Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 20. Feb. 2006 - 1 K 351/06

bei uns veröffentlicht am20.02.2006

Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Beschluss des Gemeinderates der Stadt ...-... vom 25.01.2006 zu Tagesordnungspunkt 3.3 - Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 der Verwaltungsgemeinschaft ...-..., Aufstellungsbeschluss - vorläufig nicht zu vollziehen und den Tagesordnungspunkt 1.1 von der 2. Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22. Februar 2006 abzusetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I. Der Antragsteller begehrt - bei sachdienlicher Auslegung seines Antrages -, dass aus der Beschlussfassung des Gemeinderats der Stadt ...-... über die Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes am 25.01.2006 vorläufig keine Folgen gezogen werden und der gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22.06.2006 diesen Tagesordnungspunkt nicht behandelt.
Die Große Kreisstadt ...-... ist nach einer Vereinbarung 14.6.1974 (mit drei nachfolgenden Änderungen, zuletzt vom 21.11.1983) erfüllende Gemeinde eines Gemeindeverwaltungsverbandes für die Gemeinden ..., ..., ..., ..., ... und .... Sie erfüllt in eigener Zuständigkeit nach § 1 Abs. 4 die vorbereitende Bauleitplanung. Die beteiligten Gemeinden bilden einen gemeinsamen Ausschuss, welcher an Stelle des Gemeinderates der Stadt über die vorbereitende Bauleitplanung entscheidet, soweit nicht der Oberbürgermeister zuständig ist. Dieser besteht aus 26 Mitgliedern, darunter die Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden sowie 13 weitere Vertreter der Stadt und ein weiterer jeweiliger Vertreter der Nachbargemeinden. Vorsitzender des Gemeinsamen Ausschusses ist der Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt ...-....
Der Antragsteller ist Stadtrat der Großen Kreisstadt ...-.... Auf der Tagesordnung der 21. Sitzung des Gemeinderates der Großen Kreisstadt ...-... standen im Anschluss an den Bericht des Oberbürgermeisters und die Bekanntgabe von nicht öffentlich gefassten Beschlüssen verschiedene Beschlussvorlagen, darunter zuerst der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „..., ... ... ...“ (Vorlage Nr. 440) und - nach einem weiteren Tagesordnungspunkt - die Beschlussfassung zur Sechsten Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 der Verwaltungsgemeinschaft ...-... (Aufstellungsbeschluss, Vorlage Nr. 407). Durch Schreiben vom 17.01.2006 beantragte der Antragsteller auf die Änderung des Flächennutzungsplanes zu verzichten, um das Gebiet zwischen ... und L ... als landwirtschaftliche Nutzfläche und als Grünzone zwischen dem Stadtbezirk ... und dem Zentralbereich zu erhalten. Er begründete diesen Antrag schriftlich damit, dass eine Abwägung darüber, ob der mit der Planung verbundene Eingriff in die Landschaft vertretbar und notwendig sei, fehle. Die Anforderungen des § 1a BauGB würden nicht erfüllt und der geplante Landschaftsverbrauch sei nicht vertretbar, was er weitergehend erläuterte.
In der Gemeinderatssitzung am 25.01.2006 wurde ausweislich des von der Großen Kreisstadt ...-... übersandten Ergebnisprotokolles im Anschluss an die ersten beiden Tagesordnungspunkte zunächst der Bebauungsplan ... aufgerufen. Stadtrat Dr. G. bat, die Tagesordnungspunkte 3.1 (Bebauungsplan ...) und 3.3 (Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes) zusammenzulegen und zu diskutieren und danach getrennt abzustimmen. Der Antragsgegner sagte dies zu. In der Beratung sprach der Antragsteller zweimal zur Sache und stellte auch zwei Änderungsanträge zu dem Bebauungsplan. Die Aussprache differenzierte nicht näher zwischen Bebauungsplan und Flächennutzungsplan, sondern stellte insgesamt auf das Projekt ab. Der Antragsteller bat in seinem zweiten Wortbeitrag abschließend darum, den Bebauungsplan wenigstens ein Stück weit zu verschieben oder den Flächennutzungsplan abzulehnen. Am Ende der Debatte stellte Stadtrat Sch. den Antrag, diesen Tagesordnungspunkt (damit ist der im Protokoll separat aufgeführte Tagesordnungspunkt zum Bebauungsplan gemeint) zu vertagen, was mehrheitlich abgelehnt wurde. Die inhaltlichen Anträge des Antragstellers zum Bebauungsplan wurden abgelehnt, der Verwaltungsantrag sodann angenommen.
Im Protokoll der Gemeinderatssitzung ist dann unter § 3 als nächster Tagesordnungspunkt die Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 aufgeführt (S. 17). Danach verwies der Antragsgegner hierzu auf die Drucksache und machte darauf aufmerksam, dass der Gemeinderat damit einverstanden gewesen sei, die Diskussion zu diesem Punkt im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan ... zu führen und über den Flächennutzungsplan extra abzustimmen. Der Antragsgegner ließ laut Protokoll sodann dazu keine Wortmeldungen zu. Anschließend wurde der Verwaltungsantrag aus der Drucksache Nr. 407 mehrheitlich beschlossen.
Der Antragsteller trägt vor, er habe am 17.1.2006 schriftlich auch einen Änderungsantrag zum Tagesordnungspunkt Flächennutzungsplan gestellt, über den nicht abgestimmt worden sei und zu dem er auch nicht habe sprechen können, weil ihm trotz Wortmeldung das Wort nicht mehr erteilt worden sei.
Der Antragsgegner trägt vor, das dem Gericht vorliegende Ergebnisprotokoll gebe nicht den vollständigen Wortlaut des Sitzungsablaufes wieder; der Oberbürgermeister habe vielmehr den Gemeinderat gefragt, ob er mit der von Stadtrat Dr. G vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden sei. Nachdem keine negative Reaktion erfolgt sei, habe er festgestellt, dass so verfahren werden könne.
II. Der zulässige Antrag ist begründet, denn bei der Behandlung des Tagesordnungspunkts „Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes“ wurde das Rederecht des Antragstellers verletzt, das ohne Erlass der einstweiligen Anordnung durch Beschlussfassung in dem gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22.02.2006 dauerhaft vereitelt würde.
1. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist statthaft, denn verfahrensleitende Handlungen des Oberbürgermeisters als Vorsitzenden des Gemeinderates (§ 42 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 S. 1 GemO), hier: die Ablehnung, dem Antragsteller das Wort zum Tagesordnungspunkt „Sechste Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 der Verwaltungsgemeinschaft...-...“ zu erteilen, sind als Anordnungen im organschaftlichen Innenverhältnis keine Verwaltungsakte (vgl. Erichsen/Biermann, JURA 1997, 157 [161]; VGH Bad.-Württ., Urt. vom 11.10.1982 - 1 S 828/81 -, VBlBW 1983, 342 zum Sitzungsausschluss). Stadtrat und Oberbürgermeister sind in einem derartigen Rechtsstreit entsprechend § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig, weil sie jeweils eigene Rechte geltend machen können und zwischen ihnen ein innerorganschaftliches Rechtsverhältnis besteht. Der Antragsteller kann sich insoweit auf sein aus dem freien Mandat abzuleitendes Rederecht (§§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1, 37 Abs. 1 GemO) und Antragstellungsrecht während der Gemeinderatssitzung berufen (vgl. Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl. 2005, Rdnr. 267; VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 04.11.1993 - 1 S 953/93 -, VBlBW 1994, 99 zum Rederecht; Sächs. OVG, Beschl. vom 15.08.1996 - 3 S 465/96 -, DVBl. 1997, 1287; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 21.12.1988 - 15 A 951/87 -, NVwZ-RR 1989, 380 zum Antragsrecht); der Oberbürgermeister leitet nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GemO die Sitzungen des Gemeinderates als dessen Vorsitzender (§ 42 Abs. 1 Satz 1 GemO). Darüber hinaus gewährt auch die Geschäftsordnung des Gemeinderates der Großen Kreisstadt ...-... dem Antragsteller in §§ 13 Abs. 1, 15, 19 entsprechende Rechte auf Antragstellung und Rede zur Sache (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119; wobei hier dahingestellt bleiben kann, ob diese Befugnisse über den gesetzlich gewährten Mindeststandard hinausreichen, wie es das OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.03.2004, 15 A 2360/02, NVwZ-RR 2004, 674; Beschl. v. 14.07.2004, 15 A 12148/04, NVwZ-RR 2005, 427, für möglich hält. Zu prozessualen Folgen von Verfahrensverstößen bzgl. der Geschäftsordnung vgl. ausführlich Schneider, NWVBl. 1996, 89 [91 ff.]). Der Antragsteller kann sich also insofern auch auf seine Stellung als Gemeinderat schützende Rechte entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO berufen (vgl. ausführlich hierzu Sächs. OVG, a.a.O., S. 1288 f.), und zwar unbeschadet des Umstandes, dass er keinen - weitergehenden - organschaftlichen Anspruch auf rechtmäßige Entscheidungen der Gemeinderatsmehrheit hat, wovon er möglicherweise ausgeht. Dahingestellt bleiben kann schließlich, ob der Kläger in der Hauptsache eine Feststellungs- oder eine Leistungsklage erheben kann, denn auch ein Feststellungsanspruch erweist sich als vorläufig sicherungswürdig (vgl. Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO-Ktr., § 123 Rn. 44; Bauer/Krause, JuS 1996, 512 [517]).
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2. Es besteht auch ein Anordnungsgrund, der glaubhaft gemacht ist (§ 123 Abs. 3, § 920 Abs. 2 ZPO). Beschließendes Gremium für den Flächennutzungsplan ist nach § 2 Abs. 1 der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung vom 14.06.1974 i.V.m. §§ 61 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, 60 Abs. 4 Satz 2 GemO der beschließende Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft...-..., der über die Einleitung des Verfahrens zur Sechsten Änderung des Flächennutzungsplanes 2009 am 22.02.2006 beschließen soll. Eine ordnungsgemäße Beratung und Beschlussfassung in den Gremien der Verwaltungsgemeinschaft kann grundsätzlich auch dann erfolgen, wenn das vorausgegangene Beratungsverfahren in dem Gemeinderat einer Mitgliedsgemeinde fehlerhaft war, weil insoweit die Zuständigkeit nach § 60 Abs. 4 Satz 2 GemO allein beim gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft liegt (vgl. Ade, GemO-Ktr., § 60 Anm. 4); allenfalls in einer hier nicht vorliegenden Sondersituation könnte eine solche Beschlussfassung gegen den Grundsatz der Organtreue bzw. mitgliedsgemeinde-freundlichen Verhaltens verstoßen. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass die Abstimmung in dem gemeinsamen Ausschuss nach § 60 Abs. 1 u. 4 GemO i.V.m. § 13 Abs. 2 S. 3 GKZ für die jeweiligen Gemeinden einheitlich erfolgen muss und die Mitgliedsgemeinden nach § 60 Abs. 1 GemO i.V.m. § 13 Abs. 5 GKZ ihren Vertretern Weisungen hinsichtlich des Abstimmungsverhaltens erteilen können, wovon die Große Kreisstadt...-... durch Beschlussfassung über die Sechste Änderung des Flächennutzungsplans in der Sitzung des Gemeinderats vom 25.01.2006 auch Gebrauch machen wollte. Insofern würde eine „endgültige“ Abstimmung der Vertreter der Großen ... ...-... im Gemeinsamen Ausschuss am 22.02.2006 auf einem rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss beruhen, falls dieser unter Verletzung des Rederechts des Antragstellers zustande gekommen war (vgl. hierzu Schneider, NVVBl. 1996, 89 [91 ff.]). Die dem Antragsteller aufgrund seines Rederechts eröffnete Möglichkeit, zu einer anderen Stimmbindung der Gemeindevertreter zu gelangen, würde vereitelt, wenn der hierfür zuständige Gemeinsame Ausschuss - abschließend - über die Einleitung des Verfahrens zur 6. Änderung des Flächennutzungsplans beschließen würde.
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3. Der Antragsteller hat schließlich auch einen Anordnungsanspruch, weil er bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache hat (vgl. zu den strengen Anforderungen an das Vorlegen eines Anordnungsanspruches Bauer/ Krause, JuS 1996, 512 [517] m.w.N.; Franz, JURA 2005, 156 [161]; Pietzner/ Ronellenfitsch, Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 11. Aufl. 2005, § 59 Rn. 27; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 20.07.1992 - 15 B 1643/92 -, NVwZ 1993, 399), weil bei der Beratung und Beschlussfassung über den Tagesordnungspunkt „Flächennutzungsplan“ sein Rederecht (§§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1, 37 Abs. 1 GemO, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 04.11.1993 - 1 S 953/93 -, VBlBW 1994, 99) verletzt wurde und der Gemeinderatsbeschluss deshalb rechtswidrig ist. Denn es ist durch das im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auszugsweise vorgelegte Ergebnisprotokoll der Gemeinderatssitzung - auch wenn die Niederschrift noch nicht alle nach § 38 Abs. 2 Satz 1 GemO erforderlichen Unterschriften aufweisen sollte, was wegen der Eilbedürftigkeit nicht abschließend geklärt werden kann - ausreichend glaubhaft gemacht, dass das Rederecht des Antragstellers verletzt worden ist. Nachdem der Gemeinderat bereits mit der Tagesordnung begonnen hatte und die ersten beiden Tagesordnungspunkte „Bericht des Oberbürgermeister“ und „Bekanntgabe von nicht öffentlich gefassten Beschlüssen“ bereits abgeschlossen waren, hatte nur noch der Gemeinderat als Gremium die Möglichkeit, von der durch den Bürgermeister festgesetzten Tagesordnung abzuweichen. Die Kompetenz des Oberbürgermeisters, die Tagesordnung festzusetzen und hiermit den Verhandlungsablauf in der Gemeinderatssitzung zu bestimmen, endet nämlich mit Eintritt in die Tagesordnung und Aufruf des ersten Tagesordnungspunktes. Sobald der erste Tagesordnungspunkt aufgerufen worden ist, wird der Gemeinderat als Gesamtgremium für die Behandlung der Beratungsgegenstände und von Anträgen aus dem Gemeinderat zuständig (so auch die VwV zu § 34 GemO, Ziff. 1; Gern, a.a.O., Rn. 244).
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Der Geschäftsordnungsantrag des Stadtrates Dr. G. auf gemeinsame Beratung der Tagesordnungspunkte 3.1 und 3.3 hätte damit vom Gemeinderat nach § 12 Abs. 2 der Geschäftsordnung beschlossen werden müssen, um wirksam zu sein. Da die Niederschrift über die Verhandlungen des Gemeinderates nach § 38 Abs. 1 S. 1 GemO alle Anträge, die Abstimmungs- und Wahlergebnisse und den Wortlaut der Beschlüsse enthalten muss, ist davon auszugehen, dass das ordnungsgemäß angefertigte Protokoll eine - widerlegliche - Vermutung für die Richtigkeit beinhaltet (vgl. VGH Bad,-Württ., Urt. vom 09.10.1989 - 1 S 5/88 -, NJW 1990, 1808; Ade, GemO-Ktr., § 38 Anm. 1) und es an der erforderlichen Beschlussfassung über den Geschäftsordnungsantrag des Stadtrates Dr. G. fehlte. Ein weiteres - schwächeres - Indiz hierfür ist, dass die Niederschrift die Tagesordnungspunkte getrennt ausweist und nicht zusammenfasst. Demgegenüber ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass der Oberbürgermeister den Geschäftsordnungsantrag von Stadtrat Dr. G. zur Abstimmung gestellt und der Gemeinderat dazu zumindest konkludent einen Beschluss über die gemeinsame Beratung bei getrennter Beschlussfassung der beiden Tagesordnungspunkte gefasst hat. Die bloße Erklärung der Vertreterin des Antragsgegners, nach ihrer Erinnerung habe der Antragsgegner den Gemeinderat gefragt, ob er mit der von Dr. G. vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden sei, vermag die Vermutungswirkung der Niederschrift allein noch nicht zu widerlegen; erforderlich wäre - zumindest - eine eidesstattliche Versicherung des Antragsgegners und/oder anderer Zeugen.
13 
Da die erforderliche gemeinderätliche Beschlussfassung mit für das einstweilige Rechtsschutzverfahren hinreichender Wahrscheinlichkeit fehlte, war der Antragsteller auch nicht gehalten, einen etwaigen Verfahrensverstoß unmittelbar im Anschluss an die Zusage des Antragsgegners zu rügen (vgl. zur unmittelbaren Rügepflicht VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.12.1992, 1 S 1834/92, VBlBW 1993, 296; Urt. vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Er konnte sich darauf beschränken, sich vor der Abstimmung zum Tagesordnungspunkt Flächennutzungsplan zu Wort zu melden und in diesem Zusammenhang zu rügen, dass er nicht das Wort erhalten hatte. Letzteres ist ausreichend glaubhaft gemacht, weil das Protokoll vermerkt, dass der Oberbürgermeister zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldungen mehr zugelassen hat und der Antragsteller unwidersprochen vorträgt, er habe das Wort gewünscht, um seinen Antrag zu begründen. In dieser Situation von einem Gemeinderat zu fordern, er müsse den die Gemeinderatssitzung leitenden Oberbürgermeister darauf hinweisen, dass er mit einer solchen Vorgehensweise gegen den ordnungsgemäßen Sitzungsablauf verstoße oder verlangen, dass er eine Erklärung entsprechend § 38 Abs. 1 Satz 2 GemO zu Protokoll gibt, würde die Anforderungen im konkreten Fall überspannen. Denn eine Beratung, in der ein Verfahrensverstoß hätte geltend gemacht werden können, hat hier überhaupt nicht stattgefunden; und § 38 Abs. 1 Satz 2 GemO räumt dem Gemeinderat ein Recht ein, von dem er Gebrauch machen kann, knüpft aber keine verfahrensrechtlichen Folgen an den Umstand, dass ein Gemeinderat sich nicht „erklärt“.
14 
Ein Anordnungsanspruch wegen Verletzung des Rederechts eines Gemeinderates ergibt sich auch aus der Funktion des Rederechtes im Rahmen der Willensbildung im Gemeinderat: Gemeinden müssen nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Diese Vertretung ist der Gemeinderat (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 GemO). Die hierin und in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Verpflichtung auf das Demokratieprinzip als Organisationsprinzip beeinflusst die Rechtsstellung des Gemeinderates, auch wenn der Gemeinderat kein Parlament im staatsrechtlichen Sinne, sondern ein besonderes Verwaltungsorgan ist. Das Demokratieprinzip ist nach Art. 28 Abs. 1 GG und Art. 72 LV grundlegender Baustein der kommunalen Selbstverwaltung und beeinflusst die Auslegung der den gewählten Einwohnervertretern zukommenden Rechte mit der Folge, dass im Zweifel einer Vereitelung der originären Mitwirkungsrechte des Antragstellers an der Willensbildung im Entscheidungsgremium - hier dem Gemeinderat, der das Abstimmungsverhalten der Vertreter im Gemeinsamen Ausschuss festlegt - entgegenzuwirken ist. Insofern entspricht es dem Gebot effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG, zu sichern, dass das für eine funktionierende Demokratie wichtige Rederecht des Gemeinderates in der Gemeindevertretung nicht leer läuft und irreversibel verletzt wird.
15 
Da der Antragsgegner in seiner Funktion als Oberbürgermeister nicht nur Vorsitzender des Gemeinderates der Großen Kreisstadt ...-..., sondern gem. § 60 Abs. 4 Satz 3, 3. Hs. GemO in Personalunion Vorsitzender des gemeinsamen Ausschusses ist, richtet sich der organschaftliche Anspruch des Antragstellers auch darauf, dass dieser den Tagesordnungspunkt 1.1 von der 2. Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses der Verwaltungsgemeinschaft ...-... am 22. Februar 2006 absetzt. Zwar besteht das organschaftliche Verhältnis, in dem die Verletzung eines Organrechtes aufgetreten ist, hier zunächst nur zwischen dem Antragsteller als Gemeinderat einerseits und dem Antragsgegner als Oberbürgermeister und Vorsitzendem des Gemeinderates andererseits. Die Vorbereitung der Tagesordnung des gemeinsamen Ausschusses ist hingegen zunächst Ausfluss seiner - gleichzeitigen - Stellung als Vorsitzender des gemeinsamen Ausschusses (§ 60 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 60 Abs. 1 GemO, §§ 15 Abs. 1 Satz 3, 16 Abs. 1 GKZ), weil er Bürgermeister der erfüllenden Gemeinde ist. In einer vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft erfolgt die Funktions- und Aufgabenwahrnehmung ohne eigene Rechtspersönlichkeit durch die erfüllende Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft, der vertraglich eine weitere Aufgabe, nämlich hier die Flächennutzungsplanung für das Gebiet der gesamten Verwaltungsgemeinschaft übertragen wird. Die Nachbargemeinden verlieren ihre diesbezügliche Zuständigkeit, die der erfüllenden Gemeinde zuwächst, und die sie durch ein neues Hauptorgan wahrnimmt, den gemeinsamen Ausschuss, der an Stelle des Gemeinderates tritt (vgl. Ade, GemO-Ktr., § 60 Anm. 4; zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit StGH Bad.-Württ., Urt. vom 24.02.1979, GR 2 und 3/78, ESVGH 29, 151). Das Selbstverwaltungsrecht der „abgebenden“ Gemeinden bleibt dadurch gewahrt, dass diese verfahrensrechtlich mitwirken, indem sie das Abstimmungsverhalten ihrer Repräsentanten - durch die vorher erforderliche Beschlussfassung im jeweiligen Gemeinderat (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO-Ktr., § 60 Rn. 18) - bestimmen und dem Beschluss des gemeinsamen Ausschusses widersprechen können (§ 60 Abs. 5 GemO).
16 
Die vorliegende Verletzung des Rederechts des Antragstellers berührt also die gemeindeinterne Willensbildung und hat die Rechtswidrigkeit des Beschlusses bzw. der Stimmrechtsbindung zur Folge. Aus dem organschaftlichen Verhältnis zwischen Antragsteller und Antragsgegner folgt, dass Letzterer daran gehindert ist, aus der mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrigen Beschlussfassung Konsequenzen zulasten des Antragstellers zu ziehen. Insoweit hat der Antragsteller aber nicht nur einen (vorbeugenden) Anspruch darauf, dass die Vertreter der Stadt ...-... im Gemeinsamen Ausschuss nicht wie im Gemeinderat beschlossen abstimmen, sondern auch weitergehend darauf, dass die Störung des organschaftlichen Verhältnisses beseitigt wird (vgl. ausführlich Schneider, NWVBl. 1996, 89 [94]). Daraus folgt, dass der Antragsgegner seine gesetzliche Zuständigkeit als Vorsitzender des - anderen - Organs gemeinsamer Ausschuss so ausüben muss, dass er die gestörte Funktion im Organ Gemeinderat wieder herstellt, solange hierdurch nicht organschaftliche Rechte des gemeinsamen Ausschusses verletzt werden (wofür aber keinerlei Anhaltspunkte bestehen, da die erfüllende Aufgabe der Flächennutzungsplanung im konkreten Fall für die Stadt ...-... wahrgenommen wird). Deshalb erhält der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auch nicht mehr zugesprochen als er im Hauptsacheverfahren erhalten könnte (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 08.04.1994 - 6 S 745/94 -, VBlBW 1994, 285 [287]).
17 
Klarzustellen ist abschließend, dass nach Auffassung der Kammer das Antragsrecht, auf das sich der Antragsteller weiterhin beruft, nicht verletzt ist. Denn er hat mit seinem Schreiben vom 17.01.2006 keinen abweichenden Antrag gestellt, über den gesondert hätte abgestimmt werden müssen, und der ihm ein - weiteres - Begründungsrecht vermittelt hätte (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 21.12.1988 - 15 A 951/87 -, NVwZ-RR 1989, 380). Sein Antrag beschränkt sich vielmehr auf die - in diesem Schreiben näher begründete - vollständige Ablehnung des in der Drucksache Nr. 407 gestellten Antrages; er begehrt nämlich, dass ein Beschluss zur Änderung des Flächennutzungsplanes nicht gefasst wird. Die bloße Ablehnung des gestellten Antrages stellt aber keinen eigenständigen Antrag dar, denn hierzu kann im Rahmen der Abstimmung mit „Nein“ gestimmt werden, womit dem Anliegen des Antragstellers vollumfänglich Rechnung getragen würde.
18 
Dem Antragsgegner bleibt es in der vorliegenden Situation schließlich unbenommen, auch vor Entscheidung des Gerichtes in der Hauptsache die Angelegenheit aus eigener Kompetenz gem. § 34 Abs. 1 GemO auf die Tagesordnung einer der nächsten Gemeinderatssitzungen zu nehmen, damit der Gemeinderat über die Einleitung eines Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes berät und den gemeinderätlichen Mitgliedern in dem Gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft ihr Abstimmungsverhalten vorgibt.
19 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
20 
Im Hinblick auf die Vorläufigkeit der getroffenen Anordnung wird der sich aus Nr. 22.7 des Streitwertkataloges 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ergebende Streitwert halbiert.

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(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. (2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1

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Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Baugesetzbuch - BBauG | § 1a Ergänzende Vorschriften zum Umweltschutz


(1) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die nachfolgenden Vorschriften zum Umweltschutz anzuwenden. (2) Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden; dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen f

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Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hat auf die Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, keinen Einfluss.

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 09. Feb. 2017 - 9 K 933/16

bei uns veröffentlicht am 09.02.2017

Tenor Soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt.Auf die Klage der Kläger zu 1., 3., 4. und 5. wird festgestellt, dass die Weigerung des Beklagten, in der Gemeinderatssitzung vom 07.12.2015 den von Gemeinderat D

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(1) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die nachfolgenden Vorschriften zum Umweltschutz anzuwenden.

(2) Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden; dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen. Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sollen nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden. Die Grundsätze nach den Sätzen 1 und 2 sind in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit der Umwandlung landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen soll begründet werden; dabei sollen Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen können.

(3) Die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe a bezeichneten Bestandteilen (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz) sind in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 zu berücksichtigen. Der Ausgleich erfolgt durch geeignete Darstellungen und Festsetzungen nach den §§ 5 und 9 als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich. Soweit dies mit einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, können die Darstellungen und Festsetzungen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. Anstelle von Darstellungen und Festsetzungen können auch vertragliche Vereinbarungen nach § 11 oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden. § 15 Absatz 3 des Bundesnaturschutzgesetzes gilt entsprechend. Ein Ausgleich ist nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren.

(4) Soweit ein Gebiet im Sinne des § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(5) Den Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden. Der Grundsatz nach Satz 1 ist in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 zu berücksichtigen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hat auf die Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, keinen Einfluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.