Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 15. Okt. 2008 - 7 K 1409/07

bei uns veröffentlicht am15.10.2008

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28.03.2007 verpflichtet, den Kläger von der Studiengebührenpflicht für das Sommersemester 2007 zu befreien.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Befreiung von der Studiengebührenpflicht für das Sommersemester 2007.
Der Kläger studiert seit dem Sommersemester 2005 bei der Beklagten im Studiengang ..., Abschlussziel .... Zuvor hatte er nach einem Studium von sieben Semestern an der Berufsakademie ... einen Diplomabschluss im Fach ... erworben.
Mit Gebührenbescheid der Beklagten vom 04.01.2007 wurde der Kläger verpflichtet, für sein Studium die Studiengebühr in Höhe von 500,-- Euro je Semester zu entrichten. Am 10.01.2007 beantragte er die Befreiung von der Studiengebühr für das Sommersemester 2007 wegen einer sich erheblich studienerschwerend auswirkenden Behinderung. Dem Antrag beigefügt war ein ärztliches Attest des ... vom 20.06.2006. Dort heißt es:
„Herr ... befindet sich seit 10 Jahren in meiner Behandlung und wurde von mir zuletzt am 20.06.2006 nervenärztlich untersucht. Aufgrund der Schwere seiner Erkrankung ist seine Leistungsfähigkeit im Studium deutlich reduziert. Trotz intensivem Bemühen von Herrn ... bedingt dies unzweifelhaft eine Verlängerung der Studiendauer gegenüber einem gesunden Menschen.“
Der Kläger führte ferner aus, der Behindertenausweis sei bereits beantragt und werde sobald als möglich nachgereicht. Die ... ohne Abschluss könne auch mit der Beeinträchtigung absolviert werden. So habe er den Kurs „...“ mit der Note „1“ absolviert. Gleichzeitig habe er aufgrund seiner Behinderung für „...“ statt des vorgesehenen einen Semesters zwei Semester benötigt.
Mit einem am 09.03.2007 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben legte der Kläger einen am 07.03.2007 ausgestellten Schwerbehindertenausweis vor. Der Ausweis gibt den Grad der Behinderung (GdB) mit 60 an.
Mit Bescheid vom 28.03.2007 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, zwar ergebe sich aus dem dem Antrag beigefügten Attest, dass es durch die Erkrankung des Klägers zu einer Verminderung der Leistungsfähigkeit komme, weshalb mit einer längeren Studiendauer zu rechnen sei. Anhand der vorgelegten Bescheinigung sei aber eine erhebliche Erschwernis in der Ausübung des Studiums nicht ersichtlich.
Am 20.04.2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er beantragt sachdienlich,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28.03.2007 zu verpflichten, ihn von der Studiengebührenpflicht für das Sommersemester 2007 zu befreien.
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Zur Begründung führt er aus: Er habe der Beklagten seinen Schwerbehindertenausweis sowie eine neurologisch-ärztliche Bescheinigung übersandt. Aus letzterer gehe hervor, dass er erhebliche Nachteile im Studium haben werde. Der Klage beigefügt war ein Bescheid des Versorgungsamts des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 28.02.2007, mit dem der Grad der Behinderung (GdB) seit dem 27.12.2006 mit 60 angegeben ist. Die Schwerbehinderteneigenschaft i.S. des § 2 Abs.2 SGB IX liege vor. Die Prüfung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass folgende Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen: 1. Seelische Krankheit, 2. Bandscheibenschaden, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule. Außerdem hat der Kläger einen Ärztlichen Bericht zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsantrag) vom 28.09.2008 vorgelegt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Unstreitig liege beim Kläger eine Behinderung i.S. des § 2 SGB IX mit einem Grad der Behinderung von 60 vor. Es sei der Beklagten bekannt, dass andere Hochschulen bei einem Grad der Behinderung ab 50 pauschal eine „erhebliche Studienerschwernis“ i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3 LHGebG anerkennen und von der Gebührenpflicht befreien. Sie habe sich jedoch entschieden, die in der Gesetzesbegründung vorgenommene Regelvermutung einer „erheblichen Studienerschwernis“ bei einem Grad der Behinderung von 50 zwar zu berücksichtigen, allerdings die konkrete Auswirkung der Schwerbehinderung auf das Studium sich durch ein fachärztliches Attest erläutern und damit bestätigen zu lassen. Dies erfolge vor dem Hintergrund, dass nach den zwar nicht verbindlichen, aber jedenfalls richtungsgebenden „Allgemeinen Richtlinien für Gutachten im sozialen Entschädigungsrecht und im Schwerbehindertenrecht“ Behinderungen oder auch Schwerbehinderungen nicht zwangsläufig eine Beeinträchtigung, zumal auch eine erhebliche Beeinträchtigung des Studiums zur Folge haben müssten. Der Kläger habe selbst dargelegt, wegen seiner Behinderung die ... in zwei statt in einem Semester erworben zu haben. Anhand dieser pauschalen und nicht belegten Aussage lasse sich nicht erkennen oder nachvollziehen, wie sich die Behinderung konkret auf den Kenntniserwerb ... und damit auf die Studienleistungen ausgewirkt haben soll. Dies gelte umso mehr, als es ihm trotz der Behinderung gelungen sei, den Kurs „...“ offenbar zeitgerecht sogar mit der Note 1 zu absolvieren. Die Ausführungen im ärztlichen Attest wiesen ebenfalls nur pauschal auf eine deutlich reduzierte Leistungsfähigkeit im Studium hin, was zu einer Verlängerung der Studiendauer führe. Wie sich diese Leistungseinschränkung im Studium konkret auswirke, bleibe allerdings offen. Selbst wenn eine „erhebliche Studienerschwernis“ bejaht werden könnte, würde eine Befreiung im Falle des Klägers aber wohl ausscheiden, weil er bereits mit einem Abschluss der Berufsakademie einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erworben habe. Da die Befreiung eines Studierenden von der Gebührenpflicht stets zu Lasten aller anderen Studierenden gehe, weil damit eine mögliche Verbesserung der Studienbedingungen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 LHGebG) insoweit entfalle, sei zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits in der Lage gewesen sei, durch ein Studium an der Berufsakademie einen Diplomabschluss zu erwerben.
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Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die von der Beklagten vorgelegte Akte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (vgl. § 11 LHGebG) zulässige Verpflichtungsklage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 28.03.2007, mit dem diese den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Studiengebührenpflicht für das Sommersemester 2007 abgelehnt hat, ist rechtswidrig. Dem Kläger steht ein Anspruch auf die beantragte Befreiung zu (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
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Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Landeshochschulgebührengesetzes - LHGebG - in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und anderer Gesetze vom 19.12.2005 (GBl S. 794, ber. 2006, S. 15) „sollen“ Studierende von der Gebührenpflicht nach § 3 befreit werden, bei denen sich ihre Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX „erheblich studienerschwerend auswirkt“. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl., § 7 Rn. 11) folgt aus der Ausgestaltung der Regelung als „Soll-Vorschrift“, dass der Antragsteller bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen in der Regel von der Studiengebührenpflicht zu befreien ist; lediglich in atypischen Sonderfällen kann die Befreiung nach Ermessen abgelehnt werden (vgl. auch LTDrucks 13/4858, S. 22, 58).
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Im vorliegenden Fall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt. Der Kläger leidet an einer Behinderung im Sinne des § 2 SGB IX, die sich erheblich studienerschwerend auswirkt (im Folgenden unter 1.). Da kein atypischer Ausnahmefall vorliegt, hat der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der Befreiung (im Folgenden unter 2.).
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1. Dass der Kläger an einer Behinderung im Sinne des § 2 SBG IX leidet, ergibt sich aus dem Bescheid des Versorgungsamts des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 28.02.2007. Dort wird unter Hinweis auf 1. eine „seelische Krankheit“ sowie 2. eine(n) „Bandscheibenschaden“/„Funktionsbehinderung der Wirbelsäule“ das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft i.S. des § 2 Abs. 2 SGB IX mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60 seit dem 27.12.2006 verbindlich festgestellt. Das Vorliegen einer Behinderung im Sinne des § 2 SGB IX wird von der Beklagten im Übrigen nicht in Frage gestellt.
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Streitig ist unter den Beteiligten allerdings, ob sich diese Behinderung im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG erheblich studienerschwerend auswirkt. Anders als andere Universitäten des Landes ist die Beklagte der Auffassung, dass für den Nachweis der „erheblichen Studienerschwernis“ die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 nicht ausreicht. Sie verlangt darüber hinaus die Vorlage eines fachärztliches Attests, das die konkreten Auswirkungen der Schwerbehinderung auf das Studium erläutert und insbesondere quantifiziert (vgl. auch den von der Beklagten herausgegebenen Formularantrag). Mit dieser Praxis überspannt die Beklagte die Anforderungen an den Nachweis des Befreiungstatbestandes.
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Der Gesetzeswortlaut selbst enthält keine näheren Angaben zur Art und Weise des Nachweises der „erheblichen Studienerschwernis“. Der im Gesetzgebungsverfahren erhobenen Forderung nach einem amtsärztlichen Attest wurde ausdrücklich eine Absage erteilt (vgl. LTDrucks 13/4858, S. 59 f.). Eine gesonderte gesetzliche Regelung zur Vorlage geeigneter Unterlagen wurde für entbehrlich gehalten mit dem Hinweis darauf, dass der Antragsteller “die Beweislast trägt“ (LTDrucks 13/4858, S. 60).
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Allerdings lassen sich den Gesetzesmaterialien deutliche Hinweise darauf entnehmen, dass mit der Regelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG insbesondere das Ziel einer Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens verfolgt werden sollte. So heißt es in der Gesetzesbegründung (LTDrucks 13/4858, S. 22 f.):
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Der Verweis auf die Definition einer Behinderung in § 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) soll die Anwendung der Norm gegenüber der bisherigen Regelung bei den Langzeitstudiengebühren („Behinderung oder chronische Erkrankung“) erleichtern und eine einheitliche Auslegung des Befreiungstatbestandes sicherstellen. Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Damit können auch chronische Erkrankungen zu einer Befreiung führen, wenn sie einer Behinderung gleichkommen. Eine weitere Verwaltungsvereinfachung wird sich dadurch ergeben, dass die nach dem SGB IX zuständigen Behörden eine Behinderung mit einem Grad von wenigstens 30 feststellen. Bei einem Gad der Behinderung von wenigstens 50, der durch einen Schwerbehindertenausweis nachgewiesen wird, kann in der Regel angenommen werden, dass sich die Behinderung erheblich studienerschwerend auswirkt.
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Diese Ausführungen zeigen, dass der Gesetzgeber in der Bezugnahme auf die Vorschriften des SGB IX und auf die Feststellungen der danach zuständigen Behörden ein maßgebliches Mittel gesehen hat, um das von ihm verfolgte Ziel der Verwaltungsvereinfachung zu erreichen. Diesem Ziel kommt mit Blick darauf, dass es sich bei der Erhebung von Studiengebühren wie der Bearbeitung von Befreiungsanträgen um Massenverfahren handelt, besondere Bedeutung zu. Eine am Zweck der Verwaltungsvereinfachung orientierte Auslegung erscheint um so mehr gerechtfertigt, als die Schwelle der „Erheblichkeit“ der Studienerschwernis im Gesetz selbst nicht näher konkretisiert worden ist. Die Ausfüllung dieses offenen Begriffs soll nach dem Willen des Gesetzgebers unter Zuhilfenahme sozialrechtlicher Maßstäbe und Instrumente (Feststellung des Behinderungsgrades bzw. der Schwerbehinderteneigenschaft durch die Versorgungsämter, Schwerbehindertenausweis, vgl. §§ 69, 2 Abs. 2 SGB IX) erfolgen.
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Danach ist als Mindesterfordernis für eine „erhebliche“ Studienerschwernis jedenfalls ein Behinderungsgrad von 20 zu fordern. Denn damit wird das Minimum einer sozialrechtlich beachtlichen Behinderung beschrieben, erst ab diesem Behinderungsgrad muss die zuständige Sozialbehörde nach § 69 Abs. 1 S. 1 und S. 6 SGB IX eine Feststellung des Grades der Behinderung treffen (vgl. Dau, in: LPK-SGB IX, 2002, § 69 Rn. 11; VG Freiburg, Urt. v. 07.05.2008 - 1 K 1001/07 -, Juris). Aus der Feststellung dieses Behinderungsgrades folgt allerdings nicht ohne weiteres, dass es sich um eine Behinderung mit „erheblich studienerschwerender“ Auswirkung handelt. Diese muss sich vielmehr grundsätzlich aus der konkreten Behinderung und den damit verbundenen zeitlichen Nachteilen im Studium im Einzelfall ergeben (vgl. VG Freiburg, a.a.O.; dazu noch unten).
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Mit Blick auf den Gesetzeszweck der Verwaltungsvereinfachung kommt dem Antragsteller nach Auffassung der Kammer allerdings ab einem von der zuständigen Behörde festgestellten Behinderungsgrad von 50 oder mehr eine Nachweiserleichterung zugute. Dabei geht die Kammer in Anknüpfung an die diesbezügliche Formulierung in der Gesetzesbegründung (LTDrucks 13/4858, S. 22 f.) davon aus, dass die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises, der einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 nachweist (vgl. § 2 Abs. 2 SGB IX), die Regelvermutung begründet, dass sich die Behinderung erheblich studienerschwerend auswirkt. Nach den für gesetzliche Vermutungen geltenden Grundsätzen (vgl. Eyermann/Geiger, VwGO, 12. Aufl., § 86 Rn. 86; BVerwG, Urt. v. 20.10.1987 - 9 C 266/86 -, BVerwGE 78, 147), die die Kammer hier für anwendbar hält, muss das Gericht von der vermuteten Tatsache ausgehen, solange diese von der Hochschule nicht widerlegt wird (Umkehr der Beweislast). Hierzu muss diese darlegen und beweisen, dass ein atypischer Ausnahmefall vorliegt, in dem es entgegen der Regelvermutung an der „erheblichen Studienerschwernis“ fehlt.
26 
Die Kammer verkennt nicht, dass der Grad der Behinderung die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben zum Inhalt hat (vgl. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB IX: „Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt.“; vgl. auch Dau, a.a.O., Rn. 12). Mit der Angabe eines bestimmten Grades der Behinderung ist somit nicht zwangsläufig eine Aussage zum Vorliegen einer kausalen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit in einem bestimmten Beruf verbunden (vgl. die in diesem Zusammenhang maßgeblichen „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ - AHP - Nr. 18 Abs. 1: „GdB und MdE sind grundsätzlich unabhängig vom ausgeübten oder angestrebten Beruf zu beurteilen“; vgl. Dau, a.a.O., § 69 Rn. 12 ff.). Bezugspunkt der Erschwernis in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG ist indes das Studium, das nach Ansicht der Kammer nicht mit einer bestimmten beruflichen Tätigkeit gleichgesetzt werden kann. Eine Studienerschwernis ist deshalb nicht nur anzunehmen, wenn der Behinderte Grundanforderungen eines jeden Studiums, wie das Aufsuchen der Lehrveranstaltungen, die Aufnahme des vermittelten Wissens, die Wiedergabe und Darstellung des Wissens oder die Erbringung praktischer Studienleistungen, nicht so gerecht werden kann wie der Gesunde. Da das Studium über die genannten Anforderungen hinausgehend vom Studierenden typischerweise ein erhebliches Maß an Selbständigkeit, Initiative und Organisationsfähigkeit verlangt, müssen auch behinderungsbedingte Auswirkungen auf diese Eigenschaften bzw. Fähigkeiten als Studienerschwernis im Sinne der Befreiungsregelung gelten. Mit Blick auf dieses umfassende Verständnis der Studienerschwernis verliert der Einwand der Beklagten, der festgestellte Grad der Behinderung habe nicht zwangsläufig Aussagekraft für die Leistungsfähigkeit in einem bestimmten Beruf bzw. im Studium, entscheidend an Gewicht.
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Für die von der Kammer befürwortete Interpretation spricht ein weiterer Gesichtspunkt. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll mit der Gebührenbefreiung in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG Rechnung getragen werden (LTDrucks 13/4858, S. 22). Hiernach darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Der baden-württembergische Gesetzgeber hat mit der Befreiungsregelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG das spezielle verfassungsrechtliche Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung einfachrechtlich näher ausgestaltet. Bei der Anwendung und Auslegung dieser Bestimmung ist deshalb auch der Ausstrahlungswirkung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG <1. Kammer des Ersten Senats>, Beschl. v. 30.07.1996 - 1 BvR 1308/96 -, NJW 1997, 1062; BVerfG , Beschl. v. 08.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, BVerfGE 96, 288, 306 ff.). Dies gilt auch im Hinblick auf verfahrensrechtliche Erfordernisse (BVerfGE 96, 288, 309).
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Ausgehend hiervon verbietet es sich in verfahrensrechtlicher Hinsicht, die Anforderungen an den Nachweis der Befreiungsvoraussetzungen zu hoch zu schrauben. Insoweit wirft die von der Beklagten ungeachtet des Vorliegens eines Schwerbehindertenausweises erhobene Forderung nach der Vorlage eines über die Beschreibung des Krankheitsbildes hinausgehenden, die Auswirkungen auf das Studium erläuternden fachärztlichen Attestes regelmäßig die Frage auf, ob damit nicht unangemessene Anforderungen gestellt werden. Abgesehen davon, dass dem Facharzt - wie die bisherige Praxis in zahlreichen Befreiungsfällen zeigt - eine hinreichend plausible zeitliche Quantifizierung der behinderungsbedingten Beeinträchtigungen des Studiums regelmäßig nur schwer bzw. nur mit hohem Aufwand möglich sein dürfte, sind die für die Erstellung des Attests anfallenden Kosten vom Studierenden (bzw. seinen Eltern) zu tragen. Dabei dürfte der vom Antragsteller zu tragende finanzielle Aufwand im Verhältnis zur Studiengebührenlast von 500,-- EURO, von der er befreit werden möchte, vielfach eine Größenordnung erreichen, die geeignet sein kann, behinderte Studierende faktisch von der Beantragung der Befreiung abzuhalten. Ein derartiges Ergebnis stünde im Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG, deren Umsetzung der Gesetzgeber mit der Befreiungsregelung anstrebt.
29 
Nach alledem kann der Kläger hier die aufgezeigte Nachweiserleichterung in Anspruch nehmen. Der von ihm vorgelegte Schwerbehindertenausweis, der den Grad seiner Behinderung nicht nur mit 50, sondern sogar mit 60 angibt, begründet die Regelvermutung, dass sich die bei ihm vorliegende Behinderung „erheblich studienerschwerend“ auswirkt. Den mithin erforderlichen Nachweis, dass ausnahmsweise ein atypischer Fall vorliegt, in dem sich die Behinderung nicht erheblich studienerschwerend auswirkt, hat die beweisbelastete Beklagte nicht geführt.
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Unabhängig davon lassen sich den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen aber auch ausreichende Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass er an gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, die ihm sein Studium erheblich erschweren.
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Dabei geht die Kammer in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Freiburg (Urt. v. 07.05.2008, a.a.O.) grundsätzlich davon aus, dass die studienerschwerende Auswirkung im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG einen zeitlichen Nachteil voraussetzt. Dieser kann darin bestehen, dass den behinderten Studierenden das Aufsuchen der Orte der Lehrveranstaltungen, das Aufnehmen des vermittelten Wissens sowie das Wiedergeben und Darstellen von Kenntnissen (u.a. in Lehrveranstaltungen und Prüfungen) sowie die Aneignung und der Nachweis praktischer Fertigkeiten infolge seiner Behinderung mehr Zeit kostet als den durchschnittlich Gesunden. Eine Studienerschwernis liegt aber auch vor, wenn dem behinderten Studierenden insgesamt weniger Zeit zur Verfügung steht als einem gesunden Studierenden, weil er einen Teil des Zeitbudgets, das durchschnittlich gesunden Studierenden dafür normalerweise zur Verfügung steht, für die Kompensation seiner behinderungsbedingten körperlichen, geistigen oder seelischen Mängel oder auch für deren Behandlung und Milderung aufwenden muss (VG Freiburg, a.a.O.). Dabei muss die Behinderung tatsächlich nicht zu einer Verlängerung der Studiendauer führen. Vielmehr ist eine Befreiung im Grundsatz auch dann möglich, wenn der Studierende es trotz seiner Behinderung und der damit verbundenen Studienerschwernisse doch noch schafft, sein Studium studienplangemäß durchzuführen, weil er diese Nachteile durch einen weit übermäßigen Arbeitseinsatz und unter Anspannung aller seiner Kräfte gerade noch kompensieren kann (VG Freiburg, a.a.O., mit dem überzeugenden Hinweis darauf, dass § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG im Unterschied zur Vorgängerregelung des § 7 Abs. 2 S. 2 LHGebG a.F. nicht an das Tatbestandsmerkmal der „Studienzeitverlängerung“ anknüpft). Ob die zeitliche Mehrbelastung das Maß der Erheblichkeit überschreitet, ist nach Auffassung der Kammer aufgrund einer wertenden Betrachtung unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Ob und inwieweit hierbei das Gewicht des Befreiungstatbestandes des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LHGebG zu berücksichtigen ist (vgl. VG Freiburg, a.a.O.), kann im vorliegenden Fall offen bleiben.
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Danach ist mit Blick auf die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen ohne weiteres davon auszugehen, dass er infolge seiner Behinderung/Erkrankung mehr Zeit für sein Studium bzw. zur Kompensation seiner behinderungsbedingten Defizite aufwenden muss als ein durchschnittlich gesunder Studierender. Die Kammer hat auch keine Zweifel, dass dieser zeitliche Nachteil die Schwelle der Erheblichkeit überschreitet. In Konkretisierung der Feststellungen des Versorgungsamtes im Bescheid vom 28.02.2007 wird in dem vom Kläger vorgelegten Ärztlichen Bericht zum Rehabilitationsantrag vom 28.09.2008, dem die Kammer auch Aussagekraft für den hier maßgeblichen Zeitraum beimisst, als Hauptdiagnose eine depressive schizoaffektive Störung (ICD-10: F 25.1) genannt. Dabei handelt es sich um eine psychische Störung, bei der sowohl schizophrene als auch depressive Symptome vorliegen und deshalb weder die Diagnose einer Schizophrenie noch einer depressiven Episode gerechtfertigt ist (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision - ICD-10 -, Version 2008, German Modification, unter F. 25.1). Die Schwere der Erkrankung, die ohnehin bereits in dem vom Versorgungsamt festgestellten GdB von 60 Ausdruck findet, wird durch den Hinweis auf den langsam progredienten/chronifizierenden Krankheitsverlauf sowie auf die eingeschränkte Belastbarkeit des Klägers mit schwergradiger Ausprägung (unter G. 1 „Gesundheitliche Einschränkungen im Alltag und Beruf“) weiter verdeutlicht. Dem entspricht es, wenn unter „H. Untersuchungsbefund 2. pathologische Befunde/Funktionsstörungen“ „fehlende körperliche Belastbarkeit, Antriebs- und Schlafstörungen, WS-Schmerzen“ angegeben werden. Bereits in dem Attest des Facharztes ... vom 20.06.2006 war bescheinigt worden, dass der Kläger dort seit 1996 in Behandlung ist und aufgrund der Schwere der Erkrankung seine Leistungsfähigkeit im Studium „deutlich reduziert“ ist.
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Vor diesem Hintergrund steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger an einer chronischen psychischen Erkrankung leidet, die bereits die Fähigkeit zu rationalem, konzentriertem und effektivem Lernen und Arbeiten und damit eine Grundbedingung des Studierens beeinträchtigt. Da mit Blick auf die fachärztlich diagnostizierte Schwere des Leidens nichts dafür spricht, dass sich diese Beeinträchtigung auf kürzere Phasen beschränkt, geht die Kammer davon aus, dass sich bereits hieraus im Studienalltag signifikante zeitliche Mehrbelastungen ergeben. Wird berücksichtigt, dass das dem Kläger für das Studium zustehende Zeitbudget auch durch den erforderlichen Therapieaufwand (Psychotherapie) gekürzt wird und wegen der zusätzlichen Erkrankungen (..., ...) weitere zeitliche Nachteile hinzukommen, hat die Kammer keinerlei Zweifel, dass die krankheitsbedingte zeitliche Mehrbelastung den für die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle erforderlichen Umfang erreicht.
34 
 2. Dass ein atypischer Sonderfall gegeben ist, in dem trotz Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen der Soll-Vorschrift des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG ausnahmsweise von einer Befreiung abgesehen werden kann, lässt sich nicht feststellen.
35 
Die Beklagte meint, mit Blick auf die mit der Einführung der Studiengebühr verfolgten Ziele (vgl. hierzu LTDrucks 13/4858, S. 1) sei jedenfalls einem Studierenden, der - wie der Kläger - bereits einen berufsqualifizierenden Abschluss an einer anderen Hochschule bzw. Berufsakademie erworben hat, die Zahlung der Studiengebühr zuzumuten. Mit diesem Vorbringen ist indes das Vorliegen eines atypischen Sonderfalls nicht dargetan.
36 
Die Beklagte zeigt nicht besondere, maßgeblich den Einzelfall des Klägers betreffende Umstände auf, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, abweichend vom gesetzlichen Regelfall (vgl. LTDrucks 13/4858, S. 22, 58) über die Befreiung nach Ermessen zu entscheiden. Der Sache nach will sie vielmehr - unabhängig vom Einzelfall - bezogen auf die gesamte, auch zahlenmäßig nicht unbedeutende Gruppe der Zweitstudierenden die Möglichkeit eröffnen, die Befreiung von der Studiengebühr zu versagen. Eine gebührenrechtliche Schlechterstellung der Gruppe der Zweitstudierenden bedarf nach Ansicht der Kammer jedoch einer abstrakt-generellen Regelung, mithin einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers. Sie kann von den Hochschulen nicht dadurch erreicht werden, dass sie im Rahmen der Anwendung der Befreiungsregelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG die Tatsache des Zweitstudiums als „atypischen Fall“ betrachten, der dazu berechtigt, von einer Befreiung nach Ermessen abzusehen.
37 
Hierfür sprechen auch verfassungsrechtliche Erwägungen. Denn das gemäß Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip gewährleistete Recht auf Teilhabe an staatlichen Ausbildungsressourcen (vgl. BVerfGE 33, 303, 330 ff.) wird durch den Abschluss eines Erststudiums nicht verbraucht. Das Grundrecht der Berufsfreiheit ermöglicht auch die Ausbildung zu einem weiteren Beruf und somit auch die Aufnahme eines Zweitstudiums (vgl. BVerfGE 43, 291, 363; 62, 117, 146). Zwar ist es grundsätzlich gerechtfertigt, Zweitstudienbewerbern weitergehende Beschränkungen und Belastungen aufzuerlegen, als sie für Erststudienbewerber gelten; denn sie hatten durch ihr Erststudium bereits Anteil an den nur begrenzt vorhandenen Ausbildungsressourcen und an der Verteilung der Berufschancen (vgl. BVerfGE 43, 291, 364 f; 62, 117, 147). Dem entsprechend kann diese Wertung auch als Rechtfertigung für eine (Zweitstudierende belastende) Gebührenregelung herangezogen werden, die unter anderem den Zweck verfolgt, die Nutzung von Hochschulressourcen zu effektivieren (vgl. BVerfG <2. Kammer des Ersten Senats>, Beschl. v. 31.03.2006 - 1 BvR 1771/01 -, Juris). Wegen der grundrechtseinschränkenden Wirkung setzt dies nach Ansicht der Kammer indes eine ausdrückliche gesetzliche Regelung voraus, an der es hier fehlt. § 6 LHGebG differenziert bei der Befreiung von der Studiengebühr gerade nicht zwischen Erst- und Zweitstudierenden.
38 
Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die gesetzliche Systematik. Der Landesgesetzgeber hat bei der Regelung der Voraussetzungen des zur Finanzierung der Studiengebühr eingeräumten Darlehensanspruchs nach § 7 Abs. 1 LHGebG im Ergebnis Zweitstudierende - soweit es nicht um ein Zweitstudium nach § 7 Abs. 5 S. 2 LHGebG geht - stärker belastet als Erststudierende: Nach § 7 Abs. 4 S. 1 LHGebG besteht der Darlehensanspruch für die Dauer des Studiums in Baden-Württemberg, längstens jedoch für die Dauer der Regelstudienzeit eines grundständigen Studiums zuzüglich vier weiterer Hochschulsemester. Die Dauer nach Satz 1 ist dabei um die Anzahl an Hochschulsemestern von Studienzeiten an u.a. einer Hochschule im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes gekürzt (Abs. 4 S. 2 Nr. 1). Diese Regelung zeigt zum einen, dass der Landesgesetzgeber die Gruppe der Zweitstudierenden durchaus in den Blick genommen hat. Zum anderen belegt sie, dass er diese Gruppe lediglich in einem speziellen Sachbereich, nämlich im Zusammenhang mit dem Darlehensanspruch nach § 7 LHGebG gegenüber den Erststudierenden stärker belastet. Vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass vom Landesgesetzgeber weder eine grundsätzliche gebührenrechtliche Schlechterstellung des Zweitstudiums noch eine Schlechterstellung im Zusammenhang mit der Frage der Befreiung von der Studiengebühr nach § 6 LHGebG beabsichtigt war. Dies gilt um so mehr, als § 7 Abs. 4 Satz 3 LHGebG im Regelungsbereich des Darlehensanspruchs sogar eine Privilegierung von Studienzeiten enthält, in denen der Studierende „nach den Voraussetzungen“ des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHGebG von der Gebührenpflicht befreit „ist oder war“. Auch mit dieser gesetzgeberischen Wertung wäre die Annahme der Schädlichkeit eines Zweitstudium bei der Inanspruchnahme einer gebührenrechtlichen Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG schwerlich vereinbar.
39 
Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Gründe

 
15 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (vgl. § 11 LHGebG) zulässige Verpflichtungsklage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 28.03.2007, mit dem diese den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Studiengebührenpflicht für das Sommersemester 2007 abgelehnt hat, ist rechtswidrig. Dem Kläger steht ein Anspruch auf die beantragte Befreiung zu (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
16 
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Landeshochschulgebührengesetzes - LHGebG - in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und anderer Gesetze vom 19.12.2005 (GBl S. 794, ber. 2006, S. 15) „sollen“ Studierende von der Gebührenpflicht nach § 3 befreit werden, bei denen sich ihre Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX „erheblich studienerschwerend auswirkt“. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl., § 7 Rn. 11) folgt aus der Ausgestaltung der Regelung als „Soll-Vorschrift“, dass der Antragsteller bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen in der Regel von der Studiengebührenpflicht zu befreien ist; lediglich in atypischen Sonderfällen kann die Befreiung nach Ermessen abgelehnt werden (vgl. auch LTDrucks 13/4858, S. 22, 58).
17 
Im vorliegenden Fall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt. Der Kläger leidet an einer Behinderung im Sinne des § 2 SGB IX, die sich erheblich studienerschwerend auswirkt (im Folgenden unter 1.). Da kein atypischer Ausnahmefall vorliegt, hat der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der Befreiung (im Folgenden unter 2.).
18 
1. Dass der Kläger an einer Behinderung im Sinne des § 2 SBG IX leidet, ergibt sich aus dem Bescheid des Versorgungsamts des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 28.02.2007. Dort wird unter Hinweis auf 1. eine „seelische Krankheit“ sowie 2. eine(n) „Bandscheibenschaden“/„Funktionsbehinderung der Wirbelsäule“ das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft i.S. des § 2 Abs. 2 SGB IX mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60 seit dem 27.12.2006 verbindlich festgestellt. Das Vorliegen einer Behinderung im Sinne des § 2 SGB IX wird von der Beklagten im Übrigen nicht in Frage gestellt.
19 
Streitig ist unter den Beteiligten allerdings, ob sich diese Behinderung im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG erheblich studienerschwerend auswirkt. Anders als andere Universitäten des Landes ist die Beklagte der Auffassung, dass für den Nachweis der „erheblichen Studienerschwernis“ die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 nicht ausreicht. Sie verlangt darüber hinaus die Vorlage eines fachärztliches Attests, das die konkreten Auswirkungen der Schwerbehinderung auf das Studium erläutert und insbesondere quantifiziert (vgl. auch den von der Beklagten herausgegebenen Formularantrag). Mit dieser Praxis überspannt die Beklagte die Anforderungen an den Nachweis des Befreiungstatbestandes.
20 
Der Gesetzeswortlaut selbst enthält keine näheren Angaben zur Art und Weise des Nachweises der „erheblichen Studienerschwernis“. Der im Gesetzgebungsverfahren erhobenen Forderung nach einem amtsärztlichen Attest wurde ausdrücklich eine Absage erteilt (vgl. LTDrucks 13/4858, S. 59 f.). Eine gesonderte gesetzliche Regelung zur Vorlage geeigneter Unterlagen wurde für entbehrlich gehalten mit dem Hinweis darauf, dass der Antragsteller “die Beweislast trägt“ (LTDrucks 13/4858, S. 60).
21 
Allerdings lassen sich den Gesetzesmaterialien deutliche Hinweise darauf entnehmen, dass mit der Regelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG insbesondere das Ziel einer Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens verfolgt werden sollte. So heißt es in der Gesetzesbegründung (LTDrucks 13/4858, S. 22 f.):
22 
Der Verweis auf die Definition einer Behinderung in § 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) soll die Anwendung der Norm gegenüber der bisherigen Regelung bei den Langzeitstudiengebühren („Behinderung oder chronische Erkrankung“) erleichtern und eine einheitliche Auslegung des Befreiungstatbestandes sicherstellen. Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Damit können auch chronische Erkrankungen zu einer Befreiung führen, wenn sie einer Behinderung gleichkommen. Eine weitere Verwaltungsvereinfachung wird sich dadurch ergeben, dass die nach dem SGB IX zuständigen Behörden eine Behinderung mit einem Grad von wenigstens 30 feststellen. Bei einem Gad der Behinderung von wenigstens 50, der durch einen Schwerbehindertenausweis nachgewiesen wird, kann in der Regel angenommen werden, dass sich die Behinderung erheblich studienerschwerend auswirkt.
23 
Diese Ausführungen zeigen, dass der Gesetzgeber in der Bezugnahme auf die Vorschriften des SGB IX und auf die Feststellungen der danach zuständigen Behörden ein maßgebliches Mittel gesehen hat, um das von ihm verfolgte Ziel der Verwaltungsvereinfachung zu erreichen. Diesem Ziel kommt mit Blick darauf, dass es sich bei der Erhebung von Studiengebühren wie der Bearbeitung von Befreiungsanträgen um Massenverfahren handelt, besondere Bedeutung zu. Eine am Zweck der Verwaltungsvereinfachung orientierte Auslegung erscheint um so mehr gerechtfertigt, als die Schwelle der „Erheblichkeit“ der Studienerschwernis im Gesetz selbst nicht näher konkretisiert worden ist. Die Ausfüllung dieses offenen Begriffs soll nach dem Willen des Gesetzgebers unter Zuhilfenahme sozialrechtlicher Maßstäbe und Instrumente (Feststellung des Behinderungsgrades bzw. der Schwerbehinderteneigenschaft durch die Versorgungsämter, Schwerbehindertenausweis, vgl. §§ 69, 2 Abs. 2 SGB IX) erfolgen.
24 
Danach ist als Mindesterfordernis für eine „erhebliche“ Studienerschwernis jedenfalls ein Behinderungsgrad von 20 zu fordern. Denn damit wird das Minimum einer sozialrechtlich beachtlichen Behinderung beschrieben, erst ab diesem Behinderungsgrad muss die zuständige Sozialbehörde nach § 69 Abs. 1 S. 1 und S. 6 SGB IX eine Feststellung des Grades der Behinderung treffen (vgl. Dau, in: LPK-SGB IX, 2002, § 69 Rn. 11; VG Freiburg, Urt. v. 07.05.2008 - 1 K 1001/07 -, Juris). Aus der Feststellung dieses Behinderungsgrades folgt allerdings nicht ohne weiteres, dass es sich um eine Behinderung mit „erheblich studienerschwerender“ Auswirkung handelt. Diese muss sich vielmehr grundsätzlich aus der konkreten Behinderung und den damit verbundenen zeitlichen Nachteilen im Studium im Einzelfall ergeben (vgl. VG Freiburg, a.a.O.; dazu noch unten).
25 
Mit Blick auf den Gesetzeszweck der Verwaltungsvereinfachung kommt dem Antragsteller nach Auffassung der Kammer allerdings ab einem von der zuständigen Behörde festgestellten Behinderungsgrad von 50 oder mehr eine Nachweiserleichterung zugute. Dabei geht die Kammer in Anknüpfung an die diesbezügliche Formulierung in der Gesetzesbegründung (LTDrucks 13/4858, S. 22 f.) davon aus, dass die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises, der einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 nachweist (vgl. § 2 Abs. 2 SGB IX), die Regelvermutung begründet, dass sich die Behinderung erheblich studienerschwerend auswirkt. Nach den für gesetzliche Vermutungen geltenden Grundsätzen (vgl. Eyermann/Geiger, VwGO, 12. Aufl., § 86 Rn. 86; BVerwG, Urt. v. 20.10.1987 - 9 C 266/86 -, BVerwGE 78, 147), die die Kammer hier für anwendbar hält, muss das Gericht von der vermuteten Tatsache ausgehen, solange diese von der Hochschule nicht widerlegt wird (Umkehr der Beweislast). Hierzu muss diese darlegen und beweisen, dass ein atypischer Ausnahmefall vorliegt, in dem es entgegen der Regelvermutung an der „erheblichen Studienerschwernis“ fehlt.
26 
Die Kammer verkennt nicht, dass der Grad der Behinderung die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben zum Inhalt hat (vgl. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB IX: „Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt.“; vgl. auch Dau, a.a.O., Rn. 12). Mit der Angabe eines bestimmten Grades der Behinderung ist somit nicht zwangsläufig eine Aussage zum Vorliegen einer kausalen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit in einem bestimmten Beruf verbunden (vgl. die in diesem Zusammenhang maßgeblichen „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ - AHP - Nr. 18 Abs. 1: „GdB und MdE sind grundsätzlich unabhängig vom ausgeübten oder angestrebten Beruf zu beurteilen“; vgl. Dau, a.a.O., § 69 Rn. 12 ff.). Bezugspunkt der Erschwernis in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG ist indes das Studium, das nach Ansicht der Kammer nicht mit einer bestimmten beruflichen Tätigkeit gleichgesetzt werden kann. Eine Studienerschwernis ist deshalb nicht nur anzunehmen, wenn der Behinderte Grundanforderungen eines jeden Studiums, wie das Aufsuchen der Lehrveranstaltungen, die Aufnahme des vermittelten Wissens, die Wiedergabe und Darstellung des Wissens oder die Erbringung praktischer Studienleistungen, nicht so gerecht werden kann wie der Gesunde. Da das Studium über die genannten Anforderungen hinausgehend vom Studierenden typischerweise ein erhebliches Maß an Selbständigkeit, Initiative und Organisationsfähigkeit verlangt, müssen auch behinderungsbedingte Auswirkungen auf diese Eigenschaften bzw. Fähigkeiten als Studienerschwernis im Sinne der Befreiungsregelung gelten. Mit Blick auf dieses umfassende Verständnis der Studienerschwernis verliert der Einwand der Beklagten, der festgestellte Grad der Behinderung habe nicht zwangsläufig Aussagekraft für die Leistungsfähigkeit in einem bestimmten Beruf bzw. im Studium, entscheidend an Gewicht.
27 
Für die von der Kammer befürwortete Interpretation spricht ein weiterer Gesichtspunkt. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll mit der Gebührenbefreiung in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG Rechnung getragen werden (LTDrucks 13/4858, S. 22). Hiernach darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Der baden-württembergische Gesetzgeber hat mit der Befreiungsregelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG das spezielle verfassungsrechtliche Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung einfachrechtlich näher ausgestaltet. Bei der Anwendung und Auslegung dieser Bestimmung ist deshalb auch der Ausstrahlungswirkung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG <1. Kammer des Ersten Senats>, Beschl. v. 30.07.1996 - 1 BvR 1308/96 -, NJW 1997, 1062; BVerfG , Beschl. v. 08.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, BVerfGE 96, 288, 306 ff.). Dies gilt auch im Hinblick auf verfahrensrechtliche Erfordernisse (BVerfGE 96, 288, 309).
28 
Ausgehend hiervon verbietet es sich in verfahrensrechtlicher Hinsicht, die Anforderungen an den Nachweis der Befreiungsvoraussetzungen zu hoch zu schrauben. Insoweit wirft die von der Beklagten ungeachtet des Vorliegens eines Schwerbehindertenausweises erhobene Forderung nach der Vorlage eines über die Beschreibung des Krankheitsbildes hinausgehenden, die Auswirkungen auf das Studium erläuternden fachärztlichen Attestes regelmäßig die Frage auf, ob damit nicht unangemessene Anforderungen gestellt werden. Abgesehen davon, dass dem Facharzt - wie die bisherige Praxis in zahlreichen Befreiungsfällen zeigt - eine hinreichend plausible zeitliche Quantifizierung der behinderungsbedingten Beeinträchtigungen des Studiums regelmäßig nur schwer bzw. nur mit hohem Aufwand möglich sein dürfte, sind die für die Erstellung des Attests anfallenden Kosten vom Studierenden (bzw. seinen Eltern) zu tragen. Dabei dürfte der vom Antragsteller zu tragende finanzielle Aufwand im Verhältnis zur Studiengebührenlast von 500,-- EURO, von der er befreit werden möchte, vielfach eine Größenordnung erreichen, die geeignet sein kann, behinderte Studierende faktisch von der Beantragung der Befreiung abzuhalten. Ein derartiges Ergebnis stünde im Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG, deren Umsetzung der Gesetzgeber mit der Befreiungsregelung anstrebt.
29 
Nach alledem kann der Kläger hier die aufgezeigte Nachweiserleichterung in Anspruch nehmen. Der von ihm vorgelegte Schwerbehindertenausweis, der den Grad seiner Behinderung nicht nur mit 50, sondern sogar mit 60 angibt, begründet die Regelvermutung, dass sich die bei ihm vorliegende Behinderung „erheblich studienerschwerend“ auswirkt. Den mithin erforderlichen Nachweis, dass ausnahmsweise ein atypischer Fall vorliegt, in dem sich die Behinderung nicht erheblich studienerschwerend auswirkt, hat die beweisbelastete Beklagte nicht geführt.
30 
Unabhängig davon lassen sich den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen aber auch ausreichende Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass er an gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, die ihm sein Studium erheblich erschweren.
31 
Dabei geht die Kammer in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Freiburg (Urt. v. 07.05.2008, a.a.O.) grundsätzlich davon aus, dass die studienerschwerende Auswirkung im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG einen zeitlichen Nachteil voraussetzt. Dieser kann darin bestehen, dass den behinderten Studierenden das Aufsuchen der Orte der Lehrveranstaltungen, das Aufnehmen des vermittelten Wissens sowie das Wiedergeben und Darstellen von Kenntnissen (u.a. in Lehrveranstaltungen und Prüfungen) sowie die Aneignung und der Nachweis praktischer Fertigkeiten infolge seiner Behinderung mehr Zeit kostet als den durchschnittlich Gesunden. Eine Studienerschwernis liegt aber auch vor, wenn dem behinderten Studierenden insgesamt weniger Zeit zur Verfügung steht als einem gesunden Studierenden, weil er einen Teil des Zeitbudgets, das durchschnittlich gesunden Studierenden dafür normalerweise zur Verfügung steht, für die Kompensation seiner behinderungsbedingten körperlichen, geistigen oder seelischen Mängel oder auch für deren Behandlung und Milderung aufwenden muss (VG Freiburg, a.a.O.). Dabei muss die Behinderung tatsächlich nicht zu einer Verlängerung der Studiendauer führen. Vielmehr ist eine Befreiung im Grundsatz auch dann möglich, wenn der Studierende es trotz seiner Behinderung und der damit verbundenen Studienerschwernisse doch noch schafft, sein Studium studienplangemäß durchzuführen, weil er diese Nachteile durch einen weit übermäßigen Arbeitseinsatz und unter Anspannung aller seiner Kräfte gerade noch kompensieren kann (VG Freiburg, a.a.O., mit dem überzeugenden Hinweis darauf, dass § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG im Unterschied zur Vorgängerregelung des § 7 Abs. 2 S. 2 LHGebG a.F. nicht an das Tatbestandsmerkmal der „Studienzeitverlängerung“ anknüpft). Ob die zeitliche Mehrbelastung das Maß der Erheblichkeit überschreitet, ist nach Auffassung der Kammer aufgrund einer wertenden Betrachtung unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Ob und inwieweit hierbei das Gewicht des Befreiungstatbestandes des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LHGebG zu berücksichtigen ist (vgl. VG Freiburg, a.a.O.), kann im vorliegenden Fall offen bleiben.
32 
Danach ist mit Blick auf die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen ohne weiteres davon auszugehen, dass er infolge seiner Behinderung/Erkrankung mehr Zeit für sein Studium bzw. zur Kompensation seiner behinderungsbedingten Defizite aufwenden muss als ein durchschnittlich gesunder Studierender. Die Kammer hat auch keine Zweifel, dass dieser zeitliche Nachteil die Schwelle der Erheblichkeit überschreitet. In Konkretisierung der Feststellungen des Versorgungsamtes im Bescheid vom 28.02.2007 wird in dem vom Kläger vorgelegten Ärztlichen Bericht zum Rehabilitationsantrag vom 28.09.2008, dem die Kammer auch Aussagekraft für den hier maßgeblichen Zeitraum beimisst, als Hauptdiagnose eine depressive schizoaffektive Störung (ICD-10: F 25.1) genannt. Dabei handelt es sich um eine psychische Störung, bei der sowohl schizophrene als auch depressive Symptome vorliegen und deshalb weder die Diagnose einer Schizophrenie noch einer depressiven Episode gerechtfertigt ist (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision - ICD-10 -, Version 2008, German Modification, unter F. 25.1). Die Schwere der Erkrankung, die ohnehin bereits in dem vom Versorgungsamt festgestellten GdB von 60 Ausdruck findet, wird durch den Hinweis auf den langsam progredienten/chronifizierenden Krankheitsverlauf sowie auf die eingeschränkte Belastbarkeit des Klägers mit schwergradiger Ausprägung (unter G. 1 „Gesundheitliche Einschränkungen im Alltag und Beruf“) weiter verdeutlicht. Dem entspricht es, wenn unter „H. Untersuchungsbefund 2. pathologische Befunde/Funktionsstörungen“ „fehlende körperliche Belastbarkeit, Antriebs- und Schlafstörungen, WS-Schmerzen“ angegeben werden. Bereits in dem Attest des Facharztes ... vom 20.06.2006 war bescheinigt worden, dass der Kläger dort seit 1996 in Behandlung ist und aufgrund der Schwere der Erkrankung seine Leistungsfähigkeit im Studium „deutlich reduziert“ ist.
33 
Vor diesem Hintergrund steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger an einer chronischen psychischen Erkrankung leidet, die bereits die Fähigkeit zu rationalem, konzentriertem und effektivem Lernen und Arbeiten und damit eine Grundbedingung des Studierens beeinträchtigt. Da mit Blick auf die fachärztlich diagnostizierte Schwere des Leidens nichts dafür spricht, dass sich diese Beeinträchtigung auf kürzere Phasen beschränkt, geht die Kammer davon aus, dass sich bereits hieraus im Studienalltag signifikante zeitliche Mehrbelastungen ergeben. Wird berücksichtigt, dass das dem Kläger für das Studium zustehende Zeitbudget auch durch den erforderlichen Therapieaufwand (Psychotherapie) gekürzt wird und wegen der zusätzlichen Erkrankungen (..., ...) weitere zeitliche Nachteile hinzukommen, hat die Kammer keinerlei Zweifel, dass die krankheitsbedingte zeitliche Mehrbelastung den für die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle erforderlichen Umfang erreicht.
34 
 2. Dass ein atypischer Sonderfall gegeben ist, in dem trotz Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen der Soll-Vorschrift des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG ausnahmsweise von einer Befreiung abgesehen werden kann, lässt sich nicht feststellen.
35 
Die Beklagte meint, mit Blick auf die mit der Einführung der Studiengebühr verfolgten Ziele (vgl. hierzu LTDrucks 13/4858, S. 1) sei jedenfalls einem Studierenden, der - wie der Kläger - bereits einen berufsqualifizierenden Abschluss an einer anderen Hochschule bzw. Berufsakademie erworben hat, die Zahlung der Studiengebühr zuzumuten. Mit diesem Vorbringen ist indes das Vorliegen eines atypischen Sonderfalls nicht dargetan.
36 
Die Beklagte zeigt nicht besondere, maßgeblich den Einzelfall des Klägers betreffende Umstände auf, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, abweichend vom gesetzlichen Regelfall (vgl. LTDrucks 13/4858, S. 22, 58) über die Befreiung nach Ermessen zu entscheiden. Der Sache nach will sie vielmehr - unabhängig vom Einzelfall - bezogen auf die gesamte, auch zahlenmäßig nicht unbedeutende Gruppe der Zweitstudierenden die Möglichkeit eröffnen, die Befreiung von der Studiengebühr zu versagen. Eine gebührenrechtliche Schlechterstellung der Gruppe der Zweitstudierenden bedarf nach Ansicht der Kammer jedoch einer abstrakt-generellen Regelung, mithin einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers. Sie kann von den Hochschulen nicht dadurch erreicht werden, dass sie im Rahmen der Anwendung der Befreiungsregelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG die Tatsache des Zweitstudiums als „atypischen Fall“ betrachten, der dazu berechtigt, von einer Befreiung nach Ermessen abzusehen.
37 
Hierfür sprechen auch verfassungsrechtliche Erwägungen. Denn das gemäß Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip gewährleistete Recht auf Teilhabe an staatlichen Ausbildungsressourcen (vgl. BVerfGE 33, 303, 330 ff.) wird durch den Abschluss eines Erststudiums nicht verbraucht. Das Grundrecht der Berufsfreiheit ermöglicht auch die Ausbildung zu einem weiteren Beruf und somit auch die Aufnahme eines Zweitstudiums (vgl. BVerfGE 43, 291, 363; 62, 117, 146). Zwar ist es grundsätzlich gerechtfertigt, Zweitstudienbewerbern weitergehende Beschränkungen und Belastungen aufzuerlegen, als sie für Erststudienbewerber gelten; denn sie hatten durch ihr Erststudium bereits Anteil an den nur begrenzt vorhandenen Ausbildungsressourcen und an der Verteilung der Berufschancen (vgl. BVerfGE 43, 291, 364 f; 62, 117, 147). Dem entsprechend kann diese Wertung auch als Rechtfertigung für eine (Zweitstudierende belastende) Gebührenregelung herangezogen werden, die unter anderem den Zweck verfolgt, die Nutzung von Hochschulressourcen zu effektivieren (vgl. BVerfG <2. Kammer des Ersten Senats>, Beschl. v. 31.03.2006 - 1 BvR 1771/01 -, Juris). Wegen der grundrechtseinschränkenden Wirkung setzt dies nach Ansicht der Kammer indes eine ausdrückliche gesetzliche Regelung voraus, an der es hier fehlt. § 6 LHGebG differenziert bei der Befreiung von der Studiengebühr gerade nicht zwischen Erst- und Zweitstudierenden.
38 
Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die gesetzliche Systematik. Der Landesgesetzgeber hat bei der Regelung der Voraussetzungen des zur Finanzierung der Studiengebühr eingeräumten Darlehensanspruchs nach § 7 Abs. 1 LHGebG im Ergebnis Zweitstudierende - soweit es nicht um ein Zweitstudium nach § 7 Abs. 5 S. 2 LHGebG geht - stärker belastet als Erststudierende: Nach § 7 Abs. 4 S. 1 LHGebG besteht der Darlehensanspruch für die Dauer des Studiums in Baden-Württemberg, längstens jedoch für die Dauer der Regelstudienzeit eines grundständigen Studiums zuzüglich vier weiterer Hochschulsemester. Die Dauer nach Satz 1 ist dabei um die Anzahl an Hochschulsemestern von Studienzeiten an u.a. einer Hochschule im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes gekürzt (Abs. 4 S. 2 Nr. 1). Diese Regelung zeigt zum einen, dass der Landesgesetzgeber die Gruppe der Zweitstudierenden durchaus in den Blick genommen hat. Zum anderen belegt sie, dass er diese Gruppe lediglich in einem speziellen Sachbereich, nämlich im Zusammenhang mit dem Darlehensanspruch nach § 7 LHGebG gegenüber den Erststudierenden stärker belastet. Vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass vom Landesgesetzgeber weder eine grundsätzliche gebührenrechtliche Schlechterstellung des Zweitstudiums noch eine Schlechterstellung im Zusammenhang mit der Frage der Befreiung von der Studiengebühr nach § 6 LHGebG beabsichtigt war. Dies gilt um so mehr, als § 7 Abs. 4 Satz 3 LHGebG im Regelungsbereich des Darlehensanspruchs sogar eine Privilegierung von Studienzeiten enthält, in denen der Studierende „nach den Voraussetzungen“ des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHGebG von der Gebührenpflicht befreit „ist oder war“. Auch mit dieser gesetzgeberischen Wertung wäre die Annahme der Schädlichkeit eines Zweitstudium bei der Inanspruchnahme einer gebührenrechtlichen Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LHGebG schwerlich vereinbar.
39 
Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1  Der Kläger begehrt von der Beklagt
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(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Für die Zusammenarbeit der Vorgesetzten und Vertrauenspersonen mit den in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften der Soldatinnen und Soldaten gilt § 9 Absatz 1 bis 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes entsprechend.

(2) Soldatinnen und Soldaten, die Aufgaben nach diesem Gesetz wahrnehmen, haben über die ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten und Tatsachen gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren. Die Schweigepflicht besteht nicht für Angelegenheiten oder Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

(3) Die Wahrnehmung von Rechten und die Erfüllung von Pflichten nach diesem Gesetz gelten als Dienst im Sinne des § 27 des Soldatenversorgungsgesetzes oder als Wehrdienst im Sinne des § 81 des Soldatenversorgungsgesetzes.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt von der Beklagten seine Befreiung von der Studiengebührenpflicht für das Sommersemester 2007.
Er wurde 1983 geboren und studiert seit dem Wintersemester 2003/04 bei der Beklagten Germanistik und Politikwissenschaften mit dem Ziel, ins Lehramt einzutreten. Das Wintersemester 2007/08 ist sein 9. Fachsemester. Er plant, im Sommersemester 2009 sein Staatsexamen in beiden Fächern abzulegen.
Im Februar 2005 wurde bei ihm die Stoffwechselerkrankung „Zöliakie“ diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine chronische, lebenslange Erkrankung des Verdauungsapparates, nämlich um eine Mischform aus Allergie und Autoimmunerkrankung, die sich in Form einer Unverträglichkeit des Klebereiweißstoffes „Gluten“ äußert, der in vielen Getreidesorten (z.B. Weizen, Gerste, Roggen) vorkommt und insbesondere in verarbeiteten Lebensmitteln und Fertigprodukten enthalten ist, da Gluten häufig als Emulgator, zum Gelieren, Stabilisieren und als Träger von Aromastoffen verwendet wird. Die Zöliakie-Erkrankung ist nicht therapierbar, vielmehr bleibt dem Erkrankten nur die Beachtung einer strikten glutenfreien Diät. Wird sie nicht eingehalten, d.h. nimmt der Erkrankte Gluten mit seiner Nahrung in sich auf, werden die Nährstoffe von seinem Verdauungstrakt nur schlecht verwertet und die Nahrung bleibt z.T. unverdaut im Darm. Die Folge davon sind Gewichtsverlust, Durchfall, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Müdigkeit und Misslaunigkeit sowie ein erhöhtes Risiko der Erkrankung an Krebs und Diabetes. Als Alternative zu glutenhaltigen Getreidesorten für die Ernährung zöliakiekranker Menschen zulässig sind Hirse, Mais, Reis und Sojabohnen sowie Kochbananen und ohnehin Gemüse einschließlich Kartoffeln, Salate, Früchte, Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte. (siehe www.wikipedia.de > Zöliakie; siehe ferner die vom Kläger dem Klageschriftsatz als Anlage K 3 beigefügten ausführlichen Darstellungen der Deutschen Zöliakie Gesellschaft [DZG] ).
Mit Schreiben vom 25.03.2007 stellte der Kläger bei der Beklagten unter Verwendung des dazu von ihr herausgegebenen Formulars den Antrag, ihn im Sommersemester 2007 von der Pflicht zur Zahlung von Studiengebühren in Höhe von 500,-- EUR je Semester zu befreien, da er infolge seiner Erkrankung behindert sei und sich diese Behinderung im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 Landeshochschulgebührengesetz (LHGebG) „erheblich studienerschwerend“ auswirke.
In dem Formulartext hatte die Beklagte ausgeführt, dass als Nachweis bei einem Behinderungsgrad von 50 und mehr die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises genüge, während bei einem geringeren Grad der Behinderung der Nachweis einer solchen erheblich studienerschwerenden Behinderung durch Vorlage eines ärztlichen Attest erbracht werden müsse.
Der Kläger legte daher zum einen eine Bescheinigung des Versorgungsamtes des Landratsamtes …-… vom 19.03.2007 vor, das darin feststellt, der Grad seiner Behinderung betrage seit 01.01.2008 20 , eine Schwerbehinderung im Sinne von § 2 Abs.2 SGB IX liege hingegen nicht vor, so dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Nachteilsausgleichs im Sinne des § 69 Abs.4 SGB IX nicht festzustellen seien. Eine Behinderung liege vor, wenn die körperlichen Funktionen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abwichen und daher ihre Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt sei. Nach § 69 Abs.1 SGB IX würden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Gesellschaftsleben nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei Gesundheitsstörungen mit einem Grad von unter 10 keine „Behinderung“ darstellten.
Zum anderen legte der Kläger ein ärztliches Attest des Gastroenterologen Dr. B. aus F. vor, wonach beim Kläger im Februar 2005 Zöliakie diagnostiziert worden sei und schon kleinste Verunreinigungen der Nahrung mit Weizeneiweiß zu Komplikationen führen könnten, so dass eine Verköstigung in einer Mensa oder üblichen Gaststätte nicht möglich sei. Daraus ergäben sich „weitreichende Konsequenzen für die Lebensführung“ mit einer „erheblichen Erschwerung des Alltagslebens“.
Mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 27.03.2007 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag mit der Begründung ab, da kein höherer Grad der Behinderung als 20 vorliege, sei davon auszugehen, dass eine „Zöliakie ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie“ vorliege. Aus der attestierten Unmöglichkeit einer Verpflegung in einer Mensa oder üblichen Gaststätte lasse sich keine „erhebliche“ Studienerschwernis ableiten.
Dagegen hat der Kläger am 23.04.2007 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor:
10 
Seine Behinderung wirke sich erheblich studienerschwerend aus, weil sie ihm erheblich weniger Zeit für das Studium lasse als einem gesunden Studenten. Zum einen sei er gezwungen, sich seine drei täglichen Mahlzeiten zeitaufwendig selbst zuzubereiten, und außerdem müsse er seinen Tagesablauf und die Nahrungsaufnahme ganz genau vorplanen und vorstrukturieren, was einen großen Planungs- und Organisationsaufwand bedinge. Sein Bedürfnis, nach einem anstrengenden Vormittag an der Universität eine warme Mahlzeit zu sich zu nehmen, könne er nicht befriedigen. In der Mensa könne er allenfalls Blattsalate mit Öldressing, aber keine anderen, gehaltvollen und warmen Speisen zu sich nehmen und könne deshalb auch nicht wirklich gestärkt in den Nachmittag starten. Ansonsten sei ihm eine Nahrungsaufnahme in der Mensa oder in einer Speisegaststätte wegen der nie auszuschließenden Gefahr kleinster Glutenverunreinigungen der Nahrung nicht möglich. Er müsse sich daher seine Speisen zu Hause selbst zeitaufwendig zubereiten. Da er auch nicht in der Nähe der Universität wohne und die Zeiten zwischen den Vorlesungen nur knapp eine halbe Stunde umfassten, könne er auch nicht jederzeit alle (ihrer Zahl nach im Hauptstudium ohnehin begrenzten und z.T. im elektronischen Vergabeverfahren zugeteilten) Vorlesungen bzw. Studienveranstaltungen besuchen, sondern müsse diese Veranstaltungen so planen, dass sie sich mit seiner besonderen Ernährungsweise vereinbaren ließen. Es gebe mittlerweile zwar glutenfreie Nahrungsmittel, häufig aber müssten diese vor dem Verzehr erst (zeitaufwendig) aufgebacken werden, außerdem koste die Lektüre der Listen der Inhaltsstoffe auf verpackten Lebensmitteln erheblich Zeit. Ausweislich einer Stellungnahme der Deutschen Zöliakie Gesellschaft [DZG] vom 30.04.2008 erfordere laut einer Mitgliederumfrage die Zubereitung und insbesondere der Einkauf glutenfreier Lebensmittel trotz zunehmender Verbreitung in Super- und Drogeriemärkten einen wöchentlichen zeitlichen Mehraufwand von bis zu vier Stunden, da die Zutatenlisten sorgfältig gelesen und überprüft werden müssten, aber auch weil die glutenfreien Grundnahrungsmittel eventuell in mehreren verschiedenen Läden eingekauft werden müssten.
11 
Vermehrte Ausfallzeiten im Studium erleide er auch durch wiederholte unverschuldete Diätfehler. Er habe deshalb „des Öfteren“ schon die Vorlesungen verlassen und sich übergeben müssen. Ein Risiko der Kontamination mit Gluten sei nie ganz auszuschließen, weil schon kleinste Spurenelemente davon genügten und die EU-Warenauszeichnungsverordnung zwar die Angabe aller allergieauslösenden Stoffe, darunter auch Gluten, auf verpackten Nahrungsmitteln verlange, aber für lose Ware oder Restaurantessen nicht gelte. Schon bei kleinsten Verunreinigungen komme es bei ihm zu plötzlich einsetzendem Schwindel, Übelkeit, Lethargie, extremen Kopf- und Unterleibsschmerzen sowie unangenehmen Verdauungsstörungen in Form abnormen Völlegefühls, schwerer Blähungen und massiven, bis zu mehreren Tagen anhaltenden Durchfällen. In solchen Fällen fühle er sich regelrecht „außer Gefecht gesetzt“ und habe schon des Öfteren die Vorlesungen nicht besuchen können bzw. früher verlassen müssen. Selbst als glutenfrei deklarierte Fertigprodukte enthielten gelegentlich Glutenspuren, so dass es sogar bei gewissenhafter Ernährung wiederholt zu unbewussten und unverschuldeten Diätfehlern komme, die sich in Übelkeit, Bauchschmerz und Durchfall äußern könnten (vgl. Attest von Dr. B. v. 13.08.07 - GAS 63).
12 
Schließlich habe er auch einen erheblichen finanziellen Mehrbedarf, da er in Folge seiner Behinderung seine Nahrungsmittel zum größten Teil nur aus Reformhäusern und anderen spezialisierten Geschäften zu höheren Preisen beschaffen könne. Um sich diese teure tagtäglich einzuhaltende Spezialdiät leisten zu können, deren Kosten ihm von der Krankenkasse nicht erstattet würden, habe er einen Nebenjob an zwei Nachmittagen in der Woche aufnehmen müssen, so dass ihm weniger Zeit für das Studium bleibe.
13 
Neben dem außergewöhnlichen Zeitaufwand sei auch diese gegenüber gesunden Studenten größere finanzielle Mehrbelastung als erhebliche Studienerschwernis zu beachten.
14 
Seit April 2007 leide er zusätzlich unter allergischem Asthma bronchiale, das ihn zu einer kortisonbasierten Therapie zur Abschwächung der Symptome (Atemnot/Kurzatmigkeit) und zu einer Immuntherapie bezüglich Gräsern und Roggen zwinge. Außerdem leide er an einer saisonalen polleninduzierten Rhinitis allergica und bedürfte einer saisonalen Therapie mit Asthmaspray, Nasenspray und Antihistaminikum (vgl. Atteste der Universitätsklinik F. vom 6.5.2008).
15 
Nach allem liege eine erhebliche Studienbeeinträchtigung im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG vor, der in einem solchen Fall vorsehe, dass die Beklagte ihn von der Gebühr befreien „solle“, d.h. im Regelfall, der hier mangels atypischer Ausnahmesituation gegeben sei, befreien „müsse“.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
den Bescheid der Beklagten vom 27.03.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, erneut über seinen Antrag auf Befreiung von den Studiengebühren für das Sommersemester 2007 zu entscheiden und dabei die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Sie verweist auf die Begründung des angegriffenen Bescheids. Dass sich die unstreitige Behinderung des Klägers „erheblich studienerschwerend“ auswirke, sei nicht festgestellt. Es liege eine Zöliakie ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie vor. Dass sie in erheblichem Umfang eine Teilnahme des Klägers am Vorlesungsbetrieb oder an anderen Studienveranstaltungen unmöglich mache, sei nicht dargetan. Das belegten auch die ordnungsgemäßen Studienleistungen des Klägers. Von einer erheblichen Studienerschwernis könne man erst ausgehen, wenn mehr als die Hälfte der Vorlesungen versäumt werde.
21 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakte (jeweils ein Heft) verwiesen.
22 
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist der Kläger zu seiner Erkrankung und ihren Auswirkungen auf sein Alltagsleben und sein Studium vom Gericht angehört worden. Auf die hierüber erstellte Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässige Klage (§ 11 LHGebG) ist unbegründet.
24 
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Befreiung von der Studiengebührenpflicht (§ 113 Abs.5 S.2 VwGO). Vielmehr hat die Beklagte diesen Antrag zu Recht abgelehnt.
25 
Nach § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG „sollen“ Studierende von der Studiengebühr befreit werden, bei denen sich ihre Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX „erheblich studienerschwerend auswirkt“. Das heißt bei Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals müssen sie regelmäßig befreit werden, sofern nicht ein atypischer Ausnahmefall vorliegt.
26 
Dieses Tatbestandsmerkmal ist aber im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Zöliakie-erkrankung des Klägers stellt zwar nach der verbindlichen Feststellung des Versorgungsamtes eine Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX dar. Diese Behinderung wirkt sich jedoch nicht im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG „erheblich studienerschwerend“ aus.
I.
27 
Nach § 2 Abs.1 S.1 SGB IX liegt eine Behinderung vor, wenn infolge einer dauernden Abweichung der körperlichen Funktionen, der geistigen Fähigkeiten oder der seelischen Gesundheit von dem für das Lebensalter typischen Zustand die Teilhabe des Betreffenden am „Leben in der Gesellschaft“ im generellen Durchschnittsalltag ganz allgemein „beeinträchtigt“ ist. Das Vorliegen einer solchen Behinderung alleine genügt aber für die Befreiungsregelung des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG noch nicht. Vielmehr setzt diese Vorschrift zusätzlich eine ganz konkrete Auswirkung dieser Behinderung auf das Studium, nämlich eine „Erschwernis“ dieses Studiums voraus. Dass es behinderte Studierende „ohnehin schon schwer haben“, genügt also nicht, da die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers zwar Art.3 Abs.3 S.2 GG Rechnung tragen soll (vgl. LT-Drs. 13/4858, S.22) und behinderten Studierenden durch die Studiengebührenbefreiung auf finanzieller Ebene einen Nachteilsausgleich gewähren, sie aber nicht pauschal für den mit jeder Behinderung einhergehenden Verlust an Lebensqualität „entschädigen“ will.
28 
1. Ein Studium wird in diesem Sinne „erschwert“, wenn es wegen der Behinderung nicht so durchgeführt werden kann, wie dies einem durchschnittlich gesunden Studierenden möglich ist. Ausgehend von den Grundanforderungen eines jeden Studiums ist das dann der Fall, wenn den behinderten Studierenden etwa das Aufsuchen der verschiedenen Orte der Lehrveranstaltungen infolge einer eingeschränkten körperlichen Mobilität, oder aber das Aufnehmen des vermittelten Wissens infolge von Hör-, Lese- oder Konzentrationsmängeln oder auch das Wiedergeben und Darstellen des Wissens in schriftlicher oder mündlicher Form bei Diskussionen oder Prüfungen infolge von Schreib-, Sprach- oder Konzentrationsmängeln oder aber die Erbringung praktischer Studienleistungen (Versuchsaufbauten, Labortätigkeiten, handwerklich-technische Übungen) mehr Zeit kostet als den Gesunden. Ein Studienerschwernis liegt auch vor, wenn dem behinderten Studierenden insgesamt weniger Zeit zur Verfügung steht als einem gesunden Studenten, weil er einen Teil des Zeitbudgets, das durchschnittlich gesunden Studierenden dafür normalerweise zur Verfügung steht, für die zeitaufwendige Kompensation seiner behinderungsbedingten körperlichen, geistigen oder seelischen Mängel oder aber auch für deren zeitaufwendige Behandlung und Milderung aufwenden muss. Eine Erschwernis des Studiums kann dabei auch dann vorliegen, wenn der behinderte Studierende zwar keine Studienveranstaltungen versäumt, weil er - wie etwa im Fall eines Dialysepatienten - seine Studierfähigkeit durch außerhalb der Vorlesungszeiten vorgenommene zeitraubende Maßnahmen und Bemühungen herstellen kann, dadurch aber einen Verlust an Zeit erleidet, der ihm andernfalls für notwendige Erholungsphasen oder ein Eigenstudium zur Verfügung stünde.
29 
Auf eine solche zeitliche Erschwernis des Studiums infolge einer „Behinderung“ des Studierens durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes stellt auch die im systematischen Kontext zu § 6 I 1 Nr.3 LHGebG stehende Befreiungsregelung des § 6 I 1 Nr.1 LHGebG ab, die nach dem Willen des Gesetzgebers (LT-Drs. 13/4858 S.22) ihren Grund darin findet, dass Studierende, wenn sie sich wegen der Kindererziehung nicht beurlauben lassen, in dieser Zeit in der Regel nur „eingeschränkt weiterstudieren“. Auf diesen Aspekt der besonders intensiven zeitlichen Belastung durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes hat deshalb auch die Kammer in ihrem Urteil zur Vereinbarkeit des § 6 I 1 Nr.1 LHGebG mit Art.3 und Art.6 GG abgestellt (Urt. v. 20.06.2007 - 1 K 2324/06 - , VBlBW 2007, 426 = juris, dort Rdnr.103 -110).
30 
Dass sich die Behinderung tatsächlich in Form einer echten Studienzeitverlängerung niederschlägt, ist dabei für die Erfüllung des Begriffs der „studienerschwerenden Auswirkungen“ zwar hinreichend, aber nicht zwingend notwendig. Das Gesetz knüpft nämlich in § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG die Studiengebührenbefreiung nicht an das Tatbestandsmerkmal einer „Studienzeitverlängerung“, sondern gewährt sie gegebenenfalls bereits im und ab dem ersten Studiensemester, in dem solche Erschwernisse auftreten. Diese Regelung unterscheidet sich damit von der Vorgängerregelung des § 7 Abs.2 S.2 LHGebG a.F., der von Langzeitstudiengebühren, die ohnehin nur bei einem verzögerten Studium fällig wurden, dann befreite, wenn eine unbillige Härte vorlag und insofern ausdrücklich ausführte, das sei in der Regel der Fall, wenn sich eine Behinderung oder chronische Erkrankung „studienzeitverlängernd“ auswirke. § 6 I 1 Nr.3 LHGebG verzichtet damit auf einen konkreten Nachweis einer echten, die Gesamtstudienzeit als solche wirklich messbar verzögernden Auswirkung. Die Befreiung ist daher im Grundsatz auch dann möglich, wenn der Studierende es trotz seiner Behinderung und der damit verbundenen Studienerschwernisse doch noch schafft, sein Studium studienplangemäß durchzuführen, weil er diese Nachteile durch einen weit übermäßigen Arbeitseinsatz und unter Anspannung aller seiner Kräfte gerade noch kompensieren kann.
31 
Eine finanzielle Mehrbelastung infolge der Behinderung genügt hingegen nicht für die Annahme einer studienerschwerenden Auswirkung der Behinderung im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG. Eine behinderungsbedingte finanzielle Mehrbelastung kann daher allenfalls dann ausnahmsweise eine Studienerschwernis im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG darstellen, wenn sie sich direkt und unausweichlich in einem studienerschwerenden Zeitnachteil niederschlägt, weil im konkreten Einzelfall ein weder durch Sozialleistungen noch sonst von Seiten Dritter oder durch Unterhaltsansprüche kompensierter behinderungsbedingter finanzieller Mehrbedarf den behinderten Studierenden zwingt, diesen Zusatzbedarf durch eine Erwerbstätigkeit neben seinem Studium zu decken und dadurch weniger Zeit für das Studium zur Verfügung zu haben.
32 
2. Dass eine Behinderung sich im dargelegten Sinne nach § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG studienerschwerend auswirkt, genügt jedoch für eine Befreiung noch nicht. Vielmehr muss sie sich außerdem auch „ erheblich “ studienerschwerend auswirken.
33 
Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung insoweit ausgeführt, der Verweis auf die Definition der Behinderung in § 2 SGB IX trage gegenüber der bisherigen Regelung ( § 7 Abs.2 LHGebG a.F.: „Behinderung oder chronische Erkrankung“) zur Erleichterung und Einheitlichkeit der Auslegung bei. Eine „weitere Verwaltungsvereinfachung“ werde sich dadurch ergeben, dass die nach SGB IX zuständigen Behörden eine Behinderung mit einem Grad von „wenigstens 30“ feststellen. Bei einem Grad der Behinderung von wenigstens 50, der durch einen Schwerbehindertenausweis nachgewiesen werde, könne „in der Regel“ angenommen werden, dass sich die Behinderung „erheblich“ studienerschwerend auswirke (LT-Drs.13/4858 S.23).
34 
Eine Schwerbehinderung, wie sie nach der Definition in § 2 Abs.2 SGB IX im Falle eines Grades der Behinderung von 50 oder mehr vorliegt, genügt also regelmäßig für die Schlussfolgerung, sie werde sich auch „erheblich“ studienerschwerend auswirken, es kann aber ausnahmsweise im atypischen Einzelfall selbst bei einem solchen Behinderungsgrad an einer solchen Auswirkung fehlen. Umgekehrt geht der Gesetzgeber lediglich davon aus, dass es der „Verwaltungsvereinfachung“ dient, für die Annahme einer „erheblichen“ studienerschwerenden Auswirkung einer Behinderung mindestens einen Grad von 30 zu verlangen. Insofern hatte er wohl die Regelung des § 2 Abs.3 SGB IX im Blick, die Behinderte mit einem Behinderungsgrad von 30 Schwerbehinderten gleichstellt, wenn infolge dieser Behinderung ein Arbeitsplatz nicht erlangt oder beibehalten werden kann. Im Text des Befreiungstatbestandes des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG hat der Gesetzgeber hingegen konkrete Zahlen des Grades der Behinderung gerade nicht genannt, sondern statt dessen nur den offenen Begriff der „erheblichen“ Studienerschwernis verwendet. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG die Frage der Erheblichkeit der behinderungsbedingten Studienerschwernis nicht notwendig von einem bestimmten Grad der Behinderung abhängig machen wollte, sondern dass im Einzelfall eine erhebliche Studienerschwernis auch bei einer Behinderung mit einem unter 30 liegenden Schweregrad möglich sein kann.
35 
Für eine „erhebliche“ Studienerschwernis mindestens erforderlich ist allerdings ein Behinderungsgrad von 20. Dass folgt daraus, dass dieser Behinderungsgrad das Minimum an einer sozialrechtlich beachtlichen Behinderung darstellt, denn eine Feststellung des Grades der Behinderung durch die zuständige Sozialbehörde ist nach § 69 Abs.1 S.1 und S.6 SGB IX überhaupt erst ab diesem Behinderungsgrad zu treffen. Das bedeutet allerdings nicht, dass allein aus der Feststellung eines Behinderungsgrades von 20 dann auch ohne weiteres deren „erheblich“ studienerschwerende Auswirkung folgt. Vielmehr muss sich diese im konkreten Einzelfall aus der individuellen Behinderung und den damit verbundenen zeitlichen Einschränkungen und Nachteilen im Studium ergeben.
36 
Aus dem systematischen Kontext mit dem Befreiungstatbestand des § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 LHGebG ergibt sich unter Berücksichtigung der Geltung des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots aus Art.3 Abs.1 GG zudem, dass das Gewicht der erheblichen Studienerschwernis mit dem Gewicht dieses Befreiungstatbestandes vergleichbar sein muss. Die behinderungsbedingte Studienerschwernis muss daher, um als „erheblich“ angesehen zu werden, in etwa einen vergleichbaren zeitlichen Nachteil umfassen, wie er Studierenden durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes neben ihrem Studium regelmäßig erwächst, weil sie sich in der Zeit, in der sie sich um das Kind kümmern, nicht voll und uneingeschränkt ihrem Studium widmen können. Dabei dürfte es sich nach der praktischen Lebenserfahrung, selbst wenn man eine teilweise Delegation der Betreuungsleistung an Dritte berücksichtigt, um täglich mehrere Stunden handeln.
37 
Schließlich ist bei der Bestimmung des Gewichts der „erheblichen“ Studienerschwernis zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in Anknüpfung daran den behinderten Studierenden nicht nur teilweise (wie etwa nach den Befreiungsregelungen einiger anderer Bundesländer - siehe www.studentenwerke. de/services/printdocu.asp?nr=6204), sondern ohne weitere graduelle Abstufungen in vollem Umfang von der Studiengebührenpflicht in Höhe von 500,-- EUR je Semester befreit, was wiederum zeigt, dass es hier für einen Nachteilsausgleich in solchem Umfang doch eines ganz beachtlichen Gewichts der Studienerschwernis bedarf.
II.
38 
Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen wirkt sich die unstreitig beim Kläger mit einem Grad von 20 vorhandene Behinderung durch seine chronische Zöliakie-Erkrankung zwar zweifelsohne studienerschwerend, aber nicht „erheblich“ studienerschwerend aus.
39 
Schon der Grad seiner Behinderung liegt mit 20 nach dem oben Gesagten an der untersten Grenze, ab der eine erheblich studienerschwerende Auswirkung überhaupt in Betracht kommt. Die Einstufung mit 20 , die das Versorgungsamt vorgenommen hat, entspricht den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“, 2008, Ziff.26.10, S.80 (www.bmas.de/coremedia/generator/10588/ anhaltspunkte__fuer __die__aerztliche__gutachtertaetigkeit.html). Danach ist ein Grad von 20 angemessen für eine „Zöliakie ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie“. Eine Festsetzung höherer Werte ist hingegen nach diesen Anhaltspunkten nur angemessen „bei andauerndem, ungenügendem Ansprechen auf glutenfreie Kost (selten) - je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes“. Ein solcher Fall liegt jedoch beim Kläger nicht vor.
40 
Dass die Zöliakieerkrankung sich trotz ihrer Berücksichtigung mit einem Grad von nur 20 im Alltag des Klägers auswirkt und Folgen für ihn hat, kann zwar nicht in Abrede gestellt werden. Die zeitlichen Nachteile, die der Kläger infolge seiner Zöliakieerkrankung gegenüber einem gesunden Studierenden hat, liegen aber nicht in dem oben genannten erforderlichen erheblichen, nämlich mit dem Zeitaufwand für die Erziehung und Betreuung eines bis zu 8 Jahre alten Kindes vergleichbaren Umfang von durchschnittlich mehreren Stunden pro Tag vor.
41 
Es mag zwar sein, dass der Kläger, nachdem seine Zöliakieerkrankung im Jahre 2005 diagnostiziert wurde, in der Anfangszeit bis zur vollständigen Umstellung auf eine glutenfreie Diät einen ganz beträchtlichen, großen Zeitaufwand beim Einkaufen dadurch hatte, dass er zunächst bei jedem einzelnen Lebensmittel die Verpackungsaufdrucke und Zutatenangaben lesen und auf Glutenfreiheit überprüfen musste. In dem hier maßgeblichen Sommersemester 2007 jedoch hatte er bereits eine zweijährige Erfahrung damit. Außerdem gibt die DZG selbst Listen von geprüften glutenfreien Produkten heraus, an denen er sich ohne weiteres rasch orientieren kann. Von einem wirklich signifikanten zeitlichen Mehraufwand beim Einkaufen kann also keine Rede sein, auch wenn der Kläger hier und da auch heute noch vor Erwerb eines neuartigen Produkts gezwungen sein mag, die Packungsaufdrucke zu lesen oder sich sonst mündlich durch Nachfragen beim Verkäufer etwa auf dem Markt zu informieren. Zudem beziffert selbst die DZG in ihrer Stellungnahme den mit der Produktprüfung und -auswahl verbundenen zeitlichen Mehraufwand aufgrund einer Mitgliederbefragung auf allenfalls vier Stunden pro Woche, was angesichts der durchschnittlichen Zahl von Einkäufen für eine Einzelperson ohnehin recht hoch erscheint.
42 
Es mag auch sein, dass der Kläger nicht in jedem Lebensmittelgeschäft alle seine Nahrungsmittel zugleich erwerben kann, sondern zum Teil seine Einkäufe in verschiedenen Geschäften tätigen muss, um alle Grundnahrungsmittel zu erwerben, und dadurch einen gewissen zeitlichen Mehraufwand hat. Andererseits ergibt sich aus der Stellungnahme der DZG selbst, dass anders als etwa wohl noch 2005 mittlerweile die glutenfreien Produkte eine zunehmende Verbreitung in Supermärkten und Drogerien gefunden haben, so dass sich das Problem der beschränkten Zahl von Einkaufsmöglichkeiten dadurch zumindest reduziert hat.
43 
Soweit sich der Kläger darauf beruft, er müsse täglich seine warme Mahlzeit abends nach der Rückkehr aus der Universität zu Hause zubereiten und dazu täglich frische Zutaten, wie etwa Gemüse oder Fleisch/Fisch einkaufen, stellt dies zwar einen gewissen Zeitaufwand dar, den ein gesunder Student, der sich auf Fertigprodukte oder ein täglich fertig zubereitetes Essen in der Mensa beschränken kann, in diesem Umfang so nicht hat. Andererseits ist nicht ersichtlich, dass der Kläger, der im Besitz eines kleinen Kühlschranks ist, den Zeitaufwand nicht auch durch Einkauf auf Vorrat für mehrere Tage reduzieren könnte. Relevant kann letztlich auch nur der zeitliche Mehraufwand sein, den er gegenüber einem gesunden Studierenden hat, der sich abends wenngleich keine warme Mahlzeit, so doch auch eine kalte Mahlzeit zubereitet, dafür einkaufen muss und anschließend Geschirr, wenngleich nicht notwendig Kochgeschirr und -utensilien reinigen muss. Damit verglichen fällt aber der tägliche Mehraufwand des Klägers von vielleicht einer halben Stunde nicht wirklich im oben genannten Sinne erheblich ins Gewicht.
44 
Für einen an Zöliakie erkrankten Menschen wie den Kläger ist es zudem nur entscheidend, „was“ er isst, hingegen nicht „wann“ er isst - wie dies etwa bei Diabetikern der Fall ist. Beim Kläger liegt also kein Zeitnachteil dadurch vor, dass nur zu bestimmten Zeiten überhaupt eine Nahrungsaufnahme möglich bzw. erforderlich ist, was dann etwa zu unfreiwilligen Unterbrechungen der Vorlesungsteilnahme oder zu einer nur reduzierten Inanspruchnahme der gebotenen Vorlesungs- und Bildungsangebote der Beklagten zwingen würde. Soweit der Kläger sich darauf beruft, jeder Tag bedürfe eines „erhöhten Zeitaufwandes an Planung und Organisation“, da er genau planen müsse, wo und wie er im Tagesablauf glutenfreie Nahrungsmittel erlangen, erwerben und verzehren könne, hat er nicht dargelegt, in welchem zeitlichen Umfang sich eine solche Planungstätigkeit überhaupt niederschlagen soll. Dass die tatsächliche Notwendigkeit einer tagtäglichen Befassung mit der Einhaltung einer glutenfreien Diät bei ausnahmslos jedem Akt der Nahrungsaufnahme, der Zubereitung von Speisen und dem Erwerb der notwendigen Lebensmittel die Lebensfreude und Zwanglosigkeit des Alltagslebens beeinträchtigt und zweifelsohne eine massive Einbuße an Lebensqualität darstellt, erfüllt jedoch nach dem oben unter I.1.c. Gesagten nicht den Befreiungstatbestand, wenn sich daraus keine zeitlich erhebliche Studienerschwernis ergibt. Was den Tagesablauf des Klägers im Studienalltag angeht, liegt es vor dem Hintergrund, dass er wohl regelmäßig zu Hause morgens sein Frühstück bzw. abends seine warme Mahlzeit zu sich nimmt, auf der Hand, dass er sich im Verlauf des Tages aus mit sich geführten Nahrungs- und/oder auch Getränkevorräten (bis hin zu lactosefreiem Kaffee aus der Thermoskanne) wird versorgen müssen, falls er nicht die Möglichkeit wahrnimmt, einen Salat oder Pommes Frites in der Mensa oder bei einer bestimmten Schnellrestaurantkette zu essen.
45 
Soweit der Kläger darüber hinaus auch geltend macht, er erleide des Öfteren infolge unverschuldeter und unvermeidlicher Diätfehler Ausfälle, weil es ihm selbst bei Aufnahme von nur geringen Spuren von Gluten körperlich sehr schlecht gehe, hat er die Häufigkeit solcher Vorkommnisse in der mündlichen Verhandlung zeitlich auf etwa einmal pro Monat eingegrenzt. Dass es sich dabei jedes Mal um gleich mehrtägige Ausfälle handelt, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen und vor dem Hintergrund auch nicht ersichtlich, dass der Kläger zu der noch vor der Diagnose seiner Erkrankung liegende Anfangszeit seines Studiums, in der er noch keine glutenfreie Diät einhielt, keine solchen Ausfälle schilderte, sondern nur berichtete, extrem dünn und hungrig gewesen zu sein und an lauten Bauchgeräuschen gelitten zu haben.
46 
Dass die Zöliakieerkrankung des Klägers, die als solche nicht therapierbar ist, den Kläger regelmäßig zu zeitaufwendigen Arztbesuchen zum Zwecke von Behandlungen und Untersuchungen zwingt und ihn dadurch vom Studium in nennenswertem zeitlichem Umfang häufig oder gar wöchentlich abhält, hat er ebenfalls nicht vorgetragen. In der Zeit seit der erstmaligen Diagnose seiner Erkrankung im Jahre 2005 bis heute hat er sich nach seinen Angaben insgesamt vier Magenspiegelungen unterziehen müssen.
47 
Was die vom Kläger geltend gemachte zweifelsohne gegebene finanzielle Mehrbelastung infolge des Erwerbs teurer glutenfreier Spezialnahrungsmittel angeht, ergibt sich aus dem oben unter I.1.b. Gesagten, dass die Befreiungsregelung nicht an diesen finanziellen Mehraufwand anknüpft. Offenbleiben kann, ob er diesen Mehraufwand tatsächlich mangels eines Ausgleichs durch Sozialleistungen oder Unterhaltsansprüche gezwungenermaßen durch eine neben dem Studium aufgenommene Erwerbstätigkeit bestreiten muss. Denn dass er dadurch einen „erheblichen“ Zeitnachteil erleidet, ist seinem Vorbringen jedenfalls nicht zu entnehmen. In der mündlichen Verhandlung hat er den Mehraufwand zunächst mit etwa 150,-- EUR monatlich beziffert, jedoch dies dahin eingeschränkt, dass er diese Berechnung in den Anfangszeiten der Umstellung seiner Diät auf glutenfreie Nahrung im Jahre 2005 angestellt hat und seinerzeit die glutenfreien Lebensmittel noch teurer gewesen seien als heute. Im Sozialrecht wird für Zöliakieerkrankte jedenfalls nur ein Mehrbedarf von 66, 47,-- EUR monatlich für die Mehrkosten einer glutenfreien Ernährung anerkannt (vgl. § 21 Abs.5 SGB II i.V.m § 30 Abs.5 SGB XII: „behinderungsbedingter Zwang zu einer bestimmten kostenaufwändigen Ernährung“; siehe dazu die Broschüre des Deutschen Studentenwerks: „Studium und Behinderung“ - Kapitel 09 - Ziff.2.4a, -www.studentewerke.de/main/default. asp?id=06103 und die Mehrbedarfstabelle www.tacheles-sozialhilfe.de/info/ mehrbedarf_ernaehrung.asp; siehe auch die Österreichische Hochschüler Innenschaft, die einen Bedarf von 70,-- EUR monatlich angibt, - www.oeh.ac.at/ studieren/barrierefrei_studieren/#c1117). In diesem Umfang könnte der Kläger von den Sozialbehörden seinen finanziellen Mehrbedarf im Wege der Sozialleistung einer Hilfe zum Lebensunterhalt in besonderen Lebenslagen zwar im Grundsatz gedeckt bekommen. Allerdings verlangt der Nachrang der Sozialleistung die Prüfung, ob der Betreffende seinen Mehrbedarf nicht ganz oder teilweise durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft insbesondere in den Semesterferien decken kann, wofür grundsätzlich alle von Studierenden üblicherweise ausgeübten Gelegenheitsarbeiten zu berücksichtigen sind und nur abzusehen ist, wenn eine Arbeit neben dem Studium nicht möglich bzw. zumutbar ist (siehe Broschüre des Studentenwerks, a.a.O. Kapitel 09, Ziff.2.3.b). Wie der Kläger aber in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben hat, geht er einer Nebentätigkeit im Umfang von etwa 9 Stunden pro Woche gegen Bezahlung von brutto 11,20 EUR/Stunde nach, unter anderem auch, um sein sonstiges Studentenleben zu finanzieren. Auch wenn er einen Teil seines dabei erzielten Verdienstes zur Finanzierung der finanziellen Mehrkosten seiner glutenfreien Ernährung aufwendet, ergibt sich daraus selbst bei Annahme von Mehrkosten in Höhe von 100,-- EUR monatlich bei diesem Stundenlohn mittelbar nur ein studienerschwerender zeitlicher Nachteil im Umfang von weniger als 10 Stunden pro Monat, also von vielleicht zwei bis höchstens drei Stunden pro Woche. Das wiederum reicht nach dem oben Gesagten nicht für die Überschreitung der Erheblichkeitsgrenze aus.
48 
Eine erhebliche studienerschwerende Auswirkung haben schließlich auch nicht das allergische Asthma Bronchiale und die saisonale polleninduzierte Rhinitis, an denen der Kläger neben seiner Zöliakieerkrankung zusätzlich leidet. Zum einen handelt es sich zumindest bei der Rhinitis um eine nur saisonale Beschwer. Zum anderen sind diese Erkrankungen mit einer Immuntherapie therapierbar bzw. in ihren akuten Symptomäußerungen durch Atemwegsprays zu kompensieren. Diese Zusatzerkrankung bringt zwar eine weitere zeitliche Erschwernis durch die notwendigen Arztbesuche und die - allerdings wohl in den Semesterferien durchgeführten bisher zweimaligen- Kuraufenthalte mit sich. Dass sich daraus aber im wöchentlichen Studienalltag signifikante zeitliche Mehrbelastungen von mehreren Stunden täglich ergeben, ist dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Eine vom Kläger unter Hinweis auf diese Zusatzerkrankung beantragte Feststellung der Erhöhung des Grades der Behinderung hat zudem das Versorgungsamt offenbar bestandskräftig abgelehnt.
49 
Alles in allem verkennt die Kammer nicht, dass der Kläger durch seine Zöliakieerkrankung aber auch durch sein Asthma im Alltagsleben eindeutig massiv in seiner Lebensqualität eingeschränkt ist. Seiner Ansicht, diese Erkrankungen wirkten sich auch „erheblich“ studienerschwerend aus, vermag die Kammer hingegen nicht zu folgen, da die sich daraus für den Kläger zweifellos ergebenden gewissen zeitlichen Benachteiligungen auch in ihrer Summierung eindeutig nicht den für die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle erforderlichen Umfang erreichen.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Die Kammer hat keinen Anlass, das Urteil wegen der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
51 
Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage der „Erheblichkeit“ einer studienerschwerenden Auswirkung einer Behinderung im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs.1 S.1 VwGO i.V.m. § 124 Abs.2 Nr.3 VwGO), nämlich für eine Vielzahl behinderter Studierender bedeutsam, aber bislang nicht obergerichtlich geklärt ist.

Gründe

 
23 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässige Klage (§ 11 LHGebG) ist unbegründet.
24 
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Befreiung von der Studiengebührenpflicht (§ 113 Abs.5 S.2 VwGO). Vielmehr hat die Beklagte diesen Antrag zu Recht abgelehnt.
25 
Nach § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG „sollen“ Studierende von der Studiengebühr befreit werden, bei denen sich ihre Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX „erheblich studienerschwerend auswirkt“. Das heißt bei Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals müssen sie regelmäßig befreit werden, sofern nicht ein atypischer Ausnahmefall vorliegt.
26 
Dieses Tatbestandsmerkmal ist aber im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Zöliakie-erkrankung des Klägers stellt zwar nach der verbindlichen Feststellung des Versorgungsamtes eine Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX dar. Diese Behinderung wirkt sich jedoch nicht im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG „erheblich studienerschwerend“ aus.
I.
27 
Nach § 2 Abs.1 S.1 SGB IX liegt eine Behinderung vor, wenn infolge einer dauernden Abweichung der körperlichen Funktionen, der geistigen Fähigkeiten oder der seelischen Gesundheit von dem für das Lebensalter typischen Zustand die Teilhabe des Betreffenden am „Leben in der Gesellschaft“ im generellen Durchschnittsalltag ganz allgemein „beeinträchtigt“ ist. Das Vorliegen einer solchen Behinderung alleine genügt aber für die Befreiungsregelung des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG noch nicht. Vielmehr setzt diese Vorschrift zusätzlich eine ganz konkrete Auswirkung dieser Behinderung auf das Studium, nämlich eine „Erschwernis“ dieses Studiums voraus. Dass es behinderte Studierende „ohnehin schon schwer haben“, genügt also nicht, da die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers zwar Art.3 Abs.3 S.2 GG Rechnung tragen soll (vgl. LT-Drs. 13/4858, S.22) und behinderten Studierenden durch die Studiengebührenbefreiung auf finanzieller Ebene einen Nachteilsausgleich gewähren, sie aber nicht pauschal für den mit jeder Behinderung einhergehenden Verlust an Lebensqualität „entschädigen“ will.
28 
1. Ein Studium wird in diesem Sinne „erschwert“, wenn es wegen der Behinderung nicht so durchgeführt werden kann, wie dies einem durchschnittlich gesunden Studierenden möglich ist. Ausgehend von den Grundanforderungen eines jeden Studiums ist das dann der Fall, wenn den behinderten Studierenden etwa das Aufsuchen der verschiedenen Orte der Lehrveranstaltungen infolge einer eingeschränkten körperlichen Mobilität, oder aber das Aufnehmen des vermittelten Wissens infolge von Hör-, Lese- oder Konzentrationsmängeln oder auch das Wiedergeben und Darstellen des Wissens in schriftlicher oder mündlicher Form bei Diskussionen oder Prüfungen infolge von Schreib-, Sprach- oder Konzentrationsmängeln oder aber die Erbringung praktischer Studienleistungen (Versuchsaufbauten, Labortätigkeiten, handwerklich-technische Übungen) mehr Zeit kostet als den Gesunden. Ein Studienerschwernis liegt auch vor, wenn dem behinderten Studierenden insgesamt weniger Zeit zur Verfügung steht als einem gesunden Studenten, weil er einen Teil des Zeitbudgets, das durchschnittlich gesunden Studierenden dafür normalerweise zur Verfügung steht, für die zeitaufwendige Kompensation seiner behinderungsbedingten körperlichen, geistigen oder seelischen Mängel oder aber auch für deren zeitaufwendige Behandlung und Milderung aufwenden muss. Eine Erschwernis des Studiums kann dabei auch dann vorliegen, wenn der behinderte Studierende zwar keine Studienveranstaltungen versäumt, weil er - wie etwa im Fall eines Dialysepatienten - seine Studierfähigkeit durch außerhalb der Vorlesungszeiten vorgenommene zeitraubende Maßnahmen und Bemühungen herstellen kann, dadurch aber einen Verlust an Zeit erleidet, der ihm andernfalls für notwendige Erholungsphasen oder ein Eigenstudium zur Verfügung stünde.
29 
Auf eine solche zeitliche Erschwernis des Studiums infolge einer „Behinderung“ des Studierens durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes stellt auch die im systematischen Kontext zu § 6 I 1 Nr.3 LHGebG stehende Befreiungsregelung des § 6 I 1 Nr.1 LHGebG ab, die nach dem Willen des Gesetzgebers (LT-Drs. 13/4858 S.22) ihren Grund darin findet, dass Studierende, wenn sie sich wegen der Kindererziehung nicht beurlauben lassen, in dieser Zeit in der Regel nur „eingeschränkt weiterstudieren“. Auf diesen Aspekt der besonders intensiven zeitlichen Belastung durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes hat deshalb auch die Kammer in ihrem Urteil zur Vereinbarkeit des § 6 I 1 Nr.1 LHGebG mit Art.3 und Art.6 GG abgestellt (Urt. v. 20.06.2007 - 1 K 2324/06 - , VBlBW 2007, 426 = juris, dort Rdnr.103 -110).
30 
Dass sich die Behinderung tatsächlich in Form einer echten Studienzeitverlängerung niederschlägt, ist dabei für die Erfüllung des Begriffs der „studienerschwerenden Auswirkungen“ zwar hinreichend, aber nicht zwingend notwendig. Das Gesetz knüpft nämlich in § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG die Studiengebührenbefreiung nicht an das Tatbestandsmerkmal einer „Studienzeitverlängerung“, sondern gewährt sie gegebenenfalls bereits im und ab dem ersten Studiensemester, in dem solche Erschwernisse auftreten. Diese Regelung unterscheidet sich damit von der Vorgängerregelung des § 7 Abs.2 S.2 LHGebG a.F., der von Langzeitstudiengebühren, die ohnehin nur bei einem verzögerten Studium fällig wurden, dann befreite, wenn eine unbillige Härte vorlag und insofern ausdrücklich ausführte, das sei in der Regel der Fall, wenn sich eine Behinderung oder chronische Erkrankung „studienzeitverlängernd“ auswirke. § 6 I 1 Nr.3 LHGebG verzichtet damit auf einen konkreten Nachweis einer echten, die Gesamtstudienzeit als solche wirklich messbar verzögernden Auswirkung. Die Befreiung ist daher im Grundsatz auch dann möglich, wenn der Studierende es trotz seiner Behinderung und der damit verbundenen Studienerschwernisse doch noch schafft, sein Studium studienplangemäß durchzuführen, weil er diese Nachteile durch einen weit übermäßigen Arbeitseinsatz und unter Anspannung aller seiner Kräfte gerade noch kompensieren kann.
31 
Eine finanzielle Mehrbelastung infolge der Behinderung genügt hingegen nicht für die Annahme einer studienerschwerenden Auswirkung der Behinderung im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG. Eine behinderungsbedingte finanzielle Mehrbelastung kann daher allenfalls dann ausnahmsweise eine Studienerschwernis im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG darstellen, wenn sie sich direkt und unausweichlich in einem studienerschwerenden Zeitnachteil niederschlägt, weil im konkreten Einzelfall ein weder durch Sozialleistungen noch sonst von Seiten Dritter oder durch Unterhaltsansprüche kompensierter behinderungsbedingter finanzieller Mehrbedarf den behinderten Studierenden zwingt, diesen Zusatzbedarf durch eine Erwerbstätigkeit neben seinem Studium zu decken und dadurch weniger Zeit für das Studium zur Verfügung zu haben.
32 
2. Dass eine Behinderung sich im dargelegten Sinne nach § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG studienerschwerend auswirkt, genügt jedoch für eine Befreiung noch nicht. Vielmehr muss sie sich außerdem auch „ erheblich “ studienerschwerend auswirken.
33 
Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung insoweit ausgeführt, der Verweis auf die Definition der Behinderung in § 2 SGB IX trage gegenüber der bisherigen Regelung ( § 7 Abs.2 LHGebG a.F.: „Behinderung oder chronische Erkrankung“) zur Erleichterung und Einheitlichkeit der Auslegung bei. Eine „weitere Verwaltungsvereinfachung“ werde sich dadurch ergeben, dass die nach SGB IX zuständigen Behörden eine Behinderung mit einem Grad von „wenigstens 30“ feststellen. Bei einem Grad der Behinderung von wenigstens 50, der durch einen Schwerbehindertenausweis nachgewiesen werde, könne „in der Regel“ angenommen werden, dass sich die Behinderung „erheblich“ studienerschwerend auswirke (LT-Drs.13/4858 S.23).
34 
Eine Schwerbehinderung, wie sie nach der Definition in § 2 Abs.2 SGB IX im Falle eines Grades der Behinderung von 50 oder mehr vorliegt, genügt also regelmäßig für die Schlussfolgerung, sie werde sich auch „erheblich“ studienerschwerend auswirken, es kann aber ausnahmsweise im atypischen Einzelfall selbst bei einem solchen Behinderungsgrad an einer solchen Auswirkung fehlen. Umgekehrt geht der Gesetzgeber lediglich davon aus, dass es der „Verwaltungsvereinfachung“ dient, für die Annahme einer „erheblichen“ studienerschwerenden Auswirkung einer Behinderung mindestens einen Grad von 30 zu verlangen. Insofern hatte er wohl die Regelung des § 2 Abs.3 SGB IX im Blick, die Behinderte mit einem Behinderungsgrad von 30 Schwerbehinderten gleichstellt, wenn infolge dieser Behinderung ein Arbeitsplatz nicht erlangt oder beibehalten werden kann. Im Text des Befreiungstatbestandes des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG hat der Gesetzgeber hingegen konkrete Zahlen des Grades der Behinderung gerade nicht genannt, sondern statt dessen nur den offenen Begriff der „erheblichen“ Studienerschwernis verwendet. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG die Frage der Erheblichkeit der behinderungsbedingten Studienerschwernis nicht notwendig von einem bestimmten Grad der Behinderung abhängig machen wollte, sondern dass im Einzelfall eine erhebliche Studienerschwernis auch bei einer Behinderung mit einem unter 30 liegenden Schweregrad möglich sein kann.
35 
Für eine „erhebliche“ Studienerschwernis mindestens erforderlich ist allerdings ein Behinderungsgrad von 20. Dass folgt daraus, dass dieser Behinderungsgrad das Minimum an einer sozialrechtlich beachtlichen Behinderung darstellt, denn eine Feststellung des Grades der Behinderung durch die zuständige Sozialbehörde ist nach § 69 Abs.1 S.1 und S.6 SGB IX überhaupt erst ab diesem Behinderungsgrad zu treffen. Das bedeutet allerdings nicht, dass allein aus der Feststellung eines Behinderungsgrades von 20 dann auch ohne weiteres deren „erheblich“ studienerschwerende Auswirkung folgt. Vielmehr muss sich diese im konkreten Einzelfall aus der individuellen Behinderung und den damit verbundenen zeitlichen Einschränkungen und Nachteilen im Studium ergeben.
36 
Aus dem systematischen Kontext mit dem Befreiungstatbestand des § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 LHGebG ergibt sich unter Berücksichtigung der Geltung des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots aus Art.3 Abs.1 GG zudem, dass das Gewicht der erheblichen Studienerschwernis mit dem Gewicht dieses Befreiungstatbestandes vergleichbar sein muss. Die behinderungsbedingte Studienerschwernis muss daher, um als „erheblich“ angesehen zu werden, in etwa einen vergleichbaren zeitlichen Nachteil umfassen, wie er Studierenden durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes neben ihrem Studium regelmäßig erwächst, weil sie sich in der Zeit, in der sie sich um das Kind kümmern, nicht voll und uneingeschränkt ihrem Studium widmen können. Dabei dürfte es sich nach der praktischen Lebenserfahrung, selbst wenn man eine teilweise Delegation der Betreuungsleistung an Dritte berücksichtigt, um täglich mehrere Stunden handeln.
37 
Schließlich ist bei der Bestimmung des Gewichts der „erheblichen“ Studienerschwernis zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in Anknüpfung daran den behinderten Studierenden nicht nur teilweise (wie etwa nach den Befreiungsregelungen einiger anderer Bundesländer - siehe www.studentenwerke. de/services/printdocu.asp?nr=6204), sondern ohne weitere graduelle Abstufungen in vollem Umfang von der Studiengebührenpflicht in Höhe von 500,-- EUR je Semester befreit, was wiederum zeigt, dass es hier für einen Nachteilsausgleich in solchem Umfang doch eines ganz beachtlichen Gewichts der Studienerschwernis bedarf.
II.
38 
Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen wirkt sich die unstreitig beim Kläger mit einem Grad von 20 vorhandene Behinderung durch seine chronische Zöliakie-Erkrankung zwar zweifelsohne studienerschwerend, aber nicht „erheblich“ studienerschwerend aus.
39 
Schon der Grad seiner Behinderung liegt mit 20 nach dem oben Gesagten an der untersten Grenze, ab der eine erheblich studienerschwerende Auswirkung überhaupt in Betracht kommt. Die Einstufung mit 20 , die das Versorgungsamt vorgenommen hat, entspricht den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“, 2008, Ziff.26.10, S.80 (www.bmas.de/coremedia/generator/10588/ anhaltspunkte__fuer __die__aerztliche__gutachtertaetigkeit.html). Danach ist ein Grad von 20 angemessen für eine „Zöliakie ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie“. Eine Festsetzung höherer Werte ist hingegen nach diesen Anhaltspunkten nur angemessen „bei andauerndem, ungenügendem Ansprechen auf glutenfreie Kost (selten) - je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes“. Ein solcher Fall liegt jedoch beim Kläger nicht vor.
40 
Dass die Zöliakieerkrankung sich trotz ihrer Berücksichtigung mit einem Grad von nur 20 im Alltag des Klägers auswirkt und Folgen für ihn hat, kann zwar nicht in Abrede gestellt werden. Die zeitlichen Nachteile, die der Kläger infolge seiner Zöliakieerkrankung gegenüber einem gesunden Studierenden hat, liegen aber nicht in dem oben genannten erforderlichen erheblichen, nämlich mit dem Zeitaufwand für die Erziehung und Betreuung eines bis zu 8 Jahre alten Kindes vergleichbaren Umfang von durchschnittlich mehreren Stunden pro Tag vor.
41 
Es mag zwar sein, dass der Kläger, nachdem seine Zöliakieerkrankung im Jahre 2005 diagnostiziert wurde, in der Anfangszeit bis zur vollständigen Umstellung auf eine glutenfreie Diät einen ganz beträchtlichen, großen Zeitaufwand beim Einkaufen dadurch hatte, dass er zunächst bei jedem einzelnen Lebensmittel die Verpackungsaufdrucke und Zutatenangaben lesen und auf Glutenfreiheit überprüfen musste. In dem hier maßgeblichen Sommersemester 2007 jedoch hatte er bereits eine zweijährige Erfahrung damit. Außerdem gibt die DZG selbst Listen von geprüften glutenfreien Produkten heraus, an denen er sich ohne weiteres rasch orientieren kann. Von einem wirklich signifikanten zeitlichen Mehraufwand beim Einkaufen kann also keine Rede sein, auch wenn der Kläger hier und da auch heute noch vor Erwerb eines neuartigen Produkts gezwungen sein mag, die Packungsaufdrucke zu lesen oder sich sonst mündlich durch Nachfragen beim Verkäufer etwa auf dem Markt zu informieren. Zudem beziffert selbst die DZG in ihrer Stellungnahme den mit der Produktprüfung und -auswahl verbundenen zeitlichen Mehraufwand aufgrund einer Mitgliederbefragung auf allenfalls vier Stunden pro Woche, was angesichts der durchschnittlichen Zahl von Einkäufen für eine Einzelperson ohnehin recht hoch erscheint.
42 
Es mag auch sein, dass der Kläger nicht in jedem Lebensmittelgeschäft alle seine Nahrungsmittel zugleich erwerben kann, sondern zum Teil seine Einkäufe in verschiedenen Geschäften tätigen muss, um alle Grundnahrungsmittel zu erwerben, und dadurch einen gewissen zeitlichen Mehraufwand hat. Andererseits ergibt sich aus der Stellungnahme der DZG selbst, dass anders als etwa wohl noch 2005 mittlerweile die glutenfreien Produkte eine zunehmende Verbreitung in Supermärkten und Drogerien gefunden haben, so dass sich das Problem der beschränkten Zahl von Einkaufsmöglichkeiten dadurch zumindest reduziert hat.
43 
Soweit sich der Kläger darauf beruft, er müsse täglich seine warme Mahlzeit abends nach der Rückkehr aus der Universität zu Hause zubereiten und dazu täglich frische Zutaten, wie etwa Gemüse oder Fleisch/Fisch einkaufen, stellt dies zwar einen gewissen Zeitaufwand dar, den ein gesunder Student, der sich auf Fertigprodukte oder ein täglich fertig zubereitetes Essen in der Mensa beschränken kann, in diesem Umfang so nicht hat. Andererseits ist nicht ersichtlich, dass der Kläger, der im Besitz eines kleinen Kühlschranks ist, den Zeitaufwand nicht auch durch Einkauf auf Vorrat für mehrere Tage reduzieren könnte. Relevant kann letztlich auch nur der zeitliche Mehraufwand sein, den er gegenüber einem gesunden Studierenden hat, der sich abends wenngleich keine warme Mahlzeit, so doch auch eine kalte Mahlzeit zubereitet, dafür einkaufen muss und anschließend Geschirr, wenngleich nicht notwendig Kochgeschirr und -utensilien reinigen muss. Damit verglichen fällt aber der tägliche Mehraufwand des Klägers von vielleicht einer halben Stunde nicht wirklich im oben genannten Sinne erheblich ins Gewicht.
44 
Für einen an Zöliakie erkrankten Menschen wie den Kläger ist es zudem nur entscheidend, „was“ er isst, hingegen nicht „wann“ er isst - wie dies etwa bei Diabetikern der Fall ist. Beim Kläger liegt also kein Zeitnachteil dadurch vor, dass nur zu bestimmten Zeiten überhaupt eine Nahrungsaufnahme möglich bzw. erforderlich ist, was dann etwa zu unfreiwilligen Unterbrechungen der Vorlesungsteilnahme oder zu einer nur reduzierten Inanspruchnahme der gebotenen Vorlesungs- und Bildungsangebote der Beklagten zwingen würde. Soweit der Kläger sich darauf beruft, jeder Tag bedürfe eines „erhöhten Zeitaufwandes an Planung und Organisation“, da er genau planen müsse, wo und wie er im Tagesablauf glutenfreie Nahrungsmittel erlangen, erwerben und verzehren könne, hat er nicht dargelegt, in welchem zeitlichen Umfang sich eine solche Planungstätigkeit überhaupt niederschlagen soll. Dass die tatsächliche Notwendigkeit einer tagtäglichen Befassung mit der Einhaltung einer glutenfreien Diät bei ausnahmslos jedem Akt der Nahrungsaufnahme, der Zubereitung von Speisen und dem Erwerb der notwendigen Lebensmittel die Lebensfreude und Zwanglosigkeit des Alltagslebens beeinträchtigt und zweifelsohne eine massive Einbuße an Lebensqualität darstellt, erfüllt jedoch nach dem oben unter I.1.c. Gesagten nicht den Befreiungstatbestand, wenn sich daraus keine zeitlich erhebliche Studienerschwernis ergibt. Was den Tagesablauf des Klägers im Studienalltag angeht, liegt es vor dem Hintergrund, dass er wohl regelmäßig zu Hause morgens sein Frühstück bzw. abends seine warme Mahlzeit zu sich nimmt, auf der Hand, dass er sich im Verlauf des Tages aus mit sich geführten Nahrungs- und/oder auch Getränkevorräten (bis hin zu lactosefreiem Kaffee aus der Thermoskanne) wird versorgen müssen, falls er nicht die Möglichkeit wahrnimmt, einen Salat oder Pommes Frites in der Mensa oder bei einer bestimmten Schnellrestaurantkette zu essen.
45 
Soweit der Kläger darüber hinaus auch geltend macht, er erleide des Öfteren infolge unverschuldeter und unvermeidlicher Diätfehler Ausfälle, weil es ihm selbst bei Aufnahme von nur geringen Spuren von Gluten körperlich sehr schlecht gehe, hat er die Häufigkeit solcher Vorkommnisse in der mündlichen Verhandlung zeitlich auf etwa einmal pro Monat eingegrenzt. Dass es sich dabei jedes Mal um gleich mehrtägige Ausfälle handelt, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen und vor dem Hintergrund auch nicht ersichtlich, dass der Kläger zu der noch vor der Diagnose seiner Erkrankung liegende Anfangszeit seines Studiums, in der er noch keine glutenfreie Diät einhielt, keine solchen Ausfälle schilderte, sondern nur berichtete, extrem dünn und hungrig gewesen zu sein und an lauten Bauchgeräuschen gelitten zu haben.
46 
Dass die Zöliakieerkrankung des Klägers, die als solche nicht therapierbar ist, den Kläger regelmäßig zu zeitaufwendigen Arztbesuchen zum Zwecke von Behandlungen und Untersuchungen zwingt und ihn dadurch vom Studium in nennenswertem zeitlichem Umfang häufig oder gar wöchentlich abhält, hat er ebenfalls nicht vorgetragen. In der Zeit seit der erstmaligen Diagnose seiner Erkrankung im Jahre 2005 bis heute hat er sich nach seinen Angaben insgesamt vier Magenspiegelungen unterziehen müssen.
47 
Was die vom Kläger geltend gemachte zweifelsohne gegebene finanzielle Mehrbelastung infolge des Erwerbs teurer glutenfreier Spezialnahrungsmittel angeht, ergibt sich aus dem oben unter I.1.b. Gesagten, dass die Befreiungsregelung nicht an diesen finanziellen Mehraufwand anknüpft. Offenbleiben kann, ob er diesen Mehraufwand tatsächlich mangels eines Ausgleichs durch Sozialleistungen oder Unterhaltsansprüche gezwungenermaßen durch eine neben dem Studium aufgenommene Erwerbstätigkeit bestreiten muss. Denn dass er dadurch einen „erheblichen“ Zeitnachteil erleidet, ist seinem Vorbringen jedenfalls nicht zu entnehmen. In der mündlichen Verhandlung hat er den Mehraufwand zunächst mit etwa 150,-- EUR monatlich beziffert, jedoch dies dahin eingeschränkt, dass er diese Berechnung in den Anfangszeiten der Umstellung seiner Diät auf glutenfreie Nahrung im Jahre 2005 angestellt hat und seinerzeit die glutenfreien Lebensmittel noch teurer gewesen seien als heute. Im Sozialrecht wird für Zöliakieerkrankte jedenfalls nur ein Mehrbedarf von 66, 47,-- EUR monatlich für die Mehrkosten einer glutenfreien Ernährung anerkannt (vgl. § 21 Abs.5 SGB II i.V.m § 30 Abs.5 SGB XII: „behinderungsbedingter Zwang zu einer bestimmten kostenaufwändigen Ernährung“; siehe dazu die Broschüre des Deutschen Studentenwerks: „Studium und Behinderung“ - Kapitel 09 - Ziff.2.4a, -www.studentewerke.de/main/default. asp?id=06103 und die Mehrbedarfstabelle www.tacheles-sozialhilfe.de/info/ mehrbedarf_ernaehrung.asp; siehe auch die Österreichische Hochschüler Innenschaft, die einen Bedarf von 70,-- EUR monatlich angibt, - www.oeh.ac.at/ studieren/barrierefrei_studieren/#c1117). In diesem Umfang könnte der Kläger von den Sozialbehörden seinen finanziellen Mehrbedarf im Wege der Sozialleistung einer Hilfe zum Lebensunterhalt in besonderen Lebenslagen zwar im Grundsatz gedeckt bekommen. Allerdings verlangt der Nachrang der Sozialleistung die Prüfung, ob der Betreffende seinen Mehrbedarf nicht ganz oder teilweise durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft insbesondere in den Semesterferien decken kann, wofür grundsätzlich alle von Studierenden üblicherweise ausgeübten Gelegenheitsarbeiten zu berücksichtigen sind und nur abzusehen ist, wenn eine Arbeit neben dem Studium nicht möglich bzw. zumutbar ist (siehe Broschüre des Studentenwerks, a.a.O. Kapitel 09, Ziff.2.3.b). Wie der Kläger aber in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben hat, geht er einer Nebentätigkeit im Umfang von etwa 9 Stunden pro Woche gegen Bezahlung von brutto 11,20 EUR/Stunde nach, unter anderem auch, um sein sonstiges Studentenleben zu finanzieren. Auch wenn er einen Teil seines dabei erzielten Verdienstes zur Finanzierung der finanziellen Mehrkosten seiner glutenfreien Ernährung aufwendet, ergibt sich daraus selbst bei Annahme von Mehrkosten in Höhe von 100,-- EUR monatlich bei diesem Stundenlohn mittelbar nur ein studienerschwerender zeitlicher Nachteil im Umfang von weniger als 10 Stunden pro Monat, also von vielleicht zwei bis höchstens drei Stunden pro Woche. Das wiederum reicht nach dem oben Gesagten nicht für die Überschreitung der Erheblichkeitsgrenze aus.
48 
Eine erhebliche studienerschwerende Auswirkung haben schließlich auch nicht das allergische Asthma Bronchiale und die saisonale polleninduzierte Rhinitis, an denen der Kläger neben seiner Zöliakieerkrankung zusätzlich leidet. Zum einen handelt es sich zumindest bei der Rhinitis um eine nur saisonale Beschwer. Zum anderen sind diese Erkrankungen mit einer Immuntherapie therapierbar bzw. in ihren akuten Symptomäußerungen durch Atemwegsprays zu kompensieren. Diese Zusatzerkrankung bringt zwar eine weitere zeitliche Erschwernis durch die notwendigen Arztbesuche und die - allerdings wohl in den Semesterferien durchgeführten bisher zweimaligen- Kuraufenthalte mit sich. Dass sich daraus aber im wöchentlichen Studienalltag signifikante zeitliche Mehrbelastungen von mehreren Stunden täglich ergeben, ist dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Eine vom Kläger unter Hinweis auf diese Zusatzerkrankung beantragte Feststellung der Erhöhung des Grades der Behinderung hat zudem das Versorgungsamt offenbar bestandskräftig abgelehnt.
49 
Alles in allem verkennt die Kammer nicht, dass der Kläger durch seine Zöliakieerkrankung aber auch durch sein Asthma im Alltagsleben eindeutig massiv in seiner Lebensqualität eingeschränkt ist. Seiner Ansicht, diese Erkrankungen wirkten sich auch „erheblich“ studienerschwerend aus, vermag die Kammer hingegen nicht zu folgen, da die sich daraus für den Kläger zweifellos ergebenden gewissen zeitlichen Benachteiligungen auch in ihrer Summierung eindeutig nicht den für die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle erforderlichen Umfang erreichen.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Die Kammer hat keinen Anlass, das Urteil wegen der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
51 
Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage der „Erheblichkeit“ einer studienerschwerenden Auswirkung einer Behinderung im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs.1 S.1 VwGO i.V.m. § 124 Abs.2 Nr.3 VwGO), nämlich für eine Vielzahl behinderter Studierender bedeutsam, aber bislang nicht obergerichtlich geklärt ist.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Für die Zusammenarbeit der Vorgesetzten und Vertrauenspersonen mit den in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften der Soldatinnen und Soldaten gilt § 9 Absatz 1 bis 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes entsprechend.

(2) Soldatinnen und Soldaten, die Aufgaben nach diesem Gesetz wahrnehmen, haben über die ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten und Tatsachen gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren. Die Schweigepflicht besteht nicht für Angelegenheiten oder Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

(3) Die Wahrnehmung von Rechten und die Erfüllung von Pflichten nach diesem Gesetz gelten als Dienst im Sinne des § 27 des Soldatenversorgungsgesetzes oder als Wehrdienst im Sinne des § 81 des Soldatenversorgungsgesetzes.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt von der Beklagten seine Befreiung von der Studiengebührenpflicht für das Sommersemester 2007.
Er wurde 1983 geboren und studiert seit dem Wintersemester 2003/04 bei der Beklagten Germanistik und Politikwissenschaften mit dem Ziel, ins Lehramt einzutreten. Das Wintersemester 2007/08 ist sein 9. Fachsemester. Er plant, im Sommersemester 2009 sein Staatsexamen in beiden Fächern abzulegen.
Im Februar 2005 wurde bei ihm die Stoffwechselerkrankung „Zöliakie“ diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine chronische, lebenslange Erkrankung des Verdauungsapparates, nämlich um eine Mischform aus Allergie und Autoimmunerkrankung, die sich in Form einer Unverträglichkeit des Klebereiweißstoffes „Gluten“ äußert, der in vielen Getreidesorten (z.B. Weizen, Gerste, Roggen) vorkommt und insbesondere in verarbeiteten Lebensmitteln und Fertigprodukten enthalten ist, da Gluten häufig als Emulgator, zum Gelieren, Stabilisieren und als Träger von Aromastoffen verwendet wird. Die Zöliakie-Erkrankung ist nicht therapierbar, vielmehr bleibt dem Erkrankten nur die Beachtung einer strikten glutenfreien Diät. Wird sie nicht eingehalten, d.h. nimmt der Erkrankte Gluten mit seiner Nahrung in sich auf, werden die Nährstoffe von seinem Verdauungstrakt nur schlecht verwertet und die Nahrung bleibt z.T. unverdaut im Darm. Die Folge davon sind Gewichtsverlust, Durchfall, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Müdigkeit und Misslaunigkeit sowie ein erhöhtes Risiko der Erkrankung an Krebs und Diabetes. Als Alternative zu glutenhaltigen Getreidesorten für die Ernährung zöliakiekranker Menschen zulässig sind Hirse, Mais, Reis und Sojabohnen sowie Kochbananen und ohnehin Gemüse einschließlich Kartoffeln, Salate, Früchte, Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte. (siehe www.wikipedia.de > Zöliakie; siehe ferner die vom Kläger dem Klageschriftsatz als Anlage K 3 beigefügten ausführlichen Darstellungen der Deutschen Zöliakie Gesellschaft [DZG] ).
Mit Schreiben vom 25.03.2007 stellte der Kläger bei der Beklagten unter Verwendung des dazu von ihr herausgegebenen Formulars den Antrag, ihn im Sommersemester 2007 von der Pflicht zur Zahlung von Studiengebühren in Höhe von 500,-- EUR je Semester zu befreien, da er infolge seiner Erkrankung behindert sei und sich diese Behinderung im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 Landeshochschulgebührengesetz (LHGebG) „erheblich studienerschwerend“ auswirke.
In dem Formulartext hatte die Beklagte ausgeführt, dass als Nachweis bei einem Behinderungsgrad von 50 und mehr die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises genüge, während bei einem geringeren Grad der Behinderung der Nachweis einer solchen erheblich studienerschwerenden Behinderung durch Vorlage eines ärztlichen Attest erbracht werden müsse.
Der Kläger legte daher zum einen eine Bescheinigung des Versorgungsamtes des Landratsamtes …-… vom 19.03.2007 vor, das darin feststellt, der Grad seiner Behinderung betrage seit 01.01.2008 20 , eine Schwerbehinderung im Sinne von § 2 Abs.2 SGB IX liege hingegen nicht vor, so dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Nachteilsausgleichs im Sinne des § 69 Abs.4 SGB IX nicht festzustellen seien. Eine Behinderung liege vor, wenn die körperlichen Funktionen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abwichen und daher ihre Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt sei. Nach § 69 Abs.1 SGB IX würden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Gesellschaftsleben nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei Gesundheitsstörungen mit einem Grad von unter 10 keine „Behinderung“ darstellten.
Zum anderen legte der Kläger ein ärztliches Attest des Gastroenterologen Dr. B. aus F. vor, wonach beim Kläger im Februar 2005 Zöliakie diagnostiziert worden sei und schon kleinste Verunreinigungen der Nahrung mit Weizeneiweiß zu Komplikationen führen könnten, so dass eine Verköstigung in einer Mensa oder üblichen Gaststätte nicht möglich sei. Daraus ergäben sich „weitreichende Konsequenzen für die Lebensführung“ mit einer „erheblichen Erschwerung des Alltagslebens“.
Mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 27.03.2007 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag mit der Begründung ab, da kein höherer Grad der Behinderung als 20 vorliege, sei davon auszugehen, dass eine „Zöliakie ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie“ vorliege. Aus der attestierten Unmöglichkeit einer Verpflegung in einer Mensa oder üblichen Gaststätte lasse sich keine „erhebliche“ Studienerschwernis ableiten.
Dagegen hat der Kläger am 23.04.2007 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor:
10 
Seine Behinderung wirke sich erheblich studienerschwerend aus, weil sie ihm erheblich weniger Zeit für das Studium lasse als einem gesunden Studenten. Zum einen sei er gezwungen, sich seine drei täglichen Mahlzeiten zeitaufwendig selbst zuzubereiten, und außerdem müsse er seinen Tagesablauf und die Nahrungsaufnahme ganz genau vorplanen und vorstrukturieren, was einen großen Planungs- und Organisationsaufwand bedinge. Sein Bedürfnis, nach einem anstrengenden Vormittag an der Universität eine warme Mahlzeit zu sich zu nehmen, könne er nicht befriedigen. In der Mensa könne er allenfalls Blattsalate mit Öldressing, aber keine anderen, gehaltvollen und warmen Speisen zu sich nehmen und könne deshalb auch nicht wirklich gestärkt in den Nachmittag starten. Ansonsten sei ihm eine Nahrungsaufnahme in der Mensa oder in einer Speisegaststätte wegen der nie auszuschließenden Gefahr kleinster Glutenverunreinigungen der Nahrung nicht möglich. Er müsse sich daher seine Speisen zu Hause selbst zeitaufwendig zubereiten. Da er auch nicht in der Nähe der Universität wohne und die Zeiten zwischen den Vorlesungen nur knapp eine halbe Stunde umfassten, könne er auch nicht jederzeit alle (ihrer Zahl nach im Hauptstudium ohnehin begrenzten und z.T. im elektronischen Vergabeverfahren zugeteilten) Vorlesungen bzw. Studienveranstaltungen besuchen, sondern müsse diese Veranstaltungen so planen, dass sie sich mit seiner besonderen Ernährungsweise vereinbaren ließen. Es gebe mittlerweile zwar glutenfreie Nahrungsmittel, häufig aber müssten diese vor dem Verzehr erst (zeitaufwendig) aufgebacken werden, außerdem koste die Lektüre der Listen der Inhaltsstoffe auf verpackten Lebensmitteln erheblich Zeit. Ausweislich einer Stellungnahme der Deutschen Zöliakie Gesellschaft [DZG] vom 30.04.2008 erfordere laut einer Mitgliederumfrage die Zubereitung und insbesondere der Einkauf glutenfreier Lebensmittel trotz zunehmender Verbreitung in Super- und Drogeriemärkten einen wöchentlichen zeitlichen Mehraufwand von bis zu vier Stunden, da die Zutatenlisten sorgfältig gelesen und überprüft werden müssten, aber auch weil die glutenfreien Grundnahrungsmittel eventuell in mehreren verschiedenen Läden eingekauft werden müssten.
11 
Vermehrte Ausfallzeiten im Studium erleide er auch durch wiederholte unverschuldete Diätfehler. Er habe deshalb „des Öfteren“ schon die Vorlesungen verlassen und sich übergeben müssen. Ein Risiko der Kontamination mit Gluten sei nie ganz auszuschließen, weil schon kleinste Spurenelemente davon genügten und die EU-Warenauszeichnungsverordnung zwar die Angabe aller allergieauslösenden Stoffe, darunter auch Gluten, auf verpackten Nahrungsmitteln verlange, aber für lose Ware oder Restaurantessen nicht gelte. Schon bei kleinsten Verunreinigungen komme es bei ihm zu plötzlich einsetzendem Schwindel, Übelkeit, Lethargie, extremen Kopf- und Unterleibsschmerzen sowie unangenehmen Verdauungsstörungen in Form abnormen Völlegefühls, schwerer Blähungen und massiven, bis zu mehreren Tagen anhaltenden Durchfällen. In solchen Fällen fühle er sich regelrecht „außer Gefecht gesetzt“ und habe schon des Öfteren die Vorlesungen nicht besuchen können bzw. früher verlassen müssen. Selbst als glutenfrei deklarierte Fertigprodukte enthielten gelegentlich Glutenspuren, so dass es sogar bei gewissenhafter Ernährung wiederholt zu unbewussten und unverschuldeten Diätfehlern komme, die sich in Übelkeit, Bauchschmerz und Durchfall äußern könnten (vgl. Attest von Dr. B. v. 13.08.07 - GAS 63).
12 
Schließlich habe er auch einen erheblichen finanziellen Mehrbedarf, da er in Folge seiner Behinderung seine Nahrungsmittel zum größten Teil nur aus Reformhäusern und anderen spezialisierten Geschäften zu höheren Preisen beschaffen könne. Um sich diese teure tagtäglich einzuhaltende Spezialdiät leisten zu können, deren Kosten ihm von der Krankenkasse nicht erstattet würden, habe er einen Nebenjob an zwei Nachmittagen in der Woche aufnehmen müssen, so dass ihm weniger Zeit für das Studium bleibe.
13 
Neben dem außergewöhnlichen Zeitaufwand sei auch diese gegenüber gesunden Studenten größere finanzielle Mehrbelastung als erhebliche Studienerschwernis zu beachten.
14 
Seit April 2007 leide er zusätzlich unter allergischem Asthma bronchiale, das ihn zu einer kortisonbasierten Therapie zur Abschwächung der Symptome (Atemnot/Kurzatmigkeit) und zu einer Immuntherapie bezüglich Gräsern und Roggen zwinge. Außerdem leide er an einer saisonalen polleninduzierten Rhinitis allergica und bedürfte einer saisonalen Therapie mit Asthmaspray, Nasenspray und Antihistaminikum (vgl. Atteste der Universitätsklinik F. vom 6.5.2008).
15 
Nach allem liege eine erhebliche Studienbeeinträchtigung im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG vor, der in einem solchen Fall vorsehe, dass die Beklagte ihn von der Gebühr befreien „solle“, d.h. im Regelfall, der hier mangels atypischer Ausnahmesituation gegeben sei, befreien „müsse“.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
den Bescheid der Beklagten vom 27.03.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, erneut über seinen Antrag auf Befreiung von den Studiengebühren für das Sommersemester 2007 zu entscheiden und dabei die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Sie verweist auf die Begründung des angegriffenen Bescheids. Dass sich die unstreitige Behinderung des Klägers „erheblich studienerschwerend“ auswirke, sei nicht festgestellt. Es liege eine Zöliakie ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie vor. Dass sie in erheblichem Umfang eine Teilnahme des Klägers am Vorlesungsbetrieb oder an anderen Studienveranstaltungen unmöglich mache, sei nicht dargetan. Das belegten auch die ordnungsgemäßen Studienleistungen des Klägers. Von einer erheblichen Studienerschwernis könne man erst ausgehen, wenn mehr als die Hälfte der Vorlesungen versäumt werde.
21 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakte (jeweils ein Heft) verwiesen.
22 
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist der Kläger zu seiner Erkrankung und ihren Auswirkungen auf sein Alltagsleben und sein Studium vom Gericht angehört worden. Auf die hierüber erstellte Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässige Klage (§ 11 LHGebG) ist unbegründet.
24 
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Befreiung von der Studiengebührenpflicht (§ 113 Abs.5 S.2 VwGO). Vielmehr hat die Beklagte diesen Antrag zu Recht abgelehnt.
25 
Nach § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG „sollen“ Studierende von der Studiengebühr befreit werden, bei denen sich ihre Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX „erheblich studienerschwerend auswirkt“. Das heißt bei Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals müssen sie regelmäßig befreit werden, sofern nicht ein atypischer Ausnahmefall vorliegt.
26 
Dieses Tatbestandsmerkmal ist aber im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Zöliakie-erkrankung des Klägers stellt zwar nach der verbindlichen Feststellung des Versorgungsamtes eine Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX dar. Diese Behinderung wirkt sich jedoch nicht im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG „erheblich studienerschwerend“ aus.
I.
27 
Nach § 2 Abs.1 S.1 SGB IX liegt eine Behinderung vor, wenn infolge einer dauernden Abweichung der körperlichen Funktionen, der geistigen Fähigkeiten oder der seelischen Gesundheit von dem für das Lebensalter typischen Zustand die Teilhabe des Betreffenden am „Leben in der Gesellschaft“ im generellen Durchschnittsalltag ganz allgemein „beeinträchtigt“ ist. Das Vorliegen einer solchen Behinderung alleine genügt aber für die Befreiungsregelung des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG noch nicht. Vielmehr setzt diese Vorschrift zusätzlich eine ganz konkrete Auswirkung dieser Behinderung auf das Studium, nämlich eine „Erschwernis“ dieses Studiums voraus. Dass es behinderte Studierende „ohnehin schon schwer haben“, genügt also nicht, da die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers zwar Art.3 Abs.3 S.2 GG Rechnung tragen soll (vgl. LT-Drs. 13/4858, S.22) und behinderten Studierenden durch die Studiengebührenbefreiung auf finanzieller Ebene einen Nachteilsausgleich gewähren, sie aber nicht pauschal für den mit jeder Behinderung einhergehenden Verlust an Lebensqualität „entschädigen“ will.
28 
1. Ein Studium wird in diesem Sinne „erschwert“, wenn es wegen der Behinderung nicht so durchgeführt werden kann, wie dies einem durchschnittlich gesunden Studierenden möglich ist. Ausgehend von den Grundanforderungen eines jeden Studiums ist das dann der Fall, wenn den behinderten Studierenden etwa das Aufsuchen der verschiedenen Orte der Lehrveranstaltungen infolge einer eingeschränkten körperlichen Mobilität, oder aber das Aufnehmen des vermittelten Wissens infolge von Hör-, Lese- oder Konzentrationsmängeln oder auch das Wiedergeben und Darstellen des Wissens in schriftlicher oder mündlicher Form bei Diskussionen oder Prüfungen infolge von Schreib-, Sprach- oder Konzentrationsmängeln oder aber die Erbringung praktischer Studienleistungen (Versuchsaufbauten, Labortätigkeiten, handwerklich-technische Übungen) mehr Zeit kostet als den Gesunden. Ein Studienerschwernis liegt auch vor, wenn dem behinderten Studierenden insgesamt weniger Zeit zur Verfügung steht als einem gesunden Studenten, weil er einen Teil des Zeitbudgets, das durchschnittlich gesunden Studierenden dafür normalerweise zur Verfügung steht, für die zeitaufwendige Kompensation seiner behinderungsbedingten körperlichen, geistigen oder seelischen Mängel oder aber auch für deren zeitaufwendige Behandlung und Milderung aufwenden muss. Eine Erschwernis des Studiums kann dabei auch dann vorliegen, wenn der behinderte Studierende zwar keine Studienveranstaltungen versäumt, weil er - wie etwa im Fall eines Dialysepatienten - seine Studierfähigkeit durch außerhalb der Vorlesungszeiten vorgenommene zeitraubende Maßnahmen und Bemühungen herstellen kann, dadurch aber einen Verlust an Zeit erleidet, der ihm andernfalls für notwendige Erholungsphasen oder ein Eigenstudium zur Verfügung stünde.
29 
Auf eine solche zeitliche Erschwernis des Studiums infolge einer „Behinderung“ des Studierens durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes stellt auch die im systematischen Kontext zu § 6 I 1 Nr.3 LHGebG stehende Befreiungsregelung des § 6 I 1 Nr.1 LHGebG ab, die nach dem Willen des Gesetzgebers (LT-Drs. 13/4858 S.22) ihren Grund darin findet, dass Studierende, wenn sie sich wegen der Kindererziehung nicht beurlauben lassen, in dieser Zeit in der Regel nur „eingeschränkt weiterstudieren“. Auf diesen Aspekt der besonders intensiven zeitlichen Belastung durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes hat deshalb auch die Kammer in ihrem Urteil zur Vereinbarkeit des § 6 I 1 Nr.1 LHGebG mit Art.3 und Art.6 GG abgestellt (Urt. v. 20.06.2007 - 1 K 2324/06 - , VBlBW 2007, 426 = juris, dort Rdnr.103 -110).
30 
Dass sich die Behinderung tatsächlich in Form einer echten Studienzeitverlängerung niederschlägt, ist dabei für die Erfüllung des Begriffs der „studienerschwerenden Auswirkungen“ zwar hinreichend, aber nicht zwingend notwendig. Das Gesetz knüpft nämlich in § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG die Studiengebührenbefreiung nicht an das Tatbestandsmerkmal einer „Studienzeitverlängerung“, sondern gewährt sie gegebenenfalls bereits im und ab dem ersten Studiensemester, in dem solche Erschwernisse auftreten. Diese Regelung unterscheidet sich damit von der Vorgängerregelung des § 7 Abs.2 S.2 LHGebG a.F., der von Langzeitstudiengebühren, die ohnehin nur bei einem verzögerten Studium fällig wurden, dann befreite, wenn eine unbillige Härte vorlag und insofern ausdrücklich ausführte, das sei in der Regel der Fall, wenn sich eine Behinderung oder chronische Erkrankung „studienzeitverlängernd“ auswirke. § 6 I 1 Nr.3 LHGebG verzichtet damit auf einen konkreten Nachweis einer echten, die Gesamtstudienzeit als solche wirklich messbar verzögernden Auswirkung. Die Befreiung ist daher im Grundsatz auch dann möglich, wenn der Studierende es trotz seiner Behinderung und der damit verbundenen Studienerschwernisse doch noch schafft, sein Studium studienplangemäß durchzuführen, weil er diese Nachteile durch einen weit übermäßigen Arbeitseinsatz und unter Anspannung aller seiner Kräfte gerade noch kompensieren kann.
31 
Eine finanzielle Mehrbelastung infolge der Behinderung genügt hingegen nicht für die Annahme einer studienerschwerenden Auswirkung der Behinderung im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG. Eine behinderungsbedingte finanzielle Mehrbelastung kann daher allenfalls dann ausnahmsweise eine Studienerschwernis im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG darstellen, wenn sie sich direkt und unausweichlich in einem studienerschwerenden Zeitnachteil niederschlägt, weil im konkreten Einzelfall ein weder durch Sozialleistungen noch sonst von Seiten Dritter oder durch Unterhaltsansprüche kompensierter behinderungsbedingter finanzieller Mehrbedarf den behinderten Studierenden zwingt, diesen Zusatzbedarf durch eine Erwerbstätigkeit neben seinem Studium zu decken und dadurch weniger Zeit für das Studium zur Verfügung zu haben.
32 
2. Dass eine Behinderung sich im dargelegten Sinne nach § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG studienerschwerend auswirkt, genügt jedoch für eine Befreiung noch nicht. Vielmehr muss sie sich außerdem auch „ erheblich “ studienerschwerend auswirken.
33 
Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung insoweit ausgeführt, der Verweis auf die Definition der Behinderung in § 2 SGB IX trage gegenüber der bisherigen Regelung ( § 7 Abs.2 LHGebG a.F.: „Behinderung oder chronische Erkrankung“) zur Erleichterung und Einheitlichkeit der Auslegung bei. Eine „weitere Verwaltungsvereinfachung“ werde sich dadurch ergeben, dass die nach SGB IX zuständigen Behörden eine Behinderung mit einem Grad von „wenigstens 30“ feststellen. Bei einem Grad der Behinderung von wenigstens 50, der durch einen Schwerbehindertenausweis nachgewiesen werde, könne „in der Regel“ angenommen werden, dass sich die Behinderung „erheblich“ studienerschwerend auswirke (LT-Drs.13/4858 S.23).
34 
Eine Schwerbehinderung, wie sie nach der Definition in § 2 Abs.2 SGB IX im Falle eines Grades der Behinderung von 50 oder mehr vorliegt, genügt also regelmäßig für die Schlussfolgerung, sie werde sich auch „erheblich“ studienerschwerend auswirken, es kann aber ausnahmsweise im atypischen Einzelfall selbst bei einem solchen Behinderungsgrad an einer solchen Auswirkung fehlen. Umgekehrt geht der Gesetzgeber lediglich davon aus, dass es der „Verwaltungsvereinfachung“ dient, für die Annahme einer „erheblichen“ studienerschwerenden Auswirkung einer Behinderung mindestens einen Grad von 30 zu verlangen. Insofern hatte er wohl die Regelung des § 2 Abs.3 SGB IX im Blick, die Behinderte mit einem Behinderungsgrad von 30 Schwerbehinderten gleichstellt, wenn infolge dieser Behinderung ein Arbeitsplatz nicht erlangt oder beibehalten werden kann. Im Text des Befreiungstatbestandes des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG hat der Gesetzgeber hingegen konkrete Zahlen des Grades der Behinderung gerade nicht genannt, sondern statt dessen nur den offenen Begriff der „erheblichen“ Studienerschwernis verwendet. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG die Frage der Erheblichkeit der behinderungsbedingten Studienerschwernis nicht notwendig von einem bestimmten Grad der Behinderung abhängig machen wollte, sondern dass im Einzelfall eine erhebliche Studienerschwernis auch bei einer Behinderung mit einem unter 30 liegenden Schweregrad möglich sein kann.
35 
Für eine „erhebliche“ Studienerschwernis mindestens erforderlich ist allerdings ein Behinderungsgrad von 20. Dass folgt daraus, dass dieser Behinderungsgrad das Minimum an einer sozialrechtlich beachtlichen Behinderung darstellt, denn eine Feststellung des Grades der Behinderung durch die zuständige Sozialbehörde ist nach § 69 Abs.1 S.1 und S.6 SGB IX überhaupt erst ab diesem Behinderungsgrad zu treffen. Das bedeutet allerdings nicht, dass allein aus der Feststellung eines Behinderungsgrades von 20 dann auch ohne weiteres deren „erheblich“ studienerschwerende Auswirkung folgt. Vielmehr muss sich diese im konkreten Einzelfall aus der individuellen Behinderung und den damit verbundenen zeitlichen Einschränkungen und Nachteilen im Studium ergeben.
36 
Aus dem systematischen Kontext mit dem Befreiungstatbestand des § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 LHGebG ergibt sich unter Berücksichtigung der Geltung des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots aus Art.3 Abs.1 GG zudem, dass das Gewicht der erheblichen Studienerschwernis mit dem Gewicht dieses Befreiungstatbestandes vergleichbar sein muss. Die behinderungsbedingte Studienerschwernis muss daher, um als „erheblich“ angesehen zu werden, in etwa einen vergleichbaren zeitlichen Nachteil umfassen, wie er Studierenden durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes neben ihrem Studium regelmäßig erwächst, weil sie sich in der Zeit, in der sie sich um das Kind kümmern, nicht voll und uneingeschränkt ihrem Studium widmen können. Dabei dürfte es sich nach der praktischen Lebenserfahrung, selbst wenn man eine teilweise Delegation der Betreuungsleistung an Dritte berücksichtigt, um täglich mehrere Stunden handeln.
37 
Schließlich ist bei der Bestimmung des Gewichts der „erheblichen“ Studienerschwernis zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in Anknüpfung daran den behinderten Studierenden nicht nur teilweise (wie etwa nach den Befreiungsregelungen einiger anderer Bundesländer - siehe www.studentenwerke. de/services/printdocu.asp?nr=6204), sondern ohne weitere graduelle Abstufungen in vollem Umfang von der Studiengebührenpflicht in Höhe von 500,-- EUR je Semester befreit, was wiederum zeigt, dass es hier für einen Nachteilsausgleich in solchem Umfang doch eines ganz beachtlichen Gewichts der Studienerschwernis bedarf.
II.
38 
Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen wirkt sich die unstreitig beim Kläger mit einem Grad von 20 vorhandene Behinderung durch seine chronische Zöliakie-Erkrankung zwar zweifelsohne studienerschwerend, aber nicht „erheblich“ studienerschwerend aus.
39 
Schon der Grad seiner Behinderung liegt mit 20 nach dem oben Gesagten an der untersten Grenze, ab der eine erheblich studienerschwerende Auswirkung überhaupt in Betracht kommt. Die Einstufung mit 20 , die das Versorgungsamt vorgenommen hat, entspricht den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“, 2008, Ziff.26.10, S.80 (www.bmas.de/coremedia/generator/10588/ anhaltspunkte__fuer __die__aerztliche__gutachtertaetigkeit.html). Danach ist ein Grad von 20 angemessen für eine „Zöliakie ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie“. Eine Festsetzung höherer Werte ist hingegen nach diesen Anhaltspunkten nur angemessen „bei andauerndem, ungenügendem Ansprechen auf glutenfreie Kost (selten) - je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes“. Ein solcher Fall liegt jedoch beim Kläger nicht vor.
40 
Dass die Zöliakieerkrankung sich trotz ihrer Berücksichtigung mit einem Grad von nur 20 im Alltag des Klägers auswirkt und Folgen für ihn hat, kann zwar nicht in Abrede gestellt werden. Die zeitlichen Nachteile, die der Kläger infolge seiner Zöliakieerkrankung gegenüber einem gesunden Studierenden hat, liegen aber nicht in dem oben genannten erforderlichen erheblichen, nämlich mit dem Zeitaufwand für die Erziehung und Betreuung eines bis zu 8 Jahre alten Kindes vergleichbaren Umfang von durchschnittlich mehreren Stunden pro Tag vor.
41 
Es mag zwar sein, dass der Kläger, nachdem seine Zöliakieerkrankung im Jahre 2005 diagnostiziert wurde, in der Anfangszeit bis zur vollständigen Umstellung auf eine glutenfreie Diät einen ganz beträchtlichen, großen Zeitaufwand beim Einkaufen dadurch hatte, dass er zunächst bei jedem einzelnen Lebensmittel die Verpackungsaufdrucke und Zutatenangaben lesen und auf Glutenfreiheit überprüfen musste. In dem hier maßgeblichen Sommersemester 2007 jedoch hatte er bereits eine zweijährige Erfahrung damit. Außerdem gibt die DZG selbst Listen von geprüften glutenfreien Produkten heraus, an denen er sich ohne weiteres rasch orientieren kann. Von einem wirklich signifikanten zeitlichen Mehraufwand beim Einkaufen kann also keine Rede sein, auch wenn der Kläger hier und da auch heute noch vor Erwerb eines neuartigen Produkts gezwungen sein mag, die Packungsaufdrucke zu lesen oder sich sonst mündlich durch Nachfragen beim Verkäufer etwa auf dem Markt zu informieren. Zudem beziffert selbst die DZG in ihrer Stellungnahme den mit der Produktprüfung und -auswahl verbundenen zeitlichen Mehraufwand aufgrund einer Mitgliederbefragung auf allenfalls vier Stunden pro Woche, was angesichts der durchschnittlichen Zahl von Einkäufen für eine Einzelperson ohnehin recht hoch erscheint.
42 
Es mag auch sein, dass der Kläger nicht in jedem Lebensmittelgeschäft alle seine Nahrungsmittel zugleich erwerben kann, sondern zum Teil seine Einkäufe in verschiedenen Geschäften tätigen muss, um alle Grundnahrungsmittel zu erwerben, und dadurch einen gewissen zeitlichen Mehraufwand hat. Andererseits ergibt sich aus der Stellungnahme der DZG selbst, dass anders als etwa wohl noch 2005 mittlerweile die glutenfreien Produkte eine zunehmende Verbreitung in Supermärkten und Drogerien gefunden haben, so dass sich das Problem der beschränkten Zahl von Einkaufsmöglichkeiten dadurch zumindest reduziert hat.
43 
Soweit sich der Kläger darauf beruft, er müsse täglich seine warme Mahlzeit abends nach der Rückkehr aus der Universität zu Hause zubereiten und dazu täglich frische Zutaten, wie etwa Gemüse oder Fleisch/Fisch einkaufen, stellt dies zwar einen gewissen Zeitaufwand dar, den ein gesunder Student, der sich auf Fertigprodukte oder ein täglich fertig zubereitetes Essen in der Mensa beschränken kann, in diesem Umfang so nicht hat. Andererseits ist nicht ersichtlich, dass der Kläger, der im Besitz eines kleinen Kühlschranks ist, den Zeitaufwand nicht auch durch Einkauf auf Vorrat für mehrere Tage reduzieren könnte. Relevant kann letztlich auch nur der zeitliche Mehraufwand sein, den er gegenüber einem gesunden Studierenden hat, der sich abends wenngleich keine warme Mahlzeit, so doch auch eine kalte Mahlzeit zubereitet, dafür einkaufen muss und anschließend Geschirr, wenngleich nicht notwendig Kochgeschirr und -utensilien reinigen muss. Damit verglichen fällt aber der tägliche Mehraufwand des Klägers von vielleicht einer halben Stunde nicht wirklich im oben genannten Sinne erheblich ins Gewicht.
44 
Für einen an Zöliakie erkrankten Menschen wie den Kläger ist es zudem nur entscheidend, „was“ er isst, hingegen nicht „wann“ er isst - wie dies etwa bei Diabetikern der Fall ist. Beim Kläger liegt also kein Zeitnachteil dadurch vor, dass nur zu bestimmten Zeiten überhaupt eine Nahrungsaufnahme möglich bzw. erforderlich ist, was dann etwa zu unfreiwilligen Unterbrechungen der Vorlesungsteilnahme oder zu einer nur reduzierten Inanspruchnahme der gebotenen Vorlesungs- und Bildungsangebote der Beklagten zwingen würde. Soweit der Kläger sich darauf beruft, jeder Tag bedürfe eines „erhöhten Zeitaufwandes an Planung und Organisation“, da er genau planen müsse, wo und wie er im Tagesablauf glutenfreie Nahrungsmittel erlangen, erwerben und verzehren könne, hat er nicht dargelegt, in welchem zeitlichen Umfang sich eine solche Planungstätigkeit überhaupt niederschlagen soll. Dass die tatsächliche Notwendigkeit einer tagtäglichen Befassung mit der Einhaltung einer glutenfreien Diät bei ausnahmslos jedem Akt der Nahrungsaufnahme, der Zubereitung von Speisen und dem Erwerb der notwendigen Lebensmittel die Lebensfreude und Zwanglosigkeit des Alltagslebens beeinträchtigt und zweifelsohne eine massive Einbuße an Lebensqualität darstellt, erfüllt jedoch nach dem oben unter I.1.c. Gesagten nicht den Befreiungstatbestand, wenn sich daraus keine zeitlich erhebliche Studienerschwernis ergibt. Was den Tagesablauf des Klägers im Studienalltag angeht, liegt es vor dem Hintergrund, dass er wohl regelmäßig zu Hause morgens sein Frühstück bzw. abends seine warme Mahlzeit zu sich nimmt, auf der Hand, dass er sich im Verlauf des Tages aus mit sich geführten Nahrungs- und/oder auch Getränkevorräten (bis hin zu lactosefreiem Kaffee aus der Thermoskanne) wird versorgen müssen, falls er nicht die Möglichkeit wahrnimmt, einen Salat oder Pommes Frites in der Mensa oder bei einer bestimmten Schnellrestaurantkette zu essen.
45 
Soweit der Kläger darüber hinaus auch geltend macht, er erleide des Öfteren infolge unverschuldeter und unvermeidlicher Diätfehler Ausfälle, weil es ihm selbst bei Aufnahme von nur geringen Spuren von Gluten körperlich sehr schlecht gehe, hat er die Häufigkeit solcher Vorkommnisse in der mündlichen Verhandlung zeitlich auf etwa einmal pro Monat eingegrenzt. Dass es sich dabei jedes Mal um gleich mehrtägige Ausfälle handelt, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen und vor dem Hintergrund auch nicht ersichtlich, dass der Kläger zu der noch vor der Diagnose seiner Erkrankung liegende Anfangszeit seines Studiums, in der er noch keine glutenfreie Diät einhielt, keine solchen Ausfälle schilderte, sondern nur berichtete, extrem dünn und hungrig gewesen zu sein und an lauten Bauchgeräuschen gelitten zu haben.
46 
Dass die Zöliakieerkrankung des Klägers, die als solche nicht therapierbar ist, den Kläger regelmäßig zu zeitaufwendigen Arztbesuchen zum Zwecke von Behandlungen und Untersuchungen zwingt und ihn dadurch vom Studium in nennenswertem zeitlichem Umfang häufig oder gar wöchentlich abhält, hat er ebenfalls nicht vorgetragen. In der Zeit seit der erstmaligen Diagnose seiner Erkrankung im Jahre 2005 bis heute hat er sich nach seinen Angaben insgesamt vier Magenspiegelungen unterziehen müssen.
47 
Was die vom Kläger geltend gemachte zweifelsohne gegebene finanzielle Mehrbelastung infolge des Erwerbs teurer glutenfreier Spezialnahrungsmittel angeht, ergibt sich aus dem oben unter I.1.b. Gesagten, dass die Befreiungsregelung nicht an diesen finanziellen Mehraufwand anknüpft. Offenbleiben kann, ob er diesen Mehraufwand tatsächlich mangels eines Ausgleichs durch Sozialleistungen oder Unterhaltsansprüche gezwungenermaßen durch eine neben dem Studium aufgenommene Erwerbstätigkeit bestreiten muss. Denn dass er dadurch einen „erheblichen“ Zeitnachteil erleidet, ist seinem Vorbringen jedenfalls nicht zu entnehmen. In der mündlichen Verhandlung hat er den Mehraufwand zunächst mit etwa 150,-- EUR monatlich beziffert, jedoch dies dahin eingeschränkt, dass er diese Berechnung in den Anfangszeiten der Umstellung seiner Diät auf glutenfreie Nahrung im Jahre 2005 angestellt hat und seinerzeit die glutenfreien Lebensmittel noch teurer gewesen seien als heute. Im Sozialrecht wird für Zöliakieerkrankte jedenfalls nur ein Mehrbedarf von 66, 47,-- EUR monatlich für die Mehrkosten einer glutenfreien Ernährung anerkannt (vgl. § 21 Abs.5 SGB II i.V.m § 30 Abs.5 SGB XII: „behinderungsbedingter Zwang zu einer bestimmten kostenaufwändigen Ernährung“; siehe dazu die Broschüre des Deutschen Studentenwerks: „Studium und Behinderung“ - Kapitel 09 - Ziff.2.4a, -www.studentewerke.de/main/default. asp?id=06103 und die Mehrbedarfstabelle www.tacheles-sozialhilfe.de/info/ mehrbedarf_ernaehrung.asp; siehe auch die Österreichische Hochschüler Innenschaft, die einen Bedarf von 70,-- EUR monatlich angibt, - www.oeh.ac.at/ studieren/barrierefrei_studieren/#c1117). In diesem Umfang könnte der Kläger von den Sozialbehörden seinen finanziellen Mehrbedarf im Wege der Sozialleistung einer Hilfe zum Lebensunterhalt in besonderen Lebenslagen zwar im Grundsatz gedeckt bekommen. Allerdings verlangt der Nachrang der Sozialleistung die Prüfung, ob der Betreffende seinen Mehrbedarf nicht ganz oder teilweise durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft insbesondere in den Semesterferien decken kann, wofür grundsätzlich alle von Studierenden üblicherweise ausgeübten Gelegenheitsarbeiten zu berücksichtigen sind und nur abzusehen ist, wenn eine Arbeit neben dem Studium nicht möglich bzw. zumutbar ist (siehe Broschüre des Studentenwerks, a.a.O. Kapitel 09, Ziff.2.3.b). Wie der Kläger aber in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben hat, geht er einer Nebentätigkeit im Umfang von etwa 9 Stunden pro Woche gegen Bezahlung von brutto 11,20 EUR/Stunde nach, unter anderem auch, um sein sonstiges Studentenleben zu finanzieren. Auch wenn er einen Teil seines dabei erzielten Verdienstes zur Finanzierung der finanziellen Mehrkosten seiner glutenfreien Ernährung aufwendet, ergibt sich daraus selbst bei Annahme von Mehrkosten in Höhe von 100,-- EUR monatlich bei diesem Stundenlohn mittelbar nur ein studienerschwerender zeitlicher Nachteil im Umfang von weniger als 10 Stunden pro Monat, also von vielleicht zwei bis höchstens drei Stunden pro Woche. Das wiederum reicht nach dem oben Gesagten nicht für die Überschreitung der Erheblichkeitsgrenze aus.
48 
Eine erhebliche studienerschwerende Auswirkung haben schließlich auch nicht das allergische Asthma Bronchiale und die saisonale polleninduzierte Rhinitis, an denen der Kläger neben seiner Zöliakieerkrankung zusätzlich leidet. Zum einen handelt es sich zumindest bei der Rhinitis um eine nur saisonale Beschwer. Zum anderen sind diese Erkrankungen mit einer Immuntherapie therapierbar bzw. in ihren akuten Symptomäußerungen durch Atemwegsprays zu kompensieren. Diese Zusatzerkrankung bringt zwar eine weitere zeitliche Erschwernis durch die notwendigen Arztbesuche und die - allerdings wohl in den Semesterferien durchgeführten bisher zweimaligen- Kuraufenthalte mit sich. Dass sich daraus aber im wöchentlichen Studienalltag signifikante zeitliche Mehrbelastungen von mehreren Stunden täglich ergeben, ist dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Eine vom Kläger unter Hinweis auf diese Zusatzerkrankung beantragte Feststellung der Erhöhung des Grades der Behinderung hat zudem das Versorgungsamt offenbar bestandskräftig abgelehnt.
49 
Alles in allem verkennt die Kammer nicht, dass der Kläger durch seine Zöliakieerkrankung aber auch durch sein Asthma im Alltagsleben eindeutig massiv in seiner Lebensqualität eingeschränkt ist. Seiner Ansicht, diese Erkrankungen wirkten sich auch „erheblich“ studienerschwerend aus, vermag die Kammer hingegen nicht zu folgen, da die sich daraus für den Kläger zweifellos ergebenden gewissen zeitlichen Benachteiligungen auch in ihrer Summierung eindeutig nicht den für die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle erforderlichen Umfang erreichen.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Die Kammer hat keinen Anlass, das Urteil wegen der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
51 
Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage der „Erheblichkeit“ einer studienerschwerenden Auswirkung einer Behinderung im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs.1 S.1 VwGO i.V.m. § 124 Abs.2 Nr.3 VwGO), nämlich für eine Vielzahl behinderter Studierender bedeutsam, aber bislang nicht obergerichtlich geklärt ist.

Gründe

 
23 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässige Klage (§ 11 LHGebG) ist unbegründet.
24 
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Befreiung von der Studiengebührenpflicht (§ 113 Abs.5 S.2 VwGO). Vielmehr hat die Beklagte diesen Antrag zu Recht abgelehnt.
25 
Nach § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG „sollen“ Studierende von der Studiengebühr befreit werden, bei denen sich ihre Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX „erheblich studienerschwerend auswirkt“. Das heißt bei Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals müssen sie regelmäßig befreit werden, sofern nicht ein atypischer Ausnahmefall vorliegt.
26 
Dieses Tatbestandsmerkmal ist aber im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Zöliakie-erkrankung des Klägers stellt zwar nach der verbindlichen Feststellung des Versorgungsamtes eine Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX dar. Diese Behinderung wirkt sich jedoch nicht im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG „erheblich studienerschwerend“ aus.
I.
27 
Nach § 2 Abs.1 S.1 SGB IX liegt eine Behinderung vor, wenn infolge einer dauernden Abweichung der körperlichen Funktionen, der geistigen Fähigkeiten oder der seelischen Gesundheit von dem für das Lebensalter typischen Zustand die Teilhabe des Betreffenden am „Leben in der Gesellschaft“ im generellen Durchschnittsalltag ganz allgemein „beeinträchtigt“ ist. Das Vorliegen einer solchen Behinderung alleine genügt aber für die Befreiungsregelung des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG noch nicht. Vielmehr setzt diese Vorschrift zusätzlich eine ganz konkrete Auswirkung dieser Behinderung auf das Studium, nämlich eine „Erschwernis“ dieses Studiums voraus. Dass es behinderte Studierende „ohnehin schon schwer haben“, genügt also nicht, da die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers zwar Art.3 Abs.3 S.2 GG Rechnung tragen soll (vgl. LT-Drs. 13/4858, S.22) und behinderten Studierenden durch die Studiengebührenbefreiung auf finanzieller Ebene einen Nachteilsausgleich gewähren, sie aber nicht pauschal für den mit jeder Behinderung einhergehenden Verlust an Lebensqualität „entschädigen“ will.
28 
1. Ein Studium wird in diesem Sinne „erschwert“, wenn es wegen der Behinderung nicht so durchgeführt werden kann, wie dies einem durchschnittlich gesunden Studierenden möglich ist. Ausgehend von den Grundanforderungen eines jeden Studiums ist das dann der Fall, wenn den behinderten Studierenden etwa das Aufsuchen der verschiedenen Orte der Lehrveranstaltungen infolge einer eingeschränkten körperlichen Mobilität, oder aber das Aufnehmen des vermittelten Wissens infolge von Hör-, Lese- oder Konzentrationsmängeln oder auch das Wiedergeben und Darstellen des Wissens in schriftlicher oder mündlicher Form bei Diskussionen oder Prüfungen infolge von Schreib-, Sprach- oder Konzentrationsmängeln oder aber die Erbringung praktischer Studienleistungen (Versuchsaufbauten, Labortätigkeiten, handwerklich-technische Übungen) mehr Zeit kostet als den Gesunden. Ein Studienerschwernis liegt auch vor, wenn dem behinderten Studierenden insgesamt weniger Zeit zur Verfügung steht als einem gesunden Studenten, weil er einen Teil des Zeitbudgets, das durchschnittlich gesunden Studierenden dafür normalerweise zur Verfügung steht, für die zeitaufwendige Kompensation seiner behinderungsbedingten körperlichen, geistigen oder seelischen Mängel oder aber auch für deren zeitaufwendige Behandlung und Milderung aufwenden muss. Eine Erschwernis des Studiums kann dabei auch dann vorliegen, wenn der behinderte Studierende zwar keine Studienveranstaltungen versäumt, weil er - wie etwa im Fall eines Dialysepatienten - seine Studierfähigkeit durch außerhalb der Vorlesungszeiten vorgenommene zeitraubende Maßnahmen und Bemühungen herstellen kann, dadurch aber einen Verlust an Zeit erleidet, der ihm andernfalls für notwendige Erholungsphasen oder ein Eigenstudium zur Verfügung stünde.
29 
Auf eine solche zeitliche Erschwernis des Studiums infolge einer „Behinderung“ des Studierens durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes stellt auch die im systematischen Kontext zu § 6 I 1 Nr.3 LHGebG stehende Befreiungsregelung des § 6 I 1 Nr.1 LHGebG ab, die nach dem Willen des Gesetzgebers (LT-Drs. 13/4858 S.22) ihren Grund darin findet, dass Studierende, wenn sie sich wegen der Kindererziehung nicht beurlauben lassen, in dieser Zeit in der Regel nur „eingeschränkt weiterstudieren“. Auf diesen Aspekt der besonders intensiven zeitlichen Belastung durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes hat deshalb auch die Kammer in ihrem Urteil zur Vereinbarkeit des § 6 I 1 Nr.1 LHGebG mit Art.3 und Art.6 GG abgestellt (Urt. v. 20.06.2007 - 1 K 2324/06 - , VBlBW 2007, 426 = juris, dort Rdnr.103 -110).
30 
Dass sich die Behinderung tatsächlich in Form einer echten Studienzeitverlängerung niederschlägt, ist dabei für die Erfüllung des Begriffs der „studienerschwerenden Auswirkungen“ zwar hinreichend, aber nicht zwingend notwendig. Das Gesetz knüpft nämlich in § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG die Studiengebührenbefreiung nicht an das Tatbestandsmerkmal einer „Studienzeitverlängerung“, sondern gewährt sie gegebenenfalls bereits im und ab dem ersten Studiensemester, in dem solche Erschwernisse auftreten. Diese Regelung unterscheidet sich damit von der Vorgängerregelung des § 7 Abs.2 S.2 LHGebG a.F., der von Langzeitstudiengebühren, die ohnehin nur bei einem verzögerten Studium fällig wurden, dann befreite, wenn eine unbillige Härte vorlag und insofern ausdrücklich ausführte, das sei in der Regel der Fall, wenn sich eine Behinderung oder chronische Erkrankung „studienzeitverlängernd“ auswirke. § 6 I 1 Nr.3 LHGebG verzichtet damit auf einen konkreten Nachweis einer echten, die Gesamtstudienzeit als solche wirklich messbar verzögernden Auswirkung. Die Befreiung ist daher im Grundsatz auch dann möglich, wenn der Studierende es trotz seiner Behinderung und der damit verbundenen Studienerschwernisse doch noch schafft, sein Studium studienplangemäß durchzuführen, weil er diese Nachteile durch einen weit übermäßigen Arbeitseinsatz und unter Anspannung aller seiner Kräfte gerade noch kompensieren kann.
31 
Eine finanzielle Mehrbelastung infolge der Behinderung genügt hingegen nicht für die Annahme einer studienerschwerenden Auswirkung der Behinderung im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG. Eine behinderungsbedingte finanzielle Mehrbelastung kann daher allenfalls dann ausnahmsweise eine Studienerschwernis im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG darstellen, wenn sie sich direkt und unausweichlich in einem studienerschwerenden Zeitnachteil niederschlägt, weil im konkreten Einzelfall ein weder durch Sozialleistungen noch sonst von Seiten Dritter oder durch Unterhaltsansprüche kompensierter behinderungsbedingter finanzieller Mehrbedarf den behinderten Studierenden zwingt, diesen Zusatzbedarf durch eine Erwerbstätigkeit neben seinem Studium zu decken und dadurch weniger Zeit für das Studium zur Verfügung zu haben.
32 
2. Dass eine Behinderung sich im dargelegten Sinne nach § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG studienerschwerend auswirkt, genügt jedoch für eine Befreiung noch nicht. Vielmehr muss sie sich außerdem auch „ erheblich “ studienerschwerend auswirken.
33 
Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung insoweit ausgeführt, der Verweis auf die Definition der Behinderung in § 2 SGB IX trage gegenüber der bisherigen Regelung ( § 7 Abs.2 LHGebG a.F.: „Behinderung oder chronische Erkrankung“) zur Erleichterung und Einheitlichkeit der Auslegung bei. Eine „weitere Verwaltungsvereinfachung“ werde sich dadurch ergeben, dass die nach SGB IX zuständigen Behörden eine Behinderung mit einem Grad von „wenigstens 30“ feststellen. Bei einem Grad der Behinderung von wenigstens 50, der durch einen Schwerbehindertenausweis nachgewiesen werde, könne „in der Regel“ angenommen werden, dass sich die Behinderung „erheblich“ studienerschwerend auswirke (LT-Drs.13/4858 S.23).
34 
Eine Schwerbehinderung, wie sie nach der Definition in § 2 Abs.2 SGB IX im Falle eines Grades der Behinderung von 50 oder mehr vorliegt, genügt also regelmäßig für die Schlussfolgerung, sie werde sich auch „erheblich“ studienerschwerend auswirken, es kann aber ausnahmsweise im atypischen Einzelfall selbst bei einem solchen Behinderungsgrad an einer solchen Auswirkung fehlen. Umgekehrt geht der Gesetzgeber lediglich davon aus, dass es der „Verwaltungsvereinfachung“ dient, für die Annahme einer „erheblichen“ studienerschwerenden Auswirkung einer Behinderung mindestens einen Grad von 30 zu verlangen. Insofern hatte er wohl die Regelung des § 2 Abs.3 SGB IX im Blick, die Behinderte mit einem Behinderungsgrad von 30 Schwerbehinderten gleichstellt, wenn infolge dieser Behinderung ein Arbeitsplatz nicht erlangt oder beibehalten werden kann. Im Text des Befreiungstatbestandes des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG hat der Gesetzgeber hingegen konkrete Zahlen des Grades der Behinderung gerade nicht genannt, sondern statt dessen nur den offenen Begriff der „erheblichen“ Studienerschwernis verwendet. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG die Frage der Erheblichkeit der behinderungsbedingten Studienerschwernis nicht notwendig von einem bestimmten Grad der Behinderung abhängig machen wollte, sondern dass im Einzelfall eine erhebliche Studienerschwernis auch bei einer Behinderung mit einem unter 30 liegenden Schweregrad möglich sein kann.
35 
Für eine „erhebliche“ Studienerschwernis mindestens erforderlich ist allerdings ein Behinderungsgrad von 20. Dass folgt daraus, dass dieser Behinderungsgrad das Minimum an einer sozialrechtlich beachtlichen Behinderung darstellt, denn eine Feststellung des Grades der Behinderung durch die zuständige Sozialbehörde ist nach § 69 Abs.1 S.1 und S.6 SGB IX überhaupt erst ab diesem Behinderungsgrad zu treffen. Das bedeutet allerdings nicht, dass allein aus der Feststellung eines Behinderungsgrades von 20 dann auch ohne weiteres deren „erheblich“ studienerschwerende Auswirkung folgt. Vielmehr muss sich diese im konkreten Einzelfall aus der individuellen Behinderung und den damit verbundenen zeitlichen Einschränkungen und Nachteilen im Studium ergeben.
36 
Aus dem systematischen Kontext mit dem Befreiungstatbestand des § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 LHGebG ergibt sich unter Berücksichtigung der Geltung des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots aus Art.3 Abs.1 GG zudem, dass das Gewicht der erheblichen Studienerschwernis mit dem Gewicht dieses Befreiungstatbestandes vergleichbar sein muss. Die behinderungsbedingte Studienerschwernis muss daher, um als „erheblich“ angesehen zu werden, in etwa einen vergleichbaren zeitlichen Nachteil umfassen, wie er Studierenden durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes neben ihrem Studium regelmäßig erwächst, weil sie sich in der Zeit, in der sie sich um das Kind kümmern, nicht voll und uneingeschränkt ihrem Studium widmen können. Dabei dürfte es sich nach der praktischen Lebenserfahrung, selbst wenn man eine teilweise Delegation der Betreuungsleistung an Dritte berücksichtigt, um täglich mehrere Stunden handeln.
37 
Schließlich ist bei der Bestimmung des Gewichts der „erheblichen“ Studienerschwernis zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in Anknüpfung daran den behinderten Studierenden nicht nur teilweise (wie etwa nach den Befreiungsregelungen einiger anderer Bundesländer - siehe www.studentenwerke. de/services/printdocu.asp?nr=6204), sondern ohne weitere graduelle Abstufungen in vollem Umfang von der Studiengebührenpflicht in Höhe von 500,-- EUR je Semester befreit, was wiederum zeigt, dass es hier für einen Nachteilsausgleich in solchem Umfang doch eines ganz beachtlichen Gewichts der Studienerschwernis bedarf.
II.
38 
Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen wirkt sich die unstreitig beim Kläger mit einem Grad von 20 vorhandene Behinderung durch seine chronische Zöliakie-Erkrankung zwar zweifelsohne studienerschwerend, aber nicht „erheblich“ studienerschwerend aus.
39 
Schon der Grad seiner Behinderung liegt mit 20 nach dem oben Gesagten an der untersten Grenze, ab der eine erheblich studienerschwerende Auswirkung überhaupt in Betracht kommt. Die Einstufung mit 20 , die das Versorgungsamt vorgenommen hat, entspricht den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“, 2008, Ziff.26.10, S.80 (www.bmas.de/coremedia/generator/10588/ anhaltspunkte__fuer __die__aerztliche__gutachtertaetigkeit.html). Danach ist ein Grad von 20 angemessen für eine „Zöliakie ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie“. Eine Festsetzung höherer Werte ist hingegen nach diesen Anhaltspunkten nur angemessen „bei andauerndem, ungenügendem Ansprechen auf glutenfreie Kost (selten) - je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes“. Ein solcher Fall liegt jedoch beim Kläger nicht vor.
40 
Dass die Zöliakieerkrankung sich trotz ihrer Berücksichtigung mit einem Grad von nur 20 im Alltag des Klägers auswirkt und Folgen für ihn hat, kann zwar nicht in Abrede gestellt werden. Die zeitlichen Nachteile, die der Kläger infolge seiner Zöliakieerkrankung gegenüber einem gesunden Studierenden hat, liegen aber nicht in dem oben genannten erforderlichen erheblichen, nämlich mit dem Zeitaufwand für die Erziehung und Betreuung eines bis zu 8 Jahre alten Kindes vergleichbaren Umfang von durchschnittlich mehreren Stunden pro Tag vor.
41 
Es mag zwar sein, dass der Kläger, nachdem seine Zöliakieerkrankung im Jahre 2005 diagnostiziert wurde, in der Anfangszeit bis zur vollständigen Umstellung auf eine glutenfreie Diät einen ganz beträchtlichen, großen Zeitaufwand beim Einkaufen dadurch hatte, dass er zunächst bei jedem einzelnen Lebensmittel die Verpackungsaufdrucke und Zutatenangaben lesen und auf Glutenfreiheit überprüfen musste. In dem hier maßgeblichen Sommersemester 2007 jedoch hatte er bereits eine zweijährige Erfahrung damit. Außerdem gibt die DZG selbst Listen von geprüften glutenfreien Produkten heraus, an denen er sich ohne weiteres rasch orientieren kann. Von einem wirklich signifikanten zeitlichen Mehraufwand beim Einkaufen kann also keine Rede sein, auch wenn der Kläger hier und da auch heute noch vor Erwerb eines neuartigen Produkts gezwungen sein mag, die Packungsaufdrucke zu lesen oder sich sonst mündlich durch Nachfragen beim Verkäufer etwa auf dem Markt zu informieren. Zudem beziffert selbst die DZG in ihrer Stellungnahme den mit der Produktprüfung und -auswahl verbundenen zeitlichen Mehraufwand aufgrund einer Mitgliederbefragung auf allenfalls vier Stunden pro Woche, was angesichts der durchschnittlichen Zahl von Einkäufen für eine Einzelperson ohnehin recht hoch erscheint.
42 
Es mag auch sein, dass der Kläger nicht in jedem Lebensmittelgeschäft alle seine Nahrungsmittel zugleich erwerben kann, sondern zum Teil seine Einkäufe in verschiedenen Geschäften tätigen muss, um alle Grundnahrungsmittel zu erwerben, und dadurch einen gewissen zeitlichen Mehraufwand hat. Andererseits ergibt sich aus der Stellungnahme der DZG selbst, dass anders als etwa wohl noch 2005 mittlerweile die glutenfreien Produkte eine zunehmende Verbreitung in Supermärkten und Drogerien gefunden haben, so dass sich das Problem der beschränkten Zahl von Einkaufsmöglichkeiten dadurch zumindest reduziert hat.
43 
Soweit sich der Kläger darauf beruft, er müsse täglich seine warme Mahlzeit abends nach der Rückkehr aus der Universität zu Hause zubereiten und dazu täglich frische Zutaten, wie etwa Gemüse oder Fleisch/Fisch einkaufen, stellt dies zwar einen gewissen Zeitaufwand dar, den ein gesunder Student, der sich auf Fertigprodukte oder ein täglich fertig zubereitetes Essen in der Mensa beschränken kann, in diesem Umfang so nicht hat. Andererseits ist nicht ersichtlich, dass der Kläger, der im Besitz eines kleinen Kühlschranks ist, den Zeitaufwand nicht auch durch Einkauf auf Vorrat für mehrere Tage reduzieren könnte. Relevant kann letztlich auch nur der zeitliche Mehraufwand sein, den er gegenüber einem gesunden Studierenden hat, der sich abends wenngleich keine warme Mahlzeit, so doch auch eine kalte Mahlzeit zubereitet, dafür einkaufen muss und anschließend Geschirr, wenngleich nicht notwendig Kochgeschirr und -utensilien reinigen muss. Damit verglichen fällt aber der tägliche Mehraufwand des Klägers von vielleicht einer halben Stunde nicht wirklich im oben genannten Sinne erheblich ins Gewicht.
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Für einen an Zöliakie erkrankten Menschen wie den Kläger ist es zudem nur entscheidend, „was“ er isst, hingegen nicht „wann“ er isst - wie dies etwa bei Diabetikern der Fall ist. Beim Kläger liegt also kein Zeitnachteil dadurch vor, dass nur zu bestimmten Zeiten überhaupt eine Nahrungsaufnahme möglich bzw. erforderlich ist, was dann etwa zu unfreiwilligen Unterbrechungen der Vorlesungsteilnahme oder zu einer nur reduzierten Inanspruchnahme der gebotenen Vorlesungs- und Bildungsangebote der Beklagten zwingen würde. Soweit der Kläger sich darauf beruft, jeder Tag bedürfe eines „erhöhten Zeitaufwandes an Planung und Organisation“, da er genau planen müsse, wo und wie er im Tagesablauf glutenfreie Nahrungsmittel erlangen, erwerben und verzehren könne, hat er nicht dargelegt, in welchem zeitlichen Umfang sich eine solche Planungstätigkeit überhaupt niederschlagen soll. Dass die tatsächliche Notwendigkeit einer tagtäglichen Befassung mit der Einhaltung einer glutenfreien Diät bei ausnahmslos jedem Akt der Nahrungsaufnahme, der Zubereitung von Speisen und dem Erwerb der notwendigen Lebensmittel die Lebensfreude und Zwanglosigkeit des Alltagslebens beeinträchtigt und zweifelsohne eine massive Einbuße an Lebensqualität darstellt, erfüllt jedoch nach dem oben unter I.1.c. Gesagten nicht den Befreiungstatbestand, wenn sich daraus keine zeitlich erhebliche Studienerschwernis ergibt. Was den Tagesablauf des Klägers im Studienalltag angeht, liegt es vor dem Hintergrund, dass er wohl regelmäßig zu Hause morgens sein Frühstück bzw. abends seine warme Mahlzeit zu sich nimmt, auf der Hand, dass er sich im Verlauf des Tages aus mit sich geführten Nahrungs- und/oder auch Getränkevorräten (bis hin zu lactosefreiem Kaffee aus der Thermoskanne) wird versorgen müssen, falls er nicht die Möglichkeit wahrnimmt, einen Salat oder Pommes Frites in der Mensa oder bei einer bestimmten Schnellrestaurantkette zu essen.
45 
Soweit der Kläger darüber hinaus auch geltend macht, er erleide des Öfteren infolge unverschuldeter und unvermeidlicher Diätfehler Ausfälle, weil es ihm selbst bei Aufnahme von nur geringen Spuren von Gluten körperlich sehr schlecht gehe, hat er die Häufigkeit solcher Vorkommnisse in der mündlichen Verhandlung zeitlich auf etwa einmal pro Monat eingegrenzt. Dass es sich dabei jedes Mal um gleich mehrtägige Ausfälle handelt, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen und vor dem Hintergrund auch nicht ersichtlich, dass der Kläger zu der noch vor der Diagnose seiner Erkrankung liegende Anfangszeit seines Studiums, in der er noch keine glutenfreie Diät einhielt, keine solchen Ausfälle schilderte, sondern nur berichtete, extrem dünn und hungrig gewesen zu sein und an lauten Bauchgeräuschen gelitten zu haben.
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Dass die Zöliakieerkrankung des Klägers, die als solche nicht therapierbar ist, den Kläger regelmäßig zu zeitaufwendigen Arztbesuchen zum Zwecke von Behandlungen und Untersuchungen zwingt und ihn dadurch vom Studium in nennenswertem zeitlichem Umfang häufig oder gar wöchentlich abhält, hat er ebenfalls nicht vorgetragen. In der Zeit seit der erstmaligen Diagnose seiner Erkrankung im Jahre 2005 bis heute hat er sich nach seinen Angaben insgesamt vier Magenspiegelungen unterziehen müssen.
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Was die vom Kläger geltend gemachte zweifelsohne gegebene finanzielle Mehrbelastung infolge des Erwerbs teurer glutenfreier Spezialnahrungsmittel angeht, ergibt sich aus dem oben unter I.1.b. Gesagten, dass die Befreiungsregelung nicht an diesen finanziellen Mehraufwand anknüpft. Offenbleiben kann, ob er diesen Mehraufwand tatsächlich mangels eines Ausgleichs durch Sozialleistungen oder Unterhaltsansprüche gezwungenermaßen durch eine neben dem Studium aufgenommene Erwerbstätigkeit bestreiten muss. Denn dass er dadurch einen „erheblichen“ Zeitnachteil erleidet, ist seinem Vorbringen jedenfalls nicht zu entnehmen. In der mündlichen Verhandlung hat er den Mehraufwand zunächst mit etwa 150,-- EUR monatlich beziffert, jedoch dies dahin eingeschränkt, dass er diese Berechnung in den Anfangszeiten der Umstellung seiner Diät auf glutenfreie Nahrung im Jahre 2005 angestellt hat und seinerzeit die glutenfreien Lebensmittel noch teurer gewesen seien als heute. Im Sozialrecht wird für Zöliakieerkrankte jedenfalls nur ein Mehrbedarf von 66, 47,-- EUR monatlich für die Mehrkosten einer glutenfreien Ernährung anerkannt (vgl. § 21 Abs.5 SGB II i.V.m § 30 Abs.5 SGB XII: „behinderungsbedingter Zwang zu einer bestimmten kostenaufwändigen Ernährung“; siehe dazu die Broschüre des Deutschen Studentenwerks: „Studium und Behinderung“ - Kapitel 09 - Ziff.2.4a, -www.studentewerke.de/main/default. asp?id=06103 und die Mehrbedarfstabelle www.tacheles-sozialhilfe.de/info/ mehrbedarf_ernaehrung.asp; siehe auch die Österreichische Hochschüler Innenschaft, die einen Bedarf von 70,-- EUR monatlich angibt, - www.oeh.ac.at/ studieren/barrierefrei_studieren/#c1117). In diesem Umfang könnte der Kläger von den Sozialbehörden seinen finanziellen Mehrbedarf im Wege der Sozialleistung einer Hilfe zum Lebensunterhalt in besonderen Lebenslagen zwar im Grundsatz gedeckt bekommen. Allerdings verlangt der Nachrang der Sozialleistung die Prüfung, ob der Betreffende seinen Mehrbedarf nicht ganz oder teilweise durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft insbesondere in den Semesterferien decken kann, wofür grundsätzlich alle von Studierenden üblicherweise ausgeübten Gelegenheitsarbeiten zu berücksichtigen sind und nur abzusehen ist, wenn eine Arbeit neben dem Studium nicht möglich bzw. zumutbar ist (siehe Broschüre des Studentenwerks, a.a.O. Kapitel 09, Ziff.2.3.b). Wie der Kläger aber in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben hat, geht er einer Nebentätigkeit im Umfang von etwa 9 Stunden pro Woche gegen Bezahlung von brutto 11,20 EUR/Stunde nach, unter anderem auch, um sein sonstiges Studentenleben zu finanzieren. Auch wenn er einen Teil seines dabei erzielten Verdienstes zur Finanzierung der finanziellen Mehrkosten seiner glutenfreien Ernährung aufwendet, ergibt sich daraus selbst bei Annahme von Mehrkosten in Höhe von 100,-- EUR monatlich bei diesem Stundenlohn mittelbar nur ein studienerschwerender zeitlicher Nachteil im Umfang von weniger als 10 Stunden pro Monat, also von vielleicht zwei bis höchstens drei Stunden pro Woche. Das wiederum reicht nach dem oben Gesagten nicht für die Überschreitung der Erheblichkeitsgrenze aus.
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Eine erhebliche studienerschwerende Auswirkung haben schließlich auch nicht das allergische Asthma Bronchiale und die saisonale polleninduzierte Rhinitis, an denen der Kläger neben seiner Zöliakieerkrankung zusätzlich leidet. Zum einen handelt es sich zumindest bei der Rhinitis um eine nur saisonale Beschwer. Zum anderen sind diese Erkrankungen mit einer Immuntherapie therapierbar bzw. in ihren akuten Symptomäußerungen durch Atemwegsprays zu kompensieren. Diese Zusatzerkrankung bringt zwar eine weitere zeitliche Erschwernis durch die notwendigen Arztbesuche und die - allerdings wohl in den Semesterferien durchgeführten bisher zweimaligen- Kuraufenthalte mit sich. Dass sich daraus aber im wöchentlichen Studienalltag signifikante zeitliche Mehrbelastungen von mehreren Stunden täglich ergeben, ist dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Eine vom Kläger unter Hinweis auf diese Zusatzerkrankung beantragte Feststellung der Erhöhung des Grades der Behinderung hat zudem das Versorgungsamt offenbar bestandskräftig abgelehnt.
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Alles in allem verkennt die Kammer nicht, dass der Kläger durch seine Zöliakieerkrankung aber auch durch sein Asthma im Alltagsleben eindeutig massiv in seiner Lebensqualität eingeschränkt ist. Seiner Ansicht, diese Erkrankungen wirkten sich auch „erheblich“ studienerschwerend aus, vermag die Kammer hingegen nicht zu folgen, da die sich daraus für den Kläger zweifellos ergebenden gewissen zeitlichen Benachteiligungen auch in ihrer Summierung eindeutig nicht den für die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle erforderlichen Umfang erreichen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Die Kammer hat keinen Anlass, das Urteil wegen der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
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Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage der „Erheblichkeit“ einer studienerschwerenden Auswirkung einer Behinderung im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs.1 S.1 VwGO i.V.m. § 124 Abs.2 Nr.3 VwGO), nämlich für eine Vielzahl behinderter Studierender bedeutsam, aber bislang nicht obergerichtlich geklärt ist.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.