausführlich Schneider, NWVBl. 1996, 89 [91 ff.]). Der Antragsteller kann sich also insofern auch auf seine Stellung als Gemeinderat schützende Rechte entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO berufen (vgl. ausführlich hierzu Sächs. OVG, a.a.O., S. 1288 f.), und zwar unbeschadet des Umstandes, dass er keinen - weitergehenden - organschaftlichen Anspruch auf rechtmäßige Entscheidungen der Gemeinderatsmehrheit hat, wovon er möglicherweise ausgeht. Dahingestellt bleiben kann schließlich, ob der Kläger in der Hauptsache eine Feststellungs- oder eine Leistungsklage erheben kann, denn auch ein Feststellungsanspruch erweist sich als vorläufig sicherungswürdig (vgl. Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO-Ktr., § 123 Rn. 44; Bauer/Krause, JuS 1996, 512 [517]).
10 
2. Es besteht auch ein Anordnungsgrund, der glaubhaft gemacht ist (§ 123 Abs. 3, § 920 Abs. 2 ZPO). Beschließendes Gremium für den Flächennutzungsplan ist nach § 2 Abs. 1 der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung vom 14.06.1974 i.V.m. §§ 61 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, 60 Abs. 4 Satz 2 GemO der beschließende Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft...-..., der über die Einleitung des Verfahrens zur Sechsten Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 am 22.02.2006 beschließen soll. Eine ordnungsgemäße Beratung und Beschlussfassung in den Gremien der Verwaltungsgemeinschaft kann grundsätzlich auch dann erfolgen, wenn das vorausgegangene Beratungsverfahren in dem Gemeinderat einer Mitgliedsgemeinde fehlerhaft war, weil insoweit die Zuständigkeit nach § 60 Abs. 4 Satz 2 GemO allein beim gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft liegt (vgl. Ade, GemO-Ktr., § 60 Anm. 4); allenfalls in einer hier nicht vorliegenden Sondersituation könnte eine solche Beschlussfassung gegen den Grundsatz der Organtreue bzw. mitgliedsgemeinde-freundlichen Verhaltens verstoßen. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass die Abstimmung in dem gemeinsamen Ausschuss nach § 60 Abs. 1 u. 4 GemO i.V.m. § 13 Abs. 2 S. 3 GKZ für die jeweiligen Gemeinden einheitlich erfolgen muss und die Mitgliedsgemeinden nach § 60 Abs. 1 GemO i.V.m. § 13 Abs. 5 GKZ ihren Vertretern Weisungen hinsichtlich des Abstimmungsverhaltens erteilen können, wovon die Große Kreisstadt...-... durch Beschlussfassung über die Sechste Änderung des Flächennutzungsplans in der Sitzung des Gemeinderats vom 25.01.2006 auch Gebrauch machen wollte. Insofern würde eine „endgültige“ Abstimmung der Vertreter der Großen ... ...-... im Gemeinsamen Ausschuss am 22.02.2006 auf einem rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss beruhen, falls dieser unter Verletzung des Rederechts des Antragstellers zustande gekommen war (vgl. hierzu Schneider, NVVBl. 1996, 89 [91 ff.]). Die dem Antragsteller aufgrund seines Rederechts eröffnete Möglichkeit, zu einer anderen Stimmbindung der Gemeindevertreter zu gelangen, würde vereitelt, wenn der hierfür zuständige Gemeinsame Ausschuss - abschließend - über die Einleitung des Verfahrens zur 6. Änderung des Flächennutzungsplans beschließen würde.
11 
3. Der Antragsteller hat schließlich auch einen Anordnungsanspruch, weil er bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache hat (vgl. zu den strengen Anforderungen an das Vorlegen eines Anordnungsanspruches Bauer/ Krause, JuS 1996, 512 [517] m.w.N.; Franz, JURA 2005, 156 [161]; Pietzner/ Ronellenfitsch, Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 11. Aufl. 2005, § 59 Rn. 27; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 20.07.1992 - 15 B 1643/92 -, NVwZ 1993, 399), weil bei der Beratung und Beschlussfassung über den Tagesordnungspunkt „Flächennutzungsplan“ sein Rederecht (§§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1, 37 Abs. 1 GemO, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 04.11.1993 - 1 S 953/93 -, VBlBW 1994, 99) verletzt wurde und der Gemeinderatsbeschluss deshalb rechtswidrig ist. Denn es ist durch das im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auszugsweise vorgelegte Ergebnisprotokoll der Gemeinderatssitzung - auch wenn die Niederschrift noch nicht alle nach § 38 Abs. 2 Satz 1 GemO erforderlichen Unterschriften aufweisen sollte, was wegen der Eilbedürftigkeit nicht abschließend geklärt werden kann - ausreichend glaubhaft gemacht, dass das Rederecht des Antragstellers verletzt worden ist. Nachdem der Gemeinderat bereits mit der Tagesordnung begonnen hatte und die ersten beiden Tagesordnungspunkte „Bericht des Oberbürgermeister“ und „Bekanntgabe von nicht öffentlich gefassten Beschlüssen“ bereits abgeschlossen waren, hatte nur noch der Gemeinderat als Gremium die Möglichkeit, von der durch den Bürgermeister festgesetzten Tagesordnung abzuweichen. Die Kompetenz des Oberbürgermeisters, die Tagesordnung festzusetzen und hiermit den Verhandlungsablauf in der Gemeinderatssitzung zu bestimmen, endet nämlich mit Eintritt in die Tagesordnung und Aufruf des ersten Tagesordnungspunktes. Sobald der erste Tagesordnungspunkt aufgerufen worden ist, wird der Gemeinderat als Gesamtgremium für die Behandlung der Beratungsgegenstände und von Anträgen aus dem Gemeinderat zuständig (so auch die VwV zu § 34 GemO, Ziff. 1; Gern, a.a.O., Rn. 244).
12 
Der Geschäftsordnungsantrag des Stadtrates Dr. G. auf gemeinsame Beratung der Tagesordnungspunkte 3.1 und 3.3 hätte damit vom Gemeinderat nach § 12 Abs. 2 der Geschäftsordnung beschlossen werden müssen, um wirksam zu sein. Da die Niederschrift über die Verhandlungen des Gemeinderates nach § 38 Abs. 1 S. 1 GemO alle Anträge, die Abstimmungs- und Wahlergebnisse und den Wortlaut der Beschlüsse enthalten muss, ist davon auszugehen, dass das ordnungsgemäß angefertigte Protokoll eine - widerlegliche - Vermutung für die Richtigkeit beinhaltet (vgl. VGH Bad,-Württ., Urt. vom 09.10.1989 - 1 S 5/88 -, NJW 1990, 1808; Ade, GemO-Ktr., § 38 Anm. 1) und es an der erforderlichen Beschlussfassung über den Geschäftsordnungsantrag des Stadtrates Dr. G. fehlte. Ein weiteres - schwächeres - Indiz hierfür ist, dass die Niederschrift die Tagesordnungspunkte getrennt ausweist und nicht zusammenfasst. Demgegenüber ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass der Oberbürgermeister den Geschäftsordnungsantrag von Stadtrat Dr. G. zur Abstimmung gestellt und der Gemeinderat dazu zumindest konkludent einen Beschluss über die gemeinsame Beratung bei getrennter Beschlussfassung der beiden Tagesordnungspunkte gefasst hat. Die bloße Erklärung der Vertreterin des Antragsgegners, nach ihrer Erinnerung habe der Antragsgegner den Gemeinderat gefragt, ob er mit der von Dr. G. vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden sei, vermag die Vermutungswirkung der Niederschrift allein noch nicht zu widerlegen; erforderlich wäre - zumindest - eine eidesstattliche Versicherung des Antragsgegners und/oder anderer Zeugen.
13 
Da die erforderliche gemeinderätliche Beschlussfassung mit für das einstweilige Rechtsschutzverfahren hinreichender Wahrscheinlichkeit fehlte, war der Antragsteller auch nicht gehalten, einen etwaigen Verfahrensverstoß unmittelbar im Anschluss an die Zusage des Antragsgegners zu rügen (vgl. zur unmittelbaren Rügepflicht VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.12.1992, 1 S 1834/92, VBlBW 1993, 296; Urt. vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Er konnte sich darauf beschränken, sich vor der Abstimmung zum Tagesordnungspunkt Flächennutzungsplan zu Wort zu melden und in diesem Zusammenhang zu rügen, dass er nicht das Wort erhalten hatte. Letzteres ist ausreichend glaubhaft gemacht, weil das Protokoll vermerkt, dass der Oberbürgermeister zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldungen mehr zugelassen hat und der Antragsteller unwidersprochen vorträgt, er habe das Wort gewünscht, um seinen Antrag zu begründen. In dieser Situation von einem Gemeinderat zu fordern, er müsse den die Gemeinderatssitzung leitenden Oberbürgermeister darauf hinweisen, dass er mit einer solchen Vorgehensweise gegen den ordnungsgemäßen Sitzungsablauf verstoße oder verlangen, dass er eine Erklärung entsprechend § 38 Abs. 1 Satz 2 GemO zu Protokoll gibt, würde die Anforderungen im konkreten Fall überspannen. Denn eine Beratung, in der ein Verfahrensverstoß hätte geltend gemacht werden können, hat hier überhaupt nicht stattgefunden; und § 38 Abs. 1 Satz 2 GemO räumt dem Gemeinderat ein Recht ein, von dem er Gebrauch machen kann, knüpft aber keine verfahrensrechtlichen Folgen an den Umstand, dass ein Gemeinderat sich nicht „erklärt“.
14 
Ein Anordnungsanspruch wegen Verletzung des Rederechts eines Gemeinderates ergibt sich auch aus der Funktion des Rederechtes im Rahmen der Willensbildung im Gemeinderat: Gemeinden müssen nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Diese Vertretung ist der Gemeinderat (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 GemO). Die hierin und in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Verpflichtung auf das Demokratieprinzip als Organisationsprinzip beeinflusst die Rechtsstellung des Gemeinderates, auch wenn der Gemeinderat kein Parlament im staatsrechtlichen Sinne, sondern ein besonderes Verwaltungsorgan ist. Das Demokratieprinzip ist nach Art. 28 Abs. 1 GG und Art. 72 LV grundlegender Baustein der kommunalen Selbstverwaltung und beeinflusst die Auslegung der den gewählten Einwohnervertretern zukommenden Rechte mit der Folge, dass im Zweifel einer Vereitelung der originären Mitwirkungsrechte des Antragstellers an der Willensbildung im Entscheidungsgremium - hier dem Gemeinderat, der das Abstimmungsverhalten der Vertreter im Gemeinsamen Ausschuss festlegt - entgegenzuwirken ist. Insofern entspricht es dem Gebot effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG, zu sichern, dass das für eine funktionierende Demokratie wichtige Rederecht des Gemeinderates in der Gemeindevertretung nicht leer läuft und irreversibel verletzt wird.
15 
Da der Antragsgegner in seiner Funktion als Oberbürgermeister nicht nur Vorsitzender des Gemeinderates der Großen Kreisstadt ...-..., sondern gem. § 60 Abs. 4 Satz 3, 3. Hs. GemO in Personalunion Vorsitzender des gemeinsamen Ausschusses ist, richtet sich der organschaftliche Anspruch des Antragstellers auch darauf, dass dieser den Tagesordnungspunkt 1.1 von der 2. Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22. Februar 2006 absetzt. Zwar besteht das organschaftliche Verhältnis, in dem die Verletzung eines Organrechtes aufgetreten ist, hier zunächst nur zwischen dem Antragsteller als Gemeinderat einerseits und dem Antragsgegner als Oberbürgermeister und Vorsitzendem des Gemeinderates andererseits. Die Vorbereitung der Tagesordnung des gemeinsamen Ausschusses ist hingegen zunächst Ausfluss seiner - gleichzeitigen - Stellung als Vorsitzender des gemeinsamen Ausschusses (§ 60 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 60 Abs. 1 GemO, §§ 15 Abs. 1 Satz 3, 16 Abs. 1 GKZ), weil er Bürgermeister der erfüllenden Gemeinde ist. In einer vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft erfolgt die Funktions- und Aufgabenwahrnehmung ohne eigene Rechtspersönlichkeit durch die erfüllende Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft, der vertraglich eine weitere Aufgabe, nämlich hier die Flächennutzungsplanung für das Gebiet der gesamten Verwaltungsgemeinschaft übertragen wird. Die Nachbargemeinden verlieren ihre diesbezügliche Zuständigkeit, die der erfüllenden Gemeinde zuwächst, und die sie durch ein neues Hauptorgan wahrnimmt, den gemeinsamen Ausschuss, der an Stelle des Gemeinderates tritt (vgl. Ade, GemO-Ktr., § 60 Anm. 4; zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit StGH Bad.-Württ., Urt. vom 24.02.1979, GR 2 und 3/78, ESVGH 29, 151). Das Selbstverwaltungsrecht der „abgebenden“ Gemeinden bleibt dadurch gewahrt, dass diese verfahrensrechtlich mitwirken, indem sie das Abstimmungsverhalten ihrer Repräsentanten - durch die vorher erforderliche Beschlussfassung im jeweiligen Gemeinderat (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO-Ktr., § 60 Rn. 18) - bestimmen und dem Beschluss des gemeinsamen Ausschusses widersprechen können (§ 60 Abs. 5 GemO).
16 
Die vorliegende Verletzung des Rederechts des Antragstellers berührt also die gemeindeinterne Willensbildung und hat die Rechtswidrigkeit des Beschlusses bzw. der Stimmrechtsbindung zur Folge. Aus dem organschaftlichen Verhältnis zwischen Antragsteller und Antragsgegner folgt, dass Letzterer daran gehindert ist, aus der mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrigen Beschlussfassung Konsequenzen zulasten des Antragstellers zu ziehen. Insoweit hat der Antragsteller aber nicht nur einen (vorbeugenden) Anspruch darauf, dass die Vertreter der Stadt ...-... im Gemeinsamen Ausschuss nicht wie im Gemeinderat beschlossen abstimmen, sondern auch weitergehend darauf, dass die Störung des organschaftlichen Verhältnisses beseitigt wird (vgl. ausführlich Schneider, NWVBl. 1996, 89 [94]). Daraus folgt, dass der Antragsgegner seine gesetzliche Zuständigkeit als Vorsitzender des - anderen - Organs gemeinsamer Ausschuss so ausüben muss, dass er die gestörte Funktion im Organ Gemeinderat wieder herstellt, solange hierdurch nicht organschaftliche Rechte des gemeinsamen Ausschusses verletzt werden (wofür aber keinerlei Anhaltspunkte bestehen, da die erfüllende Aufgabe der Flächennutzungsplanung im konkreten Fall für die Stadt ...-... wahrgenommen wird). Deshalb erhält der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auch nicht mehr zugesprochen als er im Hauptsacheverfahren erhalten könnte (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 08.04.1994 - 6 S 745/94 -, VBlBW 1994, 285 [287]).
17 
Klarzustellen ist abschließend, dass nach Auffassung der Kammer das Antragsrecht, auf das sich der Antragsteller weiterhin beruft, nicht verletzt ist. Denn er hat mit seinem Schreiben vom 17.01.2006 keinen abweichenden Antrag gestellt, über den gesondert hätte abgestimmt werden müssen, und der ihm ein - weiteres - Begründungsrecht vermittelt hätte (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 21.12.1988 - 15 A 951/87 -, NVwZ-RR 1989, 380). Sein Antrag beschränkt sich vielmehr auf die - in diesem Schreiben näher begründete - vollständige Ablehnung des in der Drucksache Nr. 407 gestellten Antrages; er begehrt nämlich, dass ein Beschluss zur Änderung des Flächennutzungsplanes nicht gefasst wird. Die bloße Ablehnung des gestellten Antrages stellt aber keinen eigenständigen Antrag dar, denn hierzu kann im Rahmen der Abstimmung mit „Nein“ gestimmt werden, womit dem Anliegen des Antragstellers vollumfänglich Rechnung getragen würde.
18 
Dem Antragsgegner bleibt es in der vorliegenden Situation schließlich unbenommen, auch vor Entscheidung des Gerichtes in der Hauptsache die Angelegenheit aus eigener Kompetenz gem. § 34 Abs. 1 GemO auf die Tagesordnung einer der nächsten Gemeinderatssitzungen zu nehmen, damit der Gemeinderat über die Einleitung eines Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes berät und den gemeinderätlichen Mitgliedern in dem Gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft ihr Abstimmungsverhalten vorgibt.
19 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
20 
Im Hinblick auf die Vorläufigkeit der getroffenen Anordnung wird der sich aus Nr. 22.7 des Streitwertkataloges 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ergebende Streitwert halbiert.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, die von der Klägerin unter den Überschriften „Adäquate Reaktionen auf ungebremsten Zustrom von Asylbewerbern“ sowie „Aufstellung einer Verwaltungsabteilung zur Umsetzung der neuen Asyl-Regelung bezüglich sicherer Drittstaaten“ bereits formell in den Rat eingebrachten Anträge erneut auf die Tagesordnung der nächstmöglichen Sitzung des Rates der Stadt S.         zu setzen und über diese eine Abstimmung zuzulassen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Beschluss des Gemeinderates der Stadt ...-... vom 25.01.2006 zu Tagesordnungspunkt 3.3 - Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 der Verwaltungsgemeinschaft ...-..., Aufstellungsbeschluss - vorläufig nicht zu vollziehen und den Tagesordnungspunkt 1.1 von der 2. Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22. Februar 2006 abzusetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I. Der Antragsteller begehrt - bei sachdienlicher Auslegung seines Antrages -, dass aus der Beschlussfassung des Gemeinderats der Stadt ...-... über die Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes am 25.01.2006 vorläufig keine Folgen gezogen werden und der gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22.06.2006 diesen Tagesordnungspunkt nicht behandelt.
Die Große Kreisstadt ...-... ist nach einer Vereinbarung 14.6.1974 (mit drei nachfolgenden Änderungen, zuletzt vom 21.11.1983) erfüllende Gemeinde eines Gemeindeverwaltungsverbandes für die Gemeinden ..., ..., ..., ..., ... und .... Sie erfüllt in eigener Zuständigkeit nach § 1 Abs. 4 die vorbereitende Bauleitplanung. Die beteiligten Gemeinden bilden einen gemeinsamen Ausschuss, welcher an Stelle des Gemeinderates der Stadt über die vorbereitende Bauleitplanung entscheidet, soweit nicht der Oberbürgermeister zuständig ist. Dieser besteht aus 26 Mitgliedern, darunter die Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden sowie 13 weitere Vertreter der Stadt und ein weiterer jeweiliger Vertreter der Nachbargemeinden. Vorsitzender des Gemeinsamen Ausschusses ist der Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt ...-....
Der Antragsteller ist Stadtrat der Großen Kreisstadt ...-.... Auf der Tagesordnung der 21. Sitzung des Gemeinderates der Großen Kreisstadt ...-... standen im Anschluss an den Bericht des Oberbürgermeisters und die Bekanntgabe von nicht öffentlich gefassten Beschlüssen verschiedene Beschlussvorlagen, darunter zuerst der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „..., ... ... ...“ (Vorlage Nr. 440) und - nach einem weiteren Tagesordnungspunkt - die Beschlussfassung zur Sechsten Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 der Verwaltungsgemeinschaft ...-... (Aufstellungsbeschluss, Vorlage Nr. 407). Durch Schreiben vom 17.01.2006 beantragte der Antragsteller auf die Änderung des Flächennutzungsplanes zu verzichten, um das Gebiet zwischen ... und L ... als landwirtschaftliche Nutzfläche und als Grünzone zwischen dem Stadtbezirk ... und dem Zentralbereich zu erhalten. Er begründete diesen Antrag schriftlich damit, dass eine Abwägung darüber, ob der mit der Planung verbundene Eingriff in die Landschaft vertretbar und notwendig sei, fehle. Die Anforderungen des § 1a BauGB würden nicht erfüllt und der geplante Landschaftsverbrauch sei nicht vertretbar, was er weitergehend erläuterte.
In der Gemeinderatssitzung am 25.01.2006 wurde ausweislich des von der Großen Kreisstadt ...-... übersandten Ergebnisprotokolles im Anschluss an die ersten beiden Tagesordnungspunkte zunächst der Bebauungsplan ... aufgerufen. Stadtrat Dr. G. bat, die Tagesordnungspunkte 3.1 (Bebauungsplan ...) und 3.3 (Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes) zusammenzulegen und zu diskutieren und danach getrennt abzustimmen. Der Antragsgegner sagte dies zu. In der Beratung sprach der Antragsteller zweimal zur Sache und stellte auch zwei Änderungsanträge zu dem Bebauungsplan. Die Aussprache differenzierte nicht näher zwischen Bebauungsplan und Flächennutzungsplan, sondern stellte insgesamt auf das Projekt ab. Der Antragsteller bat in seinem zweiten Wortbeitrag abschließend darum, den Bebauungsplan wenigstens ein Stück weit zu verschieben oder den Flächennutzungsplan abzulehnen. Am Ende der Debatte stellte Stadtrat Sch. den Antrag, diesen Tagesordnungspunkt (damit ist der im Protokoll separat aufgeführte Tagesordnungspunkt zum Bebauungsplan gemeint) zu vertagen, was mehrheitlich abgelehnt wurde. Die inhaltlichen Anträge des Antragstellers zum Bebauungsplan wurden abgelehnt, der Verwaltungsantrag sodann angenommen.
Im Protokoll der Gemeinderatssitzung ist dann unter § 3 als nächster Tagesordnungspunkt die Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 aufgeführt (S. 17). Danach verwies der Antragsgegner hierzu auf die Drucksache und machte darauf aufmerksam, dass der Gemeinderat damit einverstanden gewesen sei, die Diskussion zu diesem Punkt im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan ... zu führen und über den Flächennutzungsplan extra abzustimmen. Der Antragsgegner ließ laut Protokoll sodann dazu keine Wortmeldungen zu. Anschließend wurde der Verwaltungsantrag aus der Drucksache Nr. 407 mehrheitlich beschlossen.
Der Antragsteller trägt vor, er habe am 17.1.2006 schriftlich auch einen Änderungsantrag zum Tagesordnungspunkt Flächennutzungsplan gestellt, über den nicht abgestimmt worden sei und zu dem er auch nicht habe sprechen können, weil ihm trotz Wortmeldung das Wort nicht mehr erteilt worden sei.
Der Antragsgegner trägt vor, das dem Gericht vorliegende Ergebnisprotokoll gebe nicht den vollständigen Wortlaut des Sitzungsablaufes wieder; der Oberbürgermeister habe vielmehr den Gemeinderat gefragt, ob er mit der von Stadtrat Dr. G vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden sei. Nachdem keine negative Reaktion erfolgt sei, habe er festgestellt, dass so verfahren werden könne.
II. Der zulässige Antrag ist begründet, denn bei der Behandlung des Tagesordnungspunkts „Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes“ wurde das Rederecht des Antragstellers verletzt, das ohne Erlass der einstweiligen Anordnung durch Beschlussfassung in dem gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22.02.2006 dauerhaft vereitelt würde.
1. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist statthaft, denn verfahrensleitende Handlungen des Oberbürgermeisters als Vorsitzenden des Gemeinderates (§ 42 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 S. 1 GemO), hier: die Ablehnung, dem Antragsteller das Wort zum Tagesordnungspunkt „Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 der Verwaltungsgemeinschaft...-...“ zu erteilen, sind als Anordnungen im organschaftlichen Innenverhältnis keine Verwaltungsakte (vgl. Erichsen/Biermann, JURA 1997, 157 [161]; VGH Bad.-Württ., Urt. vom 11.10.1982 - 1 S 828/81 -, VBlBW 1983, 342 zum Sitzungsausschluss). Stadtrat und Oberbürgermeister sind in einem derartigen Rechtsstreit entsprechend § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig, weil sie jeweils eigene Rechte geltend machen können und zwischen ihnen ein innerorganschaftliches Rechtsverhältnis besteht. Der Antragsteller kann sich insoweit auf sein aus dem freien Mandat abzuleitendes Rederecht (§§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1, 37 Abs. 1 GemO) und Antragstellungsrecht während der Gemeinderatssitzung berufen (vgl. Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl. 2005, Rdnr. 267; VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 04.11.1993 - 1 S 953/93 -, VBlBW 1994, 99 zum Rederecht; Sächs. OVG, Beschl. vom 15.08.1996 - 3 S 465/96 -, DVBl. 1997, 1287; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 21.12.1988 - 15 A 951/87 -, NVwZ-RR 1989, 380 zum Antragsrecht); der Oberbürgermeister leitet nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GemO die Sitzungen des Gemeinderates als dessen Vorsitzender (§ 42 Abs. 1 Satz 1 GemO). Darüber hinaus gewährt auch die Geschäftsordnung des Gemeinderates der Großen Kreisstadt ...-... dem Antragsteller in §§ 13 Abs. 1, 15, 19 entsprechende Rechte auf Antragstellung und Rede zur Sache (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119; wobei hier dahingestellt bleiben kann, ob diese Befugnisse über den gesetzlich gewährten Mindeststandard hinausreichen, wie es das OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.03.2004, 15 A 2360/02, NVwZ-RR 2004, 674; Beschl. v. 14.07.2004, 15 A 12148/04, NVwZ-RR 2005, 427, für möglich hält. Zu prozessualen Folgen von Verfahrensverstößen bzgl. der Geschäftsordnung vgl. ausführlich Schneider, NWVBl. 1996, 89 [91 ff.]). Der Antragsteller kann sich also insofern auch auf seine Stellung als Gemeinderat schützende Rechte entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO berufen (vgl. ausführlich hierzu Sächs. OVG, a.a.O., S. 1288 f.), und zwar unbeschadet des Umstandes, dass er keinen - weitergehenden - organschaftlichen Anspruch auf rechtmäßige Entscheidungen der Gemeinderatsmehrheit hat, wovon er möglicherweise ausgeht. Dahingestellt bleiben kann schließlich, ob der Kläger in der Hauptsache eine Feststellungs- oder eine Leistungsklage erheben kann, denn auch ein Feststellungsanspruch erweist sich als vorläufig sicherungswürdig (vgl. Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO-Ktr., § 123 Rn. 44; Bauer/Krause, JuS 1996, 512 [517]).
10 
2. Es besteht auch ein Anordnungsgrund, der glaubhaft gemacht ist (§ 123 Abs. 3, § 920 Abs. 2 ZPO). Beschließendes Gremium für den Flächennutzungsplan ist nach § 2 Abs. 1 der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung vom 14.06.1974 i.V.m. §§ 61 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, 60 Abs. 4 Satz 2 GemO der beschließende Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft...-..., der über die Einleitung des Verfahrens zur Sechsten Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 am 22.02.2006 beschließen soll. Eine ordnungsgemäße Beratung und Beschlussfassung in den Gremien der Verwaltungsgemeinschaft kann grundsätzlich auch dann erfolgen, wenn das vorausgegangene Beratungsverfahren in dem Gemeinderat einer Mitgliedsgemeinde fehlerhaft war, weil insoweit die Zuständigkeit nach § 60 Abs. 4 Satz 2 GemO allein beim gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft liegt (vgl. Ade, GemO-Ktr., § 60 Anm. 4); allenfalls in einer hier nicht vorliegenden Sondersituation könnte eine solche Beschlussfassung gegen den Grundsatz der Organtreue bzw. mitgliedsgemeinde-freundlichen Verhaltens verstoßen. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass die Abstimmung in dem gemeinsamen Ausschuss nach § 60 Abs. 1 u. 4 GemO i.V.m. § 13 Abs. 2 S. 3 GKZ für die jeweiligen Gemeinden einheitlich erfolgen muss und die Mitgliedsgemeinden nach § 60 Abs. 1 GemO i.V.m. § 13 Abs. 5 GKZ ihren Vertretern Weisungen hinsichtlich des Abstimmungsverhaltens erteilen können, wovon die Große Kreisstadt...-... durch Beschlussfassung über die Sechste Änderung des Flächennutzungsplans in der Sitzung des Gemeinderats vom 25.01.2006 auch Gebrauch machen wollte. Insofern würde eine „endgültige“ Abstimmung der Vertreter der Großen ... ...-... im Gemeinsamen Ausschuss am 22.02.2006 auf einem rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss beruhen, falls dieser unter Verletzung des Rederechts des Antragstellers zustande gekommen war (vgl. hierzu Schneider, NVVBl. 1996, 89 [91 ff.]). Die dem Antragsteller aufgrund seines Rederechts eröffnete Möglichkeit, zu einer anderen Stimmbindung der Gemeindevertreter zu gelangen, würde vereitelt, wenn der hierfür zuständige Gemeinsame Ausschuss - abschließend - über die Einleitung des Verfahrens zur 6. Änderung des Flächennutzungsplans beschließen würde.
11 
3. Der Antragsteller hat schließlich auch einen Anordnungsanspruch, weil er bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache hat (vgl. zu den strengen Anforderungen an das Vorlegen eines Anordnungsanspruches Bauer/ Krause, JuS 1996, 512 [517] m.w.N.; Franz, JURA 2005, 156 [161]; Pietzner/ Ronellenfitsch, Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 11. Aufl. 2005, § 59 Rn. 27; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 20.07.1992 - 15 B 1643/92 -, NVwZ 1993, 399), weil bei der Beratung und Beschlussfassung über den Tagesordnungspunkt „Flächennutzungsplan“ sein Rederecht (§§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1, 37 Abs. 1 GemO, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 04.11.1993 - 1 S 953/93 -, VBlBW 1994, 99) verletzt wurde und der Gemeinderatsbeschluss deshalb rechtswidrig ist. Denn es ist durch das im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auszugsweise vorgelegte Ergebnisprotokoll der Gemeinderatssitzung - auch wenn die Niederschrift noch nicht alle nach § 38 Abs. 2 Satz 1 GemO erforderlichen Unterschriften aufweisen sollte, was wegen der Eilbedürftigkeit nicht abschließend geklärt werden kann - ausreichend glaubhaft gemacht, dass das Rederecht des Antragstellers verletzt worden ist. Nachdem der Gemeinderat bereits mit der Tagesordnung begonnen hatte und die ersten beiden Tagesordnungspunkte „Bericht des Oberbürgermeister“ und „Bekanntgabe von nicht öffentlich gefassten Beschlüssen“ bereits abgeschlossen waren, hatte nur noch der Gemeinderat als Gremium die Möglichkeit, von der durch den Bürgermeister festgesetzten Tagesordnung abzuweichen. Die Kompetenz des Oberbürgermeisters, die Tagesordnung festzusetzen und hiermit den Verhandlungsablauf in der Gemeinderatssitzung zu bestimmen, endet nämlich mit Eintritt in die Tagesordnung und Aufruf des ersten Tagesordnungspunktes. Sobald der erste Tagesordnungspunkt aufgerufen worden ist, wird der Gemeinderat als Gesamtgremium für die Behandlung der Beratungsgegenstände und von Anträgen aus dem Gemeinderat zuständig (so auch die VwV zu § 34 GemO, Ziff. 1; Gern, a.a.O., Rn. 244).
12 
Der Geschäftsordnungsantrag des Stadtrates Dr. G. auf gemeinsame Beratung der Tagesordnungspunkte 3.1 und 3.3 hätte damit vom Gemeinderat nach § 12 Abs. 2 der Geschäftsordnung beschlossen werden müssen, um wirksam zu sein. Da die Niederschrift über die Verhandlungen des Gemeinderates nach § 38 Abs. 1 S. 1 GemO alle Anträge, die Abstimmungs- und Wahlergebnisse und den Wortlaut der Beschlüsse enthalten muss, ist davon auszugehen, dass das ordnungsgemäß angefertigte Protokoll eine - widerlegliche - Vermutung für die Richtigkeit beinhaltet (vgl. VGH Bad,-Württ., Urt. vom 09.10.1989 - 1 S 5/88 -, NJW 1990, 1808; Ade, GemO-Ktr., § 38 Anm. 1) und es an der erforderlichen Beschlussfassung über den Geschäftsordnungsantrag des Stadtrates Dr. G. fehlte. Ein weiteres - schwächeres - Indiz hierfür ist, dass die Niederschrift die Tagesordnungspunkte getrennt ausweist und nicht zusammenfasst. Demgegenüber ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass der Oberbürgermeister den Geschäftsordnungsantrag von Stadtrat Dr. G. zur Abstimmung gestellt und der Gemeinderat dazu zumindest konkludent einen Beschluss über die gemeinsame Beratung bei getrennter Beschlussfassung der beiden Tagesordnungspunkte gefasst hat. Die bloße Erklärung der Vertreterin des Antragsgegners, nach ihrer Erinnerung habe der Antragsgegner den Gemeinderat gefragt, ob er mit der von Dr. G. vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden sei, vermag die Vermutungswirkung der Niederschrift allein noch nicht zu widerlegen; erforderlich wäre - zumindest - eine eidesstattliche Versicherung des Antragsgegners und/oder anderer Zeugen.
13 
Da die erforderliche gemeinderätliche Beschlussfassung mit für das einstweilige Rechtsschutzverfahren hinreichender Wahrscheinlichkeit fehlte, war der Antragsteller auch nicht gehalten, einen etwaigen Verfahrensverstoß unmittelbar im Anschluss an die Zusage des Antragsgegners zu rügen (vgl. zur unmittelbaren Rügepflicht VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.12.1992, 1 S 1834/92, VBlBW 1993, 296; Urt. vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Er konnte sich darauf beschränken, sich vor der Abstimmung zum Tagesordnungspunkt Flächennutzungsplan zu Wort zu melden und in diesem Zusammenhang zu rügen, dass er nicht das Wort erhalten hatte. Letzteres ist ausreichend glaubhaft gemacht, weil das Protokoll vermerkt, dass der Oberbürgermeister zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldungen mehr zugelassen hat und der Antragsteller unwidersprochen vorträgt, er habe das Wort gewünscht, um seinen Antrag zu begründen. In dieser Situation von einem Gemeinderat zu fordern, er müsse den die Gemeinderatssitzung leitenden Oberbürgermeister darauf hinweisen, dass er mit einer solchen Vorgehensweise gegen den ordnungsgemäßen Sitzungsablauf verstoße oder verlangen, dass er eine Erklärung entsprechend § 38 Abs. 1 Satz 2 GemO zu Protokoll gibt, würde die Anforderungen im konkreten Fall überspannen. Denn eine Beratung, in der ein Verfahrensverstoß hätte geltend gemacht werden können, hat hier überhaupt nicht stattgefunden; und § 38 Abs. 1 Satz 2 GemO räumt dem Gemeinderat ein Recht ein, von dem er Gebrauch machen kann, knüpft aber keine verfahrensrechtlichen Folgen an den Umstand, dass ein Gemeinderat sich nicht „erklärt“.
14 
Ein Anordnungsanspruch wegen Verletzung des Rederechts eines Gemeinderates ergibt sich auch aus der Funktion des Rederechtes im Rahmen der Willensbildung im Gemeinderat: Gemeinden müssen nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Diese Vertretung ist der Gemeinderat (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 GemO). Die hierin und in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Verpflichtung auf das Demokratieprinzip als Organisationsprinzip beeinflusst die Rechtsstellung des Gemeinderates, auch wenn der Gemeinderat kein Parlament im staatsrechtlichen Sinne, sondern ein besonderes Verwaltungsorgan ist. Das Demokratieprinzip ist nach Art. 28 Abs. 1 GG und Art. 72 LV grundlegender Baustein der kommunalen Selbstverwaltung und beeinflusst die Auslegung der den gewählten Einwohnervertretern zukommenden Rechte mit der Folge, dass im Zweifel einer Vereitelung der originären Mitwirkungsrechte des Antragstellers an der Willensbildung im Entscheidungsgremium - hier dem Gemeinderat, der das Abstimmungsverhalten der Vertreter im Gemeinsamen Ausschuss festlegt - entgegenzuwirken ist. Insofern entspricht es dem Gebot effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG, zu sichern, dass das für eine funktionierende Demokratie wichtige Rederecht des Gemeinderates in der Gemeindevertretung nicht leer läuft und irreversibel verletzt wird.
15 
Da der Antragsgegner in seiner Funktion als Oberbürgermeister nicht nur Vorsitzender des Gemeinderates der Großen Kreisstadt ...-..., sondern gem. § 60 Abs. 4 Satz 3, 3. Hs. GemO in Personalunion Vorsitzender des gemeinsamen Ausschusses ist, richtet sich der organschaftliche Anspruch des Antragstellers auch darauf, dass dieser den Tagesordnungspunkt 1.1 von der 2. Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22. Februar 2006 absetzt. Zwar besteht das organschaftliche Verhältnis, in dem die Verletzung eines Organrechtes aufgetreten ist, hier zunächst nur zwischen dem Antragsteller als Gemeinderat einerseits und dem Antragsgegner als Oberbürgermeister und Vorsitzendem des Gemeinderates andererseits. Die Vorbereitung der Tagesordnung des gemeinsamen Ausschusses ist hingegen zunächst Ausfluss seiner - gleichzeitigen - Stellung als Vorsitzender des gemeinsamen Ausschusses (§ 60 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 60 Abs. 1 GemO, §§ 15 Abs. 1 Satz 3, 16 Abs. 1 GKZ), weil er Bürgermeister der erfüllenden Gemeinde ist. In einer vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft erfolgt die Funktions- und Aufgabenwahrnehmung ohne eigene Rechtspersönlichkeit durch die erfüllende Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft, der vertraglich eine weitere Aufgabe, nämlich hier die Flächennutzungsplanung für das Gebiet der gesamten Verwaltungsgemeinschaft übertragen wird. Die Nachbargemeinden verlieren ihre diesbezügliche Zuständigkeit, die der erfüllenden Gemeinde zuwächst, und die sie durch ein neues Hauptorgan wahrnimmt, den gemeinsamen Ausschuss, der an Stelle des Gemeinderates tritt (vgl. Ade, GemO-Ktr., § 60 Anm. 4; zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit StGH Bad.-Württ., Urt. vom 24.02.1979, GR 2 und 3/78, ESVGH 29, 151). Das Selbstverwaltungsrecht der „abgebenden“ Gemeinden bleibt dadurch gewahrt, dass diese verfahrensrechtlich mitwirken, indem sie das Abstimmungsverhalten ihrer Repräsentanten - durch die vorher erforderliche Beschlussfassung im jeweiligen Gemeinderat (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO-Ktr., § 60 Rn. 18) - bestimmen und dem Beschluss des gemeinsamen Ausschusses widersprechen können (§ 60 Abs. 5 GemO).
16 
Die vorliegende Verletzung des Rederechts des Antragstellers berührt also die gemeindeinterne Willensbildung und hat die Rechtswidrigkeit des Beschlusses bzw. der Stimmrechtsbindung zur Folge. Aus dem organschaftlichen Verhältnis zwischen Antragsteller und Antragsgegner folgt, dass Letzterer daran gehindert ist, aus der mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrigen Beschlussfassung Konsequenzen zulasten des Antragstellers zu ziehen. Insoweit hat der Antragsteller aber nicht nur einen (vorbeugenden) Anspruch darauf, dass die Vertreter der Stadt ...-... im Gemeinsamen Ausschuss nicht wie im Gemeinderat beschlossen abstimmen, sondern auch weitergehend darauf, dass die Störung des organschaftlichen Verhältnisses beseitigt wird (vgl. ausführlich Schneider, NWVBl. 1996, 89 [94]). Daraus folgt, dass der Antragsgegner seine gesetzliche Zuständigkeit als Vorsitzender des - anderen - Organs gemeinsamer Ausschuss so ausüben muss, dass er die gestörte Funktion im Organ Gemeinderat wieder herstellt, solange hierdurch nicht organschaftliche Rechte des gemeinsamen Ausschusses verletzt werden (wofür aber keinerlei Anhaltspunkte bestehen, da die erfüllende Aufgabe der Flächennutzungsplanung im konkreten Fall für die Stadt ...-... wahrgenommen wird). Deshalb erhält der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auch nicht mehr zugesprochen als er im Hauptsacheverfahren erhalten könnte (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 08.04.1994 - 6 S 745/94 -, VBlBW 1994, 285 [287]).
17 
Klarzustellen ist abschließend, dass nach Auffassung der Kammer das Antragsrecht, auf das sich der Antragsteller weiterhin beruft, nicht verletzt ist. Denn er hat mit seinem Schreiben vom 17.01.2006 keinen abweichenden Antrag gestellt, über den gesondert hätte abgestimmt werden müssen, und der ihm ein - weiteres - Begründungsrecht vermittelt hätte (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 21.12.1988 - 15 A 951/87 -, NVwZ-RR 1989, 380). Sein Antrag beschränkt sich vielmehr auf die - in diesem Schreiben näher begründete - vollständige Ablehnung des in der Drucksache Nr. 407 gestellten Antrages; er begehrt nämlich, dass ein Beschluss zur Änderung des Flächennutzungsplanes nicht gefasst wird. Die bloße Ablehnung des gestellten Antrages stellt aber keinen eigenständigen Antrag dar, denn hierzu kann im Rahmen der Abstimmung mit „Nein“ gestimmt werden, womit dem Anliegen des Antragstellers vollumfänglich Rechnung getragen würde.
18 
Dem Antragsgegner bleibt es in der vorliegenden Situation schließlich unbenommen, auch vor Entscheidung des Gerichtes in der Hauptsache die Angelegenheit aus eigener Kompetenz gem. § 34 Abs. 1 GemO auf die Tagesordnung einer der nächsten Gemeinderatssitzungen zu nehmen, damit der Gemeinderat über die Einleitung eines Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes berät und den gemeinderätlichen Mitgliedern in dem Gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft ihr Abstimmungsverhalten vorgibt.
19 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
20 
Im Hinblick auf die Vorläufigkeit der getroffenen Anordnung wird der sich aus Nr. 22.7 des Streitwertkataloges 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ergebende Streitwert halbiert.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, die von der Klägerin unter den Überschriften „Adäquate Reaktionen auf ungebremsten Zustrom von Asylbewerbern“ sowie „Aufstellung einer Verwaltungsabteilung zur Umsetzung der neuen Asyl-Regelung bezüglich sicherer Drittstaaten“ bereits formell in den Rat eingebrachten Anträge erneut auf die Tagesordnung der nächstmöglichen Sitzung des Rates der Stadt S.         zu setzen und über diese eine Abstimmung zuzulassen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.