Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 04. Mai 2015 - 15 K 4757/13

bei uns veröffentlicht am04.05.2015

Tenor

Es wird festgestellt, dass die der Duldung vom 5. August 2013 beigefügte Nebenbestimmung „Erlischt mit Flugtermin“ rechtswidrig war.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung, dass die Nebenbestimmung zur ihm erteilten Duldung „Erlischt mit Flugtermin“ rechtswidrig war.

2

Der Kläger wurde am 15. April xxx (oder xxx) in der Türkei geboren und ist türkischer Staatsangehöriger kurdischen Volkstums. Er ist Vater des am 2. März geborenen deutschen Staatsangehörigen Y.

3

Im Februar 2002 reiste er erstmals in das Bundesgebiet ein. Nach erfolglosen Asylverfahren wurde er im November 2002 und im Juli 2007 in sein Heimatland abgeschoben.

4

Am 27. Oktober 2011 wurde der Kläger im Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit als Erntehelfer auf einem Obstbauernhof in Hamburg vom Zoll aufgegriffen. Er befand sich hiernach zuerst bis zum 6. Januar 2012 in Untersuchungshaft und dann in Abschiebehaft, aus der er am 20. Januar 2012 entlassen wurde. Über die Rechtmäßigkeit der Haftanordnungen führte der Kläger im Ergebnis erfolgreich Rechtsstreite bis hin zum Bundesgerichtshof.

5

Da der Kläger über keinen Nationalpass verfügte, wurde er am 13. Dezember 2011 dem türkischen Generalkonsulat in Hamburg vorgeführt, um ein Passersatzpapier für ihn zu beschaffen. Ein solches ist bis heute nicht ausgestellt worden.

6

Am 30. Januar 2012 erhielt der Kläger erstmals eine Duldung, die bis zum 7. Februar 2012 befristet war. Als Aufenthaltszweck angegeben wurde das tatsächliche Abschiebungshindernis Passlosigkeit/kein Passersatz. Als Nebenbestimmungen wurde der Duldung unter anderem beigefügt:

7

„Die Duldung wird nur zur Vorbereitung der Abschiebung erteilt.“

8

„Erlischt mit Flugtermin.“

9

Vom 7. Februar bis zum 7. Mai 2012 wurde eine vergleichbare Duldung jetzt für 3 Monate erteilt. Diese wurde entsprechend am 7. Mai 2012 mit denselben Nebenbestimmungen verlängert. Angesichts der weiteren Verlängerung am 6. August 2012 wurde jetzt als Aufenthaltszweck ein „sonstiges tatsächliches Abschiebungshindernis“ angegeben. Gleichzeitig wurde in der Sachakte vermerkt: „Vertretungsweise verlängert, da der SV unverändert ist.“ Am 6. November 2012 wurde die Duldung in gleicher Weise für nochmals 3 Monate verlängert. Hierbei wurde vermerkt: „Betr. will ein deutsches Kind haben. Jedwede Unterlagen fehlen. Kein Pass / PEP. GK stellt keine PEPs aus, daher WB gelöscht.“ Bereits im August 2012 hatte der Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt, um Umgang mit seinem bereits 2003 geborenen deutschen Sohn Nicolas Kevin Hey haben zu können. Mit Verfügung vom 5. Februar 2013 wurde die Duldung nunmehr unter Beibehaltung der bisherigen Nebenbestimmungen für ein halbes Jahr verlängert. Vermerkt wurde lediglich das Wort „Serviceschalter“.

10

Am 10. Juni 2013 wurde der Kläger bei Bad Bentheim von der Bundespolizei im ICE aus Amsterdam aufgegriffen. Er berichtete, seine schwer kranke Schwester in den Niederlanden besucht zu haben. Unter Hinweis darauf, dass nach § 60a Abs. 5 S. 1 AufenthG mit der Ausreise die Duldung eines Ausländers erlischt, wurde dem Kläger aufgegeben, sich umgehend bei der Beklagten zwecks weiterer Duldung zu melden.

11

Erst am 5. August 2013 sprach er dort wieder vor und die Beklagte verlängerte seine Duldung mit denselben Nebenbestimmungen wie bisher jetzt bis zum 10. Februar 2014. Auf der Verfügung wurde der Raum für Vermerke diesmal nicht ausgefüllt.

12

Noch am selben Tag legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und beantragte, die Nebenbestimmung „Die Duldung erlischt mit Flugtermin“ aufzuheben: Diese sei rechtswidrig, da sie eine Umgehung der Regelung des Widerrufs der Duldung gemäß § 60a Abs. 5 S. 4 AufenthG darstelle.

13

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2013 wurde der Widerspruch zurückgewiesen: Nach § 61 Abs. 1 S. 2 AufenthG könnten Duldungen mit Bedingungen und Auflagen versehen werden. Eine auflösende Bedingung müsse dabei hinreichend bestimmt sein. Die hier angegriffene Bedingung sei hinreichend bestimmt, da sich im Wege der Auslegung ergebe, dass zum Erlöschen der Duldung erst die Bekanntgabe des Termins an den Ausländer führe. Im Falle des Klägers sei derzeit noch kein Flugtermin bekannt, da er nicht im Besitz eines Passes sei. Deshalb sei mit dem Eintreten der auflösenden Bedingung gegenwärtig nicht zu rechnen. Die Duldung werde aber in diesem Fall gleichwohl mit der auflösenden Bedingung versehen, damit dann, wenn ein Nationalpass beschafft werden könne oder Passersatzpapiere ausgestellt würden, nicht zunächst ein Widerrufsverfahren durchgeführt werden müsse, sondern unverzüglich die Rückführung vorbereitet werden könne. Es sei deshalb nicht unverhältnismäßig, die Duldung des Klägers mit dieser auflösenden Bedingung zu versehen.

14

Am 28. Oktober 2013 hat der Kläger Klage erhoben: Die Nebenbestimmung stelle eine Umgehung der Regelung des Widerrufs der Duldung dar. Dies belege schon die Begründung des Widerspruchsbescheids der Beklagten. In der aktuellen Rechtsprechung werde die angegriffene Nebenbestimmung überwiegend für rechtswidrig, zumindest für rechtlich zweifelhaft erachtet.

15

Der Kläger hat beantragt,

16

die Nebenbestimmung „Die Duldung erlischt mit Flugtermin“ aufzuheben.

17

Angesichts des Umstandes, dass die Duldung, der die angefochtene Nebenbestimmung beigefügt ist, am 10. Februar 2014 durch Befristung endete, hat der Kläger sein Begehren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt.

18

Der Kläger beantragt nunmehr,

19

festzustellen, dass die der Duldung vom 5. August 2013 beigefügte Nebenbestimmung „Die Duldung erlischt mit Flugtermin“ rechtswidrig war.

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Die Beklagte beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und macht ergänzend geltend: Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht habe bereits entschieden, dass die streitige auflösende Bedingung einer Duldung hinzugefügt werden dürfe. Dieses diene dem legitimen Zweck, eine beschleunigte Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer zu ermöglichen. Dies entspreche auch der aktuell im Bundesgebiet herrschenden Rechtsauffassung. Die angegriffene Praxis bestehe seit vielen Jahren und sei bislang von der hamburgischen Verwaltungsgerichtsbarkeit bestätigt worden. Es gehe auch nicht darum, den ausreisepflichtigen Ausländern den Rechtsschutz abzuschneiden, weil dieser gleichwohl rechtzeitig in Anspruch genommen werden könne. Es komme aber gelegentlich vor, dass in Fällen, in denen bereits ein Abschiebungsversuch gescheitert sei, weil der Betroffene sich der Abschiebung entzogen habe, der dann erneut gebuchte Flugtermin nicht vorher mitgeteilt werde, da ansonsten wieder mit einem Untertauchen zu rechnen sei. Ein schützenswertes Interesse des Ausländers an einem Duldungswiderruf statt an einer auflösenden Bedingung könne ohnehin nur darin gesehen werden, dass nach zumindest einjähriger Duldung im Widerrufsfall die Abschiebung einen Monat vor dem Abschiebungstermin anzukündigen sei. Hierdurch könne der Betroffene einen Monat Zeit gewinnen. Ein schützenswertes Interesse hieran sei bei lange bestehender Ausreisepflicht fraglich. Die Duldung sei eben kein Aufenthaltstitel, sondern lediglich die Aussetzung der Abschiebung. Materiell gewinne der Ausländer nichts, wenn die Duldung förmlich widerrufen werden müsse. Diese Fälle seien ohnehin selten, da üblicherweise vor der beabsichtigten Aufenthaltsbeendigung nur noch eine Duldung erteilt werde, die dem Rückführungstermin angepasst sei. Problematisch seien letztlich nur die Fälle, in denen eine längerfristige Duldung ausgestellt worden sei, dann aber kurzfristig und unerwartet ein Passersatzpapier ausgestellt werde. Diese Passersatzpapiere seien oft nur sehr kurze Zeit gültig und die Erlangung eines neuen sei nicht immer unproblematisch. In diesen Fällen bestehe ein gesteigertes Interesse, die Abschiebung, die ohnehin einen großen Aufwand verursache, zügig umsetzen zu können. In diesen Fällen stehe ein förmliches Widerrufsverfahren dem Ziel der zügigen Umsetzung der Aufenthaltsbeendigung entgegen.

23

Am 4. Mai 2015 ist in der Sache mündlich verhandelt worden. Insoweit hat die Beklagte u.a. vorgetragen, dass sie stets allen Duldungen die streitige Nebenbestimmung beifüge. Dies diene der Verwaltungsvereinfachung und habe die Beschleunigung der Abschiebung bei gewissen Verfahren zum Ziel. Im Übrigen wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Die Sachakten der Beklagten sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

I.

24

Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO). Hat sich der Verwaltungsakt vor der Entscheidung des Gerichts durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht hiernach auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

25

Die auflösende Bedingung als Nebenbestimmung eines begünstigenden Verwaltungsaktes – der Duldung – durfte selbstständig angefochten werden, da die Duldung auch ohne die Bedingung sinnvoll erlassen werden konnte (so z.B. auch OVG Bremen, Beschluss vom 29.3.2011, 1 B 57/11, 1 B 67/1 B 67/11, juris Rn. 6 ff.; anders noch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.9.2000, 13 S 2260/99, InfAuslR 2001, 158 f., juris Rn. 14). Aufgrund einer Befristung bis zum 10. Februar 2014 haben sich Duldung und Nebenbestimmung nach Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt.

26

Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Nebenbestimmung. Da diese bereits diverse Male den Duldungen des Klägers beigefügt wurde und die Beklagte zudem in der mündlichen Verhandlung ausführte, die auflösende Bedingung „Erlischt mit Flugtermin“ sogar allen Duldungen beizufügen, besteht Wiederholungsgefahr.

II.

27

Die Beifügung der auflösenden Bedingung „Erlischt mit Flugtermin“ zur Duldung vom 5. August 2013 war rechtswidrig.

28

1. Zwar begegnet keinen Bedenken, dass diese Nebenbestimmung Duldungen beigefügt werden durfte, da § 61 Abs. 1 S. 2 AufenthG i. d. F. vom 25. Februar 2008 ausdrücklich vorsah, dass neben einer räumlichen Beschränkung weitere Bedingungen und Auflagen der Duldung eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers beigefügt werden können. Auch zu Duldungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, kann deshalb nach § 36 Abs. 1 HmbVwVfG eine solche Bedingung hinzugefügt werden(entspr. noch zu § 56 Abs. 3 S. 2 AuslG OVG Hamburg, Beschluss vom 16.11.2004, 3 Bs 503/04, juris Rn. 4, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. September 2000, 13 S 2260/99, InfAuslR 2001, 158 f., juris Rn. 17; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 18.2.2015, 10 C 14.1117 u.a., juris Rn. 25; VG Oldenburg, Beschluss vom 23.1.2013, 11 A 4635/12, juris Rn. 6 und Urteil vom 15.5.2013, 11 A 3664/12, juris Rn. 14; VG Stuttgart, Urteil vom 9.2.2012, 11 K 2593/11, juris Rn. 17; a. A. VG Oldenburg, Urteil vom 15.5.2013, 11 A 3664/12, juris Rn. 17).

29

2. Zudem hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht bereits im Jahr 2004 geklärt, dass die auflösende Bedingung „Erlischt mit Flugtermin“ noch hinreichend bestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 HmbVwVfG ist(OVG Hamburg, Beschluss vom 16.11.2004, 3 Bs 503/04, juris Rn. 6). Denn im Wege der Auslegung ergebe sich, dass das zum Erlöschen der Duldung führende Ereignis die Bekanntgabe des Flugtermins an den betroffenen Ausländer sei, während die interne Kenntniserlangung vom konkreten Flugtermin durch die Ausländerbehörde hierfür nicht genüge. Nicht beschäftigt hat sich die damalige Entscheidung allerdings mit der Frage, ob „mit Flugtermin“ sich nicht auch auf den Tag des geplanten Abfluges beziehen könne. Im normalen Sprachgebrauch und, wie die mündliche Verhandlung gezeigt hat, auch unter Juristen dürfte ein solches Verständnis durchaus verbreitet sein, so dass es der Klarheit der Nebenbestimmung sicherlich dienlich wäre, wenn diese als „Erlischt mit Bekanntgabe des Flugtermins“ gefasst würde.

30

3. Ferner stellt sich hier nicht die Frage, ob die Beifügung einer auflösenden Bedingung, die eine Abschiebung auch ohne Einhaltung der in § 60a Abs. 5 S. 4 AufenthG im Widerrufsfall für längerfristig Geduldete vorgesehenen Ankündigungsfrist von einem Monat erlaubt, aufgrund dieser Spezialvorschrift ausgeschlossen ist(vgl. dazu insbesondere VG Oldenburg, Urteil vom 15.5.2013, 11 A 3664/12, juris Rn. 16 ff.; zur analogen Anwendung der Ankündigungspflicht VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. September 2000, 13 S 2260/99, InfAuslR 2001, 158 f., juris Rn. 21, OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.8.2010, 2 M 124/10, juris Rn. 4, und BayVGH, Beschluss vom 18.2.2015, 10 C14.1117 u.a., juris Rn. 25). Denn der Kläger würde im Fall eines Widerrufs einer Duldung nicht von § 60a Abs. 5 S. 4 AufenthG begünstigt, da er bei Erlass der streitbefangenen Nebenbestimmung am 5. August 2013 nicht für länger als ein Jahr ununterbrochen geduldet war. Der Kläger war nämlich Anfang Juni 2013 zu seiner kranken Schwester in die Niederlande gefahren, wodurch die ihm zuvor gewährte Duldung nach § 60a Abs. 1 S. 1 AufenthG erloschen war. Nach der Rückkehr hatte er sich gut zwei Monate ohne Duldung im Bundesgebiet aufgehalten, bevor seine Abschiebung erst durch die streitbefangene Duldung vom 5. August 2013 wiederum für ein halbes Jahr ausgesetzt wurde.

31

4. Der Rechtmäßigkeit der beigefügten auflösenden Bedingung steht jedoch entgegen, dass es bei Erteilung der Duldung an jeglichen Ermessenserwägungen dafür fehlte, weshalb sie in diesem Fall der Duldung des Klägers beigefügt wurde. Insoweit lag für den konkreten Einzelfall ein Ermessensnichtgebrauch vor, welcher die Beifügung der streitbefangenen Nebenbestimmung, die nach § 61 Abs. 1 S. 2 AufenthG damaliger Fassung zweifellos im Ermessen der Beklagten stand („kann“), ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig macht (unten a. und b.).

32

Dieser Mangel wurde hier auch nicht dadurch geheilt, dass die Beklagte im Widerspruchsbescheid noch einige Erwägungen nachschob, die die Beifügung der auflösenden Bedingung im Fall des Klägers nachträglich rechtfertigen sollten (unten c.).

33

Eine Heilung erst im Klageverfahren scheidet ohnehin aus. Im Fall einer Fortsetzungsfeststellungsklage dürfte dem grundsätzlich nach § 114 S. 2 VwGO formell zulässigen Nachschieben von Ermessenserwägungen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bereits entgegenstehen, dass der zu beurteilenden Vorgang abgeschlossen ist(vgl. BVerwG, Urteil vom 20.6.2013, 8 C 46/12, BVerwGE 147, 81 ff., juris Rn. 32). Jedenfalls aber hat die Beklagte vor Gericht keine fallbezogenen Ermessenserwägungen nachgeschoben, sondern lediglich vorgetragen, dass sie Duldungen stets die angefochtene Nebenbestimmung beifügt.

34

a. Der Annahme eines Ermessensnichtgebrauchs steht hier nicht entgegen, dass die Beklagte vermutlich nicht gänzlich verkannt hat, dass das AufenthG ihr insoweit ein Ermessen einräumt, dieses aber in der Weise ausübt, dass alle Duldungen mit der angegriffenen Nebenbestimmung versehen werden. Denn eine solche Ermessenspraxis ist vom Gesetzeszweck nicht gedeckt (§ 114 S. 1 VwGO). Wenn der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, dass ausnahmslos allen Duldungen eine solche auflösende Bedingung beizufügen ist, hätte er dies selbst geregelt. Wenn er aber den Ausländerbehörden lediglich erlaubt, einer Duldung im Ermessenwege Bedingungen oder Auflagen beizufügen, weist er diesen auch die Aufgabe zu, ihr Ermessen zu betätigen (vgl. Jestaedt in Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, Rn. 61) und Kriterien dafür zu entwickeln, in welchen Fällen welche Nebenbestimmungen aus welchen Gründen beizufügen sind.

35

b. Hier liegt auch kein Fall eines intendierten Ermessens vor, in dem die Ermessensentscheidung sich grundsätzlich bereits aus dem Gesetz ergibt. Dem steht bereits entgegen, dass das Gesetz lediglich davon spricht, dass der Duldung einer Bedingung hinzugefügt werden kann, aber nicht sagt, dass eine Bedingung hinzugefügt werden soll (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15.10.2001, 8 B 104/01, NVwZ-RR 2002, 150 ff., Rn. 5).

36

c. Auch sind die im Widerspruchsbescheid nachgeschobenen Ermessenserwägungen nicht geeignet, um die Beifügung der angefochtenen Nebenbestimmung als rechtmäßig erscheinen zu lassen.

37

Fraglich erscheint bereits, ob diese Erwägungen, soweit sie für und nicht gegen die Beifügung der Nebenbestimmung sprechen, tatsächlich den konkreten Einzelfall betreffen. Denn einzelfallbezogen sind lediglich die Sätze „Im Falle des Widersprechenden ist derzeit noch kein Flugtermin bekannt, da der Widersprechende gegenwärtig nicht im Besitz eines Nationalpasses ist. Insoweit ist derzeit mit einem Eintreten der auflösenden Bedingung gegenwärtig nicht zu rechnen.“ Die Begründung, weshalb in dieser Situation trotzdem die auflösende Bedingung beigefügt wurde, ist dann aber wieder völlig abstrakt. Es heißt dazu: „Die Duldungen werden aber für den Fall mit der auflösenden Bedingung versehen, in dem möglicherweise ein Nationalpass beschafft werden kann oder Passersatzpapiere ausgestellt werden, um dann nicht zunächst ein Widerrufsverfahren durchführen zu müssen, sondern unverzüglich die Rückführung vorbereiten zu können.“

38

Sofern die Begründung des Widerspruchsbescheids wohlwollend dahingehend verstanden wird, dass im konkreten Fall des Klägers die Beifügung der Bedingung rechtmäßig sein soll, weil für diesen vielleicht wider Erwarten während der Duldungsfrist ein Pass oder ein Passersatzpapier beschafft werden kann und in diesem Fall kein Widerrufsverfahren durchgeführt werden soll, sind diese Erwägungen ermessensfehlerhaft, da eine Beifügung der auflösenden Bedingung allein aus diesem Grund den Kläger unverhältnismäßig belastet. Denn die Beifügung der angefochtenen Nebenbestimmung ist zu unterlassen, wenn – wie hier – eine Abschiebung des Ausländers im Duldungszeitraum objektiv unwahrscheinlich und zudem von der Beklagten auch nicht ernstlich beabsichtigt ist.

39

Die Beifügung einer Nebenbestimmung nach §§ 61 Abs. 1 S. 2 AufenthG, 36 HmbVwVfG hat im pflichtgemäßen Ermessen zu erfolgen, wobei die besonderen Umstände des Einzelfalles zu beachten sind(vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 29.3.2011, 1 B 57/11, 1 B 67/1 B 67/11, juris Rn. 10; VG Stuttgart, Urteil vom 9.2.2012, 11 K 2593/11, juris Rn.17). Von Bedeutung ist dabei insbesondere, dass die Nebenbestimmung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein muss, um den mit ihr beabsichtigten gesetzeskonformen Zweck zu erfüllen. Denn zweifellos handelt es sich bei der auflösenden Bedingung um eine den Ausländer belastende Regelung: Auch wenn es sich bei lediglich geduldeten Ausländern um ausreisepflichtige Personen handelt, hinsichtlich derer lediglich die Abschiebung ausgesetzt wurde, so gibt es doch eine Vielzahl an Duldungsgründen, die ein schützenswertes Vertrauen des Ausländers dahingehend rechtfertigen, dass die ihnen erteilte Duldung bis zum Ablauf der Duldungsfrist Bestand hat. So werden Duldungen an körperlich oder psychisch Kranke erteilt oder aus dringenden familiären Gründen gegeben. Duldungen dienen auch der Sicherung des Aufenthalts in Phasen der Klärung eines Anspruchs auf Erteilung von Aufenthaltstiteln oder eines Anspruchs auf Anerkennung als Asylberechtigter. Nur ein Teil der Fälle geduldeter Ausländer mündet deshalb in eine Ausreise oder Abschiebung. Dem anderen Teil der Betroffenen gelingt es, ihren Aufenthalt zu verfestigen. Die jeweils gesetzte Duldungsfrist hat sich dabei am Zweck der Duldung auszurichten (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.2.2015, 10 C14.1117 u.a., juris Rn. 20) und beschreibt deshalb einen Zeitraum, in dem bei regelmäßigem Verlauf der Sache keine Abschiebung erfolgen wird. Mit der Beifügung der Nebenbestimmung „Erlischt mit Flugtermin“ ist das Ende der Duldung jedoch völlig unbestimmt. Psychisch labilen Menschen wird hierdurch das letzte Maß an Sicherheit genommen, Personen, die innerhalb der Duldungsfrist sinnvolle Aufgaben (z. B. Rechtsangelegenheiten, medizinische Behandlungen) bewältigen wollen, wissen nicht, ob sie diese zum Abschluss bringen werden, und Arbeitgeber, die geduldeten und zur Erwerbstätigkeit berechtigten Ausländern eine Arbeitsgelegenheit bieten könnten, werden abgeschreckt.

40

Grundsätzlich ist allerdings nicht zu beanstanden, dass eine Nebenbestimmung zu dem Zweck beigefügt wird, die beschleunigte Abschiebung eines ausreisepflichtigen Ausländers zu ermöglichen (vgl. insbesondere OVG Hamburg, Beschluss vom 16.11.2004, 3 Bs 503/04, juris Rn. 4). Wenn eine Abschiebung vor Ablauf der Geltungsdauer der verfügten Duldung aber nicht ernstlich beabsichtigt ist (OVG Bremen, Beschluss vom 29.3.2011, 1 B 57/11, 1 B 67/1 B 67/11, juris Rn. 10; VG Oldenburg, Beschluss vom 23.1.2013, 11 A 4635/12, juris Rn. 10 f.) oder derzeit als praktisch nicht möglich erscheint (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 9.2.2012, 11 K 2593/11, juris Rn. 24; Funke-Kaiser in GK-AufenthG § 60a Rn. 96.1), ist die streitbefangene Nebenbestimmung nicht erforderlich und darf deshalb nicht gleichsam automatisch und auf Vorrat den Duldungen beigefügt werden (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 29.3.2011, 1 B 57/11, 1 B 67/1 B 67/11, juris Rn. 10; VG Stuttgart, Urteil vom 9.2.2012, 11 K 2593/11, juris Rn. 17; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.8.2010, 2 M 124/10, juris Rn. 5).

41

Sollte sich in einem solchen Fall wider Erwarten plötzlich doch die Möglichkeit ergeben, den Ausländer vor Ablauf der regulären Duldungszeit abschieben zu können, kann die Behörde immer noch auf den hierfür ausdrücklich gesetzlich normierten Widerruf der Duldung zurückgreifen. Allein der fortwährende Versuch, durch Beifügung der beanstandeten Nebenbestimmung auf jeden Fall ein Widerrufsverfahren zu vermeiden, ist nicht vom Zweck der Duldungsvorschriften des AufenthG gedeckt. Das vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehene Widerrufsverfahren liefe hierdurch vollständig leer. Dass ein Widerrufsverfahren zu gewissen Verzögerungen führen kann und die dort weiterhin bestehende Ankündigungspflicht eine Abschiebung erschwert, hat der Gesetzgeber gesehen und auch nach der Rechtsänderung 2007 für den Widerrufsfall bewusst in Kauf genommen (Deutscher Bundestag, Drs. 16/5065 S. 188).

42

Eine solche Ermessensausübung stellt die Ausländerbehörden auch nicht vor unlösbare praktische Probleme. Durch geeignete Verwaltungsvorschriften kann das Ermessen für den Rechtsanwender handhabbar gemacht werden. Die Fallgruppe der Ausländer, die insbesondere durch plötzliches Untertauchen vor einem Abschiebungsversuch Anlass gegeben haben, eine erneute Abschiebung beschleunigt durchzuführen, ist gut ausscheidbar und ihre Abschiebung kann weiterhin effektiv durchgeführt werden. Auch bei Personen, die möglichst umgehend abgeschoben werden sollen, hinsichtlich derer aber insbesondere die baldige Ausstellung eines Passersatzpapiers ungewiss ist, kann weiterhin die angefochtene Nebenbestimmung Anwendung finden. Deren einzelfallbezogene Verwendung hat dann zugleich den Effekt, dass dann der betroffene Ausländer darum wissen muss, dass in seinem Fall jederzeit eine Abschiebung erfolgen kann.

43

Im Fall des Klägers jedoch war eine Abschiebung im streitbefangenen Zeitraum weder wahrscheinlich noch ernstlich beabsichtigt: Für den Kläger war der sog. „Warnbutton“ gelöscht worden und er konnte deshalb bis auf weiteres ohne weitere Prüfung am Serviceschalter seine Duldungen verlängern. Hinsichtlich der Beschaffung eines Passersatzpapiers gab es offenbar ernste Schwierigkeiten, so dass damals niemand mit einer baldigen Abschiebung rechnete und auch niemand versuchte, diese zu forcieren. Zudem unterschied sich der Fall des Klägers dadurch von ähnlichen Konstellationen, dass der Kläger u.U. schützenswerte Beziehungen zu seinem deutschen Kind hat. Vor diesem Hintergrund hatte der Kläger bereits im August 2012 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt, über die bis heute nicht bestandskräftig entschieden ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich innerhalb der Duldungsfrist die Möglichkeit einer rechtmäßigen Abschiebung ergab, war damals deshalb verschwindend gering und rechtfertigte nicht die aus der Beifügung der auflösenden Bedingung folgenden Unsicherheiten für den Kläger, der einige Monate vor der streitbefangenen Duldung den regelmäßigen Umgang mit seinem deutschen Sohn aufgenommen hatte und nunmehr versuchte, dieses Verhältnis zu entwickeln und zu stabilisieren.

III.

44

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

45

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2, 709 S. 2 ZPO.

46

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten bereits im Widerspruchsverfahren war angesichts der rechtlichen Schwierigkeit der Sache erforderlich (§ 162 Abs. 2 S. 2 VwGO).

47

Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124a Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne letztgenannter Vorschrift.

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 17. Aug. 2010 - 2 M 124/10

bei uns veröffentlicht am 17.08.2010

Gründe 1 Die zulässige Beschwerde ist begründet. 2 Das Verwaltungsgericht hat den geltend gemachten Anordnungsanspruch zu Unrecht verneint. 3 Der Antragsteller rügt zu Recht, dass der für morgen, den 18.08.2010 beabsichtigten Abschiebu

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(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern Duldungsbescheinigungen ohne die Anordnung einer auflösenden Bedingung des Inhalts „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“ zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger, eine Familie vom Volk der Roma mazedonischer Staatsangehörigkeit, sind – nach erfolglosen Asylverfahren bzw. Asylfolgeverfahren – vollziehbar ausreisepflichtig. Gültige mazedonische Reisepässe liegen den Behörden vor.
Nach Abschluss der asylrechtlichen Verfahren erhielten die Kläger im Auftrag der Beklagten von der Ausländerbehörde der Stadt Göppingen Duldungsbescheinigungen, zunächst vom 14.06.2011 bis zum 10.09.2011. Diesen war die auflösende Bedingung, „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“, beigefügt.
Einen Tag später, am 15.06.2011, beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Kläger förmlich, die Kläger im Bundesgebiet zu dulden. Er verwies hierbei auf eine aktuelle Herzerkrankung der Klägerin Ziff. 4.
Die Kläger haben am 14.07.2011 das Verwaltungsgericht angerufen. Zur Begründung führen sie aus, die ihrer Duldung beigefügte auflösende Bedingung sei rechtswidrig. Durch die Unsicherheit, wie lange ihre Duldung gelten werde, werde das Rechtsstaatsprinzip verletzt. Die Herzerkrankung der Klägerin Ziffer 4, die bereits eine stationäre Behandlung in Göppingen erforderlich gemacht habe, werde aktuell in Stuttgart weiterbehandelt. Während der andauernden Behandlung dürfte die Familie nicht in der Unsicherheit leben müssen, abgeschoben zu werden. Die Duldung sei ohnehin nur auf knapp drei Monate befristet und dürfe nicht überraschend verkürzt und der Aufenthalt beendet werden, ohne dass die Kläger die Möglichkeit hätten, dass die Rechtmäßigkeit einer solchen Maßnahme überprüft werde. Das Abschiebungsverbot für die Klägerin Ziffer 4 ergebe sich aus ihrer dringenden Behandlungsbedürftigkeit und der im Falle der Abschiebung erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben.
Die Klägerin Ziffer 4 befand sich zur weiteren stationären Untersuchung vom 01. bis 03.08.2011 im Zentrum für angeborene Herzfehler im O. Hospital in Stuttgart. Als Ergebnis der dortigen Untersuchungen ergab sich die Notwendigkeit einer Herzoperation, die für November 2011 eingeplant wurde.
Die Duldungen der Kläger wurden nach Ablauf, wiederum mit auflösender Bedingung, zunächst bis zum 10.12.2011 und seither stets fortlaufend und identisch verlängert.
Die Klägerin Ziffer 4 wurde am 22.11.2011 nach Angaben der Ärzte komplikationslos operiert. Am 02.12.2011 wurde sie in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen. Aufgrund einer orthopädischen Wirbelsäulenerkrankung ergab sich zwischenzeitlich auch für die Klägerin Ziffer 3 die Notwendigkeit einer Operation. Als Operationstermin ist derzeit der 11.09.2012 vorgesehen.
Die Kläger beantragen,
die Nebenbestimmung „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“ in den den Klägern erteilten Duldungen aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern Duldungen ohne die Nebenbestimmung „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“ zu erteilen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Zur Begründung führt sie aus, die den Duldungen beigefügte auflösende Bedingung sei rechtmäßig und auch verhältnismäßig. Aus den bisher vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen ergebe sich keine Reiseunfähigkeit im Sinne einer Transportunfähigkeit hinsichtlich der Klägerin Ziffer 4. Der vorgetragenen Herzerkrankung könne im Rahmen einer Abschiebung durch Hinzuziehen von ärztlicher Begleitung Rechnung getragen werden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass ein Leben und eine Behandlung der Erkrankung der Klägerin Ziffer 4 auch in Mazedonien möglich sei. Auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liege nicht vor. Eine Aufenthaltsbeendigung der gesamten Familie nach der stationären Behandlung der Klägerin Ziffer 4 sei beabsichtigt. Die auflösende Bedingung solle gewährleisten, dass dies nach Entlassung der Klägerin Ziffer 4 dann auch vollzogen werden könne. Im Hinblick auf die minderjährigen Kinder der Familie werde eine Abschiebung ohnehin mit Termin angekündigt. Die Einholung von einstweiligem Rechtsschutz sei dann möglich und Rechtssicherheit sei ausreichend gewährleistet. Zum Zeitpunkt der Erteilung der bis zum 10.09.2011 gültigen Duldungen seien die Erkrankung und der anstehende Operationstermin bei der Klägerin Ziffer 4 noch gar nicht bekannt gewesen. Jedenfalls erscheine eine Aufenthaltsbeendigung nach der Operation nunmehr nicht ausgeschlossen.
13 
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung trugen die Kläger ergänzend vor, die Klägerin Ziffer 4 werde auch nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus noch ärztlich behandelt. Am Freitag der Vorwoche sei sie das letzte Mal beim Arzt gewesen, wobei ein Langzeit-EKG gefertigt worden sei. Für den darauffolgenden Montag sei ein weiterer Arzttermin vereinbart. Sie nehme auch noch täglich Medikamente. Als sie - im Alter von einem Jahr - in Bulgarien erstmals am Herzen operiert worden sei, hätten die mazedonischen Ärzte Nachsorgemaßnahmen abgelehnt. Man habe den Eltern damals gesagt, das gehe nicht, man verfüge über keine ärztlichen Unterlagen, das könne nur dort geschehen, wo die Operation durchgeführt worden sei.
14 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist zulässig. Der Berichterstatter lässt ausdrücklich offen, ob richtige Klageart hier die Anfechtungsklage (auf Aufhebung der belastenden auflösenden Bedingung) ist, oder ob hier eine Verpflichtungsklage (auf Erlass einer Duldung ohne eine solche auflösende Bedingung) gemeint ist (zum Streitstand informativ Armbruster, HTK-AuslR / AufenthG § 61 Abs. 1/ Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen bei einer Duldung / Statthafte Klageart /). Diese Unterscheidung, mag sie auch von „akademischem Interesse“ sein, ist für den betroffenen Ausländer irrelevant und hinsichtlich der Zulässigkeit gerichtlichen Rechtsschutzes ohne Bedeutung (§ 42 VwGO). Ein Vorverfahren ist in jedem Fall entbehrlich (vgl. § 15 AGVwGO).
16 
Die Klage ist auch begründet. Maßgeblich ist allein, ob die auflösende Bedingung rechtmäßig oder rechtswidrig ist, d. h. der Duldung beigefügt werden durfte bzw. darf oder nicht (Armbruster a.a.O.). Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation ergibt sich, dass die den Klägern zu erteilenden Duldungen ohne eine solche auflösende Bedingung ausgesprochen werden müssen.
17 
Grundsätzlich ist anerkannt, dass einer Duldung, gestützt auf § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, eine auflösende Bedingung beigefügt werden kann (vgl. etwa VGH München, Beschl. v. 10.09.2008 - 19 C 08.2207 -, m.w.N.;). Entscheidend ist, ob die Behörde im Rahmen der nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG geforderten Ermessensausübung höherrangiges Recht ausreichend beachtet bzw. ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von diesem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 114 VwGO). Denn insoweit gilt, auch wenn die Verknüpfung der Duldung mit einer auflösenden Bedingung grundsätzlich als möglich angesehen wird, so darf sie der Duldung nicht gleichsam automatisch in jedem Fall beigefügt werden. Der Erlass der Nebenbestimmung steht nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und entspricht nur dann dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie geeignet und erforderlich ist, den mit ihr verfolgten Zweck zu fördern, den Ausländer schon vor Ablauf der regulären Dauer der Duldung abschieben zu können, wenn die Abschiebungshindernisse weggefallen sind (OVG Bremen, Beschl. v. 29.03.2011 - 1 B 57/11, 1 B 67/11 -, ).
18 
Keine Rolle spielt im vorliegenden Fall dagegen die Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes, der als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips des Grundgesetzes gebietet, dass eine solche auflösende Bedingung hinlänglich bestimmt und in ihrem Regelungsgehalt für den betroffenen Ausländer klar erkennbar sein muss (Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 93 ff. zu § 60a), wie er in diesem Zusammenhang vielfach von der Rechtsprechung erörtert wird (vgl. VGH München, a.a.O., m.w.N.). Denn die Bestimmung, die Duldung erlischt, sobald ihr Inhaber mit dem Beginn der Zwangsmaße über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird, lässt hinsichtlich ihrer Bestimmtheit keine Zweifel offen.
19 
Entgegen der mit der Klagebegründung geäußerten Befürchtung der Kläger steht vorliegend auch das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) - jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation - der Beifügung einer solchen auflösenden Bedingung zur Duldung nicht entgegen (vgl. hierzu Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 91 zu § 60 a). Daran wäre etwa dann zu denken, wenn zu befürchten wäre, trotz Bestehens ihrer Duldung würde gegen die Kläger, gleichsam überraschend, Abschiebemaßnahmen eingeleitet und hierdurch ihr Recht, einstweiligen Rechtsschutz zu suchen, vereitelt. Dies ist vorliegend jedoch nicht zu erkennen. Die Beklagte hat ausdrücklich darauf hingewiesen, aufgrund ihrer Verwaltungsübung und wegen der in der Familie vorhandenen minderjährigen Kinder werde eine beabsichtigte Abschiebung, ganz unabhängig von der auflösenden Bedingung der Duldung, vorher angekündigt. Dem Berichterstatter liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass an diesen Angaben der Beklagten zu zweifeln wäre. Dann aber ist die Möglichkeit effektiven Rechtsschutz zu suchen, in jedem Fall gewährleistet. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kann durch die auflösende Bedingung daher nicht verletzt sein.
20 
Allein die Prüfung der von der Beklagten vorgenommenen Ermessensbetätigung, soweit sich diese aus den Verwaltungsakten und den im Rahmen des Klageverfahrens vorgebrachten Erwägungen der Beklagten ergibt, führt - unter Berücksichtigung des insoweit zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - dazu, dass die vorliegende auflösende Bedingung zu beanstanden ist.
21 
Dies gilt noch nicht, soweit die Beklagte vorträgt, eine solche auflösende Bedingung solle den Vollzug einer ins Auge gefassten Abschiebung sicherstellen. Eine solche Erwägung ist grundsätzlich tragfähig. Ihr steht nicht entgegen, dass eine Duldung ohnehin nur für einen befristeten Zeitraum ausgesprochen wird. Ob dies auch dann zu gelten hat, wenn die Duldungsfrist auf einen Monat verkürzt ist, lässt der Berichterstatter ausdrücklich offen. Jedenfalls im hier vorliegenden Fall fortwährend für drei Monate verlängerter Duldungen ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn die Behörde Ermessenserwägungen dahingehend anstellt, falls sich die Möglichkeit einer Abschiebung innerhalb dieses 3-Monats-Zeitraums ergibt, zur Sicherstellung des Vollzugs eine auflösende Bedingung der vorliegenden Art den Duldungen beizufügen. Ergebe sich etwa bereits kurz nach einer anstehenden Duldungsverlängerung für weitere drei Monate die Möglichkeit der Abschiebung, wäre die Behörde ansonsten gezwungen, entweder den Duldungsablauf abzuwarten und den weiteren rechtswidrigen Inlandsaufenthalt der Betroffenen hinzunehmen oder aber ein Widerrufsverfahren einzuleiten. Beides kann nicht verlangt werden.
22 
Eine korrekte Ermessensbetätigung i.S.v. § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG erfordert aber in erster Linie eine Berücksichtigung des jeweiligen Duldungsgrundes. Es macht in diesem Sinne einen erheblichen Unterschied, ob der Duldung etwa ein tatsächliches Ausreisehindernis, wie etwa Passlosigkeit, zugrundeliegt oder ob die Abschiebung gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich (sprachlich genauer: unzulässig) ist. Gerade an der sachgemäßen Berücksichtigung des Duldungsgrundes fehlt es im vorliegenden Fall. Die Beklagte verfügt über die mazedonischen Reisepässe der Kläger. Ein tatsächliches Ausreisehindernis besteht nicht. In den fortlaufend verlängerten Duldungen der Kläger tritt somit - zutreffend - die Auffassung der Beklagten zutage, aufgrund der Erkrankung der Klägerin Ziffer 4 ergebe sich für diese ein rechtliches Abschiebeverbot aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und in der Folge für die anderen Kläger aus Art. 6 Abs. 1 GG. Dem schließt sich der Berichterstatter ausdrücklich an. Die Äußerung der Beklagten im Rahmen der Klageerwiderung sind insoweit im Übrigen widersprüchlich zu ihrem diesbezüglichen Verhalten. Ginge sie tatsächlich davon aus, eine ärztlich begleitete Abschiebung sei möglich und eine weitere ärztliche Behandlung könne in Mazedonien erfolgen, so läge gar kein Duldungsgrund vor und die Duldung hätte gar nicht erst ausgesprochen werden dürfen. Dagegen war diese Duldung - auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung - durchaus gerechtfertigt. An der Notwendigkeit der vorgenommenen Herzoperation zur Sicherung des Rechts auf Leben und körperlicher Unversehrtheit der Klägerin Ziffer 4 hat der Berichterstatter keine Zweifel. Dies gilt aktuell auch über den eigentlichen Operationszeitpunkt hinaus, jedenfalls bis zum Abschluss notwendiger Nachsorgemaßnahmen. Es ist allgemeinkundig, dass eine Herzoperation jedenfalls zumindest einige weitere Wochen ärztlicher Nachsorge bedarf, ein Duldungsgrund also noch besteht. Erst wenn ärztlicherseits mitgeteilt wird, diese medizinische Maßnahme sei in ihrer Gesamtheit nunmehr abgeschlossen, wird eine Beendigung des Duldungsstatus der Kläger und ein Übergang in die Abschiebung möglich sein.
23 
Welcher Bedeutung insoweit die für den Herbst 2012 geplante Operation der Klägerin Ziff. 3 zukommt, kann offen bleiben.
24 
Im Rahmen einer solchen medizinisch intendierten Duldung eins Ausländers gilt dann aber für die Ermessensbetätigung, ob dieser eine auflösende Bedingung beizufügen ist, dass der Prüfung der Erforderlichkeit besonderes Gewicht zukommt (vgl. OVG Bremen, a.a.O.). Kann überhaupt nicht davon ausgegangen werden, vor dem regulären Ablauf der Duldung werde es zum Eintritt der auflösenden Bedingung überhaupt kommen, hat diese zu unterbleiben. In einem solchen Fall kann auch nicht argumentiert werden, dann fehle es an einer Beschwer des Ausländers durch die Nebenbestimmung (mit der Folge fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses), vielmehr fehlt es an der Rechtfertigung für den Erlass der Nebenbestimmung (OVG Bremen, a.a.O.).
25 
So lag und liegt es hier. Seit der Kenntnis der Notwendigkeit der Herzoperation der Klägerin Ziff. 4 hängt die Möglichkeit einer Abschiebung davon ab, dass die Herzerkrankung ausgeheilt ist, jedenfalls keiner nachsorgenden ärztlichen Behandlung hier mehr bedarf. Solange dies nicht absehbar ist, ist eine solche auflösende Bedingung auch nicht erforderlich.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
15 
Die Klage ist zulässig. Der Berichterstatter lässt ausdrücklich offen, ob richtige Klageart hier die Anfechtungsklage (auf Aufhebung der belastenden auflösenden Bedingung) ist, oder ob hier eine Verpflichtungsklage (auf Erlass einer Duldung ohne eine solche auflösende Bedingung) gemeint ist (zum Streitstand informativ Armbruster, HTK-AuslR / AufenthG § 61 Abs. 1/ Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen bei einer Duldung / Statthafte Klageart /). Diese Unterscheidung, mag sie auch von „akademischem Interesse“ sein, ist für den betroffenen Ausländer irrelevant und hinsichtlich der Zulässigkeit gerichtlichen Rechtsschutzes ohne Bedeutung (§ 42 VwGO). Ein Vorverfahren ist in jedem Fall entbehrlich (vgl. § 15 AGVwGO).
16 
Die Klage ist auch begründet. Maßgeblich ist allein, ob die auflösende Bedingung rechtmäßig oder rechtswidrig ist, d. h. der Duldung beigefügt werden durfte bzw. darf oder nicht (Armbruster a.a.O.). Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation ergibt sich, dass die den Klägern zu erteilenden Duldungen ohne eine solche auflösende Bedingung ausgesprochen werden müssen.
17 
Grundsätzlich ist anerkannt, dass einer Duldung, gestützt auf § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, eine auflösende Bedingung beigefügt werden kann (vgl. etwa VGH München, Beschl. v. 10.09.2008 - 19 C 08.2207 -, m.w.N.;). Entscheidend ist, ob die Behörde im Rahmen der nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG geforderten Ermessensausübung höherrangiges Recht ausreichend beachtet bzw. ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von diesem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 114 VwGO). Denn insoweit gilt, auch wenn die Verknüpfung der Duldung mit einer auflösenden Bedingung grundsätzlich als möglich angesehen wird, so darf sie der Duldung nicht gleichsam automatisch in jedem Fall beigefügt werden. Der Erlass der Nebenbestimmung steht nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und entspricht nur dann dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie geeignet und erforderlich ist, den mit ihr verfolgten Zweck zu fördern, den Ausländer schon vor Ablauf der regulären Dauer der Duldung abschieben zu können, wenn die Abschiebungshindernisse weggefallen sind (OVG Bremen, Beschl. v. 29.03.2011 - 1 B 57/11, 1 B 67/11 -, ).
18 
Keine Rolle spielt im vorliegenden Fall dagegen die Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes, der als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips des Grundgesetzes gebietet, dass eine solche auflösende Bedingung hinlänglich bestimmt und in ihrem Regelungsgehalt für den betroffenen Ausländer klar erkennbar sein muss (Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 93 ff. zu § 60a), wie er in diesem Zusammenhang vielfach von der Rechtsprechung erörtert wird (vgl. VGH München, a.a.O., m.w.N.). Denn die Bestimmung, die Duldung erlischt, sobald ihr Inhaber mit dem Beginn der Zwangsmaße über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird, lässt hinsichtlich ihrer Bestimmtheit keine Zweifel offen.
19 
Entgegen der mit der Klagebegründung geäußerten Befürchtung der Kläger steht vorliegend auch das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) - jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation - der Beifügung einer solchen auflösenden Bedingung zur Duldung nicht entgegen (vgl. hierzu Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 91 zu § 60 a). Daran wäre etwa dann zu denken, wenn zu befürchten wäre, trotz Bestehens ihrer Duldung würde gegen die Kläger, gleichsam überraschend, Abschiebemaßnahmen eingeleitet und hierdurch ihr Recht, einstweiligen Rechtsschutz zu suchen, vereitelt. Dies ist vorliegend jedoch nicht zu erkennen. Die Beklagte hat ausdrücklich darauf hingewiesen, aufgrund ihrer Verwaltungsübung und wegen der in der Familie vorhandenen minderjährigen Kinder werde eine beabsichtigte Abschiebung, ganz unabhängig von der auflösenden Bedingung der Duldung, vorher angekündigt. Dem Berichterstatter liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass an diesen Angaben der Beklagten zu zweifeln wäre. Dann aber ist die Möglichkeit effektiven Rechtsschutz zu suchen, in jedem Fall gewährleistet. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kann durch die auflösende Bedingung daher nicht verletzt sein.
20 
Allein die Prüfung der von der Beklagten vorgenommenen Ermessensbetätigung, soweit sich diese aus den Verwaltungsakten und den im Rahmen des Klageverfahrens vorgebrachten Erwägungen der Beklagten ergibt, führt - unter Berücksichtigung des insoweit zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - dazu, dass die vorliegende auflösende Bedingung zu beanstanden ist.
21 
Dies gilt noch nicht, soweit die Beklagte vorträgt, eine solche auflösende Bedingung solle den Vollzug einer ins Auge gefassten Abschiebung sicherstellen. Eine solche Erwägung ist grundsätzlich tragfähig. Ihr steht nicht entgegen, dass eine Duldung ohnehin nur für einen befristeten Zeitraum ausgesprochen wird. Ob dies auch dann zu gelten hat, wenn die Duldungsfrist auf einen Monat verkürzt ist, lässt der Berichterstatter ausdrücklich offen. Jedenfalls im hier vorliegenden Fall fortwährend für drei Monate verlängerter Duldungen ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn die Behörde Ermessenserwägungen dahingehend anstellt, falls sich die Möglichkeit einer Abschiebung innerhalb dieses 3-Monats-Zeitraums ergibt, zur Sicherstellung des Vollzugs eine auflösende Bedingung der vorliegenden Art den Duldungen beizufügen. Ergebe sich etwa bereits kurz nach einer anstehenden Duldungsverlängerung für weitere drei Monate die Möglichkeit der Abschiebung, wäre die Behörde ansonsten gezwungen, entweder den Duldungsablauf abzuwarten und den weiteren rechtswidrigen Inlandsaufenthalt der Betroffenen hinzunehmen oder aber ein Widerrufsverfahren einzuleiten. Beides kann nicht verlangt werden.
22 
Eine korrekte Ermessensbetätigung i.S.v. § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG erfordert aber in erster Linie eine Berücksichtigung des jeweiligen Duldungsgrundes. Es macht in diesem Sinne einen erheblichen Unterschied, ob der Duldung etwa ein tatsächliches Ausreisehindernis, wie etwa Passlosigkeit, zugrundeliegt oder ob die Abschiebung gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich (sprachlich genauer: unzulässig) ist. Gerade an der sachgemäßen Berücksichtigung des Duldungsgrundes fehlt es im vorliegenden Fall. Die Beklagte verfügt über die mazedonischen Reisepässe der Kläger. Ein tatsächliches Ausreisehindernis besteht nicht. In den fortlaufend verlängerten Duldungen der Kläger tritt somit - zutreffend - die Auffassung der Beklagten zutage, aufgrund der Erkrankung der Klägerin Ziffer 4 ergebe sich für diese ein rechtliches Abschiebeverbot aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und in der Folge für die anderen Kläger aus Art. 6 Abs. 1 GG. Dem schließt sich der Berichterstatter ausdrücklich an. Die Äußerung der Beklagten im Rahmen der Klageerwiderung sind insoweit im Übrigen widersprüchlich zu ihrem diesbezüglichen Verhalten. Ginge sie tatsächlich davon aus, eine ärztlich begleitete Abschiebung sei möglich und eine weitere ärztliche Behandlung könne in Mazedonien erfolgen, so läge gar kein Duldungsgrund vor und die Duldung hätte gar nicht erst ausgesprochen werden dürfen. Dagegen war diese Duldung - auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung - durchaus gerechtfertigt. An der Notwendigkeit der vorgenommenen Herzoperation zur Sicherung des Rechts auf Leben und körperlicher Unversehrtheit der Klägerin Ziffer 4 hat der Berichterstatter keine Zweifel. Dies gilt aktuell auch über den eigentlichen Operationszeitpunkt hinaus, jedenfalls bis zum Abschluss notwendiger Nachsorgemaßnahmen. Es ist allgemeinkundig, dass eine Herzoperation jedenfalls zumindest einige weitere Wochen ärztlicher Nachsorge bedarf, ein Duldungsgrund also noch besteht. Erst wenn ärztlicherseits mitgeteilt wird, diese medizinische Maßnahme sei in ihrer Gesamtheit nunmehr abgeschlossen, wird eine Beendigung des Duldungsstatus der Kläger und ein Übergang in die Abschiebung möglich sein.
23 
Welcher Bedeutung insoweit die für den Herbst 2012 geplante Operation der Klägerin Ziff. 3 zukommt, kann offen bleiben.
24 
Im Rahmen einer solchen medizinisch intendierten Duldung eins Ausländers gilt dann aber für die Ermessensbetätigung, ob dieser eine auflösende Bedingung beizufügen ist, dass der Prüfung der Erforderlichkeit besonderes Gewicht zukommt (vgl. OVG Bremen, a.a.O.). Kann überhaupt nicht davon ausgegangen werden, vor dem regulären Ablauf der Duldung werde es zum Eintritt der auflösenden Bedingung überhaupt kommen, hat diese zu unterbleiben. In einem solchen Fall kann auch nicht argumentiert werden, dann fehle es an einer Beschwer des Ausländers durch die Nebenbestimmung (mit der Folge fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses), vielmehr fehlt es an der Rechtfertigung für den Erlass der Nebenbestimmung (OVG Bremen, a.a.O.).
25 
So lag und liegt es hier. Seit der Kenntnis der Notwendigkeit der Herzoperation der Klägerin Ziff. 4 hängt die Möglichkeit einer Abschiebung davon ab, dass die Herzerkrankung ausgeheilt ist, jedenfalls keiner nachsorgenden ärztlichen Behandlung hier mehr bedarf. Solange dies nicht absehbar ist, ist eine solche auflösende Bedingung auch nicht erforderlich.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

2

Das Verwaltungsgericht hat den geltend gemachten Anordnungsanspruch zu Unrecht verneint.

3

Der Antragsteller rügt zu Recht, dass der für morgen, den 18.08.2010 beabsichtigten Abschiebung die Vorschrift des § 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG entgegensteht. Danach ist, wenn die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt ist, die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen. Auch wenn in der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 16/5065, S. 188) davon die Rede ist, dass (nur) die Ausländer, die aufgrund eines Widerrufs „des Aufenthaltstitels ausreisepflichtig wurden“, privilegiert werden, da ihre Ausreisepflicht nicht von vorn herein ersichtlich war, kann es unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik und des mit der Vorschrift verfolgten Zwecks nur um den Widerruf der Duldung zur Durchsetzung der Ausreisepflicht gehen (vgl. Zühlcke, ZAR 2007, 361 [363]). In Satz 2 des § 60a Abs. 5 AufenthG wird der Widerruf der Duldung als Rechtsfolge bei Wegfall der der Abschiebung entgegenstehenden Gründe genannt. Ferner will die Regelung des § 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG den Ausländer in seinem Interesse schützen, sich in seinen Lebensverhältnissen auf die bevorstehende Abschiebung einstellen zu können. Dies ist nicht nur beim Widerruf eines Aufenthaltstitels im Sinne des § 4 AufenthG von Belang, sondern gerade auch dann, wenn der Ausländer bereits langjährig geduldet ist.

4

Die Antragsgegnerin hat die dem Antragsteller erteilte und noch bis zum 15.09.2010 gültige Aussetzung der Abschiebung (Duldung) zwar nicht widerrufen; vielmehr ist sie aufgrund der in der Duldung enthaltenen Nebenbestimmung „mit der Bekanntgabe des Rückführungstermins“ erloschen. Aber auch auf diesen Fall ist, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, die Vorschrift des § 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG (entsprechend) anzuwenden. Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Ausländerbehörde die Abschiebung immer anzukündigen hat, wenn eine Duldung durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung erlischt. Sie ist es jedenfalls dann, wenn sie es aufgrund der Formulierung der Nebenbestimmung letztlich selbst in der Hand hat, den Eintritt der auflösenden Bedingung herbeizuführen und tatsächlich auch herbeiführt. Ein solches Vorgehen kommt einem Widerruf der Duldung gleich. Durch die Beifügung der Nebenbestimmung, dass die Duldung mit der Bekanntgabe des Rückführungstermins erlischt, hat es die Antragsgegnerin hier in der Hand gehabt, das Erlöschen der Duldung durch bloße Bekanntgabe des Rückführungstermins anstelle eines Widerrufs herbeizuführen.

5

Entgegen der Annahme der Vorinstanz erfüllt das Schreiben der Antragsgegnerin vom 09.02.2010 nicht die Voraussetzungen, die § 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG an eine Ankündigung der Abschiebung stellt; denn zu diesem Zeitpunkt war noch völlig offen, wann eine Abschiebung des Antragstellers möglich sein würde. Zwar muss in einer Abschiebungsankündigung nicht zwingend ein ganz bestimmtes Datum oder ein bestimmter Zeitraum, nach dessen Ablauf abgeschoben werden wird, benannt werden. Für den Ausländer muss sich jedoch hinreichend deutlich ergeben, wann in etwa mit einer Abschiebung zu rechnen ist. Andernfalls vermag die Ankündigung ihren Zweck nicht zu erfüllen. Deshalb darf eine Ankündigung erst erfolgen, wenn eine Abschiebung tatsächlich konkret vorbereitet und demgemäß unmittelbar vollzogen werden kann (vgl. zum Ganzen: Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, II - § 60a RdNr. 254, m. w. Nachw.). Die Abschiebungsankündigung darf nicht ohne jeden Anlass, gewissermaßen „auf Vorrat" ergehen. Es liegt kein Sinn darin, die Betroffenen, nur um dem Gesetz Genüge zu tun, in regelmäßigen Abständen zu veranlassen, ihre Ausreise vorzubereiten. Eine Ankündigung, die nicht in dem Sinne ernst gemeint ist, dass ihre Umsetzung auch tatsächlich im zeitlichen Zusammenhang zu erwarten ist, läuft Gefahr, auch nicht ernst genommen zu werden (OVG MV, Beschl. v. 13.09.2006 - 2 M 84/06 -, Juris).

6

Im Zeitpunkt der „Abschiebungsankündigung“ vom 09.02.2010 lagen weder ein gültiger Pass noch ein gültiges Passersatzpapier vor, so dass weiterhin eine Abschiebung aus tatsächlichen Gründen bis auf weiteres nicht möglich war. Daran ändert auch nichts, dass der Antragsteller, der nach den Feststellungen in diesem Schreiben bereits seit dem 15.04.2000 vollziehbar ausreisepflichtig ist, aufgefordert wurde, diese Dokumente beizubringen.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 47; 52 Abs. 2; 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Verfügung, mit der ihr die Annahme und Vermittlung unerlaubter Sportwetten in ihrem Geschäftsraum in der F.-Straße ... in W. untersagt worden war.

2

In dieser Betriebsstätte vermittelte die Klägerin Sportwetten an die D. GmbH in Österreich. Ihr Antrag auf Erteilung einer Vermittlungserlaubnis, hilfsweise auf Feststellung, dass die österreichische Konzession des Wettanbieters einer inländischen Erlaubnis gleichstehe, wurde abgelehnt. Dagegen erhob die Klägerin Klage. Nach vorheriger Anhörung untersagte die Stadt W. als Rechtsvorgängerin des Beklagten ihr mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 30. August 2007 die Vermittlung von Sportwetten in ihrem Wettlokal, gab ihr auf, den Betrieb einzustellen, und drohte ein Zwangsgeld in Höhe von 5 000 € an. Zur Begründung verwies sie auf §§ 5, 12 Abs. 1 Satz 2 des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland vom 13. Februar 2004 (Lotteriestaatsvertrag - LoStV - GVBl S. 325) i.V.m. § 2 des Landesgesetzes über das öffentliche Glücksspiel - LGlüG - vom 14. Juni 2004 (GVBl S. 322). Wegen des staatlichen Sportwettenmonopols könne die Klägerin ebenso wie der private Wettanbieter keine Erlaubnis erhalten. Den Widerspruch der Klägerin wies die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (ADD Trier) mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2008, zugestellt am 30. Juli 2008, zurück. Sie führte aus, die Untersagung sei ermessensgerecht und insbesondere verhältnismäßig. Eine andere Entscheidung komme nicht in Betracht.

3

Am 30. August 2008 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Ihr bereits zuvor erhobener Eilantrag hatte zunächst Erfolg. Im Streit um die eilverfahrensrechtlichen Konsequenzen der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrags lehnte das Oberverwaltungsgericht jedoch schließlich mit Beschluss vom 5. Januar 2010 eine Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab.

4

Nach einer Kontrolle im Februar 2010 setzte der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 3 000 € fest. Auf die Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin, er sei nicht mehr für diese, sondern für die W. GmbH i.G. als neue Betreiberin des Wettlokals tätig, stellte der Beklagte die Vollstreckung ein.

5

Mit außergerichtlichem Schreiben vom 13. September 2010 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 sei allenfalls die Monopolregelung unanwendbar, der Betrieb von Wettannahmestellen ohne Erlaubnis aber weiterhin formell illegal. Er werde die Entscheidung des Ministeriums abwarten.

6

Im gerichtlichen Verfahren trug der Beklagte mit Schriftsatz vom 30. November 2011 vor, die Untersagung sei wegen des Fehlens der erforderlichen Erlaubnis gerechtfertigt. Darauf habe sich schon der Ausgangsbescheid gestützt. Deshalb liege auch kein unzulässiger Austausch von Gründen vor. Im Übrigen könnten Dauerverwaltungsakte jederzeit modifiziert werden. Inzwischen sei das Erlaubnisverfahren für Private geöffnet worden. Dies habe das Innenministerium den Wettanbietern, die eine Erlaubnis beantragt hatten, mit Schreiben vom 18. Oktober 2010 erläutert. Außerdem habe es dazu eine Check-Liste herausgegeben. Die Angebote der Wettveranstalter seien jedoch nicht offensichtlich erlaubnisfähig.

7

Das Verwaltungsgericht Mainz hat den angegriffenen Bescheid mit Gerichtsbescheid vom 5. Januar 2012 aufgehoben.

8

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin mitgeteilt, sie habe am 10. Mai 2012 den Zugriff auf die Geschäftsräume in der F.-Straße ... durch Rückgabe der Räume an den Vermieter verloren. Deshalb hat sie ihre Klage auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt und sich auf ein Präjudizinteresse und ein Rehabilitierungsinteresse sowie auf ein berechtigtes Feststellungsinteresse wegen der Schwere des Grundrechtseingriffs berufen.

9

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 15. Mai 2012 den Gerichtsbescheid geändert und festgestellt, die Untersagungsverfügung sei vom Zeitpunkt ihres Erlasses bis zum 10. Mai 2012 rechtswidrig gewesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersagung ergebe sich aus einem Präjudizinteresse der Klägerin. Die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen insbesondere nach § 68 Abs. 1 Satz 2 POG sei nicht offensichtlich aussichtslos. Die Klägerin habe alles Zumutbare getan, eine Erlaubnis zu erlangen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei auch begründet, weil die Untersagung ermessensfehlerhaft sei. Im Zeitraum vom Erlass der Verfügung bis 2010 sei das Sportwettenmonopol schon wegen der Werbung, die von der L. GmbH für die Sportwette ODDSET betrieben wurde, verfassungs- und unionsrechtswidrig gewesen. Auch im Zeitraum seit 2010, in dem der Beklagte das Erlaubnisverfahren für Private geöffnet und das Aufrechterhalten der Verbotsverfügung mit dem Fehlen einer Vermittlungserlaubnis und der fehlenden Erlaubnisfähigkeit des Wettangebots gerechtfertigt habe, sei die Untersagung rechtswidrig gewesen. Insoweit liege ein nach § 114 Satz 2 VwGO unzulässiger Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen vor, da der ursprünglich tragende Gesichtspunkt des Sportwettenmonopols keine Rolle mehr spiele. Überdies sei auch die unzulässig nachgeschobene Begründung ermessensfehlerhaft. Der Beklagte habe es versäumt, bei seiner Ermessensausübung zu berücksichtigen, dass die Landesregierung dem Landtag Rheinland-Pfalz den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesglücksspielgesetzes (LTDrucks 16/1179) zugeleitet habe, das am 1. Juli 2012 in Kraft treten solle. Der Entwurf sehe vor, in Übereinstimmung mit dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag die Veranstaltung und Vermittlung von Wetten im Internet sowie Endergebniswetten während des laufenden Sportereignisses zuzulassen. Dies habe der Beklagte nicht zuletzt wegen des Unterliegens der Klägerin im Eilverfahren in seine Ermessensausübung einbeziehen müssen.

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Mit seiner Revision, die bezüglich des Untersagungszeitraums vom 1. Oktober 2010 bis zum 10. Mai 2012 zugelassen wurde, macht der Beklagte geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht ein Präjudizinteresse der Klägerin bejaht. § 68 Abs. 1 Satz 2 POG, der im Verwaltungsprozess ebenso revisibel sei wie im zivilgerichtlichen Verfahren, greife offensichtlich nicht ein. Er begründe keine Haftung für legislatives Unrecht einschließlich des Vollzugs rechtswidriger Gesetze. In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht von einer Inkohärenz des Monopols ausgegangen. Er habe den Werbebegriff verkannt und die unionsrechtlichen Grenzen kanalisierender Werbung zu eng gezogen. Gegebenenfalls sei dazu eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen. Für den Wortlaut der vorgeschlagenen Vorlagefragen wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 18. Juni 2013 verwiesen. Der Beklagte trägt weiter vor, bei Dauerverwaltungsakten wie der hier angegriffenen Untersagung stehe § 114 Satz 2 VwGO einem Auswechseln der Ermessenserwägungen nicht entgegen. Unabhängig davon seien auch die allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grenzen des Nachschiebens von Gründen gewahrt. Das Berufungsurteil verkenne die Rechtsfigur des intendierten Ermessens und übersehe, dass das Ermessen des Beklagten zulasten der Klägerin auf Null reduziert gewesen sei. Gesetze im Entwurfsstadium müssten bei der Ermessensausübung nicht berücksichtigt werden.

11

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Mai 2012 und den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Mainz vom 5. Januar 2012, soweit diese den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis zum 10. Mai 2012 betreffen, zu ändern und die Klage insoweit abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

13

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich auch aus dem schwerwiegenden Eingriff in ihre Dienstleistungsfreiheit. Der Erlaubnisvorbehalt sei nicht monopol-unabhängig anwendbar. Ein Nachschieben von Gründen sei nach endgültiger Erledigung der Untersagung nicht mehr zulässig. Ein intendiertes Ermessen oder eine Ermessensreduzierung auf Null lägen nicht vor. Außerdem dürfe nicht auf die formelle Illegalität abgestellt werden, weil die Öffnung des Erlaubnisverfahrens für Private in Rheinland-Pfalz nicht den unionsrechtlichen Anforderungen der Transparenz genügt habe. Insoweit sei nach wie vor von einer Verletzung der Dienstleistungsfreiheit auszugehen. Die entsprechenden unionsrechtlichen Vorgaben seien durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu klären. Für die von der Klägerin formulierten Vorlagefragen wird auf die zweite Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 18. Juni 2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten ist im Umfang ihrer Zulassung - soweit das Verfahren den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis zum 10. Mai 2012 betrifft - begründet. Insoweit beruht das angegriffene Urteil gemäß § 137 Abs. 1 VwGO auf der unzutreffenden Anwendung der §§ 133, 157 BGB, des § 114 Satz 2 VwGO und des § 40 VwVfG, der nach § 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) vom 23. Dezember 1976 (GVBl S. 308) in der Fassung der Änderung durch Gesetz vom 27. Oktober 2009 (GVBl S. 358) anzuwenden ist. Die Berufungsentscheidung erweist sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Da ihre Tatsachenfeststellungen keine abschließende Entscheidung zulassen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 VwGO), war das angegriffene Urteil, soweit es den verfahrensgegenständlichen Zeitraum betrifft, aufzuheben und die Sache insoweit zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

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1. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht die Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin für zulässig gehalten.

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a) Statthaft ist diese Klageart, weil die angegriffene Untersagungsverfügung sich endgültig erledigt hat. Da sie sich nur auf die Betriebsstätte der Klägerin bezog, wurde sie gegenstandslos, als die Klägerin den Zugriff auf das Wettlokal verlor. Die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, dies sei durch Aufgeben der Betriebsstätte am 10. Mai 2012 geschehen, hat der Beklagte nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen. Insbesondere war das Berufungsgericht nach § 86 Abs. 1 VwGO nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des Vorbringens der Klägerin und ohne einen entsprechenden Beweisantrag des Beklagten weitere Aufklärungsmaßnahmen zur Klärung des Zeitpunkts und der Umstände der Betriebsaufgabe einzuleiten. Der Zulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens steht auch nicht entgegen, dass die Zwangsgeldfestsetzung nach der Einstellung der Vollstreckung nicht aufgehoben wurde. Wegen der endgültigen Aufgabe der Betriebsstätte kommt eine weitere Vollstreckung aus der Zwangsgeldfestsetzung nicht mehr in Betracht. Damit ist die Untersagungsverfügung auch als Vollstreckungsgrundlage gegenstandslos geworden.

17

b) Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersagung (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Zwar besteht kein Rehabilitierungsinteresse, da der Widerspruchsbescheid zur Begründung der Untersagung allein auf die objektive Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens abstellt, ohne einen stigmatisierenden Vorwurf schuldhaft strafrechtswidrigen Handelns zu erheben. Die Klägerin kann sich aber auf ein Präjudizinteresse berufen. Dazu genügt, dass die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos ist.

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Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs genügt nicht.

19

Offenbleiben kann hier, ob ein - verschuldensabhängiger - Amtshaftungsanspruch nach Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch in Betracht kommt. Jedenfalls ist das Bestehen eines Haftungsanspruchs nach § 68 Abs. 1 Satz 2 des rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsgesetzes (POG) nicht von vornherein offensichtlich ausgeschlossen. Dabei muss nicht geklärt werden, ob die Anwendung der im Zivilprozess revisiblen Vorschrift (§§ 545, 560 ZPO) auch im Verwaltungsprozess revisionsgerichtlich überprüft werden darf oder ob dies wegen § 137 Abs. 1 VwGO nicht in Betracht kommt (vgl. Beschlüsse vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 und - BVerwG 8 B 62.12 - juris). Selbst wenn eine revisionsgerichtliche Überprüfung der Auslegung der Vorschrift zulässig sein sollte, wären deren Voraussetzungen hier nicht offensichtlich und ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung zu verneinen.

20

§ 68 Abs. 1 Satz 2 POG begründet einen - verschuldensunabhängigen - Entschädigungsanspruch, wenn jemand durch eine rechtswidrige Maßnahme der allgemeinen Ordnungsbehörden oder der Polizei einen Schaden erleidet. Bei Erlass der Untersagungsverfügung wurde die Stadt W. nach § 11 Abs. 2 Satz 1 LGlüG als örtliche Ordnungsbehörde tätig.

21

Ob eine Haftung nach § 68 Abs. 1 Satz 2 POG ausgeschlossen ist, weil die Norm nur die Haftung für enteignungsgleichen Eingriff regeln soll und keine Entschädigung für legislatives Unrecht einschließlich der Anwendung rechtswidriger Normen (sog. Beruhensfälle) gewährt, muss gegebenenfalls im zivilgerichtlichen Staatshaftungsprozess geklärt werden. Von einer solchen Anspruchsbegrenzung kann nicht mit der erforderlichen Offensichtlichkeit ausgegangen werden. Weder der Wortlaut der Norm noch die Gesetzessystematik geben dafür klare Anhaltspunkte. In den Gesetzesmaterialien (vgl. Heise/Riegel, Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes, 2. Aufl. 1978, S. 23 unter 3.51 erster Absatz sowie die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zur Änderung des Polizeiverwaltungsgesetzes von Rheinland-Pfalz vom 2. Februar 1993, LTDrucks 12/2542, S. 32; Protokoll der ersten Beratung des Gesetzentwurfs, Protokolle der 12. Wahlperiode, 44. Sitzung vom 11. Februar 1993, StenBer S. 3568 f.) finden sich zu dieser Frage keine einschlägigen, eindeutigen Aussagen. Eine gefestigte, die Anspruchsbegrenzung bestätigende zivilgerichtliche Rechtsprechung liegt noch nicht vor. Nur eines von zwei rheinland-pfälzischen Oberlandesgerichten hat bislang eine solche Begrenzung in einem Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren mit rechtsgeschichtlichen und rechtsvergleichenden Erwägungen bejaht (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 6. März 2013 - 6 W 21.12 - ZfWG 2013, 185 f. = juris ). Eine Berufungsentscheidung des anderen Oberlandesgerichts in einem weiteren diese Frage betreffenden Verfahren (LG Mainz, Urteil vom 11. April 2012 - 4 O 436/10 -) stand bei Schluss der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Revisionsverfahren noch aus.

22

Ein Ersatzanspruch nach § 68 Abs. 1 Satz 2 POG ist auch nicht schon offensichtlich zu verneinen, weil die etwaige Rechtsverletzung nicht kausal für den geltend gemachten Schaden wäre. Die landesrechtliche Regelung verhält sich nicht zu den Anforderungen, die an die Verursachung des Schadens zu stellen sind. Bisher fehlt auch eine gefestigte zivilgerichtliche Konkretisierung der in § 68 Abs. 1 Satz 2 POG vorausgesetzten Kausalität. Zwar mag naheliegen, die für revisible Haftungsnormen entwickelten Anforderungen an die Kausalität bei Ermessensakten auch auf die landesrechtliche Haftungsregelung des Polizei- und Ordnungsrechts zu übertragen und die Ursächlichkeit zu verneinen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vinke, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 12, Stand: Sommer 2005, § 839 Rn. 176, zur Unterscheidung von der Figur rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. ebd. Rn. 178). Offensichtlich ist eine solche Parallelität aber nicht. Insbesondere steht es dem Landesgesetzgeber frei, die Haftung großzügiger zu regeln. Ob dies hier geschehen ist, bedarf gegebenenfalls einer näheren Prüfung im Staatshaftungsverfahren.

23

Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlt es schließlich nicht offenkundig an einem ersatzfähigen Schaden. Auf die Frage, ob eigentumsfähige Positionen betroffen sind, kommt es nur bei einer entsprechenden, hier gerade nicht offensichtlichen Beschränkung der Haftung an. Ob Vermögenseinbußen wegen rechtlicher Missbilligung der untersagten Tätigkeit nicht ersatzfähig sind, lässt sich nur auf der Grundlage einer ins Einzelne gehenden verfassungs- und unionsrechtlichen Prüfung der die Tätigkeit beschränkenden oder missbilligenden Vorschriften beantworten, so dass auch insoweit keine Offensichtlichkeit vorliegt.

24

Da die Klägerin sich um eine Erlaubnis bemüht und deswegen Klage erhoben hat, scheidet eine Haftung auch unter dem Gesichtspunkt der Mitverursachung nicht offensichtlich aus.

25

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Fortsetzungsfeststellungsklage sei für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis zum 10. Mai 2012 auch begründet, hält jedoch der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht Stand. Das Berufungsurteil verletzt die revisiblen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB, soweit es den Stellungnahmen des Beklagten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entnimmt, dass die Untersagung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht mehr auf das Sportwettenmonopol, sondern allein auf die nachgeschobenen Erwägungen zur formellen und materiellen Illegalität der untersagten Tätigkeit gestützt wurde. Außerdem geht das Urteil unzutreffend davon aus, die Zulässigkeit des Nachschiebens neuer Gründe sei in § 114 Satz 2 VwGO geregelt, und übergeht die einschlägigen Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts. Schließlich wendet es § 40 VwVfG i.V.m. § 1 LVwVfG unrichtig an, soweit es annimmt, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, bei seinen Ermessenserwägungen den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Umsetzung des Ersten Glücksspieländerungsvertrags zu berücksichtigen.

26

a) Das Berufungsgericht ist in Anwendung nichtrevisiblen Landesrechts davon ausgegangen, dass die Vermittlungstätigkeit der Klägerin formell illegal war und deshalb von der Ordnungsbehörde - bei fehlerfreier Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens - untersagt werden durfte. Dagegen ist nichts zu erinnern. Gleiches gilt für die Annahme des Berufungsgerichts, die Untersagungsverfügung sei ursprünglich damit begründet worden, dass die Vermittlungstätigkeit wegen des Sportwettenmonopols schlechterdings nicht erlaubt werden konnte. Revisionsrechtlich fehlerhaft ist jedoch seine weitere Annahme, der Beklagte habe diese Begründung nach der Öffnung des Erlaubnisverfahrens für Private im Jahr 2010 durch die neue Erwägung ersetzt, der Schutz des Erlaubnisverfahrens erfordere die Untersagung einer unerlaubten Gewerbeausübung; das Monopol habe deshalb seither für die Begründung der Ermessensentscheidung keine Rolle mehr gespielt. Diese Deutung verletzt revisible Auslegungsgrundsätze und wird den Erklärungen des Beklagten nicht gerecht.

27

Die bundesrechtlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB sind auf öffentlich-rechtliche Erklärungen entsprechend anzuwenden. Bei Verwaltungsakten kommt es wie bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht auf den wirklichen Willen des Erklärenden (natürliche Auslegung), sondern auf den objektiven Erklärungsinhalt an. Maßgeblich ist, wie der Empfänger die Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der für ihn erkennbaren Umstände verstehen musste. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und deren objektiver Gehalt unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts zu ermitteln (stRspr, vgl. Urteile vom 2. September 1999 - BVerwG 2 C 22.98 - BVerwGE 109, 283 <286> = Buchholz 237.7 § 72 NWLBG Nr. 4 und vom 27. Juni 2012 - BVerwG 9 C 7.11 - BVerwGE 143, 222 = Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 206; BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 145/87 - BGHZ 103, 275 <280>, vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 58/09 - BGHZ 184, 128 <137 Rn. 33> und vom 1. März 2011 - II ZR 16/10 - NJW 2011, 1666 <1667 Rn. 11> je m.w.N.). Das setzt nicht zuletzt eine vollständige Berücksichtigung des Wortlauts schriftlicher Erklärungen voraus. Diesen Anforderungen genügt die berufungsgerichtliche Auslegung der Ausführungen des Beklagten zu den Gründen der Ermessensausübung nicht.

28

Die Annahme, das Monopol habe für die Begründung der Ermessensentscheidung seit Oktober 2010 keine Rolle mehr gespielt, beruht auf einer unvollständigen Berücksichtigung der Ausführungen in der Klageerwiderung des Beklagten vom 30. November 2011 und dessen im Wesentlichen inhaltsgleicher Berufungsbegründung vom 9. März 2012. Das Berufungsurteil gibt sinngemäß nur die Ausführungen des Beklagten zur Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts und zur materiellen Illegalität des Angebots der Wettunternehmer wieder (Ziffern I, II und V der Klageerwiderung sowie Ziffern IV bis VII der Berufungsbegründung) und reduziert das Beklagtenvorbringen darauf. Die umfangreichen Darlegungen beider Schriftsätze zur Rechtmäßigkeit des Monopols (Ziffern III und IV der Klageerwiderung sowie Ziffer II und III der Berufungserwiderung) und die Hinweise zum Verhältnis der beiden Begründungsstränge zueinander werden dabei ausgeblendet. Unberücksichtigt bleiben deshalb diejenigen Ausführungen der Klageerwiderung und der Berufungsbegründung, die im Einzelnen darlegen, aus welchen Gründen der Beklagte das Sportwettenmonopol weiterhin für unionsrechtskonform und für geeignet hält, die Untersagung zu rechtfertigen. So wendet er sich unter anderem gegen die Feststellung einer Expansionspolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels und gegen die Annahme, aus einer solchen Politik folge schon die Ungeeignetheit des Monopols zur Suchtbekämpfung. Seine Ausführungen geben keinerlei Anhaltspunkte für eine zeitliche Zäsur in der Begründung der Untersagung. Das Berufungsurteil zeigt solche Anhaltspunkte auch nicht auf. Es prüft nur, ob das Nachschieben der neuen Ausführungen zur Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts nach § 114 Satz 2 VwGO noch als zulässige Ergänzung oder als Ersetzen der bisherigen Ermessenserwägungen einzuordnen ist. Dabei wird übersehen, dass die Frage nach der prozessualen Beachtlichkeit neuer Erwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO sich erst stellt, wenn durch Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB ermittelt wurde, ob damit eine neue Begründung neben die bisherige oder an deren Stelle getreten ist, und wenn geklärt wurde, ob das Nachschieben der neuen Gründe verwaltungsverfahrensrechtlich zulässig war.

29

Bei vollständiger Berücksichtigung der Ausführungen des Beklagten wird deutlich, dass dieser die ursprüngliche Begründung der Untersagung mit dem Monopol auch für die Zeit ab Oktober 2010 nicht aufgeben wollte. Sein Vortrag, das Monopol sei auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Gerichtshofs noch unionsrechtskonform, lässt sich nur dahin verstehen, dass er die Monopolregelung weiterhin und über den Herbst 2010 hinaus für rechtmäßig hält. Die nachgeschobenen Erwägungen sollten ersichtlich nur hilfsweise angeführt werden für den Fall, dass die Gerichte von einer Inkohärenz des Monopols im unionsrechtlichen Sinn ausgingen. Die Eröffnung des Erlaubnisverfahrens wird entsprechend als "vorsorglich" bezeichnet (vgl. Ziffer V Seite 23 f. der Klageerwiderung und Ziffer VII Seite 16 der Berufungserwiderung). Die Begründung mit dem Monopol wird also als Hauptbegründung aufrechterhalten; die Erwägungen zur alternativen Begründbarkeit mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts haben nur Hilfsfunktion.

30

b) Auch der weiteren Annahme des Berufungsgerichts, die - von ihm angenommene - Auswechslung wesentlicher Ermessenserwägungen sei wegen Verstoßes gegen § 114 Satz 2 VwGO unzulässig, kann nicht zugestimmt werden.

31

aa) Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen derart veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind (im Anschluss an das Urteil vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 1 C 14.10 - BVerwGE 141, 253 ).

32

Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (stRspr, Urteile vom 14. Oktober 1965 - BVerwG 2 C 3.63 - BVerwGE 22, 215 <218> = Buchholz 232 § 32 BBG Nr. 14, vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <59> = Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 25 und vom 29. Januar 2001 - BVerwG 11 C 3.00 - Buchholz 401.64 § 6 AbwAG Nr. 3). Diese Grundsätze gelten auch bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung wie der glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung, wenn deren Begründung für einen bereits abgelaufenen Zeitraum geändert werden soll. Dabei kann offenbleiben, ob eine solche rückwirkende Änderung ausscheidet, nachdem sich der Dauerverwaltungsakt endgültig erledigt hat, also seinen Regelungsgegenstand für die Zukunft verloren hat und auch für die Vergangenheit keinerlei fortwirkende Folgen mehr aufweist. Jedenfalls kann auch ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung in Ansehung eines bereits abgelaufenen Zeitraums nicht mehr mit Ermessenserwägungen begründet werden, durch welche die ursprüngliche Ermessensentscheidung im Kern ausgewechselt wird (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 13. Auflage 2010, § 114 Rn. 89).

33

Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann jedoch zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten. Die Rechtsverteidigung des Betroffenen wird durch eine Änderung (nur) für die Zukunft nicht beeinträchtigt. Da für die rechtliche Beurteilung von Dauerverwaltungsakten grundsätzlich die jeweils aktuelle Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, muss das Prozessverhalten des Betroffenen sich ohnehin auf zukunftsbezogene Veränderungen einstellen. Führt (erst) die Änderung der Begründung der Untersagung mit Wirkung für die Zukunft dazu, dass die bisherigen Erfolgsaussichten einer Klage entfallen, steht es dem Betroffenen frei, den Rechtsstreit durch Erledigungserklärung ohne eigene Kostenbelastung zu beenden (vgl. § 161 Abs. 2 VwGO), sofern er die Untersagung nicht - etwa als Rechtsgrundlage noch rückgängig zu machender Vollzugsmaßnahmen - für die Vergangenheit (gegebenenfalls: weiterhin) anfechten oder wegen eines berechtigten Feststellungsinteresses im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag übergehen kann und will.

34

Aus § 114 Satz 2 VwGO ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Diese Vorschrift regelt nicht die Voraussetzungen für die materiell-rechtliche und verwaltungsverfahrensrechtliche Zulässigkeit des Nachschiebens von Ermessenserwägungen, sondern betrifft nur deren Geltendmachung im Prozess. Ihr Zweck ist es, klarzustellen, dass ein materiell- und verwaltungsverfahrensrechtlich zulässiges Nachholen von Ermessenserwägungen nicht an prozessualen Hindernissen scheitert (Urteile vom 5. Mai 1998 - BVerwG 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <364> = Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 13 und vom 13. Dezember 2011 a.a.O. ).

35

Kommt ein Nachschieben von Ermessenserwägungen nach dem Vorstehenden in Betracht, so muss dies allerdings genügend bestimmt geschehen. Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit ergibt sich aus § 37 Abs. 1 VwVfG und gilt als Ausprägung des Rechtsstaatsgebots (Art. 20 Abs. 3 GG) auch für die Änderung eines Verwaltungsakts einschließlich seiner Begründung. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich (Urteil vom 13. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 18). Das wäre mit der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren.

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bb) Da das Berufungsgericht auf die verwaltungsverfahrensrechtlichen Anforderungen nicht eingeht, übersieht es, dass die - von ihm angenommene - Änderung eines Verwaltungsakts nicht dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 LVwVfG genügte.

37

Der Beklagte hat erst während des Verwaltungsprozesses und nur im Wege prozessualen Vorbringens geltend gemacht, die Untersagung sei nicht allein aus dem Sportwettenmonopol, sondern alternativ und hilfsweise wegen der formellen und materiellen Illegalität der untersagten Tätigkeit gerechtfertigt. Das genügt den dargelegten Bestimmtheitsanforderungen nicht. Unklar bleibt, ob damit nur die Untersagung im Prozess verteidigt oder die angegriffene Verfügung selbst in ihrer Begründung geändert werden soll. Im letztgenannten Fall wird außerdem nicht deutlich, ob die Hilfsbegründung rückwirkend für den gesamten Wirkungszeitraum der Untersagungsverfügung oder nur für die Zeit nach dem Zugang der Erklärung eingeführt wird. Solche Zweifel und Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (Urteil vom 13. Dezember 2011 a.a.O.). Das außergerichtliche Schreiben des Beklagten vom 13. November 2010 trägt nichts zur Klärung bei. Mit Blick auf die unionsgerichtliche Rechtsprechung weist es nur darauf hin, die Vermittlung sei weiterhin zumindest formell illegal, und kündigt an, eine Entscheidung des zuständigen Ministeriums abwarten zu wollen.

38

cc) Unabhängig davon wäre die neue Begründung, soweit sie - wie vom Berufungsgericht angenommen - auf den Zeitpunkt der Öffnung des Erlaubnisverfahrens im Oktober 2010 zurückwirken sollte, auch unzulässig, weil sie die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigte.

39

Hätte die Beklagte die fehlende Erlaubnisfähigkeit nicht mehr mit dem Sportwettenmonopol, sondern allein mit der materiellen Illegalität der Wettvermittlung begründet, wären die wesentlichen Ermessenserwägungen für die Untersagung ausgetauscht worden. Die Rechtmäßigkeit und Anwendbarkeit des Monopols sind für die erste Begründung entscheidend, für die zweite jedoch unerheblich. Ein solcher Austausch wäre nur für die Zukunft zulässig, nicht hingegen auch rückwirkend für bereits verstrichene Zeiträume. Daran ändert auch nichts, dass beide Begründungen an das Fehlen einer Erlaubnis anknüpfen. Die formelle Illegalität erfüllt den Tatbestand der Untersagungsermächtigung und eröffnet damit nur das Ermessen. Dessen Ausübung muss sich daher nach anderen Kriterien richten. Ob im Austausch der wesentlichen Ermessenserwägungen schon eine Wesensänderung der Untersagung selbst liegt, kann dahinstehen. Jedenfalls wird die Rechtsverteidigung des Betroffenen erheblich beeinträchtigt, wenn die maßgeblichen Erwägungen rückwirkend ausgewechselt werden. Dies zwingt ihn, seine Rechtsverteidigung für eine erhebliche vergangene Zeitspanne völlig umzustellen. Solange die Ermessensausübung im Wesentlichen mit dem Sportwettenmonopol begründet wurde, konnte der Betroffene sich darauf konzentrieren, dessen Rechtswidrigkeit geltend zu machen. Die neue Begründung stellt erstmals auf die monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlung und das Wettangebot ab. Dem Betroffenen bleibt nur, diese Anforderungen zu prüfen und für den gesamten bereits abgelaufenen Zeitraum entweder darzulegen, dass sie rechtswidrig waren, oder darzutun, dass seine Tätigkeit mit ihnen übereinstimmte. Soweit die rückwirkende Änderung der Begründung die Erfolgsaussichten der Klage entfallen lässt, kann er darauf nur nachträglich reagieren.

40

c) Entgegen dem angegriffenen Urteil war die - von ihm angenommene - Begründung der Untersagungsverfügung mit der formellen und materiellen Illegalität der Tätigkeit nicht schon ermessensfehlerhaft, weil sie den Gesetzentwurf zur Umsetzung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nicht berücksichtigte. Dabei kann offenbleiben, inwieweit der Beklagte unter Opportunitätsgesichtspunkten zu einer Einbeziehung des Entwurfs in seine Ermessenserwägungen befugt gewesen wäre. Eine Rechtspflicht dazu bestand im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis zur endgültigen Erledigung der angegriffenen Verfügung jedenfalls nicht.

41

Die Ermächtigung, die unerlaubte Wettvermittlung zu untersagen, ergab sich seinerzeit aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des Glücksspielstaatsvertrags - GlüStV (a.F.) i.V.m. § 11 Abs. 2 LGlüG. Die Ausübung des Ermessens musste gemäß § 40 VwVfG, der hier gemäß § 1 LVwVfG anzuwenden ist, dem Zweck der Ermächtigung entsprechen und die gesetzlichen Ermessensgrenzen beachten. Zu diesen Rechtsgrenzen zählte die gesetzliche Neuregelung des Glücksspielrechts erst mit ihrem Inkrafttreten. Zuvor entfaltete sie keine rechtliche Bindungswirkung. Das ergibt sich aus der rechtsstaatlichen Bindung der Exekutive an das Gesetz und aus dem verfassungsrechtlichen Demokratiegebot (Art. 20 Abs. 3 GG). Das Rechtsstaatsgebot verpflichtet die Verwaltung zur Anwendung des jeweils geltenden Rechts und lässt es nicht zu, davon mit Blick auf eine vorgeschlagene künftige Rechtsänderung abzuweichen. Das Demokratiegebot lässt es nicht zu, die Beachtung der vom Parlament erlassenen Gesetze zur Disposition der Verwaltung zu stellen. Entsprechend geht das Oberverwaltungsgericht auch nicht von einer Pflicht zur Voranwendung der beabsichtigten Rechtsänderung, sondern nur von einer Verpflichtung zu ihrer Vorberücksichtigung im Rahmen der Ermessenserwägungen aus (zur Begrifflichkeit vgl. Kloepfer, Vorwirkung von Gesetzen, 1974, S. 94 f., 166; Guckelberger, Vorwirkung von Gesetzen im Tätigkeitsbereich der Verwaltung, 1997, S. 162).

42

Aus dem Verhältnismäßigkeitsgebot, das die Behörde als rechtliche Grenze des Ermessens beachten muss, ergibt sich ebenfalls keine Verpflichtung, den in den Landtag eingebrachten Gesetzentwurf zu berücksichtigen. Bis zum Inkrafttreten der Rechtsänderung war die Untersagung geeignet und erforderlich, die unerlaubte und nach damaliger Rechtslage nicht offensichtlich erlaubnisfähige Wettvermittlung zu unterbinden (vgl. zu diesen Kriterien Urteil vom 16. Mai 2013 - BVerwG 8 C 14.12 - Rn. 53 ff. - juris). Der Umstand, dass der Gesetzentwurf Regelungen vorsah, nach denen die materielle Erlaubnisfähigkeit des Wettangebots möglicherweise günstiger zu beurteilen war, führt auch nicht zur Unangemessenheit der Untersagung oder zu deren Unverhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Voraussetzung dafür wäre vielmehr, dass mit hinreichender Sicherheit vom Wirksamwerden der Neuregelung zu einem bestimmten, absehbaren Zeitpunkt auszugehen war und dass die Tätigkeit damit bereits legal werden würde (vgl. Urteil vom 6. Dezember 1985 - BVerwG 4 C 23.83 und 4 C 24.83 - Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 21 S. 8). Hier fehlt schon die erste Bedingung, die bei gesetzlichen Neuregelungen regelmäßig einen Gesetzesbeschluss des Parlaments voraussetzt. Im Zeitpunkt der Erledigung der Untersagungsverfügung war das Gesetzgebungsverfahren noch nicht über die erste Lesung im Parlament und die Überweisung an die Ausschüsse hinausgelangt. Außerdem stand noch nicht fest, ob der durch das Gesetz umzusetzende Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag, wie in seinem Art. 2 Abs. 1 vorausgesetzt, bis zum 30. Juni 2012 von mindestens 13 Bundesländern ratifiziert werden und zum 1. Juli 2012 in Kraft treten würde.

43

Ein Ermessensdefizit lässt sich auch nicht unabhängig vom Verhältnismäßigkeitsgebot aus der Pflicht herleiten, alle ermessensrelevanten Gesichtspunkte im Sinne einer vollständigen Interessenabwägung in die Entscheidung einzubeziehen. Rechtlich begrenzt und gerichtlich überprüfbar ist die Ermessensausübung nach § 40 VwVfG nur, soweit sie durch den Zweck der Ermächtigung und die gesetzlichen Grenzen der Ermessensausübung gebunden wird. Die Umstände, die für die Beachtung dieser rechtlichen Grenzen relevant sind, wurden bereits in den Ausführungen zum Rechtsstaatsgebot und zur Verhältnismäßigkeit erörtert. Der Zweck der Ermächtigung, den Erlaubnisvorbehalt zur Sicherung des Jugend- und Spielerschutzes durchzusetzen, gebietet ebenfalls keine Vorberücksichtigung einer Entwurfsregelung, die das gerade zum Jugend- und Spielerschutz erlassene Internetverbot lockert und weitere, bis zur Rechtsänderung illegale Wettformen zulässt.

44

d) Entgegen der Auffassung der Revision musste das Berufungsgericht aber nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null zulasten der Klägerin ausgehen. Umstände, deretwegen jedes Zuwarten des Beklagten rechtswidrig gewesen wäre, sind weder festgestellt noch von der Revision geltend gemacht worden. Der Vortrag, das Wettangebot des Wettunternehmers schließe materiell illegale Wettformen ein, belegt noch nicht, dass auch die konkrete Vermittlungstätigkeit der Klägerin materiell illegal war und nicht zumindest unter Nebenbestimmungen erlaubnisfähig gewesen wäre. Das Berufungsgericht hat auch den Begriff des intendierten Ermessens nicht verkannt, der als Rechtsfigur des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts revisibel ist. Ob die Untersagungsermächtigung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nur ein intendiertes Ermessen einräumte, ist eine revisionsrechtlich nicht zu überprüfende Frage der Auslegung dieser irrevisiblen Vorschrift (vgl. den in diesem Verfahren ergangenen Beschluss vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 61.12 - Rn. 13 - juris).

45

3. Das Berufungsurteil beruht auf der unzutreffenden Anwendung der §§ 133, 157 BGB, § 40 VwVfG und § 114 Satz 2 VwGO, weil es bezüglich des noch verfahrensgegenständlichen Zeitraums nicht von einer fehlerfreien Alternativbegründung getragen wird. Zur Beurteilung der Untersagung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum stellt das angegriffene Urteil unter Ziffer 3 b seiner Entscheidungsgründe allein auf den - angenommenen - Austausch der Begründung der Untersagungsverfügung und die - vermeintliche - Rechtswidrigkeit der nachgeschobenen Erwägungen ab. Nur bezüglich des vorhergehenden Zeitraums bis zur Öffnung des Erlaubnisverfahrens für Private im Jahr 2010 - genauer: im Oktober diesen Jahres - geht es davon aus, dass die Untersagung auf das Sportwettenmonopol gestützt wurde, und begründet ihre Rechtswidrigkeit mit der Erwägung, dieses sei wegen systematischer Verstöße gegen die verfassungs- und unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung rechtswidrig gewesen (vgl. Ziffer 3 a der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils).

46

4. Bezüglich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums erweist das Urteil sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

47

Zwar ist das Oberverwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Hinweis des Beklagten auf die formelle und materielle Illegalität der Wettvermittlung das Verbot nicht trägt. Wie bereits dargelegt, sind die verwaltungsverfahrensrechtlichen Anforderungen an eine nachträgliche Änderung der Begründung der Untersagungsverfügung nicht erfüllt, weil sie nicht hinreichend bestimmt erklärt wurde und ein Austausch der Ermessenserwägungen für die Vergangenheit ohnehin unzulässig wäre.

48

Ob indes die im angegriffenen Urteil übergangene, vom Beklagten aufrechterhaltene Begründung der Untersagung mit dem Sportwettenmonopol im Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis zum 10. Mai 2012 rechtswidrig war, lässt sich auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend beurteilen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus den Feststellungen, die das angegriffene Urteil zur Werbung des Monopolträgers im Jahr 2010 und darüber hinaus getroffen hat, noch keine Rechtswidrigkeit des Monopols. Die Werbebeispiele für den hier maßgeblichen Zeitraum seit Oktober 2010 belegen keine systematischen Verstöße gegen § 5 GlüStV oder die verfassungs- und unionsrechtlichen Werbebeschränkungen, aus denen auf rechtlich illegitime, fiskalische Ziele des Monopols zu schließen wäre. Aus der Bezugnahme auf herausragende Sportereignisse folgt noch kein Verstoß gegen die Pflicht, die Werbung zur Kanalisierung der vorhandenen Nachfrage auf sachliche Information und Aufklärung über die legalen Wettangebote zu beschränken. So darf ein herausragendes Sportereignis als Gegenstand der angebotenen Wetten benannt werden. Unzulässig ist es dagegen, in stimulierender, zur Teilnahme am Glücksspiel ermunternder oder anreizender Art und Weise auf ein solches Sportereignis Bezug zu nehmen oder die Bezugnahme mit der Ankündigung höherer oder zusätzlicher Gewinnchancen zu verknüpfen (Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 34). Eine Missachtung dieser Grenzen ist anhand der Werbebeispiele, die das Berufungsgericht für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum aufgeführt hat, nicht festzustellen. Insbesondere gehen Formulierungen nach dem Muster " bei ODDSET" nicht über eine zulässige Information über den Gegenstand der angebotenen Wetten hinaus. Die Beurteilung der Werbeanzeige "Wochen der Entscheidung" (April 2011) und der mit Vereinssignets illustrierten Anzeige "Derby-Zeit" (Januar 2012) kann dahinstehen, weil aus einem Einzelfall unzulässiger Werbung pro Jahr noch nicht auf eine rechtswidrige Zielsetzung des Monopols geschlossen werden kann.

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5. Eine Sachentscheidung nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO ist auf der Grundlage der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen nicht möglich. Als Grundlage für eine abschließende Beurteilung der Werbepraxis im verfahrensgegenständlichen Zeitraum oder gar der Rechtmäßigkeit des Monopols im Übrigen reichen sie nicht aus. Die für die Zeit seit Oktober 2010 aufgeführten Werbebeispiele stehen im Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsurteils zum Zeitraum bis 2010 und sollen ersichtlich nur die Kontinuität bestimmter Werbestrategien während dieses Jahres und - vereinzelt - noch darüber hinaus belegen. Weitere und genauere Feststellungen waren aus der Sicht des Berufungsgerichts nicht erforderlich, weil es die Untersagung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum aus anderen Gründen für rechtswidrig hielt. Mangels einschlägiger Feststellungen des Berufungsgerichts kann auch nicht beurteilt werden, ob das Monopol im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unabhängig von der Werbepraxis rechtswidrig war, etwa wegen einer gegenläufigen Glücksspielpolitik in einem anderen Bereich mit mindestens gleich hohem Suchtpotenzial, wenn diese zur Folge hatte, dass das Monopol nicht mehr wirksam zum Erreichen der mit ihm verfolgten, unionsrechtlich legitimen Ziele beitragen konnte. Vor der erforderlichen weiteren Sachaufklärung lässt sich nicht absehen, ob und gegebenenfalls welche Zweifelsfragen zu den unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden. Derzeit besteht daher gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV kein Anlass, das vom Beklagten angeregte Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu richten.

50

Da eine abschließende Entscheidung nicht möglich ist, muss die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Dieses wird bei seiner weiteren Prüfung zu berücksichtigen haben, dass sich eine Verletzung der unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung auch aus Werbemaßnahmen ergeben kann, die im Rahmen einer im Deutschen Lotto- und Totoblock abgestimmten Werbestrategie unter einer gemeinsamen Dachmarke verbreitet werden (vgl. Urteil vom 20. Juni 2013 - BVerwG 8 C 10.12 - Rn. 40 ff.).

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern Duldungsbescheinigungen ohne die Anordnung einer auflösenden Bedingung des Inhalts „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“ zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger, eine Familie vom Volk der Roma mazedonischer Staatsangehörigkeit, sind – nach erfolglosen Asylverfahren bzw. Asylfolgeverfahren – vollziehbar ausreisepflichtig. Gültige mazedonische Reisepässe liegen den Behörden vor.
Nach Abschluss der asylrechtlichen Verfahren erhielten die Kläger im Auftrag der Beklagten von der Ausländerbehörde der Stadt Göppingen Duldungsbescheinigungen, zunächst vom 14.06.2011 bis zum 10.09.2011. Diesen war die auflösende Bedingung, „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“, beigefügt.
Einen Tag später, am 15.06.2011, beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Kläger förmlich, die Kläger im Bundesgebiet zu dulden. Er verwies hierbei auf eine aktuelle Herzerkrankung der Klägerin Ziff. 4.
Die Kläger haben am 14.07.2011 das Verwaltungsgericht angerufen. Zur Begründung führen sie aus, die ihrer Duldung beigefügte auflösende Bedingung sei rechtswidrig. Durch die Unsicherheit, wie lange ihre Duldung gelten werde, werde das Rechtsstaatsprinzip verletzt. Die Herzerkrankung der Klägerin Ziffer 4, die bereits eine stationäre Behandlung in Göppingen erforderlich gemacht habe, werde aktuell in Stuttgart weiterbehandelt. Während der andauernden Behandlung dürfte die Familie nicht in der Unsicherheit leben müssen, abgeschoben zu werden. Die Duldung sei ohnehin nur auf knapp drei Monate befristet und dürfe nicht überraschend verkürzt und der Aufenthalt beendet werden, ohne dass die Kläger die Möglichkeit hätten, dass die Rechtmäßigkeit einer solchen Maßnahme überprüft werde. Das Abschiebungsverbot für die Klägerin Ziffer 4 ergebe sich aus ihrer dringenden Behandlungsbedürftigkeit und der im Falle der Abschiebung erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben.
Die Klägerin Ziffer 4 befand sich zur weiteren stationären Untersuchung vom 01. bis 03.08.2011 im Zentrum für angeborene Herzfehler im O. Hospital in Stuttgart. Als Ergebnis der dortigen Untersuchungen ergab sich die Notwendigkeit einer Herzoperation, die für November 2011 eingeplant wurde.
Die Duldungen der Kläger wurden nach Ablauf, wiederum mit auflösender Bedingung, zunächst bis zum 10.12.2011 und seither stets fortlaufend und identisch verlängert.
Die Klägerin Ziffer 4 wurde am 22.11.2011 nach Angaben der Ärzte komplikationslos operiert. Am 02.12.2011 wurde sie in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen. Aufgrund einer orthopädischen Wirbelsäulenerkrankung ergab sich zwischenzeitlich auch für die Klägerin Ziffer 3 die Notwendigkeit einer Operation. Als Operationstermin ist derzeit der 11.09.2012 vorgesehen.
Die Kläger beantragen,
die Nebenbestimmung „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“ in den den Klägern erteilten Duldungen aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern Duldungen ohne die Nebenbestimmung „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“ zu erteilen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Zur Begründung führt sie aus, die den Duldungen beigefügte auflösende Bedingung sei rechtmäßig und auch verhältnismäßig. Aus den bisher vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen ergebe sich keine Reiseunfähigkeit im Sinne einer Transportunfähigkeit hinsichtlich der Klägerin Ziffer 4. Der vorgetragenen Herzerkrankung könne im Rahmen einer Abschiebung durch Hinzuziehen von ärztlicher Begleitung Rechnung getragen werden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass ein Leben und eine Behandlung der Erkrankung der Klägerin Ziffer 4 auch in Mazedonien möglich sei. Auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liege nicht vor. Eine Aufenthaltsbeendigung der gesamten Familie nach der stationären Behandlung der Klägerin Ziffer 4 sei beabsichtigt. Die auflösende Bedingung solle gewährleisten, dass dies nach Entlassung der Klägerin Ziffer 4 dann auch vollzogen werden könne. Im Hinblick auf die minderjährigen Kinder der Familie werde eine Abschiebung ohnehin mit Termin angekündigt. Die Einholung von einstweiligem Rechtsschutz sei dann möglich und Rechtssicherheit sei ausreichend gewährleistet. Zum Zeitpunkt der Erteilung der bis zum 10.09.2011 gültigen Duldungen seien die Erkrankung und der anstehende Operationstermin bei der Klägerin Ziffer 4 noch gar nicht bekannt gewesen. Jedenfalls erscheine eine Aufenthaltsbeendigung nach der Operation nunmehr nicht ausgeschlossen.
13 
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung trugen die Kläger ergänzend vor, die Klägerin Ziffer 4 werde auch nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus noch ärztlich behandelt. Am Freitag der Vorwoche sei sie das letzte Mal beim Arzt gewesen, wobei ein Langzeit-EKG gefertigt worden sei. Für den darauffolgenden Montag sei ein weiterer Arzttermin vereinbart. Sie nehme auch noch täglich Medikamente. Als sie - im Alter von einem Jahr - in Bulgarien erstmals am Herzen operiert worden sei, hätten die mazedonischen Ärzte Nachsorgemaßnahmen abgelehnt. Man habe den Eltern damals gesagt, das gehe nicht, man verfüge über keine ärztlichen Unterlagen, das könne nur dort geschehen, wo die Operation durchgeführt worden sei.
14 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist zulässig. Der Berichterstatter lässt ausdrücklich offen, ob richtige Klageart hier die Anfechtungsklage (auf Aufhebung der belastenden auflösenden Bedingung) ist, oder ob hier eine Verpflichtungsklage (auf Erlass einer Duldung ohne eine solche auflösende Bedingung) gemeint ist (zum Streitstand informativ Armbruster, HTK-AuslR / AufenthG § 61 Abs. 1/ Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen bei einer Duldung / Statthafte Klageart /). Diese Unterscheidung, mag sie auch von „akademischem Interesse“ sein, ist für den betroffenen Ausländer irrelevant und hinsichtlich der Zulässigkeit gerichtlichen Rechtsschutzes ohne Bedeutung (§ 42 VwGO). Ein Vorverfahren ist in jedem Fall entbehrlich (vgl. § 15 AGVwGO).
16 
Die Klage ist auch begründet. Maßgeblich ist allein, ob die auflösende Bedingung rechtmäßig oder rechtswidrig ist, d. h. der Duldung beigefügt werden durfte bzw. darf oder nicht (Armbruster a.a.O.). Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation ergibt sich, dass die den Klägern zu erteilenden Duldungen ohne eine solche auflösende Bedingung ausgesprochen werden müssen.
17 
Grundsätzlich ist anerkannt, dass einer Duldung, gestützt auf § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, eine auflösende Bedingung beigefügt werden kann (vgl. etwa VGH München, Beschl. v. 10.09.2008 - 19 C 08.2207 -, m.w.N.;). Entscheidend ist, ob die Behörde im Rahmen der nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG geforderten Ermessensausübung höherrangiges Recht ausreichend beachtet bzw. ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von diesem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 114 VwGO). Denn insoweit gilt, auch wenn die Verknüpfung der Duldung mit einer auflösenden Bedingung grundsätzlich als möglich angesehen wird, so darf sie der Duldung nicht gleichsam automatisch in jedem Fall beigefügt werden. Der Erlass der Nebenbestimmung steht nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und entspricht nur dann dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie geeignet und erforderlich ist, den mit ihr verfolgten Zweck zu fördern, den Ausländer schon vor Ablauf der regulären Dauer der Duldung abschieben zu können, wenn die Abschiebungshindernisse weggefallen sind (OVG Bremen, Beschl. v. 29.03.2011 - 1 B 57/11, 1 B 67/11 -, ).
18 
Keine Rolle spielt im vorliegenden Fall dagegen die Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes, der als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips des Grundgesetzes gebietet, dass eine solche auflösende Bedingung hinlänglich bestimmt und in ihrem Regelungsgehalt für den betroffenen Ausländer klar erkennbar sein muss (Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 93 ff. zu § 60a), wie er in diesem Zusammenhang vielfach von der Rechtsprechung erörtert wird (vgl. VGH München, a.a.O., m.w.N.). Denn die Bestimmung, die Duldung erlischt, sobald ihr Inhaber mit dem Beginn der Zwangsmaße über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird, lässt hinsichtlich ihrer Bestimmtheit keine Zweifel offen.
19 
Entgegen der mit der Klagebegründung geäußerten Befürchtung der Kläger steht vorliegend auch das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) - jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation - der Beifügung einer solchen auflösenden Bedingung zur Duldung nicht entgegen (vgl. hierzu Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 91 zu § 60 a). Daran wäre etwa dann zu denken, wenn zu befürchten wäre, trotz Bestehens ihrer Duldung würde gegen die Kläger, gleichsam überraschend, Abschiebemaßnahmen eingeleitet und hierdurch ihr Recht, einstweiligen Rechtsschutz zu suchen, vereitelt. Dies ist vorliegend jedoch nicht zu erkennen. Die Beklagte hat ausdrücklich darauf hingewiesen, aufgrund ihrer Verwaltungsübung und wegen der in der Familie vorhandenen minderjährigen Kinder werde eine beabsichtigte Abschiebung, ganz unabhängig von der auflösenden Bedingung der Duldung, vorher angekündigt. Dem Berichterstatter liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass an diesen Angaben der Beklagten zu zweifeln wäre. Dann aber ist die Möglichkeit effektiven Rechtsschutz zu suchen, in jedem Fall gewährleistet. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kann durch die auflösende Bedingung daher nicht verletzt sein.
20 
Allein die Prüfung der von der Beklagten vorgenommenen Ermessensbetätigung, soweit sich diese aus den Verwaltungsakten und den im Rahmen des Klageverfahrens vorgebrachten Erwägungen der Beklagten ergibt, führt - unter Berücksichtigung des insoweit zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - dazu, dass die vorliegende auflösende Bedingung zu beanstanden ist.
21 
Dies gilt noch nicht, soweit die Beklagte vorträgt, eine solche auflösende Bedingung solle den Vollzug einer ins Auge gefassten Abschiebung sicherstellen. Eine solche Erwägung ist grundsätzlich tragfähig. Ihr steht nicht entgegen, dass eine Duldung ohnehin nur für einen befristeten Zeitraum ausgesprochen wird. Ob dies auch dann zu gelten hat, wenn die Duldungsfrist auf einen Monat verkürzt ist, lässt der Berichterstatter ausdrücklich offen. Jedenfalls im hier vorliegenden Fall fortwährend für drei Monate verlängerter Duldungen ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn die Behörde Ermessenserwägungen dahingehend anstellt, falls sich die Möglichkeit einer Abschiebung innerhalb dieses 3-Monats-Zeitraums ergibt, zur Sicherstellung des Vollzugs eine auflösende Bedingung der vorliegenden Art den Duldungen beizufügen. Ergebe sich etwa bereits kurz nach einer anstehenden Duldungsverlängerung für weitere drei Monate die Möglichkeit der Abschiebung, wäre die Behörde ansonsten gezwungen, entweder den Duldungsablauf abzuwarten und den weiteren rechtswidrigen Inlandsaufenthalt der Betroffenen hinzunehmen oder aber ein Widerrufsverfahren einzuleiten. Beides kann nicht verlangt werden.
22 
Eine korrekte Ermessensbetätigung i.S.v. § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG erfordert aber in erster Linie eine Berücksichtigung des jeweiligen Duldungsgrundes. Es macht in diesem Sinne einen erheblichen Unterschied, ob der Duldung etwa ein tatsächliches Ausreisehindernis, wie etwa Passlosigkeit, zugrundeliegt oder ob die Abschiebung gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich (sprachlich genauer: unzulässig) ist. Gerade an der sachgemäßen Berücksichtigung des Duldungsgrundes fehlt es im vorliegenden Fall. Die Beklagte verfügt über die mazedonischen Reisepässe der Kläger. Ein tatsächliches Ausreisehindernis besteht nicht. In den fortlaufend verlängerten Duldungen der Kläger tritt somit - zutreffend - die Auffassung der Beklagten zutage, aufgrund der Erkrankung der Klägerin Ziffer 4 ergebe sich für diese ein rechtliches Abschiebeverbot aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und in der Folge für die anderen Kläger aus Art. 6 Abs. 1 GG. Dem schließt sich der Berichterstatter ausdrücklich an. Die Äußerung der Beklagten im Rahmen der Klageerwiderung sind insoweit im Übrigen widersprüchlich zu ihrem diesbezüglichen Verhalten. Ginge sie tatsächlich davon aus, eine ärztlich begleitete Abschiebung sei möglich und eine weitere ärztliche Behandlung könne in Mazedonien erfolgen, so läge gar kein Duldungsgrund vor und die Duldung hätte gar nicht erst ausgesprochen werden dürfen. Dagegen war diese Duldung - auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung - durchaus gerechtfertigt. An der Notwendigkeit der vorgenommenen Herzoperation zur Sicherung des Rechts auf Leben und körperlicher Unversehrtheit der Klägerin Ziffer 4 hat der Berichterstatter keine Zweifel. Dies gilt aktuell auch über den eigentlichen Operationszeitpunkt hinaus, jedenfalls bis zum Abschluss notwendiger Nachsorgemaßnahmen. Es ist allgemeinkundig, dass eine Herzoperation jedenfalls zumindest einige weitere Wochen ärztlicher Nachsorge bedarf, ein Duldungsgrund also noch besteht. Erst wenn ärztlicherseits mitgeteilt wird, diese medizinische Maßnahme sei in ihrer Gesamtheit nunmehr abgeschlossen, wird eine Beendigung des Duldungsstatus der Kläger und ein Übergang in die Abschiebung möglich sein.
23 
Welcher Bedeutung insoweit die für den Herbst 2012 geplante Operation der Klägerin Ziff. 3 zukommt, kann offen bleiben.
24 
Im Rahmen einer solchen medizinisch intendierten Duldung eins Ausländers gilt dann aber für die Ermessensbetätigung, ob dieser eine auflösende Bedingung beizufügen ist, dass der Prüfung der Erforderlichkeit besonderes Gewicht zukommt (vgl. OVG Bremen, a.a.O.). Kann überhaupt nicht davon ausgegangen werden, vor dem regulären Ablauf der Duldung werde es zum Eintritt der auflösenden Bedingung überhaupt kommen, hat diese zu unterbleiben. In einem solchen Fall kann auch nicht argumentiert werden, dann fehle es an einer Beschwer des Ausländers durch die Nebenbestimmung (mit der Folge fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses), vielmehr fehlt es an der Rechtfertigung für den Erlass der Nebenbestimmung (OVG Bremen, a.a.O.).
25 
So lag und liegt es hier. Seit der Kenntnis der Notwendigkeit der Herzoperation der Klägerin Ziff. 4 hängt die Möglichkeit einer Abschiebung davon ab, dass die Herzerkrankung ausgeheilt ist, jedenfalls keiner nachsorgenden ärztlichen Behandlung hier mehr bedarf. Solange dies nicht absehbar ist, ist eine solche auflösende Bedingung auch nicht erforderlich.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
15 
Die Klage ist zulässig. Der Berichterstatter lässt ausdrücklich offen, ob richtige Klageart hier die Anfechtungsklage (auf Aufhebung der belastenden auflösenden Bedingung) ist, oder ob hier eine Verpflichtungsklage (auf Erlass einer Duldung ohne eine solche auflösende Bedingung) gemeint ist (zum Streitstand informativ Armbruster, HTK-AuslR / AufenthG § 61 Abs. 1/ Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen bei einer Duldung / Statthafte Klageart /). Diese Unterscheidung, mag sie auch von „akademischem Interesse“ sein, ist für den betroffenen Ausländer irrelevant und hinsichtlich der Zulässigkeit gerichtlichen Rechtsschutzes ohne Bedeutung (§ 42 VwGO). Ein Vorverfahren ist in jedem Fall entbehrlich (vgl. § 15 AGVwGO).
16 
Die Klage ist auch begründet. Maßgeblich ist allein, ob die auflösende Bedingung rechtmäßig oder rechtswidrig ist, d. h. der Duldung beigefügt werden durfte bzw. darf oder nicht (Armbruster a.a.O.). Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation ergibt sich, dass die den Klägern zu erteilenden Duldungen ohne eine solche auflösende Bedingung ausgesprochen werden müssen.
17 
Grundsätzlich ist anerkannt, dass einer Duldung, gestützt auf § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, eine auflösende Bedingung beigefügt werden kann (vgl. etwa VGH München, Beschl. v. 10.09.2008 - 19 C 08.2207 -, m.w.N.;). Entscheidend ist, ob die Behörde im Rahmen der nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG geforderten Ermessensausübung höherrangiges Recht ausreichend beachtet bzw. ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von diesem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 114 VwGO). Denn insoweit gilt, auch wenn die Verknüpfung der Duldung mit einer auflösenden Bedingung grundsätzlich als möglich angesehen wird, so darf sie der Duldung nicht gleichsam automatisch in jedem Fall beigefügt werden. Der Erlass der Nebenbestimmung steht nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und entspricht nur dann dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie geeignet und erforderlich ist, den mit ihr verfolgten Zweck zu fördern, den Ausländer schon vor Ablauf der regulären Dauer der Duldung abschieben zu können, wenn die Abschiebungshindernisse weggefallen sind (OVG Bremen, Beschl. v. 29.03.2011 - 1 B 57/11, 1 B 67/11 -, ).
18 
Keine Rolle spielt im vorliegenden Fall dagegen die Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes, der als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips des Grundgesetzes gebietet, dass eine solche auflösende Bedingung hinlänglich bestimmt und in ihrem Regelungsgehalt für den betroffenen Ausländer klar erkennbar sein muss (Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 93 ff. zu § 60a), wie er in diesem Zusammenhang vielfach von der Rechtsprechung erörtert wird (vgl. VGH München, a.a.O., m.w.N.). Denn die Bestimmung, die Duldung erlischt, sobald ihr Inhaber mit dem Beginn der Zwangsmaße über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird, lässt hinsichtlich ihrer Bestimmtheit keine Zweifel offen.
19 
Entgegen der mit der Klagebegründung geäußerten Befürchtung der Kläger steht vorliegend auch das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) - jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation - der Beifügung einer solchen auflösenden Bedingung zur Duldung nicht entgegen (vgl. hierzu Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 91 zu § 60 a). Daran wäre etwa dann zu denken, wenn zu befürchten wäre, trotz Bestehens ihrer Duldung würde gegen die Kläger, gleichsam überraschend, Abschiebemaßnahmen eingeleitet und hierdurch ihr Recht, einstweiligen Rechtsschutz zu suchen, vereitelt. Dies ist vorliegend jedoch nicht zu erkennen. Die Beklagte hat ausdrücklich darauf hingewiesen, aufgrund ihrer Verwaltungsübung und wegen der in der Familie vorhandenen minderjährigen Kinder werde eine beabsichtigte Abschiebung, ganz unabhängig von der auflösenden Bedingung der Duldung, vorher angekündigt. Dem Berichterstatter liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass an diesen Angaben der Beklagten zu zweifeln wäre. Dann aber ist die Möglichkeit effektiven Rechtsschutz zu suchen, in jedem Fall gewährleistet. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kann durch die auflösende Bedingung daher nicht verletzt sein.
20 
Allein die Prüfung der von der Beklagten vorgenommenen Ermessensbetätigung, soweit sich diese aus den Verwaltungsakten und den im Rahmen des Klageverfahrens vorgebrachten Erwägungen der Beklagten ergibt, führt - unter Berücksichtigung des insoweit zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - dazu, dass die vorliegende auflösende Bedingung zu beanstanden ist.
21 
Dies gilt noch nicht, soweit die Beklagte vorträgt, eine solche auflösende Bedingung solle den Vollzug einer ins Auge gefassten Abschiebung sicherstellen. Eine solche Erwägung ist grundsätzlich tragfähig. Ihr steht nicht entgegen, dass eine Duldung ohnehin nur für einen befristeten Zeitraum ausgesprochen wird. Ob dies auch dann zu gelten hat, wenn die Duldungsfrist auf einen Monat verkürzt ist, lässt der Berichterstatter ausdrücklich offen. Jedenfalls im hier vorliegenden Fall fortwährend für drei Monate verlängerter Duldungen ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn die Behörde Ermessenserwägungen dahingehend anstellt, falls sich die Möglichkeit einer Abschiebung innerhalb dieses 3-Monats-Zeitraums ergibt, zur Sicherstellung des Vollzugs eine auflösende Bedingung der vorliegenden Art den Duldungen beizufügen. Ergebe sich etwa bereits kurz nach einer anstehenden Duldungsverlängerung für weitere drei Monate die Möglichkeit der Abschiebung, wäre die Behörde ansonsten gezwungen, entweder den Duldungsablauf abzuwarten und den weiteren rechtswidrigen Inlandsaufenthalt der Betroffenen hinzunehmen oder aber ein Widerrufsverfahren einzuleiten. Beides kann nicht verlangt werden.
22 
Eine korrekte Ermessensbetätigung i.S.v. § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG erfordert aber in erster Linie eine Berücksichtigung des jeweiligen Duldungsgrundes. Es macht in diesem Sinne einen erheblichen Unterschied, ob der Duldung etwa ein tatsächliches Ausreisehindernis, wie etwa Passlosigkeit, zugrundeliegt oder ob die Abschiebung gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich (sprachlich genauer: unzulässig) ist. Gerade an der sachgemäßen Berücksichtigung des Duldungsgrundes fehlt es im vorliegenden Fall. Die Beklagte verfügt über die mazedonischen Reisepässe der Kläger. Ein tatsächliches Ausreisehindernis besteht nicht. In den fortlaufend verlängerten Duldungen der Kläger tritt somit - zutreffend - die Auffassung der Beklagten zutage, aufgrund der Erkrankung der Klägerin Ziffer 4 ergebe sich für diese ein rechtliches Abschiebeverbot aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und in der Folge für die anderen Kläger aus Art. 6 Abs. 1 GG. Dem schließt sich der Berichterstatter ausdrücklich an. Die Äußerung der Beklagten im Rahmen der Klageerwiderung sind insoweit im Übrigen widersprüchlich zu ihrem diesbezüglichen Verhalten. Ginge sie tatsächlich davon aus, eine ärztlich begleitete Abschiebung sei möglich und eine weitere ärztliche Behandlung könne in Mazedonien erfolgen, so läge gar kein Duldungsgrund vor und die Duldung hätte gar nicht erst ausgesprochen werden dürfen. Dagegen war diese Duldung - auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung - durchaus gerechtfertigt. An der Notwendigkeit der vorgenommenen Herzoperation zur Sicherung des Rechts auf Leben und körperlicher Unversehrtheit der Klägerin Ziffer 4 hat der Berichterstatter keine Zweifel. Dies gilt aktuell auch über den eigentlichen Operationszeitpunkt hinaus, jedenfalls bis zum Abschluss notwendiger Nachsorgemaßnahmen. Es ist allgemeinkundig, dass eine Herzoperation jedenfalls zumindest einige weitere Wochen ärztlicher Nachsorge bedarf, ein Duldungsgrund also noch besteht. Erst wenn ärztlicherseits mitgeteilt wird, diese medizinische Maßnahme sei in ihrer Gesamtheit nunmehr abgeschlossen, wird eine Beendigung des Duldungsstatus der Kläger und ein Übergang in die Abschiebung möglich sein.
23 
Welcher Bedeutung insoweit die für den Herbst 2012 geplante Operation der Klägerin Ziff. 3 zukommt, kann offen bleiben.
24 
Im Rahmen einer solchen medizinisch intendierten Duldung eins Ausländers gilt dann aber für die Ermessensbetätigung, ob dieser eine auflösende Bedingung beizufügen ist, dass der Prüfung der Erforderlichkeit besonderes Gewicht zukommt (vgl. OVG Bremen, a.a.O.). Kann überhaupt nicht davon ausgegangen werden, vor dem regulären Ablauf der Duldung werde es zum Eintritt der auflösenden Bedingung überhaupt kommen, hat diese zu unterbleiben. In einem solchen Fall kann auch nicht argumentiert werden, dann fehle es an einer Beschwer des Ausländers durch die Nebenbestimmung (mit der Folge fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses), vielmehr fehlt es an der Rechtfertigung für den Erlass der Nebenbestimmung (OVG Bremen, a.a.O.).
25 
So lag und liegt es hier. Seit der Kenntnis der Notwendigkeit der Herzoperation der Klägerin Ziff. 4 hängt die Möglichkeit einer Abschiebung davon ab, dass die Herzerkrankung ausgeheilt ist, jedenfalls keiner nachsorgenden ärztlichen Behandlung hier mehr bedarf. Solange dies nicht absehbar ist, ist eine solche auflösende Bedingung auch nicht erforderlich.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern Duldungsbescheinigungen ohne die Anordnung einer auflösenden Bedingung des Inhalts „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“ zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger, eine Familie vom Volk der Roma mazedonischer Staatsangehörigkeit, sind – nach erfolglosen Asylverfahren bzw. Asylfolgeverfahren – vollziehbar ausreisepflichtig. Gültige mazedonische Reisepässe liegen den Behörden vor.
Nach Abschluss der asylrechtlichen Verfahren erhielten die Kläger im Auftrag der Beklagten von der Ausländerbehörde der Stadt Göppingen Duldungsbescheinigungen, zunächst vom 14.06.2011 bis zum 10.09.2011. Diesen war die auflösende Bedingung, „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“, beigefügt.
Einen Tag später, am 15.06.2011, beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Kläger förmlich, die Kläger im Bundesgebiet zu dulden. Er verwies hierbei auf eine aktuelle Herzerkrankung der Klägerin Ziff. 4.
Die Kläger haben am 14.07.2011 das Verwaltungsgericht angerufen. Zur Begründung führen sie aus, die ihrer Duldung beigefügte auflösende Bedingung sei rechtswidrig. Durch die Unsicherheit, wie lange ihre Duldung gelten werde, werde das Rechtsstaatsprinzip verletzt. Die Herzerkrankung der Klägerin Ziffer 4, die bereits eine stationäre Behandlung in Göppingen erforderlich gemacht habe, werde aktuell in Stuttgart weiterbehandelt. Während der andauernden Behandlung dürfte die Familie nicht in der Unsicherheit leben müssen, abgeschoben zu werden. Die Duldung sei ohnehin nur auf knapp drei Monate befristet und dürfe nicht überraschend verkürzt und der Aufenthalt beendet werden, ohne dass die Kläger die Möglichkeit hätten, dass die Rechtmäßigkeit einer solchen Maßnahme überprüft werde. Das Abschiebungsverbot für die Klägerin Ziffer 4 ergebe sich aus ihrer dringenden Behandlungsbedürftigkeit und der im Falle der Abschiebung erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben.
Die Klägerin Ziffer 4 befand sich zur weiteren stationären Untersuchung vom 01. bis 03.08.2011 im Zentrum für angeborene Herzfehler im O. Hospital in Stuttgart. Als Ergebnis der dortigen Untersuchungen ergab sich die Notwendigkeit einer Herzoperation, die für November 2011 eingeplant wurde.
Die Duldungen der Kläger wurden nach Ablauf, wiederum mit auflösender Bedingung, zunächst bis zum 10.12.2011 und seither stets fortlaufend und identisch verlängert.
Die Klägerin Ziffer 4 wurde am 22.11.2011 nach Angaben der Ärzte komplikationslos operiert. Am 02.12.2011 wurde sie in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen. Aufgrund einer orthopädischen Wirbelsäulenerkrankung ergab sich zwischenzeitlich auch für die Klägerin Ziffer 3 die Notwendigkeit einer Operation. Als Operationstermin ist derzeit der 11.09.2012 vorgesehen.
Die Kläger beantragen,
die Nebenbestimmung „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“ in den den Klägern erteilten Duldungen aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern Duldungen ohne die Nebenbestimmung „Die Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird“ zu erteilen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Zur Begründung führt sie aus, die den Duldungen beigefügte auflösende Bedingung sei rechtmäßig und auch verhältnismäßig. Aus den bisher vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen ergebe sich keine Reiseunfähigkeit im Sinne einer Transportunfähigkeit hinsichtlich der Klägerin Ziffer 4. Der vorgetragenen Herzerkrankung könne im Rahmen einer Abschiebung durch Hinzuziehen von ärztlicher Begleitung Rechnung getragen werden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass ein Leben und eine Behandlung der Erkrankung der Klägerin Ziffer 4 auch in Mazedonien möglich sei. Auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liege nicht vor. Eine Aufenthaltsbeendigung der gesamten Familie nach der stationären Behandlung der Klägerin Ziffer 4 sei beabsichtigt. Die auflösende Bedingung solle gewährleisten, dass dies nach Entlassung der Klägerin Ziffer 4 dann auch vollzogen werden könne. Im Hinblick auf die minderjährigen Kinder der Familie werde eine Abschiebung ohnehin mit Termin angekündigt. Die Einholung von einstweiligem Rechtsschutz sei dann möglich und Rechtssicherheit sei ausreichend gewährleistet. Zum Zeitpunkt der Erteilung der bis zum 10.09.2011 gültigen Duldungen seien die Erkrankung und der anstehende Operationstermin bei der Klägerin Ziffer 4 noch gar nicht bekannt gewesen. Jedenfalls erscheine eine Aufenthaltsbeendigung nach der Operation nunmehr nicht ausgeschlossen.
13 
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung trugen die Kläger ergänzend vor, die Klägerin Ziffer 4 werde auch nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus noch ärztlich behandelt. Am Freitag der Vorwoche sei sie das letzte Mal beim Arzt gewesen, wobei ein Langzeit-EKG gefertigt worden sei. Für den darauffolgenden Montag sei ein weiterer Arzttermin vereinbart. Sie nehme auch noch täglich Medikamente. Als sie - im Alter von einem Jahr - in Bulgarien erstmals am Herzen operiert worden sei, hätten die mazedonischen Ärzte Nachsorgemaßnahmen abgelehnt. Man habe den Eltern damals gesagt, das gehe nicht, man verfüge über keine ärztlichen Unterlagen, das könne nur dort geschehen, wo die Operation durchgeführt worden sei.
14 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist zulässig. Der Berichterstatter lässt ausdrücklich offen, ob richtige Klageart hier die Anfechtungsklage (auf Aufhebung der belastenden auflösenden Bedingung) ist, oder ob hier eine Verpflichtungsklage (auf Erlass einer Duldung ohne eine solche auflösende Bedingung) gemeint ist (zum Streitstand informativ Armbruster, HTK-AuslR / AufenthG § 61 Abs. 1/ Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen bei einer Duldung / Statthafte Klageart /). Diese Unterscheidung, mag sie auch von „akademischem Interesse“ sein, ist für den betroffenen Ausländer irrelevant und hinsichtlich der Zulässigkeit gerichtlichen Rechtsschutzes ohne Bedeutung (§ 42 VwGO). Ein Vorverfahren ist in jedem Fall entbehrlich (vgl. § 15 AGVwGO).
16 
Die Klage ist auch begründet. Maßgeblich ist allein, ob die auflösende Bedingung rechtmäßig oder rechtswidrig ist, d. h. der Duldung beigefügt werden durfte bzw. darf oder nicht (Armbruster a.a.O.). Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation ergibt sich, dass die den Klägern zu erteilenden Duldungen ohne eine solche auflösende Bedingung ausgesprochen werden müssen.
17 
Grundsätzlich ist anerkannt, dass einer Duldung, gestützt auf § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, eine auflösende Bedingung beigefügt werden kann (vgl. etwa VGH München, Beschl. v. 10.09.2008 - 19 C 08.2207 -, m.w.N.;). Entscheidend ist, ob die Behörde im Rahmen der nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG geforderten Ermessensausübung höherrangiges Recht ausreichend beachtet bzw. ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von diesem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 114 VwGO). Denn insoweit gilt, auch wenn die Verknüpfung der Duldung mit einer auflösenden Bedingung grundsätzlich als möglich angesehen wird, so darf sie der Duldung nicht gleichsam automatisch in jedem Fall beigefügt werden. Der Erlass der Nebenbestimmung steht nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und entspricht nur dann dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie geeignet und erforderlich ist, den mit ihr verfolgten Zweck zu fördern, den Ausländer schon vor Ablauf der regulären Dauer der Duldung abschieben zu können, wenn die Abschiebungshindernisse weggefallen sind (OVG Bremen, Beschl. v. 29.03.2011 - 1 B 57/11, 1 B 67/11 -, ).
18 
Keine Rolle spielt im vorliegenden Fall dagegen die Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes, der als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips des Grundgesetzes gebietet, dass eine solche auflösende Bedingung hinlänglich bestimmt und in ihrem Regelungsgehalt für den betroffenen Ausländer klar erkennbar sein muss (Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 93 ff. zu § 60a), wie er in diesem Zusammenhang vielfach von der Rechtsprechung erörtert wird (vgl. VGH München, a.a.O., m.w.N.). Denn die Bestimmung, die Duldung erlischt, sobald ihr Inhaber mit dem Beginn der Zwangsmaße über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird, lässt hinsichtlich ihrer Bestimmtheit keine Zweifel offen.
19 
Entgegen der mit der Klagebegründung geäußerten Befürchtung der Kläger steht vorliegend auch das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) - jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation - der Beifügung einer solchen auflösenden Bedingung zur Duldung nicht entgegen (vgl. hierzu Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 91 zu § 60 a). Daran wäre etwa dann zu denken, wenn zu befürchten wäre, trotz Bestehens ihrer Duldung würde gegen die Kläger, gleichsam überraschend, Abschiebemaßnahmen eingeleitet und hierdurch ihr Recht, einstweiligen Rechtsschutz zu suchen, vereitelt. Dies ist vorliegend jedoch nicht zu erkennen. Die Beklagte hat ausdrücklich darauf hingewiesen, aufgrund ihrer Verwaltungsübung und wegen der in der Familie vorhandenen minderjährigen Kinder werde eine beabsichtigte Abschiebung, ganz unabhängig von der auflösenden Bedingung der Duldung, vorher angekündigt. Dem Berichterstatter liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass an diesen Angaben der Beklagten zu zweifeln wäre. Dann aber ist die Möglichkeit effektiven Rechtsschutz zu suchen, in jedem Fall gewährleistet. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kann durch die auflösende Bedingung daher nicht verletzt sein.
20 
Allein die Prüfung der von der Beklagten vorgenommenen Ermessensbetätigung, soweit sich diese aus den Verwaltungsakten und den im Rahmen des Klageverfahrens vorgebrachten Erwägungen der Beklagten ergibt, führt - unter Berücksichtigung des insoweit zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - dazu, dass die vorliegende auflösende Bedingung zu beanstanden ist.
21 
Dies gilt noch nicht, soweit die Beklagte vorträgt, eine solche auflösende Bedingung solle den Vollzug einer ins Auge gefassten Abschiebung sicherstellen. Eine solche Erwägung ist grundsätzlich tragfähig. Ihr steht nicht entgegen, dass eine Duldung ohnehin nur für einen befristeten Zeitraum ausgesprochen wird. Ob dies auch dann zu gelten hat, wenn die Duldungsfrist auf einen Monat verkürzt ist, lässt der Berichterstatter ausdrücklich offen. Jedenfalls im hier vorliegenden Fall fortwährend für drei Monate verlängerter Duldungen ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn die Behörde Ermessenserwägungen dahingehend anstellt, falls sich die Möglichkeit einer Abschiebung innerhalb dieses 3-Monats-Zeitraums ergibt, zur Sicherstellung des Vollzugs eine auflösende Bedingung der vorliegenden Art den Duldungen beizufügen. Ergebe sich etwa bereits kurz nach einer anstehenden Duldungsverlängerung für weitere drei Monate die Möglichkeit der Abschiebung, wäre die Behörde ansonsten gezwungen, entweder den Duldungsablauf abzuwarten und den weiteren rechtswidrigen Inlandsaufenthalt der Betroffenen hinzunehmen oder aber ein Widerrufsverfahren einzuleiten. Beides kann nicht verlangt werden.
22 
Eine korrekte Ermessensbetätigung i.S.v. § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG erfordert aber in erster Linie eine Berücksichtigung des jeweiligen Duldungsgrundes. Es macht in diesem Sinne einen erheblichen Unterschied, ob der Duldung etwa ein tatsächliches Ausreisehindernis, wie etwa Passlosigkeit, zugrundeliegt oder ob die Abschiebung gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich (sprachlich genauer: unzulässig) ist. Gerade an der sachgemäßen Berücksichtigung des Duldungsgrundes fehlt es im vorliegenden Fall. Die Beklagte verfügt über die mazedonischen Reisepässe der Kläger. Ein tatsächliches Ausreisehindernis besteht nicht. In den fortlaufend verlängerten Duldungen der Kläger tritt somit - zutreffend - die Auffassung der Beklagten zutage, aufgrund der Erkrankung der Klägerin Ziffer 4 ergebe sich für diese ein rechtliches Abschiebeverbot aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und in der Folge für die anderen Kläger aus Art. 6 Abs. 1 GG. Dem schließt sich der Berichterstatter ausdrücklich an. Die Äußerung der Beklagten im Rahmen der Klageerwiderung sind insoweit im Übrigen widersprüchlich zu ihrem diesbezüglichen Verhalten. Ginge sie tatsächlich davon aus, eine ärztlich begleitete Abschiebung sei möglich und eine weitere ärztliche Behandlung könne in Mazedonien erfolgen, so läge gar kein Duldungsgrund vor und die Duldung hätte gar nicht erst ausgesprochen werden dürfen. Dagegen war diese Duldung - auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung - durchaus gerechtfertigt. An der Notwendigkeit der vorgenommenen Herzoperation zur Sicherung des Rechts auf Leben und körperlicher Unversehrtheit der Klägerin Ziffer 4 hat der Berichterstatter keine Zweifel. Dies gilt aktuell auch über den eigentlichen Operationszeitpunkt hinaus, jedenfalls bis zum Abschluss notwendiger Nachsorgemaßnahmen. Es ist allgemeinkundig, dass eine Herzoperation jedenfalls zumindest einige weitere Wochen ärztlicher Nachsorge bedarf, ein Duldungsgrund also noch besteht. Erst wenn ärztlicherseits mitgeteilt wird, diese medizinische Maßnahme sei in ihrer Gesamtheit nunmehr abgeschlossen, wird eine Beendigung des Duldungsstatus der Kläger und ein Übergang in die Abschiebung möglich sein.
23 
Welcher Bedeutung insoweit die für den Herbst 2012 geplante Operation der Klägerin Ziff. 3 zukommt, kann offen bleiben.
24 
Im Rahmen einer solchen medizinisch intendierten Duldung eins Ausländers gilt dann aber für die Ermessensbetätigung, ob dieser eine auflösende Bedingung beizufügen ist, dass der Prüfung der Erforderlichkeit besonderes Gewicht zukommt (vgl. OVG Bremen, a.a.O.). Kann überhaupt nicht davon ausgegangen werden, vor dem regulären Ablauf der Duldung werde es zum Eintritt der auflösenden Bedingung überhaupt kommen, hat diese zu unterbleiben. In einem solchen Fall kann auch nicht argumentiert werden, dann fehle es an einer Beschwer des Ausländers durch die Nebenbestimmung (mit der Folge fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses), vielmehr fehlt es an der Rechtfertigung für den Erlass der Nebenbestimmung (OVG Bremen, a.a.O.).
25 
So lag und liegt es hier. Seit der Kenntnis der Notwendigkeit der Herzoperation der Klägerin Ziff. 4 hängt die Möglichkeit einer Abschiebung davon ab, dass die Herzerkrankung ausgeheilt ist, jedenfalls keiner nachsorgenden ärztlichen Behandlung hier mehr bedarf. Solange dies nicht absehbar ist, ist eine solche auflösende Bedingung auch nicht erforderlich.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
15 
Die Klage ist zulässig. Der Berichterstatter lässt ausdrücklich offen, ob richtige Klageart hier die Anfechtungsklage (auf Aufhebung der belastenden auflösenden Bedingung) ist, oder ob hier eine Verpflichtungsklage (auf Erlass einer Duldung ohne eine solche auflösende Bedingung) gemeint ist (zum Streitstand informativ Armbruster, HTK-AuslR / AufenthG § 61 Abs. 1/ Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen bei einer Duldung / Statthafte Klageart /). Diese Unterscheidung, mag sie auch von „akademischem Interesse“ sein, ist für den betroffenen Ausländer irrelevant und hinsichtlich der Zulässigkeit gerichtlichen Rechtsschutzes ohne Bedeutung (§ 42 VwGO). Ein Vorverfahren ist in jedem Fall entbehrlich (vgl. § 15 AGVwGO).
16 
Die Klage ist auch begründet. Maßgeblich ist allein, ob die auflösende Bedingung rechtmäßig oder rechtswidrig ist, d. h. der Duldung beigefügt werden durfte bzw. darf oder nicht (Armbruster a.a.O.). Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation ergibt sich, dass die den Klägern zu erteilenden Duldungen ohne eine solche auflösende Bedingung ausgesprochen werden müssen.
17 
Grundsätzlich ist anerkannt, dass einer Duldung, gestützt auf § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, eine auflösende Bedingung beigefügt werden kann (vgl. etwa VGH München, Beschl. v. 10.09.2008 - 19 C 08.2207 -, m.w.N.;). Entscheidend ist, ob die Behörde im Rahmen der nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG geforderten Ermessensausübung höherrangiges Recht ausreichend beachtet bzw. ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von diesem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 114 VwGO). Denn insoweit gilt, auch wenn die Verknüpfung der Duldung mit einer auflösenden Bedingung grundsätzlich als möglich angesehen wird, so darf sie der Duldung nicht gleichsam automatisch in jedem Fall beigefügt werden. Der Erlass der Nebenbestimmung steht nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und entspricht nur dann dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie geeignet und erforderlich ist, den mit ihr verfolgten Zweck zu fördern, den Ausländer schon vor Ablauf der regulären Dauer der Duldung abschieben zu können, wenn die Abschiebungshindernisse weggefallen sind (OVG Bremen, Beschl. v. 29.03.2011 - 1 B 57/11, 1 B 67/11 -, ).
18 
Keine Rolle spielt im vorliegenden Fall dagegen die Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes, der als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips des Grundgesetzes gebietet, dass eine solche auflösende Bedingung hinlänglich bestimmt und in ihrem Regelungsgehalt für den betroffenen Ausländer klar erkennbar sein muss (Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 93 ff. zu § 60a), wie er in diesem Zusammenhang vielfach von der Rechtsprechung erörtert wird (vgl. VGH München, a.a.O., m.w.N.). Denn die Bestimmung, die Duldung erlischt, sobald ihr Inhaber mit dem Beginn der Zwangsmaße über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird, lässt hinsichtlich ihrer Bestimmtheit keine Zweifel offen.
19 
Entgegen der mit der Klagebegründung geäußerten Befürchtung der Kläger steht vorliegend auch das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) - jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation - der Beifügung einer solchen auflösenden Bedingung zur Duldung nicht entgegen (vgl. hierzu Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 91 zu § 60 a). Daran wäre etwa dann zu denken, wenn zu befürchten wäre, trotz Bestehens ihrer Duldung würde gegen die Kläger, gleichsam überraschend, Abschiebemaßnahmen eingeleitet und hierdurch ihr Recht, einstweiligen Rechtsschutz zu suchen, vereitelt. Dies ist vorliegend jedoch nicht zu erkennen. Die Beklagte hat ausdrücklich darauf hingewiesen, aufgrund ihrer Verwaltungsübung und wegen der in der Familie vorhandenen minderjährigen Kinder werde eine beabsichtigte Abschiebung, ganz unabhängig von der auflösenden Bedingung der Duldung, vorher angekündigt. Dem Berichterstatter liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass an diesen Angaben der Beklagten zu zweifeln wäre. Dann aber ist die Möglichkeit effektiven Rechtsschutz zu suchen, in jedem Fall gewährleistet. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kann durch die auflösende Bedingung daher nicht verletzt sein.
20 
Allein die Prüfung der von der Beklagten vorgenommenen Ermessensbetätigung, soweit sich diese aus den Verwaltungsakten und den im Rahmen des Klageverfahrens vorgebrachten Erwägungen der Beklagten ergibt, führt - unter Berücksichtigung des insoweit zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - dazu, dass die vorliegende auflösende Bedingung zu beanstanden ist.
21 
Dies gilt noch nicht, soweit die Beklagte vorträgt, eine solche auflösende Bedingung solle den Vollzug einer ins Auge gefassten Abschiebung sicherstellen. Eine solche Erwägung ist grundsätzlich tragfähig. Ihr steht nicht entgegen, dass eine Duldung ohnehin nur für einen befristeten Zeitraum ausgesprochen wird. Ob dies auch dann zu gelten hat, wenn die Duldungsfrist auf einen Monat verkürzt ist, lässt der Berichterstatter ausdrücklich offen. Jedenfalls im hier vorliegenden Fall fortwährend für drei Monate verlängerter Duldungen ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn die Behörde Ermessenserwägungen dahingehend anstellt, falls sich die Möglichkeit einer Abschiebung innerhalb dieses 3-Monats-Zeitraums ergibt, zur Sicherstellung des Vollzugs eine auflösende Bedingung der vorliegenden Art den Duldungen beizufügen. Ergebe sich etwa bereits kurz nach einer anstehenden Duldungsverlängerung für weitere drei Monate die Möglichkeit der Abschiebung, wäre die Behörde ansonsten gezwungen, entweder den Duldungsablauf abzuwarten und den weiteren rechtswidrigen Inlandsaufenthalt der Betroffenen hinzunehmen oder aber ein Widerrufsverfahren einzuleiten. Beides kann nicht verlangt werden.
22 
Eine korrekte Ermessensbetätigung i.S.v. § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG erfordert aber in erster Linie eine Berücksichtigung des jeweiligen Duldungsgrundes. Es macht in diesem Sinne einen erheblichen Unterschied, ob der Duldung etwa ein tatsächliches Ausreisehindernis, wie etwa Passlosigkeit, zugrundeliegt oder ob die Abschiebung gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich (sprachlich genauer: unzulässig) ist. Gerade an der sachgemäßen Berücksichtigung des Duldungsgrundes fehlt es im vorliegenden Fall. Die Beklagte verfügt über die mazedonischen Reisepässe der Kläger. Ein tatsächliches Ausreisehindernis besteht nicht. In den fortlaufend verlängerten Duldungen der Kläger tritt somit - zutreffend - die Auffassung der Beklagten zutage, aufgrund der Erkrankung der Klägerin Ziffer 4 ergebe sich für diese ein rechtliches Abschiebeverbot aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und in der Folge für die anderen Kläger aus Art. 6 Abs. 1 GG. Dem schließt sich der Berichterstatter ausdrücklich an. Die Äußerung der Beklagten im Rahmen der Klageerwiderung sind insoweit im Übrigen widersprüchlich zu ihrem diesbezüglichen Verhalten. Ginge sie tatsächlich davon aus, eine ärztlich begleitete Abschiebung sei möglich und eine weitere ärztliche Behandlung könne in Mazedonien erfolgen, so läge gar kein Duldungsgrund vor und die Duldung hätte gar nicht erst ausgesprochen werden dürfen. Dagegen war diese Duldung - auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung - durchaus gerechtfertigt. An der Notwendigkeit der vorgenommenen Herzoperation zur Sicherung des Rechts auf Leben und körperlicher Unversehrtheit der Klägerin Ziffer 4 hat der Berichterstatter keine Zweifel. Dies gilt aktuell auch über den eigentlichen Operationszeitpunkt hinaus, jedenfalls bis zum Abschluss notwendiger Nachsorgemaßnahmen. Es ist allgemeinkundig, dass eine Herzoperation jedenfalls zumindest einige weitere Wochen ärztlicher Nachsorge bedarf, ein Duldungsgrund also noch besteht. Erst wenn ärztlicherseits mitgeteilt wird, diese medizinische Maßnahme sei in ihrer Gesamtheit nunmehr abgeschlossen, wird eine Beendigung des Duldungsstatus der Kläger und ein Übergang in die Abschiebung möglich sein.
23 
Welcher Bedeutung insoweit die für den Herbst 2012 geplante Operation der Klägerin Ziff. 3 zukommt, kann offen bleiben.
24 
Im Rahmen einer solchen medizinisch intendierten Duldung eins Ausländers gilt dann aber für die Ermessensbetätigung, ob dieser eine auflösende Bedingung beizufügen ist, dass der Prüfung der Erforderlichkeit besonderes Gewicht zukommt (vgl. OVG Bremen, a.a.O.). Kann überhaupt nicht davon ausgegangen werden, vor dem regulären Ablauf der Duldung werde es zum Eintritt der auflösenden Bedingung überhaupt kommen, hat diese zu unterbleiben. In einem solchen Fall kann auch nicht argumentiert werden, dann fehle es an einer Beschwer des Ausländers durch die Nebenbestimmung (mit der Folge fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses), vielmehr fehlt es an der Rechtfertigung für den Erlass der Nebenbestimmung (OVG Bremen, a.a.O.).
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So lag und liegt es hier. Seit der Kenntnis der Notwendigkeit der Herzoperation der Klägerin Ziff. 4 hängt die Möglichkeit einer Abschiebung davon ab, dass die Herzerkrankung ausgeheilt ist, jedenfalls keiner nachsorgenden ärztlichen Behandlung hier mehr bedarf. Solange dies nicht absehbar ist, ist eine solche auflösende Bedingung auch nicht erforderlich.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

2

Das Verwaltungsgericht hat den geltend gemachten Anordnungsanspruch zu Unrecht verneint.

3

Der Antragsteller rügt zu Recht, dass der für morgen, den 18.08.2010 beabsichtigten Abschiebung die Vorschrift des § 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG entgegensteht. Danach ist, wenn die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt ist, die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen. Auch wenn in der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 16/5065, S. 188) davon die Rede ist, dass (nur) die Ausländer, die aufgrund eines Widerrufs „des Aufenthaltstitels ausreisepflichtig wurden“, privilegiert werden, da ihre Ausreisepflicht nicht von vorn herein ersichtlich war, kann es unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik und des mit der Vorschrift verfolgten Zwecks nur um den Widerruf der Duldung zur Durchsetzung der Ausreisepflicht gehen (vgl. Zühlcke, ZAR 2007, 361 [363]). In Satz 2 des § 60a Abs. 5 AufenthG wird der Widerruf der Duldung als Rechtsfolge bei Wegfall der der Abschiebung entgegenstehenden Gründe genannt. Ferner will die Regelung des § 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG den Ausländer in seinem Interesse schützen, sich in seinen Lebensverhältnissen auf die bevorstehende Abschiebung einstellen zu können. Dies ist nicht nur beim Widerruf eines Aufenthaltstitels im Sinne des § 4 AufenthG von Belang, sondern gerade auch dann, wenn der Ausländer bereits langjährig geduldet ist.

4

Die Antragsgegnerin hat die dem Antragsteller erteilte und noch bis zum 15.09.2010 gültige Aussetzung der Abschiebung (Duldung) zwar nicht widerrufen; vielmehr ist sie aufgrund der in der Duldung enthaltenen Nebenbestimmung „mit der Bekanntgabe des Rückführungstermins“ erloschen. Aber auch auf diesen Fall ist, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, die Vorschrift des § 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG (entsprechend) anzuwenden. Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Ausländerbehörde die Abschiebung immer anzukündigen hat, wenn eine Duldung durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung erlischt. Sie ist es jedenfalls dann, wenn sie es aufgrund der Formulierung der Nebenbestimmung letztlich selbst in der Hand hat, den Eintritt der auflösenden Bedingung herbeizuführen und tatsächlich auch herbeiführt. Ein solches Vorgehen kommt einem Widerruf der Duldung gleich. Durch die Beifügung der Nebenbestimmung, dass die Duldung mit der Bekanntgabe des Rückführungstermins erlischt, hat es die Antragsgegnerin hier in der Hand gehabt, das Erlöschen der Duldung durch bloße Bekanntgabe des Rückführungstermins anstelle eines Widerrufs herbeizuführen.

5

Entgegen der Annahme der Vorinstanz erfüllt das Schreiben der Antragsgegnerin vom 09.02.2010 nicht die Voraussetzungen, die § 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG an eine Ankündigung der Abschiebung stellt; denn zu diesem Zeitpunkt war noch völlig offen, wann eine Abschiebung des Antragstellers möglich sein würde. Zwar muss in einer Abschiebungsankündigung nicht zwingend ein ganz bestimmtes Datum oder ein bestimmter Zeitraum, nach dessen Ablauf abgeschoben werden wird, benannt werden. Für den Ausländer muss sich jedoch hinreichend deutlich ergeben, wann in etwa mit einer Abschiebung zu rechnen ist. Andernfalls vermag die Ankündigung ihren Zweck nicht zu erfüllen. Deshalb darf eine Ankündigung erst erfolgen, wenn eine Abschiebung tatsächlich konkret vorbereitet und demgemäß unmittelbar vollzogen werden kann (vgl. zum Ganzen: Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, II - § 60a RdNr. 254, m. w. Nachw.). Die Abschiebungsankündigung darf nicht ohne jeden Anlass, gewissermaßen „auf Vorrat" ergehen. Es liegt kein Sinn darin, die Betroffenen, nur um dem Gesetz Genüge zu tun, in regelmäßigen Abständen zu veranlassen, ihre Ausreise vorzubereiten. Eine Ankündigung, die nicht in dem Sinne ernst gemeint ist, dass ihre Umsetzung auch tatsächlich im zeitlichen Zusammenhang zu erwarten ist, läuft Gefahr, auch nicht ernst genommen zu werden (OVG MV, Beschl. v. 13.09.2006 - 2 M 84/06 -, Juris).

6

Im Zeitpunkt der „Abschiebungsankündigung“ vom 09.02.2010 lagen weder ein gültiger Pass noch ein gültiges Passersatzpapier vor, so dass weiterhin eine Abschiebung aus tatsächlichen Gründen bis auf weiteres nicht möglich war. Daran ändert auch nichts, dass der Antragsteller, der nach den Feststellungen in diesem Schreiben bereits seit dem 15.04.2000 vollziehbar ausreisepflichtig ist, aufgefordert wurde, diese Dokumente beizubringen.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 47; 52 Abs. 2; 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.