Tenor

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt ... wird abgelehnt.

Gründe

 
Der Antrag, mit dem die Antragsteller begehren, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie einstweilen weiter zu dulden, bis über ihre Widersprüche gegen die Verfügungen der Stadt Heidelberg vom 12.07.2007 und vom 05.12.2007 bzw. über ihren Antrag auf Duldung vom 10.12.2007 bestandskräftig entschieden ist, ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs.1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 S.1 VwGO, sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Verhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO, sog. Regelungsanordnung).
Vorliegend geht es den Antragstellern zum einen um eine Sicherungsanordnung, nämlich das Absehen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bis zur bestandskräftigen Entscheidung über ihre Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (im Folgenden: Bleiberechtsregelung) und nach § 104 a AufenthG sowie auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 S. 3 AufenthG, zum anderen um eine Regelungsanordnung, nämlich die Erweiterung ihrer Rechtsposition, indem ihnen bis zur bestandskräftigen Entscheidung über ihre Anträge Duldungen erteilt werden. In beiden Fällen zielt das Begehren der Antragsteller somit auf - weitere - Aussetzung ihrer Abschiebung, mithin auf Erteilung von Duldungen (vgl. § 60 a Abs. 2 AufenthG) ab.
Zwar haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund , nämlich eine besondere Dringlichkeit für die begehrte gerichtliche Eilentscheidung, glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO). Daran ändert auch nichts, dass nach Mitteilung des Regierungspräsidiums Karlsruhe die Duldung der Antragsteller einstweilen bis zum 29.02.2008 verlängert wurde. Das spezifische Interesse der Antragsteller an einer Eilentscheidung wäre nur dann entfallen, wenn das Regierungspräsidium mitgeteilt hätte, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren werde abgewartet, oder wenn (wenigstens) eine nach wie vor beabsichtigte Abschiebung in so großer zeitlicher Ferne liegen würde, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter Berücksichtigung aller Umstände als verfrüht erschiene (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.11.2007 - 13 S 2438/07 -). So liegt es hier aber nicht. Vielmehr hat das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 19.12.2007 dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller mitgeteilt, dass die Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht vor dem 06.01.2008 beabsichtigt sei, gleichzeitig aber um Mitteilung gebeten, ob die Antragsteller kurzfristig (bis spätestens 31.01.2008) zu einer freiwilligen Ausreise bereit seien, damit also zum Ausdruck gebracht, dass diese nach dem 06.01.2008, jedenfalls aber ab dem 31.01.2008 mit ihrer jederzeitigen Abschiebung aus dem Bundesgebiet zu rechnen haben.
Es fehlt jedoch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs auf Erteilung einer Duldung. Eine solche ist nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen, solange die Abschiebung eines Ausländers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Tatsächliche Gründe, die der Abschiebung der Antragsteller entgegenstünden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Antragsteller können sich auch nicht auf rechtliche Gründe berufen, die ihre Abschiebung unmöglich machen würden. Dies gilt auch im Hinblick auf die von den Antragstellern begehrten Aufenthaltserlaubnisse, denn sie haben nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen ein diesbezüglicher Anspruch zusteht, so dass ihre Abschiebung - derzeit - unverhältnismäßig und somit aus rechtlichen Gründen gehindert wäre.
Die Antragsteller erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104 a Abs. 1 AufenthG. Sowohl die Bleiberechtsregelung (dort Ziff. I. 1.1) als auch § 104 a Abs. 1 AufenthG verlangt zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 01.07.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Antragsteller nicht, da sich die Antragsteller zu 1) bis 4) im Jahre 2002 (der Antragsteller zu 5) wurde erst später im Bundesgebiet geboren)für mehrere Wochen im Kosovo und damit außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben, so dass es an der zu den jeweiligen Stichtagen erforderlichen Aufenthaltsdauer fehlt. Zwar sind nach Ziff. I. 1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe soll nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG gelten (dort Nr. 2.3). Bei der Ausreise der Antragsteller zu 1) - 4), die ausweislich der Grenzübertrittsbescheinigungen des damaligen Bundesgrenzschutzamtes am Flughafen Frankfurt/Main am 24.07.2007 erfolgte, handelt es sich indes nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist.
Vorliegend spricht alles dafür, dass die Ausreise der Antragsteller zu 1) bis 4) auf Dauer erfolgen sollte. So unterschrieben die Antragsteller zu 1) und 2) am 12.07.2002 bei der Ausländerbehörde der Stadt Heidelberg eine Erklärung, wonach sie die Bundesrepublik Deutschland bis 30.09.2002 freiwillig verlassen würden. Sie bestätigten durch ihre Unterschrift, dass sie über die Bedeutung dieser Erklärung belehrt worden seien und ihnen die Bedeutung klar sei. Außerdem sei ihnen bekannt, dass, sollte eine freiwillige Ausreise bis 30.09.2002 nicht erfolgt sein, sie nach dem 30.09.2002 mit ihrer Abschiebung rechnen müssten. Laut einem Aktenvermerk in den Ausländerakten der Stadt Heidelberg sprachen die Antragsteller zu 1) und 2) dort am 23.07.2002 erneut vor und teilten mit, dass sie aufgrund zweier Todesfälle schon jetzt freiwillig ausreisen würden und legten gleichzeitig Flugtickets für den 24.07.2002 vor. Gleichzeitig baten sie um Ausstellung von Rückkehrberechtigungen, gültig bis zum Ablauf ihrer bis zum 30.09.2002 befristeten Duldungen, „falls unerwarteterweise die Formalitäten, die durch den Bruder von Herrn F. erledigt werden, nicht klappen sollten“. Ausweislich dieses Aktenvermerks haben die Antragsteller gegenüber der Ausländerbehörde der Stadt Heidelberg klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ihre freiwillige Ausreise endgültig sein sollte. Dies wurde dort auch so verstanden, wie ein Schreiben der Stadt Heidelberg an das Regierungspräsidium Karlsruhe vom 23.07.2002 belegt, mit dem Kopien der Flugtickets sowie die - nach telefonischer Rücksprache mit dem Regierungspräsidium - erteilten Rückkehrberechtigungen übersandt wurden. Dort heißt es: „Familie F. reist morgen aus der BRD aus und hat grundsätzlich nicht noch mal vor, wieder einzureisen. Die Auflösung der Wohnung und alle anderen Formalitäten wurden einem hier lebenden Verwandten übertragen. Die Rückkehrberechtigungen wurden auf Wunsch von Familie F. und nach Rücksprache mit Ihnen ausgestellt, falls hier noch Schwierigkeiten auftreten sollten und Familie F. persönlich hier noch Angelegenheiten abklären muss“. Dass die Antragsteller endgültig das Bundesgebiet verlassen wollten, belegt nicht nur die Auflösung der Wohnung, sondern, worauf der Antragsgegner im Schriftsatz vom 22.01.2008 zutreffend hingewiesen hat, auch der Umstand, dass der Rentenversicherungsverlauf des Antragstellers zu 2), datierend vom 11.07.2006, seit 1995 praktisch unterbrechungsfrei ist, aber gerade zum 31.07.2002 eine Beitragslücke bis zum 03.03.2003 aufweist. Dies spricht dafür, dass der Antragsteller zu 2) ein bestehendes Arbeitsverhältnis im Juli 2002 aufgelöst hat, was bei einer nur vorübergehenden kurzfristigen Auslandsreise unverständlich wäre und daher darauf hinweist, dass eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht geplant war. Zudem handelte es sich bei den von den Antragstellern vorgelegten Flugscheinen um keine Rückflugtickets, wie es bei einer nur kurzfristigen Auslandsreise mit von vorne herein geplanter und vorhersehbarer Rückkehr anzunehmen gewesen wäre. Dass den Antragstellern zu 1) bis 3) Rückkehrberechtigungen, gültig bis zum 30.09.2002, bereits bei ihrer Ausreise erteilt und eine Rückkehrberechtigung nachträglich auch für die Antragstellerin zu 4) ausgesprochen wurde, ändert nichts an der Einschätzung, die Antragsteller seien im Juli 2002 nicht nur kurzfristig und erlaubt ins Ausland ausgereist. Die Rückkehrberechtigungen waren nämlich, wie sich in eindeutiger Weise aus dem Aktenvermerk vom 23.07.2002 und dem Schreiben der Stadt Heidelberg an das Regierungspräsidium Karlsruhe vom selben Tage ergibt, nicht für den Fall einer dauerhaften Rückkehr ins Bundesgebiet erteilt worden, sondern nur für die Erledigung von Formalitäten, die die persönliche Anwesenheit der Antragsteller im Bundesgebiet erforderten und nicht von einem hier lebenden Verwandten erledigt werden könnten. Daher können die Antragsteller auch nicht - sinngemäß - geltend machen, im Zeitpunkt der Ausreise sei wegen der Ermordung von zwei Familienangehörigen klar gewesen, dass sie nur vorübergehen in den Kosovo reisen würden, um dort ihren sittlichen Pflichten zu genügen und dann wieder ins Bundesgebiet zurückzukehren. Weder hatten die Antragsteller gegenüber der Stadt Heidelberg geäußert, dass sie nur kurzfristig und „zur Erfüllung sittlicher Pflichten“ eine Rückkehr in den Kosovo planten, noch lässt sich dies in irgendeiner Weise den vorliegenden Akten entnehmen. Dass der Antragstellerin zu 4) nachträglich eine Rückkehrberechtigung erteilt wurde, sagt entgegen der Auffassung der Antragsteller nichts dazu aus, dass diese auf Dauer ins Bundesgebiet hätten zurückkehren dürfen und kann daher auch nicht als Argument für eine kurzfristige erlaubte Auslandsreise herangezogen werden. Vielmehr ist hier zu berücksichtigen, dass die Rückkehrberechtigung für die Antragstellerin zu 4) lediglich an die den übrigen Familienmitgliedern bereits erteilten Rückkehrberechtigungen angeglichen wurde, um so Art. 6 GG Rechnung zu tragen, zumal sich der Antragsteller zu 2) zum Zeitpunkt, als die Rückkehrberechtigung für die Antragstellerin zu 4) erteilt wurde, bereits wieder im Bundesgebiet aufhielt und seine sowie die Rückkehrberechtigungen der Antragsteller zu 1) und 3) noch nicht abgelaufen waren. Dagegen, dass mit den bis zum 30.09.2002 befristeten Rückkehrberechtigungen den Antragstellern zu 1) bis 4) eine kurzfristige Auslandsreise erlaubt und damit eine dauerhafte Rückkehr ins Bundesgebiet ermöglicht werden sollte, spricht schließlich die von den Antragstellern zu 1) und 2) am 12.07.2002 unterschriebene Erklärung, in der für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise bis zum 30.09.2002 die Einleitung von Abschiebemaßnahmen angekündigt wird. Wie der Antragsgegner zu Recht geltend macht, erschiene es geradezu widersinnig, dass die Antragsteller vor dem Hintergrund der drohenden Abschiebung lediglich einen vorübergehenden Besuch im Heimatland durchgeführt haben, nur um nach erfolgter Rückkehr in das Bundesgebiet mittels Rückkehrberechtigung sodann nach dem 30.09.2002 in dasselbe Heimatland dauerhaft abgeschoben zu werden.
10 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden. Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. Eine Anwendung des § 85 AufenthG erscheint schon deshalb fraglich, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Auch Sinn und Zweck der von der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG und von § 104 a Abs. 1 AufenthG geforderten Aufenthaltsdauer rechtfertigen es nicht, § 85 AufenthG hier heranzuziehen. Der klare Gesetzeswortlaut verlangt einen ununterbrochenen Aufenthalt (vgl. auch VG München, Beschl. v. 25.09.2007 - M 9 K 07.1758, M 9 S 07.1994 -; Fehrenbacher, HTK-AuslR / § 104a / zu Abs. 1 12/2007 Nr. 3.1) und sowohl nach der Bleiberechtsregelung als auch nach der durch die vorläufigen Anwendungshinweise konkretisierten Behördenpraxis sollen nur kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich sein, nicht aber Auslandsaufenthalte bis zu einem Jahr, wie sie § 85 AufenthG nennt. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104 a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Durch beide soll langjährig im Bundesgebiet aufhältigen, ausreisepflichtigen ausländischen Staatsangehörigen, die faktisch wirtschaftlich und sozial im Bundesgebiet integriert sind, ein Aufenthaltsrecht gewährt werden, was durch die Möglichkeit eines bis zu einem Jahr dauernden Auslandsaufenthaltes - egal zu welchen Zwecken - ausgehebelt würde. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer einjährigen Unterbrechung dieses Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
11 
Schließlich macht auch Art. 8 Abs. 1 EMRK und die „Verwurzelung“ der Antragsteller im Bundesgebiet deren Abschiebung nicht rechtlich unmöglich. Zwar bleibt diese völkervertragsrechtliche Bestimmung neben gesetzlichen Bleiberechts- und Altfallregelungen, die insoweit keine relevante Sperrwirkung entfalten, anwendbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.10.2007 - 11 S 2091/07 -, InfAuslR 2008, 29). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass das Aufenthaltsgesetz ein differenziertes Regelungswerk enthält, das grundsätzlich in ausreichender Weise den Vorgaben des Art. 8 EMRK entspricht, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung trägt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 -, InfAuslR 2007, 443; BVerwGE 107, 578). Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Ein Eingriff in das Familienleben der Antragsteller scheidet schon deshalb aus, weil diese nicht getrennt voneinander abgeschoben werden sollen. Das Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, InfAuslR 2007, 275). Vorliegend erscheint es jedoch fraglich, ob der Schutzbereich der Vorschrift überhaupt eröffnet ist. Der Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK könnte möglicherweise voraussetzen, dass neben einer gewissen Dauer des Aufenthalts dieser durch ein entsprechendes Aufenthaltsrecht abgesichert ist (so Hess.VGH, Beschl. v. 15.02.2006 - 7 TG 106/05 -, InfAuslR 2006, 217; Nieders.OVG, Urt. v. 27.09.2007 - 11 LB 69/07 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.04.2007 - 11 S 409/06 -, InfAuslR 2007, 357; offen gelassen im Beschl. v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -, VBlBW 2006, 438; verneinend: Beschl. v. 25.10.2007 - 11 S 2091/07 -, InfAuslR 2008, 29). Die Rechtsprechung des EGMR stünde dieser rechtlichen Bewertung nicht entgegen. Der EGMR hat bisher gerade nicht endgültig geklärt, ob ein rechtmäßiger Aufenthalt Voraussetzung für eine Verwurzelung im Gaststaat ist (Urt. v. 16.09.2004 - 11103/03 -, NVwZ 2005, 1046, Rs. Ghiban). Die Entscheidung des EGMR vom 16.06.2005 (- 60654/00 -, InfAuslR 2005, 349, Rs. Sisojeva) betraf einen atypischen Sonderfall, der auch, nachdem er letztlich durch Urteil der Großen Kammer vom 15.01.2007 (InfAuslR 2007, 140) abschließend entschieden wurde, keine Entscheidungshilfe für die maßgebliche Rechtsfrage bietet. Soweit das vom 11. Senat des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 25.10.2007 - 11 S 2091/07 -, InfAuslR 2008, 29), ohne sich mit der bisherigen Senatsrechtssprechung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.04.2007 - 11 S 409/06 -, InfAuslR 2007, 357; Beschl. v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -, VBlBW 2006, 438) auseinanderzusetzen, möglicherweise abweichend gesehen wird, vermag dies nicht zu überzeugen.
12 
Unabhängig davon kann vorliegend auch nicht von einer „Verwurzelung“ der Antragsteller ausgegangen werden, die ihre Abschiebung ins Heimatland verbieten würde. Vielmehr haben die Antragsteller durch ihre, wie oben dargestellt, auf Dauer angelegte Ausreise in den Kosovo im Jahr 2002 deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht so „verwurzelt“ fühlen, dass sie nicht bereit und in der Lage wären, sich wieder in die Verhältnisse im Herkunftsland einzufügen. Dass sie dann aus Gründen, die nach eigenen Angaben der Antragsteller mit der Ermordung von zwei Familienangehörigen zusammenhingen, wieder ins Bundesgebiet zurückkamen, ändert hieran nichts.
13 
Nach alledem sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass den Antragstellern eine Duldung aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen oder aufgrund erheblicher öffentlicher Interessen, die ihre vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erforderten, nach § 60 a Abs. 2 S. 3 AufenthG erteilt werden könnte und sie im Hinblick auf ihren diesbezüglichen bislang nicht beschiedenen Antrag weiterhin geduldet werden müssten.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
15 
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG. Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg an und nimmt als Streitwert für ein auf Aussetzung der Abschiebung, mithin einer Duldung gerichtetes Verfahren, den Regelstreitwert an (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 22.03.2007 - 13 S 2404/06 -, Justiz 2007, 332), der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist.
16 
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten war abzulehnen, weil, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besitzt (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 - 127 ZPO).

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr können außer Betracht bleiben.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr können außer Betracht bleiben.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ablehnende Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 6. August 2007 - 10 K 1452/07 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig auszusetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 06.08.2007 ist zulässig. Die bei sachdienlicher Auslegung nur auf Verpflichtung des Antragsgegners gerichtete Beschwerde, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig auszusetzen, hat Erfolg. Denn der Antragsteller hat sowohl das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, - der Antragsgegner beabsichtigt, ihn abzuschieben -, als auch die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruches glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920, Abs. 2, 294 ZPO). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geht der Senat bei der im Eilverfahren allein angezeigten und möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass der seit 2003 geduldete Antragsteller auch weiterhin zumindest einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besitzt. Seine Abschiebung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil der damit einhergehende Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sein dürfte. Ob dem Antragsteller - deshalb - auch eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären oder humanitären Gründen erteilt werden muss oder kann und ob insoweit im Lichte aufenthaltsrechtlicher Schutzwirkungen aus Art. 8 EMRK oder Art. 6 GG trotz der Drogenproblematik auch von allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG abgesehen werden muss (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), kann im anhängigen Hauptsacheverfahren geklärt werden.
Die beabsichtigte Abschiebung dürfte - jedenfalls - in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen. Nachdem der 1981 geborene Antragsteller seit nunmehr rund 18 Jahren beinahe ununterbrochen in Deutschland lebt und also hier seit seinem 8. Lebensjahr aufgewachsen ist, erfolgreich die Schule besucht und eine Tischlerlehre absolviert hat und hernach bis zu seiner Inhaftierung als Tischlergeselle berufstätig war, er hier verheiratet ist und mit seiner türkischen Ehefrau und der am 20.11.2005 geborenen Tochter zusammenlebt, in Sportvereinen aktiv ist und zudem nach den Angaben von Gefängnispfarrer D. vom 15.05.2007 über außerordentlich gute deutsche Sprachkenntnisse verfügt, können die für die rechtliche Annahme eines im Bundesgebiet geführten Privatlebens erforderlichen Bindungen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht kaum verneint werden. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte; der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (vom Senat bisher offen gelassen, vgl. Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - VBlBW 2006, 438). Auch der schließlich mit einer Jugendstrafe von 10 Monaten bestrafte Haschischhandel in den Jahren 2000 und 2001, dessentwegen der Antragsteller seit 09.01.2007 inhaftiert ist, sowie der spätere BtMG-Verstoß im Jahr 2005, bei dem die Staatsanwaltschaft Mosbach von Strafverfolgung absah, und auch der durch Drogenscreenings nachgewiesene Eigenkonsum von Cannabisprodukten in den Jahren 2003 bis 2006, stellen die gesellschaftlichen Bindungen des Antragstellers im Bundesgebiet kaum ernsthaft in Frage.
Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfte zu bejahen sein, weil die hier asylverfahrensrechtlich begründete Ausreisepflicht durchgesetzt, d.h. der Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland durch Abschiebung beendet werden soll. Zu Gunsten des Antragsgegners geht der Senat davon aus, dass dieser sowohl ein aus der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 (Az.: 4-1340/29; vgl. insbesondere Nr. 3.3) ermöglichtes Bleiberecht als auch die durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.07.2007 - AuslRÄndG 2007 (BGBl I S. 1970) - eingeführte Altfallregelung des § 104 a AufenthG (vgl. insbesondere Absatz 1 Satz 1 Nr. 6) geprüft und im Hinblick auf die von dem Antragsteller im Bundesgebiet begangene und mit einer Jugendstrafe von 10 Monaten abgeurteilte vorsätzliche Straftat als nicht einschlägig angesehen hat, weswegen eine aufenthaltsrechtliche Legalisierung seines Privatlebens im Bundesgebiet insoweit ausgeschlossen sein dürfte.
Gleichwohl ergibt sich aus der Existenz der Bleiberechts- und Altfallregelungen keine hier relevante Sperrwirkung. Vielmehr bleibt neben den dort geregelten generalisierten Fallkonstellationen Raum für hiervon losgelöste Einzelfallabwägungen, auch bei einer Entscheidung über das Vorliegen eines zwingenden Duldungsgrundes nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (vgl. zu Aufenthaltstiteln BVerwG, Urteil vom 19.09.2000 - 1 C 19.99 - BVerwGE 112, 63). Etwas anderes wäre gerade im Falle von Straftätern mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. die Nachweise in BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 - EuGRZ 2004, 317) nicht vereinbar.
Der Eingriff in das geschützte Privatleben des Antragstellers dürfte im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, weil unverhältnismäßig sein. Insoweit ist insbesondere das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Dabei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - 59643/00 - „Kaftailova“). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Passstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob der Aufenthalt des Betroffenen zumindest vorübergehend legal war und damit - i.S. einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein Hierbleibendürfen entwickelt werden konnte.
Gemessen daran dürfte das Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner privaten Bindungen im Bundesgebiet, jedenfalls wenn das Drogenproblem nunmehr während der Haftzeit tatsächlich dauerhaft überwunden wurde, das öffentliche Interesse insbesondere an Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern voraussichtlich überwiegen. Aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, des Schulbesuchs, der erfolgreichen Ausbildung und der anschließenden Berufstätigkeit ist von einer weitreichenden „Verwurzelung“ des Antragstellers in Deutschland auszugehen. Nachdem der Antragsteller nach Aktenlage in den letzten 18 Jahren nicht mehr in der Türkei gewesen ist, dort keine nahen Verwandten hat, diese vielmehr alle in Deutschland leben, und er die türkische Sprache offenbar nur mündlich beherrscht, kann wohl auch hinsichtlich der gesellschaftlichen Verhältnisse im Passstaat Türkei eine weitreichende „Entwurzelung“ angenommen werden. Dass der Aufenthalt des Antragstellers aufgrund Asylanerkennung in den Jahren 1992 bis 1995 vorübergehend legal war, dürfte dagegen nicht zu seinen Gunsten zu berücksichtigen sein, weil diese Asylanerkennung aufgrund falscher Angaben seiner Eltern zurückgenommen worden ist. Zu Gunsten des Antragstellers kann jedoch berücksichtigt werden, dass er für die Zeit nach der Entlassung aus der Strafhaft wieder einen Arbeitsplatz in Aussicht hat und insbesondere während der Haftzeit offenbar einen Prozess der Läuterung durchlief. Die Bewährungshelferin S. schildert in ihrem Bericht vom 06.04.2006, das der Antragsteller in der Lage sein sollte, insbesondere mit Hilfe von Suchtberatungsstellen sein Drogenproblem in den Griff zu bekommen. Die Gemeinderätin Dr. W. erläutert in ihrem Schreiben vom 08.05.2007, dass er die Haftzeit als - gewissermaßen letzte - Chance begriffen habe und sein Leben ändern wolle. Gefängnispfarrer D. geht in seiner Stellungnahme vom 15.05.2007 ebenfalls davon aus, dass der Antragsteller nunmehr gelernt hat, sein bisheriges Fehlverhalten zu korrigieren und ein Leben ohne Suchtmittel zu bestehen. Der Drogenverein Mannheim schließlich bestätigte unter dem 16.05.2007, das sich der Antragsteller in Beratung begeben habe und intensiv mit dem bisherigen Drogenkonsum auseinander setzt sowie an einer Verhaltensänderung arbeitet. Vor diesem Hintergrund sowie der skizzierten konkreten Verwurzelungs- und Entwurzelungssituation erscheint der mit der Abschiebung verbundene Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK in der Gesamtabwägung derzeit unverhältnismäßig. Hierfür spricht zudem, dass der Antragsteller nach Abschiebung keine realistische Möglichkeit haben könnte, in absehbarer Zeit legal wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Die für sein Privatleben konstitutiven Beziehungen könnten bei Abschiebung mithin gegebenenfalls irreparabel beschädigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - ZAR 2007, 243).
Sollte sich nach der Haftentlassung allerdings erweisen, dass der Antragsteller entgegen der momentan begründeten Erwartung des Senats tatsächlich doch keine weiterhin anhaltenden und ernsthaften Anstrengungen zur Überwindung seiner Drogenproblematik unternimmt oder sollte sich der Antragsteller weigern, seine Anstrengungen in dieser Hinsicht gegenüber den Ausländerbehörden in geeigneter Weise, etwa durch regelmäßige Vorlage von Bescheinigungen der Drogenberatung oder anderer sachkundiger Stellen nachzuweisen, könnte diesem für die Abwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentlichen Umstand im Rahmen eines Abänderungsverfahrens analog § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
10 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 07. Dezember 2004 - 7 K 487/02 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Ausweisung aus dem Bundesgebiet und begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Die am ... 1977 in Serbien-Montenegro geborene Klägerin ist Staatsangehörige von Montenegro und reiste am 23.08.1992 mit ihren Eltern und Geschwistern in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie beantragte erfolglos die Anerkennung als Asylberechtigte. Der ablehnende Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 21.07.1993 ist seit dem 02.03.1995 bestandskräftig. Seither ist die Klägerin geduldet. Von 1995 bis 1998 absolvierte sie eine Lehre als Konditorin.
Am 26.08.1998 wurde ihr Sohn ... geboren. Vater des Kindes ist der serbische Staatsangehörige ... ....
Nach ihrer Heirat mit dem deutschen Staatsangehörigen ... ... ... am 13.11.1998 beantragte die Klägerin am 30.11.1998 die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.
Während des Verwaltungsverfahrens trat die Klägerin wie folgt strafrechtlich in Erscheinung:
Mit Urteil des Amtsgerichts Reutlingen vom 21.06.2000 wurde die Klägerin wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu drei Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. Während ihrer Beschäftigung als Haushaltshilfe eines 81-jährigen Mannes hatte sie sich ein Scheckformular verschafft, als Auszahlungsbetrag 1.000,-- DM eingetragen und mit ihrer Unterschrift versehen. Den gefälschten Scheck legte sie einer Bank vor, die ihr daraufhin den Betrag auszahlte. Der Schaden wurde wieder gutgemacht.
Mit Urteil des Amtsgerichts Reutlingen vom 24.07.2000 wurde die Klägerin wegen Täuschung der Ausländerbehörde (Scheinehe) zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 25,-- DM verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Eheschließung mit dem deutschen Staatsangehörigen ... ... ... nur zum Schein erfolgte und eine eheliche Lebensgemeinschaft nie zustande kam.
Mit Bescheid vom 12.03.2001 wies das Landratsamt Reutlingen die Klägerin nach deren vorheriger Anhörung aus dem Bundesgebiet aus und lehnte ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab. Die Ausweisung wurde gestützt auf die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG. Die Ausweisung sei im Hinblick auf ihre Straftaten aus spezial- und generalpräventiven Gründen geboten und verhältnismäßig. Ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis werde wegen der Sperrwirkung der verfügten Ausweisung abgelehnt. Daneben liege auch der Versagungsgrund des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG vor, da ein Ausweisungsgrund bestehe. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch.
Während des Widerspruchsverfahrens gebar die Klägerin am 13.10.2001 ihre Tochter .... Ausweislich der Geburtsanzeige des Krankenhauses ist ... ... auch Vater dieses Kindes. Mit Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 24.10.2001 wurde die Ehe der Klägerin mit Herrn ... geschieden.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2002 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 12.03.2001 zurück. Die Klägerin genieße zwar Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG. Dieser hindere ihre Ausweisung jedoch nicht. Zwar liege kein Regelfall im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG vor. Dennoch beständen wegen der von der Klägerin gezeigten erheblichen kriminellen Energie schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die Ausweisung sei aus spezial- und generalpräventiven Gründen erforderlich und verhältnismäßig. Spezialpräventiv sei davon auszugehen, dass die Klägerin wegen ihrer schlechten finanziellen Lage wieder versuchen werde, auf illegale Weise an Geld zu kommen, wenn sich eine günstige Gelegenheit biete. Besonders gravierend seien jedoch generalpräventive Erwägungen. Die Scheinheirat mit einem mittellosen Deutschen und die Geburt eines Kindes während der Ehezeit, für das der Scheinehemann wegen Mittellosigkeit keinen Unterhalt zahlen müsse, habe Vorbildfunktion. Dies stelle eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Die Ermessenserwägungen des Landratsamts hinsichtlich der wirtschaftlichen und sozialen Bindungen der Klägerin seien zutreffend. Zwar habe die Klägerin im Bundesgebiet eine Ausbildung absolviert und zeitweise auch gearbeitet. Derzeit arbeite sie jedoch wegen der Versorgung ihrer Kinder nicht. Sie habe bisher nur Duldungen erhalten und auch ihr Lebensgefährte besitze kein Aufenthaltsrecht.
11 
Die Klägerin hat am 20.03.2002 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie habe einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 AuslG, da ihre Tochter... die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Diese sei während der Ehe mit dem deutschen Staatsangehörigen ... ... geboren. Auch wenn dies eine Scheinehe gewesen sei, so handele es sich doch um ein eheliches Kind. Die Ausweisung sei rechtswidrig. Schwerwiegende Gründe würden durch die Fälle des § 47 AuslG indiziert. Ihre beiden Verurteilungen reichten nicht an den in § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG genannten Strafrahmen heran. Auch die von ihr aufgewendete kriminelle Energie sei nicht im mindesten mit der von § 47 AuslG vorausgesetzten vergleichbar. Es handele sich um einen Einzelfall, der nicht den Schluss auf weitere Straftaten dieser Art zulasse. Auch schwerwiegende generalpräventive Gründe lägen nicht vor. Die Vaterschaft des Herrn ... sei nicht angefochten; die Behörde habe sie daher zu akzeptieren. Die Tatsache an sich, dass während einer Ehe Kinder zur Welt kämen, die nicht vom Ehemann stammten, stelle keine Straftat dar. Eine darauf gestützte Ausweisung sei weder geeignet noch erforderlich, um die erhoffte abschreckende Wirkung auf andere Ausländer zu erzielen. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass es durch die Folgen der Ausweisung quasi zu einer Ausweisung ihrer deutschen Tochter ... käme, denn ... müsste ebenfalls ausreisen, um mit ihr zusammen zu leben. Eine generalpräventiv begründete Ausweisung sei bei Ausländern mit deutschen Kindern nur bei besonders schweren Straftaten zulässig. Solche habe sie nicht begangen. Der Vorwurf, sie habe von vornherein bei ihrer Ankunft in Deutschland geplant, mit einem Deutschen eine Scheinehe einzugehen und, sollte dies nicht funktionieren, kurz vor der Scheidung ein Kind zu bekommen, sei rein spekulativ. Gleiches gelte für die Annahme, dass in Zukunft andere Ausländer mit einem Deutschen eine (Schein-)Ehe eingingen und ein Kind bekämen, nur um in Deutschland zu bleiben.
12 
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen, die strafrechtlichen Verstöße der Klägerin seien weder vereinzelt noch geringfügig. Die Ausweisung der Klägerin sei erforderlich, um den durch eine Scheinehe in „betrügerischer Weise“ erschlichenen Aufenthalt zu beenden und zugleich generalpräventive Zwecke zu verfolgen. Der Klägerin stehe der besondere Ausweisungsschutz des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG nicht zu, da er durch die Scheinheirat missbräuchlich herbeigeführt worden sei. Der wiederholte Versuch der Klägerin, unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen des Ausländergesetzes in den Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung zu gelangen, stelle zusammen mit den strafrechtlichen Verstößen der Klägerin einen Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht dar. Die Scheinehe sei zudem dazu ausgenutzt worden, mittels der gesetzlichen Fiktion des ehelichen deutschen Kindes in den Genuss des besonderen Ausweisungsschutzes des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG zu kommen. Sowohl in spezial- als auch in generalpräventiver Hinsicht lägen schwerwiegende Ausweisungsgründe i.S.d. § 48 Abs. 1 AuslG vor. Dass durch die Ausweisung mittelbar die Tochter der Klägerin betroffen sei, ändere daran nichts. Diese habe aufgrund ihres Alters noch keine festen Bindungen in der Bundesrepublik Deutschland aufgebaut. Die Klägerin selbst sei volljährig und habe eine eigene Familie. Sie sei deshalb nicht mehr abhängig von den Eltern. Da sie rechtmäßig ausgewiesen worden sei, könne ihr auch keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden.
13 
Mit Urteil vom 07.12.2004 - 7 K 487/02 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Rechtsgrundlage der Ausweisungsverfügung seien die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG. Es könne offen bleiben, ob der Klägerin erhöhter Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG zustehe, denn es lägen jedenfalls schwerwiegende generalpräventive Gründe der öffentlichen Sicherheit vor. Im Bundesgebiet gebe es nach Presseberichten in den letzten Jahren viele vergleichbare Fälle. Die Täuschung der Behörden zur Erlangung eines Aufenthaltstitels sowie zum Erschleichen von Ausweisungsschutz nach strafrechtlichen Verurteilungen enthalte eine hohe Gemeinschädlichkeit und erschüttere die Rechtsordnung besonders stark. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Weder die Klägerin noch ihre Kinder hätten schützenswerte wirtschaftliche oder soziale Bindungen zum Bundesgebiet. Da die Klägerin Jugoslawien erst im Alter von 15 Jahren verlassen habe, seien ihr die dortigen Verhältnisse noch vertraut. Die deutsche Staatsangehörigkeit ihrer Tochter mache ihre Ausweisung auch im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 6 Abs. 1 GG nicht unverhältnismäßig. Die dem Staat aus Art. 6 GG erwachsende Schutzpflicht verdränge einwanderungspolitische Belange nicht, denn die Tochter stamme aus einer Scheinehe; der Scheinvater habe keinen Kontakt zu der Tochter und zahle keinen Unterhalt. Die Ausreise aus dem Bundesgebiet bleibe daher ohne Auswirkungen auf Bindungen der Tochter zu deutschen Staatsangehörigen. Der leibliche Vater der Tochter sei ebenso wie deren Bruder Staatsangehöriger von Serbien-Montenegro. Dahinstehen könne, ob auch die von der Beklagten angeführten spezialpräventiven Erwägungen die Ausweisung rechtfertigten und ob der Klägerin überhaupt besonderer Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG zukomme. Es spreche jedoch einiges dafür, dass Sinn und Zweck dieser Regelung den vorliegenden Fall nicht erfassten. Denn das Kind der Klägerin besitze nur aufgrund einer Scheinehe die deutsche Staatsangehörigkeit, verfüge jedoch über keinerlei Bindungen zu im Bundesgebiet lebenden deutschen Staatsangehörigen bzw. zum deutschen Staat. Duldungsgründe nach § 55 Abs. 2 AuslG seien nicht ersichtlich. Es beständen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in den Kosovo in eine gravierende wirtschaftliche Notlage gerate oder existenzbedrohend gefährdet sei. Auch Art. 8 EMRK sei nicht verletzt. Wegen der Sperrwirkung der rechtmäßig verfügten Ausweisung der Klägerin nach § 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG könne der Klägerin keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden.
14 
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat durch Beschluss vom 10.02.2006 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen
15 
Die Klägerin hat zur Begründung der Berufung im Wesentlichen ausgeführt: Die von ihr begangenen Straftaten erfüllten nicht die strengen Anforderungen an eine Ausweisung aus generalpräventiven Gründen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es gebe in der Bundesrepublik Deutschland viele vergleichbare Fälle, sei nicht richtig; die Erkenntnisquellen blieben unklar. Auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, sie habe ihr Kind ... allein deshalb bekommen, um erhöhten Ausweisungsschutz und eine Aufenthaltsgenehmigung zu erlangen, sei nicht bewiesen. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung habe es das Gericht nicht dahinstehen lassen dürfen, ob sie besonderen Ausweisungsschutz genieße. Dies sei aber schon deshalb der Fall, weil ihr Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitze und von ihr auch tatsächlich betreut werde. Die Behauptung des Verwaltungsgerichts, es fehle an schützenswerten Bindungen ihres Kindes zu in Deutschland lebenden Personen, bleibe unbewiesen. Ihr Kind habe sein bisheriges Leben in Deutschland verbracht und sei in seinem Umfeld, wie z.B. Nachbarn und Kindergarten, integriert. Generalpräventive Gründe überwögen den verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 6 GG entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht.
16 
Die Klägerin beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 07.12.2004 - 7 K 487/02 - zu ändern, den Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 12.03.2001 sowie den Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.02.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen zu erteilen.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er legt das seit dem 19.09.2006 rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 vor, mit dem festgestellt wurde, dass ... ... nicht Vater von ... ist. Ergänzend trägt er vor, der von der Klägerin geltend gemachte besondere Ausweisungsschutz bestehe nach dem Urteil des Amtsgerichts Bad Urach nicht mehr. Das Kind ... habe die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erworben. Die Ausweisung sei daher zu Recht aus spezial- und generalpräventiven Gründen verfügt worden, zumal die Klägerin nach ihrer Ausweisung erneut straffällig geworden und mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 25.10.2005 wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Bewährung verurteilt worden sei.
21 
Am 20.04.2007 wurde das dritte Kind der Klägerin geboren, dessen Vater ebenfalls ... ... ist.
22 
Dem Senat liegen die die Klägerin betreffenden Akten des Landratsamtes Reutlingen und des Regierungspräsidiums Tübingen sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen in den Verfahren - 7K 487/02 - und - 7 K 488/02 - vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie der Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ausweisungsverfügung und die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 12.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.02.2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat die Ausweisungsverfügung ermessensfehlerfrei verfügt (1.) und den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Recht abgelehnt (2.).
24 
1. a) Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, d.h. der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2002 (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2004 - 1 C 2/04 -, NVwZ 2005, 1074; Urteil des Senats vom 16.03.2005 - 11 S 2599/04 -). Daraus folgt, dass nach nationalem Recht für die Überprüfung der Ausweisungsentscheidung die Vorschriften des bis zum 31.12.2004 geltenden Ausländergesetzes anzuwenden sind. Lediglich für den Teilausschnitt der Rechtsprüfung, der sich auf die Vereinbarkeit der Ausweisung mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (Privat- und Familienleben) bezieht, ist auf den Zeitpunkt der letzten Entscheidung eines nationalen Gerichts, d.h. auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats abzustellen (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 15.07.2003 - 52206/99 - , InfAuslR 2004, 183; Urteil des Senats vom 16.03.2005, a.a.O.).
25 
b) Der Beklagte hat die Ausweisung zu Recht auf die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG gestützt, da die Klägerin zum einen wegen Täuschung der Ausländerbehörde zu einer Geldstrafe und zum anderen wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt worden ist.
26 
c) Die Klägerin genießt keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG wegen einer familiären Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Familienangehörigen. Der zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bestehende Ausweisungsschutz nach dieser Vorschrift ist infolge der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung mit Rückwirkung entfallen.
27 
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung sind - da die Klägerin weder freizügigkeitsberechtigt nach dem Assoziationsratsbeschluss EWG-Türkei Nr. 1/80noch Unionsbürgerin ist - grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung, d.h. des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.02.2002 maßgebend. Zu diesem Zeitpunkt war der Entscheidung zugrunde zu legen, dass die Klägerin Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt. Denn ihre Tochter ..., mit der sie in familiärer Lebensgemeinschaft lebte, besaß die deutsche Staatsangehörigkeit, da sie während der Ehe der Klägerin mit Herrn ... geboren wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Herr ... nicht ... biologischer Vater ist. Denn nach § 1592 Nr. 1 BGB ist der Mann Vater eines Kindes, der zum Zeitpunkt der Geburt dieses Kindes mit dessen Mutter verheiratet ist. Bis zur Rechtskraft eines auf Anfechtung hin ergehenden Urteils, mit dem festgestellt wird, dass die Vaterschaft nicht besteht, liegt danach eine Vaterschaft dieses Mannes im Rechtssinne und nicht nur der Rechtsschein einer Vaterschaft vor, selbst wenn das tatsächliche biologische Abstammungsverhältnis davon abweicht. Da somit die Vaterschaft des Herrn ... keinen Scheincharakter hatte, war auch die von dieser Vaterschaft abgeleitete deutsche Staatsangehörigkeit von ... (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StAG) keine Scheinstaatsangehörigkeit, sondern eine echte Staatsangehörigkeit (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2006, - 2 BvR 696/04 -, NJW 2007, 425, 426).
28 
Mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 wurde diese Staatsangehörigkeit und infolge dessen der Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG rückwirkend beseitigt. Grundsätzlich können sich Änderungen der Sach- oder Rechtslage, die nach Erlass des Widerspruchsbescheides eintreten, zwar nicht mehr auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung auswirken. Von diesem Grundsatz sind jedoch Ausnahmen anerkannt. So sind Rechtsänderungen, die sich selbst ausdrücklich Rückwirkung beimessen, mit ihrer rückwirkenden Kraft zu beachten, d.h. der Verwaltungsakt ist so zu beurteilen, wie wenn er von Anfang an unter Geltung des rückwirkend erlassenen Rechts bekannt gegeben worden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103/79 -, BVerwGE 59, 148, 160; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, Komm., 2. Aufl. 2006, § 113 RdNr. 108). Wäre beispielsweise § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG mit Rückwirkung aufgehoben worden, müsste die Rechtmäßigkeit der Ausweisung der Klägerin so beurteilt werden, wie wenn § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG bereits zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides nicht vorhanden gewesen wäre.
29 
Mit dieser Fallgestaltung ist die vorliegende vergleichbar. Denn das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 im erfolgreichen Vaterschaftsanfechtungsprozess gestaltete – ebenso wie eine rückwirkende Gesetzesänderung - die bislang bestehende Rechtslage rückwirkend um: Zum einen hob es das bisherige Vater-Kind-Verhältnis zwischen ... ... und ... mit Rückwirkung auf den Tag der Geburt von ... am 13.10.2001 auf (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1999 - XII ZR 117-97, NJW 1999, 1632 und Urteil vom 03.11.1971 - IV ZR 86/70 -, NJW 1972, 199, 200; Palandt, BGB Kommentar, 66. Aufl. 2007, § 1599 RdNr. 7). Zum anderen ließ es ... deutsche Staatsangehörigkeit rückwirkend auf den Zeitpunkt ihrer Geburt entfallen; aus der ex-post-Betrachtung erscheint deren deutsche Staatsangehörigkeit als nie erworben (BVerfG, Urteil vom 24.10.2006, a.a.O.). Der Wegfall der Staatsangehörigkeit hatte wiederum zur Folge, dass ein für die Gewährung von Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG erforderliches Tatbestandsmerkmal mit Rückwirkung entfiel.
30 
Durch die Rückwirkung unterscheidet sich der vorliegende Fall von solchen Fällen, in denen nach Erlass des Widerspruchsbescheides Umstände eintreten, die die Sach- oder Rechtslage nur ex nunc verändern. So wäre es beispielsweise ohne Einfluss auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung geblieben, wenn die Vaterschaft von ... nicht mit Erfolg angefochten worden wäre, sondern die Klägerin die familiäre Lebensgemeinschaft mit ... nach Erlass des Widerspruchsbescheides aufgehoben hätte. Solche mit ex-nunc-Wirkung eintretenden veränderten Umstände können wegen der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Widerspruchsbescheides bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung nicht mehr berücksichtigt werden.
31 
Wegen der Rückwirkung des Urteils des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 lebte die Klägerin aber aus heutiger Sicht bereits zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht mit einer deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft mit der Folge, dass sie keinen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt, der ihrer Ausweisung entgegen stehen könnte.
32 
d) Der Beklagte hat sein durch die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG eröffnetes Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Er hat die widerstreitenden öffentlichen und die nach § 45 Abs. 2 AuslG zu berücksichtigenden privaten Interessen sachgerecht und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abgewogen.
33 
Der Beklagte hat die Ausweisung jeweils selbständig tragend auf spezial- und auf generalpräventive Gründe gestützt. In spezialpräventiver Hinsicht bestehe die erforderliche Wiederholungsgefahr, da zu befürchten sei, dass die Klägerin wegen ihrer schlechten finanziellen Lage wieder versuchen werde, auf illegale Weise an Geld zu kommen. Das öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Wiederholungsgefahr überwiege ihr privates Interesse, von den Folgen einer Ausweisung verschont zu bleiben. Diese Einschätzung ist auch unter den durch die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung geänderten Verhältnissen nicht zu beanstanden.
34 
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids musste die Behörde ihren Erwägungen zu Grunde legen, dass die Klägerin besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt und deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Aus heutiger Sicht steht fest, dass dieser Ausweisungsschutz nicht bestand. Die der Ermessensausübung zugrunde zu legenden Verhältnisse haben sich somit geändert. Dies hätte aber nur dann die Rechtswidrigkeit der Ausweisung wegen fehlerhafter Ermessensausübung zur Folge, wenn davon ausgegangen werden müsste, dass die Behörde die Klägerin nur deshalb ausgewiesen hat, weil aus ihrer Sicht besonders gewichtige Gründe hierfür vorlagen, der Senat solche jedoch nicht feststellen könnte. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Zum Zeitpunkt des Ausgangsbescheides des Landratsamtes Reutlingen vom 12.03.2001 genoss die Klägerin keinen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 AuslG wegen einer familiären Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Staatsangehörigen. Die Ehe mit dem deutschen Staatsangehörigen ... ... konnte diesen Ausweisungsschutz schon deshalb nicht auslösen, weil aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Reutlingen vom 24.07.2000 feststand, dass die Klägerin Herrn ... nur zum Schein geheiratet hatte und die Klägerin mit ihm keine familiäre Lebensgemeinschaft führte. Ihre Tochter ... war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboren. Den Ausführungen im Ausgangsbescheid lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Ausländerbehörde die Ausweisung nur deshalb verfügte, weil Gründe vorlagen, die gewichtiger waren als sie für eine Ausweisung ohne Ausweisungsschutz erforderlich gewesen wären. Auch aus den Ausführungen im Widerspruchsbescheid lässt sich dies nicht entnehmen. Wegen der zwischenzeitlichen Geburt von ... musste das Regierungspräsidium Tübingen seinen Erwägungen zwar zugrunde legen, dass die Klägerin besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt und deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Damit hat die Behörde jedoch nur auf die veränderten Verhältnisse reagiert. Der Verfahrensablauf macht für den Senat deutlich, dass das Regierungspräsidium den Widerspruch der Klägerin erst recht zurückgewiesen hätte, wenn es hätte davon ausgehen dürfen, dass schwerwiegende Gründe nicht erforderlich sind, weil die Klägerin keinen besonderen Ausweisungsschutz genießt.
35 
Die Ermessenserwägungen des Beklagten halten der gerichtlichen Überprüfung stand. Die für eine Ausweisung aus spezialpräventiven Gründen erforderliche und vom Senat als Tatsachenfrage eigenständig zu überprüfende Wiederholungsgefahr liegt vor. Sie würde nur dann fehlen, wenn bei Anwendung „praktischer Vernunft“ neue Verfehlungen nicht mehr zu erwarten wären (BVerwG, Beschluss vom 17.10.1984 - B 61.84 - InfAuslR 1985, 33). Dem ist jedoch nicht so.
36 
Die Klägerin ist mehrfach straffällig geworden; es handelt sich nicht um Bagatelldelikte. Die Tatumstände sowohl der Täuschung der Ausländerbehörde durch Eingehung einer Scheinehe als auch des Scheckdelikts zeugen von erheblicher krimineller Energie. Die Klägerin ging zum einen planmäßig vor, um sich in rechtswidriger Weise ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen. Zum anderen nutzte sie die Vertrauensstellung als Haushaltshilfe aus, um sich einen erheblichen Geldbetrag zu verschaffen. Beide Delikte wurden mit empfindlichen Strafen geahndet. Die vom Senat geteilte Einschätzung der Behörde, aufgrund der schlechten finanziellen Lage der Klägerin bestehe Wiederholungsgefahr, findet ihre Bestätigung in der von dem Beklagten angeführten und von der Klägerin nicht bestrittenen erneuten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Bewährung wegen Betruges durch Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 25.10.2005. Die Verurteilung erfolgte zwar nach Erlass des Widerspruchsbescheids, d.h. nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung. Nach diesem Zeitpunkt entstandene Erkenntnismittel sind jedoch für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung heranzuziehen, wenn diesen Erkenntnismitteln Anhaltspunkte für die Richtigkeit der im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids getroffenen Einschätzung entnommen werden können (BVerwG, Beschluss vom 16.10.1989 - 1 B 106.89 -, InfAuslR 1990, 4; Beschluss vom 23.05.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288, 1289). Das ist hier der Fall.
37 
Der Beklagte hat die für eine Ausweisung der Klägerin sprechenden öffentlichen Interessen sachgerecht mit dem privaten Interesse der Klägerin abgewogen, von den Folgen einer Ausweisung verschont zu bleiben. Er hat den langjährigen Aufenthalt der Klägerin ausdrücklich berücksichtigt, ihn aber zu Recht angesichts des rechtlich ungesicherten Status nicht als ausschlaggebenden Umstand erachtet. Ebenso hat der Beklagte in seine Entscheidung die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen der Klägerin im Bundesgebiet sowie deren familiäre Situation einbezogen und sie zutreffend gewürdigt. Er hat auch berücksichtigt, dass die Rückkehr für die Klägerin nach langjährigem Aufenthalt in Deutschland mit Schwierigkeiten verbunden sein wird, hat aber eine Eingliederung in die Lebensverhältnisse ihres Heimatstaates zu Recht für zumutbar gehalten. Ebenso zutreffend hat er angenommen, dass der Ausweisung keine Duldungsgründe entgegen stehen.
38 
Insgesamt stehen die mit der Ausweisung für die Klägerin verbundenen Nachteile nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg. Die Klägerin hat ihren langjährigen Aufenthalt nicht dazu genutzt, sich in die deutsche Rechtsordnung zu integrieren, sondern diese nachhaltig und immer wieder missachtet.
39 
Da somit die Ausweisung bereits aus spezialpräventiven Gründen gerechtfertigt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Ausweisung darüber hinaus auch auf die von dem Beklagten angeführten generalpräventiven Gründe gestützt werden konnte.
40 
e) Die Ausweisung verstößt auch nicht gegen Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - vom 04.11.1950 (BGBl. 1952 II, S. 686, 1953/1954 II, S. 14).
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts - etwa durch eine Ausweisung - ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Das Recht der Klägerin aus Art. 8 EMRK wird durch die angefochtene Ausweisung nicht verletzt.
42 
Ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Familienleben scheidet hier von vornherein aus, da die Ausweisung der Klägerin nicht die Trennung von ihren Kindern zur Folge haben wird (vgl. EGMR, Urteil vom 09.10.2003 – 48321/99 -, , EuGRZ 2007, 560, 561 Rdnr. 97 VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -, VBlBW 2006, 438, 439 und Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200, 202). Die Kinder der Klägerin verfügen über keinen von ihr unabhängigen gesicherten aufenthaltsrechtlichen Status und sind zur Ausreise verpflichtet. Sie halten sich lediglich geduldet im Bundesgebiet auf. Die ursprüngliche Argumentation der Klägerin, eine Ausreise sei ihr nicht zuzumuten, da ihr die Personensorge für ihre Tochter ... zustehe und ihrer Tochter nicht zugemutet werden könne, als deutsche Staatsangehörige das Bundesgebiet zu verlassen, ist nach dem Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit ihrer Tochter infolge der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung in sich zusammengebrochen. Dass die familiäre Lebensgemeinschaft der Klägerin mit ihren Kindern nur in Deutschland geführt werden kann, behauptet die Klägerin selbst nicht. Sie hält einen weiteren Verbleib der Familie im Bundesgebiet zwar für wünschenswert. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährt jedoch keinen Anspruch darauf, den Ort, an dem die familiäre Lebensgemeinschaft geführt werden soll, frei zu wählen (EGMR, Urteil vom 09.10.2003, a.a.O.). Auch der Vater der Kinder verfügt über kein Aufenthaltsrecht. Selbst wenn mit ihm eine geschützte familiäre Lebensgemeinschaft bestehen sollte - was die Klägerin allerdings nicht substantiiert vorgetragen hat -, würde darin durch die Ausweisung nicht eingegriffen, denn es ist nicht erkennbar, dass die Lebensgemeinschaft nur im Bundesgebiet geführt werden könnte.
43 
Die Ausweisung verletzt auch nicht das Recht der Klägerin aus Art. 8 Abs. 1 EMRK auf Achtung ihres Privatlebens. Zum geschützten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Es ist bereits fraglich, ob der Schutzbereich eröffnet ist. Denn der Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK könnte möglicherweise voraussetzen, dass neben einer gewissen Dauer des Aufenthalts dieser durch ein entsprechendes Aufenthaltsrecht abgesichert ist. Hieran würde es im vorliegenden Fall fehlen, da die Klägerin stets nur im Besitz einer Aufenthaltsgestattung und anschließend von Duldungen war. Selbst wenn ein solchermaßen rechtlich abgesichertes Privatleben nicht erforderlich wäre, könnte es an einem Eingriff fehlen. Denn die Klägerin ist nicht erst seit ihrer Ausweisung, sondern bereits seit dem rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig. Ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat nicht die Erlaubnisfiktion nach § 69 Abs. 3 AuslG (§ 81 Abs. 3 AufenthG) ausgelöst. Die Ausweisung hat somit kein Aufenthaltsrecht zum Erlöschen gebracht. Sie hat allerdings die Sperrwirkungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 AuslG (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG) ausgelöst. Ob durch diese Wirkungen aber die Voraussetzungen eines Eingriffs im Sinne des Art. 8 EMRK erfüllt werden, ist ebenfalls fraglich.
44 
Im vorliegenden Fall bedarf es aber weder einer Entscheidung darüber, welche Qualität das Privatleben haben muss, um den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu eröffnen, noch darüber, ob ein Eingriff in das Privatleben der Klägerin vorliegt. Denn ein solcher Eingriff in den Schutzbereich wäre jedenfalls nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Die Ausweisung ist gesetzlich vorgesehen (§§ 45, 46 Nr. 2 AuslG) und stellt eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Es kann zwar gegen den in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, einem Ausländer, der aufgrund seiner gesamten Entwicklung faktisch zum Inländer geworden ist, wegen der Besonderheiten seines Falls ein Leben im Land seiner Staatsangehörigkeit zuzumuten, zu dem er keinen Bezug hat (EGMR, Urteil vom 26.09.1997 - 85/1996/704/896 - , NVwZ 1998, 164; BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 – 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303, 305). Eine Verwurzelung der Klägerin in Deutschland in diesem Sinn ist aber weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht vorgetragen oder erkennbar. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt über ein Aufenthaltsrecht verfügt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -, a.a.O. und Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, a.a.O.). Ihr Aufenthalt war zunächst zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet. Anschließend war die Klägerin geduldet. Auch in tatsächlicher Hinsicht ist nicht erkennbar, dass sich die Klägerin irreversibel in die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland eingefügt hätte. Sie hat ihre Kindheit und einen großen Teil ihrer Jugend in ihrer Heimat verbracht und ist erst im Alter von 15 Jahren in das Bundesgebiet eingereist. Es ist daher davon auszugehen, dass ihr die Sprache ihrer Heimat und die dortigen Verhältnisse noch vertraut sind. Allein ihr langjähriger Aufenthalt in Deutschland und die Tatsache, dass sie hier eine Ausbildung absolviert hat, rechtfertigen nicht die Annahme, dass sie sich vollständig in das wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Leben im Bundesgebiet integriert hat und ihrem Heimatland so sehr entfremdet ist, dass sie nur noch das formale Band der Staatsangehörigkeit mit ihm verbindet. Sonstige Umstände, die auf eine vollständige Integration in die hiesigen Verhältnisse schließen lassen könnten, hat die Klägerin selbst nicht vorgetragen. Dagegen spricht nicht zuletzt, dass sie mehrfach - zuletzt im Jahr 2005 - wegen Betrugsdelikten verurteilt worden ist. Die Klägerin hat mit fast 40 Jahren schließlich auch noch kein Alter erreicht, in dem ihr eine Reintegration in die Lebensumstände ihres Heimatstaates nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann.
45 
2. Die Ablehnung der Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
46 
Die Klägerin hat ursprünglich noch unter der Geltung des Ausländergesetzes einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft mit ihrem deutschen Ehemann gestellt. Bei dem Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG für den ausländischen Ehegatten eines Deutschen handelte es sich nach § 23 Abs. 2 AuslG um eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Über den geltend gemachten Anspruch ist nunmehr auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes zu entscheiden. Denn nach § 104 Abs. 1 AufenthG sind die Vorschriften des bis zum 31.12.2004 geltenden Ausländergesetzes nur auf vor dem 01.01.2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anzuwenden. Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben sind und ob ein Aufenthaltstitel aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht. Besteht kein Rechtsanspruch, richtet sich die gerichtliche Überprüfung der Ermessenserwägung allerdings nach der Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens (vgl. dazu im Einzelnen Senatsbeschluss vom 09.02.2005 - 11 S 1099/04 -, VBlBW 2006, 36).
47 
Nachdem die Klägerin von ihrem deutschen Ehemann geschieden ist und feststeht, dass ihre Tochter ... nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG (Familiennachzug zu Deutschen) schon tatbestandlich nicht mehr in Betracht. Darüber hinaus steht der Erteilung die Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegen. Letzteres gilt auch für die Erteilung einer - grundsätzlich denkbaren - Aufenthaltserlaubnis nach § 36 AufenthG (Nachzug sonstiger Familienangehöriger).
48 
Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kommt ebenfalls nicht in Frage, denn die Ausreise der Klägerin ist weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift ist auch unter Berücksichtigung der Zweckgebundenheit des Aufenthaltstitels nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AufenthG Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Klägerin hat eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen beantragt. Für dieses Begehren kommen vorrangig die Titel des Abschnitts 6 des Aufenthaltsgesetzes in Betracht. Demgegenüber gewährt der in Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes verankerte § 25 Abs. 5 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Gleichwohl ist nach Auffassung des Senats ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG Gegenstand eines Verfahrens auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, sofern - wie hier - die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise wegen einer durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten familiären Lebensgemeinschaft in Rede steht.
49 
Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG liegen allerdings nicht vor. Die vollziehbar ausreisepflichtige Klägerin hat sich bislang nur darauf berufen, dass eine nach Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Lebensgemeinschaft mit ihrer deutschen Tochter ... vorliege und ihr deshalb die Ausreise nicht zumutbar sei. Dieses Argument ist nunmehr entfallen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass ihr die Ausreise unzumutbar sei, weil eine - unabhängig von der Staatsangehörigkeit ihrer Tochter - bestehende geschützte familiäre Lebensgemeinschaft mit ihren Kindern bestehe, die nur im Bundesgebiet gelebt werden könne (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 30.01.2002 - 2 BvR 231/00 -, NVwZ 2002, 849). Dafür liegen auch keine Anhaltspunkte vor. Die Kinder der Klägerin verfügen über kein Aufenthaltsrecht und können auch keines beanspruchen. Weitere Gründe, die ihre Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich machen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
51 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
52 
Beschluss
vom 25. April 2007
53 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1, § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718) auf
54 
10.000,-- EUR
55 
festgesetzt.
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
23 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ausweisungsverfügung und die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 12.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.02.2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat die Ausweisungsverfügung ermessensfehlerfrei verfügt (1.) und den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Recht abgelehnt (2.).
24 
1. a) Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, d.h. der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2002 (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2004 - 1 C 2/04 -, NVwZ 2005, 1074; Urteil des Senats vom 16.03.2005 - 11 S 2599/04 -). Daraus folgt, dass nach nationalem Recht für die Überprüfung der Ausweisungsentscheidung die Vorschriften des bis zum 31.12.2004 geltenden Ausländergesetzes anzuwenden sind. Lediglich für den Teilausschnitt der Rechtsprüfung, der sich auf die Vereinbarkeit der Ausweisung mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (Privat- und Familienleben) bezieht, ist auf den Zeitpunkt der letzten Entscheidung eines nationalen Gerichts, d.h. auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats abzustellen (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 15.07.2003 - 52206/99 - , InfAuslR 2004, 183; Urteil des Senats vom 16.03.2005, a.a.O.).
25 
b) Der Beklagte hat die Ausweisung zu Recht auf die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG gestützt, da die Klägerin zum einen wegen Täuschung der Ausländerbehörde zu einer Geldstrafe und zum anderen wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt worden ist.
26 
c) Die Klägerin genießt keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG wegen einer familiären Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Familienangehörigen. Der zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bestehende Ausweisungsschutz nach dieser Vorschrift ist infolge der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung mit Rückwirkung entfallen.
27 
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung sind - da die Klägerin weder freizügigkeitsberechtigt nach dem Assoziationsratsbeschluss EWG-Türkei Nr. 1/80noch Unionsbürgerin ist - grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung, d.h. des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.02.2002 maßgebend. Zu diesem Zeitpunkt war der Entscheidung zugrunde zu legen, dass die Klägerin Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt. Denn ihre Tochter ..., mit der sie in familiärer Lebensgemeinschaft lebte, besaß die deutsche Staatsangehörigkeit, da sie während der Ehe der Klägerin mit Herrn ... geboren wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Herr ... nicht ... biologischer Vater ist. Denn nach § 1592 Nr. 1 BGB ist der Mann Vater eines Kindes, der zum Zeitpunkt der Geburt dieses Kindes mit dessen Mutter verheiratet ist. Bis zur Rechtskraft eines auf Anfechtung hin ergehenden Urteils, mit dem festgestellt wird, dass die Vaterschaft nicht besteht, liegt danach eine Vaterschaft dieses Mannes im Rechtssinne und nicht nur der Rechtsschein einer Vaterschaft vor, selbst wenn das tatsächliche biologische Abstammungsverhältnis davon abweicht. Da somit die Vaterschaft des Herrn ... keinen Scheincharakter hatte, war auch die von dieser Vaterschaft abgeleitete deutsche Staatsangehörigkeit von ... (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StAG) keine Scheinstaatsangehörigkeit, sondern eine echte Staatsangehörigkeit (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2006, - 2 BvR 696/04 -, NJW 2007, 425, 426).
28 
Mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 wurde diese Staatsangehörigkeit und infolge dessen der Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG rückwirkend beseitigt. Grundsätzlich können sich Änderungen der Sach- oder Rechtslage, die nach Erlass des Widerspruchsbescheides eintreten, zwar nicht mehr auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung auswirken. Von diesem Grundsatz sind jedoch Ausnahmen anerkannt. So sind Rechtsänderungen, die sich selbst ausdrücklich Rückwirkung beimessen, mit ihrer rückwirkenden Kraft zu beachten, d.h. der Verwaltungsakt ist so zu beurteilen, wie wenn er von Anfang an unter Geltung des rückwirkend erlassenen Rechts bekannt gegeben worden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103/79 -, BVerwGE 59, 148, 160; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, Komm., 2. Aufl. 2006, § 113 RdNr. 108). Wäre beispielsweise § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG mit Rückwirkung aufgehoben worden, müsste die Rechtmäßigkeit der Ausweisung der Klägerin so beurteilt werden, wie wenn § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG bereits zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides nicht vorhanden gewesen wäre.
29 
Mit dieser Fallgestaltung ist die vorliegende vergleichbar. Denn das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 im erfolgreichen Vaterschaftsanfechtungsprozess gestaltete – ebenso wie eine rückwirkende Gesetzesänderung - die bislang bestehende Rechtslage rückwirkend um: Zum einen hob es das bisherige Vater-Kind-Verhältnis zwischen ... ... und ... mit Rückwirkung auf den Tag der Geburt von ... am 13.10.2001 auf (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1999 - XII ZR 117-97, NJW 1999, 1632 und Urteil vom 03.11.1971 - IV ZR 86/70 -, NJW 1972, 199, 200; Palandt, BGB Kommentar, 66. Aufl. 2007, § 1599 RdNr. 7). Zum anderen ließ es ... deutsche Staatsangehörigkeit rückwirkend auf den Zeitpunkt ihrer Geburt entfallen; aus der ex-post-Betrachtung erscheint deren deutsche Staatsangehörigkeit als nie erworben (BVerfG, Urteil vom 24.10.2006, a.a.O.). Der Wegfall der Staatsangehörigkeit hatte wiederum zur Folge, dass ein für die Gewährung von Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG erforderliches Tatbestandsmerkmal mit Rückwirkung entfiel.
30 
Durch die Rückwirkung unterscheidet sich der vorliegende Fall von solchen Fällen, in denen nach Erlass des Widerspruchsbescheides Umstände eintreten, die die Sach- oder Rechtslage nur ex nunc verändern. So wäre es beispielsweise ohne Einfluss auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung geblieben, wenn die Vaterschaft von ... nicht mit Erfolg angefochten worden wäre, sondern die Klägerin die familiäre Lebensgemeinschaft mit ... nach Erlass des Widerspruchsbescheides aufgehoben hätte. Solche mit ex-nunc-Wirkung eintretenden veränderten Umstände können wegen der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Widerspruchsbescheides bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung nicht mehr berücksichtigt werden.
31 
Wegen der Rückwirkung des Urteils des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 lebte die Klägerin aber aus heutiger Sicht bereits zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht mit einer deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft mit der Folge, dass sie keinen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt, der ihrer Ausweisung entgegen stehen könnte.
32 
d) Der Beklagte hat sein durch die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG eröffnetes Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Er hat die widerstreitenden öffentlichen und die nach § 45 Abs. 2 AuslG zu berücksichtigenden privaten Interessen sachgerecht und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abgewogen.
33 
Der Beklagte hat die Ausweisung jeweils selbständig tragend auf spezial- und auf generalpräventive Gründe gestützt. In spezialpräventiver Hinsicht bestehe die erforderliche Wiederholungsgefahr, da zu befürchten sei, dass die Klägerin wegen ihrer schlechten finanziellen Lage wieder versuchen werde, auf illegale Weise an Geld zu kommen. Das öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Wiederholungsgefahr überwiege ihr privates Interesse, von den Folgen einer Ausweisung verschont zu bleiben. Diese Einschätzung ist auch unter den durch die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung geänderten Verhältnissen nicht zu beanstanden.
34 
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids musste die Behörde ihren Erwägungen zu Grunde legen, dass die Klägerin besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt und deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Aus heutiger Sicht steht fest, dass dieser Ausweisungsschutz nicht bestand. Die der Ermessensausübung zugrunde zu legenden Verhältnisse haben sich somit geändert. Dies hätte aber nur dann die Rechtswidrigkeit der Ausweisung wegen fehlerhafter Ermessensausübung zur Folge, wenn davon ausgegangen werden müsste, dass die Behörde die Klägerin nur deshalb ausgewiesen hat, weil aus ihrer Sicht besonders gewichtige Gründe hierfür vorlagen, der Senat solche jedoch nicht feststellen könnte. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Zum Zeitpunkt des Ausgangsbescheides des Landratsamtes Reutlingen vom 12.03.2001 genoss die Klägerin keinen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 AuslG wegen einer familiären Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Staatsangehörigen. Die Ehe mit dem deutschen Staatsangehörigen ... ... konnte diesen Ausweisungsschutz schon deshalb nicht auslösen, weil aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Reutlingen vom 24.07.2000 feststand, dass die Klägerin Herrn ... nur zum Schein geheiratet hatte und die Klägerin mit ihm keine familiäre Lebensgemeinschaft führte. Ihre Tochter ... war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboren. Den Ausführungen im Ausgangsbescheid lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Ausländerbehörde die Ausweisung nur deshalb verfügte, weil Gründe vorlagen, die gewichtiger waren als sie für eine Ausweisung ohne Ausweisungsschutz erforderlich gewesen wären. Auch aus den Ausführungen im Widerspruchsbescheid lässt sich dies nicht entnehmen. Wegen der zwischenzeitlichen Geburt von ... musste das Regierungspräsidium Tübingen seinen Erwägungen zwar zugrunde legen, dass die Klägerin besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt und deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Damit hat die Behörde jedoch nur auf die veränderten Verhältnisse reagiert. Der Verfahrensablauf macht für den Senat deutlich, dass das Regierungspräsidium den Widerspruch der Klägerin erst recht zurückgewiesen hätte, wenn es hätte davon ausgehen dürfen, dass schwerwiegende Gründe nicht erforderlich sind, weil die Klägerin keinen besonderen Ausweisungsschutz genießt.
35 
Die Ermessenserwägungen des Beklagten halten der gerichtlichen Überprüfung stand. Die für eine Ausweisung aus spezialpräventiven Gründen erforderliche und vom Senat als Tatsachenfrage eigenständig zu überprüfende Wiederholungsgefahr liegt vor. Sie würde nur dann fehlen, wenn bei Anwendung „praktischer Vernunft“ neue Verfehlungen nicht mehr zu erwarten wären (BVerwG, Beschluss vom 17.10.1984 - B 61.84 - InfAuslR 1985, 33). Dem ist jedoch nicht so.
36 
Die Klägerin ist mehrfach straffällig geworden; es handelt sich nicht um Bagatelldelikte. Die Tatumstände sowohl der Täuschung der Ausländerbehörde durch Eingehung einer Scheinehe als auch des Scheckdelikts zeugen von erheblicher krimineller Energie. Die Klägerin ging zum einen planmäßig vor, um sich in rechtswidriger Weise ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen. Zum anderen nutzte sie die Vertrauensstellung als Haushaltshilfe aus, um sich einen erheblichen Geldbetrag zu verschaffen. Beide Delikte wurden mit empfindlichen Strafen geahndet. Die vom Senat geteilte Einschätzung der Behörde, aufgrund der schlechten finanziellen Lage der Klägerin bestehe Wiederholungsgefahr, findet ihre Bestätigung in der von dem Beklagten angeführten und von der Klägerin nicht bestrittenen erneuten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Bewährung wegen Betruges durch Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 25.10.2005. Die Verurteilung erfolgte zwar nach Erlass des Widerspruchsbescheids, d.h. nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung. Nach diesem Zeitpunkt entstandene Erkenntnismittel sind jedoch für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung heranzuziehen, wenn diesen Erkenntnismitteln Anhaltspunkte für die Richtigkeit der im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids getroffenen Einschätzung entnommen werden können (BVerwG, Beschluss vom 16.10.1989 - 1 B 106.89 -, InfAuslR 1990, 4; Beschluss vom 23.05.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288, 1289). Das ist hier der Fall.
37 
Der Beklagte hat die für eine Ausweisung der Klägerin sprechenden öffentlichen Interessen sachgerecht mit dem privaten Interesse der Klägerin abgewogen, von den Folgen einer Ausweisung verschont zu bleiben. Er hat den langjährigen Aufenthalt der Klägerin ausdrücklich berücksichtigt, ihn aber zu Recht angesichts des rechtlich ungesicherten Status nicht als ausschlaggebenden Umstand erachtet. Ebenso hat der Beklagte in seine Entscheidung die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen der Klägerin im Bundesgebiet sowie deren familiäre Situation einbezogen und sie zutreffend gewürdigt. Er hat auch berücksichtigt, dass die Rückkehr für die Klägerin nach langjährigem Aufenthalt in Deutschland mit Schwierigkeiten verbunden sein wird, hat aber eine Eingliederung in die Lebensverhältnisse ihres Heimatstaates zu Recht für zumutbar gehalten. Ebenso zutreffend hat er angenommen, dass der Ausweisung keine Duldungsgründe entgegen stehen.
38 
Insgesamt stehen die mit der Ausweisung für die Klägerin verbundenen Nachteile nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg. Die Klägerin hat ihren langjährigen Aufenthalt nicht dazu genutzt, sich in die deutsche Rechtsordnung zu integrieren, sondern diese nachhaltig und immer wieder missachtet.
39 
Da somit die Ausweisung bereits aus spezialpräventiven Gründen gerechtfertigt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Ausweisung darüber hinaus auch auf die von dem Beklagten angeführten generalpräventiven Gründe gestützt werden konnte.
40 
e) Die Ausweisung verstößt auch nicht gegen Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - vom 04.11.1950 (BGBl. 1952 II, S. 686, 1953/1954 II, S. 14).
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts - etwa durch eine Ausweisung - ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Das Recht der Klägerin aus Art. 8 EMRK wird durch die angefochtene Ausweisung nicht verletzt.
42 
Ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Familienleben scheidet hier von vornherein aus, da die Ausweisung der Klägerin nicht die Trennung von ihren Kindern zur Folge haben wird (vgl. EGMR, Urteil vom 09.10.2003 – 48321/99 -, , EuGRZ 2007, 560, 561 Rdnr. 97 VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -, VBlBW 2006, 438, 439 und Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200, 202). Die Kinder der Klägerin verfügen über keinen von ihr unabhängigen gesicherten aufenthaltsrechtlichen Status und sind zur Ausreise verpflichtet. Sie halten sich lediglich geduldet im Bundesgebiet auf. Die ursprüngliche Argumentation der Klägerin, eine Ausreise sei ihr nicht zuzumuten, da ihr die Personensorge für ihre Tochter ... zustehe und ihrer Tochter nicht zugemutet werden könne, als deutsche Staatsangehörige das Bundesgebiet zu verlassen, ist nach dem Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit ihrer Tochter infolge der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung in sich zusammengebrochen. Dass die familiäre Lebensgemeinschaft der Klägerin mit ihren Kindern nur in Deutschland geführt werden kann, behauptet die Klägerin selbst nicht. Sie hält einen weiteren Verbleib der Familie im Bundesgebiet zwar für wünschenswert. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährt jedoch keinen Anspruch darauf, den Ort, an dem die familiäre Lebensgemeinschaft geführt werden soll, frei zu wählen (EGMR, Urteil vom 09.10.2003, a.a.O.). Auch der Vater der Kinder verfügt über kein Aufenthaltsrecht. Selbst wenn mit ihm eine geschützte familiäre Lebensgemeinschaft bestehen sollte - was die Klägerin allerdings nicht substantiiert vorgetragen hat -, würde darin durch die Ausweisung nicht eingegriffen, denn es ist nicht erkennbar, dass die Lebensgemeinschaft nur im Bundesgebiet geführt werden könnte.
43 
Die Ausweisung verletzt auch nicht das Recht der Klägerin aus Art. 8 Abs. 1 EMRK auf Achtung ihres Privatlebens. Zum geschützten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Es ist bereits fraglich, ob der Schutzbereich eröffnet ist. Denn der Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK könnte möglicherweise voraussetzen, dass neben einer gewissen Dauer des Aufenthalts dieser durch ein entsprechendes Aufenthaltsrecht abgesichert ist. Hieran würde es im vorliegenden Fall fehlen, da die Klägerin stets nur im Besitz einer Aufenthaltsgestattung und anschließend von Duldungen war. Selbst wenn ein solchermaßen rechtlich abgesichertes Privatleben nicht erforderlich wäre, könnte es an einem Eingriff fehlen. Denn die Klägerin ist nicht erst seit ihrer Ausweisung, sondern bereits seit dem rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig. Ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat nicht die Erlaubnisfiktion nach § 69 Abs. 3 AuslG (§ 81 Abs. 3 AufenthG) ausgelöst. Die Ausweisung hat somit kein Aufenthaltsrecht zum Erlöschen gebracht. Sie hat allerdings die Sperrwirkungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 AuslG (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG) ausgelöst. Ob durch diese Wirkungen aber die Voraussetzungen eines Eingriffs im Sinne des Art. 8 EMRK erfüllt werden, ist ebenfalls fraglich.
44 
Im vorliegenden Fall bedarf es aber weder einer Entscheidung darüber, welche Qualität das Privatleben haben muss, um den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu eröffnen, noch darüber, ob ein Eingriff in das Privatleben der Klägerin vorliegt. Denn ein solcher Eingriff in den Schutzbereich wäre jedenfalls nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Die Ausweisung ist gesetzlich vorgesehen (§§ 45, 46 Nr. 2 AuslG) und stellt eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Es kann zwar gegen den in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, einem Ausländer, der aufgrund seiner gesamten Entwicklung faktisch zum Inländer geworden ist, wegen der Besonderheiten seines Falls ein Leben im Land seiner Staatsangehörigkeit zuzumuten, zu dem er keinen Bezug hat (EGMR, Urteil vom 26.09.1997 - 85/1996/704/896 - , NVwZ 1998, 164; BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 – 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303, 305). Eine Verwurzelung der Klägerin in Deutschland in diesem Sinn ist aber weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht vorgetragen oder erkennbar. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt über ein Aufenthaltsrecht verfügt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -, a.a.O. und Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, a.a.O.). Ihr Aufenthalt war zunächst zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet. Anschließend war die Klägerin geduldet. Auch in tatsächlicher Hinsicht ist nicht erkennbar, dass sich die Klägerin irreversibel in die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland eingefügt hätte. Sie hat ihre Kindheit und einen großen Teil ihrer Jugend in ihrer Heimat verbracht und ist erst im Alter von 15 Jahren in das Bundesgebiet eingereist. Es ist daher davon auszugehen, dass ihr die Sprache ihrer Heimat und die dortigen Verhältnisse noch vertraut sind. Allein ihr langjähriger Aufenthalt in Deutschland und die Tatsache, dass sie hier eine Ausbildung absolviert hat, rechtfertigen nicht die Annahme, dass sie sich vollständig in das wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Leben im Bundesgebiet integriert hat und ihrem Heimatland so sehr entfremdet ist, dass sie nur noch das formale Band der Staatsangehörigkeit mit ihm verbindet. Sonstige Umstände, die auf eine vollständige Integration in die hiesigen Verhältnisse schließen lassen könnten, hat die Klägerin selbst nicht vorgetragen. Dagegen spricht nicht zuletzt, dass sie mehrfach - zuletzt im Jahr 2005 - wegen Betrugsdelikten verurteilt worden ist. Die Klägerin hat mit fast 40 Jahren schließlich auch noch kein Alter erreicht, in dem ihr eine Reintegration in die Lebensumstände ihres Heimatstaates nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann.
45 
2. Die Ablehnung der Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
46 
Die Klägerin hat ursprünglich noch unter der Geltung des Ausländergesetzes einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft mit ihrem deutschen Ehemann gestellt. Bei dem Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG für den ausländischen Ehegatten eines Deutschen handelte es sich nach § 23 Abs. 2 AuslG um eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Über den geltend gemachten Anspruch ist nunmehr auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes zu entscheiden. Denn nach § 104 Abs. 1 AufenthG sind die Vorschriften des bis zum 31.12.2004 geltenden Ausländergesetzes nur auf vor dem 01.01.2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anzuwenden. Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben sind und ob ein Aufenthaltstitel aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht. Besteht kein Rechtsanspruch, richtet sich die gerichtliche Überprüfung der Ermessenserwägung allerdings nach der Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens (vgl. dazu im Einzelnen Senatsbeschluss vom 09.02.2005 - 11 S 1099/04 -, VBlBW 2006, 36).
47 
Nachdem die Klägerin von ihrem deutschen Ehemann geschieden ist und feststeht, dass ihre Tochter ... nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG (Familiennachzug zu Deutschen) schon tatbestandlich nicht mehr in Betracht. Darüber hinaus steht der Erteilung die Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegen. Letzteres gilt auch für die Erteilung einer - grundsätzlich denkbaren - Aufenthaltserlaubnis nach § 36 AufenthG (Nachzug sonstiger Familienangehöriger).
48 
Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kommt ebenfalls nicht in Frage, denn die Ausreise der Klägerin ist weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift ist auch unter Berücksichtigung der Zweckgebundenheit des Aufenthaltstitels nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AufenthG Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Klägerin hat eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen beantragt. Für dieses Begehren kommen vorrangig die Titel des Abschnitts 6 des Aufenthaltsgesetzes in Betracht. Demgegenüber gewährt der in Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes verankerte § 25 Abs. 5 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Gleichwohl ist nach Auffassung des Senats ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG Gegenstand eines Verfahrens auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, sofern - wie hier - die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise wegen einer durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten familiären Lebensgemeinschaft in Rede steht.
49 
Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG liegen allerdings nicht vor. Die vollziehbar ausreisepflichtige Klägerin hat sich bislang nur darauf berufen, dass eine nach Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Lebensgemeinschaft mit ihrer deutschen Tochter ... vorliege und ihr deshalb die Ausreise nicht zumutbar sei. Dieses Argument ist nunmehr entfallen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass ihr die Ausreise unzumutbar sei, weil eine - unabhängig von der Staatsangehörigkeit ihrer Tochter - bestehende geschützte familiäre Lebensgemeinschaft mit ihren Kindern bestehe, die nur im Bundesgebiet gelebt werden könne (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 30.01.2002 - 2 BvR 231/00 -, NVwZ 2002, 849). Dafür liegen auch keine Anhaltspunkte vor. Die Kinder der Klägerin verfügen über kein Aufenthaltsrecht und können auch keines beanspruchen. Weitere Gründe, die ihre Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich machen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
51 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
52 
Beschluss
vom 25. April 2007
53 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1, § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718) auf
54 
10.000,-- EUR
55 
festgesetzt.
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. November 2005 - 4 K 2405/05 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobenen und begründeten sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.11.2005 sind zulässig, haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber den Antragstellern abzusehen. Dagegen wenden sich die Antragsteller mit ihrem Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ohne Erfolg.
I.
Die 1955 bzw. 1966 geborenen Antragsteller zu 1. und 2. sowie ihre 1990, 1991 und 1995 geborenen Kinder, die Antragsteller zu 3. - 4., sind serbisch-montenegrinische Staatsangehörige und gehören nach von ihnen vorgelegten Unterlagen der Volksgruppe der Ashkali an. Die Antragsteller zu 1. - 4. stammen aus dem Kosovo und reisten 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein; der Antragsteller zu 5. wurde in Deutschland geboren. Die Asylanträge der Antragsteller sowie mehrere Asylfolgeanträge wurden vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (bzw. jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) abgelehnt. Bis auf kurze Zeiten des Besitzes von Aufenthaltsgestattungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Asylverfahren wurden die Antragsteller geduldet. Derzeit sind die Antragsteller im Besitz von Duldungen, die mit der auflösenden Bedingung „erlischt mit Bekanntgabe des Abschiebetermins“ versehen sind. Mit Schreiben vom 08.08.2005 kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antragstellern die Abschiebung nach Serbien-Montenegro einschließlich des UNMIK-Mandatsgebiets Kosovo an.
Mit Beschluss vom 11.11.2005 lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe es mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs ab, zur Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder auf Erteilung von Duldungen ohne auflösende Bedingung eine einstweilig Anordnung zu erlassen. Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen und zusammengefasst damit, dass die Antragsteller sich im Hinblick auf die von ihnen vorgetragene Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland nicht darauf berufen könnten, Art. 8 EMRK stehe der Beendigung ihres Aufenthaltes entgegen. Ein Eingriff in das von Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer setze voraus, dass sein Privat- oder Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert sei. Diese Voraussetzung sei in Fällen einer bloßen Duldung nicht erfüllt. Eine Duldung gewähre keinen legalen ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schütze einen Ausländer, der sich illegal in der Bundesrepublik aufhalte, lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lasse die Ausreisepflicht unberührt.
Dagegen wenden sich die Antragsteller mit der Beschwerde und tragen unter Berufung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 16.06.2005 (, InfAuslR 2005, 349 ff.) zusammengefasst vor, im Falle des Vorliegens starker persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Kontakte zum Aufnahmestaat stelle Art. 8 EMRK nicht nur ein Abwehrrecht dar, sondern es ergebe sich daraus auch ein Anspruch auf positive Maßnahmen des Aufnahmestaates, etwa ein Recht auf Legalisierung des Aufenthalts. Das Verwaltungsgericht nehme eine Relativierung von Menschenrechten vor, wenn es davon ausgehe, ein rechtlicher Schutz greife nur ein, wenn das Schutzgut auf der Basis eines rechtmäßigen Aufenthalts entstanden sei. Außerdem erwecke die praktische Handhabung des ausländerrechtlichen Regelungsinstruments der Duldung, nämlich die Vergabe von Duldungen über Zeiträume von zehn Jahren und mehr, beim Adressaten das Gefühl der Inhaberschaft eines Aufenthaltstitels und stelle eine verkappte Aufenthaltserlaubnis dar.
II.
Dieses Vorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, ihren Beschwerden zum Erfolg zu verhelfen. Im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Antragsteller im Hinblick auf Art. 8 EMRK weder einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG noch auf Erteilung von Duldungen (ohne auflösende Bedingung) nach § 60a Abs. 2 AufenthG glaubhaft gemacht haben.
Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Ein Ausreisehindernis i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG liegt u.a. dann vor, wenn die Ausreise aus verfassungs- oder völkerrechtlichen Gründen mit Blick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK unzumutbar und damit rechtlich unmöglich ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200 ff. m.w.N.; Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006 - 7 TG 106/06 -, InfAuslR 2006, 217; s. dazu auch Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, S. 356 ff. m.w.N.).
Gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen und ihm eine Duldung zu erteilen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen - u.a. im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK - unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Im vorliegenden Fall sind die Antragsteller auf Grund der unanfechtbaren Ablehnung ihrer Asylanträge zwar vollziehbar ausreisepflichtig. Ihre Ausreise ist jedoch auch unter Beachtung der Gewährleistungen des Art. 8 EMRK nicht rechtlich unmöglich i.S.d. o.g. Vorschriften.
1. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK regelt, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
10 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, scheidet ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte „Familienleben“ von vornherein aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O., und Beschluss vom 02.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70 ff.). In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Entscheidung vom 07.10.2004 , NVwZ 2005, 1043 ff.).
11 
2. Die Weigerung, den Antragstellern ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen Eingriff in ihr Recht auf Achtung ihres „Privatlebens“ darstellen. Zum schützenswerten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung kann insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, deren Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (zum Begriff des „faktischen Inländers“ im Zusammenhang mit dem „Schutz des Familienlebens“ vgl. etwa EGMR, Urteile vom 26.03.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.09.1997 , InfAuslR 1997, 430; s. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff. , und OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999 - 4 L 195/98 - ;).
12 
Die - stark kasuistisch geprägte - Rechtsprechung des EGMR zu der Frage, ob ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine schutzwürdige Position nach Art. 8 Abs. 1 EMRK begründen kann, bezieht sich im wesentlichen auf die Grenzen der Ausweisungskompetenz der Vertragsstaaten bei Personen, die im Staatsgebiet des Vertragsstaates geboren oder in sehr frühem Alter im Wege des Familiennachzugs in dieses eingereist sind (sog. Ausländer der zweiten Generation), einen Aufenthaltstitel erworben haben und als Folge strafrechtlicher Verfehlungen von der Ausweisung bedroht sind (vgl. die Auswertung der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 -, InfAuslR 2004, 280 ff.). Während bei diesen Ausländern die Frage zu beurteilen ist, ob sie auf Grund ihres langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts und ihrer Sozialisation im Vertragsstaat gegen eine Ausweisung geschützt sind, geht es in Fällen wie dem vorliegenden darum, ob Flüchtlinge, deren Asylanträge erfolglos geblieben sind, deren Abschiebung jedoch über einen sehr langen Zeitraum hinweg nicht durchgesetzt wurde und die auch nicht in den Besitz eines Aufenthaltstitels gelangt sind, aufgrund ihres langjährigen faktischen Aufenthalts im Vertragsstaat und ihres dort erlangten Integrationsgrades gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen geschützt sind und deshalb im Ergebnis einen Anspruch auf Legalisierung ihres Aufenthalts haben.
13 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 03.06.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff., und vom 29.03.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). setzt ein Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer grundsätzlich voraus, dass sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt. Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist daher in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz die Antragsteller sich befinden, regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.). Auch nach der Rechtsprechung des Senats kann grundsätzlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, nicht erfolgen (vgl. Senatsbeschluss vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff.).
14 
Der EGMR hat in seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Rechts des Aufenthalts von Ausländern vom 28.05.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der „Achtung“ des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und vom 07.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat der EGMR nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden. Auch wenn die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, in der Rechtsprechung des EGMR soweit ersichtlich noch nicht eindeutig geklärt ist (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.09.2004 , a.a.O.), ist jedenfalls festzuhalten, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EMRK nicht ausreichend ist. In der o.g. Entscheidung Ghiban heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung des EGMR vom 16.06.2005 (, a.a.O.), nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen. Eine vergleichbare Situation ist bei den Antragstellern nicht gegeben.
15 
b) Selbst wenn man zu Gunsten der Antragsteller davon ausgeht, dass auch ein rechtlich ungesicherter, rein faktischer Aufenthalt im Vertragsstaat eine Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Jedenfalls bei der Bewertung der Notwendigkeit, d.h. der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs, hat die rechtliche Natur des Aufenthalts erhebliches Gewicht.
16 
Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.09.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nicht allein deswegen, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Bei der danach vorzunehmenden umfassenden Abwägung des legitimen staatlichen Interesses auf Gestaltung des Aufenthaltsrechts gegen die aus einer Verwurzelung folgenden schutzwürdigen Belange der Betroffenen spielt u.a. eine Rolle, aus welchen Gründen der Ausländer sich trotz Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet aufhält, ob etwa die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen (z.B. wegen der Weigerung, an der Beschaffung der erforderlichen Heimreisedokumente mitzuwirken, oder wegen der Durchführung erfolgloser Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels, vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.) oder aus anderen Gründen (etwa im Hinblick auf eine bestehende Erlasslage) nicht erfolgt ist. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass die Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts auch, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann, wobei auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.; OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.; siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten auch die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004, a.a.O., zu dem Problemkreis s. auch Hoppe, Verwurzelung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel, ZAR 2006, 125 ff.).)
17 
c) Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau ist nach Auffassung des Senats bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs bei minderjährigen Kindern regelmäßig nicht nur deren Integration isoliert in den Blick zu nehmen und festzustellen, inwieweit sie selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind. Vielmehr kommt auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang sich ihre Familie in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Bei dieser familienbezogenen Gesamtbetrachtung sind auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet, die mangelnde wirtschaftliche oder soziale Integration, die Beachtung der bundesdeutschen Rechtsordnung etc.) auf das Verhalten der Eltern zurückzuführen sind (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.). Dafür, dass ein minderjähriges Kind sich das Verhalten seiner Eltern bei der Prüfung, ob der Eingriff in sein Privatleben durch legitime Ziele der Einwanderungskontrolle gerechtfertigt ist, „zurechnen“ lassen muss, sprechen neben der Bezugnahme auf das „Familienleben“ als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch folgende Erwägungen: Für die Beurteilung der Verwurzelung von minderjährigen Kindern kommt es auch darauf an, inwieweit ihre innerfamiliären Lebensverhältnisse von der nationalen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt sind. Darüber hinaus sind bei der für die aufenthaltsrechtliche Entscheidung relevanten Frage, ob eine (Re)Integration in das Land der Staatsangehörigkeit möglich ist, bei der beabsichtigten Rückführung minderjähriger Kinder die Fertigkeiten und möglichen Unterstützungsleistungen der Eltern sowie deren Verbindungen im Heimatland in Rechnung zu stellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.11.2005, a.a.O., und Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O). Ferner würde ein allein aus der Integration des minderjährigen Kindes hergeleitetes Aufenthaltsrecht dazu führen, dass den Eltern (und im weiteren auch den minderjährigen Geschwistern) ohne nähere Prüfung ihrer Integration unter Bezugnahme auf Art. 6 GG, Art. 8 EMRK in der Regel zumindest Abschiebungsschutz zu gewähren wäre, was einwanderungspolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland in ganz erheblichem Maße berühren und zu einer einseitigen Gewichtung der privaten Belange des betroffenen Ausländers führen würde. Auch die Tatsache, dass minderjährige Kinder ihren Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig nicht alleine sichern können, sondern hierfür auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen sind, spricht dafür, deren wirtschaftliche Integration in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Die Konzeption des Aufenthaltsgesetzes geht schließlich ebenfalls davon aus, dass minderjährige Kinder grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen (vgl. § 27 Abs. 1 i.V.m. §§ 29 Abs. 1 - 4, 32 Abs. 1 und 3, 34 AufenthG). Erst volljährige Kinder sind aufenthaltsrechtlich grundsätzlich selbständig zu behandeln, weil zwischen ihnen und ihren Eltern - anders als bei Minderjährigen - regelmäßig keine Beistands-, sondern eine bloße Begegnungsgemeinschaft besteht.
18 
An dieser rechtlichen Beurteilung ändert sich in dem hier maßgeblichen Zusammenhang grundsätzlich auch nichts dadurch, dass das Aufenthaltsgesetz für Kinder nach Vollendung des 16. Lebensjahres unter bestimmten Umständen ein selbständiges Aufenthaltsrecht vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG). § 35 Abs. 1 AufenthG schafft einen privilegierten Erwerbstatbestand für nachgezogene Kinder von Ausländern, die zum Zeitpunkt der Vollendung ihres 16. Lebensjahres mindestens fünf Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die zum Zwecke des Familiennachzuges nach § 27 AufenthG - welcher seinerseits grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht der Eltern bzw. des sorgeberechtigten Elternteils voraussetzt, vgl. § 32 AufenthG - erteilt worden ist (s. Hailbronner, AuslR, § 35 Rn. 3 und 5 AufenthG). Aus dieser gesetzlichen Regelung lassen sich für die hier vorliegende Fallkonstellation, in der weder das minderjährige Kind noch dessen Eltern über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen bzw. verfügt haben, keine vergleichbaren Rechte herleiten. Gleiches gilt für die Regelung in § 37 AufenthG, der Ausländern unter bestimmten Umständen ein Recht auf Wiederkehr gewährt, wenn der entsprechende Antrag nach Vollendung des 15. und vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wird. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass der Ausländer als Minderjähriger rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte und geht grundsätzlich von einer mindestens achtjährigen rechtmäßigen Aufenthaltsdauer aus.
19 
Ergänzend sei darauf hingewiesen, das auch sonst bei Abschiebungshindernissen von Kindern die Rechtsprechung davon ausgeht, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.07.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.).
20 
d) Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten der Antragsteller zu berücksichtigen, dass sich die Antragsteller zu 1. - 4. bereits seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, die Antragsteller zu 3. und 4. mithin bereits als Kleinkinder in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind, bzw. der Antragsteller zu 5. sogar im Bundesgebiet geboren wurde. Die Antragsteller zu 3. und 4. besuchen nach dem Vortrag ihres Prozessbevollmächtigten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Realschule, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie die deutsche Sprache gut beherrschen; gleiches dürfte für den Antragsteller zu 5. gelten, der zum Zeitpunkt des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Grundschule besuchte. Für die Antragsteller spricht auch, dass sie offensichtlich seit 2001 keine Sozialhilfe mehr beziehen, sondern sich eine eigene - wenn auch für eine fünfköpfige Familie sehr bescheidene - wirtschaftliche Existenz aufbauen konnten. Ob diese Umstände ohne weitere Darlegungen im Beschwerdeverfahren genügen, um eine tiefe Verwurzelung in Deutschland als erste Voraussetzung eines nur hier möglichen Privatlebens darzutun (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O.), ist fraglich, kann aber dahinstehen.
21 
Bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist zu Lasten der Antragsteller jedenfalls von erheblicher Bedeutung, dass diese zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines Aufenthaltstitels waren, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen konnte, in Deutschland bleiben zu dürfen. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller sind im vorliegenden Fall die den Antragstellern erteilten Duldungen auch nicht als die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts begründende „verkappte Aufenthaltserlaubnisse“ (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.10.1990 - 1 C 15/88 -, InfAuslR 1991, 72 ff.) zu betrachten. Den Antragstellern wurde mit den ihnen erteilten Duldungen nicht in Wahrheit ein Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt. Die Erteilung von Duldungen erfolgte erkennbar mit Rücksicht auf eingeleitete Asylfolgeverfahren, fehlende tatsächliche Rückführungsmöglichkeiten und die Erlasslage zur Rückführung von Minderheiten aus dem Kosovo. Die langjährigen Duldungen der Antragsteller sind darüber hinaus auch darauf zurückzuführen, dass sie in ihren ersten Asylverfahren eine albanische Volkszugehörigkeit vorgetragen und sich erst 1999, als sich die Situation der Albaner im Kosovo durch den Einmarsch der KFOR-Truppen und den Rückzug der serbischen Armee entscheidend verbessert hatte, auf ihre Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen haben. Die Behörden haben die Antragsteller jedenfalls zu keiner Zeit über die Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatusses im Bundesgebiet im Zweifel gelassen. Die rechtliche Wirkung der Duldungen blieb auf den Bereich des Vollstreckungsschutzes gegen eine Entfernung aus dem Bundesgebiet beschränkt. Die Antragsteller waren mithin seit der ersten Ablehnung ihres Asylantrages vollziehbar ausreisepflichtig und nach der bundesdeutschen Rechtsordnung zur freiwilligen Ausreise verpflichtet. Die Tatsache, dass dessen ungeachtet die bundesdeutschen Behörden angesichts der wechselhaften politischen sowie existenziellen Verhältnisse im Kosovo lange Zeit von einer zwangsweisen Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung abgesehen haben, führt noch nicht dazu, eine Aufenthaltsbeendigung nunmehr für unzulässig zu erachten, zumal die Behörden einen entsprechenden Vertrauenstatbestand zu keinem Zeitpunkt geschaffen haben.
22 
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Antragsteller zu 1. und 2. in weit geringerem Maß in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind als die Antragsteller zu 3. - 5. Die Antragsteller zu 1. und 2. sind in Serbien-Montenegro geboren und aufgewachsen und haben ihr Heimatland erst im Erwachsenenalter verlassen. Zu ihren deutschen Sprachkenntnissen und ihrer sonstigen, insbesondere sozialen, Integration in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ist nichts vorgetragen. Zwar hat der Antragsteller zu 1. eine Arbeitsstelle gefunden und verfügt damit zumindest über eine wirtschaftliche Bindung an die Bundesrepublik. Nicht übersehen werden darf jedoch, dass der Antragsteller zu 1. in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach straffällig geworden ist (das Bundeszentralregister weist zwischen 1993 und 2001 sechs Eintragungen auf), so dass von einer Integration in die Rechtsordnung der Bundesrepublik nicht ausgegangen werden kann. Die Antragsteller Ziffer 3. - 5. befinden sich in einem Alter, in dem ihnen angesichts der Gesamtumstände eine Integration in die Lebensverhältnisse des Landes ihrer Staatsangehörigkeit noch angesonnen werden kann. Sie werden nicht allein übersiedeln, sondern können mit der Unterstützung ihrer Eltern und ggf. auch anderer Verwandten rechnen, die mit den Lebensverhältnisse des Staates ihrer Staatsangehörigkeit vertraut sind. Dass die Antragsteller zu 3. - 5. nicht albanisch sprechen und aus diesem Grund eine Integration in die dortigen Lebensverhältnisse auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen würde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
23 
Der Senat verkennt nicht die erheblichen Schwierigkeiten, die für die Antragsteller nach so langem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mit einer Übersiedlung in das Land ihrer Staatsangehörigkeit verbunden sind. Sie teilen insoweit allerdings das Schicksal einer Vielzahl von Bürgerkriegsflüchtlingen, die in der Bundesrepublik aus humanitären Gründen langjährig Aufnahme gefunden haben und nunmehr in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen. Die damit verbundenen Probleme und Härten lassen sich durch die Rechtsprechung, die an das gesetzliche Regelungskonzept gebunden ist, nur eingeschränkt lösen. Insbesondere ist es den Verwaltungsgerichten verwehrt, durch eine Überdehnung des Schutzbereiches des Art. 8 EMRK das Fehlen einer auf humanitäre Gründe gestützten Altfallregelung für langjährig Geduldete, die in den Verantwortungsbereich der politischen Entscheidungsträger fällt, auszugleichen.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung.
25 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG i. d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I, S. 718 ff.).
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ablehnende Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 6. August 2007 - 10 K 1452/07 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig auszusetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 06.08.2007 ist zulässig. Die bei sachdienlicher Auslegung nur auf Verpflichtung des Antragsgegners gerichtete Beschwerde, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig auszusetzen, hat Erfolg. Denn der Antragsteller hat sowohl das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, - der Antragsgegner beabsichtigt, ihn abzuschieben -, als auch die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruches glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920, Abs. 2, 294 ZPO). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geht der Senat bei der im Eilverfahren allein angezeigten und möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass der seit 2003 geduldete Antragsteller auch weiterhin zumindest einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besitzt. Seine Abschiebung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil der damit einhergehende Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sein dürfte. Ob dem Antragsteller - deshalb - auch eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären oder humanitären Gründen erteilt werden muss oder kann und ob insoweit im Lichte aufenthaltsrechtlicher Schutzwirkungen aus Art. 8 EMRK oder Art. 6 GG trotz der Drogenproblematik auch von allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG abgesehen werden muss (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), kann im anhängigen Hauptsacheverfahren geklärt werden.
Die beabsichtigte Abschiebung dürfte - jedenfalls - in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen. Nachdem der 1981 geborene Antragsteller seit nunmehr rund 18 Jahren beinahe ununterbrochen in Deutschland lebt und also hier seit seinem 8. Lebensjahr aufgewachsen ist, erfolgreich die Schule besucht und eine Tischlerlehre absolviert hat und hernach bis zu seiner Inhaftierung als Tischlergeselle berufstätig war, er hier verheiratet ist und mit seiner türkischen Ehefrau und der am 20.11.2005 geborenen Tochter zusammenlebt, in Sportvereinen aktiv ist und zudem nach den Angaben von Gefängnispfarrer D. vom 15.05.2007 über außerordentlich gute deutsche Sprachkenntnisse verfügt, können die für die rechtliche Annahme eines im Bundesgebiet geführten Privatlebens erforderlichen Bindungen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht kaum verneint werden. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte; der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (vom Senat bisher offen gelassen, vgl. Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - VBlBW 2006, 438). Auch der schließlich mit einer Jugendstrafe von 10 Monaten bestrafte Haschischhandel in den Jahren 2000 und 2001, dessentwegen der Antragsteller seit 09.01.2007 inhaftiert ist, sowie der spätere BtMG-Verstoß im Jahr 2005, bei dem die Staatsanwaltschaft Mosbach von Strafverfolgung absah, und auch der durch Drogenscreenings nachgewiesene Eigenkonsum von Cannabisprodukten in den Jahren 2003 bis 2006, stellen die gesellschaftlichen Bindungen des Antragstellers im Bundesgebiet kaum ernsthaft in Frage.
Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfte zu bejahen sein, weil die hier asylverfahrensrechtlich begründete Ausreisepflicht durchgesetzt, d.h. der Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland durch Abschiebung beendet werden soll. Zu Gunsten des Antragsgegners geht der Senat davon aus, dass dieser sowohl ein aus der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 (Az.: 4-1340/29; vgl. insbesondere Nr. 3.3) ermöglichtes Bleiberecht als auch die durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.07.2007 - AuslRÄndG 2007 (BGBl I S. 1970) - eingeführte Altfallregelung des § 104 a AufenthG (vgl. insbesondere Absatz 1 Satz 1 Nr. 6) geprüft und im Hinblick auf die von dem Antragsteller im Bundesgebiet begangene und mit einer Jugendstrafe von 10 Monaten abgeurteilte vorsätzliche Straftat als nicht einschlägig angesehen hat, weswegen eine aufenthaltsrechtliche Legalisierung seines Privatlebens im Bundesgebiet insoweit ausgeschlossen sein dürfte.
Gleichwohl ergibt sich aus der Existenz der Bleiberechts- und Altfallregelungen keine hier relevante Sperrwirkung. Vielmehr bleibt neben den dort geregelten generalisierten Fallkonstellationen Raum für hiervon losgelöste Einzelfallabwägungen, auch bei einer Entscheidung über das Vorliegen eines zwingenden Duldungsgrundes nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (vgl. zu Aufenthaltstiteln BVerwG, Urteil vom 19.09.2000 - 1 C 19.99 - BVerwGE 112, 63). Etwas anderes wäre gerade im Falle von Straftätern mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. die Nachweise in BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 - EuGRZ 2004, 317) nicht vereinbar.
Der Eingriff in das geschützte Privatleben des Antragstellers dürfte im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, weil unverhältnismäßig sein. Insoweit ist insbesondere das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Dabei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - 59643/00 - „Kaftailova“). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Passstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob der Aufenthalt des Betroffenen zumindest vorübergehend legal war und damit - i.S. einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein Hierbleibendürfen entwickelt werden konnte.
Gemessen daran dürfte das Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner privaten Bindungen im Bundesgebiet, jedenfalls wenn das Drogenproblem nunmehr während der Haftzeit tatsächlich dauerhaft überwunden wurde, das öffentliche Interesse insbesondere an Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern voraussichtlich überwiegen. Aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, des Schulbesuchs, der erfolgreichen Ausbildung und der anschließenden Berufstätigkeit ist von einer weitreichenden „Verwurzelung“ des Antragstellers in Deutschland auszugehen. Nachdem der Antragsteller nach Aktenlage in den letzten 18 Jahren nicht mehr in der Türkei gewesen ist, dort keine nahen Verwandten hat, diese vielmehr alle in Deutschland leben, und er die türkische Sprache offenbar nur mündlich beherrscht, kann wohl auch hinsichtlich der gesellschaftlichen Verhältnisse im Passstaat Türkei eine weitreichende „Entwurzelung“ angenommen werden. Dass der Aufenthalt des Antragstellers aufgrund Asylanerkennung in den Jahren 1992 bis 1995 vorübergehend legal war, dürfte dagegen nicht zu seinen Gunsten zu berücksichtigen sein, weil diese Asylanerkennung aufgrund falscher Angaben seiner Eltern zurückgenommen worden ist. Zu Gunsten des Antragstellers kann jedoch berücksichtigt werden, dass er für die Zeit nach der Entlassung aus der Strafhaft wieder einen Arbeitsplatz in Aussicht hat und insbesondere während der Haftzeit offenbar einen Prozess der Läuterung durchlief. Die Bewährungshelferin S. schildert in ihrem Bericht vom 06.04.2006, das der Antragsteller in der Lage sein sollte, insbesondere mit Hilfe von Suchtberatungsstellen sein Drogenproblem in den Griff zu bekommen. Die Gemeinderätin Dr. W. erläutert in ihrem Schreiben vom 08.05.2007, dass er die Haftzeit als - gewissermaßen letzte - Chance begriffen habe und sein Leben ändern wolle. Gefängnispfarrer D. geht in seiner Stellungnahme vom 15.05.2007 ebenfalls davon aus, dass der Antragsteller nunmehr gelernt hat, sein bisheriges Fehlverhalten zu korrigieren und ein Leben ohne Suchtmittel zu bestehen. Der Drogenverein Mannheim schließlich bestätigte unter dem 16.05.2007, das sich der Antragsteller in Beratung begeben habe und intensiv mit dem bisherigen Drogenkonsum auseinander setzt sowie an einer Verhaltensänderung arbeitet. Vor diesem Hintergrund sowie der skizzierten konkreten Verwurzelungs- und Entwurzelungssituation erscheint der mit der Abschiebung verbundene Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK in der Gesamtabwägung derzeit unverhältnismäßig. Hierfür spricht zudem, dass der Antragsteller nach Abschiebung keine realistische Möglichkeit haben könnte, in absehbarer Zeit legal wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Die für sein Privatleben konstitutiven Beziehungen könnten bei Abschiebung mithin gegebenenfalls irreparabel beschädigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - ZAR 2007, 243).
Sollte sich nach der Haftentlassung allerdings erweisen, dass der Antragsteller entgegen der momentan begründeten Erwartung des Senats tatsächlich doch keine weiterhin anhaltenden und ernsthaften Anstrengungen zur Überwindung seiner Drogenproblematik unternimmt oder sollte sich der Antragsteller weigern, seine Anstrengungen in dieser Hinsicht gegenüber den Ausländerbehörden in geeigneter Weise, etwa durch regelmäßige Vorlage von Bescheinigungen der Drogenberatung oder anderer sachkundiger Stellen nachzuweisen, könnte diesem für die Abwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentlichen Umstand im Rahmen eines Abänderungsverfahrens analog § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
10 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 07. Dezember 2004 - 7 K 487/02 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Ausweisung aus dem Bundesgebiet und begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Die am ... 1977 in Serbien-Montenegro geborene Klägerin ist Staatsangehörige von Montenegro und reiste am 23.08.1992 mit ihren Eltern und Geschwistern in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie beantragte erfolglos die Anerkennung als Asylberechtigte. Der ablehnende Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 21.07.1993 ist seit dem 02.03.1995 bestandskräftig. Seither ist die Klägerin geduldet. Von 1995 bis 1998 absolvierte sie eine Lehre als Konditorin.
Am 26.08.1998 wurde ihr Sohn ... geboren. Vater des Kindes ist der serbische Staatsangehörige ... ....
Nach ihrer Heirat mit dem deutschen Staatsangehörigen ... ... ... am 13.11.1998 beantragte die Klägerin am 30.11.1998 die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.
Während des Verwaltungsverfahrens trat die Klägerin wie folgt strafrechtlich in Erscheinung:
Mit Urteil des Amtsgerichts Reutlingen vom 21.06.2000 wurde die Klägerin wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu drei Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. Während ihrer Beschäftigung als Haushaltshilfe eines 81-jährigen Mannes hatte sie sich ein Scheckformular verschafft, als Auszahlungsbetrag 1.000,-- DM eingetragen und mit ihrer Unterschrift versehen. Den gefälschten Scheck legte sie einer Bank vor, die ihr daraufhin den Betrag auszahlte. Der Schaden wurde wieder gutgemacht.
Mit Urteil des Amtsgerichts Reutlingen vom 24.07.2000 wurde die Klägerin wegen Täuschung der Ausländerbehörde (Scheinehe) zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 25,-- DM verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Eheschließung mit dem deutschen Staatsangehörigen ... ... ... nur zum Schein erfolgte und eine eheliche Lebensgemeinschaft nie zustande kam.
Mit Bescheid vom 12.03.2001 wies das Landratsamt Reutlingen die Klägerin nach deren vorheriger Anhörung aus dem Bundesgebiet aus und lehnte ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab. Die Ausweisung wurde gestützt auf die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG. Die Ausweisung sei im Hinblick auf ihre Straftaten aus spezial- und generalpräventiven Gründen geboten und verhältnismäßig. Ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis werde wegen der Sperrwirkung der verfügten Ausweisung abgelehnt. Daneben liege auch der Versagungsgrund des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG vor, da ein Ausweisungsgrund bestehe. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch.
Während des Widerspruchsverfahrens gebar die Klägerin am 13.10.2001 ihre Tochter .... Ausweislich der Geburtsanzeige des Krankenhauses ist ... ... auch Vater dieses Kindes. Mit Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 24.10.2001 wurde die Ehe der Klägerin mit Herrn ... geschieden.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2002 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 12.03.2001 zurück. Die Klägerin genieße zwar Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG. Dieser hindere ihre Ausweisung jedoch nicht. Zwar liege kein Regelfall im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG vor. Dennoch beständen wegen der von der Klägerin gezeigten erheblichen kriminellen Energie schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die Ausweisung sei aus spezial- und generalpräventiven Gründen erforderlich und verhältnismäßig. Spezialpräventiv sei davon auszugehen, dass die Klägerin wegen ihrer schlechten finanziellen Lage wieder versuchen werde, auf illegale Weise an Geld zu kommen, wenn sich eine günstige Gelegenheit biete. Besonders gravierend seien jedoch generalpräventive Erwägungen. Die Scheinheirat mit einem mittellosen Deutschen und die Geburt eines Kindes während der Ehezeit, für das der Scheinehemann wegen Mittellosigkeit keinen Unterhalt zahlen müsse, habe Vorbildfunktion. Dies stelle eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Die Ermessenserwägungen des Landratsamts hinsichtlich der wirtschaftlichen und sozialen Bindungen der Klägerin seien zutreffend. Zwar habe die Klägerin im Bundesgebiet eine Ausbildung absolviert und zeitweise auch gearbeitet. Derzeit arbeite sie jedoch wegen der Versorgung ihrer Kinder nicht. Sie habe bisher nur Duldungen erhalten und auch ihr Lebensgefährte besitze kein Aufenthaltsrecht.
11 
Die Klägerin hat am 20.03.2002 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie habe einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 AuslG, da ihre Tochter... die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Diese sei während der Ehe mit dem deutschen Staatsangehörigen ... ... geboren. Auch wenn dies eine Scheinehe gewesen sei, so handele es sich doch um ein eheliches Kind. Die Ausweisung sei rechtswidrig. Schwerwiegende Gründe würden durch die Fälle des § 47 AuslG indiziert. Ihre beiden Verurteilungen reichten nicht an den in § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG genannten Strafrahmen heran. Auch die von ihr aufgewendete kriminelle Energie sei nicht im mindesten mit der von § 47 AuslG vorausgesetzten vergleichbar. Es handele sich um einen Einzelfall, der nicht den Schluss auf weitere Straftaten dieser Art zulasse. Auch schwerwiegende generalpräventive Gründe lägen nicht vor. Die Vaterschaft des Herrn ... sei nicht angefochten; die Behörde habe sie daher zu akzeptieren. Die Tatsache an sich, dass während einer Ehe Kinder zur Welt kämen, die nicht vom Ehemann stammten, stelle keine Straftat dar. Eine darauf gestützte Ausweisung sei weder geeignet noch erforderlich, um die erhoffte abschreckende Wirkung auf andere Ausländer zu erzielen. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass es durch die Folgen der Ausweisung quasi zu einer Ausweisung ihrer deutschen Tochter ... käme, denn ... müsste ebenfalls ausreisen, um mit ihr zusammen zu leben. Eine generalpräventiv begründete Ausweisung sei bei Ausländern mit deutschen Kindern nur bei besonders schweren Straftaten zulässig. Solche habe sie nicht begangen. Der Vorwurf, sie habe von vornherein bei ihrer Ankunft in Deutschland geplant, mit einem Deutschen eine Scheinehe einzugehen und, sollte dies nicht funktionieren, kurz vor der Scheidung ein Kind zu bekommen, sei rein spekulativ. Gleiches gelte für die Annahme, dass in Zukunft andere Ausländer mit einem Deutschen eine (Schein-)Ehe eingingen und ein Kind bekämen, nur um in Deutschland zu bleiben.
12 
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen, die strafrechtlichen Verstöße der Klägerin seien weder vereinzelt noch geringfügig. Die Ausweisung der Klägerin sei erforderlich, um den durch eine Scheinehe in „betrügerischer Weise“ erschlichenen Aufenthalt zu beenden und zugleich generalpräventive Zwecke zu verfolgen. Der Klägerin stehe der besondere Ausweisungsschutz des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG nicht zu, da er durch die Scheinheirat missbräuchlich herbeigeführt worden sei. Der wiederholte Versuch der Klägerin, unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen des Ausländergesetzes in den Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung zu gelangen, stelle zusammen mit den strafrechtlichen Verstößen der Klägerin einen Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht dar. Die Scheinehe sei zudem dazu ausgenutzt worden, mittels der gesetzlichen Fiktion des ehelichen deutschen Kindes in den Genuss des besonderen Ausweisungsschutzes des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG zu kommen. Sowohl in spezial- als auch in generalpräventiver Hinsicht lägen schwerwiegende Ausweisungsgründe i.S.d. § 48 Abs. 1 AuslG vor. Dass durch die Ausweisung mittelbar die Tochter der Klägerin betroffen sei, ändere daran nichts. Diese habe aufgrund ihres Alters noch keine festen Bindungen in der Bundesrepublik Deutschland aufgebaut. Die Klägerin selbst sei volljährig und habe eine eigene Familie. Sie sei deshalb nicht mehr abhängig von den Eltern. Da sie rechtmäßig ausgewiesen worden sei, könne ihr auch keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden.
13 
Mit Urteil vom 07.12.2004 - 7 K 487/02 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Rechtsgrundlage der Ausweisungsverfügung seien die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG. Es könne offen bleiben, ob der Klägerin erhöhter Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG zustehe, denn es lägen jedenfalls schwerwiegende generalpräventive Gründe der öffentlichen Sicherheit vor. Im Bundesgebiet gebe es nach Presseberichten in den letzten Jahren viele vergleichbare Fälle. Die Täuschung der Behörden zur Erlangung eines Aufenthaltstitels sowie zum Erschleichen von Ausweisungsschutz nach strafrechtlichen Verurteilungen enthalte eine hohe Gemeinschädlichkeit und erschüttere die Rechtsordnung besonders stark. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Weder die Klägerin noch ihre Kinder hätten schützenswerte wirtschaftliche oder soziale Bindungen zum Bundesgebiet. Da die Klägerin Jugoslawien erst im Alter von 15 Jahren verlassen habe, seien ihr die dortigen Verhältnisse noch vertraut. Die deutsche Staatsangehörigkeit ihrer Tochter mache ihre Ausweisung auch im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 6 Abs. 1 GG nicht unverhältnismäßig. Die dem Staat aus Art. 6 GG erwachsende Schutzpflicht verdränge einwanderungspolitische Belange nicht, denn die Tochter stamme aus einer Scheinehe; der Scheinvater habe keinen Kontakt zu der Tochter und zahle keinen Unterhalt. Die Ausreise aus dem Bundesgebiet bleibe daher ohne Auswirkungen auf Bindungen der Tochter zu deutschen Staatsangehörigen. Der leibliche Vater der Tochter sei ebenso wie deren Bruder Staatsangehöriger von Serbien-Montenegro. Dahinstehen könne, ob auch die von der Beklagten angeführten spezialpräventiven Erwägungen die Ausweisung rechtfertigten und ob der Klägerin überhaupt besonderer Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG zukomme. Es spreche jedoch einiges dafür, dass Sinn und Zweck dieser Regelung den vorliegenden Fall nicht erfassten. Denn das Kind der Klägerin besitze nur aufgrund einer Scheinehe die deutsche Staatsangehörigkeit, verfüge jedoch über keinerlei Bindungen zu im Bundesgebiet lebenden deutschen Staatsangehörigen bzw. zum deutschen Staat. Duldungsgründe nach § 55 Abs. 2 AuslG seien nicht ersichtlich. Es beständen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in den Kosovo in eine gravierende wirtschaftliche Notlage gerate oder existenzbedrohend gefährdet sei. Auch Art. 8 EMRK sei nicht verletzt. Wegen der Sperrwirkung der rechtmäßig verfügten Ausweisung der Klägerin nach § 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG könne der Klägerin keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden.
14 
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat durch Beschluss vom 10.02.2006 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen
15 
Die Klägerin hat zur Begründung der Berufung im Wesentlichen ausgeführt: Die von ihr begangenen Straftaten erfüllten nicht die strengen Anforderungen an eine Ausweisung aus generalpräventiven Gründen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es gebe in der Bundesrepublik Deutschland viele vergleichbare Fälle, sei nicht richtig; die Erkenntnisquellen blieben unklar. Auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, sie habe ihr Kind ... allein deshalb bekommen, um erhöhten Ausweisungsschutz und eine Aufenthaltsgenehmigung zu erlangen, sei nicht bewiesen. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung habe es das Gericht nicht dahinstehen lassen dürfen, ob sie besonderen Ausweisungsschutz genieße. Dies sei aber schon deshalb der Fall, weil ihr Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitze und von ihr auch tatsächlich betreut werde. Die Behauptung des Verwaltungsgerichts, es fehle an schützenswerten Bindungen ihres Kindes zu in Deutschland lebenden Personen, bleibe unbewiesen. Ihr Kind habe sein bisheriges Leben in Deutschland verbracht und sei in seinem Umfeld, wie z.B. Nachbarn und Kindergarten, integriert. Generalpräventive Gründe überwögen den verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 6 GG entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht.
16 
Die Klägerin beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 07.12.2004 - 7 K 487/02 - zu ändern, den Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 12.03.2001 sowie den Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.02.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen zu erteilen.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er legt das seit dem 19.09.2006 rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 vor, mit dem festgestellt wurde, dass ... ... nicht Vater von ... ist. Ergänzend trägt er vor, der von der Klägerin geltend gemachte besondere Ausweisungsschutz bestehe nach dem Urteil des Amtsgerichts Bad Urach nicht mehr. Das Kind ... habe die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erworben. Die Ausweisung sei daher zu Recht aus spezial- und generalpräventiven Gründen verfügt worden, zumal die Klägerin nach ihrer Ausweisung erneut straffällig geworden und mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 25.10.2005 wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Bewährung verurteilt worden sei.
21 
Am 20.04.2007 wurde das dritte Kind der Klägerin geboren, dessen Vater ebenfalls ... ... ist.
22 
Dem Senat liegen die die Klägerin betreffenden Akten des Landratsamtes Reutlingen und des Regierungspräsidiums Tübingen sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen in den Verfahren - 7K 487/02 - und - 7 K 488/02 - vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie der Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ausweisungsverfügung und die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 12.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.02.2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat die Ausweisungsverfügung ermessensfehlerfrei verfügt (1.) und den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Recht abgelehnt (2.).
24 
1. a) Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, d.h. der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2002 (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2004 - 1 C 2/04 -, NVwZ 2005, 1074; Urteil des Senats vom 16.03.2005 - 11 S 2599/04 -). Daraus folgt, dass nach nationalem Recht für die Überprüfung der Ausweisungsentscheidung die Vorschriften des bis zum 31.12.2004 geltenden Ausländergesetzes anzuwenden sind. Lediglich für den Teilausschnitt der Rechtsprüfung, der sich auf die Vereinbarkeit der Ausweisung mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (Privat- und Familienleben) bezieht, ist auf den Zeitpunkt der letzten Entscheidung eines nationalen Gerichts, d.h. auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats abzustellen (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 15.07.2003 - 52206/99 - , InfAuslR 2004, 183; Urteil des Senats vom 16.03.2005, a.a.O.).
25 
b) Der Beklagte hat die Ausweisung zu Recht auf die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG gestützt, da die Klägerin zum einen wegen Täuschung der Ausländerbehörde zu einer Geldstrafe und zum anderen wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt worden ist.
26 
c) Die Klägerin genießt keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG wegen einer familiären Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Familienangehörigen. Der zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bestehende Ausweisungsschutz nach dieser Vorschrift ist infolge der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung mit Rückwirkung entfallen.
27 
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung sind - da die Klägerin weder freizügigkeitsberechtigt nach dem Assoziationsratsbeschluss EWG-Türkei Nr. 1/80noch Unionsbürgerin ist - grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung, d.h. des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.02.2002 maßgebend. Zu diesem Zeitpunkt war der Entscheidung zugrunde zu legen, dass die Klägerin Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt. Denn ihre Tochter ..., mit der sie in familiärer Lebensgemeinschaft lebte, besaß die deutsche Staatsangehörigkeit, da sie während der Ehe der Klägerin mit Herrn ... geboren wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Herr ... nicht ... biologischer Vater ist. Denn nach § 1592 Nr. 1 BGB ist der Mann Vater eines Kindes, der zum Zeitpunkt der Geburt dieses Kindes mit dessen Mutter verheiratet ist. Bis zur Rechtskraft eines auf Anfechtung hin ergehenden Urteils, mit dem festgestellt wird, dass die Vaterschaft nicht besteht, liegt danach eine Vaterschaft dieses Mannes im Rechtssinne und nicht nur der Rechtsschein einer Vaterschaft vor, selbst wenn das tatsächliche biologische Abstammungsverhältnis davon abweicht. Da somit die Vaterschaft des Herrn ... keinen Scheincharakter hatte, war auch die von dieser Vaterschaft abgeleitete deutsche Staatsangehörigkeit von ... (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StAG) keine Scheinstaatsangehörigkeit, sondern eine echte Staatsangehörigkeit (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2006, - 2 BvR 696/04 -, NJW 2007, 425, 426).
28 
Mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 wurde diese Staatsangehörigkeit und infolge dessen der Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG rückwirkend beseitigt. Grundsätzlich können sich Änderungen der Sach- oder Rechtslage, die nach Erlass des Widerspruchsbescheides eintreten, zwar nicht mehr auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung auswirken. Von diesem Grundsatz sind jedoch Ausnahmen anerkannt. So sind Rechtsänderungen, die sich selbst ausdrücklich Rückwirkung beimessen, mit ihrer rückwirkenden Kraft zu beachten, d.h. der Verwaltungsakt ist so zu beurteilen, wie wenn er von Anfang an unter Geltung des rückwirkend erlassenen Rechts bekannt gegeben worden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103/79 -, BVerwGE 59, 148, 160; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, Komm., 2. Aufl. 2006, § 113 RdNr. 108). Wäre beispielsweise § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG mit Rückwirkung aufgehoben worden, müsste die Rechtmäßigkeit der Ausweisung der Klägerin so beurteilt werden, wie wenn § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG bereits zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides nicht vorhanden gewesen wäre.
29 
Mit dieser Fallgestaltung ist die vorliegende vergleichbar. Denn das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 im erfolgreichen Vaterschaftsanfechtungsprozess gestaltete – ebenso wie eine rückwirkende Gesetzesänderung - die bislang bestehende Rechtslage rückwirkend um: Zum einen hob es das bisherige Vater-Kind-Verhältnis zwischen ... ... und ... mit Rückwirkung auf den Tag der Geburt von ... am 13.10.2001 auf (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1999 - XII ZR 117-97, NJW 1999, 1632 und Urteil vom 03.11.1971 - IV ZR 86/70 -, NJW 1972, 199, 200; Palandt, BGB Kommentar, 66. Aufl. 2007, § 1599 RdNr. 7). Zum anderen ließ es ... deutsche Staatsangehörigkeit rückwirkend auf den Zeitpunkt ihrer Geburt entfallen; aus der ex-post-Betrachtung erscheint deren deutsche Staatsangehörigkeit als nie erworben (BVerfG, Urteil vom 24.10.2006, a.a.O.). Der Wegfall der Staatsangehörigkeit hatte wiederum zur Folge, dass ein für die Gewährung von Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG erforderliches Tatbestandsmerkmal mit Rückwirkung entfiel.
30 
Durch die Rückwirkung unterscheidet sich der vorliegende Fall von solchen Fällen, in denen nach Erlass des Widerspruchsbescheides Umstände eintreten, die die Sach- oder Rechtslage nur ex nunc verändern. So wäre es beispielsweise ohne Einfluss auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung geblieben, wenn die Vaterschaft von ... nicht mit Erfolg angefochten worden wäre, sondern die Klägerin die familiäre Lebensgemeinschaft mit ... nach Erlass des Widerspruchsbescheides aufgehoben hätte. Solche mit ex-nunc-Wirkung eintretenden veränderten Umstände können wegen der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Widerspruchsbescheides bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung nicht mehr berücksichtigt werden.
31 
Wegen der Rückwirkung des Urteils des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 lebte die Klägerin aber aus heutiger Sicht bereits zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht mit einer deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft mit der Folge, dass sie keinen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt, der ihrer Ausweisung entgegen stehen könnte.
32 
d) Der Beklagte hat sein durch die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG eröffnetes Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Er hat die widerstreitenden öffentlichen und die nach § 45 Abs. 2 AuslG zu berücksichtigenden privaten Interessen sachgerecht und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abgewogen.
33 
Der Beklagte hat die Ausweisung jeweils selbständig tragend auf spezial- und auf generalpräventive Gründe gestützt. In spezialpräventiver Hinsicht bestehe die erforderliche Wiederholungsgefahr, da zu befürchten sei, dass die Klägerin wegen ihrer schlechten finanziellen Lage wieder versuchen werde, auf illegale Weise an Geld zu kommen. Das öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Wiederholungsgefahr überwiege ihr privates Interesse, von den Folgen einer Ausweisung verschont zu bleiben. Diese Einschätzung ist auch unter den durch die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung geänderten Verhältnissen nicht zu beanstanden.
34 
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids musste die Behörde ihren Erwägungen zu Grunde legen, dass die Klägerin besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt und deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Aus heutiger Sicht steht fest, dass dieser Ausweisungsschutz nicht bestand. Die der Ermessensausübung zugrunde zu legenden Verhältnisse haben sich somit geändert. Dies hätte aber nur dann die Rechtswidrigkeit der Ausweisung wegen fehlerhafter Ermessensausübung zur Folge, wenn davon ausgegangen werden müsste, dass die Behörde die Klägerin nur deshalb ausgewiesen hat, weil aus ihrer Sicht besonders gewichtige Gründe hierfür vorlagen, der Senat solche jedoch nicht feststellen könnte. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Zum Zeitpunkt des Ausgangsbescheides des Landratsamtes Reutlingen vom 12.03.2001 genoss die Klägerin keinen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 AuslG wegen einer familiären Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Staatsangehörigen. Die Ehe mit dem deutschen Staatsangehörigen ... ... konnte diesen Ausweisungsschutz schon deshalb nicht auslösen, weil aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Reutlingen vom 24.07.2000 feststand, dass die Klägerin Herrn ... nur zum Schein geheiratet hatte und die Klägerin mit ihm keine familiäre Lebensgemeinschaft führte. Ihre Tochter ... war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboren. Den Ausführungen im Ausgangsbescheid lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Ausländerbehörde die Ausweisung nur deshalb verfügte, weil Gründe vorlagen, die gewichtiger waren als sie für eine Ausweisung ohne Ausweisungsschutz erforderlich gewesen wären. Auch aus den Ausführungen im Widerspruchsbescheid lässt sich dies nicht entnehmen. Wegen der zwischenzeitlichen Geburt von ... musste das Regierungspräsidium Tübingen seinen Erwägungen zwar zugrunde legen, dass die Klägerin besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt und deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Damit hat die Behörde jedoch nur auf die veränderten Verhältnisse reagiert. Der Verfahrensablauf macht für den Senat deutlich, dass das Regierungspräsidium den Widerspruch der Klägerin erst recht zurückgewiesen hätte, wenn es hätte davon ausgehen dürfen, dass schwerwiegende Gründe nicht erforderlich sind, weil die Klägerin keinen besonderen Ausweisungsschutz genießt.
35 
Die Ermessenserwägungen des Beklagten halten der gerichtlichen Überprüfung stand. Die für eine Ausweisung aus spezialpräventiven Gründen erforderliche und vom Senat als Tatsachenfrage eigenständig zu überprüfende Wiederholungsgefahr liegt vor. Sie würde nur dann fehlen, wenn bei Anwendung „praktischer Vernunft“ neue Verfehlungen nicht mehr zu erwarten wären (BVerwG, Beschluss vom 17.10.1984 - B 61.84 - InfAuslR 1985, 33). Dem ist jedoch nicht so.
36 
Die Klägerin ist mehrfach straffällig geworden; es handelt sich nicht um Bagatelldelikte. Die Tatumstände sowohl der Täuschung der Ausländerbehörde durch Eingehung einer Scheinehe als auch des Scheckdelikts zeugen von erheblicher krimineller Energie. Die Klägerin ging zum einen planmäßig vor, um sich in rechtswidriger Weise ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen. Zum anderen nutzte sie die Vertrauensstellung als Haushaltshilfe aus, um sich einen erheblichen Geldbetrag zu verschaffen. Beide Delikte wurden mit empfindlichen Strafen geahndet. Die vom Senat geteilte Einschätzung der Behörde, aufgrund der schlechten finanziellen Lage der Klägerin bestehe Wiederholungsgefahr, findet ihre Bestätigung in der von dem Beklagten angeführten und von der Klägerin nicht bestrittenen erneuten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Bewährung wegen Betruges durch Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 25.10.2005. Die Verurteilung erfolgte zwar nach Erlass des Widerspruchsbescheids, d.h. nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung. Nach diesem Zeitpunkt entstandene Erkenntnismittel sind jedoch für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung heranzuziehen, wenn diesen Erkenntnismitteln Anhaltspunkte für die Richtigkeit der im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids getroffenen Einschätzung entnommen werden können (BVerwG, Beschluss vom 16.10.1989 - 1 B 106.89 -, InfAuslR 1990, 4; Beschluss vom 23.05.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288, 1289). Das ist hier der Fall.
37 
Der Beklagte hat die für eine Ausweisung der Klägerin sprechenden öffentlichen Interessen sachgerecht mit dem privaten Interesse der Klägerin abgewogen, von den Folgen einer Ausweisung verschont zu bleiben. Er hat den langjährigen Aufenthalt der Klägerin ausdrücklich berücksichtigt, ihn aber zu Recht angesichts des rechtlich ungesicherten Status nicht als ausschlaggebenden Umstand erachtet. Ebenso hat der Beklagte in seine Entscheidung die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen der Klägerin im Bundesgebiet sowie deren familiäre Situation einbezogen und sie zutreffend gewürdigt. Er hat auch berücksichtigt, dass die Rückkehr für die Klägerin nach langjährigem Aufenthalt in Deutschland mit Schwierigkeiten verbunden sein wird, hat aber eine Eingliederung in die Lebensverhältnisse ihres Heimatstaates zu Recht für zumutbar gehalten. Ebenso zutreffend hat er angenommen, dass der Ausweisung keine Duldungsgründe entgegen stehen.
38 
Insgesamt stehen die mit der Ausweisung für die Klägerin verbundenen Nachteile nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg. Die Klägerin hat ihren langjährigen Aufenthalt nicht dazu genutzt, sich in die deutsche Rechtsordnung zu integrieren, sondern diese nachhaltig und immer wieder missachtet.
39 
Da somit die Ausweisung bereits aus spezialpräventiven Gründen gerechtfertigt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Ausweisung darüber hinaus auch auf die von dem Beklagten angeführten generalpräventiven Gründe gestützt werden konnte.
40 
e) Die Ausweisung verstößt auch nicht gegen Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - vom 04.11.1950 (BGBl. 1952 II, S. 686, 1953/1954 II, S. 14).
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts - etwa durch eine Ausweisung - ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Das Recht der Klägerin aus Art. 8 EMRK wird durch die angefochtene Ausweisung nicht verletzt.
42 
Ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Familienleben scheidet hier von vornherein aus, da die Ausweisung der Klägerin nicht die Trennung von ihren Kindern zur Folge haben wird (vgl. EGMR, Urteil vom 09.10.2003 – 48321/99 -, , EuGRZ 2007, 560, 561 Rdnr. 97 VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -, VBlBW 2006, 438, 439 und Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200, 202). Die Kinder der Klägerin verfügen über keinen von ihr unabhängigen gesicherten aufenthaltsrechtlichen Status und sind zur Ausreise verpflichtet. Sie halten sich lediglich geduldet im Bundesgebiet auf. Die ursprüngliche Argumentation der Klägerin, eine Ausreise sei ihr nicht zuzumuten, da ihr die Personensorge für ihre Tochter ... zustehe und ihrer Tochter nicht zugemutet werden könne, als deutsche Staatsangehörige das Bundesgebiet zu verlassen, ist nach dem Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit ihrer Tochter infolge der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung in sich zusammengebrochen. Dass die familiäre Lebensgemeinschaft der Klägerin mit ihren Kindern nur in Deutschland geführt werden kann, behauptet die Klägerin selbst nicht. Sie hält einen weiteren Verbleib der Familie im Bundesgebiet zwar für wünschenswert. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährt jedoch keinen Anspruch darauf, den Ort, an dem die familiäre Lebensgemeinschaft geführt werden soll, frei zu wählen (EGMR, Urteil vom 09.10.2003, a.a.O.). Auch der Vater der Kinder verfügt über kein Aufenthaltsrecht. Selbst wenn mit ihm eine geschützte familiäre Lebensgemeinschaft bestehen sollte - was die Klägerin allerdings nicht substantiiert vorgetragen hat -, würde darin durch die Ausweisung nicht eingegriffen, denn es ist nicht erkennbar, dass die Lebensgemeinschaft nur im Bundesgebiet geführt werden könnte.
43 
Die Ausweisung verletzt auch nicht das Recht der Klägerin aus Art. 8 Abs. 1 EMRK auf Achtung ihres Privatlebens. Zum geschützten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Es ist bereits fraglich, ob der Schutzbereich eröffnet ist. Denn der Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK könnte möglicherweise voraussetzen, dass neben einer gewissen Dauer des Aufenthalts dieser durch ein entsprechendes Aufenthaltsrecht abgesichert ist. Hieran würde es im vorliegenden Fall fehlen, da die Klägerin stets nur im Besitz einer Aufenthaltsgestattung und anschließend von Duldungen war. Selbst wenn ein solchermaßen rechtlich abgesichertes Privatleben nicht erforderlich wäre, könnte es an einem Eingriff fehlen. Denn die Klägerin ist nicht erst seit ihrer Ausweisung, sondern bereits seit dem rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig. Ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat nicht die Erlaubnisfiktion nach § 69 Abs. 3 AuslG (§ 81 Abs. 3 AufenthG) ausgelöst. Die Ausweisung hat somit kein Aufenthaltsrecht zum Erlöschen gebracht. Sie hat allerdings die Sperrwirkungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 AuslG (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG) ausgelöst. Ob durch diese Wirkungen aber die Voraussetzungen eines Eingriffs im Sinne des Art. 8 EMRK erfüllt werden, ist ebenfalls fraglich.
44 
Im vorliegenden Fall bedarf es aber weder einer Entscheidung darüber, welche Qualität das Privatleben haben muss, um den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu eröffnen, noch darüber, ob ein Eingriff in das Privatleben der Klägerin vorliegt. Denn ein solcher Eingriff in den Schutzbereich wäre jedenfalls nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Die Ausweisung ist gesetzlich vorgesehen (§§ 45, 46 Nr. 2 AuslG) und stellt eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Es kann zwar gegen den in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, einem Ausländer, der aufgrund seiner gesamten Entwicklung faktisch zum Inländer geworden ist, wegen der Besonderheiten seines Falls ein Leben im Land seiner Staatsangehörigkeit zuzumuten, zu dem er keinen Bezug hat (EGMR, Urteil vom 26.09.1997 - 85/1996/704/896 - , NVwZ 1998, 164; BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 – 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303, 305). Eine Verwurzelung der Klägerin in Deutschland in diesem Sinn ist aber weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht vorgetragen oder erkennbar. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt über ein Aufenthaltsrecht verfügt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -, a.a.O. und Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, a.a.O.). Ihr Aufenthalt war zunächst zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet. Anschließend war die Klägerin geduldet. Auch in tatsächlicher Hinsicht ist nicht erkennbar, dass sich die Klägerin irreversibel in die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland eingefügt hätte. Sie hat ihre Kindheit und einen großen Teil ihrer Jugend in ihrer Heimat verbracht und ist erst im Alter von 15 Jahren in das Bundesgebiet eingereist. Es ist daher davon auszugehen, dass ihr die Sprache ihrer Heimat und die dortigen Verhältnisse noch vertraut sind. Allein ihr langjähriger Aufenthalt in Deutschland und die Tatsache, dass sie hier eine Ausbildung absolviert hat, rechtfertigen nicht die Annahme, dass sie sich vollständig in das wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Leben im Bundesgebiet integriert hat und ihrem Heimatland so sehr entfremdet ist, dass sie nur noch das formale Band der Staatsangehörigkeit mit ihm verbindet. Sonstige Umstände, die auf eine vollständige Integration in die hiesigen Verhältnisse schließen lassen könnten, hat die Klägerin selbst nicht vorgetragen. Dagegen spricht nicht zuletzt, dass sie mehrfach - zuletzt im Jahr 2005 - wegen Betrugsdelikten verurteilt worden ist. Die Klägerin hat mit fast 40 Jahren schließlich auch noch kein Alter erreicht, in dem ihr eine Reintegration in die Lebensumstände ihres Heimatstaates nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann.
45 
2. Die Ablehnung der Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
46 
Die Klägerin hat ursprünglich noch unter der Geltung des Ausländergesetzes einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft mit ihrem deutschen Ehemann gestellt. Bei dem Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG für den ausländischen Ehegatten eines Deutschen handelte es sich nach § 23 Abs. 2 AuslG um eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Über den geltend gemachten Anspruch ist nunmehr auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes zu entscheiden. Denn nach § 104 Abs. 1 AufenthG sind die Vorschriften des bis zum 31.12.2004 geltenden Ausländergesetzes nur auf vor dem 01.01.2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anzuwenden. Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben sind und ob ein Aufenthaltstitel aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht. Besteht kein Rechtsanspruch, richtet sich die gerichtliche Überprüfung der Ermessenserwägung allerdings nach der Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens (vgl. dazu im Einzelnen Senatsbeschluss vom 09.02.2005 - 11 S 1099/04 -, VBlBW 2006, 36).
47 
Nachdem die Klägerin von ihrem deutschen Ehemann geschieden ist und feststeht, dass ihre Tochter ... nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG (Familiennachzug zu Deutschen) schon tatbestandlich nicht mehr in Betracht. Darüber hinaus steht der Erteilung die Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegen. Letzteres gilt auch für die Erteilung einer - grundsätzlich denkbaren - Aufenthaltserlaubnis nach § 36 AufenthG (Nachzug sonstiger Familienangehöriger).
48 
Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kommt ebenfalls nicht in Frage, denn die Ausreise der Klägerin ist weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift ist auch unter Berücksichtigung der Zweckgebundenheit des Aufenthaltstitels nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AufenthG Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Klägerin hat eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen beantragt. Für dieses Begehren kommen vorrangig die Titel des Abschnitts 6 des Aufenthaltsgesetzes in Betracht. Demgegenüber gewährt der in Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes verankerte § 25 Abs. 5 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Gleichwohl ist nach Auffassung des Senats ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG Gegenstand eines Verfahrens auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, sofern - wie hier - die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise wegen einer durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten familiären Lebensgemeinschaft in Rede steht.
49 
Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG liegen allerdings nicht vor. Die vollziehbar ausreisepflichtige Klägerin hat sich bislang nur darauf berufen, dass eine nach Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Lebensgemeinschaft mit ihrer deutschen Tochter ... vorliege und ihr deshalb die Ausreise nicht zumutbar sei. Dieses Argument ist nunmehr entfallen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass ihr die Ausreise unzumutbar sei, weil eine - unabhängig von der Staatsangehörigkeit ihrer Tochter - bestehende geschützte familiäre Lebensgemeinschaft mit ihren Kindern bestehe, die nur im Bundesgebiet gelebt werden könne (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 30.01.2002 - 2 BvR 231/00 -, NVwZ 2002, 849). Dafür liegen auch keine Anhaltspunkte vor. Die Kinder der Klägerin verfügen über kein Aufenthaltsrecht und können auch keines beanspruchen. Weitere Gründe, die ihre Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich machen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
51 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
52 
Beschluss
vom 25. April 2007
53 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1, § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718) auf
54 
10.000,-- EUR
55 
festgesetzt.
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
23 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ausweisungsverfügung und die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 12.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.02.2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat die Ausweisungsverfügung ermessensfehlerfrei verfügt (1.) und den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Recht abgelehnt (2.).
24 
1. a) Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, d.h. der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2002 (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2004 - 1 C 2/04 -, NVwZ 2005, 1074; Urteil des Senats vom 16.03.2005 - 11 S 2599/04 -). Daraus folgt, dass nach nationalem Recht für die Überprüfung der Ausweisungsentscheidung die Vorschriften des bis zum 31.12.2004 geltenden Ausländergesetzes anzuwenden sind. Lediglich für den Teilausschnitt der Rechtsprüfung, der sich auf die Vereinbarkeit der Ausweisung mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (Privat- und Familienleben) bezieht, ist auf den Zeitpunkt der letzten Entscheidung eines nationalen Gerichts, d.h. auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats abzustellen (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 15.07.2003 - 52206/99 - , InfAuslR 2004, 183; Urteil des Senats vom 16.03.2005, a.a.O.).
25 
b) Der Beklagte hat die Ausweisung zu Recht auf die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG gestützt, da die Klägerin zum einen wegen Täuschung der Ausländerbehörde zu einer Geldstrafe und zum anderen wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt worden ist.
26 
c) Die Klägerin genießt keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG wegen einer familiären Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Familienangehörigen. Der zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bestehende Ausweisungsschutz nach dieser Vorschrift ist infolge der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung mit Rückwirkung entfallen.
27 
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung sind - da die Klägerin weder freizügigkeitsberechtigt nach dem Assoziationsratsbeschluss EWG-Türkei Nr. 1/80noch Unionsbürgerin ist - grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung, d.h. des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.02.2002 maßgebend. Zu diesem Zeitpunkt war der Entscheidung zugrunde zu legen, dass die Klägerin Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt. Denn ihre Tochter ..., mit der sie in familiärer Lebensgemeinschaft lebte, besaß die deutsche Staatsangehörigkeit, da sie während der Ehe der Klägerin mit Herrn ... geboren wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Herr ... nicht ... biologischer Vater ist. Denn nach § 1592 Nr. 1 BGB ist der Mann Vater eines Kindes, der zum Zeitpunkt der Geburt dieses Kindes mit dessen Mutter verheiratet ist. Bis zur Rechtskraft eines auf Anfechtung hin ergehenden Urteils, mit dem festgestellt wird, dass die Vaterschaft nicht besteht, liegt danach eine Vaterschaft dieses Mannes im Rechtssinne und nicht nur der Rechtsschein einer Vaterschaft vor, selbst wenn das tatsächliche biologische Abstammungsverhältnis davon abweicht. Da somit die Vaterschaft des Herrn ... keinen Scheincharakter hatte, war auch die von dieser Vaterschaft abgeleitete deutsche Staatsangehörigkeit von ... (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StAG) keine Scheinstaatsangehörigkeit, sondern eine echte Staatsangehörigkeit (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2006, - 2 BvR 696/04 -, NJW 2007, 425, 426).
28 
Mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 wurde diese Staatsangehörigkeit und infolge dessen der Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG rückwirkend beseitigt. Grundsätzlich können sich Änderungen der Sach- oder Rechtslage, die nach Erlass des Widerspruchsbescheides eintreten, zwar nicht mehr auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung auswirken. Von diesem Grundsatz sind jedoch Ausnahmen anerkannt. So sind Rechtsänderungen, die sich selbst ausdrücklich Rückwirkung beimessen, mit ihrer rückwirkenden Kraft zu beachten, d.h. der Verwaltungsakt ist so zu beurteilen, wie wenn er von Anfang an unter Geltung des rückwirkend erlassenen Rechts bekannt gegeben worden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103/79 -, BVerwGE 59, 148, 160; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, Komm., 2. Aufl. 2006, § 113 RdNr. 108). Wäre beispielsweise § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG mit Rückwirkung aufgehoben worden, müsste die Rechtmäßigkeit der Ausweisung der Klägerin so beurteilt werden, wie wenn § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG bereits zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides nicht vorhanden gewesen wäre.
29 
Mit dieser Fallgestaltung ist die vorliegende vergleichbar. Denn das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 im erfolgreichen Vaterschaftsanfechtungsprozess gestaltete – ebenso wie eine rückwirkende Gesetzesänderung - die bislang bestehende Rechtslage rückwirkend um: Zum einen hob es das bisherige Vater-Kind-Verhältnis zwischen ... ... und ... mit Rückwirkung auf den Tag der Geburt von ... am 13.10.2001 auf (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1999 - XII ZR 117-97, NJW 1999, 1632 und Urteil vom 03.11.1971 - IV ZR 86/70 -, NJW 1972, 199, 200; Palandt, BGB Kommentar, 66. Aufl. 2007, § 1599 RdNr. 7). Zum anderen ließ es ... deutsche Staatsangehörigkeit rückwirkend auf den Zeitpunkt ihrer Geburt entfallen; aus der ex-post-Betrachtung erscheint deren deutsche Staatsangehörigkeit als nie erworben (BVerfG, Urteil vom 24.10.2006, a.a.O.). Der Wegfall der Staatsangehörigkeit hatte wiederum zur Folge, dass ein für die Gewährung von Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG erforderliches Tatbestandsmerkmal mit Rückwirkung entfiel.
30 
Durch die Rückwirkung unterscheidet sich der vorliegende Fall von solchen Fällen, in denen nach Erlass des Widerspruchsbescheides Umstände eintreten, die die Sach- oder Rechtslage nur ex nunc verändern. So wäre es beispielsweise ohne Einfluss auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung geblieben, wenn die Vaterschaft von ... nicht mit Erfolg angefochten worden wäre, sondern die Klägerin die familiäre Lebensgemeinschaft mit ... nach Erlass des Widerspruchsbescheides aufgehoben hätte. Solche mit ex-nunc-Wirkung eintretenden veränderten Umstände können wegen der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Widerspruchsbescheides bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung nicht mehr berücksichtigt werden.
31 
Wegen der Rückwirkung des Urteils des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.07.2006 lebte die Klägerin aber aus heutiger Sicht bereits zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht mit einer deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft mit der Folge, dass sie keinen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt, der ihrer Ausweisung entgegen stehen könnte.
32 
d) Der Beklagte hat sein durch die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG eröffnetes Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Er hat die widerstreitenden öffentlichen und die nach § 45 Abs. 2 AuslG zu berücksichtigenden privaten Interessen sachgerecht und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abgewogen.
33 
Der Beklagte hat die Ausweisung jeweils selbständig tragend auf spezial- und auf generalpräventive Gründe gestützt. In spezialpräventiver Hinsicht bestehe die erforderliche Wiederholungsgefahr, da zu befürchten sei, dass die Klägerin wegen ihrer schlechten finanziellen Lage wieder versuchen werde, auf illegale Weise an Geld zu kommen. Das öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Wiederholungsgefahr überwiege ihr privates Interesse, von den Folgen einer Ausweisung verschont zu bleiben. Diese Einschätzung ist auch unter den durch die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung geänderten Verhältnissen nicht zu beanstanden.
34 
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids musste die Behörde ihren Erwägungen zu Grunde legen, dass die Klägerin besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt und deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Aus heutiger Sicht steht fest, dass dieser Ausweisungsschutz nicht bestand. Die der Ermessensausübung zugrunde zu legenden Verhältnisse haben sich somit geändert. Dies hätte aber nur dann die Rechtswidrigkeit der Ausweisung wegen fehlerhafter Ermessensausübung zur Folge, wenn davon ausgegangen werden müsste, dass die Behörde die Klägerin nur deshalb ausgewiesen hat, weil aus ihrer Sicht besonders gewichtige Gründe hierfür vorlagen, der Senat solche jedoch nicht feststellen könnte. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Zum Zeitpunkt des Ausgangsbescheides des Landratsamtes Reutlingen vom 12.03.2001 genoss die Klägerin keinen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 AuslG wegen einer familiären Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Staatsangehörigen. Die Ehe mit dem deutschen Staatsangehörigen ... ... konnte diesen Ausweisungsschutz schon deshalb nicht auslösen, weil aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Reutlingen vom 24.07.2000 feststand, dass die Klägerin Herrn ... nur zum Schein geheiratet hatte und die Klägerin mit ihm keine familiäre Lebensgemeinschaft führte. Ihre Tochter ... war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboren. Den Ausführungen im Ausgangsbescheid lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Ausländerbehörde die Ausweisung nur deshalb verfügte, weil Gründe vorlagen, die gewichtiger waren als sie für eine Ausweisung ohne Ausweisungsschutz erforderlich gewesen wären. Auch aus den Ausführungen im Widerspruchsbescheid lässt sich dies nicht entnehmen. Wegen der zwischenzeitlichen Geburt von ... musste das Regierungspräsidium Tübingen seinen Erwägungen zwar zugrunde legen, dass die Klägerin besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG genießt und deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Damit hat die Behörde jedoch nur auf die veränderten Verhältnisse reagiert. Der Verfahrensablauf macht für den Senat deutlich, dass das Regierungspräsidium den Widerspruch der Klägerin erst recht zurückgewiesen hätte, wenn es hätte davon ausgehen dürfen, dass schwerwiegende Gründe nicht erforderlich sind, weil die Klägerin keinen besonderen Ausweisungsschutz genießt.
35 
Die Ermessenserwägungen des Beklagten halten der gerichtlichen Überprüfung stand. Die für eine Ausweisung aus spezialpräventiven Gründen erforderliche und vom Senat als Tatsachenfrage eigenständig zu überprüfende Wiederholungsgefahr liegt vor. Sie würde nur dann fehlen, wenn bei Anwendung „praktischer Vernunft“ neue Verfehlungen nicht mehr zu erwarten wären (BVerwG, Beschluss vom 17.10.1984 - B 61.84 - InfAuslR 1985, 33). Dem ist jedoch nicht so.
36 
Die Klägerin ist mehrfach straffällig geworden; es handelt sich nicht um Bagatelldelikte. Die Tatumstände sowohl der Täuschung der Ausländerbehörde durch Eingehung einer Scheinehe als auch des Scheckdelikts zeugen von erheblicher krimineller Energie. Die Klägerin ging zum einen planmäßig vor, um sich in rechtswidriger Weise ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen. Zum anderen nutzte sie die Vertrauensstellung als Haushaltshilfe aus, um sich einen erheblichen Geldbetrag zu verschaffen. Beide Delikte wurden mit empfindlichen Strafen geahndet. Die vom Senat geteilte Einschätzung der Behörde, aufgrund der schlechten finanziellen Lage der Klägerin bestehe Wiederholungsgefahr, findet ihre Bestätigung in der von dem Beklagten angeführten und von der Klägerin nicht bestrittenen erneuten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Bewährung wegen Betruges durch Urteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 25.10.2005. Die Verurteilung erfolgte zwar nach Erlass des Widerspruchsbescheids, d.h. nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung. Nach diesem Zeitpunkt entstandene Erkenntnismittel sind jedoch für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung heranzuziehen, wenn diesen Erkenntnismitteln Anhaltspunkte für die Richtigkeit der im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids getroffenen Einschätzung entnommen werden können (BVerwG, Beschluss vom 16.10.1989 - 1 B 106.89 -, InfAuslR 1990, 4; Beschluss vom 23.05.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288, 1289). Das ist hier der Fall.
37 
Der Beklagte hat die für eine Ausweisung der Klägerin sprechenden öffentlichen Interessen sachgerecht mit dem privaten Interesse der Klägerin abgewogen, von den Folgen einer Ausweisung verschont zu bleiben. Er hat den langjährigen Aufenthalt der Klägerin ausdrücklich berücksichtigt, ihn aber zu Recht angesichts des rechtlich ungesicherten Status nicht als ausschlaggebenden Umstand erachtet. Ebenso hat der Beklagte in seine Entscheidung die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen der Klägerin im Bundesgebiet sowie deren familiäre Situation einbezogen und sie zutreffend gewürdigt. Er hat auch berücksichtigt, dass die Rückkehr für die Klägerin nach langjährigem Aufenthalt in Deutschland mit Schwierigkeiten verbunden sein wird, hat aber eine Eingliederung in die Lebensverhältnisse ihres Heimatstaates zu Recht für zumutbar gehalten. Ebenso zutreffend hat er angenommen, dass der Ausweisung keine Duldungsgründe entgegen stehen.
38 
Insgesamt stehen die mit der Ausweisung für die Klägerin verbundenen Nachteile nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg. Die Klägerin hat ihren langjährigen Aufenthalt nicht dazu genutzt, sich in die deutsche Rechtsordnung zu integrieren, sondern diese nachhaltig und immer wieder missachtet.
39 
Da somit die Ausweisung bereits aus spezialpräventiven Gründen gerechtfertigt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Ausweisung darüber hinaus auch auf die von dem Beklagten angeführten generalpräventiven Gründe gestützt werden konnte.
40 
e) Die Ausweisung verstößt auch nicht gegen Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - vom 04.11.1950 (BGBl. 1952 II, S. 686, 1953/1954 II, S. 14).
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts - etwa durch eine Ausweisung - ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Das Recht der Klägerin aus Art. 8 EMRK wird durch die angefochtene Ausweisung nicht verletzt.
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Ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Familienleben scheidet hier von vornherein aus, da die Ausweisung der Klägerin nicht die Trennung von ihren Kindern zur Folge haben wird (vgl. EGMR, Urteil vom 09.10.2003 – 48321/99 -, , EuGRZ 2007, 560, 561 Rdnr. 97 VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -, VBlBW 2006, 438, 439 und Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200, 202). Die Kinder der Klägerin verfügen über keinen von ihr unabhängigen gesicherten aufenthaltsrechtlichen Status und sind zur Ausreise verpflichtet. Sie halten sich lediglich geduldet im Bundesgebiet auf. Die ursprüngliche Argumentation der Klägerin, eine Ausreise sei ihr nicht zuzumuten, da ihr die Personensorge für ihre Tochter ... zustehe und ihrer Tochter nicht zugemutet werden könne, als deutsche Staatsangehörige das Bundesgebiet zu verlassen, ist nach dem Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit ihrer Tochter infolge der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung in sich zusammengebrochen. Dass die familiäre Lebensgemeinschaft der Klägerin mit ihren Kindern nur in Deutschland geführt werden kann, behauptet die Klägerin selbst nicht. Sie hält einen weiteren Verbleib der Familie im Bundesgebiet zwar für wünschenswert. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährt jedoch keinen Anspruch darauf, den Ort, an dem die familiäre Lebensgemeinschaft geführt werden soll, frei zu wählen (EGMR, Urteil vom 09.10.2003, a.a.O.). Auch der Vater der Kinder verfügt über kein Aufenthaltsrecht. Selbst wenn mit ihm eine geschützte familiäre Lebensgemeinschaft bestehen sollte - was die Klägerin allerdings nicht substantiiert vorgetragen hat -, würde darin durch die Ausweisung nicht eingegriffen, denn es ist nicht erkennbar, dass die Lebensgemeinschaft nur im Bundesgebiet geführt werden könnte.
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Die Ausweisung verletzt auch nicht das Recht der Klägerin aus Art. 8 Abs. 1 EMRK auf Achtung ihres Privatlebens. Zum geschützten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Es ist bereits fraglich, ob der Schutzbereich eröffnet ist. Denn der Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK könnte möglicherweise voraussetzen, dass neben einer gewissen Dauer des Aufenthalts dieser durch ein entsprechendes Aufenthaltsrecht abgesichert ist. Hieran würde es im vorliegenden Fall fehlen, da die Klägerin stets nur im Besitz einer Aufenthaltsgestattung und anschließend von Duldungen war. Selbst wenn ein solchermaßen rechtlich abgesichertes Privatleben nicht erforderlich wäre, könnte es an einem Eingriff fehlen. Denn die Klägerin ist nicht erst seit ihrer Ausweisung, sondern bereits seit dem rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig. Ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat nicht die Erlaubnisfiktion nach § 69 Abs. 3 AuslG (§ 81 Abs. 3 AufenthG) ausgelöst. Die Ausweisung hat somit kein Aufenthaltsrecht zum Erlöschen gebracht. Sie hat allerdings die Sperrwirkungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 AuslG (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG) ausgelöst. Ob durch diese Wirkungen aber die Voraussetzungen eines Eingriffs im Sinne des Art. 8 EMRK erfüllt werden, ist ebenfalls fraglich.
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Im vorliegenden Fall bedarf es aber weder einer Entscheidung darüber, welche Qualität das Privatleben haben muss, um den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu eröffnen, noch darüber, ob ein Eingriff in das Privatleben der Klägerin vorliegt. Denn ein solcher Eingriff in den Schutzbereich wäre jedenfalls nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Die Ausweisung ist gesetzlich vorgesehen (§§ 45, 46 Nr. 2 AuslG) und stellt eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Es kann zwar gegen den in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, einem Ausländer, der aufgrund seiner gesamten Entwicklung faktisch zum Inländer geworden ist, wegen der Besonderheiten seines Falls ein Leben im Land seiner Staatsangehörigkeit zuzumuten, zu dem er keinen Bezug hat (EGMR, Urteil vom 26.09.1997 - 85/1996/704/896 - , NVwZ 1998, 164; BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 – 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303, 305). Eine Verwurzelung der Klägerin in Deutschland in diesem Sinn ist aber weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht vorgetragen oder erkennbar. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt über ein Aufenthaltsrecht verfügt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -, a.a.O. und Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, a.a.O.). Ihr Aufenthalt war zunächst zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet. Anschließend war die Klägerin geduldet. Auch in tatsächlicher Hinsicht ist nicht erkennbar, dass sich die Klägerin irreversibel in die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland eingefügt hätte. Sie hat ihre Kindheit und einen großen Teil ihrer Jugend in ihrer Heimat verbracht und ist erst im Alter von 15 Jahren in das Bundesgebiet eingereist. Es ist daher davon auszugehen, dass ihr die Sprache ihrer Heimat und die dortigen Verhältnisse noch vertraut sind. Allein ihr langjähriger Aufenthalt in Deutschland und die Tatsache, dass sie hier eine Ausbildung absolviert hat, rechtfertigen nicht die Annahme, dass sie sich vollständig in das wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Leben im Bundesgebiet integriert hat und ihrem Heimatland so sehr entfremdet ist, dass sie nur noch das formale Band der Staatsangehörigkeit mit ihm verbindet. Sonstige Umstände, die auf eine vollständige Integration in die hiesigen Verhältnisse schließen lassen könnten, hat die Klägerin selbst nicht vorgetragen. Dagegen spricht nicht zuletzt, dass sie mehrfach - zuletzt im Jahr 2005 - wegen Betrugsdelikten verurteilt worden ist. Die Klägerin hat mit fast 40 Jahren schließlich auch noch kein Alter erreicht, in dem ihr eine Reintegration in die Lebensumstände ihres Heimatstaates nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann.
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2. Die Ablehnung der Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
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Die Klägerin hat ursprünglich noch unter der Geltung des Ausländergesetzes einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft mit ihrem deutschen Ehemann gestellt. Bei dem Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG für den ausländischen Ehegatten eines Deutschen handelte es sich nach § 23 Abs. 2 AuslG um eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Über den geltend gemachten Anspruch ist nunmehr auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes zu entscheiden. Denn nach § 104 Abs. 1 AufenthG sind die Vorschriften des bis zum 31.12.2004 geltenden Ausländergesetzes nur auf vor dem 01.01.2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anzuwenden. Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben sind und ob ein Aufenthaltstitel aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht. Besteht kein Rechtsanspruch, richtet sich die gerichtliche Überprüfung der Ermessenserwägung allerdings nach der Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens (vgl. dazu im Einzelnen Senatsbeschluss vom 09.02.2005 - 11 S 1099/04 -, VBlBW 2006, 36).
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Nachdem die Klägerin von ihrem deutschen Ehemann geschieden ist und feststeht, dass ihre Tochter ... nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG (Familiennachzug zu Deutschen) schon tatbestandlich nicht mehr in Betracht. Darüber hinaus steht der Erteilung die Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegen. Letzteres gilt auch für die Erteilung einer - grundsätzlich denkbaren - Aufenthaltserlaubnis nach § 36 AufenthG (Nachzug sonstiger Familienangehöriger).
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Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kommt ebenfalls nicht in Frage, denn die Ausreise der Klägerin ist weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift ist auch unter Berücksichtigung der Zweckgebundenheit des Aufenthaltstitels nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AufenthG Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Klägerin hat eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen beantragt. Für dieses Begehren kommen vorrangig die Titel des Abschnitts 6 des Aufenthaltsgesetzes in Betracht. Demgegenüber gewährt der in Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes verankerte § 25 Abs. 5 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Gleichwohl ist nach Auffassung des Senats ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG Gegenstand eines Verfahrens auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, sofern - wie hier - die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise wegen einer durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten familiären Lebensgemeinschaft in Rede steht.
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Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG liegen allerdings nicht vor. Die vollziehbar ausreisepflichtige Klägerin hat sich bislang nur darauf berufen, dass eine nach Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Lebensgemeinschaft mit ihrer deutschen Tochter ... vorliege und ihr deshalb die Ausreise nicht zumutbar sei. Dieses Argument ist nunmehr entfallen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass ihr die Ausreise unzumutbar sei, weil eine - unabhängig von der Staatsangehörigkeit ihrer Tochter - bestehende geschützte familiäre Lebensgemeinschaft mit ihren Kindern bestehe, die nur im Bundesgebiet gelebt werden könne (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 30.01.2002 - 2 BvR 231/00 -, NVwZ 2002, 849). Dafür liegen auch keine Anhaltspunkte vor. Die Kinder der Klägerin verfügen über kein Aufenthaltsrecht und können auch keines beanspruchen. Weitere Gründe, die ihre Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich machen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
51 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
52 
Beschluss
vom 25. April 2007
53 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1, § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718) auf
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10.000,-- EUR
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festgesetzt.
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Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Kläger wird die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5. September 2006 - 12 K 2934/05 - geändert. Der Streitwert bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung im eigenen Gebühreninteresse des Prozessbevollmächtigten der Kläger erhobene Streitwertbeschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig; insbesondere wird die Beschwerdesumme erreicht und die Frist von sechs Monaten nach Erledigung des Verfahrens eingehalten (§ 68 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG). Über sie hat der Berichterstatter zu entscheiden, da der angefochtene Beschluss durch den Einzelrichter ergangen ist (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG; s. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 2.6.2006 - 9 S 1148/06 -, NVwZ-RR 2006, 648).
Die Beschwerde ist auch begründet. Die vier Kläger sind geduldete Ausländer. Ihre ausländerrechtlichen Duldungen sind jeweils unter anderem mit dem Zusatz versehen: „Duldung erlischt, sobald der Betroffene mit dem Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird.“ Mit ihrer Klage haben sie beantragt, die bisherigen Duldungen mit der Nebenbestimmung des Erlöschens aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihre Abschiebung auszusetzen und ihnen hierüber Duldungsbescheinigungen ohne eine Nebenbestimmung des Erlöschens zu erteilen. Für diese Klagen hätte das Verwaltungsgericht den Auffangstreitwert von 5.000,-- EUR zugrunde legen und nach Addition der Werte der vier einzelnen Klagen den Streitwert auf 20.000,-- EUR festsetzen müssen (vgl. Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom Juli 2004).
In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,- EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG, sogenannter Auffangwert). Bei aufenthaltsrechtlichen Streitverfahren, die im Wege der Hauptsacheklage auf Duldung, d.h. auf Aussetzung einer Abschiebung (§ 60a AufenthG) gerichtet sind, ist nach feststehender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg grundsätzlich der Auffangstreitwert von 5.000,-- EUR heranzuziehen (Beschluss vom 27.11.2006 - 1 S 2216/06 -, juris; Beschluss vom 27.2.2002 - 11 S 2554/01 -, AuAS 2002, 101; Senatsbeschlüsse vom 5.2.2007 - 13 S 2782/06 - und vom 17.10.2006 - 13 S 2175/06 - mit der Festsetzung des halben Regelstreitwerts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren). Gleiches gilt für Streitigkeiten, mit welchen sich der Kläger gegen eine Nebenbestimmung zu einer ihm bereits erteilten Duldung wendet (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.4.2001 - 11 S 1327/00 -).
Der Auffangstreitwert ist in Rechtsstreitigkeiten über die Erteilung einer Duldung oder über Auflagen zu einer Duldung auch nicht zu halbieren (so aber BayVGH, Beschluss vom 21.12.2006 - 24 CS 06.2958 - juris; weitere Rechtsprechungsnachweise zu dieser Gegenauffassung im Beschluss des VGH Bad.-Württ. vom 27.2.2002, a.a.O.). Gegen eine solche Halbierung spricht bereits die faktische Bedeutung der Sache für die jeweiligen Kläger (vgl. § 52 Abs. 1 GKG), für die es bei der Duldungsklage um die wichtige und für ihren weiteren Aufenthalt in Deutschland letztlich entscheidende Frage geht, ob sie abgeschoben werden können. Dies gilt nicht nur für Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung einer Duldung, sondern auch für den vorliegenden Fall der Nebenbestimmung, dass die Duldung mit Bekanntgabe der Einleitung von Abschiebungsmaßnahmen erlöschen soll. Auch bei dieser Nebenbestimmung (auflösenden Bedingung) geht es für die Kläger letztlich darum, ob sie eine gewisse Perspektive bzw. einen rechtlichen Schutz ihres Aufenthalts während der Duldungsfrist erhalten oder ob sie ständig mit der Abschiebung rechnen müssen. Darüber hinaus sind im Duldungsrechtsstreit oft schwierige rechtliche und tatsächliche Fragen zu klären, etwa im Zusammenhang zu gesundheitlichen Abschiebungshindernissen oder der familiären Erziehungs- und Beistandsgemeinschaft. Ferner unterscheidet auch die gerichtliche Streitwertpraxis zum Aufenthaltsrecht im Übrigen - anders als in zahlreichen anderen Rechtsgebieten (vgl. hierzu den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, a.a.O.) - nicht nach dem Ausmaß der rechtlichen Aufenthaltsverfestigung oder der Geltungsdauer von Aufenthaltstiteln; der Streitwertkatalog schlägt sogar für Pass/Passersatz den Auffangwert vor (Nr. 8.4), obwohl es sich hierbei regelmäßig nur um eine Vorfrage für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels handelt. Im Übrigen entspricht es schließlich der Natur des „Auffangwerts“, dass eine weitere Differenzierung unterbleibt, wenn der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für die Bedeutung der Sache bietet. Soweit aus dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 für aufenthaltsrechtliche Duldungen ebenso wie für die Abschiebung und die isolierte Abschiebungsandrohung (Nr. 8.3) lediglich der halbe Auffangwert pro Person abgeleitet wird, ist dem daher nicht zu folgen.
Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da das Verfahren über die Beschwerde gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.