Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 14. Jan. 2005 - 6 K 1763/03

bei uns veröffentlicht am14.01.2005

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein am ... in .../Bundesrepublik Deutschland geborener türkischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine Ausweisung.
Der Kläger, der im Bundesgebiet aufgewachsen ist, ist ledig. Seine Eltern und seine fünf weiteren Geschwister leben im Bundesgebiet. Im Sommer 2002 erlangte er seinen Realschulabschluss. Ab dem 17.09.2000 war der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Wegen kurz zuvor begangener Straftaten reiste er zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Mai 2002 in die Türkei und kehrte am 13.06.2002 nach Deutschland zurück, um sich seinem Strafverfahren zu stellen.
Strafrechtlich trat der Kläger wie folgt in Erscheinung:
1. Urteil des Amtsgerichts ...- Jugendschöffengericht - vom ... wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls, Diebstahls in drei Fällen sowie wegen versuchten Diebstahls jeweils tatmehrheitlich begangen: Jugendstrafe von 6 Monaten zur Bewährung (rechtskräftig).
Die Straftaten beging der Kläger im Zeitraum von August bis September 2000.
2. Urteil des Amtsgerichts ...- Jugendschöffengericht - vom ... wegen schweren Raubes, Diebstahls in zwei Fällen, versuchten Diebstahls sowie wegen gefährlicher Körperverletzung jeweils in Tatmehrheit begangen: Jugendstrafe von 3 Jahren unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts ... vom ... (rechtskräftig).
Die Straftaten beging der Kläger in der Zeit von Januar bis Mai 2002.
Hinsichtlich des begangenen schweren Raubes stellte das Amtsgericht Folgendes fest: Am 13.05.2002 gegen 0.30 Uhr betraten die Angeklagten (= der Kläger und sein Mittäter) mit schwarzen Motorradunterziehhauben, die lediglich die Augen frei ließen, maskiert, das Hotel „...“ in der ... in .... Auf Grund des gemeinsamen Tatplanes rief der Angeklagte ... „Überfall, Geld her“ und richtete eine zum Tatzeitpunkt nicht funktionsfähige Gaspistole, die optisch von einer scharfen Schusswaffe nicht zu unterscheiden war, auf den allein hinter dem Tresen befindlichen Nachtportier ..., während der Kläger, der ebenfalls eine optisch einer scharfen Schusswaffe ähnelnde Schreckschusspistole auf den Geschädigten richtete, um den Tresen herum zum Geschädigten lief. Absichtsgemäß duldete der Geschädigte ... unter dem Eindruck der von den Waffen ausgehenden Drohwirkung widerstandslos, dass der Kläger in Verwirklichung des gemeinsamen Tatplans das gesamte Scheingeld aus einer geöffnet auf einer Ablage am Tresen stehenden Geldkassette in Höhe von 140,00 EUR, auf das der Kläger und sein Mittäter wissentlich keinen Anspruch hatten, zum gemeinsamen Nutzen entnahm. Auf die Forderung nach weiterem Bargeld gab der Geschädigte an, kein weiteres Bargeld hier zu haben. Darauf flüchteten der Kläger und sein Mittäter unter Mitnahme der 140,00 EUR vom Tatort.
Im Rahmen der Strafzumessung führte das Amtsgericht u.a. aus: Der Kläger war zu den jeweiligen Tatzeiten 17 Jahre alt und damit Jugendlicher im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes. An seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 3 JGG bestehen keine Zweifel. Ebenso wenig bestehen Zweifel daran, dass in den vom Kläger begangenen Straftaten in ganz erheblichem Maße wiederum schädliche Neigungen zum Ausdruck kommen, denen allein durch die Verhängung einer Jugendstrafe begegnet werden kann. Dies zeigt sich sowohl an der Tatsache des einschlägigen Bewährungsbruches wie auch der erheblichen kriminellen Energie, die in den Taten zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus sieht das Gericht, wie bereits beim Mittäter erwähnt, das Kriterium der Schwere der Schuld für erfüllt an. Ganz erheblich zu seinen Lasten sprach die Tatsache des einschlägigen Bewährungsbruches und die Vielzahl erheblicher schwerwiegender Straftaten binnen kürzester Frist.
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Nach Anhörung des Klägers wies ihn das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Verfügung vom 20.05.2003 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aus. Zur Begründung der Entscheidung führte die Behörde u. a. Folgendes aus: Der Kläger erfülle den Ausweisungstatbestand des § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG. Danach werde ein Ausländer ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens 3 Jahren verurteilt worden sei. Über die Ausweisung des Klägers als eines heranwachsenden Ausländers, der im Bundesgebiet aufgewachsen sei und eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis besitze, sei nach § 47 Abs. 3 S. 3 AuslG nach Ermessen zu entscheiden. Im Rahmen der Ermessensausübung sei die vom Kläger ausgehende Wiederholungsgefahr maßgeblich zu berücksichtigen. Er sei mehrmals - auch in der Bewährungszeit - straffällig geworden und habe schwere Straftaten begangen. Auch die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt ... vom 08.04.2003 über den bisherigen Verlauf des Strafvollzugs stelle die vom Kläger ausgehende Wiederholungsgefahr nicht entscheidend in Frage. Das Verhalten des Klägers sei in dieser Stellungnahme als neutral bewertet worden. Sein beanstandungsfreies Verhalten im Strafvollzug könne aber in der Gesamtwürdigung nicht zur Annahme besonderer Umstände führen, zumal ein beanstandungsfreies, zumindest unauffälliges Vollzugsverhalten immer noch als normal und nicht als Ausnahme anzusehen sei. Der Stellungnahme könne deshalb nicht die Bedeutung zukommen, dass hinter alledem das in der Vergangenheit gezeigte erhebliche kriminelle Verhalten des Klägers zurückzutreten hätte. Das Strafgericht habe beim Kläger als einschlägigem Bewährungsbrecher demgegenüber ganz erhebliche schädliche Neigungen gesehen. Im übrigen werde es dem Kläger aufgrund seines Alters und seiner deutschen Sprachkenntnisse in der Türkei nicht schwer fallen, wirtschaftlich Fuß zu fassen. Insbesondere im noch boomenden Tourismusbereich könne der Kläger aufgrund seiner Sprachkenntnisse einen Beruf ausüben. Der Ausweisung des Klägers stünde auch nicht Art. 6 bzw. 7 ARB 1/80 entgegen. Gleiches gelte für Art. 8 EMRK.
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Am 11.06.2003 hat der Kläger Klage erhoben.
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Er trägt im Wesentlichen vor, eine Ausweisung würde gegen Art. 8 EMRK verstoßen. Für ihn sei die Türkei ein fremdes Land. Er könne dort nicht eigenständig leben. Zuletzt sei er vor der Einschulung mit den Eltern in der Türkei gewesen. Er habe einen rein deutschsprachigen Bekanntenkreis. Seine Eltern und seine Geschwister lebten in Deutschland, die Familie insgesamt denke nur noch deutsch und rede deutsch. Ferner sei auf den Schlussantrag von Generalanwältin ... vom 11.09.2003 in der Rs. ... zu verweisen. Danach sei bei Ausweisungen von Unionsbürgern die Frage entscheidungserheblich, in welchem Land eine Resozialisierung eher möglich sei. Der gemeinschaftsrechtliche Gefahrenbegriff stimme mit demjenigen des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 überein. Vor diesem Hintergrund sei die Ausweisung schon deshalb rechtswidrig, weil die Resozialisierung im Inland Vorrang genieße. Ihm stünden die Rechte aus Art. 7 S. 1 ARB 1/80 zu. Die daraus resultierende Rechtsposition erlösche nicht nach Maßgabe nationalen Rechts und schon gar nicht auf der Grundlage des § 44 AuslG, sondern nur unter den Voraussetzungen des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei selbst. Das folge schon aus dem deklaratorischen Charakter der assoziationsrechtlichen Aufenthaltserlaubnis. Soweit dem Assoziationsrecht hinsichtlich der Frage des Erlöschens des Aufenthaltsanspruches keine klaren Aussagen zu entnehmen seien, sei subsidiär auf die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zurückzugreifen, d. h. auf Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie Nr. 68/360/EWG. Nach dieser Vorschrift sei ein Auslandsaufenthalt von über 6 Monaten Voraussetzung für einen Rechtsverlust. Im Rahmen seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet im Mai 2002 habe er sich jedoch keine 6 Monate in der Türkei aufgehalten. Ferner seien nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Entwicklungen bis zur mündlichen Verhandlung, also auch die Entwicklung in der Haft zu berücksichtigen. Der Vollstreckungsleiter habe ihm mit Beschluss vom 10.10.2003 Strafaussetzung zur Bewährung zum 7/12-Zeitpunkt in Aussicht gestellt. Die dabei aufgestellten Vorgaben habe er erfüllt. Auf Grund der Entwicklung im Strafvollzug stehe fest, dass die von der Ausländerbehörde angenommene „außerordentlich hohe Wiederholungsgefahr“ nicht mehr existiere und damit nach gemeinschaftsrechtlichem Maßstab die Ausweisung unverhältnismäßig sei. Schließlich sei die streitgegenständliche Ausweisungsverfügung rechtsfehlerhaft zustande gekommen. Insoweit könne auf den Schlussantrag von Generalanwalt ... in seinem Schlussantrag vom 21.10.2004 - Rs. C-136/03 - ... und ... - zur österreichischen Rechtsordnung verwiesen werden.
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Der Kläger beantragt,
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die Verfügung des Beklagten vom 20.05.2003 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hält die angegriffene Verfügung für rechtens und stützt sich auf die Ausführungen in dieser. Ergänzend trägt er vor, im Rahmen der Ermessensentscheidung habe die Ausländerbehörde nicht verkannt, dass der Kläger im Bundesgebiet geboren und aufgewachsen sei und deshalb für ihn ein Leben im Land seiner Staatsangehörigkeit mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sei. Angesichts der gesteigerten Wiederholungsgefahr der Begehung gefährlicher Straftaten sei aber dem öffentlichen Interesse an der Ausreise des Klägers auch im Hinblick auf seinen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet Vorrang einzuräumen. Dabei durfte auch berücksichtigt werden, dass dem Kläger aufgrund seines geringen Lebensalters ein Eingliedern in die türkische Lebensverhältnisse möglich und zumutbar sei, auch wenn die nächsten Familienangehörigen in Deutschland lebten. Mangels substantiiert entgegenstehendem Vortrag könne auch unterstellt werden, dass der Kläger der türkischen Sprache mächtig sei und die Lebensverhältnisse in der Türkei zumindest von Urlaubsreisen her kenne. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Vater des Klägers - nach den Feststellungen im Urteil des Strafgerichts - vor etwa 4 Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen sei. Es könne daher vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass in der Familie des Klägers, zumindest mit den Eltern, in aller Regel türkisch gesprochen werde. Auf die Lebenshilfe der in Deutschland lebenden Eltern und Geschwister sei der Kläger als Volljähriger nicht mehr angewiesen. Es sei ihm daher zuzumuten, eine Begegnungsgemeinschaft vom Ausland her aufrecht zu erhalten.
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Einen Antrag des Klägers vom 04.11.2003, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Beklagten vom 20.05.2003 wiederherzustellen, soweit er mit dieser Verfügung aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen wurde, und anzuordnen, soweit ihm die Abschiebung in die Türkei angedroht wurde, lehnte das erkennende Gericht mit Beschluss vom 18.12.2003 (6 K 3801/03) ab. Die Beschwerde des Klägers gegen diesen Beschluss wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 22.01.2004 - 11 S 192/04 - zurück.
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Am 27.01.2004 erfolgte die Abschiebung des Klägers aus der Haft.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der dem Gericht vorliegenden, den Kläger betreffenden Ausländerakten (2 Bände) Bezug genommen. Die Akten enthalten Abdrucke der oben genannten rechtskräftig gewordenen Strafurteile. Der Inhalt der Akten ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
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Die Verfügung des Beklagten vom 20.05.2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Denn die verfügte Ausweisung zu Lasten des Klägers hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
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Zwar stand dem Kläger ein Aufenthaltsrecht auf der Grundlage des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: ARB 1/80) zu (1.). Die Ausweisung genügt aber den Anforderungen, die das gemäß Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 auf Assoziationsberechtigte anwendbare Gemeinschaftsrecht an die Ausweisung eines Assoziationsberechtigten - hier des Klägers - stellt (2.).
24 
1. Der Kläger kann sich auf eine Rechtsstellung nach Art. 7 S. 1 ARB 1/80 berufen. Art. 7 S. 1 ARB 1/80 ist dahin auszulegen, dass er die Situation einer volljährigen Person, die Kind eines türkischen Arbeitnehmers ist, der dem regulären Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedsstaats angehört oder angehört hat, erfasst, obwohl diese im Aufnahmemitgliedsstaat geboren ist und stets dort gewohnt hat (EuGH, U. v. 11.11.2004 - Rs. C 467/02 -,...; VG Karlsruhe, U. v. 14.05.2002 - 11 K 3494/00 -). Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass der Kläger entgegen dem Wortlaut von Art. 7 S. 1 ARB 1/80 nicht im Wege des Familiennachzugs eingereist ist, sondern bereits im Bundesgebiet geboren wurde und hier aufgewachsen ist.
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Die dem Kläger assoziationsrechtlich vermittelte Rechtsposition ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Az: 11 S 192/04) - auch nicht dadurch erloschen, dass er im Mai 2002 aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde in die Türkei ausgereist ist (vgl. dazu: § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG / § 51 Abs. 1 AufenthG). Denn die Frage des Erlöschens des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsanspruch beurteilt sich - worauf der Kläger zu Recht hinweist - nicht nach nationalem Recht und damit nicht nach § 44 AuslG / § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG, sondern ausschließlich nach Assoziationsrecht bzw. nach gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (vgl. U. v. 16.03.2000 - Rs. C-329/97 -, ..., InfAuslR 2000, 217) entsteht bei Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 7 S. 1 ARB 1/80 ein europarechtliches Aufenthaltsrecht, das von der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis unabhängig ist. Die Aufenthaltserlaubnis hat in diesem Fall nur deklaratorische Bedeutung und soll im Wesentlichen dem Ziel dienen, den nationalen Behörden die Kenntnis der Bevölkerungsbewegungen in ihrem Hoheitsgebiet zu ermöglichen. Denn das in Art. 7 S. 1 ARB 1/80 vorgesehene, durch keine Voraussetzungen - nicht einmal durch einen Vorrang der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten - eingeschränkte Recht des Betroffenen, eine frei von ihm gewählte Beschäftigung aufzunehmen, würde ausgehöhlt, wenn die zuständigen nationalen Behörden die Möglichkeit hätten, die Ausübung der dem türkischen Staatsangehörigen unmittelbar durch den Beschluss Nr. 1/80 verliehenen, genauer bestimmten Rechte an Bedingungen zu knüpfen oder in irgendeiner Weise einzuschränken. Vor diesem Hintergrund sind die Mitgliedsstaaten nicht mehr befugt, Bestimmungen über den Aufenthalt zu erlassen, die geeignet sind, die Ausübung der Rechte zu beeinträchtigen, die den Personen, die die in dem Beschluss Nr. 1/80 aufgestellten Voraussetzungen erfüllen und sich somit bereits ordnungsgemäß in den Aufnahmemitgliedsstaat integriert haben, durch den Beschluss ausdrücklich verliehen werden.
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Ein Familienangehöriger im Sinne des Art. 7 S. 1 ARB 1/80 - wie der Kläger - verliert die von ihm erworbene Rechtsstellung deshalb nur dann, wenn er das Gebiet des Mitgliedsstaats für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlässt (EuGH, U. v. 16.03.2000, a. a. O., U. v. 17.04.1997 - Rs. C-351/95 -..., InfAuslR 1997, 21). Gemessen daran führt der nur kurzfristige Aufenthalt des Klägers in der Türkei - er reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Mai 2002 in die Türkei und kehrte am 13.06.2002 nach Deutschland zurück - von vornherein nicht zum Erlöschen des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsanspruchs. Welche Motivation der erfolgten Ausreise des Klägers zu Grunde lag, kann - anders als bei der Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG / § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG - dahinstehen, wenn - wie hier - nur eine Abwesenheit von wenigen Wochen vorliegt. Ergibt sich die hier zu entscheidende Frage, ob der Kläger durch seine kurzzeitige Ausreise in die Türkei seinen assoziationsrechtlichen Aufenthaltsanspruch verloren hat, bereits auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, bedarf es nicht der vom Kläger begehrten Einholung einer Vorabentscheidung zu der Frage, ob bei der Bestimmung der zulässigen Dauer des Auslandsaufenthalts subsidiär auf Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 68/360/EWG bzw. nunmehr auf Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG zurückzugreifen ist.
27 
2. Auch vor dem Hintergrund der dem Kläger zustehenden Rechtsposition aus Art. 7 S. 1 ARB 1/80 genügt die streitgegenständliche Ausweisung den Anforderungen, die das Gemeinschaftsrecht an die Ausweisung eines türkischen Staatsangehörigen stellt.
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a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der „formellen“ Frage, ob das einstufige Ausweisungsverfahren in Baden-Württemberg vor den Regierungspräsidium den Verfahrensgarantien des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG entspricht. Nach der eingehend begründeten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -, VBlBW 2003, 289) entspricht der gegen eine Ausweisungsverfügung gegebene Rechtsschutz in der Bundesrepublik Deutschland den Anforderungen von Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG. Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG fordert die Einholung der Stellungnahme einer zuständigen Stelle vor Erlass der Ausweisungsverfügung nur dann, wenn es keine Rechtsmittel gegen diese Verfügung gibt oder die Rechtsmittel im Sinne dieser Vorschrift auf die „Gesetzesmäßigkeit“ beschränkt sind oder „keine aufschiebende Wirkung“ haben. Dies ist hier nicht der Fall. Denn gegen die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe ist das Rechtsmittel der Anfechtungsklage gegeben. Die Überprüfung der Ausweisungsverfügung ist nicht lediglich auf die „Gesetzesmäßigkeit“ im Sinne der Richtlinie in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs beschränkt, die nur die formelle Rechtmäßigkeit und die Nichtigkeit nach deutschem Rechtsverständnis umfasst. Die innerstaatlichen Rechtsmittel - hier Klage - sind auch keine solchen, die „keine aufschiebende Wirkung“ im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG haben. Zwar entfaltet die streitgegenständliche Anfechtungsklage selbst keine aufschiebende Wirkung, weil die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO behördlicherseits angeordnet wurde. Es bestand jedoch eine - dem Betroffenen zumutbare und von ihm auch wahrgenommene - Möglichkeit, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und damit die Aussetzung des Vollzugs der Maßnahme zu erlangen, wobei die Ausweisung einer den Anforderungen der Prüfungsdichte des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG genügenden Überprüfung unterzogen wurde.
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b) Darüber hinaus hält die Ausweisung auch einer materiell-rechtlichen Überprüfung stand.
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Aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 29.04.2004 (Rs. C-482/01 und C-493/01 - ... und ... -, DVBl 2004, 876) ist auch bei türkischen Staatsangehörigen, die sich auf ein Aufenthaltsrecht nach dem ARB 1/80 berufen können, von veränderten gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an eine Ausweisung auszugehen. Diese Entscheidung bezieht sich zwar auf freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger. Sie ist jedoch hinsichtlich ihrer materiell-rechtlichen Grundsätze auf türkische Staatsangehörige zu übertragen, die ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach dem ARB 1/80 besitzen (BVerwG, U. v. 03.08.2004 - 1 C 29.02 -). Diese dürfen demnach nur noch aufgrund einer ausländerbehördlichen Ermessensentscheidung nach §§ 45, 46 AuslG ausgewiesen werden. Im Hinblick auf Art. 14 ARB 1/80 darf eine Ausweisung nur dann erfolgen, wenn der Assoziationsberechtigte durch sein persönliches Verhalten die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit tatsächlich und schwerwiegend gefährdet. Mithin ist die anzustellende Gefahrenprognose auf spezialpräventive Gesichtspunkte zu beschränken, und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt besondere Bedeutung zu. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (BVerwG, U. v. 03.08.2004, a. a. O.).
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Ausgehend von den dargestellten Kriterien liegt zunächst die erforderliche ausländerbehördliche Ermessensentscheidung vor. Die Behörde hat beim Kläger, der im Bundesgebiet geboren wurde und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis war, § 47 Abs. 3 S. 3 AuslG herangezogen, wonach in solchen Fällen über die Ausweisung nach Ermessen zu entscheiden ist. Die dargestellte Änderung der Rechtsprechung hat insoweit keine Auswirkungen auf das streitgegenständliche Verfahren.
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Auch inhaltlich ist die Ermessensausübung im Rahmen der gerichtlichen Prüfungskompetenz (vgl. § 114 VwGO) rechtlich nicht zu beanstanden. Im Einzelnen:
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Die in Anlehnung an das Gemeinschaftsrecht assoziationsrechtlich erforderliche - konkrete - Wiederholungsgefahr hat die Behörde zu Recht angenommen. Die Anforderungen, die an das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr im Falle einer spezialpräventiv begründeten Ausweisung - wie hier - zu stellen sind, können nicht einheitlich festgelegt werden. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit erneuter Verstöße gegen die Rechtsordnung differiert nach der Schwere der Straftat nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Bei schweren Verstößen reicht ein geringerer Wahrscheinlichkeitsgrad aus, während bei leichteren Verfehlungen eine höhere Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu verlangen ist. Vor diesem Hintergrund sind bei Verurteilungen wegen Gewalttaten nach diesem Grundsatz an die Wahrscheinlichkeit weiterer Straftaten geringere Anforderungen zu stellen. In Anwendung dieser Grundsätze hat die Behörde im Rahmen ihrer Gefahrenprognose zu Recht maßgeblich darauf abgestellt, dass der Kläger eine Vielzahl von - teilweise - schweren Straftaten begangen und zudem die „Bewährung gebrochen“ hat. Obwohl der Kläger bereits wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und Diebstahls in vier weiteren Fällen zu einer Jugendstrafe verurteilt worden war, beging er - nach nur 11 Monaten und damit innerhalb der Bewährungszeit - weitere einschlägige Straftaten und zusätzlich noch Gewalttaten. Insbesondere der im Mai 2002 vom Kläger und einem Mitangeklagten mit Waffen begangene „Raubüberfall“ auf ein Hotel in Karlsruhe, ist als sehr schwerer Verstoß zu werten. Vor diesem Hintergrund hat das Strafgericht dem Kläger eine „nahezu professionelle Tatausführung und ein erhebliches Maß an krimineller Energie“ attestiert.
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Die Ausländerbehörde hat im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung zusätzlich Erkundigungen über den Verlauf der Strafhaft des Klägers eingezogen und in ihrer Entscheidung berücksichtigt. Allein der Vollzugsverlauf, der zu keinen Beanstandungen Anlass gab, war jedoch nicht geeignet, die vom Kläger ausgehende Wiederholungsgefahr in Frage zu stellen. Zu Recht wies die Ausländerbehörde in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein beanstandungsfreies, zumindestens unauffälliges Vollzugsverhalten als „normal“ zu bewerten ist.
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Die behördliche Gefahrenprognose und die Ermessensentscheidung beruhen aber auch bezogen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Ergebnis auf einer zutreffenden tatsächlichen Grundlage. Es lagen keine erheblichen - neuen - Tatsachen vor, die der Behörde Anlass zu aktuellen Ermessenserwägungen geben mussten. Der Kläger hat zwar einen Beschluss des Vollstreckungsleiters der Vollzugsanstalt Pforzheim vom 10.10.2003 vorgelegt, nach welchem auf den 08.04.2004 ein Termin zur Prüfung einer vorzeitigen Entlassung auf Bewährung nach § 88 JGG festgesetzt worden ist mit der Option, den Kläger dann zu entlassen, wenn er aktiv am Jugendvollzug teilgenommen habe (Abiturvorbereitungen) und ihm für die Zeit nach der Haftentlassung ein Wohnsitz und ein Arbeitsplatz zur Verfügung stünden. Auch dieser Beschluss stellt jedoch die behördliche Gefahrenprognose nicht in Frage, zumal die Aussetzung des Restes der Jugendstrafe in dem Beschluss nicht erfolgte, sondern lediglich in Aussicht gestellt wurde. Als für die Beurteilung relevante Tatsache ergibt sich lediglich, dass der Kläger seine in der Haft begonnene Schreinerausbildung abgebrochen hatte, weil er damit nicht zurecht kam, und er stattdessen das Abitur nachholen wollte. Vor diesem Hintergrund kann dem Beschluss des Vollstreckungsleiters gerade noch keine günstige Prognose hinsichtlich einer beruflichen bzw. schulischen Eingliederung des Klägers entnommen werden, zumal der Kläger erst im September 2003 mit dem Lehrgang zur Erreichung des Abiturs begonnen hatte. Auch das Vorliegen eines Arbeitsplatzes für den Kläger - wie im Beschluss vom 10.10.2003 gefordert - und damit eine berufliche Wiedereingliederung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kann nicht angenommen werden, da der Kläger aus der Haft im Januar 2004 in die Türkei abgeschoben wurde. Die Ableistung des Wehrdienstes in der Türkei allein reicht ebenfalls für eine entscheidend zugunsten des Klägers veränderte Tatsachengrundlage nicht aus.
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Vor dem Hintergrund des Fehlens von Tatsachen, die die durch die Begehung schwerer Straftaten manifest gewordene Wiederholungsgefahr in Zweifel ziehen könnten, bedarf es keiner abschließenden Beurteilung, welches Gewicht der strafrichterlichen Prognose im Rahmen der Aussetzung des Restes der Jugendstrafe nach § 88 JGG bei der ausländerbehördlichen Prüfung der Wiederholungsgefahr zukommt. Immerhin verfolgen Strafrecht und Ausländerrecht verschiedene Gesetzeszwecke. Die Ausweisung stellt keine Bestrafung dar. Im Vordergrund steht daher der ordnungsbehördliche Zweck. Das Risiko der Wiederholungsgefahr, das nach dem Willen des Gesetzes bei der Aussetzung nach § 88 JGG in Kauf genommen wird, kann angesichts der schwerwiegenden Konsequenzen einer Strafverbüßung groß sein. Strafrechtlich mag daher die Wiederholungsgefahr im strafrechtlichen Sinne zu verneinen sein, während sie ordnungsrechtlich wegen des verbliebenen Risikos insbesondere bei schweren Straftaten, aber auch bei Straftaten mit allgemein hoher Rückfallquote unter Umständen zu bejahen ist.
37 
Zu Unrecht rügt der Kläger ferner, die Behörde habe nicht ausreichend geprüft, in welchem Land seine Resozialisierung eher möglich sei. Zunächst gibt es keinen Grundsatz dahingehend, dass eine Ausweisung immer dann zu unterbleiben habe, wenn eine Resozialisierung in Deutschland eher möglich wäre als im Heimatstaat des Ausländers. Der Aspekt der Resozialisierung ist ein Baustein im Rahmen der Ermessensausübung, aber nicht der allein entscheidende Gesichtspunkt. Deshalb durfte die Ausländerbehörde maßgeblich darauf abstellen, dass eine Resozialisierung des Klägers in der Türkei jedenfalls möglich ist. Dafür sprechen - neben seinem geringen Lebensalter - auch die Sprachkenntnisse des Klägers. Dass er der türkischen Sprache mächtig und ihm die Lebensverhältnisse in der Türkei zumindest von Urlaubsreisen her bekannt sind, darf mangels entgegenstehendem Vortrag unterstellt werden. Zu Recht weist die Behörde in diesem Zusammenhang auch auf die - guten - deutschen Sprachkenntnisse des Klägers hin, die ihm berufliche Perspektiven im boomenden Tourismussektor eröffnen. Ob demgegenüber eine Resozialisierung des Klägers in Deutschland noch eher möglich ist, bedarf im Hinblick auf die dargelegten spezialpräventiven Gesichtspunkte keiner Entscheidung.
38 
Nach alledem ging die Behörde zu Recht davon aus, dass das öffentliche Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 das private Interesse des Klägers als Assoziationsberechtigten an seinem Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt. Der Kläger ist ledig und volljährig und damit auf ein Zusammenleben mit den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Eltern und Geschwistern nicht unabdingbar angewiesen. Unter diesen Umständen verstößt die Ausweisung des Klägers nicht gegen den grundgesetzlichen Schutz der Familie nach Art. 6 GG bzw. nach Art. 8 Abs. 1 EMRK.
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Schließlich erweist sich die Ermessensentscheidung auch nicht im Hinblick auf den sinngemäßen Vortrag des Klägers, er sei zu einem „faktischen Inländer“ geworden, als rechtswidrig. Dieser Vortrag begründet insbesondere keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK. Soweit sich der Anwendungsbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem des Art. 6 GG deckt, vermittelt er keinen weitergehenden Schutz als dieser (vgl. BVerwG, U. v. 09.12.1997 - 1 C 19.96 -, NVwZ 1998, 742). Soweit sich der Kläger darüber hinaus mit seinem Vortrag auf das Schutzgut des Privatlebens beruft, zu dem die Gesamtheit der in Deutschland gewachsenen Bindungen gehört, ist der Eingriff nach Art. 8 Abs. 2 EMRK aber gerechtfertigt. Denn beim Kläger ist - wie dargelegt - im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung weiterhin von der konkreten Gefahr wiederholter schwerer Straftaten - insbesondere Vermögens- und Gewaltdelikte - auszugehen. Die nachteiligen Auswirkungen auf das Privatleben des hier geborenen Klägers sind demgegenüber nicht als unverhältnismäßig anzusehen. Er ist gerade noch nicht zu einem - in Deutschland außergewöhnlich integrierten und seinem Heimatland völlig entfremdeten - „faktischen Inländer“ geworden. Bislang ist ihm weder auf dem Gebiet der Ausbildung noch auf sozialem Gebiet eine Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse gelungen. Eine eigene Familie hat er auch nicht gegründet. Unter diesen Umständen - und unter Berücksichtigung seiner türkischen Sprachkenntnisse und seiner soziokulturellen Beziehungen in die Türkei - ist nicht davon auszugehen, dass sich der Kläger „aufgrund seiner gesamten Entwicklung“ derart in Deutschland eingerichtet hat, dass ihm „wegen der Besonderheiten des Falles“ ein Leben in der Türkei nicht mehr zuzumuten ist (vgl. zu diesen Anforderungen: BVerwG, U. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303), zumal sich die Lebensverhältnisse insbesondere in den Großstädten der Türkei denen in Deutschland durchaus annähern.
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Die Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers beruht auf den §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Es bestand kein Anlass, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).

Gründe

 
21 
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
22 
Die Verfügung des Beklagten vom 20.05.2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Denn die verfügte Ausweisung zu Lasten des Klägers hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
23 
Zwar stand dem Kläger ein Aufenthaltsrecht auf der Grundlage des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: ARB 1/80) zu (1.). Die Ausweisung genügt aber den Anforderungen, die das gemäß Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 auf Assoziationsberechtigte anwendbare Gemeinschaftsrecht an die Ausweisung eines Assoziationsberechtigten - hier des Klägers - stellt (2.).
24 
1. Der Kläger kann sich auf eine Rechtsstellung nach Art. 7 S. 1 ARB 1/80 berufen. Art. 7 S. 1 ARB 1/80 ist dahin auszulegen, dass er die Situation einer volljährigen Person, die Kind eines türkischen Arbeitnehmers ist, der dem regulären Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedsstaats angehört oder angehört hat, erfasst, obwohl diese im Aufnahmemitgliedsstaat geboren ist und stets dort gewohnt hat (EuGH, U. v. 11.11.2004 - Rs. C 467/02 -,...; VG Karlsruhe, U. v. 14.05.2002 - 11 K 3494/00 -). Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass der Kläger entgegen dem Wortlaut von Art. 7 S. 1 ARB 1/80 nicht im Wege des Familiennachzugs eingereist ist, sondern bereits im Bundesgebiet geboren wurde und hier aufgewachsen ist.
25 
Die dem Kläger assoziationsrechtlich vermittelte Rechtsposition ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Az: 11 S 192/04) - auch nicht dadurch erloschen, dass er im Mai 2002 aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde in die Türkei ausgereist ist (vgl. dazu: § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG / § 51 Abs. 1 AufenthG). Denn die Frage des Erlöschens des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsanspruch beurteilt sich - worauf der Kläger zu Recht hinweist - nicht nach nationalem Recht und damit nicht nach § 44 AuslG / § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG, sondern ausschließlich nach Assoziationsrecht bzw. nach gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (vgl. U. v. 16.03.2000 - Rs. C-329/97 -, ..., InfAuslR 2000, 217) entsteht bei Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 7 S. 1 ARB 1/80 ein europarechtliches Aufenthaltsrecht, das von der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis unabhängig ist. Die Aufenthaltserlaubnis hat in diesem Fall nur deklaratorische Bedeutung und soll im Wesentlichen dem Ziel dienen, den nationalen Behörden die Kenntnis der Bevölkerungsbewegungen in ihrem Hoheitsgebiet zu ermöglichen. Denn das in Art. 7 S. 1 ARB 1/80 vorgesehene, durch keine Voraussetzungen - nicht einmal durch einen Vorrang der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten - eingeschränkte Recht des Betroffenen, eine frei von ihm gewählte Beschäftigung aufzunehmen, würde ausgehöhlt, wenn die zuständigen nationalen Behörden die Möglichkeit hätten, die Ausübung der dem türkischen Staatsangehörigen unmittelbar durch den Beschluss Nr. 1/80 verliehenen, genauer bestimmten Rechte an Bedingungen zu knüpfen oder in irgendeiner Weise einzuschränken. Vor diesem Hintergrund sind die Mitgliedsstaaten nicht mehr befugt, Bestimmungen über den Aufenthalt zu erlassen, die geeignet sind, die Ausübung der Rechte zu beeinträchtigen, die den Personen, die die in dem Beschluss Nr. 1/80 aufgestellten Voraussetzungen erfüllen und sich somit bereits ordnungsgemäß in den Aufnahmemitgliedsstaat integriert haben, durch den Beschluss ausdrücklich verliehen werden.
26 
Ein Familienangehöriger im Sinne des Art. 7 S. 1 ARB 1/80 - wie der Kläger - verliert die von ihm erworbene Rechtsstellung deshalb nur dann, wenn er das Gebiet des Mitgliedsstaats für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlässt (EuGH, U. v. 16.03.2000, a. a. O., U. v. 17.04.1997 - Rs. C-351/95 -..., InfAuslR 1997, 21). Gemessen daran führt der nur kurzfristige Aufenthalt des Klägers in der Türkei - er reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Mai 2002 in die Türkei und kehrte am 13.06.2002 nach Deutschland zurück - von vornherein nicht zum Erlöschen des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsanspruchs. Welche Motivation der erfolgten Ausreise des Klägers zu Grunde lag, kann - anders als bei der Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG / § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG - dahinstehen, wenn - wie hier - nur eine Abwesenheit von wenigen Wochen vorliegt. Ergibt sich die hier zu entscheidende Frage, ob der Kläger durch seine kurzzeitige Ausreise in die Türkei seinen assoziationsrechtlichen Aufenthaltsanspruch verloren hat, bereits auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, bedarf es nicht der vom Kläger begehrten Einholung einer Vorabentscheidung zu der Frage, ob bei der Bestimmung der zulässigen Dauer des Auslandsaufenthalts subsidiär auf Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 68/360/EWG bzw. nunmehr auf Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG zurückzugreifen ist.
27 
2. Auch vor dem Hintergrund der dem Kläger zustehenden Rechtsposition aus Art. 7 S. 1 ARB 1/80 genügt die streitgegenständliche Ausweisung den Anforderungen, die das Gemeinschaftsrecht an die Ausweisung eines türkischen Staatsangehörigen stellt.
28 
a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der „formellen“ Frage, ob das einstufige Ausweisungsverfahren in Baden-Württemberg vor den Regierungspräsidium den Verfahrensgarantien des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG entspricht. Nach der eingehend begründeten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -, VBlBW 2003, 289) entspricht der gegen eine Ausweisungsverfügung gegebene Rechtsschutz in der Bundesrepublik Deutschland den Anforderungen von Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG. Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG fordert die Einholung der Stellungnahme einer zuständigen Stelle vor Erlass der Ausweisungsverfügung nur dann, wenn es keine Rechtsmittel gegen diese Verfügung gibt oder die Rechtsmittel im Sinne dieser Vorschrift auf die „Gesetzesmäßigkeit“ beschränkt sind oder „keine aufschiebende Wirkung“ haben. Dies ist hier nicht der Fall. Denn gegen die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe ist das Rechtsmittel der Anfechtungsklage gegeben. Die Überprüfung der Ausweisungsverfügung ist nicht lediglich auf die „Gesetzesmäßigkeit“ im Sinne der Richtlinie in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs beschränkt, die nur die formelle Rechtmäßigkeit und die Nichtigkeit nach deutschem Rechtsverständnis umfasst. Die innerstaatlichen Rechtsmittel - hier Klage - sind auch keine solchen, die „keine aufschiebende Wirkung“ im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG haben. Zwar entfaltet die streitgegenständliche Anfechtungsklage selbst keine aufschiebende Wirkung, weil die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO behördlicherseits angeordnet wurde. Es bestand jedoch eine - dem Betroffenen zumutbare und von ihm auch wahrgenommene - Möglichkeit, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und damit die Aussetzung des Vollzugs der Maßnahme zu erlangen, wobei die Ausweisung einer den Anforderungen der Prüfungsdichte des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG genügenden Überprüfung unterzogen wurde.
29 
b) Darüber hinaus hält die Ausweisung auch einer materiell-rechtlichen Überprüfung stand.
30 
Aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 29.04.2004 (Rs. C-482/01 und C-493/01 - ... und ... -, DVBl 2004, 876) ist auch bei türkischen Staatsangehörigen, die sich auf ein Aufenthaltsrecht nach dem ARB 1/80 berufen können, von veränderten gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an eine Ausweisung auszugehen. Diese Entscheidung bezieht sich zwar auf freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger. Sie ist jedoch hinsichtlich ihrer materiell-rechtlichen Grundsätze auf türkische Staatsangehörige zu übertragen, die ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach dem ARB 1/80 besitzen (BVerwG, U. v. 03.08.2004 - 1 C 29.02 -). Diese dürfen demnach nur noch aufgrund einer ausländerbehördlichen Ermessensentscheidung nach §§ 45, 46 AuslG ausgewiesen werden. Im Hinblick auf Art. 14 ARB 1/80 darf eine Ausweisung nur dann erfolgen, wenn der Assoziationsberechtigte durch sein persönliches Verhalten die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit tatsächlich und schwerwiegend gefährdet. Mithin ist die anzustellende Gefahrenprognose auf spezialpräventive Gesichtspunkte zu beschränken, und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt besondere Bedeutung zu. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (BVerwG, U. v. 03.08.2004, a. a. O.).
31 
Ausgehend von den dargestellten Kriterien liegt zunächst die erforderliche ausländerbehördliche Ermessensentscheidung vor. Die Behörde hat beim Kläger, der im Bundesgebiet geboren wurde und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis war, § 47 Abs. 3 S. 3 AuslG herangezogen, wonach in solchen Fällen über die Ausweisung nach Ermessen zu entscheiden ist. Die dargestellte Änderung der Rechtsprechung hat insoweit keine Auswirkungen auf das streitgegenständliche Verfahren.
32 
Auch inhaltlich ist die Ermessensausübung im Rahmen der gerichtlichen Prüfungskompetenz (vgl. § 114 VwGO) rechtlich nicht zu beanstanden. Im Einzelnen:
33 
Die in Anlehnung an das Gemeinschaftsrecht assoziationsrechtlich erforderliche - konkrete - Wiederholungsgefahr hat die Behörde zu Recht angenommen. Die Anforderungen, die an das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr im Falle einer spezialpräventiv begründeten Ausweisung - wie hier - zu stellen sind, können nicht einheitlich festgelegt werden. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit erneuter Verstöße gegen die Rechtsordnung differiert nach der Schwere der Straftat nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Bei schweren Verstößen reicht ein geringerer Wahrscheinlichkeitsgrad aus, während bei leichteren Verfehlungen eine höhere Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu verlangen ist. Vor diesem Hintergrund sind bei Verurteilungen wegen Gewalttaten nach diesem Grundsatz an die Wahrscheinlichkeit weiterer Straftaten geringere Anforderungen zu stellen. In Anwendung dieser Grundsätze hat die Behörde im Rahmen ihrer Gefahrenprognose zu Recht maßgeblich darauf abgestellt, dass der Kläger eine Vielzahl von - teilweise - schweren Straftaten begangen und zudem die „Bewährung gebrochen“ hat. Obwohl der Kläger bereits wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und Diebstahls in vier weiteren Fällen zu einer Jugendstrafe verurteilt worden war, beging er - nach nur 11 Monaten und damit innerhalb der Bewährungszeit - weitere einschlägige Straftaten und zusätzlich noch Gewalttaten. Insbesondere der im Mai 2002 vom Kläger und einem Mitangeklagten mit Waffen begangene „Raubüberfall“ auf ein Hotel in Karlsruhe, ist als sehr schwerer Verstoß zu werten. Vor diesem Hintergrund hat das Strafgericht dem Kläger eine „nahezu professionelle Tatausführung und ein erhebliches Maß an krimineller Energie“ attestiert.
34 
Die Ausländerbehörde hat im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung zusätzlich Erkundigungen über den Verlauf der Strafhaft des Klägers eingezogen und in ihrer Entscheidung berücksichtigt. Allein der Vollzugsverlauf, der zu keinen Beanstandungen Anlass gab, war jedoch nicht geeignet, die vom Kläger ausgehende Wiederholungsgefahr in Frage zu stellen. Zu Recht wies die Ausländerbehörde in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein beanstandungsfreies, zumindestens unauffälliges Vollzugsverhalten als „normal“ zu bewerten ist.
35 
Die behördliche Gefahrenprognose und die Ermessensentscheidung beruhen aber auch bezogen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Ergebnis auf einer zutreffenden tatsächlichen Grundlage. Es lagen keine erheblichen - neuen - Tatsachen vor, die der Behörde Anlass zu aktuellen Ermessenserwägungen geben mussten. Der Kläger hat zwar einen Beschluss des Vollstreckungsleiters der Vollzugsanstalt Pforzheim vom 10.10.2003 vorgelegt, nach welchem auf den 08.04.2004 ein Termin zur Prüfung einer vorzeitigen Entlassung auf Bewährung nach § 88 JGG festgesetzt worden ist mit der Option, den Kläger dann zu entlassen, wenn er aktiv am Jugendvollzug teilgenommen habe (Abiturvorbereitungen) und ihm für die Zeit nach der Haftentlassung ein Wohnsitz und ein Arbeitsplatz zur Verfügung stünden. Auch dieser Beschluss stellt jedoch die behördliche Gefahrenprognose nicht in Frage, zumal die Aussetzung des Restes der Jugendstrafe in dem Beschluss nicht erfolgte, sondern lediglich in Aussicht gestellt wurde. Als für die Beurteilung relevante Tatsache ergibt sich lediglich, dass der Kläger seine in der Haft begonnene Schreinerausbildung abgebrochen hatte, weil er damit nicht zurecht kam, und er stattdessen das Abitur nachholen wollte. Vor diesem Hintergrund kann dem Beschluss des Vollstreckungsleiters gerade noch keine günstige Prognose hinsichtlich einer beruflichen bzw. schulischen Eingliederung des Klägers entnommen werden, zumal der Kläger erst im September 2003 mit dem Lehrgang zur Erreichung des Abiturs begonnen hatte. Auch das Vorliegen eines Arbeitsplatzes für den Kläger - wie im Beschluss vom 10.10.2003 gefordert - und damit eine berufliche Wiedereingliederung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kann nicht angenommen werden, da der Kläger aus der Haft im Januar 2004 in die Türkei abgeschoben wurde. Die Ableistung des Wehrdienstes in der Türkei allein reicht ebenfalls für eine entscheidend zugunsten des Klägers veränderte Tatsachengrundlage nicht aus.
36 
Vor dem Hintergrund des Fehlens von Tatsachen, die die durch die Begehung schwerer Straftaten manifest gewordene Wiederholungsgefahr in Zweifel ziehen könnten, bedarf es keiner abschließenden Beurteilung, welches Gewicht der strafrichterlichen Prognose im Rahmen der Aussetzung des Restes der Jugendstrafe nach § 88 JGG bei der ausländerbehördlichen Prüfung der Wiederholungsgefahr zukommt. Immerhin verfolgen Strafrecht und Ausländerrecht verschiedene Gesetzeszwecke. Die Ausweisung stellt keine Bestrafung dar. Im Vordergrund steht daher der ordnungsbehördliche Zweck. Das Risiko der Wiederholungsgefahr, das nach dem Willen des Gesetzes bei der Aussetzung nach § 88 JGG in Kauf genommen wird, kann angesichts der schwerwiegenden Konsequenzen einer Strafverbüßung groß sein. Strafrechtlich mag daher die Wiederholungsgefahr im strafrechtlichen Sinne zu verneinen sein, während sie ordnungsrechtlich wegen des verbliebenen Risikos insbesondere bei schweren Straftaten, aber auch bei Straftaten mit allgemein hoher Rückfallquote unter Umständen zu bejahen ist.
37 
Zu Unrecht rügt der Kläger ferner, die Behörde habe nicht ausreichend geprüft, in welchem Land seine Resozialisierung eher möglich sei. Zunächst gibt es keinen Grundsatz dahingehend, dass eine Ausweisung immer dann zu unterbleiben habe, wenn eine Resozialisierung in Deutschland eher möglich wäre als im Heimatstaat des Ausländers. Der Aspekt der Resozialisierung ist ein Baustein im Rahmen der Ermessensausübung, aber nicht der allein entscheidende Gesichtspunkt. Deshalb durfte die Ausländerbehörde maßgeblich darauf abstellen, dass eine Resozialisierung des Klägers in der Türkei jedenfalls möglich ist. Dafür sprechen - neben seinem geringen Lebensalter - auch die Sprachkenntnisse des Klägers. Dass er der türkischen Sprache mächtig und ihm die Lebensverhältnisse in der Türkei zumindest von Urlaubsreisen her bekannt sind, darf mangels entgegenstehendem Vortrag unterstellt werden. Zu Recht weist die Behörde in diesem Zusammenhang auch auf die - guten - deutschen Sprachkenntnisse des Klägers hin, die ihm berufliche Perspektiven im boomenden Tourismussektor eröffnen. Ob demgegenüber eine Resozialisierung des Klägers in Deutschland noch eher möglich ist, bedarf im Hinblick auf die dargelegten spezialpräventiven Gesichtspunkte keiner Entscheidung.
38 
Nach alledem ging die Behörde zu Recht davon aus, dass das öffentliche Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 das private Interesse des Klägers als Assoziationsberechtigten an seinem Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt. Der Kläger ist ledig und volljährig und damit auf ein Zusammenleben mit den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Eltern und Geschwistern nicht unabdingbar angewiesen. Unter diesen Umständen verstößt die Ausweisung des Klägers nicht gegen den grundgesetzlichen Schutz der Familie nach Art. 6 GG bzw. nach Art. 8 Abs. 1 EMRK.
39 
Schließlich erweist sich die Ermessensentscheidung auch nicht im Hinblick auf den sinngemäßen Vortrag des Klägers, er sei zu einem „faktischen Inländer“ geworden, als rechtswidrig. Dieser Vortrag begründet insbesondere keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK. Soweit sich der Anwendungsbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem des Art. 6 GG deckt, vermittelt er keinen weitergehenden Schutz als dieser (vgl. BVerwG, U. v. 09.12.1997 - 1 C 19.96 -, NVwZ 1998, 742). Soweit sich der Kläger darüber hinaus mit seinem Vortrag auf das Schutzgut des Privatlebens beruft, zu dem die Gesamtheit der in Deutschland gewachsenen Bindungen gehört, ist der Eingriff nach Art. 8 Abs. 2 EMRK aber gerechtfertigt. Denn beim Kläger ist - wie dargelegt - im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung weiterhin von der konkreten Gefahr wiederholter schwerer Straftaten - insbesondere Vermögens- und Gewaltdelikte - auszugehen. Die nachteiligen Auswirkungen auf das Privatleben des hier geborenen Klägers sind demgegenüber nicht als unverhältnismäßig anzusehen. Er ist gerade noch nicht zu einem - in Deutschland außergewöhnlich integrierten und seinem Heimatland völlig entfremdeten - „faktischen Inländer“ geworden. Bislang ist ihm weder auf dem Gebiet der Ausbildung noch auf sozialem Gebiet eine Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse gelungen. Eine eigene Familie hat er auch nicht gegründet. Unter diesen Umständen - und unter Berücksichtigung seiner türkischen Sprachkenntnisse und seiner soziokulturellen Beziehungen in die Türkei - ist nicht davon auszugehen, dass sich der Kläger „aufgrund seiner gesamten Entwicklung“ derart in Deutschland eingerichtet hat, dass ihm „wegen der Besonderheiten des Falles“ ein Leben in der Türkei nicht mehr zuzumuten ist (vgl. zu diesen Anforderungen: BVerwG, U. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303), zumal sich die Lebensverhältnisse insbesondere in den Großstädten der Türkei denen in Deutschland durchaus annähern.
40 
Die Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers beruht auf den §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Es bestand kein Anlass, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).

Sonstige Literatur

 
41 
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
42 
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Postfach 11 14 51, 76064 Karlsruhe, oder Nördliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu stellen.
43 
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim, oder Postfach 103264, 68032 Mannheim, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
44 
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
45 
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
46 
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
47 
4. das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
48 
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
49 
Bei der Beantragung der Zulassung der Berufung muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen.
50 
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
51 
In Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten des Sozialhilferechts sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Verbänden im Sinne des § 14 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes und von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt sind.
52 
In Abgabenangelegenheiten sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen.
53 
In Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen und Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind.
54 
Lässt der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim, oder Postfach 103264, 68032 Mannheim, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).
55 
BESCHLUSS:
56 
Der Streitwert wird gemäß § 13 Abs. 1 S. 1 GKG a.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG, § 5 ZPO auf EUR 4.000,00 festgesetzt.
57 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 25 Abs. 3 GKG a.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG verwiesen.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 14. Jan. 2005 - 6 K 1763/03 zitiert 21 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 51 Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts; Fortgeltung von Beschränkungen


(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen: 1. Ablauf seiner Geltungsdauer,2. Eintritt einer auflösenden Bedingung,3. Rücknahme des Aufenthaltstitels,4. Widerruf des Aufenthaltstitels,5. Ausweisung des Ausländers,5a. Bekanntgabe einer Absc

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 5 Begriff des Arbeitnehmers


(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 13 Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung


Über den Antrag auf Eröffnung des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr und der Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung entschieden werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 5 Mehrere Ansprüche


Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 25 Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung


Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 72 Übergangsvorschrift aus Anlass des Inkrafttretens dieses Gesetzes


Das Gerichtskostengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3047), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390), und Verweisungen hierauf sind weiter anzuwenden 1. in Recht

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 3 Verantwortlichkeit


Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der ma

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 14


(1) Die Vorschlagslisten für die ehrenamtlichen Richter, die in den Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Streitigkeiten auf Grund des § 6a des Bundeskindergeldgesetzes und der Ar

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 88 Aussetzung des Restes der Jugendstrafe


(1) Der Vollstreckungsleiter kann die Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe zur Bewährung aussetzen, wenn der Verurteilte einen Teil der Strafe verbüßt hat und dies im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des

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Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist, kann der Richter dieselben Maßnahmen anordnen wie das Familiengericht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der Vollstreckungsleiter kann die Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe zur Bewährung aussetzen, wenn der Verurteilte einen Teil der Strafe verbüßt hat und dies im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, verantwortet werden kann.

(2) Vor Verbüßung von sechs Monaten darf die Aussetzung der Vollstreckung des Restes nur aus besonders wichtigen Gründen angeordnet werden. Sie ist bei einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr nur zulässig, wenn der Verurteilte mindestens ein Drittel der Strafe verbüßt hat.

(3) Der Vollstreckungsleiter soll in den Fällen der Absätze 1 und 2 seine Entscheidung so frühzeitig treffen, daß die erforderlichen Maßnahmen zur Vorbereitung des Verurteilten auf sein Leben nach der Entlassung durchgeführt werden können. Er kann seine Entscheidung bis zur Entlassung des Verurteilten wieder aufheben, wenn die Aussetzung aufgrund neu eingetretener oder bekanntgewordener Tatsachen im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, nicht mehr verantwortet werden kann.

(4) Der Vollstreckungsleiter entscheidet nach Anhören des Staatsanwalts und des Vollzugsleiters. Dem Verurteilten ist Gelegenheit zur mündlichen Äußerung zu geben.

(5) Der Vollstreckungsleiter kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(6) Ordnet der Vollstreckungsleiter die Aussetzung der Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe an, so gelten § 22 Abs. 1, 2 Satz 1 und 2 sowie die §§ 23 bis 26a sinngemäß. An die Stelle des erkennenden Richters tritt der Vollstreckungsleiter. Auf das Verfahren und die Anfechtung von Entscheidungen sind die §§ 58, 59 Abs. 2 bis 4 und § 60 entsprechend anzuwenden. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der Vollstreckungsleiter kann die Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe zur Bewährung aussetzen, wenn der Verurteilte einen Teil der Strafe verbüßt hat und dies im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, verantwortet werden kann.

(2) Vor Verbüßung von sechs Monaten darf die Aussetzung der Vollstreckung des Restes nur aus besonders wichtigen Gründen angeordnet werden. Sie ist bei einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr nur zulässig, wenn der Verurteilte mindestens ein Drittel der Strafe verbüßt hat.

(3) Der Vollstreckungsleiter soll in den Fällen der Absätze 1 und 2 seine Entscheidung so frühzeitig treffen, daß die erforderlichen Maßnahmen zur Vorbereitung des Verurteilten auf sein Leben nach der Entlassung durchgeführt werden können. Er kann seine Entscheidung bis zur Entlassung des Verurteilten wieder aufheben, wenn die Aussetzung aufgrund neu eingetretener oder bekanntgewordener Tatsachen im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, nicht mehr verantwortet werden kann.

(4) Der Vollstreckungsleiter entscheidet nach Anhören des Staatsanwalts und des Vollzugsleiters. Dem Verurteilten ist Gelegenheit zur mündlichen Äußerung zu geben.

(5) Der Vollstreckungsleiter kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(6) Ordnet der Vollstreckungsleiter die Aussetzung der Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe an, so gelten § 22 Abs. 1, 2 Satz 1 und 2 sowie die §§ 23 bis 26a sinngemäß. An die Stelle des erkennenden Richters tritt der Vollstreckungsleiter. Auf das Verfahren und die Anfechtung von Entscheidungen sind die §§ 58, 59 Abs. 2 bis 4 und § 60 entsprechend anzuwenden. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Vorschlagslisten für die ehrenamtlichen Richter, die in den Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Streitigkeiten auf Grund des § 6a des Bundeskindergeldgesetzes und der Arbeitsförderung mitwirken, werden aus dem Kreis der Versicherten und aus dem Kreis der Arbeitgeber aufgestellt. Gewerkschaften, selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung und die in Absatz 3 Satz 2 genannten Vereinigungen stellen die Vorschlagslisten für ehrenamtliche Richter aus dem Kreis der Versicherten auf. Vereinigungen von Arbeitgebern und die in § 16 Absatz 4 Nummer 3 bezeichneten obersten Bundes- oder Landesbehörden stellen die Vorschlagslisten aus dem Kreis der Arbeitgeber auf.

(2) Die Vorschlagslisten für die ehrenamtlichen Richter, die in den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts mitwirken, werden nach Bezirken von den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und von den Zusammenschlüssen der Krankenkassen aufgestellt.

(3) Für die Kammern für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts werden die Vorschlagslisten für die mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder dem Recht der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen von den Landesversorgungsämtern oder nach Maßgabe des Landesrechts von den Stellen aufgestellt, denen deren Aufgaben übertragen worden sind oder die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes oder des Rechts der Teilhabe behinderter Menschen zuständig sind. Die Vorschlagslisten für die Versorgungsberechtigten, die behinderten Menschen und die Versicherten werden aufgestellt von den im Gerichtsbezirk vertretenen Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Erfüllung dieser Aufgaben bieten. Vorschlagsberechtigt nach Satz 2 sind auch die Gewerkschaften und selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung.

(4) Die Vorschlagslisten für die ehrenamtlichen Richter, die in den Kammern für Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes mitwirken, werden von den Kreisen und den kreisfreien Städten aufgestellt.

(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

(2) Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer.

(3) Handelsvertreter gelten nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz können im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die in Satz 1 bestimmte Vergütungsgrenze durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den jeweiligen Lohn- und Preisverhältnissen anpassen.

Über den Antrag auf Eröffnung des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr und der Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung entschieden werden.

Das Gerichtskostengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3047), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390), und Verweisungen hierauf sind weiter anzuwenden

1.
in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem 1. Juli 2004 anhängig geworden sind; dies gilt nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem 1. Juli 2004 eingelegt worden ist;
2.
in Strafsachen, in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten und nach dem Strafvollzugsgesetz, wenn die über die Kosten ergehende Entscheidung vor dem 1. Juli 2004 rechtskräftig geworden ist;
3.
in Insolvenzverfahren, Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung und Verfahren der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung für Kosten, die vor dem 1. Juli 2004 fällig geworden sind.

Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.

Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

Das Gerichtskostengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3047), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390), und Verweisungen hierauf sind weiter anzuwenden

1.
in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem 1. Juli 2004 anhängig geworden sind; dies gilt nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem 1. Juli 2004 eingelegt worden ist;
2.
in Strafsachen, in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten und nach dem Strafvollzugsgesetz, wenn die über die Kosten ergehende Entscheidung vor dem 1. Juli 2004 rechtskräftig geworden ist;
3.
in Insolvenzverfahren, Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung und Verfahren der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung für Kosten, die vor dem 1. Juli 2004 fällig geworden sind.