Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, es sei denn der Beklagte leistet zuvor seinerseits Sicherheit in derselben Höhe.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Bootshaus.

2

Der Kläger ist Pächter des östlichen Teils eines Bootshauses in A-Stadt Flurstück G1. Es befindet sich im westlichen Teil einer nordöstlich der Binnenmüritz gelegenen Bootshausanlage, die sich zwei- bis dreireihig darstellt, ausweislich von Satellitenbildern aus insgesamt 34 Bootshäusern besteht und in den Jahren 1964 - 1966 errichtet wurde. Südlich, westlich und östlich der Anlage befindet sich die Müritz, nördlich bis nordöstlich des Vorhabengrundstücks befindet sich auf einer Länge von ca. 200 m eine Freifläche. Demgegenüber schließt sich nordwestlich in einem Abstand von ca. 100 m die nächstgelegene Wohnbebauung an. Die umliegenden Bootshäuser dürfen nur zum Unterstellen von Booten genutzt werden.

3

Für das Bootshaus beantragte der Kläger mit Antrag vom 28.11.2013 eine Baugenehmigung zur Erneuerung und Erweiterung. Die Erteilung von Ausnahmen oder Befreiungen wurde nicht beantragt. Nach dem Bauantrag soll die Grundfläche des Bootshauses von 43,70 m2 auf 76 m2 erweitert und die Firsthöhe von 5,06 m auf 7,10 m erhöht werden. Es sollen im Erdgeschoss drei Bootsliegeplätze und im Dachgeschoss ein Geräte- und Abstellraum entstehen.

4

Das Bootshaus ist das am weitesten westlich gelegene der vom Ufer aus ersten von zwei Baureihen. Ursprünglich befanden sich nur zwei Bootsliegeplätze innerhalb des Bootshauses. Westlich zwischen diesem und der Uferkante befand sich eine Fläche von über drei Metern, die sich nach Süden vergrößerte. Sie war als Bootsliegeplatz in der Art eingerichtet, dass sich westlich am Bootshaus verlaufend ein ca. ein Meter breiter Steg befand, der seinen Halt durch das Bootshaus und diesem gegenüberliegenden Holzpfählen fand, die dem Vertäuen von Booten dienten. Gegenüber diesem Steg befanden sich ebenfalls derartige Holzpfähle, wodurch der unüberdachte Bootsliegeplatz gebildet wurde.

5

Vor der Beendigung des Baugenehmigungsverfahrens begann der Kläger bereits mit den Bauarbeiten und schloss diese im Fassaden- und Dachbereich weitestgehend ab. Das Bootshaus wurde baulich so verändert, dass der zuvor westlich gelegene, nicht überdachte Bootsliegeplatz überbaut wurde und sich die Grundfläche des Bootshauses entsprechend vergrößerte. Zudem wurde die Firsthöhe um mehr als zwei Meter erhöht. Die hinzugekommene Dachfläche wurde mit Wellblechplatten ausgekleidet, nachdem jedenfalls die westlichen und inneren Dachbalken vollständig erneuert wurden. Die Erneuerung des Daches vollzog sich so, dass nur die östliche Dachseite erhalten blieb. Das übrige Dach wurde vollständig abgetragen neu errichtet und erhöht. An die östlichen ursprünglichen Dachbalken wurden neue zur Verlängerung angebracht, um die entsprechende Firsthöhe zu erreichen. Darüber hinaus wurde die westliche Holzwand des ursprünglichen Bootshauses beseitigt. Im Zuge der Erweiterung wurden vollständig neue Stützpfeiler an der Wasseroberfläche, eine neue westliche Außenwand, eine Loggia im Obergeschoss und ein neuer Spitzboden errichtet.

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Im Anhörungsschreiben zum Bauantrag vom 11.03.2014 wird deutlich, dass der Beklagte bis dato das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren anwandte.

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Mit Bescheid vom 02.06.2014 wurde die Erteilung der begehrten Baugenehmigung mit der Begründung versagt, dass sich die Zulässigkeit nach § 64 und nicht wie klägerseits angenommen nach § 63 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) richte. Sodann verwies der Beklagte auf die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde, die bei der Realisierung des Vorhabens einen Verstoß gegen § 5 der Landschaftsschutzgebietsverordnung „Mecklenburger Großseenland“ (LSG-VO) und den §§ 14 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) i.V.m. 12 Naturschutzausführungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (NatSchGAG M-V) annehme, sodass eine Genehmigung daher nicht erteilt werden könne.

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Der dagegen gerichtete Widerspruch vom 04.07.2014 wurde mittels Widerspruchsbescheids vom 15.10.2014, der dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers am 17.10.2014 zuging, zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass es unschädlich sei, dass der Bauantrag zunächst als Antrag nach § 63 LBauO M-V behandelt worden sei. Eine Baugenehmigung sei mangels Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen nicht gem. § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V durch Zeitablauf entstanden. Das Vorhabengrundstück sei im bauplanungsrechtlichen Außenbereich i.S.v. § 35 Baugesetzbuch (BauGB) zu verorten und dementsprechend unzulässig. Dem Vorhaben stünden öffentliche Belange gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB in der Art entgegen, dass die Verfestigung einer Splittersiedlung zu befürchten sei. Von dem Vorhaben würde eine negative Vorbildwirkung für andere Bootshausbesitzer ausgehen. Zudem verwies der Beklagte auf die Ausführungen in seinem Ausgangsbescheid.

9

Der Kläger hat am 17.11.2014 Klage erhoben.

10

Zur Begründung führt er aus, dass die Baugenehmigung bereits gem. § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V durch Zeitablauf entstanden sei. Zudem dürfte keine Entstehung, sondern höchstens eine Verfestigung einer Splittersiedlung zu befürchten sein, was jedoch nicht zur Unzulässigkeit des Vorhabens führen würde. Es würde lediglich den Platz des vorherigen Bootshauses und den daneben liegenden Bootsliegeplatz überdecken und die Lücke zwischen Ufer und dem östlich gelegenen Bootshaus auffüllen. Zudem sei das Vorhaben nicht geeignet eine unzulässige Verfestigung einer Splittersiedlung darzustellen, da die Bootshausanlage zweireihig errichtet worden sei und lediglich die vom Ufer aus erste Baureihe betroffen sei.

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Der Kläger beantragt,

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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 02.06.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung für die Erneuerung seines Bootshauses zu erteilen und

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die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung bezieht er sich auf die Begründung der angegriffenen Bescheide.

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Am 27.06.2016 wurde die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks durch den Berichterstatter im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen. Des Weiteren erfolgte eine Auswertung von Satelliten- und Überflugbildern der relevanten Grundstücke über das Geoportal GAIA-MV und GoogleMaps. Im Übrigen wird hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten bzgl. einer Entscheidung durch den Berichterstatter, konnte dieser anstelle der Kammer entscheiden, vgl. § 87a Abs. 3, Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Die gegenständlichen Verwaltungsakte sind rechtmäßig, sodass der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung hat. Dem Verpflichtungsbegehren ist nur zu entsprechen, wenn der begehrte Verwaltungsakt rechtswidrig abgelehnt oder unterlassen wurde, der Kläger dadurch in eigenen Rechten verletzt wird und die Sache spruchreif ist, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

21

Die angegriffenen Bescheide fußen auf §§ 59 Abs. 1 Satz 1, 72 Abs. 1, 64 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung vom 20.05.2011 (LBauO MV) i.V.m. §§ 29 Abs. 1, 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Var. 1 und Nr. 7 Var. 3 BauGB. Die Anwendung der Vorschriften der LBauO M-V in der genannten Fassung erfolgt in Entsprechung des § 87 LBauO M-V in der aktuellen Fassung, der die Weiterführung der vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleiteten Verfahren nach den bisherigen Vorschriften normiert.

22

Die Bescheide sind sowohl formell als auch materiell rechtmäßig ergangen. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Baugenehmigung liegen nicht vor. Gem. § 59 Abs. 1 LBauO M-V bedarf die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen grdsl. einer Baugenehmigung. § 72 Abs. 1 LBauO M-V entsprechend ist dem Antragsteller eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind. Im bauaufsichtlichen Verfahren war der Prüfungsumfang des § 64 LBauO anzusetzen. Gem. § 64 Satz 1 LBauO M-V prüft die Bauaufsichtsbehörde bei genehmigungsbedürftigen baulichen Anlagen, die nicht unter § 63 LBauO M-V fallen die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 des Baugesetzbuches (Nr. 1), Anforderungen nach den Vorschriften der LBauO M-V und solchen, die aufgrund derselben erlassen wurden (Nr. 2) sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt oder ersetzt wird (Nr. 3).

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Das beantragte Vorhaben unterfällt nicht dem Tatbestand des § 63 LBauO M-V. Nach Abs. 1 Satz 1 der Norm ist das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren allein dann anzuwenden, wenn Wohngebäude [a)], sonstigen baulichen Anlagen, die keine Gebäude sind [b)], Nebengebäude und Nebenanlagen zu Bauvorhaben nach den Buchstaben a und b [c)], wobei Sonderbauten ausgenommen sind, den Gegenstand des Bauantrages bilden. Bei dem beantragten Vorhaben handelt es sich um ein Gebäude, da es eine selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen darstellt, die von Menschen betreten werden kann und geeignet oder bestimmt ist, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen, vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 LBauO M-V. Allerdings stellt das Vorhaben kein Wohngebäude dar. Der Begriff ist in § 2 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V legaldefiniert. Danach sind Wohngebäude Gebäude, die nur Wohnungen und die zugehörigen Garagen und Nebenräume enthalten, darüber hinaus allenfalls Räume für die Berufsausübung freiberuflich oder in ähnlicher Art Tätiger, denen gegenüber die Wohnungen überwiegen müssen. Erfasst werden sowohl Gebäude, in denen sich Wohnungen zum „Dauerwohnen“ befinden, als auch solche, die allein die Möglichkeit zeitweiligen Wohnens, wie Ferien- oder Wochenendhäuser, bieten (OVG Greifswald, Beschl. v. 18. Mai 2011 - 3 M 38/11; VG Greifswald, Urteil vom 19. Mai 2016 – 5 A 339/14 –, Rn. 19, juris; VG Schwerin, Urteil vom 09. April 2015 – 2 A 1214/13 –, Rn. 19, juris). Der Kläger hat in den Bauvorlagen angegeben, dass das Erdgeschoss drei Bootsliegeplätze und das Dachgeschoss Räumlichkeiten zur Unterbringung von Gerätschaften und sonstige Abstellräume beherbergen soll. Eine dauerhafte oder auch nur zeitweilige Wohnnutzung ist nicht vorgetragen oder beantragt worden. Zudem ist nicht erkennbar, dass das Vorhaben ein Nebengebäude oder eine -anlage zu einem Wohngebäude darstellt, zumal sich die nächstgelegenen Wohnbebauung ca. 100 m entfernt befindet.

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Dabei ist es unschädlich, dass der Kläger beantragte das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren gem. § 63 LBauO M-V durchzuführen und die Behörde dies zunächst auch tat. Die Fiktionswirkung des § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V konnte daher nicht eintreten. Für die Anwendung der Norm kommt es allein darauf an, dass die objektiven Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 LBauO vorliegen. Danach ist das vereinfachte Genehmigungsverfahren nur dann möglich und vorgeschrieben, wenn es sich um ein Wohngebäude handelt, eine sonstige bauliche Anlage, die kein Gebäude ist oder ein Nebengebäude oder eine Nebenanlage zu Bauvorhaben der eben genannten Art. Es kommt im Hinblick auf den Eintritt der Fiktionswirkung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V nicht darauf an, ob der Kläger sein Vorhaben so beurteilt, dass das vereinfachte Genehmigungsverfahren aus seiner Sicht in Betracht kommt. Anderenfalls könnte er nämlich die Fiktionswirkung und die eingeschränkte baurechtliche Überprüfung im Hinblick auf bauordnungsrechtliche Fragen gem. § 63 Abs. 1 Nr. 2 LBauO M-V allein dadurch herbeiführen, dass er einen derartigen Antrag stellt. Dies ist nicht Sinn und Zweck der verschieden ausgestalteten Genehmigungsverfahren der Landesbauordnung. Vielmehr ist es Sache der Baugenehmigungsbehörden objektiv zu beurteilen, ob und nach welchen Verfahrensvorschriften das jeweilige Vorhaben verfahrensrechtlich zu beurteilen ist. Eine andere Auslegung der Vorschriften im Sinne des Antragstellers würde im Ergebnis zu einer Wahlfreiheit der Genehmigungsverfahren unabhängig von den normierten Voraussetzungen führen. Eine solche Wahlfreiheit, wie sie teilweise in anderen Bundesländern gewährt wird, hat der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern den Bauherrn nicht eingeräumt (Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17. Juni 2015 – 3 L 50/13 –, Rn. 86, juris und Beschluss vom 23. Juni 2014 – 3 M 58/14 –, Rn. 6, juris).

25

Das Vorhaben ist gem. §§ 29, 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Var. 1 BauGB unzulässig. Es soll im bauplanungsrechtlichen Außenbereich verwirklicht werden. Zum Außenbereich gehören dabei alle diejenigen Flächen, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches eines Bebauungsplanes im Sinne des § 30 BauGB und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB liegen. Der Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB ist begrifflich nicht mehr und nicht weniger als die Gesamtheit der von den §§ 30 und 34 BauGB nicht erfassten Flächen. Dass diese Flächen in einem naturalistisch-geographischen Sinne "außen" liegen, wird mit dem Rechtsbegriff des Außenbereichs nicht festgelegt und ist daher allenfalls eine außerrechtliche Erfahrungstatsache (BVerwG, Urteil vom 01. Dezember 1972 – IV C 6.71 –, BVerwGE 41, 227-237, Rn. 18; Schreiber, Handbuch Immobilienrecht, Öffentliches Baurecht – Bauplanungs– und Bauordnungsrecht, 3. Aufl., Rn. 104).

26

Das Vorhaben ist nicht in einem Gebiet verortet, für das ein Bebauungsplan gilt. Zudem befindet sich das Vorhabengrundstück nicht in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB. Hierbei ist ein Ortsteil jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an (BVerwG, Urteil vom 14. November 1991 – 4 C 1/91 –, Rn. 21, juris; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Oktober 2015 – OVG 2 B 12.14 –, Rn. 19, juris). Zum Bebauungszusammenhang gehört die tatsächlich vorhandene Bebauung. Ob es sich bei den Gebäuden um Wohnhäuser, gewerblich genutzte Vorhaben, landwirtschaftliche Anwesen oder auch Nebengebäude handelt, ist für die Frage, wie weit der Bebauungszusammenhang reicht, gleichgültig. Zum Bebauungszusammenhang gehört aber nicht jede noch so unbedeutende bauliche Anlage, sondern nur eine solche Bebauung, die maßstabsbildend und daher geeignet ist, das Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Der Bebauungszusammenhang endet grundsätzlich unmittelbar hinter dem letzten Gebäude, das noch zur zusammenhängenden Bebauung gehört, wobei die Grenzlinie entlang jedes einzelnen Hauses zu ziehen ist (BVerwG, Urteil vom 12. November 2014 – 9 C 9/13 –, Rn. 27, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 05. Juli 2001 – 3 L 197/00 –, juris). Ausschlaggebend für die Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich ist, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche noch diesem Zusammenhang angehört (vgl. BVerwG, Beschluss v. 02.08.2001 – 4 B 26/01 -, BauR 2002, 277). Dabei ist auf die äußerlich wahrnehmbaren Verhältnisse abzustellen (BVerwG, Beschluss vom 08. Oktober 2015 – 4 B 28/15 –, Rn. 5, juris; Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Februar 2015 – 2 Bf 213/11 –, Rn. 50, juris). Dementsprechend kann nach diesen Kriterien eine Abweichung vom geraden benannten Grundsatz vorliegen, wenn besondere topographische Gegebenheiten, wie beispielsweise Einschnitte im Landschaftsbild oder auch Straßen bzw. Geländehindernisse, wie Erhebungen oder Einschnitte (Damm, Böschung, Fluss, Waldrand o.ä.), gegeben sind, die eine sich aus der Situation ergebende Grenze ziehen und den Bebauungszusammenhang eines unbebauten Grundstücks mit der umliegenden Bebauung daher ergeben. Maßgebend ist hierbei, dass die besonderen Umstände des Einzelfalles dem Gebiet den Eindruck der Zusammengehörigkeit und der baulichen Geschlossenheit vermitteln (BVerwG, Beschluss vom 08. Oktober 2015 – 4 B 28/15 –, Rn. 6, juris; BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 – 4 C 10/11 –, Rn. 12, juris; BVerwG, Beschluss vom 02. März 2000 – 4 B 15/00 –, Rn. 4, juris; BVerwG, Beschluss vom 20. August 1998 – 4 B 79/98 –, Rn. 8, juris; BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 1988 – 4 B 71/88 –, Rn. 5, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 01. Dezember 2015 – 9 K 4108/15 –, Rn. 26, juris; Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: Januar 2005, § 34 Rn. 17;).

27

Das Vorhaben soll südöstlich der nächstgelegenen Wohnbebauung, die ca. 100 m entfernt liegt, und jenseits der sich darstellenden Uferkante der Binnenmüritz auf dem Gewässer verwirklicht werden. Demnach nimmt der vorgesehene Standort nicht an einem Bebauungszusammenhang teil. Dies gilt selbst bei der Annahme, dass dieser durch das angrenzende Gewässer bis zur Uferkante erweitert wird - was in Anbetracht der Größe der dazwischen liegenden Freifläche mehr als zweifelhaft erscheint - und nicht an der letzten Hauswand des letzten Gebäudes endet. Der Bebauungszusammenhang würde nicht über die Uferkante hinaus reichen, sondern an der Uferkante enden (vgl. zu dieser Frage auch VG München, Urteil vom 24. März 2015 – M 2 K 14.3278 –, Rn. 25, juris).

28

Gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Var. 1 BauGB stehen einem Vorhaben öffentliche Belange insbesondere dann entgegen, wenn Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege beeinträchtigt werden. Dabei erübrigt sich eine Differenzierung, da eine Beeinträchtigung dieser immer dann anzunehmen ist, wenn die in § 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) beschriebenen Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege negativ betroffen sind (Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl., Rn. 2356; Schrödter, BauGB, 8. Aufl., § 35 Rn. 113). Insbesondere können diese Belange beeinträchtigt werden, wenn ein Vorhaben in einem Gebiet verwirklicht werden soll, das gem. § 20 Abs. 2 BNatSchG durch eine Rechtsverordnung förmlich unter Schutz gestellt wird, vgl. § 29 Abs. 2 BauGB.

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Vorliegend befindet sich das Vorhaben in einem Gebiet, das gem. §§ 20 Abs. 2 Nr. 4, 26, 22 Abs. 1 und 2 BNatSchG i.V.m. § 14 Abs. 4 Gesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Ausführung des Bundesnaturschutzgesetzes (NatSchAG M-V) i.V.m. der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiets „Mecklenburger Großseenland“ (LSG-VO) als Landschaftsschutzgebiet festgesetzt ist. In diesem ist gem. § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Var. 1 LSG-VO die Errichtung oder wesentliche Änderung von baulichen Anlagen verboten. Die Erweiterung des ursprünglichen Bootshauses von 43,70 m2 auf 76 m2, also um ca. 32,30 m2 (ca. 74%) ist dabei als wesentliche Änderung einer baulichen Anlage zu betrachten. Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 7 und 8 LSG-VO, mithin die Möglichkeit der Gewährung von Ausnahmen oder Befreiungen zu den Bestimmungen des § 5 LSG-VO, ist in Ermangelung einer klägerseitigen Antragstellung nicht zu erkennen. Insoweit normieren die Vorschriften eine dahingehende Tatbestandsvoraussetzung. Aber selbst bei Außerachtlassung dieses Erfordernisses lägen die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vor. Nach § 7 Abs. 1 LSG-VO sind Ausnahmen von dem Verbot des § 5 LSG-VO möglich, wenn nachteilige Wirkungen, insbesondere Beeinträchtigungen des Schutzzwecks (§ 3), nicht zu erwarten oder durch Auflagen, Bedingungen oder Befristungen zu vermeiden sind. Nachteilige Wirkungen sind zu erwarten und es ist nicht ersichtlich, wie diese durch die Erteilung von Auflagen, Bedingungen oder Befreiungen vermieden werden könnten. Bei der Verwirklichung des Vorhabens ist zu erwarten, dass der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LSG-VO normierte Schutzzweck beeinträchtigt wird. Nach der Norm ist u.a. der Schutz des von der LSG-VO erfassten Gebiets zur Sicherung und Wiederherstellung von naturnahen und natürlichen Landschaftsteilen (zweiter Anführungsstrich), zur Sicherung von Lebensgemeinschaften und ihren Lebensräumen (dritter Anführungsstrich) und zur Erhaltung und/oder Verbesserung der Wasserqualität der Gewässer (vierter Anführungsstrich) erforderlich. Durch die Erweiterung des Bootshauses wird eine zusätzliche Wasserfläche überbaut, was die Sicherung und Wiederherstellung von naturnahen und natürlichen Landschaftsteilen beeinträchtigt bzw. sogar zuwiderläuft. Außerdem wird dadurch den die Wasseroberfläche bewohnenden Tieren Lebensraum genommen, also das Ziel die Sicherung von Lebensgemeinschaften und ihren Lebensräumen zu erreichen beeinträchtigt. Schließlich wird die Anzahl an überdachten Bootsliegeplätzen um einen erhöht, wodurch das Gewässer intensiver genutzt werden kann. Dies lässt die Beeinträchtigung des Ziels die Erhaltung und/oder Verbesserung der Wasserqualität der Gewässer zu erreichen erwarten.

30

Ebenfalls liegt der Tatbestand des § 8 LSG-VO nicht vor, der dem Beklagten die Gewährung von Befreiungen vom Verbot gem. § 5 LSG-VO ermöglicht. Es ist nicht ersichtlich, zu welcher unbeabsichtigte Härte das Verbot führen könnte bzw. dass überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern würden.

31

Die Unzulässigkeit des Vorhabens ergibt sich zudem aus den § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 Var. 3 BauGB.

32

Die sich jenseits der Uferkante befindenden Bootshausanlage innerhalb derer sich das gegenständliche Bootshaus befindet, stellt eine Splittersiedlung dar. Der Charakter einer Ansiedlung als Splittersiedlung ergibt sich aus dem Gegensatz zum Ortsteil. Die Splittersiedlung ist dadurch gekennzeichnet, dass ihr mangels einer angemessenen (Bau-) Konzentration an Gebäuden das für die Annahme eines Ortsteils notwendige Gewicht an Gebäuden fehlt und sie Ausdruck einer unorganischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 – 4 C 13/00 –, Rn. 13, juris; Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: November 2013, § 35 Rn. 84; Rixner/Biedermann/Steger, Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 1. Aufl., § 35 Rn. 88; Schrödter, BauGB, 8. Aufl. § 35 Rn. 136). Demnach ist eine Splittersiedlung eine bloße Anhäufung von Gebäuden (BVerwG, Beschluss vom 17. März 2015 – 4 B 45/14 –, Rn. 6, juris und Urteil vom 19. April 2012 – 4 C 10/11 –, Rn. 19, juris). Der in § 35 Abs. 3 BauGB enthaltene Begriff der Splittersiedlung erfasst alle baulichen Anlagen, die zum - wenn auch nur gelegentlichen - Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 – 4 C 10/11 –, Rn. 19, juris und vom 12. März 1998 – 4 C 10/97 –, BVerwGE 106, 228-237, Rn. 21 und vom 18. Februar 1983 – 4 C 19/81 –, BVerwGE 67, 33-41, Rn. 23 und vom 09. Juni 1976 – IV C 42.74 –, Rn. 15, juris; Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl., Rn. 2374). Diese Bestimmung ist der Funktion der Bootshäuser, die darin besteht einen überdachten Bootsliegeplatz zu bilden, der von den Bootsbesitzern betreten werden muss, um das Boot zu nutzen, immanent. Zudem enthalten die meisten Bootshäuser Nebenräume zum Unterstellen von Geräten und Werkzeug, was die Bestimmung zum Aufenthalt von Menschen untermauert.

33

Die Splittersiedlung würde durch das Vorhaben auch erweitert werden. Sie führt dazu, dass die vorhandene Splittersiedlung in ihrer räumlichen Ausdehnung in die freie Landschaft fortschreitet, was eine Erweiterung i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 Var. 3 BauGB darstellt (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 35 Rn. 96; Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: November 2013, § 35 Rn. 86; Rixner/Biedermann/Steger, Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 1. Aufl., § 35 Rn. 90; Schrödter, BauGB, 8. Aufl. § 35 Rn. 138). Das ursprüngliche Bootshaus und der sich westlich anschließende, unüberdachte Bootsliegeplatz wurden baurechtlich betrachtet beseitigt. Aufgrund der durchgeführten Umbaumaßnahmen, die in die Bausubstanz eingegriffen haben, verloren diese baulichen Anlagen ihre Identität und damit einen etwaigen Bestandsschutz. Somit sind sie so zu betrachten, als würden sie neu errichtet werden (vgl. bzgl. baulichen Änderungen: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Januar 2013 – OVG 10 N 91.12 –, Rn. 5, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. August 2005 – 10 A 4694/03 –, Rn. 47, juris; bzgl. einer Umnutzung: Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 15. September 2011 – 1 LB 8/11 –, Rn. 26, juris; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 17. Juni 2015 – 8 A 56/14 –, Rn. 49 ff., juris; VG Würzburg, Urteil vom 10. März 2015 – W 4 K 14.768 –, Rn. 28, juris). Der Bestandsschutz endet, wenn sich die Genehmigungsfrage im Sinne des § 29 Satz 1 BauGB neu stellt. Dies ist dann der Fall, wenn die Identität des Bauwerks durch bauliche Veränderungen nicht mehr gewahrt ist, mithin der Eingriff in den vorhandenen Bestand so intensiv ist, dass er die Standfestigkeit des gesamten Gebäudes berührt und eine statische Nachberechnung des gesamten Gebäudes erforderlich macht, oder wenn die für die Instandhaltung notwendigen Arbeiten den Aufwand für einen Neubau erreichen oder gar übersteigen, oder wenn die Bausubstanz wesentlich ausgetauscht oder das Bauvolumen wesentlich erweitert wird [BVerwG, Beschluss vom 21. März 2001 – 4 B 18/01 –, Rn. 11, juris; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 M 194/11 –, Rn. 6, juris; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Mai 2011 – 8 S 93/11 –, Rn. 20, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15. Januar 2009 – 3 L 124/08 –, Rn. 15, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 12. Juli 2012 – 4 K 329/12.NW –, Rn. 26, juris]. Kann eine auf den vorhandenen baurechtlich bedeutsamen Zustand einer baulichen Anlage einwirkende bauliche Maßnahme, die im baurechtlichen Verfahren zu berücksichtigenden öffentlichen Belange, wie etwa Standsicherheit, Brandschutz, Gestaltung, Verkehrssicherheit und Denkmalschutz mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beeinträchtigen, so liegt regelmäßig eine verfahrenspflichtige wesentliche Änderung vor (Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15. Januar 2009 – 3 L 124/08 –, Rn. 15, juris). Instandhaltungsarbeiten können nur solche sein, die weder das Äußere der baulichen Anlage noch das Innere erheblich verändern (Dürr/Sauthoff, Baurecht Mecklenburg-Vorpommern, 1. Aufl., Rn. 1005). Das Bootshaus wurde baulich so verändert, dass der zuvor westlich gelegene, nicht überdachte Bootsliegeplatz überbaut wurde und sich die Grundfläche des Bootshauses entsprechend vergrößerte. Zudem wurde die Firsthöhe um mehr als zwei Meter erhöht. Die hinzugekommene Dachfläche wurde mit Wellblechplatten ausgekleidet, nachdem die westlichen und erweiternden Dachbalken vollständig neu errichtet wurden. Die Erneuerung des Daches vollzog sich so, dass nur die östliche Dachseite erhalten blieb. Die übrige wurde vollständig abgetragen, neu errichtet und erhöht. An die östlichen ursprünglichen Dachbalken wurden neue zur Verlängerung angebracht, um die entsprechende Firsthöhe zu erreichen. Darüber hinaus wurde die westliche Holzwand des ursprünglichen Bootshauses beseitigt. Im Zuge der Erweiterung wurden vollständig neue Stützpfeiler an der Wasseroberfläche, eine neue westliche Außenwand, eine Loggia im Obergeschoss und ein neuer Spitzboden errichtet. Diese Baumaßnahmen bedingen einen andere Lastenverteilung auf die das Bootshaus tragenden Holzpfeiler und die es umgebenden Außenwände, da die Dachkonstruktion schwerer und die Grundfläche erweitert wurde. Damit wird eine statische Neuberechnung erforderlich, sodass öffentlichen Belange, wie etwa Standsicherheit und Verkehrssicherheit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beeinträchtigt werden.

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Dadurch haben sich die Grenzen der Splittersiedlung zu den Außenwänden der umliegenden Bootsschuppen zurückgezogen. Durch das Vorhaben würde die vorhandene Splittersiedlung in ihrer räumlichen Ausdehnung in die freie Landschaft fortschreiten, was eine Erweiterung i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 Var. 3 BauGB darstellt (vgl. Batis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 35 Rn. 96; Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: November 2013, § 35 Rn. 86; Rixner/Biedermann/Steger, Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 1. Aufl., § 35 Rn. 90; Schrödter, BauGB, 8. Aufl. § 35 Rn. 138).

35

Die Erweiterung einer Splittersiedlung ist auch zu befürchten. Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass Splittersiedlungen nicht per se unzulässig sind (BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 – 4 C 10/11 –, Rn. 21, juris; BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2004 – 4 B 23/04 –, Rn. 8, juris; Schrödter, BauGB, 8. Aufl. § 35 Rn. 139). Zu befürchten ist das Entstehen einer Splittersiedlung nur dann, wenn das Vorhaben zum Bestehen einer unerwünschten Splittersiedlung führen kann. Unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird (BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 – 4 C 10/11 –, Rn. 21, juris; BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2004 – 4 B 23/04 –, Rn. 8, juris; BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 – 4 C 13/00 –, Rn. 13, juris; Rixner/Biedermann/Steger, Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 1. Aufl., § 35 Rn. 92). Eine solche Zersiedlung wird zumindest bei Wohnbauten regelmäßig anzunehmen sein, weil der Außenbereich grundsätzlich von allen nicht unmittelbar seinem Wesen und seiner Funktion entsprechenden Bauten freigehalten werden soll (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1967 – IV C 25.66 –, BVerwGE 27, 137-141, Rn. 15; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juli 1999 – 5 S 1916/97 –, Rn. 18, juris; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 35 Rn. 94). Ähnlich verhält es sich mit der Verfestigung und der Erweiterung des schon bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereiches. Grundsätzlich ist die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung als städtebaulich unerwünscht anzusehen.

36

Für die Entstehung und Erweiterung einer Splittersiedlung gilt dies ausnahmsweise nur dann nicht, wenn sich eine Streubebauung als herkömmliche Siedlungsform darstellt. Das ist dann der Fall, wenn die Streubebauung mit behördlicher Billigung solange besteht, dass sie nach der Verkehrsauffassung als typische Siedlungsstruktur der Region zu beurteilen ist (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1967 – IV C 25.66 –, BVerwGE 27, 137-141, Rn. 15; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juli 1999 – 5 S 1916/97 –, Rn. 19, juris; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 35 Rn. 97; Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl., Rn. 2377). Die Voraussetzungen sind nicht gegeben. Bei der Bootshausanlage handelt es sich jedenfalls nicht um eine Streubebauung. Eine solche ist dann gegebene, wenn Gebäude in einem größeren Abstand zueinander angeordnet sind. Das Gegenteil ist vorliegend der Fall. Die Bootshäuser befinden sich eng nebeneinander und bilden daher eine kompakte Bebauung.

37

Schließlich begegnet auch die Gebührenfestsetzung der angegriffenen Bescheide keinen Bedenken. Zum einen ist die Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich und zum anderen ist ein dezidierter dahingehender Vortrag seitens des Klägers unterblieben.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 HS 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nicht aufzuerlegen, da dieser keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

39

Da der Antrag nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären, eine für den Kläger positive Kostenentscheidung voraussetzt, kann dieser Antrag des Klägers unter Verweis auf die vorstehenden Ausführungen von vornherein keinen Erfolg haben.

40

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11 Var. 2, 711, 709 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO).

41

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es1.einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Bet

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

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(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

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(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

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Tenor Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 24.01.2008 wird abgelehnt. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren

Referenzen

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, der diese selbst trägt.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, es sei denn der Beklagte leistet seinerseits zuvor Sicherheit in derselben Höhe.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für einen Gebäudeanbau.

2

Der Kläger ist Bauherr des streitgegenständlichen Vorhabens auf dem Grundstück G1 in D. OT N., Am H. (Gemarkung N., Flur 1, Flurstück 5/1). Das klägerische Bestandsgebäude ist eine Doppelhaushälfte. Entsprechend der mit dem Geoportal GAIA-MV durchgeführten gerichtlichen Recherche, befindet sich das Gebäude ca. 129 m südlich der Birkenallee und 143 m südlich des nächsten nördlich der Birkenallee gelegenen Wohnhauses. Die dem streitgegenständlichen Gebäude nächstgelegenen Gebäude sind in nordwestlicher Richtung ca. 45 m, in westlicher Richtung 80 m und in südlicher Richtung 9 m bzw. 35 m entfernt. Darüber hinaus sind diese Gebäude in westlicher Richtung von einem ca. 156 m tiefen und ca. 144 m breiten und in nördlicher Richtung von einem ca. 65 m tiefen und 276 m breiten Waldgebiet umfasst. Südlich befinden sich nur unbebaute Grundstücke.

3

Nach der Einschätzung der Beteiligten befindet sich das gegenständliche Vorhabengrundstück im bauplanungsrechtlichen Außenbereich i.S.v. § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB).

4

Mit seinem Bauantrag vom 10.06.2013 beantragte der Kläger beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Erweiterung des bestehenden Wochenendhauses um zwei Räume. Der Anbau sollte sich auf der gesamten Höhe und Breite des klägerischen Gebäudes und auf die bis dato als Terrasse genutzte Fläche erstrecken, welche mit Platten versiegelt ist. Beantragt wurde die Erweiterung des bestehenden Gebäudes um ca. 64,31 m2 auf 132,60 m2 Wohnfläche, was eine Vergrößerung der Grundfläche um 45,11 m2 auf 99,18 m2 zur Folge hätte (vgl. Bl. 18 d. VV). Nach der Planung sollte der Anbau das bestehende Doppelhaus um etwas weniger als 1/3 erweitern.

5

Mit Bescheid vom 30.09.2013 lehnte der Beklagte den Bauantrag ab. Er vertrat die Auffassung, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nicht gegeben sei. Das Vorhaben befände sich im Außenbereich, sodass § 35 BauGB einschlägig sei, da ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil, der für die Anwendung des § 34 BauGB erforderlich sei, nicht vorliege. Die Tatbestandsvoraussetzungen der von § 35 BauGB zugelassenen baulichen Anlagen lägen zudem nicht vor. Insbesondere handele es sich bei dem Vorhaben nicht um ein gem. § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes, sondern um ein sonstiges Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB. Gegen die Zulässigkeit eines solchen spräche hier die Beeinträchtigung öffentlicher Belange i.S.v. § 35 Abs. 3 BauGB in Form der Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung. Zudem stünden naturschutzrechtliche Tatbestände, namentlich §§ 12 Abs. 1 Nr. 12, 40, 42 NatSchAG MV der Zulässigkeit entgegen. Die erforderliche Zustimmung der zu beteiligenden Naturschutzbehörde sei versagt worden. Ebenfalls seien die begünstigenden Tatbestände des § 35 Abs. 4 BauGB nicht einschlägig. Insbesondere fände § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB keine Anwendung, da das gegenständliche Gebäude als Wochenend- oder Ferienhaus genutzt wird und daher kein Wohngebäude i.S.d. Bauplanungsrechts sei.

6

Der hiergegen gerichtet Widerspruch des Klägers vom 30.10.2013, welcher nicht begründet wurde, wurde mittels Widerspruchsbescheids vom 17.03.2014, unter Wiederholung der im Ausgangsbescheid vorgenommenen Argumentation, zurückgewiesen.

7

Mit der am 17.04.2014 zugegangenen Klageschrift, wendet sich der Kläger gegen beide Bescheide, im Wege der Klage

8

Der Kläger führt aus, dass die Verwirklichung des Vorhabens nicht den Tatbestand des § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB erfülle, da keine Entstehung, Erweiterung oder Verfestigung einer Splittersiedlung zu befürchten sei. Dies wäre nur dann der Fall, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet oder vollzogen werde. Eine Missbilligung der Splittersiedlung an sich sei nicht gegeben und im Hinblick auf die verfassungsrechtlich garantierte Baufreiheit seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 3 BauGB restriktiv auszulegen.

9

Der Kläger beantragt sinngemäß,

10

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 30.09.2013 unter dem Az.: 432026/002429/13R und den Widerspruchsbescheid vom 17.03.2014 unter dem Az.: 14.43.Wi.13-535 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Bauantrag des Klägers vom 10.06.2013 für das Vorhaben Umbau des Ferienhauses auf dem Grundstück G1 D., Ortsteil N., Am H., Gemarkung N., Flur 1, Flurstück 5/1 stattzugeben.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er ist der Auffassung, dass das Vorhaben den Tatbestand des § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB erfülle und eine unerwünschte Splittersiedlung im Außenbereich erweitern würde.

14

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Bei der Urteilsfindung wurden Luftbildaufnahmen des gegenständlichen Gebiets über das GeoPortal GAIA-MV ausgewertet. Ebenfalls erfolgten Messungen hinsichtlich der o.g. Entfernungen darüber, wobei die ermittelten Werte den Beteiligten bekanntgegeben wurden (vgl. Bl. 45 ff. d. GA). Eine Beanstandung oder die Entäußerung eines Korrekturwunsches erfolgte nicht (vgl. Bl. 48 ff. d. GA).

Entscheidungsgründe

15

Die Entscheidung konnte durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 87a Abs. 3, Abs. 2, 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erfolgen, da die Beteiligten ihre Zustimmung hierzu erteilten (vgl. Bl. 48/51, 49 und 52 d. GA).

16

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen subjektiven Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 VwGO. Dementsprechend steht ihm auch kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung zu.

17

Dem Verpflichtungsbegehren des Klägers, welches im Wege der Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO verfolgt werden kann, ist zu entsprechen, wenn der Kläger einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Verwaltungsakts hat, was dann der Fall ist, wenn dieser rechtswidrig abgelehnt oder unterlassen wurde und die Sache spruchreif ist, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Spruchreife liegt dabei immer dann vor, wenn die Behörde nur eine rechtmäßige Entscheidung treffen konnte. Dies ist bei gebundenen Entscheidungen oder einer Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen. Im Falle des Begehrens einer Baugenehmigung hat die Behörde entsprechend der Ermächtigungsgrundlage eine gebundene Entscheidung zu treffen, sofern die Tatbestandsvoraussetzungen derselben vorliegen. Dem Anfechtungsbegehren des Klägers ist hingegen zu entsprechen, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen subjektiven Recht verletzt wurde, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Ein Verwaltungsakt ist immer dann rechtmäßig, wenn er auf einer Ermächtigungsgrundlage beruht und die formelle und materiell Rechtmäßigkeit gegeben ist.

18

Die Ermächtigungsgrundlage stellen hier die §§ 59 Abs. 1 Satz 1, 72 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 lit. a) Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung vom 20.05.2011 (LBauO MV) i.V.m. 29 Abs. 1, 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 Var. 3 BauGB dar. Die Anwendung der Vorschriften der LBauO M-V in der genannten Fassung erfolgt in Entsprechung des § 87 LBauO M-V in der aktuellen Fassung, der die Weiterführung der vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleiteten Verfahren nach den bisherigen Vorschriften normiert.

19

Gem. § 59 Abs. 1 LBauO M-V bedarf die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen grdsl. einer Baugenehmigung. § 72 Abs. 1 LBauO M-V entsprechend ist dem Antragsteller eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind. Im bauaufsichtlichen Verfahren war der Prüfungsumfang des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 lit. a) Nr. 1 - 3 LBauO M-V anzusetzen. Der Kläger begehrt die Genehmigung zur Errichtung eines Wochenendhauses, mithin eines Wohngebäudes i.S.v. § 63 Abs. 1 Satz 1 lit. a) LBauO M-V. Dieser Wohngebäudebegriff ist bauordnungsrechtlicher Natur und zu unterscheiden von dem - engeren - bauplanungsrechtlichen Wohngebäudebegriff (zur Unterscheidung vgl. z. B. OVG Greifswald, Beschl. v. 18. Mai 2011 - 3 M 38/11 - unter Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs zur Landesbauordnung 2006 in LT Drucksache 4/1810 S. 97; zum bauplanungsrechtlichen Begriff vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19. Februar 2014 – 3 L 212/12 –, Rn. 39, juris). Danach umfasst der Begriff „Wohngebäude“ in § 63 Abs. 1 Satz 1 lit. a) LBauO M-V sowohl Gebäude, in denen sich Wohnungen zum „Dauerwohnen“ befinden, als auch solche, die allein die Möglichkeit zeitweiligen Wohnens, wie Ferien- oder Wochenendhäuser, bieten (VG Schwerin, Urteil vom 09. April 2015 – 2 A 1214/13 –, Rn. 19, juris).

20

Dem ermittelten Prüfungsumfang entsprechend, ist für das Vorhaben allein entscheidend, ob es den bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 29 - 38 BauGB entspricht (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBauO M-V). Abweichungen im Sinne des § 67 Abs. 1 und 2 Satz 2 LBauO M-V wurden nicht beantragt (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBauO M-V a.F.) und nach der Baugenehmigung entfällt keine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften oder wird durch sie ersetzt (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBauO M-V).

21

Das geplante Vorhaben ist unzulässig. Es soll im bauplanungsrechtlichen Außenbereich i.S.v. § 35 Abs. 1 BauGB verwirklicht werden und ist nicht von einem Privilegierungstatbestand erfasst. Außenbereich ist dabei alles das, was außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches eines Bebauungsplanes im Sinne des § 30 BauGB und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB liegt. Der Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB ist begrifflich nicht mehr und nicht weniger als die Gesamtheit der von den §§ 30 und 34 BauGB nicht erfassten Flächen (BVerwG, Urteil vom 01. Dezember 1972 – IV C 6.71 –, BVerwGE 41, 227-237, Rn. 18; Schreiber, Handbuch Immobilienrecht, Öffentliches Baurecht – Bauplanungs– und Bauordnungsrecht, 3. Aufl., Rn. 104).

22

Das Vorhaben soll nicht in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB verwirklicht werden und liegt nicht in einem Bebauungsplangebiet. Hierbei ist ein Ortsteil jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an. Die Gründe für ihre Genehmigung sind unerheblich, wobei eine solche aber grdsl. erforderlich ist. Die vorhandene Bebauung muss über die einer Splittersiedlung i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB hinausgehen (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 25. November 2015 – 1 N 14.2049 –, Rn. 22, juris), also eine Siedlungszwecken entsprechenden Anordnung erkennen lassen (BVerwG, Urteil vom 14. November 1991 – 4 C 1/91 –, Rn. 21, juris; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Oktober 2015 – OVG 2 B 12.14 –, Rn. 19, juris). Zur Bebauung i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gehören in der Regel nur bauliche Anlagen, die geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen, nicht aber Baulichkeiten, die anderweitigen Zwecken dienen. Dies gilt unabhängig davon, ob es landwirtschaftliche Zwecke (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecke (z.B. kleine Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstige Zwecke sind. Die Anlagen müssen außerdem optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sein, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 – 4 C 5/14 –, Rn. 13 ff., juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 14. August 2013 – 3 L 4/08 –, Rn. 82, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21. Oktober 2002 – 1 M 126/01 –, Rn. 59, juris; Schreiber, Handbuch Immobilienrecht, Öffentliches Baurecht – Bauplanungs– und Bauordnungsrecht, 3. Aufl.; Rn. 104). In einem Radius von ca. 85 m um die klägerische Doppelhaushälfte herum befinden sich insgesamt nur vier Gebäude. Diese Anzahl ist schon für sich betrachtet zu gering, um dem Erfordernis des gewissen Gewichts der vorhandenen Bebauung seiner Anzahl nach zu genügen. Hinzu tritt noch der Umstand, dass auch die darüber hinausgehende Bebauung, insbesondere wegen der großen Entfernungen zum klägerischen Grundstück, keine Siedlungszwecken entsprechende Anordnung der Gebäude erkennen lässt. Eine Teilnahme am sich nördlich der Birkenallee befindenden Bebauungszusammenhangs kann wegen der großen Entfernung von ca. 143 m und dem ca. 65 m tiefen dazwischenliegenden Waldgebiet nicht angenommen werden.

23

Das Vorhaben wird nicht von § 35 Abs. 1 BauGB umfasst und stellt somit ein sonstiges Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB dar. Ihm stehen öffentlich-rechtliche Belange i.S.v. der Norm entgegen. Das Vorhaben würde die Erweiterung der vorhandenen Splittersiedlung i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 Var. 3 BauGB befürchten lassen. Der Charakter einer Ansiedlung als Splittersiedlung ergibt sich aus dem Gegensatz zum Ortsteil. Die Splittersiedlung ist dadurch gekennzeichnet, dass ihr mangels einer angemessenen (Bau-) Konzentration das für die Annahme eines Ortsteils notwendige Gewicht an Gebäuden fehlt und sie Ausdruck einer unorganischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 – 4 C 13/00 –, Rn. 13, juris; Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: November 2013, § 35 Rn. 84; Rixner/Biedermann/Steger, Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 1. Aufl., § 35 Rn. 88; Schrödter, BauGB, 8. Aufl. § 35 Rn. 136). Demnach ist eine Splittersiedlung eine bloße Anhäufung von Gebäuden (BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 – 4 C 10/11 –, Rn. 19, juris). Die Zulassung des beantragten Vorhabens würde dazu führen, dass die vorhandene Splittersiedlung in ihrer räumlichen Ausdehnung in die freie Landschaft fortschreitet, was eine Erweiterung i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB darstellt (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 35 Rn. 96; Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: November 2013, § 35 Rn. 86; Rixner/Biedermann/Steger, Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 1. Aufl., § 35 Rn. 90; Schrödter, BauGB, 8. Aufl. § 35 Rn. 138). Eine das Vorhaben umringende Bebauung ist nicht vorhanden, womit eine Verfestigung der Splittersiedlung i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 Var. 2 BauGB ausscheidet.

24

Die Erweiterung der Splittersiedlung ist auch zu befürchten. Mit diesem Erfordernis bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass Splittersiedlungen nicht per se unzulässig sind (BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 – 4 C 10/11 –, Rn. 21, juris; BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2004 – 4 B 23/04 –, Rn. 8, juris; Schrödter, BauGB, 8. Aufl. § 35 Rn. 139). Zu befürchten ist das Entstehen einer Splittersiedlung nur dann, wenn das Vorhaben zum Bestehen einer unerwünschten Splittersiedlung führt. Unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Genauso verhält es sich mit der Verfestigung und der Erweiterung des schon bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereiches (BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 – 4 C 10/11 –, Rn. 21, juris; BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2004 – 4 B 23/04 –, Rn. 8, juris; BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 – 4 C 13/00 –, Rn. 13, juris; Rixner/Biedermann/Steger, Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 1. Aufl., § 35 Rn. 92). Grundsätzlich ist die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung als städtebaulich unerwünscht anzusehen. Allein für den hier nicht einschlägigen Fall der Verfestigung einer Splittersiedlung ist dies jedoch nicht ohne Begründung aus sich heraus anzunehmen (BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 – 4 C 10/11 –, Rn. 22, juris; BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2004 – 4 B 23/04 –, Rn. 8, juris; Schrödter, BauGB, 8. Aufl. § 35 Rn. 140). Weitergehende besondere Umstände, die für die ausnahmsweise Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens sprechen könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden. Der Umstand, dass das Vorhaben auf der bis dato als Terrasse genutzten und gepflasterten Fläche realisiert werden soll, ist hierfür jedenfalls ungeeignet. Anders als durch die vorhandene Terrasse, würde durch das Vorhaben die Nutzung/Beanspruchung des Außenbereichs im Verhältnis zum Status quo ansteigen, da eine größere Anzahl an Personen als bisher vom Gebäude des Klägers aufgenommen werden könnte.

25

Zudem findet § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB auf das klägerische Vorhaben keine Anwendung. Das bestehende Gebäude wird ausweislich des Bauantrages (Bl. 10 ff. d. VV) als Wochenendhaus genutzt und stellt demnach kein Wohngebäude i.S.d. Bauplanungsrechts dar, was erweitert werden könnte. Hierbei sei abermals auf die differierenden Begriffe des Wohngebäudes i.S.d. landeseigenen Bauordnungsrechts und des bundesrechtlichen Bauplanungsrechts hingewiesen. Der Norm entsprechend ist die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen zulässig, wenn das Gebäude zulässiger Weise errichtet wurde [lit. a) der Norm], die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen ist [lit. b) der Norm] und bei der Errichtung einer weiteren Wohnung Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird [lit. c) der Norm]. Das Bauplanungsrecht unterscheidet begrifflich zwischen Wohngebäuden einerseits und Ferien- und Wochenendhäusern andererseits. Während nach den §§ 2, 3, 4, 4a, 5 und 6 BauNVO „Wohngebäude" in den entsprechenden Baugebieten zulässig sind, bezieht sich § 10 Abs. 3 BauNVO auf „Wochenendhäuser" und § 10 Abs. 4 BauNVO auf „Ferienhäuser". Diese begriffliche Unterscheidung ist im Bauplanungsrecht angelegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1982 – 4 C 59/78 –, Rn. 23, juris). Die Baunutzungsverordnung führt die allgemeine Wohnnutzung einerseits und die Ferienwohnnutzung andererseits als eigenständige Nutzungsarten auf (BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 4 B 32/13 –, Rn. 5, juris; Beschluss vom 08. Mai 1989 – 4 B 78/89 –, Rn. 3, juris; Beschluss vom 07. September 1984 – 4 N 3/84 –, Rn. 21, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19. Februar 2014 – 3 L 212/12 –, Rn. 38, juris; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 35 Rn. 155; Schrödter, BauGB, 8. Aufl., § 35 Rn. 195).

26

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 HS 1 VwGO.

27

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11 Var. 2, 711, 709 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO).

28

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124a Abs. 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 20. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind, trägt der Kläger.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte und die Beigeladene zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung des Gebäudes S.-Weg in K.

2

Am 18.11.2009 beantragte der Kläger die Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren. Als Zweckbestimmung des Vorhabens gab er als bisherige Nutzung Dauerwohnen und als beabsichtigte Nutzung an „Ferienwohnnutzung/Beherbergung und/oder Dauerwohnnutzung“.

3

Nach den eingereichten Bauunterlagen sind im Erd- und im Obergeschoss jeweils drei Zimmer mit angeschlossenem Bad vorgesehen, im Erdgeschoss außerdem ein Speiseraum (Zimmer 1) nebst angrenzender Küche und im Obergeschoss eine kleine Küche. In einer nicht maßstäblichen Skizze sind vier Stellplätze eingetragen mit einer Zufahrt zum S.-Weg. Neben dem streitbefangenen Gebäude steht das (ehemalige) Wohnhaus des Klägers. Das Vorhaben liegt im Bereich des Bebauungsplans Nr. 2 „Mühlenblick 1“.

4

Der Kläger beantragte gemäß § 67 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern - LBO M-V - eine Abweichung von der textlichen Festsetzung Nr. 1 des Bebauungsplans, nach der im allgemeinen Wohngebiet betreffend das Baufeld 7 ausnahmsweise zulässige Nutzungen gem. § 4 Abs. 3 Baunutzungsverordnung - BauNVO - ausgeschlossen sind. Die beabsichtigte Nutzung sei als kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes einzustufen. Die Beherbergungsnutzung füge sich in das Gebiet ein. Eine Störung der Anwohner sei praktisch ausgeschlossen. Da er selbst als Eigentümer und Betreiber mit seiner Familie auf dem Grundstück wohne, sei sein Interesse an einem ruhigen Betriebsablauf sehr groß. Das Vermietungsobjekt verfüge weder über Außensitzplätze für Urlauber noch über die Möglichkeiten zum Grillen oder für die Durchführung von Feiern etc. Zu berücksichtigen sei, dass das Grundstück unmittelbar an der D.- Straße am Ortseingang und gegenüber dem Gewerbegebiet F. liege. Dies führe zu einer erheblichen Lärmbelästigung sowohl tags als auch nachts. Etliche Maßgaben des Bebauungsplans seien in diesem Zusammenhang bis heute nicht umgesetzt. Die sich so ergebenden Belastungen durch Lärm würden dazu führen, dass bei demselben Schutzbedürfnis die Feriengäste der Belastung nur geringer ausgesetzt seien als Dauerbewohner.

5

Mit Schreiben vom 23.02.2010 versagte die Beigeladene das Einvernehmen gem. § 36 Baugesetzbuch - BauGB -. Die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 2 schlössen Betriebe des Beherbergungsgewerbes aus. Der Bebauungsplan sehe außerdem vor, dass je Einzelhaus nur 2 Wohnungen, je Doppelhaus nur 4 Wohnungen zulässig seien.

6

Durch Bescheid vom 24.02.2010 lehnte der Beklagte den Bauantrag ab. Zur Begründung verwies er auf das von der Beigeladenen versagte Einvernehmen.

7

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus:

8

Er habe das Gebäude im Jahre 2009 als Wohngebäude errichtet und beabsichtigt, es an Senioren zu vermieten. Eine solche Dauervermietung sei aber nicht möglich gewesen. Er habe daher das Gebäude eigengenutzt bzw. an seinen Schwiegervater überlassen. Die wirtschaftliche Situation habe ihn schließlich gezwungen, nachdem in der Nachbarschaft erfolgreich Unterkünfte an Feriengäste vermietet worden seien und dies der Beigeladenen bekannt gewesen und von dieser auch genehmigt bzw. geduldet worden sei, in der Saison 2009 ebenfalls an Feriengäste zu vermieten.

9

Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig. Das Erscheinungsbild des Gebäudes entspreche dem eines Einfamilienhauses. Im benachbarten reinen Wohngebiet sei ein solches Vorhaben ausnahmsweise zulässig, so dass nicht nachvollziehbar sei, dass dies im allgemeinen Wohngebiet nicht ausnahmsweise genehmigt werden könne. Angesichts der Immissionen von der Doberaner Landstraße sei davon auszugehen, dass etwaige Beeinträchtigungen durch Gäste vernachlässigbar seien. In unmittelbarer Nähe des Objekts befänden sich außerdem mehrere kleinere und größere Beherbergungsbetriebe sowie Ferienunterkünfte. Die Beigeladene habe die Vermietung von Ferienwohnungen akzeptiert und Kurtaxe erhoben, ohne gegen die angeblich bauplanungsrechtswidrige Situation vorzugehen.

10

Die Beigeladene führte unter dem 02.08.2010 aus: Die Nachfrage nach kleinen Wohnungen in der Stadt Kühlungsborn sei ungebrochen. Betriebe des Beherbergungsgewerbes schließe der Bebauungsplan aus. Die beantragte Nutzungsänderung sei ohne Änderung des Bebauungsplans nicht möglich. Baugenehmigungen für die Errichtung und Nutzung von Ferienwohnungen seien durch den Beklagten nicht erteilt worden.

11

Durch Widerspruchsbescheid vom 25.11.2010 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der maßgebende Bebauungsplan setze fest, dass in dem allgemeinen Wohngebiet die ausnahmsweise zulässigen Nutzungen gem. § 4 Abs. 3 BauNVO nicht Bestandteil des Planes seien. Hieran habe sich auch nichts durch eine das Baugebiet Nr. 7 betreffende 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 geändert, denn diese Änderungsinhalte hätten keine Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, die für die beantragte Nutzungsänderung relevant seien, betroffen. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB komme nicht in Betracht, da sie die Grundzüge der Planung berühren würde.

12

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 27.11.2010 zugestellt.

13

Bereits am 08.11.2010 hatte der Kläger Klage erhoben. Zur deren Begründung hat er geltend gemacht:

14

Der Bebauungsplan Nr. 2 sei wegen zahlreicher Mängel unwirksam. Insbesondere sei er nicht ordnungsgemäß verkündet, da die Verweisung auf die DIN 4109 den rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genüge.

15

Er erziele seit 2009 ausschließlich aus der Vermietung des Hauses S. seinen Lebensunterhalt. Seine Frau und er könnten die Kreditraten nicht mehr bezahlen, wenn sie die Zimmer nicht mehr mit Frühstück vermieten könnten.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 24.02.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 zu verpflichten, ihm die unter dem 05.11.2009 beantragte Baugenehmigung für einen Beherbergungsbetrieb im Sinne von § 3 Abs. 3 BauNVO mit 6 Doppelzimmern gemäß der geänderten Genehmigungsplanung vom 16.11.2009 zu erteilen,

18

hilfsweise,

19

den Beklagten zu verpflichten, ihn unter Aufhebung des Bescheids vom 24.02.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

20

Der Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Zur Begründung hat er unter anderem vorgetragen, dem Kläger hätten als Entwurfsverfasser die Festsetzungen des Bebauungsplans bekannt sein müssen. Es sei daher rechtsmissbräuchlich, den Bebauungsplan nunmehr anzufechten.

23

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich auch in der Sache nicht geäußert.

24

Das Verwaltungsgericht hat durch die Berichterstatterin am 12.12.2012 einen Ortstermin durchgeführt; auf das Protokoll wird Bezug genommen.

25

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 20.12.2012 teilweise stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, über den Bauantrag des Klägers vom 05.11.2009 gemäß der geänderten Genehmigungsplanung vom 16.11.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

26

Der Kläger habe prüffähige Bauvorlagen eingereicht.

27

Das Vorhaben sei planungsrechtlich als Betrieb des Beherbergungsgewerbes zu beurteilen. Dies ergebe sich aus der Genehmigungsplanung vom 16.11.2009. Da der Kläger selbst mit seiner Ehefrau das Wohnhaus, an das das streitgegenständliche Gebäude angebaut sei, bewohne, ergebe sich das Bild einer kleinen, familiengeführten Frühstückspension. Bei den angebotenen Doppelzimmern handele es sich nicht um Ferienwohnungen.

28

Der Bebauungsplan Nr. 2 sei nicht maßgebend, da er unwirksam sei. Angesichts der Verweisung auf die DIN 4109 sei er nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht. Auf diesen Mangel könne der Kläger sich auch berufen. Dies sei nicht rechtsmissbräuchlich. Ihm gehe es nicht darum, ein Bauvorhaben Dritter zu verhindern, sondern lediglich die Änderung seines eigenen Vorhabens durchzusetzen.

29

Das Vorhaben sei als Beherbergungsbetrieb in einem faktischen Wohngebiet gem. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO bzw. § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zu beurteilen. Im allgemeinen Wohngebiet sei es unabhängig von seiner Größe ausnahmsweise zulässig. Im übrigen sei der Betrieb auch als kleiner Beherbergungsbetrieb i.S.v. § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO anzusehen. So halte sich die vorgesehene Bettenzahl mit 12 (in 6 Doppelzimmern) im Rahmen dessen, was als zulässig angesehen werde. Auch nach seiner Erscheinungsform und Betriebsführung ordne sich das Vorhaben in das vorhandene Wohngebiet ein.

30

Obwohl daher die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme vorlägen, könne die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der Ausnahme und damit der Baugenehmigung nicht ausgesprochen werden. Der Beklagte habe nämlich im Rahmen seiner Ermessensentscheidung auch schutzwürdige Nachbarinteressen einzubeziehen und beispielsweise unzumutbare Belästigungen im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO zu beurteilen. Somit seien auch die von dem geplanten Vorhaben ausgehenden Immissionen durch beispielsweise An- und Abfahrten in den Blick zu nehmen. Hier wäre u.a. an Auflagen hinsichtlich der zulässigen Zimmer- bzw. Bettenzahl sowie Anzahl und Lage der notwendigen Stellplätze auf dem Grundstück des Klägers zu denken. Die diesbezüglichen Ermittlungen seien jedoch nicht vom Gericht anzustellen sondern blieben Aufgabe des Beklagten.

31

Das Urteil wurde dem Kläger am 24.01.2013 zugestellt.

32

Am 25.02.2013, einem Montag, hat der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Ihm hat der Senat durch Beschluss vom 19.11.2013, dem Kläger zugestellt am 28.11.2013 entsprochen.

33

Nachdem der Vorsitzende die Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.01.2014 verlängert hatte, hat der Kläger die Berufung mit an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet.

34

Bereits zuvor hatte die Beigeladene am 05.09.2013 den Aufstellungsbeschluss zur 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 gefasst. Am gleichen Tage hatte sie die Satzung über die Veränderungssperre zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss und die Satzung wurden jeweils am 19.09.2013 im Amtlichen Bekanntmachungsblatt der Stadt Stadt Ostseebad Kühlungsborn bekannt gemacht. Am 24.10.2013 fasste die Gemeindevertretung einen ergänzenden Aufstellungsbeschluss, den der Landkreis Rostock beanstandete und gegen den der Bürgermeister der Beigeladenen Widerspruch einlegte. Die Gemeindevertretung der Beigeladenen beschloss daraufhin am 24.04.2014 einen ergänzenden Aufstellungsbeschluss zur 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2, der im Amtlichen Bekanntmachungsblatt am 15.05.2014 bekannt gemacht wurde.

35

Am 04.09.2014 beschloss die Gemeindevertretung der Beigeladenen, die Veränderungssperre vom 05.09.2013 aufzuheben und eine neue Veränderungssperre zur 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 zu erlassen. Letzterer Beschluss wurde im Amtlichen Bekanntmachungsblatt am 11.09.2014 veröffentlicht.

36

Der Kläger trägt nunmehr vor:

37

Die zwischenzeitlich durch die Beigeladene erlassene Veränderungssperre vom 05.09.2013 sei unwirksam. Ihr sei ein völlig veralteter Übersichtsplan zu Grunde gelegt worden. Auf der zeichnerischen Darstellung zur Veränderungssperre seien keinerlei Flurstücksbezeich-nungen erkennbar. Damit sei ein notwendiger Abgleich zwischen derselben und der Flurstücksauflistung in § 2 der Satzung nicht möglich. Damit fehle die ausreichende Bestimmtheit der Satzung. Vergleiche man zudem die Flurstücke auf der Liegenschaftskarte mit der Aufzählung in § 2 der Satzung, zeigten sich mehrere Fehler. Die Veränderungssperre sei auch materiell fehlerhaft. In der Begründung sei als Planungsziel ausgeführt, die Änderung sei erforderlich, da im Laufe der Realisierung des Bebauungsplans einige Defizite entstanden seien. Diese Defizite seien u.a. in den Bereichen Ausgleich, Schallschutz und Bekanntmachungsregelungen entstanden. Mit der Planung werde das Büro für Stadt- und Regionalplanung Wismar beauftragt. Damit sei der Inhalt der beabsichtigten Planung nicht abzusehen. Inhaltlich stelle die Planung einer Verhinderungsplanung dar, um nach Zustellung des Urteils des Verwaltungsgerichts die Realisierung des Vorhabens zu verhindern.

38

Der Beschluss und die Veröffentlichung der Veränderungssperre vom 05.09.2014 würden zunächst an den gleichen Mängeln wie die ursprüngliche Fassung dieser Satzung leiden. Hinzu kämen weitere, im einzelnen aufgezählte Mängel.

39

Im Übrigen bestehe nach wie vor ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahme und damit der beantragten Baugenehmigung.

40

Der Betrieb solle und werde als typische Frühstückspension betrieben. Sie weise sechs Doppelzimmer auf, die Paaren oder Einzelpersonen angeboten würden. In einem eigenen Frühstücksraum werde den Gästen Frühstück angeboten. Das Frühstück sei im Preis inbegriffen. Dies sei das einzige Angebot an die Gäste über die Überlassung des Zimmers hinaus. Die Zimmerreinigung finde wie bei üblichen Pensionen statt. Die Gästezimmer verfügten über keine Küche. Die Gäste versorgten sich tagsüber außerhalb. Es gebe für die Gäste keine Außenanlagen, die ihnen etwa zum Grillen zur Verfügung stünden. Für den Gästebereich gebe es sieben Parkplätze und zwei weitere für das angrenzende Haus. Dieses Haus hätten seine Ehefrau und er 2013 verkauft. Dabei sei das Grundstück geteilt worden. Derzeit wohnten er und seine Ehefrau in dem Gästehaus. Es sei aber beabsichtigt, bei der nächsten Gelegenheit eine andere Wohnung zu beziehen.

41

Der Kläger beantragt,

42

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 20.12.2012 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 24.02.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 zu verpflichten, ihm die unter dem 05.11.2009 beantragte Baugenehmigung für einen Beherbergungsbetrieb mit 6 Doppelzimmern gemäß der geänderten Genehmigungsplanung vom 16.11.2009 zu erteilen,

43

hilfsweise

44

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, die beantragte Genehmigung zum 11.09.2014 bzw. zum 19.09.2013 zu erteilen.

45

Der Beklagten und die Beigeladenen beantragen jeweils,

46

die Berufung zurückzuweisen.

47

Die Beigeladene trägt vor, die Veränderungssperre sei wirksam. Wie aus Ziffer 2 der Beschlussvorlage ersichtlich sei, umfasse die Änderung den gesamten Geltungsbereich des bestehenden Bebauungsplans Nr. 2. Die Planung erfolge nicht zur Verhinderung des Vorhabens des Klägers, sondern zur Beseitigung der vom Verwaltungsgericht gerügten Mängel. Dieses Planungsziel sei unter Ziffer 3 des Aufstellungsbeschlusses auch ausdrücklich festgehalten. Das Geltungsgebiet der Veränderungssperre sei identisch mit dem des Bebauungsplans.

48

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

49

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch den Vorsitzenden fristgerecht begründet worden.

50

Die Berufung ist nicht begründet.

51

1. Der Hauptantrag ist unbegründet.

52

Der Kläger hat keinen Anspruch, den Beklagten zu verpflichten, ihm die unter dem 05.11.2009 beantragte Baugenehmigung für einen Beherbergungsbetrieb mit sechs Doppelzimmern gemäß der Genehmigungsplanung vom 16.11.2009 zu erteilen.

53

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Begründetheit der Verpflichtungsklage ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat (vgl. BVerwG, U. v. 04.12.2014 - 4 C 33/13, BauR 2015, 810). Damit sind sämtliche Änderungen der Sach- und Rechtslage seit Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung zu berücksichtigen.

54

Die Voraussetzungen der Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung über eine Befreiung nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB, stehen der Überprüfung durch den Senat offen. Dem steht nicht entgegen, dass weder der Beklagte noch die Beigeladene Anschlussberufung eingelegt haben. Denn der Kläger verfolgt sein Begehren im vollen Umfange weiter, in dem er einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung geltend macht. Die hiesige Prozesssituation unterscheidet sich von der, in der nach Rechtskraft eines Verpflichtungsurteils darüber gestritten wird, ob der neue Bescheid den Vorgaben dieses Bescheidungsurteils gerecht geworden ist. Im Übrigen ist auch in solchen Fällen zwar grundsätzlich von der Rechtsauffassung des Gerichts auszugehen, das im ersten Prozess entschieden hat. Dies gilt aber gerade nicht, wenn sich die Sach- und Rechtslage geändert hat (BVerwG, B. v. 23.12.1983 - 7 B 2/83, NVwZ 1984 432).

55

Dem Verpflichtungsbegehren des Klägers steht die Veränderungssperre der Gemeinde entgegen.

56

Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde gem. § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen. Eine derartige Veränderungssperre hat die Beigeladene am 04.09.2014 beschlossen und im Amtlichen Bekanntmachungsblatt der Stadt A-Stadt vom 11.09.2014 bekannt gemacht.

57

Der Antragsteller geht von der Veränderungssperre, im Amtlichen Bekanntmachungsblatt der Stadt Ostseebad Kühlungsborn vom 19.09.2013 bekannt gemacht, aus. Sie sollte an diesem Tage in Kraft treten und zwei Jahre Gültigkeit haben. Einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss hatte die Beigeladene für eine 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 gefasst und ebenfalls am 19.09.2013 bekannt gemacht. Die Veränderungssperre aus September 2013 ist durch die Beigeladene durch Beschluss vom 04.09.2014 aufgehoben und die neue, am 11.09.2014 bekannt gemachte, erlassen worden. Sie ist hier maßgebend. Das gilt unabhängig davon, dass der Aufhebungsbeschluss bzgl. der ursprünglichen Veränderungssperre mangels Bekanntmachung nicht wirksam geworden ist. Denn die neue Veränderungssperre löste als spätere Rechtsnorm die frühere nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ab.

58

Der Antragsteller leitet Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Veränderungssperre und des Aufstellungsbeschlusses zur 3. Änderung des Bebauungsplans aus der Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg her. Danach muss die Satzung über die Veränderungssperre hinsichtlich des Geltungsbereichs in sich stimmig sein. Daran soll es fehlen, wenn Flurstücke in dem Text der Satzung nicht mit aufgezählt worden, die von dem beiliegenden Kartenausschnitt aber mit umfasst sind. Der Geltungsbereich der Veränderungssperre müsse zudem mit dem des Bebauungsplanentwurfs, auf den sich die Veränderungssperre bezieht, deckungsgleich sein. Fehle es an alledem, erfülle die Bekanntmachung der Veränderungssperre nicht den Hinweiszweck (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB). Dies sei gemäß § 215 BauGB ein stets beachtlicher Mangel, der allein schon zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre führt. Die Gemeinde könne den Geltungsbereich der Veränderungssperre auch nur durch einen beigefügten Kartenausschnitt mit einer entsprechenden Ortsbezeichnung kennzeichnen. Wenn sie jedoch in dem Beschluss über die Veränderungssperre die Flurstücke einzeln aufzähle, müssten diese vollständig sein und mit dem Geltungsbereich, wie er sich nach dem beiliegenden Kartenausschnitt darstellt, deckungsgleich sein. Eine Unvollständigkeit der Aufzählung der Flurstücke habe den Charakter eines irreführenden Zusatzes, der verunklarend wirke und dem Bürger den notwendigen Rückschluss auf das maßgebende Plangebiet eher erschwere. Der Hinweiszweck könne auch dann verfehlt werden, wenn planbetroffene Flurstücke keine Erwähnung in der Aufzählung der Flurstücke fänden, so dass die Gefahr bestehe, dass insbesondere deren Eigentümer bei einem Blick auf die Bekanntmachung keinen Anlass sehen könnten, sich hiervon betroffen zu fühlen. Dies widerspreche dem Hinweiszweck (so OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 10.08.2010 - OVG 10 A 14.07, NVwZ-RR 2010, 956).

59

Diese Anforderungen gelten jedenfalls dann nicht, wenn die Satzung über die Veränderungssperre für die Festlegung des Geltungsbereichs ausschließlich auf die zeichnerische Darstellung Bezug nimmt. Dies ist hier der Fall. Nach § 2 Satz 1 der Satzung erstreckt sich die Veränderungssperre über den Bereich des Geltungsbereichs der 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2. Satz 2 bestimmt, dass die Abgrenzung des Geltungsbereichs sich aus dem Übersichtsplan, der Bestandteil der Satzung und als Anlage 1 beigefügt ist, ergibt. Diese doppelte Bezugnahme auf die zeichnerische Darstellung ist so zu verstehen, dass ausschließlich sie für die rechtliche Umschreibung des Geltungsbereichs maßgebend ist. Unter diesen Umständen stellt die in Satz 1 enthaltene Aufzählung der Flurstücke, die vom Geltungsbereich umfasst sind, nicht eine konstitutive, sondern letztlich der Erleichterung der Erkennbarkeit des Geltungsbereichs für die einzelnen Eigentümer der Flurstücke dienende Aufzählung betroffener Flurstücke dar. Dass die zeichnerische Darstellung des Geltungsbereichs im Hinblick auf die Bestimmtheit Bedenken unterliegen könnte, hat der Kläger weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich.

60

Die Anforderungen des OVG Berlin-Brandenburg werden im Übrigen auch der Rechtsprechung des BVerwG nicht gerecht. Die Bekanntmachung muss sich danach auf einen bestimmten Bebauungsplan beziehen; zu fordern ist, dass sie mittels einer schlagwortartigen Kennzeichnung einen Hinweis auf den räumlichen Geltungsbereich des Plans gibt und dass dieser Hinweis den Plan identifiziert (BVerwG, B. v. 10.08.2000 - 4 CN 2/99, NVwZ 2001, 203). Dabei muss dieser Hinweis nicht bereits jedwede Frage nach der genauen Lage des Plangebiets und seiner Ausdehnung im Einzelnen beantworten, vielmehr muss er nur geeignet sein, denjenigen, der sich über den genauen räumlichen und gegenständlichen Regelungsgehalt des Bebauungsplans unterrichten will, zu dem richtigen bei der Gemeinde ausliegenden Plan zu führen (BVerwG, U. v. 22.03.1985 - 4 C 59.81 -, BRS 44 Nr. 23 m.w.N.; siehe auch Reidt in Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2013, Rn. 906). Die Grenzen dürfen sowohl zeichnerisch dargestellt als auch textlich beschrieben werden. Besteht ein Widerspruch zwischen der zeichnerischen Darstellung und der textlichen Beschreibung, ist er unbeachtlich, wenn er sich durch Auslegung auflösen lässt; denn Bebauungspläne und Veränderungssperren sind - wie andere Normen auch - einer ein Redaktionsversehen berichtigenden Auslegung zugänglich (vgl. BVerwG, B. v. 07.05.2014 - 4 CN 5/13, NVwZ 2014, 1170). Bestehen nur Zweifel, ob einzelne Flurstücke - z.B. im Randbereich - in den Geltungsbereich der Satzung einbezogen sind oder nicht, so muss darunter nicht die Gültigkeit der Satzung insgesamt leiden, sondern die Satzung kann wegen der insoweit bestehenden Unbestimmtheit teilnichtig sein (BVerwG, B. v. 01.02.1994 - 4 NB 44/93, juris).

61

Nach diesen Grundsätzen ergibt sich, dass zwar möglicherweise im Randbereich Zweifel über den Geltungsbereich der Veränderungssperre auftreten könnten, sie aber jedenfalls nicht die gesamte Veränderungssperre und auch nicht den Bereich betreffen, in dem das streitbefangene Grundstück des Klägers belegen ist. Im Einzelnen ergibt sich auf der Grundlage der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Folgendes:

62

Ein Flurstück 377/29, das in § 2 der Satzung genannt ist, ist im aktuellen Lageplan im Plangebiet nicht auffindbar. Das gilt auch für die nähere Umgebung des Plangebiets. Damit scheidet die Annahme, es könne vom Geltungsbereich umfasst sein, aus. Dem Eigentümer eines solchen, dann in gänzlich anderer Gegend gelegenen Grundstückes ist unmittelbar klar, dass es nicht betroffen ist. Gleiches gilt hinsichtlich des ebenfalls in § 2 genannten Flurstücks 372/1. Hier spricht im Übrigen Alles dafür, dass es sich insoweit um einen Tippfehler handelt und das Flurstück 372/11 gemeint ist. Gleiches würde auch für die in § 2 der Satzung genannten Flurstücke 372 und 15 gelten, wenn es sich hier nicht ohnehin erkennbar um einen Schreibfehler handelte und das Flurstück 372/15 gemeint ist. Nach den gleichen Grundsätzen können Missverständnisse hinsichtlich des Flurstückes 371/62, das außerhalb des zeichnerischen Geltungsbereiches der Veränderungssperre liegt, nicht auftreten.

63

Das Flurstück 372/31 wird § 2 der Satzung nicht genannt, liegt aber teilweise, nämlich in einem westlich gelegenen Dreieck 372/76, in der zeichnerischen Begrenzung des Geltungsgebietes. Sofern darin eine Unsicherheit liegen sollte, betrifft sie einen Randbereich, den das Grundstück des Klägers nicht berührt. Das Flurstück 356 ist die Straße Wiesen-grund, die teilweise in den Geltungsbereich der Veränderungssperre fällt. Auch hier können keine Unklarheiten auftreten.

64

Soweit die Flurstücke 373/45 und 373/20 in § 2 ohne den Zusatz „teilweise“ aufgeführt, aber nur teilweise von der zeichnerischen Bezeichnung des Geltungsbereiches umfasst werden, werden deren Eigentümer durch die Aufzählung angestoßen, den Geltungsbereich, der sich klar aus der zeichnerischen Darstellung ergibt, zu ermitteln.

65

Das Flurstück 371/14 ist die Straße Mühlenblick und liegt im zeichnerisch umrissenen Geltungsbereich, ist aber in § 2 der Satzung nicht genannt. Es gehört eindeutig zum Geltungsbereich, auch weil es von in § 2 des Satzungstext genannten Flurstücken umfasst ist.

66

Es liegt auch ein wirksamer Aufstellungsbeschluss vor.

67

Nach § 14 Abs. 1 BauGB ist der Beschluss der Gemeinde über die Aufstellung eines Bebauungsplans materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die als Satzung zu erlassende Veränderungssperre. Fehlt ein derartiger Aufstellungsbeschluss, so ist eine gleichwohl beschlossene und gemäß § 16 Abs. 1 BauGB als Satzung bekanntgemachte Veränderungssperre nichtig.

68

Ein Aufstellungsbeschluss liegt im Rechtssinne dann nicht vor, wenn er zwar gefasst, aber entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht ortsüblich bekanntgemacht wurde. Nur der ortsüblich bekanntgemachte Aufstellungsbeschluss ist beachtlich. Die Veröffentlichung ist Voraussetzung seiner Rechtswirksamkeit (vgl. BVerwG, B. v. 09.02.1989 - 4 B 236.88, NVwZ 1989, 661).

69

Maßgebend ist nunmehr der Aufstellungsbeschluss vom 05.09.2013 in der Fassung der Ergänzung vom 04.09.2014, der am 19.09.2013 bekannt gemacht worden ist. Im Veröffentlichungstext ist hier keine Aufzählung der Flurstücke enthalten, sodass die Bedenken des Klägers ohnehin nicht eingreifen.

70

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf eine Veränderungssperre erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (U. v. 19.02.2004 - 4 CN 16.03, BVerwGE 120, 138 <146 f.>). Nach § 14 Abs. 2 S. 1 BauGB kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind. Daraus folgt, dass das Mindestmaß an Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, zugleich geeignet sein muss, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat. Diese Vorstellungen können sich jedoch nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören (BVerwG, 01.10.2009 - 4 BN 34/09, NVwZ 2010, 42).

71

Laut der Bekanntmachung der Veränderungssperre liegen der beabsichtigten 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 folgende Planungsabsichten zu Grunde:

72

„Die Planungskonzeption der 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 sieht vor, die Festsetzungen zu den ausgewiesenen Grünflächen zu überarbeiten und die Eingriffs- und Ausgleichsbilanz zu überprüfen. Im Plangeltungsbereich sind einige öffentliche Grünflächen ausgewiesen, die der Öffentlichkeit tatsächlich nicht zur Verfügung stehen bzw. teilweise den privaten Grundstücken zugeschlagen wurden. Des Weiteren muss die Umsetzung der festgesetzten Pflanzungen kontrolliert werden. Bei eventuell entstandenen Defiziten ist es vorgesehen, Pflanzungen durchführen zu lassen und externe Ausgleichsflächen zur Verfügung zu stellen.

73

Auf Grundlage der Örtlichkeit soll ein neues Schallschutzgutachten erstellt werden, da die in der Ursprungsplanung festgesetzten Schallschutzmaßnahmen nicht vollständig erfüllt worden sind. Dabei sind aktuelle Verkehrsbelastungszahlen zu Grunde zu legen. Aus dem Gutachten resultierende, aktive und passive Schallschutzmaßnahmen sind abzuleiten. Die Festsetzungen zum Schallschutz werden dann hinsichtlich der Ergebnisse des Gutachtens überarbeitet.

74

Ein weiteres Planungsziel der 4. Änderung ist die Sicherung des ursprünglichen Planungsziels, Betriebe des Beherbergungsgewerbes in dem Wohngebiet auszuschließen, da diese entsprechend dem vorhandenen Charakter der Einfamilienhaussiedlung störend wirken. Sie sollen aus dem Wohngebiet herausgehalten werden, um Konflikte zwischen der intensiven Nutzung durch Gäste (An- und Abreiseverkehr, Stellplatzbedarf, Lärmemissionen) und den benachbarten Dauerwohnungen zu vermeiden. Die Nutzung für Dauerwohnungen hat in den überplanten Wohnquartieren Vorrang und ist zu erhalten. Für touristische Nutzungen stehen ausreichende Fremdenverkehrsquartiere in Strandnähe zur Verfügung. Als weitere Maßnahme ist im Rahmen der 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 die Vereinbarkeit von einzelnen untergeordneten Ferienwohnungen im Bestand mit Dauerwohnungen rechtlich verbindlich und abschließend entsprechend der aktuellen Rechtsprechung zu regeln. ... Das Planungsziel der 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 besteht dabei darin, Ferienwohnungen in einem untergeordneten Maße, z.B. als einzelne Einliegerwohnung in einem dauerhaft bewohnten Einfamilienhaus zuzulassen, so lange keine störenden Einflüsse von diesen Ferienwohnungen ausgehen und der Gebietscharakter des Wohngebietes nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Nicht gewollt sind Gebäude, in denen ausschließlich Ferienwohnungen oder Ferienwohnungen in einer größeren Anzahl oder Beherbergungsbetriebe untergebracht sind. ...

75

Um die Umsetzung der Planungsziele nicht zu gefährden, ist es erforderlich, die Veränderungssperre zu erlassen.

76

In dem Änderungsverfahren ist entsprechend aktueller Rechtsprechung zu gewährleisten, dass der Öffentlichkeit der Planung zu Grunde liegende Richtlinien, DIN-Normen usw. im Rathaus zur Einsicht zur Verfügung stehen und im Planverfahren öffentlich mit ausgelegt werden.“

77

Diese Ausführungen genügen den oben dargelegten Anforderung offensichtlich.

78

Der Kläger macht geltend, die beabsichtigte Planung stelle eine Verhinderungsplanung dar, da sie erst nach Erlass des Urteils des Verwaltungsgerichts eingeleitet worden sei.

79

In der Rechtsprechung des BVerwG ist geklärt, dass nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB nur solche Bebauungspläne sind, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Davon ist v.a. auszugehen, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken. Ein solcher Fall ist nicht schon dann gegeben, wenn der Hauptzweck der Festsetzungen in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Eine Gemeinde darf mit der Bauleitplanung grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen, die mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielen. Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind nur dann als "Negativplanung" unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (BVerwG, B. v. 15.03.2012 - 4 BN 9/12, BauR 2012, 1067).

80

Die oben dargestellten Erwägungen lassen erkennen, dass eine Verhinderungsplanung in diesem Sinne nicht vorliegt. Dass mit der Planung - explizit - auch ein Vorhaben wie es der Kläger realisieren möchte, unterbunden werden soll, kann gerade zulässiger Zweck einer Änderungsplanung sein.

81

2. Der Hilfsantrag ist zulässig.

82

Stellt der in erster Instanz obsiegende Kläger seinen Verpflichtungsantrag, der sich vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt hat, in der Berufungsinstanz auf den Antrag um festzustellen, dass die Behörde verpflichtet war, den beantragten Verwaltungsakt zu erteilen, ist der Feststellungsantrag als Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ohne weiteres statthaft, wenn sich die Feststellung auf die Rechtslage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, d.h. im Zeitpunkt unmittelbar vor Eintritt des erledigenden Ereignisses, bezieht (BVerwG, U. v. 04.12.2014 - 4 C 33/13, BauR 2015, 810).

83

Der Hilfsantrag ist aber ebenfalls unbegründet. Der Kläger hatte weder zum Zeitpunkt des 11.09.2014 noch zum 19.09.2013 einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung, denn für die Beurteilung des Vorhabens lagen die erforderlichen Bauunterlagen nicht vor.

84

Der Kläger hat einen Antrag im vereinfachten Verfahren nach § 63 LBauO M-V gestellt.

85

Dieses Verfahren ist nach Abs. 1 dieser Vorschrift nur bei Wohngebäuden, sonstigen baulichen Anlagen, die keine Gebäude sind oder Nebengebäuden und Nebenanlagen zu Bauvorhaben dieser Art, ausgenommen Sonderbauten gegeben. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass aus dem Bereich des Bauordnungsrechts nur beantragte Abweichungen im Sinne des § 67 Abs. 1 und 2 Satz 2 LBauO M-V geprüft werden. Wohngebäude sind gem. § 2 Abs. 2 S. 2 LBauO M-V Gebäude, die nur Wohnungen und die zugehörigen Garagen und Nebenräume enthalten, darüber hinaus allenfalls Räume für die Berufsausübung freiberuflich oder in ähnlicher Art Tätiger, denen gegenüber die Wohnungen überwiegen müssen. Jedenfalls fällt ein Beherbergungsbetrieb, wie ihn der Kläger zur Genehmigung gestellt hat, nicht darunter.

86

Darauf, ob das Ankreuzen des Feldes für ein vereinfachtes Verfahren versehentlich geschehen ist, kommt es nicht an. Für die Anwendung des § 63 LBauO M-V ist allein maßgebend, ob hier die objektiven Voraussetzungen dieser Vorschrift gem. § 63 Abs. 1 LBauO vorliegen. Unerheblich ist, ob der Antragsteller sein Vorhaben so beurteilt, dass das vereinfachte Genehmigungsverfahren in Betracht kommt (so bereits OVG Greifswald, B. v. 09.03.2004 - 3 M 253/03, juris). Anderenfalls könnte er nämlich die Fiktionswirkung und die eingeschränkte baurechtliche Überprüfung in Hinblick auf bauordnungsrechtliche Fragen gem. § 63 Abs. 1 Nr. 2 LBauO M-V allein dadurch herbeiführen, dass er einen derartigen Antrag stellt. Dies ist nicht Sinn und Zweck der verschieden ausgestalteten Genehmigungsverfahren der Landesbauordnung. Vielmehr ist es Sache der Baugenehmigungsbehörden objektiv zu beurteilen, ob und nach welchen Verfahrensvorschriften das jeweilige Vorhaben verfahrensrechtlich zu beurteilen ist. Eine andere Auslegung der Vorschriften würde im Ergebnis zu einer Wahlfreiheit der Genehmigungsverfahren unabhängig von den normierten Voraussetzungen führen. Eine solche Wahlfreiheit hat – anders als teilweise die Bauordnungen anderer Bundesländer – der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern den Bauherrn nicht eingeräumt (OVG Greifswald, B. v. 23.06.2014 - 3 M 58/14, juris).

87

Bei genehmigungsbedürftigen baulichen Anlagen, die nicht unter § 63 LBauO M-V fallen, prüft die Bauaufsichtsbehörde gem. § 64 Abs. 1 LBauO M-V auch die Anforderungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes, d.h. der Landesbauordnung und aufgrund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften. Die für diese Beurteilung erforderlichen Unterlagen lagen zu beiden maßgebenden Zeitpunkten nicht vor.

88

Nach § 7 Abs. 3 Nr. 13 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlVO M-V) vom 10.07.2006 (GVOBl. M-V S. 102), geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 23. Mai 2006 (GVOBl. M-V S. 194) müssen in einem Lageplan, soweit dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist, Stellplätze eingezeichnet sein. Dies ist hier der Fall. Nach § 49 Abs. 1 LBauO M-V sind die notwendigen Stellplätze oder Garagen (§ 86 Abs. 1 Nr. 4 LBauO M-V) auf dem Baugrundstück oder in zumutbarer Entfernung davon auf einem geeigneten Grundstück herzustellen, dessen Benutzung für diesen Zweck öffentlich-rechtlich gesichert wird. Maßgebend ist die Satzung der Stadt A-Stadt über die Herstellung notwendiger Stellplätze oder Garagen sowie die Ablösebeträge (Stellplatzsatzung) in der Fassung der 2. Änderung vom 26.08.2010 (Amtliches Bekanntmachungsblatt der Stadt A-Stadt 2008 S. 3). Nach Ziff. 6.2. der Anlage 1 dieser Satzung ist bei Beherbergungsbetrieben ein Stellplatz je Zimmer oder Appartement herzustellen. Inwieweit diese Angaben auch für die planungsrechtliche Beurteilung nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO erforderlich sind, kann daher dahin stehen.

89

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 sowie § 154 Abs. 3 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO, § 709 ZPO.

90

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.250,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die für sofortig vollziehbar erklärte Baueinstellungsverfügung des Antragsgegners, durch die dem Antragsteller die Umgestaltung eines Bootshauses untersagt wird.

2

Der Antragsteller reichte am 05.12.2013 einen Bauantrag im vereinfachten Verfahren gemäß § 63 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern – LBauO M-V – ein. Gegen-stand des Bauantrages soll die Erneuerung eines bestehenden Bootshauses sein. Mit Schreiben vom 11.03.2014 teilte der Antragsgegner mit, die beantragte Baumaßnahme bedürfe einer Genehmigung nach § 63 LBauO M-V. Das Vorhaben sei als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB planungsrechtlich nicht zulässig. Außerdem könne die notwendige naturschutzrechtliche Genehmigung für eine Ausnahme von der Landschaftsschutzgebietverordnung „Mecklenburger Großseenlandschaft“ und eine Genehmigung des mit dem Vorhaben verbundenen Eingriffs in Natur und Landschaft nicht in Aussicht gestellt werden. Schließlich verstoße das Vorhaben gegen § 61 Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG – i.V.m. § 29 Naturschutzausführungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern - NatSchAG M-V -, wonach an Gewässern erster Ordnung bauliche Anlagen in einem Abstand von 50 m land- und gewässerseits von der Mittelwasserlinie angerechnet nicht errichtet oder wesentlich geändert werden dürften. Am 14.03.2014 ordnete der Antragsgegner mündlich einen Baustopp für die begonnenen Bauarbeiten an, der durch Bescheid vom 18.03.2014 schriftlich bestätigt wurde. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung dieser Anordnung ausgesprochen.

3

Den hiergegen gerichteten Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung lehnte das Verwaltungsgericht Greifswald durch Beschluss vom 07.05.2014 im Wesentlichen mit der Begründung ab, die zuvor unterbliebene Anhörung sei durch die Widerspruchsbegründung geheilt worden. Der Antragsteller sei nicht in Besitz einer durch Zeitablauf entstandenen Baugenehmigung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V, da das Vorhaben nicht unter die in Abs. 1 der Vorschrift genannten falle. Die Baueinstellungsverfügung sei bereits deswegen gerechtfertigt, weil das Vorhaben wegen der fehlenden Baugenehmigung formell baurechtswidrig sei. Wegen der im Verwaltungsverfahren aufgezeigten rechtlichen Bedenken sei es auch nicht offensichtlich materiell genehmigungsfähig. Die Zwangsgeldandrohung begegne keinen Bedenken, ebenso wenig die Begründung des besonderen öffentlichen Interesses für die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

II.

4

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers, die allein nach deren Vorbringen gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beurteilen ist, hat keinen Erfolg.

5

Der Antragsteller macht zunächst geltend, der Antragsgegner habe vergleichbare Vorhaben in der Vergangenheit und Gegenwart als Bauantragsverfahren im vereinfachten Verfahren nach § 63 LBauO M-V behandelt. Er sei zuvor dazu anzuhören gewesen, dass der Antragsgegner das Verfahren nicht als vereinfachtes, sondern als Baugenehmigungsverfahren nach § 64 LBauO M-V behandeln wolle. Überdies sei die Fiktionswirkung der Baugenehmigung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO eingetreten.

6

Dieses Vorbringen vermag den angefochtenen Beschluss nicht in Frage zu stellen. Für die Anwendung des § 63 LBauO M-V kommt es allein darauf an, ob hier die objektiven Voraussetzungen dieser Vorschrift gem. § 63 Abs. 1 LBauO vorliegen. Danach ist das vereinfachte Genehmigungsverfahren nur dann möglich und vorgeschrieben, wenn es sich um ein Wohngebäude handelt, eine sonstige bauliche Anlage, die kein Gebäude ist oder ein Nebengebäude oder eine Nebenanlage zu Bauvorhaben der eben genannten Art. Der Antragsteller trägt selbst nicht vor, dass der Bootsschuppen zukünftig ein Wohngebäude im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 2 LBauO M-V sein soll (dazu OVG Greifswald, B. v. 15.07.2009 - 3 L 182/08 - juris) oder dass die Anlage kein Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 LBauO darstellt. Es kommt nicht darauf an - und zwar auch nicht für den Eintritt der Fiktionswirkung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V – ob der Antragsteller sein Vorhaben so beurteilt, dass das vereinfachte Genehmigungsverfahren aus seiner Sicht in Betracht kommt (so bereits OVG Greifswald, B. v. 09.03.2004 - 3 M 253/03 - juris). Anderenfalls könnte er nämlich die Fiktionswirkung und die eingeschränkte baurechtliche Überprüfung in Hinblick auf bauordnungsrechtliche Fragen gem. § 63 Abs. 1 Nr. 2 LBauO M-V allein dadurch herbeiführen, dass er einen derartigen Antrag stellt. Dies ist nicht Sinn und Zweck der verschieden ausgestalteten Genehmigungsverfahren der Landesbauordnung. Vielmehr ist es Sache der Baugenehmigungsbehörden objektiv zu beurteilen, ob und nach welchen Verfahrensvorschriften das jeweilige Vorhaben verfahrensrechtlich zu beurteilen ist. Eine andere Auslegung der Vorschriften im Sinne des Antragstellers würde im Ergebnis zu einer Wahlfreiheit der Genehmigungsverfahren unabhängig von den normierten Voraussetzungen führen. Eine solche Wahlfreiheit hat – anders als teilweise die Bauordnungen anderer Bundesländer – der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern den Bauherrn nicht eingeräumt. Daraus folgt zugleich, dass der Antragsgegner nicht gehalten war, den Antragsteller zuvor darauf hinzuweisen, dass sein Vorhaben nach § 64 LBauO M-V zu beurteilen ist. Überdies ist eine Anhörung nach § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Mecklenburg-Vorpommern – VwVfG M-V – nur bei Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes vorgesehen. Die Versagung eines begünstigenden Verwaltungsaktes fällt hierunter nach überwiegender Ansicht nicht. Selbst wenn dies nicht in dem Fall gelten sollte, in dem von einer früheren Verwaltungspraxis abgewichen werden soll (so OVG Münster, U. v. 01.07.1983 - 4 A 248/82, NVwZ 1983, 746), rechtfertigte dies nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, weil die Anhörung im Widerspruchverfahren nachgeholt wird (§ 45 Abs. 2 VwVfG M-V). Gleiches gilt im übrigen, wenn sich der Einwand des Antragstellers auf den Erlass der Baueinstellungsanordnung beziehen sollte. Schließlich kann sich der Antragsteller nicht darauf berufen, dass in anderen – aus seiner Sicht vergleichbaren – Fällen der Antragsgegner das Genehmigungsverfahren nach § 63 LBauO M-V durchgeführt hat. Auf die Weiterführung eines solchen rechtwidrigen Verwaltungshandelns hätte der Antragsteller keinen Anspruch.

7

Der Antragsteller macht in seiner Beschwerdeschrift weiter geltend, die Erwägungen des Antragsgegners zur vermeintlichen Vorbildwirkung würden das Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs nicht rechtfertigen. Ihm sei nicht bekannt, dass vergleichbare bauliche Anlagen im Landkreis durch den Antragsgegner nicht genehmigt würden oder gegen eben jene Anlagen offensichtlich eingeschritten werden müsse. Mit diesem Einwand verkennt der Antragsteller die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes. Es hat in dem angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 17.11.2010 – 3 M 210/10 – ausgeführt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung wegen der Vorbildwirkung des rechtswidrigen Vorhabens für andere Personen regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Dieser Gesichtspunkt weist erkennbar auf zukünftiges Verhalten und wird nicht dadurch widerlegt, dass – wie der Antragsteller behauptet – in der Vergangenheit nicht in vergleichbaren Fällen unter Anordnung des Sofortvollzugs eingeschritten worden sei.

8

Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, das Vorhaben sei materiell genehmigungsfähig, weil es als Außenbereichsvorhaben sich an den bereits errichteten Bootshäusern orientiere, die Wasserfläche ohnehin zulässigerweise als Liegefläche für ein Boot genutzt werde, er Ausgleichsflächen zu schaffen angeboten habe und schließlich eine Vorbildwirkung nicht bestehe, vermag das der Erwägung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage zu stellen. Danach wird aus den Gründen, die der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung seines Bauantrages aufgezeigt habe, deutlich, dass eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht besteht. Insoweit geht der Antragsteller in seiner Beschwerdeschrift, unabhängig davon, ob die geltend gemachten Einwendungen in der Sache zutreffen, jedenfalls nicht darauf ein, dass das Vorhaben einer Befreiung von der Landschaftsschutzgebietverordnung „Mecklenburger Großseenlandschaft“ und einer Befreiung von der Vorschrift über den Gewässerschutzstreifen nach § 61 BNatSchG i.V.m. § 29 NatSchAG M-V bedarf.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

10

Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 47, 53 Abs. 2 und 52 Abs. 2 GKG.

11

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 5 und § 66 Abs. 3 S. 3 GKG unanfechtbar.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einer Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage „L. - Straße Ost - von Einmündung L 101 bis Ausbauende“.

2

Sie ist Eigentümerin des 10 953 m² großen, mit einem eingeschossigen Wohnhaus und verschiedenen nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden bebauten Grundstücks L. 1 - 3 (Gemarkung D., Flur 4, Flurstück 288), das teilweise innerhalb des Geltungsbereichs der von der Stadt W. für die Ortslage L. erlassenen Klarstellungssatzung vom 27. September 2004 liegt. Das Grundstück grenzt mit seiner Westseite an die abzurechnende Erschließungsanlage an, mit seiner Nordseite an die L 101. Die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten enthält eine Tiefenbegrenzungsregelung. Danach gilt als Grundstücksfläche bei unbeplanten oder nicht qualifiziert beplanten Grundstücken, die an die Verkehrsanlage angrenzen, die Fläche zwischen der Verkehrsanlage und der in einem Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallele, sofern die bauliche oder gewerbliche Nutzung die Tiefenbegrenzung nicht überschreitet.

3

Mit Vorausleistungsbescheid vom 27. April 2009 zog die Beklagte die Klägerin zu Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 34 451,86 € heran. Sie legte dabei unter Berücksichtigung der Tiefenbegrenzung eine Teilfläche von 2 266,91 m² zugrunde. Die Klägerin wandte dagegen ein, ihr Grundstück habe bei der Aufwandsverteilung nur mit der innerhalb der Klarstellungssatzung liegenden Grundstücksfläche berücksichtigt werden dürfen.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid mit Urteil vom 5. Oktober 2010 aufgehoben, soweit darin eine Vorausleistung von mehr als 29 625,17 € festgesetzt worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Festlegung der Grenzen des Innenbereichs durch die Klarstellungssatzung sei auch für das Erschließungsbeitragsrecht maßgeblich und gehe der Tiefenbegrenzungsregelung vor. Letztere könne niemals Grundlage sein, eine im Außenbereich liegende Teilfläche eines Grundstücks erweiternd in die Verteilung einzubeziehen.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat gegen dieses Urteil sowohl die Berufung der Klägerin als auch der Beklagten zugelassen.

6

Mit Beschluss vom 8. August 2013 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung der Klägerin, mit der diese u.a. die Höhe des Erschließungsaufwandes gerügt und die Einbeziehung weiterer Grundstücke in die Verteilmasse gefordert hatte, zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es das angefochtene Urteil geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die räumliche Erschließungswirkung einer Straße ende nicht dort, wo der Außenbereich beginne, also hinter dem letzten Baukörper, sondern da, wo für ein großes Baugrundstück eine Gebrauchswerterhöhung durch die Gebrauchsvorteile an der Straße nicht mehr feststellbar sei. Es sei für die Beitragspflicht unerheblich, dass auf den im Außenbereich liegenden Teilflächen der Grundstücke nicht gebaut werden dürfe, da der betroffene Eigentümer mit der ihm ermöglichten wohnakzessorischen Nutzung einen Vorteil auch von den Außenbereichsflächen seines Grundstücks habe. Die Tiefenbegrenzung habe daher nicht die Funktion, den Innen- vom Außenbereich typisierend abzugrenzen. Das könne schon deshalb nicht der Fall sein, weil der Bebauungszusammenhang regelmäßig am letzten Baukörper ende, dieser aber in der Regel vor der üblichen satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung liege. Voraussetzung für eine Veranlagung sei zwar, dass ein Grundstück bebaut oder Bauland sei, nicht aber, dass es in seiner vollen Länge in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil liege. Die Klarstellungssatzung spiegele dagegen den tatsächlich vorhandenen Verlauf der Grenze zwischen Innen- und Außenbereich wider; ihr sei daher im Erschließungsbeitragsrecht keine relevante Bedeutung hinsichtlich des Umfangs der erschlossenen Grundstücksflächen beizumessen.

7

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Revision der Klägerin. Zur Begründung trägt sie vor: Die Entscheidung des Berufungsgerichts führe dazu, dass das Erschließungsbeitragsrecht vom Bauplanungsrecht abgekoppelt werde und in Widerspruch zu diesem gerate. Die Auffassung des Berufungsgerichts missachte den durch die Klarstellungssatzung eindeutig zum Ausdruck gekommenen planerischen Willen der Gemeinde. Das Oberverwaltungsgericht weiche damit von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab, wonach ein Grundstück im Außenbereich erschließungsbeitragsrechtlich nicht als Bauland herangezogen werden könne. Die Länge der Erschließungsanlage sei willkürlich festgelegt worden; sie ende in Höhe des Flurstücks 101, obwohl sich unmittelbar danach Wohnbebauung befinde.

8

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. August 2013 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. Oktober 2010 zu ändern und den Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 27. April 2009 insgesamt aufzuheben.

hilfsweise: den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. August 2013 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. Oktober 2010 zurückzuweisen.

9

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deswegen nach § 139 Abs. 3 Satz 4, § 143 VwGO unzulässig, weil die Revisionsbegründung als verletzte Bundesnorm lediglich den nach Ansicht der Beklagten nicht einschlägigen § 133 Abs. 3 BauGB nennt und im Übrigen pauschal auf die §§ 127 ff. BauGB verweist. Dem formellen Begründungserfordernis ist Genüge getan, wenn die Verletzung einer Rechtsnorm gerügt wird; ob die als verletzt bezeichnete Norm geeignet ist, das Revisionsvorbringen zu stützen, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. Urteil vom 9. Oktober 1996 - BVerwG 6 C 11.94 - BVerwGE 102, 95 <99>). Die Revisionsbegründung enthält auch eine hinreichend verständliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss.

12

Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Der Beschluss des Berufungsgerichts verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit es auf die Berufung der Beklagten der Auffassung ist, dass Grundstücke, die in den Außenbereich hineinragen, ungeachtet der durch eine Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB gezogenen Grenze mit ihrer gesamten Fläche bzw. maximal bis zur satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes (§ 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB) zu berücksichtigen sind. Soweit es die Berufung der Klägerin zurückweist, ist der Beschluss dagegen bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

13

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung der Ermittlung der erschlossenen Grundstücksflächen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB dient.

14

a) Mit der Funktion der Tiefenbegrenzungsregelung hat sich der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 1. September 2004 - BVerwG 9 C 15.03 - (BVerwGE 121, 365, bekräftigt durch Beschluss vom 26. April 2006 - BVerwG 9 B 1.06 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 117 Rn. 5) befasst. Dabei hat er ausgehend von dem der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden baurechtlichen Vorteilsbegriff (hierzu und zu der Kritik an diesem Begriff Storost, DVBl 2005, 1004) die Notwendigkeit einer Tiefenbegrenzung unmittelbar aus § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB hergeleitet. Die Tiefenbegrenzung spricht die Frage an, bis zu welcher Tiefe ein Grundstück in erschließungsbeitragsrechtlich relevanter Weise nutzbar und deshalb erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist. Da die Erschließung darin besteht, einem Grundstück die Zugänglichkeit zur Erschließungsanlage in einer auf die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit des Grundstücks gerichteten Funktion zu vermitteln (Urteile vom 25. Juni 1969 - BVerwG 4 C 14.68 - BVerwGE 32, 226 <227> und vom 7. Oktober 1977 - BVerwG 4 C 103.74 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 25 S. 37), liegt bei besonders tiefen Grundstücken wegen mangelnder baulicher oder sonstiger erschließungsbeitragsrechtlich relevanter Ausnutzbarkeit hinsichtlich ihrer Übertiefe ein Erschlossensein im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht vor. Das hat zur Folge, dass diese Grundstücke mit ihren von der Erschließung nicht mehr betroffenen Teilen an der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes nicht beteiligt sind (Urteile vom 10. Juni 1981 - BVerwG 8 C 20.81 - BVerwGE 62, 308 <315> und vom 1. September 2004 a.a.O. S. 367 f.). Die Anordnung einer Tiefenbegrenzung dient mithin, ebenso wie die gesetzliche Bestimmung des maßgeblichen Grundstücksbegriffs, der Ermittlung der erschlossenen Grundstücksflächen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB, auf die der Aufwand nach der satzungsrechtlichen Verteilungsregelung umzulegen ist (vgl. Urteil vom 19. Februar 1982 - BVerwG 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61 <65>).

15

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Gemeinde nicht verpflichtet, eine Tiefenbegrenzungsregelung in ihre Satzung aufzunehmen. Sie kann vielmehr auch in jedem Einzelfall gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB entscheiden, inwieweit ein Grundstück erschlossen ist. Entscheidet sich die Gemeinde für diesen Weg, so kann das allerdings in erhöhtem Maße zu Meinungsverschiedenheiten führen. Denn die Bestimmung der Grenze von Ausnutzbarkeit und Erschließungsvorteil bei übermäßig tiefen Grundstücken bewegt sich naturgemäß innerhalb einer gewissen Bandbreite und wird nicht immer leicht zu treffen sein (Urteile vom 10. Juni 1981 a.a.O. und vom 19. Februar 1982 a.a.O.). Aus diesem Grund hat das Bundesverwaltungsgericht im Interesse der Rechtssicherheit und der Verwaltungspraktikabilität mehrfach entschieden, dass die Anordnung einer Tiefenbegrenzung für unbeplante Gebiete durch Satzung zulässig ist. Sie begründet dann, sofern sie sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientiert, eine Vermutung dafür, dass im unbeplanten Innenbereich alle Grundstücke bis zur festgesetzten Tiefengrenze erschlossen sind und jenseits der Grenze ein Erschließungsvorteil wegen fehlender Ausnutzbarkeit nicht gegeben ist (Urteile vom 30. Juli 1976 - BVerwG 4 C 65.74 und 4 C 66.74 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 15 S. 9 f., vom 19. Februar 1982 a.a.O. S. 66 und vom 1. September 2004 a.a.O. S. 369).

16

b) Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass der Anwendungsbereich einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung nicht darauf beschränkt ist, den Innen- vom Außenbereich abzugrenzen.

17

Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 1. September 2004 (a.a.O. S. 370) ausgeführt, dass es an einem tragfähigen Grund mangelt, die Zulässigkeit einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung auf einen wie auch immer gearteten „Randbereich“ des unbeplanten Innenbereichs im Übergang zum Außenbereich zu beschränken. Daran ist festzuhalten. Der in der Entscheidung vom 1. September 2004 (a.a.O. S. 369) zu findende Hinweis auf die „Anwendungsschwierigkeiten des § 34 BauGB“ lässt keinen anderen Schluss zu. Auch und gerade in „zentralen“ Innenbereichslagen wird die Frage, welcher Bereich als maßgebliche nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB anzusehen ist, insbesondere die Frage, wo die rückwärtige „faktische Baugrenze“ verläuft, vielfach nicht einfach zu beantworten sein (vgl. Beschlüsse vom 28. September 1988 - BVerwG 4 B 175.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 128, vom 23. November 1998 - BVerwG 4 B 29.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 192 S. 77 f. und vom 13. Mai 2014 - BVerwG 4 B 38.13 - ZfBR 2014, 574). Um diese Unsicherheiten zu vermeiden und die ortsübliche Bebauungstiefe eines unbeplanten Innenbereichs im Interesse der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität für die Beitragserhebung generell festzulegen, bieten sich satzungsrechtliche Tiefenbegrenzungen an.

18

Die Kritik, es sei offensichtlich, dass sehr tiefe und damit sehr viel größere Grundstücke in der Regel eine erheblich größere bauliche Ausnutzbarkeit besäßen und sich daher das Ausmaß der ermittelten Erschließungsvorteile erheblich voneinander unterscheide (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 17 Rn. 36 und Uechtritz, VBlBW 2006, 178 <181 f.>), berücksichtigt nicht hinreichend, dass die Regelhaftigkeit der Beziehung zwischen zulässiger baulicher Nutzung und Grundstücksgröße - insbesondere im Hinblick auf die Festsetzung von Grund- und Geschossflächenzahlen - nur in (qualifiziert) beplanten Gebieten gegeben ist, während in unbeplanten Gebieten auch sehr tiefe Grundstücke nicht regelmäßig stärker ausgenutzt werden können als weniger tiefe Grundstücke. Die Beantwortung der Frage, ob sich eine Bebauung nach Art und Maß der Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die nähere Umgebung einfügt (§ 34 Abs. 1 BauGB), hängt nicht in erster Linie und schon gar nicht regelhaft von der Tiefe des jeweiligen Grundstücks ab, sondern von der tatsächlich vorhandenen Umgebungsbebauung. Was insbesondere das Maß der Nutzung betrifft, prägt vorrangig die absolute Größe der vorhandenen Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche, das Bild der maßgebenden Umgebung; den relativen Maßstäben der Grundflächen- und Geschossflächenzahl kommt dagegen im unbeplanten Innenbereich - wenn überhaupt - nur eine untergeordnete Bedeutung zu (Urteil vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.>; Beschluss vom 3. April 2014 - BVerwG 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493). Ein übertiefes Grundstück wird daher in der Regel nicht über die von den benachbarten, weniger tiefen Grundstücken geprägte rückwärtige Baugrenze hinaus bebaubar sein und damit auch keinen größeren Erschließungsvorteil haben.

19

2. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass Grundstücke, die teilweise im Außenbereich liegen, auch mit der in den Außenbereich hineinragenden Fläche bis zu einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes (§ 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB) zu berücksichtigen sind.

20

a) Die nach Maßgabe des § 131 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 131 Abs. 2 und 3 BauGB vorzunehmende Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands für eine beitragsfähige Erschließungsanlage ist auf das Ziel der Beitragserhebung ausgerichtet. Um eine Belastung der Gemeinde mit nicht umlagefähigen Kosten zu vermeiden, müssen schon bei der Aufwandsverteilung alle Grundstücke unberücksichtigt bleiben, die generell ungeeignet sind, eine Beitragspflicht im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB auszulösen. Infolgedessen fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Grundstücke nicht unter § 131 Abs. 1 BauGB, wenn sie unfähig sind, die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 BauGB jemals zu erfüllen (Urteile vom 1. Februar 1980 - BVerwG 4 C 43.76 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 32 S. 63 und vom 14. Februar 1986 - BVerwG 8 C 115.84 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 95 S. 63). Die Prüfung, ob ein Grundstück durch eine bestimmte beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen wird, muss sich demnach darauf erstrecken, ob aufgrund der gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse die Annahme gerechtfertigt ist, dieses Grundstück werde auch die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 BauGB erfüllen können. Das trifft für Grundstücke, die im Außenbereich liegen, nicht zu. Grundstücke, „für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist“ (§ 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB), sind ausschließlich Grundstücke in qualifiziert beplanten Gebieten. Außenbereichsgrundstücke sind aber ungeachtet ihrer potentiell nicht ausgeschlossenen Bebaubarkeit auch nicht nach der Verkehrsauffassung „Bauland“, und erst recht stehen sie nicht „nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung“ an (§ 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und gilt auch dann, wenn ein Außenbereichsgrundstück tatsächlich bebaut ist, weil vorweg bereits feststeht, dass es aus Rechtsgründen an der zu § 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB hinführenden Bebaubarkeit fehlt (Urteil vom 14. Februar 1986 a.a.O. S. 64 m.w.N.).

21

b) Diese Grundsätze finden entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur bei insgesamt im Außenbereich liegenden Grundstücken Anwendung, sondern auch dann, wenn nur eine Teilfläche eines im Übrigen im Innenbereich liegenden Grundstücks in den Außenbereich hineinragt. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, auf die bauplanungsrechtliche Situation eines Grundstücks komme es nur für die Frage an, ob es überhaupt erschlossen sei, während sich der Umfang der Erschließung ausschließlich nach beitragsrechtlichen Maßstäben richte, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

22

Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 1. September 2004 (a.a.O. S. 368) klargestellt hat, ist ein Grundstück im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB nur erschlossen, wenn und soweit ihm durch diese Straße entweder eine Bebaubarkeit oder eine der Bebaubarkeit erschließungsbeitragsrechtlich gleichgestellte Nutzbarkeit vermittelt wird. Grundstücke unabhängig vom Umfang der Erschließungswirkung an den Kosten der Erschließungsmaßnahme zu beteiligen, widerspräche der Funktion des Erschließungsbeitragsrechts, einen Ausgleich für die dem betroffenen Grundstück durch die Erschließungsanlage vermittelte bauliche oder gewerbliche Ausnutzbarkeit herzustellen. Dies wäre jedoch der Fall, würde man Grundstücksflächen, die im Außenbereich liegen und die daher nicht durch die Anbaustraße erschlossen werden, in die Aufwandsverteilung einbeziehen. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Umfang der erschlossenen Fläche im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB grundsätzlich nicht verringert, wenn die überbaubare Fläche eines beplanten Grundstücks durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen gemäß § 23 BauNVO oder durch Abstands- und Anbauverbote etwa gemäß § 9 Abs. 1 und 2 FStrG beschränkt ist. Zum einen kann so gut wie niemals die gesamte Grundstücksfläche der baulichen Nutzung zugeführt werden und sollen Regelungen dieser Art nicht auf das Maß der baulichen Nutzung, sondern lediglich auf den Standort der baulichen Anlagen Einfluss nehmen, zum anderen wird bei der Planung regelmäßig auf ein angemessenes Verhältnis zwischen der Grundstücksgröße und dem Grad der Bebaubarkeit geachtet (§ 1a Abs. 1 BauGB), so dass für ein Bauvorhaben durchweg mehr Fläche zur Verfügung stehen muss, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird (Urteil vom 1. September 2004 a.a.O. S. 371 f.). Eine ähnliche Regelhaftigkeit zwischen Grundstücksgröße und Ausnutzbarkeit besteht - wie schon erwähnt - im unbeplanten Innenbereich nicht und fehlt erst recht, wenn und soweit ein Grundstück im Außenbereich liegt.

23

Abweichendes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Ausweisung einer Teilfläche als „private Grünfläche“ im beplanten Gebiet in der Regel den Umfang des Erschlossenseins eines Grundstücks unberührt lässt. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung der Erschließungswirkung in dieser Fallgestaltung darauf abgestellt, dass „private Grünflächen“ im Gegensatz zu festgesetzten „öffentlichen Grünflächen“ einer erschließungsbeitragsrechtlich relevanten Nutzung als Hausgarten zugänglich seien, und aus diesem Grund eine von der Anbaustraße vermittelte Erschließungswirkung bejaht (Beschluss vom 29. November 1994 - BVerwG 8 B 171.94 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 95 S. 35 f.). An einer solchen Erstreckung der Erschließungswirkung auf nicht bebaubare Teile eines Grundstücks fehlt es aber bei Außenbereichsflächen auch dann, wenn die betroffenen Flächen tatsächlich wohnakzessorisch genutzt werden können. Eine im Außenbereich liegende Grundstücksfläche befindet sich in einer grundsätzlich anderen baurechtlichen Situation als ein in einem qualifiziert beplanten Gebiet liegendes Grundstück, für das der Bebauungsplan hinsichtlich einer Teilfläche eine „private Grünfläche“ festsetzt. Die „private Grünfläche“ ist, auch wenn sie nicht Bauland im Sinne des § 19 Abs. 3 BauNVO darstellt, Teil eines durch einen qualifizierten Bebauungsplan als Baugebiet ausgewiesenen Grundstücks. Nur deshalb ist der Weg eröffnet, für diese Teilfläche auf eine erschließungsbeitragsrechtlich relevante Nutzungsmöglichkeit abzustellen. Dies ist bei einem Außenbereichsgrundstück, aber auch bei einer im Außenbereich liegenden Teilfläche eines im Übrigen im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücks nicht der Fall. Die wohnakzessorische Nutzungsmöglichkeit besteht in einer solchen Fallgestaltung losgelöst von der durch die Erschließungsanlage vermittelten erschließungsbeitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit (vgl. Urteil vom 14. Februar 1986 a.a.O. S. 64 f.). Die Anbaustraße vermittelt mit anderen Worten einem teilweise im unbeplanten Innenbereich und teilweise im Außenbereich liegenden Grundstück hinsichtlich des im Außenbereich liegenden Grundstücksteils keinen Vorteil, der eine Beteiligung an den Kosten der Herstellung der Erschließungsanlage rechtfertigt.

24

c) Die hier vertretene Auffassung ist unter dem übergeordneten Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu beanstanden. Soweit es das Berufungsgericht als gleichheitswidrig ansieht, wenn Grundstücke, deren Teilflächen in den Außenbereich ragen, abhängig vom Zufall des Erlasses einer Klarstellungssatzung entweder mit ihrer (vorbehaltlich einer Tiefenbegrenzung) kompletten Fläche oder nur bis zur in der Satzung bestimmten Grenze in die Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands einbezogen würden, liegt diesen Bedenken die - wie oben ausgeführt - unzutreffende Annahme zugrunde, Außenbereichsflächen könnten überhaupt erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB sein. Das Fehlen einer Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB hat vielmehr für die Bestimmung des Anteils an den Erschließungskosten lediglich zur Folge, dass die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich gesondert in jedem Einzelfall vorzunehmen ist.

25

Auch die Überlegung des Oberverwaltungsgerichts, dass bei Vorliegen einer Klarstellungssatzung nur die bis zur letzten Gebäudewand reichende Fläche, bei einer Tiefenbegrenzung aber auch die wohnakzessorisch genutzten Außenbereichsflächen zum Erschließungsbeitrag herangezogen würden, führt im Ergebnis nicht auf einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

26

Nicht auszuschließen ist, dass bei einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung die erschlossenen Flächen großzügiger bemessen werden als bei einer jedes Grundstück in den Blick nehmenden Einzelfallentscheidung der Gemeinde oder im Falle des Erlasses einer Klarstellungssatzung. Hierin liegt allerdings kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung muss zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der bevorteilten von den nicht mehr bevorteilten Flächen ausgerichtet werden und auf einer sorgfältigen Ermittlung der örtlichen Verhältnisse beruhen (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 14. September 2010 - 4 K 12/07 - KStZ 2011, 215). Wird die satzungsrechtliche Regelung diesen Anforderungen gerecht, weil sich die Gemeinde bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung realitätsgerecht an den in der Gemeinde typischen Grundstücksverhältnissen orientiert hat, ist die gleichwohl mögliche Einbeziehung von Flächen, die bei einer Ermittlung der Reichweite des Erschließungsvorteils durch eine Einzelfallentscheidung oder bei Erlass einer Klarstellungssatzung dem Außenbereich zuzurechnen wären, von der Typisierungsbefugnis der Gemeinde gedeckt (zur Typisierungsbefugnis vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. März 2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268 <280> und Urteil vom 5. November 2014 - 1 BvF 3/11 - juris Rn. 66 m.w.N.). Deren Grenzen wären erst überschritten, wenn die aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und Rechtssicherheit zulässige Typisierungsbefugnis zu einer mit den aus ihr erwachsenden Vorteilen nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis stehenden Ungleichheit der Belastung führen würde (BVerfG, Urteil vom 5. November 2014 a.a.O.). Dafür, dass dies im Falle einer auf einer ordnungsgemäßen Ermittlung der ortsüblichen Grundstücksverhältnisse beruhenden satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung der Fall wäre, ist nichts ersichtlich.

27

Dies gilt umso mehr, als die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass bei Vorliegen einer Klarstellungssatzung Hausgärten und sonstige wohnakzessorisch genutzte Grundstücksflächen stets unberücksichtigt bleiben müssten, Bedenken begegnet. Das Berufungsgericht stützt sich für seine Auffassung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich maßgebliche Bebauungszusammenhang in aller Regel am letzten Baukörper der Ortslage endet (vgl. Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 12 m.w.N.). Dieser Grundsatz, der in erster Linie die Frage betrifft, ob und unter welchen Voraussetzungen unbebaute Grundstücke in Ortsrandlagen noch Teil des Bebauungszusammenhangs sind, steht aber nicht der Annahme entgegen, dass die typische wohnakzessorische Nutzung bebauter Grundstücke, insbesondere ein angemessener Hausgarten, noch dem Innenbereich zugeordnet werden kann (Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 34 Rn. 11; Dürr, in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, Bd. 3, Stand Juli 2014, § 34 Rn. 20; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, Stand Juli 2014, § 34 Rn. 25; Johlen, KStZ 1996, 148 <149>; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB BauNVO, 7. Aufl. 2013, § 34 Rn. 19; OVG Saarlouis, Urteil vom 2. Oktober 1981 - 2 Z 2/80 - BRS 38 Nr. 73; OVG Bautzen, Urteil vom 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 - NVwZ-RR 2001, 426 <427>; OVG Schleswig, Urteil vom 17. Mai 2001 - 1 K 21/98 - NVwZ-RR 2002, 485 <486> und OVG Magdeburg, Beschluss vom 18. August 2009 - 4 M 112/09 - juris Rn. 6).

28

Hiernach wird bei zutreffender Beurteilung der örtlichen Verhältnisse die typische wohnakzessorische Nutzung regelmäßig noch ganz oder teilweise zum Innenbereich gehören. Damit hängt es aber nicht vom Zufall des Erlasses oder Nichterlasses einer Klarstellungssatzung ab, ob diese Nutzung bei der Frage, wie weit die Erschließungswirkung einer Anbaustraße reicht, Berücksichtigung findet. Der vorliegende Fall verdeutlicht gleichzeitig, dass die Festlegung der Tiefenbegrenzung eine sorgfältige Ermittlung der örtlichen Bebauungsverhältnisse durch den Satzungsgeber erfordert und dieser prüfen muss, ob er eine für alle Grundstücke im Gemeindegebiet gleichermaßen geltende Tiefenbegrenzung festlegen kann. Gegebenenfalls sind differenzierende Regelungen bei der konkreten Ausgestaltung der Tiefenbegrenzung notwendig (vgl. auch Richarz, KStZ 2006, 1 <9>).

29

3. Aus dem Vorstehenden folgt, dass in dem hier vorliegenden Fall einer hinter der Tiefenbegrenzung zurückbleibenden Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB diese grundstücksbezogene und genauere satzungsrechtliche Regelung der stärker typisierenden Tiefenbegrenzung als speziellere Regelung vorgeht. Die von der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung ausgehende Vermutung, dass ein innerhalb der Tiefenbegrenzung liegendes Grundstück dem unbeplanten Innenbereich zugehörig und von der Anbaustraße bis zur festgelegten Grenze erschlossen ist, wird durch die Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB widerlegt. Gegen den Vorrang der Klarstellungssatzung in den Fällen der weiterreichenden Tiefenbegrenzung spricht auch nicht, dass eine fehlerhafte Festlegung der Grenze des im Zusammenhang bebauten Ortsteils durch die Gemeinde einen im gerichtlichen Verfahren stets zu beachtenden Fehler darstellt, die Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB mit anderen Worten nur deklaratorischen Charakter hat und daher zwar die öffentlichen Planungsträger und sonstige öffentliche Stellen, nicht jedoch die Gerichte bindet (vgl. Urteil vom 22. September 2010 - BVerwG 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 Rn. 14 m.w.N.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 17 Rn. 42). Eine danach mögliche Unbeachtlichkeit einer Klarstellungssatzung im Einzelfall lässt deren generellen Vorrang unberührt.

30

Der Vorrang einer Klarstellungssatzung gilt hingegen nicht, wenn und soweit sie die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überschreitet. Dann scheidet zwar der jenseits der Klarstellungssatzung liegende Grundstücksteil als erschlossene Fläche aus. Hinsichtlich der im Innenbereich liegenden Grundstücksfläche („zentrale Innenbereichslage“) ist dagegen allein die Tiefenbegrenzung maßgeblich für die Festlegung der Reichweite der Erschließungswirkung. Insoweit und nur insoweit spielt die Klarstellungssatzung keine Rolle für die Bestimmung der erschlossenen Fläche.

31

4. Der Vorrang der Klarstellungssatzung gegenüber der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung hat zur Folge, dass der Beschluss des Berufungsgerichts zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen ist. Der von der Klägerin mit der Revision verfolgte weitergehende Anspruch auf Aufhebung des Vorausleistungsbescheides insgesamt bleibt dagegen ohne Erfolg. Soweit das Oberverwaltungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - die Frage nach der Bestimmtheit des Geltungsbereichs der Klarstellungssatzung offengelassen hat, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hierzu zu Protokoll die Erklärung abgegeben, dass die Richtigkeit der in der Klarstellungssatzung festgelegten Innen-/Außenbereichsgrenze aufgrund der vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen nicht mehr in Frage gestellt werde. Mit ihrer weiteren Rüge, die Erschließungsanlage ende willkürlich in Höhe des Flurstücks 101, obwohl sich unmittelbar danach weitere baulich genutzte Grundstücke befinden, greift sie die Aussage des Berufungsgerichts an, dass die vorhandene Bebauung mit einem Altenteilerhaus auf dem an die Flurstücke 100 bis 101 angrenzenden Flurstück 103 angesichts der dazwischen liegenden weiträumigen Freiflächen nicht mehr Teil der organischen Siedlungsstruktur sei und daher nicht am Bebauungszusammenhang teilnehme. Warum diese Würdigung des Berufungsgerichts unzutreffend sein sollte mit der Folge, dass dem Berufungsgericht ein Fehler bei der Anwendung materiellen Bundesrechts (§ 34 BauGB) vorzuwerfen wäre, legt die Revision nicht dar. Auch wenn man das Vorbringen als Verfahrensrüge hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts versteht, kann die Revision keinen Erfolg haben. Zwar könnte mit dem Argument einer objektiv willkürlichen Sachverhaltsfeststellung ein Verfahrensfehler gerügt werden (vgl. Beschluss vom 2. September 2014 - BVerwG 8 PKH 2.13 - juris Rn. 8 m.w.N.). Es fehlt aber an jeder eine solche Schlussfolgerung rechtfertigenden Darlegung durch die Klägerin.

32

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Gründe

1

Die auf sämtliche Zulassungsgründe gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, so bereits BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 13. August 2015 - 4 B 15.15 - juris Rn. 3).

4

Die von der Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen,

ob eine einzelne optisch markante Baumreihe ähnlich wie ein Waldrand als natürliche Abgrenzung von Innen- und Außenbereich herangezogen werden kann, und

ob das Kriterium der "Gewähr für einen dauerhaften Bestand" ein notwendiges und/oder geeignetes Merkmal für die Feststellung ist, ob eine natürliche Gegebenheit als taugliche Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich herangezogen werden kann,

führen nicht zur Zulassung der Revision. Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift, zu der eine höchstrichterliche Entscheidung bislang noch nicht ergangen ist, ist allein deshalb von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und erst in einem Revisionsverfahren zu klären. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass die im Rechtsstreit aufgeworfene Frage aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht der Fall, wenn sich die umstrittene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und/oder des Gesetzeswortlautes mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt (z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 13. März 1992 - 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268 = juris Rn. 11 und vom 12. Juli 2012 - 4 B 13.12 - NVwZ 2012, 1565 Rn. 3). So liegt es hier.

5

In der Rechtsprechung des Senats ist hinreichend geklärt, nach welchen Kriterien die Abgrenzung des Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB zum Außenbereich (§ 35 BauGB) zu erfolgen hat. Danach ist ausschlaggebend für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört (BVerwG, Urteile vom 6. November 1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21>, vom 1. Dezember 1972 - 4 C 6.71 - BVerwGE 41, 227 <233 f.> und vom 19. September 1986 - 4 C 15.84 - BVerwGE 75, 34 <36>; Beschluss vom 18. Juni 1997 - 4 B 238.96 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 186 m.w.N.). Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (stRspr, zuletzt BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - juris Rn. 16 m.w.N.). Zu berücksichtigen sind dabei nur äußerlich erkennbare Umstände, d.h. mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138). Denn bei der Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich geht es darum, inwieweit ein Grundstück zur Bebauung ansteht und sich aus dem tatsächlich Vorhandenen ein hinreichend verlässlicher Maßstab für die Zulassung weiterer Bebauung nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche gewinnen lässt. Die (be-)wertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann sich angesichts dieser vom Gesetzgeber vorgegebenen Kriterien nur nach optisch wahrnehmbaren Merkmalen richten (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 - a.a.O.).

6

Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper (BVerwG, Urteile vom 22. März 1972 - 4 C 121.68 - BRS 25 Nr. 38 und vom 12. Oktober 1973 - 4 C 3.72 - Buchholz 406.11 § 125 BBauG Nr. 4; Beschluss vom 12. März 1999 - 4 B 112.98 - NVwZ 1999, 763). Örtliche Besonderheiten können es im Einzelfall aber ausnahmsweise rechtfertigen, ihm noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt (Damm, Böschung, Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind oder trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138 und vom 16. September 2010 - 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 12; Beschluss vom 20. August 1998 - 4 B 79.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 191). Maßgeblich ist dabei, ob diese besonderen topografischen oder geografischen Umstände den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang vermitteln (BVerwG, Urteile vom 29. November 1974 - 4 C 10.73 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 46 und vom 14. November 1991 - 4 C 1.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236). Ebenso wie ein Bebauungszusammenhang nicht unmittelbar mit dem letzten Baukörper zu enden braucht, verbietet sich umgekehrt die Annahme, dass notwendigerweise das letzte Grundstück in seinem gesamten Umfang vom Zusammenhang erfasst wird (BVerwG, Urteile vom 6. November 1968 - 4 C 47.68 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 20 = juris Rn. 19 und vom 3. März 1972 - 4 C 4.69 - BRS 25 Nr. 39 = juris Rn. 17). Wie weit der Bebauungszusammenhang im Einzelfall reicht, kann daher stets nur das Ergebnis einer Bewertung des konkreten Sachverhalts sein. Bei dieser Einzelfallbetrachtung ist zu fragen, ob sich tragfähige Argumente dafür finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt. Fehlt es hieran, so liegt - deshalb - Außenbereich vor (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1973 - 4 C 48.72 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 30 = juris Rn. 29). Lassen sich mithin im Anschluss an eine die Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB erfüllende Bebauung keinerlei Merkmale ausmachen, die eine zum Außenbereich hin abgrenzbare Fläche markieren und diese deshalb als noch zum Bebauungszusammenhang gehörig erscheinen lassen, dann endet der Bebauungszusammenhang mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987 - 4 B 249.87 - juris Rn. 1).

7

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist mit dem Verwaltungsgerichtshof davon auszugehen, dass bloße Baumreihen oder Hecken, selbst wenn sie optisch markant in Erscheinung treten und/oder ihr Bestand dauerhaft gesichert sein sollte, nicht geeignet sind, den Eindruck der Geschlossenheit und Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang zu erzeugen. Denn bei solchen Bewüchsen handelt es sich um typische Bestandteile der freien Landschaft. Sie sind mit den in der Rechtsprechung des Senats beispielhaft genannten "Waldrändern" nicht vergleichbar, weil letztere nicht - wie Baumreihen - isoliert in der Landschaft stehen, sondern Bestandteil eines Waldes sind und damit in der Regel eine markante Grenze zu einem größeren forstwirtschaftlich nutzbaren Bereich bilden. Unabhängig davon hat der Senat stets betont, dass zwar auch ein Waldrand als Grenze zwischen Innen- und Außenbereich anzusehen sein kann. Die der Beschwerde offensichtlich zugrunde liegende Annahme, dass dies immer oder regelmäßig so sein müsse, trifft allerdings nicht zu (BVerwG, Urteil vom 3. März 1972 - 4 C 4.69 - BRS 25 Nr. 39 = juris Rn. 18). Auch insofern kommt es maßgeblich auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles an.

8

Die weiter für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,

ob es einen Unterschied macht, ob die betreffende Baumreihe (oder sonstige natürliche Gegebenheit) naturschutzrechtlich unter Schutz gestellt ist, so dass sie der Disposition des Grundeigentümers weitgehend entzogen ist,

führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Sie sind auf der Grundlage vorstehend dargestellter Rechtsprechung ohne Weiteres zu verneinen. Darüber hinaus ist der Umstand einer naturschutzrechtlichen Unterschutzstellung keine mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheit der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse. Er kann daher für die Frage des Vorliegens eines Bebauungszusammenhangs keine Rolle spielen (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138).

9

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

10

Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

11

Die Beschwerde rügt, der Verwaltungsgerichtshof sei in seinem Urteil von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Januar 2005 - 4 B 3.05 - (juris), vom 2. August 2001 - 4 B 26.01 - (ZfBR 2002, 69) und vom 18. Juni 1997 - 4 B 238.96 - (Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 186) in entscheidungserheblicher Weise abgewichen. Das Gericht habe den Rechtssatz aufgestellt, dass Baumreihen oder Hecken selbst bei optischer Dominanz kein taugliches Kriterium für die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich seien, weil sie grundsätzlich der Disposition des Grundstückseigentümers unterlägen und damit nicht die Gewähr für einen dauerhaften Bestand böten. Es kann offenbleiben, ob die Beschwerde insofern den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Den genannten Entscheidungen lässt sich jedenfalls kein Rechtssatz zu Baumreihen entnehmen, dem der Verwaltungsgerichtshof mit vorstehender Aussage die Gefolgschaft verweigert hätte.

12

Auch die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof sei mit dem Rechtssatz, ein vermeidbarer Eingriff im naturschutzrechtlichen Sinne führe ungeachtet des eigenständigen Charakters der bauplanungs- und naturschutzrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Außenbereichsvorhabens ohne Weiteres zu einer Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 BauGB, von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2001 - 4 C 3.01 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 350) abgewichen, führt nicht zum Erfolg der Revision. Das gilt bereits deshalb, weil das Urteil nicht auf der behaupteten Abweichung beruht. Das Berufungsgericht ist - insofern selbständig tragend - davon ausgegangen, dass die drei verfahrensgegenständlichen Nebengebäude zu einer städtebaulich unerwünschten, unorganischen Siedlungsweise führten, die zu vermeiden ein öffentlicher Belang im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB sei (UA Rn. 28). Da bezüglich dieses Begründungsstrangs keine Revisionszulassungsgründe geltend gemacht worden sind, kann die Begründung zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 BauGB hinweggedacht werden, ohne dass sich am Ergebnis der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit der drei Nebengebäude etwas ändert.

13

3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Der geltend gemachte Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegt nicht vor.

14

Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachaufklärung grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 4 B 20.12 - BRS 79 Nr. 73 Rn. 6). Etwas anderes gilt nur, wenn sich dem Tatsachengericht eine weitere Sachaufklärung aufdrängen musste. Maßgeblich ist dabei der materiell-rechtliche Standpunkt des Tatsachengerichts, auch wenn dieser rechtlichen Bedenken begegnen sollte (stRspr, BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>).

15

Der anwaltlich vertretene Kläger wirft dem Verwaltungsgerichtshof vor, nicht ermittelt zu haben, ob er als Adressat des angefochtenen Bescheids als Handlungsstörer in Anspruch genommen werden durfte. Tatsächlich habe nicht er, sondern seine Ehefrau, die auch Grundstückeigentümerin sei, die Errichtung der verfahrensgegenständlichen Nebengebäude als Bauherrin zu verantworten. Die Frage der fehlenden Handlungsstörereigenschaft des Klägers hätte durch einfache Befragung der Ehefrau des Klägers geklärt werden können. Dass er einen hierauf gerichteten Beweisantrag gestellt hat, trägt der Kläger nicht vor. Auch legt er nicht dar, dass und warum sich dem Tatsachengericht, ausgehend von seiner für die Behandlung der Aufklärungsrüge maßgeblichen Rechtsauffassung, auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, die Heranziehung des Klägers als Handlungsstörer sei nicht zu beanstanden, denn er sei im Verwaltungsverfahren als "Bauherr" bezeichnet worden, habe dem bis zum Erlass des verfahrensgegenständlichen Bescheids nicht widersprochen und zudem in Aussicht gestellt, ggf. für das Gartenhaus einen Bauantrag zu stellen, weshalb die mit der ergänzenden Klagebegründung vom 19. April 2012 nachgeschobene Behauptung, die Ehefrau sei Bauherrin, die Rechtmäßigkeit seiner Heranziehung als Handlungsstörer nicht mehr in Frage stellen könne (UA Rn. 31). Gegen diese Annahmen wendet sich der Kläger (nur) im Stile einer Berufungsbegründung. Das wird den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht gerecht.

16

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der auf Grund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe der zu vollstreckenden Kosten leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die bauaufsichtliche Genehmigung zweier Anbauten an eine private Schwimmhalle sowie deren Aufstockung.

2

Das 2.573 m² große Vorhabengrundstück mit der Belegenheit K.-Straße A (Flurstück …) ist mit einem ursprünglich in den 1930er Jahren errichteten eingeschossigen, mehrflügeligen Wohnhaus bebaut. Es liegt von der K.-Straße aus gesehen in zweiter Baureihe hinter dem Grundstück K.-Straße B auf einer Nase am bewaldeten Elbhang und fällt in westlicher/südwestlicher Richtung zu diesem hin zunächst leicht, später deutlich steiler ab. Das Grundstück wird durch eine zum südlich angrenzenden Gelände des T.-Krankenhauses führende private Stichstraße erschlossen. Der viergeschossige Krankenhausbau verfügt über eine Grundfläche von mehr als 3.000 m². Nordöstlich und nördlich bzw. nordwestlich des klägerischen Grundstücks findet sich an der K.-Straße oberhalb der Kante des Elbhangs eine straßenparallele ein- bis dreigeschossige Wohnbebauung mit einer Grundfläche von maximal gut 250 m², die westlich des Grundstücks mit der Hausnummer G in eine stark aufgelockerte, teilweise weit im Hinterland gelegene und größere Bebauung übergeht.Wegen der weiteren Einzelheiten der in der Umgebung vorhandenen Bebauungsstruktur und der topografischen Verhältnisse wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht und den als Anlage zum Protokoll genommenen Auszug aus dem Liegenschaftskataster verwiesen.

3

Der Baustufenplan Blankenese, erneut festgestellt am 14. Januar 1955 (Amtl.Anz. S. 61), weist das Grundstück der Klägerin und weite sich hieran anschließende Teile des Plangebiets als „Außengebiet“ und „Außengebiet Landschaftsschutz“ aus.Der Flächennutzungsplan für die Freie und Hansestadt Hamburg vom 22. Oktober 1997 (HmbGVBl. S. 485, m.Ä.), nach dem Stand des sogenannten Konturenabgleichs im Januar 2015 (vgl. Bü-Drs. 20/14046 sowie Plenarprotokoll der Hamburgischen Bürgerschaft Nr. 20/105 S. 7934, 7935), stellt den östlichen Teil des Grundstücks als Fläche für den Gemeinbedarf und den westlichen Teil als Grünfläche dar. Dasselbe gilt für das Landschaftsprogramm einschließlich Arten- und Biotopschutzprogramm für die Freie und Hansestadt Hamburg vom 14. Juli 1997 (HmbGVBl. S. 363, m.Ä.). Die Abgrenzung zwischen den beiden Darstellungen verläuft jeweils etwa in der Mitte des vorhandenen Gebäudekomplexes diagonal über das Grundstück der Klägerin.

4

Im Jahre 1997 genehmigte die Beklagte umfangreiche Arbeiten zum Umbau und zur Erweiterung des im Bauantrag als Zweifamilienhaus bezeichneten Gebäudes einschließlich der Errichtung einer Schwimmhalle an seiner Nordwestseite, die über das Kellergeschoss des Haupthauses mit diesem verbunden ist und über ein leicht geneigtes, begrüntes Satteldach verfügt. In den damaligen Bauvorlagen wurde die Grundfläche des gesamten Gebäudekomplexes mit 475 m² beziffert. Im Zuge der Bauausführung erweiterte die Klägerin allerdings die Grundfläche der Schwimmhalle im Wesentlichen nach Süden hin - ungenehmigt - um rund 17 m². Darüber hinaus wurde an ihrer Westseite - ebenfalls ungenehmigt - ein etwa 12 m² großer (als Fitnessraum bezeichneter) Anbau errichtet.

5

Nachdem die Beklagte festgestellt hatte, dass die Klägerin im Begriff war, an der Westseite der Schwimmhalle einen weiteren, etwa 40 m² großen Anbau zu errichten, ordnete sie die Einstellung der Bauarbeiten an. Die Klägerin beantragte daraufhin am 12. März 2009 für das bereits im Rohbau fertiggestellte Vorhaben, das im Bauantrag die Kurzbezeichnung „Anbau eines Wohn- und Aufenthaltsraums für Gärtner/Hausmeister“ trägt, die Erteilung einer Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren.

6

Mit Bescheid vom 9. Juli 2009 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass sich der Anbau nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Diese werde durch überwiegend ein- bis zweigeschossige Wohngebäude geprägt, die sich straßenparallel zur K.-Straße hin orientierten. Die genehmigte Grundfläche der klägerischen Bebauung überschreite im Vergleich zu den benachbarten Wohngrundstücken schon jetzt das anzutreffende Maß der bebauten Fläche. Das T.-Krankenhaus stelle demgegenüber allein schon aufgrund seiner anders gearteten Nutzung einen nicht umgebungsprägenden Fremdkörper dar.

7

Hiergegen erhob die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten am 14. Juli 2009 Widerspruch, mit dem sie im Wesentlichen geltend machte, dass das T.-Krankenhaus nicht als Fremdkörper aus dem maßgeblichen Rahmen falle. Es habe aufgrund seiner Lage an der Stichstraße vielmehr prägende Wirkung, die auch und gerade im Hinblick auf das Vorhabengrundstück zu berücksichtigen sei.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Das Vorhaben der Klägerin füge sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Zur näheren Umgebung gehörten zum einen die Grundstücke an der K.-Straße nördlich bzw. nordwestlich des Vorhabengrundstücks bis zur Hausnummer G, zum anderen die Grundstücke an der K.-Straße östlich der Stichstraße, wobei es nicht darauf ankomme, wie weit die nähere Umgebung insoweit genau reiche. Die sich westlich an das Grundstück K.-Straße G anschließenden Grundstücke könnten dagegen nicht mehr zur näheren Umgebung gezählt werden, weil sie sich wegen ihrer andersartigen Bebauung mit großen Villen auf parkähnlichen Grundstücken von dem zuvor genannten Bereich deutlich unterschieden. Ebenso wenig gehöre das T.-Krankenhaus zur näheren Umgebung, welches aufgrund seiner Lage, Funktion und Erscheinung wie ein Fremdkörper wirke. Die vorhandene Bebauung in der danach maßgeblichen näheren Umgebung sei durch Einzelhäuser geprägt, die von ihrer Grundfläche her auch nicht annähernd den Umfang der auf dem Grundstück der Klägerin bereits vorhandenen Bebauung erreichten. Durch die Zulassung des Anbaus würde sich die Bebauung noch weiter als ohnehin schon in die Grün- bzw. Gartenzone hinein erstrecken. Eine solche Bebauung finde in der näheren Umgebung kein Vorbild. Bei einer Genehmigung des streitigen Vorhabens könnte wegen der auf den anderen Grundstücken in der näheren Umgebung noch vorhandenen Freiflächen eine ähnliche bauliche Verdichtung kaum verhindert werden.

9

Bereits zuvor hatte die Klägerin mit Bauantrag vom 31. Juli 2009 und Nachtrag vom 4. September 2009 ferner beantragt, die Aufstockung der Schwimmhalle mit einem Walmdach und den Ausbau des hierdurch entstehenden Dachraums als Aufenthaltsraum für Personal und für die Unterbringung von Gästen sowie den bereits vorhandenen Anbau (den sogenannten Fitnessraum) im vereinfachten Verfahren zu genehmigen Der Anbau soll künftig als Zugang und Treppenhaus zum Dachgeschoss dienen, wo zusätzlich auch ein Verbindungsgang zum Haupthaus vorgesehen ist.

10

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2009 lehnte die Beklagte auch diesen Antrag mit der Begründung ab, dass sich das Vorhaben nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Das massive Anwachsen des Bauvolumens vergrößere das vorhandene Gebäude in einer Weise, die in der Umgebung ohne Vorbild sei.

11

Mit ihrem hiergegen am 10. Dezember 2009 durch ihre Prozessbevollmächtigten erhobenen Widerspruch rügte die Klägerin erneut, dass das T.-Krankenhaus aus der Betrachtung der Umgebungsbebauung ausgeblendet worden sei. Unabhängig hiervon werde das Bauvolumen aber jedenfalls nicht in einem Maße vergrößert, das im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB von Bedeutung sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Dabei wiederholte sie im Wesentlichen ihre bereits im Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2010 dargelegte Auffassung.

12

Am 18. März 2010 hat die Klägerin Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der begehrten Baugenehmigung für den bereits im Rohbau erstellten Anbau erhoben, die sie am 31. März 2010 - seinerzeit als Untätigkeitsklage wegen des noch ausstehenden Widerspruchsbescheids - um das Begehren erweitert hat, die Beklagte außerdem zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Aufstockung der Schwimmhalle einschließlich einer nachträglichen Genehmigung für den angebauten sogenannten Fitnessraums zu verpflichten. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen:

13

Beide Vorhaben lägen innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB. Für die Aufstockung der Schwimmhalle ergebe sich dies allein schon daraus, dass der betreffende Bereich bereits bebaut sei. Bei der Schwimmhalle handele es sich um eine bauliche Erweiterung des Wohngebäudes und damit um einen Teil des Wohngebäudes selbst. Für den im Rohbau fertiggestellten Anbau gelte im Ergebnis nichts anderes. Es sei anerkannt, dass der Innenbereich auch bebauungsakzessorische Flächen, wie z.B. rückwärtige Gartenbereiche, erfasse. Zudem könnten topographische Verhältnisse dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang erst an einem Geländehindernis ende. Hier werde die Grenze zum Außenbereich mehr oder weniger exakt durch die Geesthangkante markiert. Die Vorhaben fügten sich nach dem Maß der baulichen Nutzung und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass das T.-Krankenhaus als Fremdkörper auszublenden sei. Es falle weder von seiner Funktion noch seinem Gebäudevolumen her aus dem Rahmen. Ein Gebäude sei nicht allein schon deshalb als Fremdkörper zu qualifizieren, weil es von einem als annehmbar erachteten Durchschnitt abweiche. Unabhängig hiervon müsse berücksichtigt werden, dass mit beiden Vorhaben nur eine geringfügige Erweiterung des vorhandenen Baukörpers einhergehe und sich durch die Aufstockung der Schwimmhalle nichts an der in Anspruch genommenen Grundfläche ändere. Benachbarte Wohngrundstücke, wie etwa die Grundstücke K.-Straße B und E, würden im Verhältnis zur vorhandenen Freifläche sogar intensiver genutzt. Eine Vorbildwirkung für Bauwünsche auf anderen Grundstücken sei allein schon aufgrund der Geringfügigkeit der baulichen Erweiterung auszuschließen. Überdies befinde sich das klägerische Grundstück aufgrund seiner Topographie in einer Sondersituation, die schwerlich als Berufungsfall für andere Baugrundstücke in der näheren Umgebung dienen könne. Selbst wenn sich die Vorhaben nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen sollten, wären sie aber jedenfalls nach § 34 Abs. 3a BauGB zulässig.

14

Die Klägerin hat beantragt,

15

1. die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 9. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2010 zu verpflichten, der Klägerin die am 12. Mai (richtig: März) 2009 beantragte Genehmigung zur Errichtung eines Anbaus auf dem Grundstück K.-Straße A zu erteilen,

16

2. die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 17. (richtig: 7.) Dezember 2009 sowie des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Genehmigung zur Aufstockung des Schwimmbadtraktes sowie für einen Anbau am Schwimmbadtrakt zu erteilen.

17

Die Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie gehe zwar ebenso wie die Klägerin davon aus, dass die Vorhaben in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil lägen.Sie fügten sich aus den in den angegriffenen Bescheiden dargelegten Gründen jedoch nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Auch nach § 34 Abs. 3a BauGB könnten die Vorhaben nicht zugelassen werden. Eine Erweiterung im Sinne dieser Vorschrift setze einen baulichen und funktionalen Zusammenhang mit einem vorhandenen Gebäude voraus. Daran fehle es hier. Die Errichtung des rückwärtigen Anbaus (des sogenannten Gärtnerhauses) stehe in keinem baulichen Zusammenhang mit dem vorhandenen Wohngebäude. Dasselbe gelte für die Aufstockung der Schwimmhalle, die ein Nebengebäude darstelle. Zudem fehle es an dem Erfordernis des Einzelfalles. Die für die Vorhaben der Klägerin sprechenden Gründe könnten für eine Vielzahl von Grundstücken in der näheren Umgebung angeführt werden.

20

Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. September 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen:

21

Den Vorhaben der Klägerin stünden öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen. Unabhängig davon, ob sie sich noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB befänden oder nicht, scheitere die Erteilung der begehrten Baugenehmigungen jedenfalls daran, dass sich die Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügten. Die nähere Umgebung reiche nördlich des Grundstücks der Klägerin in westlicher Richtung nur bis zum Grundstück K.-Straße G. Die sich daran anschließenden Grundstücke K.-Straße L, M und N, die bereits mehr als 200 m von der Einmündung der zum T.-Krankenhaus führenden Stichstraße entfernt seien, gehörten nicht mehr zur näheren Umgebung, da sie keine im eigentlichen Sinne straßenparallele Bebauung aufwiesen, wie sie auf den anderen Grundstücken entlang der K.-Straße und an der Stichstraße anzutreffen sei. In dieser näheren Umgebung betrage die Bebauungstiefe maximal 26,5 m. Diese werde dagegen schon durch das Hauptgebäude der Klägerin mit einer Bebauungstiefe von etwa 30 m überschritten.Die Schwimmhalle erstrecke sich von der Straße aus gesehen sogar bis zu einer Tiefe von 40,50 m in den rückwärtigen Grundstücksbereich hinein. Auch die Gebäude des T.-Krankenhauses blieben, wenn man den westlichen Rand der Stichstraße zum Maßstab nehme, hinter der Bebauungstiefe zurück, die allein schon das Hauptgebäude der Klägerin für sich in Anspruch nehme. Ob die Schwimmhalle die faktische Baugrenze mit bestimme, könne offen bleiben. Denn jedenfalls befinde sich der bereits im Rohbau fertiggestellte Anbau (das sogenannte Gärtnerhaus) jenseits der faktischen Baugrenze.

22

Entgegen der Auffassung der Klägerin werde die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich auch nicht durch die Kante des Geesthangs bestimmt. Es könne nach den tatsächlichen Gegebenheiten nicht angenommen werden, dass sich die großen Freiflächen zwischen der Hangkante und der bislang vorhandenen Bebauung für eine vollständige Bebauung anböten. Vielmehr kämen sie allenfalls für die Errichtung von Nebenanlagen i.S.d. § 14 BauNVO in Betracht. Stünden nämlich alle benachbarten Grundstücksflächen bis zur Hangkante für eine Wohnbebauung zur Verfügung, so könnte entlang der K.-Straße eine Wohnbebauung in zweiter Reihe verwirklicht werden, was den vorhandenen Charakter der näheren Umgebung als durchgrüntes und locker bebautes Wohngebiet nachhaltig verändern würde.

23

Soweit es um die Aufstockung der Schwimmhalle und den angebauten sogenannten Fitnessraum gehe, spreche viel dafür, dass sich das Vorhaben deshalb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge, weil es sich bei der Schwimmhalle in ihrer bisher genehmigten Gestalt um eine bauliche Nebenanlage i.S.d. § 14 BauNVO handeln dürfte, so dass durch ihre Aufstockung zu Wohnzwecken erstmals eine Wohnbebauung auf Freiflächen jenseits der faktischen Baugrenze verwirklicht würde. Die Schwimmhalle unterscheide sich deutlich vom Hauptgebäude und trete nach dem wahrnehmbaren Eindruck in der Örtlichkeit als untergeordneter Bauteil nur geringfügig in Erscheinung. Selbst wenn die Schwimmhalle als Teil des Wohngebäudes anzusehen wäre, würde sich das Vorhaben dann aber jedenfalls der Höhe nach nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Denn das geplante Dachgeschoss würde die vorhandene Baulichkeit, die mit ihrem begrünten Dach bislang unauffällig in die Landschaft eingebettet sei, um etwa 4 m überragen. Das Vorhaben sei in der näheren Umgebung ohne Vorbild und erscheine auch keineswegs als gleichsam arrondierende Abrundung der vorhandenen Bauten auf dem Grundstück der Klägerin. Auch insoweit gelte, dass der Charakter der näheren Umgebung nachhaltig verändert würde.

24

Schließlich könnten die Vorhaben nicht nach § 34 Abs. 3a BauGB zugelassen werden. Es fehle bereits an dem Erfordernis, dass sie der Erweiterung der vorhandenen baulichen Anlagen zu Wohnzwecken dienten. Um das Merkmal des „Dienens“ zu erfüllen, reiche es nicht aus, dass ein Vorhaben möglicherweise förderlich sei. Vielmehr komme es darauf an, dass seine Verwirklichung vernünftigerweise geboten sei. Darüber hinaus stellten die Vorhaben keinen Einzelfall im Sinne einer atypischen Sonderlage dar, weil die von der Klägerin angeführten Gründe - nämlich die Erweiterung der zur Führung des Haushalts benötigten Wohnfläche für die Unterbringung von Personal und Gästen - auch für Vorhaben auf allen anderen Grundstücken geltend gemacht werden könnten.

25

Mit Beschluss vom 13. Dezember 2012, der Klägerin zugestellt am 20. Dezember 2012, hat das Berufungsgericht die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zugelassen. Mit ihrer am 18. Januar 2013 bei Gericht eingegangenen Berufungsbegründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor:

26

Das Verwaltungsgericht habe sich bei der Bestimmung der näheren Umgebung nicht - wie es richtig gewesen wäre - davon leiten lassen, inwieweit die Umgebung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks präge und sich das Vorhaben umgekehrt auf die Umgebung auswirken könne, sondern sich vielmehr daran orientiert, inwieweit eine straßenparallele Bebauung anzutreffen sei. Auf diese Weise habe es die Prüfung verkürzt, weil es von vornherein nur solche Grundstücke in den Blick genommen habe, die sich durch eine gewisse Einheitlichkeit auszeichneten. Stelle man auf die wechselseitige Prägung ab, so seien in westlicher Richtung auch die Grundstücke bis zur K.-Straße N zu berücksichtigen. Dann werde indes offenkundig, dass die vom Verwaltungsgericht mit 26,5 m ermittelte Bebauungstiefe keineswegs das Höchstmaß darstelle, sondern sich eine auch nur annähernd homogene Bebauung nicht finde. Die Bebauung orientiere sich an topographischen Gegebenheiten und schließe auf diese Weise die Festlegung einer faktischen Baugrenze aus. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts könne im Übrigen selbst dann nicht überzeugen, wenn man nur die Grundstücke betrachte, die sich ab dem Grundstück K.-Straße G in östlicher Richtung erstreckten. Das T.-Krankenhaus weise vom Ende der Stichstraße aus gesehen eine Bebauungstiefe von deutlich mehr als 140 m auf. Das Verwaltungsgericht habe fälschlicherweise die faktische seitliche Baugrenze des Krankenhauses mit der faktischen hinteren Baugrenze auf dem Vorhabengrundstück verglichen. Es habe ferner die einmal für richtig befundene Bebauungstiefe schablonenartig angewendet und dabei nicht hinreichend dem Umstand Rechnung getragen, dass sich bei faktischen Baugrenzen regelmäßig - und hier erst recht - Spielräume ergäben. Maßstabsbildend sei auch die auf dem Vorhabengrundstück bereits vorhandene Bebauung selbst. Diese werde nach Westen hin durch das sogenannte Gärtnerhaus gerade einmal um 5,50 m erweitert. Dabei sei die Schwimmhalle als Teil des Hauptgebäudes und nicht als Nebenanlage zu sehen. Auf den wahrnehmbaren Eindruck in der Örtlichkeit komme es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht an. Auch ein untergeordneter Bauteil eines Hauptgebäudes gehöre zum Hauptgebäude und werde nicht dadurch zur Nebenanlage, dass er nur geringfügig in Erscheinung trete.Hieraus folge zugleich, dass mit der Aufstockung der Schwimmhalle zu Wohnzwecken nicht etwa erstmalig eine Hauptnutzung jenseits einer faktischen Baugrenze einhergehen würde. Das geplante Dachgeschoss der Schwimmhalle füge sich auch der Höhe nach in die vorhandene Bebauung ein. Selbst wenn beide Vorhaben als rahmenüberschreitend zu qualifizieren wären, würden sie aber jedenfalls keine bodenrechtlichen Spannungen erzeugen. Eine Hinterlandbebauung sei nicht von vornherein städtebaulich unerwünscht. Das müsse hier umso mehr gelten, als es lediglich um eine geringfügige Arrondierung des Wohngebäudes gehe.

27

Beide Vorhaben seien im Übrigen nach § 34 Abs. 3a BauGB zulässig. Ob ein Vorhaben förderlich, unentbehrlich oder vernünftigerweise geboten sei, lasse sich im Zusammenhang mit der Schaffung zusätzlichen Wohnraums nicht sinnvoll diskutieren. Was das Einzelfallerfordernis anbelange, so habe das Verwaltungsgericht übersehen, dass dieses in der Fallgruppe der Wohnzwecken dienenden baulichen Anlagen in Bezug auf die in Betracht kommenden Abweichungen zu beurteilen sei und nicht in Bezug auf den Zweck des Vorhabens (Wohnen). In diesen Fällen sei die Übertragbarkeit der Abweichung vom Maß der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche auf andere gleichgelagerte Fallgestaltungen naturgemäß eher denkbar als bei der auf einen Betrieb bezogenen Entscheidung, der sich in einer Einzellage befinde. Es liege oftmals in der Natur der Sache und sei daher in gewisser Weise typisch, dass mehrere gleichgelagerte Fälle gegeben seien. Wenn der Gesetzgeber gleichwohl in Kenntnis dieser Verhältnisse § 34 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 BauGB auch auf Vorhaben erstreckt habe, die Wohnzwecken dienten, so könne eine Eingrenzung der Vorschrift auf gänzlich atypische Fallgestaltungen, die sich nicht auf andere Grundstücke übertragen ließen, nicht in Betracht kommen. Gemessen hieran sei vorliegend das Einzelfallerfordernis erfüllt, da die Grundstücksverhältnisse aufgrund der Lage des Bauvorhabens an der Stichstraße und der Topographie des Geländes, insbesondere mit Blick auf die Hangkante, nicht miteinander vergleichbar seien.

28

Die Klägerin beantragt,

29

das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. September 2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg zu ändern und

30

1. die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 7. Dezember 2009 sowie des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Genehmigung zur Aufstockung des Schwimmbad-traktes sowie für einen Anbau am Schwimmbadtrakt zu erteilen sowie

31

2. die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 9. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2010 zu verpflichten, der Klägerin die am 12. März 2009 beantragte Genehmigung zur Errichtung eines Anbaus auf dem Grundstück K.-Straße A zu erteilen,

32

Die Beklagte beantragt,

33

die Berufung zurückzuweisen.

34

Sie erwidert: Das Verwaltungsgericht habe die nähere Umgebung zutreffend bestimmt.Durch die straßenparallele Bebauung an der K.-Straße, die östlich des Grundstücks der Klägerin sowie westlich ihres Grundstücks bis zur Hausnummer G anzutreffen sei, würden Wechselwirkungen von anderer Intensität hervorgerufen, als dies bei der weiter westlich gelegenen, nicht straßenparallelen Bebauung der Fall sei. Vor allem zeichne sich die Bebauung in dem vom Verwaltungsgericht gezogenen Rahmen aber durch ihre geringen seitlichen Abstände aus, die höchstens 10 m betrügen. Westlich des Gebäudes mit der Hausnummer G beliefen sich die Abstände dagegen auf ein Vielfaches. Diese unterschiedlichen Strukturen rechtfertigten es, die wechselseitigen bodenrechtlich beachtlichen Beziehungen zwischen dem Grundstück der Klägerin und seiner Nachbarschaft im Westen mit dem Grundstück K.-Straße G enden zu lassen. Das gelte umso mehr, als mit zunehmender Entfernung zum Teil nicht einmal mehr Sichtbeziehungen bestünden. Die Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin nehme schon jetzt eine Sonderrolle ein und markiere die äußerste Grenze des vorgegebenen Rahmens. Der innerhalb des Rahmens bestehende Spielraum werde daher automatisch durch jede weitere Verschiebung der faktischen hinteren Baugrenze überschritten. Eine Erweiterung der Bebauung um 5,50 m falle sehr wohl ins Gewicht, da sie eine Überschreitung der bisherigen faktischen Baugrenze um knapp 15 % bedeute. Durch die Aufstockung der Schwimmhalle werde der Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung noch weiter überschritten. Die Schwimmhalle stelle in ihrer bisherigen Ausgestaltung eine Nebenanlage dar und könne somit nicht maßstabsbildend für eine Wohnbebauung auf dem hinteren Grundstücksteil wirken, der sich jenseits der durch das Hauptgebäude faktisch gezogenen Baugrenze befinde. Dass es sich um eine Nebenanlage handele, folge aus dem Umstand, dass sie sich deutlich vom Hauptgebäude unterscheide und hierdurch als ein untergeordneter Teil erscheine, der lediglich eine dienende Funktion erfülle und optisch nur schwach in Erscheinung trete. Die Vorhaben würden insbesondere mit den Grundstücken K.-Straße B und C zu Spannungen führen, die zumindest in ihren Sichtbeziehungen beeinträchtigt würden. Hinzu käme eine negative Vorbildwirkung, da die Bebauung im Vergleich zu den Nachbargrundstücken erheblich an den Hangbereich heranrücken würde. Als Plangeberin würde sie - die Beklagte - in ihren weiteren Handlungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt.

35

Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 BauGB lägen nicht vor. Die Abweichungen, die in der Überschreitung des Maßes der baulichen Nutzung und der zu überbauenden Grundstücksfläche lägen, kämen nicht nur auf dem Grundstück der Klägerin zum Tragen. Vielmehr würden sie für fast alle Grundstücke in der näheren Umgebung gelten, die durch eine Anordnung der Gebäude im vorderen Grundstücksteil und die Hanglage der hinteren Grundstücksflächen geprägt seien und sich somit in einer vergleichbaren Situation befänden. Eine wie auch immer geartete Atypik sei nicht ersichtlich.

36

Das Berufungsgericht hat in seiner mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2015 das Grundstück der Klägerin und seine Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie der Sachakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

37

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.

38

Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung zweier Baugenehmigungen zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 9. Juli 2009 und 7. Dezember 2009 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19. Februar 2010 und 18. August 2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

39

Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf die mit ihrem Klageantrag zu 1. begehrte Baugenehmigung für die geplante Aufstockung des Schwimmbadtraktes nebst nachträglicher Genehmigung des bisher als Fitnessraum bezeichneten Anbaus gemäß ihrem Bauantrag vom 31. Juli 2009 mit Ergänzung vom 4. September 2009 (dazu nachfolgend I.) noch einen Anspruch auf die mit ihrem Klageantrag zu 2. erstrebte Genehmigung des weiteren, bereits im Rohbau fertiggestellten Anbaus an die Schwimmhalle gemäß ihrem Bauantrag vom 12. März 2009 (dazu nachfolgend II.). Denn beiden Vorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen, die im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (§§ 71 Abs. 1 Satz 1, 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HBauO).

I.

40

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Aufstockung der Schwimmhalle um ein Dachgeschoss, um zusätzlichen Raum für den Aufenthalt von Personal und die Unterbringung von Gästen zu schaffen, und ihre Erweiterung um den ungenehmigt erstellten Anbau, der künftig als Zugang und Treppenhaus zum Dachgeschoss dienen soll, beurteilt sich nach dem Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB (dazu nachfolgend 1.). Danach ist das Vorhaben unzulässig, weil es sich nach der überbauten Grundstücksfläche nicht im Sinne des Satzes 1 dieser Vorschrift in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (dazu nachfolgend 2.). Von dem Erfordernis des Einfügens kann auch nicht nach § 34 Abs. 3a BauGB abgewichen werden (dazu nachfolgend 3.).

41

1. Die Vorhabenfläche befindet sich im Innenbereich nach § 34 BauGB.

42

a) Der Baustufenplan Blankenese, erneut festgestellt am 14. Januar 1955 (Amtl.Anz. S. 61), der das Grundstück der Klägerin und weite sich hieran anschließende Teile des Plangebiets als „Außengebiet“ sowie „Außengebiet Landschaftsschutz“ ausweist, steht dieser Einordnung nicht entgegen. Das folgt unabhängig von der tatsächlich vorhandenen Bebauung bereits daraus, dass großflächige Außengebietsausweisungen in Baustufenplänen nach § 10 Abs. 5 BPVO nach der ständigen Rechtsprechung des Berufungsgerichts (vgl. nur grundlegend OVG Hamburg, Urt. v. 21.9.2000, NordÖR 2001, 81) wirkungslos geworden sind. Um eine solche großflächige Außengebietsausweisung handelt es sich hier, zumal sich an das betreffende Gebiet unmittelbar eine weitere Außengebietsausweisung im Baustufenplan Rissen, ebenfalls erneut festgestellt am 14. Januar 1955 (Amtl.Anz. S. 61), anschließt.

43

b) Nach dem Eindruck, den sich das Berufungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung von den Örtlichkeiten verschafft hat, ist die Vorhabenfläche (noch) innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gelegen.

44

aa) Die Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB setzt das Vorhandensein eines Bebauungszusammenhangs voraus. Unter den Begriff der Bebauung im Sinne dieser Vorschrift fällt allerdings nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr nur solche Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Das trifft ausschließlich auf Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken, Freizeitzwecken oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen. Dies steht aber der Annahme, dass auch solche Bauten gegebenenfalls am Bebauungszusammenhang teilnehmen können, nicht von vornherein entgegen. Denn selbst unbebaute Flächen können einem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein. Ob Letzteres der Fall ist, ist danach zu beurteilen, ob sie nach der Verkehrsauffassung an dem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der übrigen vorhandenen Bebauung teilnehmen. Hierüber ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Wertung und Bewertung des im Einzelfall gegebenen konkreten Sachverhalts zu entscheiden. Grundlage und Ausgangspunkt einer solchen wertenden und bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen, optisch wahrnehmbaren örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen, sowie außerdem auch andere topographische Verhältnisse wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte und Straßen. In aller Regel endet der Bebauungszusammenhang am letzten Baukörper, sofern nicht in der Wirklichkeit erkennbare topographische Merkmale den Eindruck rechtfertigen, dass eine unbebaute Fläche noch bis zu der sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze dem Bebauungszusammenhang zuzuordnen ist (vgl. zu allem BVerwG, Beschl. v. 1.9.2010, BRS 76 Nr. 101; Beschl. v. 2.4.2007, BauR 2007, 1383; Beschl. v. 17.1.2005, 4 B 3/05, juris und Beschl. v. 2.3.2000, BauR 2000, 1310, jew. m.w.N.; OVG Hamburg, Urt. v. 30.4.2013, 2 E 9/08). Auf die Grundstücksgrenzen kommt es bei alledem nicht an. Ein Teil eines Grundstücks kann daher (noch) einem Bebauungszusammenhang angehören, während ein anderer (schon) im Außenbereich liegt.

45

Die Maßgeblichkeit der tatsächlich vorhandenen Bebauung im vorstehenden Sinne beinhaltet ferner, dass ihre Legalität für die Frage eines Bebauungszusammenhangs grundsätzlich keine Rolle spielt. Zu berücksichtigen ist vielmehr jede vorhandene Bebauung, soweit sie nur in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit dem Vorhandensein der Bauten abgefunden haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.11.1968, BVerwGE 31, 22; Urt. v. 17.5.2002, BauR 2002, 1811). Dies führt bei einem Streit um die nachträgliche Genehmigung - wie teilweise auch hier - bereits ganz oder zum Teil errichteter baulicher Anlagen allerdings nicht dazu, dass auch sie in die Betrachtung einzubeziehen wären. Vielmehr müssen sie für die Beurteilung des Bebauungszusammenhangs als nicht existent angesehen werden; denn die Rechtslage kann sich nicht dadurch zugunsten des Bauherrn verändern, dass er eine bauliche Anlage ohne Genehmigung ausgeführt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.1.1993, BauR 1993, 435, 436; Rieger in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 34 Rn. 15).

46

bb) Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist zunächst festzustellen, dass der auf dem Grundstück der Klägerin vorhandene Gebäudekomplex, bestehend aus dem mehrflügeligen Haupthaus und dem im Westen angebauten Schwimmhallentrakt Teil eines Bebauungszusammenhangs ist, der durch das T.-Krankenhaus im Süden und die Wohnbebauung an der K.-Straße nordwestlich und nordöstlich des Grundstücks der Klägerin gebildet wird und der - wie es die Bewertung als Ortsteil erfordert - sowohl nach der Zahl der Bauten ein hinreichendes Gewicht besitzt als auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist.

47

Insbesondere besteht nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen keine Rechfertigung, die Schwimmhalle aus dem Bebauungszusammenhang auszuklammern. Zwar ist sie nicht durch die im Jahre 1997 für den Umbau und die Erweiterung des klägerischen Gebäudes erteilte Baugenehmigung gedeckt, da ihre Grundfläche (ohne den hier u.a. streitigen Anbau) die seinerzeit in den genehmigten Bauvorlagen ausgewiesene Grundfläche um rund 17 m² überschreitet. Es unterliegt aber keinem Zweifel, dass sich die Beklagte mit diesem Baubestand abgefunden hat, da sie weder das durch die nunmehr streitgegenständlichen Bauanträge eingeleitete Verwaltungsverfahren noch das gerichtliche Verfahren zum Anlass genommen hat, die von der damaligen Baugenehmigung abweichende Bauausführung der Schwimmhalle zu beanstanden und gegen diese einzuschreiten. Ebenso wenig kann der Schwimmhalle die Qualität eines für die Siedlungsstruktur prägenden Elements abgesprochen werden. Denn sie stellt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Beklagten keine selbständige Nebenanlage dar, sondern ist als Bestandteil des Wohnhauses der Klägerin zu qualifizieren und tritt als solcher optisch wahrnehmbar in Erscheinung. Ebenso wie ein in das Kellergeschoss eines Wohnhauses integriertes Schwimmbad unbedenklich als unselbständiger Teil des Wohnhauses angesehen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.4.2004, 4 C 12/03, juris, Rn. 22; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 14 Rn. 4.1; Stock in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, Rn. 16), ist auch ein an ein Wohnhaus angebautes und von diesem aus zugängliches Schwimmbad als Bestandteil des Wohnhauses zu qualifizieren (vgl. Ziegler in: Brügelmann, BauGB, Stand: Februar 2015, § 14 BauNVO Rn. 15a; Schiller in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 1437). Das gilt auch hier. Denn die Schwimmhalle ist über das Kellergeschoss des Haupthauses mit demselben verbunden und schließt sich - wie die Ortsbesichtigung ergeben hat - oberirdisch unmittelbar an das Haupthaus an. Dass sie mit ihrem Bauvolumen deutlich hinter den übrigen Teilen des Gebäudekomplexes zurückbleibt und sich von diesen auch sonst optisch unterscheidet, ändert nichts daran, dass sie als Teil des mehrflügeligen Wohngebäudes wahrnehmbar ist. Zu Recht macht die Klägerin geltend, dass auch ein untergeordneter Bauteil eines Gebäudes Teil desselben ist.

48

Endet der Bebauungszusammenhang danach jedenfalls nicht vor der westlichen Außenwand der Schwimmhalle, so ist damit allerdings noch nicht geklärt, ob er darüber hinaus auch noch die weiter westlich gelegene Fläche des klägerischen Grundstücks erfasst, auf der die Klägerin den nachträglich zur Genehmigung gestellten Anbau errichtet hat, der seinerseits funktionaler Bestandteil der geplanten Aufstockung der Schwimmhalle ist. Diese Frage ist nach dem vor Ort gewonnenen Eindruck des Berufungsgerichts zu bejahen. Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung fällt das zunächst nur leicht abschüssige Grundstück einige Meter hinter der westlichen Außenwand der Schwimmhalle mit einem deutlich steileren Gefälle in westlicher/südwestlicher Richtung zum bewaldeten Elbhang ab. Die ausgeprägt hervortretende Kante des Geesthangs beginnt am Schnittpunkt der nördlichen Grenze des Grundstücks der Klägerin mit den Grenzen der Nachbargrundstücke K.-Straße B und C und setzt sich, dem Verlauf auf den Nachbargrundstücken folgend, nach Süden mit leichter Verschwenkung nach Südosten über das gesamte Grundstück der Klägerin fort. Sie bildet eine prägnante topografische Grenze, die das Grundstück der Klägerin in einen Bereich oberhalb und einen Bereich unterhalb des Geländeversprungs teilt. Diese besondere topografische Situation rechtfertigt den Eindruck, dass der Innenbereich bis zur Hangkante reicht und damit die Vorhabenfläche (noch) innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zu verorten ist.

49

2. Das Vorhaben der Klägerin fügt sich nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll (bzw. aufgrund der ungenehmigten Errichtung des Anbaus an die Schwimmhalle hier bereits überbaut ist), jedoch nicht i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein.

50

a) Bei der Abgrenzung der näheren Umgebung ist darauf abzustellen, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die Umgebung auswirken kann, und diese andererseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 26.5.1978, BVerwGE 55, 369, 380, seitdem st.Rspr.). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich danach nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. Ebenso wie bei der Bestimmung des Bebauungszusammenhangs ist nur an äußerlich erkennbare, also mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anzuknüpfen.

51

In Anwendung dieser Maßstäbe sind nach dem bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Eindruck zum einen das südlich an das Grundstück der Klägerin angrenzende Grundstück des T.-Krankenhausesund zum anderen die nördlich bzw. nordwestlich des Grundstücks der Klägerin gelegenen Grundstücke K.-Straße B bis G in die nähere Umgebung einzubeziehen. In diesem Umfeld bestehen wechselseitige Sichtbeziehungen, die Auswirkungen des Vorhabens auf die dortige Bebauung sowie umkehrt eine bodenrechtliche Prägung oder jedenfalls Beeinflussung der Vorhabenfläche möglich erscheinen lassen (ob das T.-Krankenhaus als Fremdkörper einzustufen ist, sieht das Berufungsgericht als eine erst im Rahmen der maßstabsbildenden Bebauung im Folgenden zu erörternde Frage an). Dagegen lässt sich für den Bereich westlich des Grundstücks K.-Straße G dergleichen nicht (mehr) sagen. Schon die Bebauung auf dem folgenden Grundstück K.-Straße L ist aufgrund ihrer Entfernung von mehr als 150 m (Luftlinie) und der nördlichen Ausläufer des Waldes am Elbhang vom Grundstück der Klägerin aus selbst im Winter nicht mehr wahrnehmbar. Der Grünzug, der im Norden bis an die rückwärtigen Grenzen der tiefen Grundstücke auf der Südseite der K.-Straße heranreicht und sich auf diesen teilweise sogar noch fortsetzt, entfaltet eine zunehmend trennende Wirkung, je breiter er sich zwischen dem Grundstück der Klägerin und den vorgenannten Grundstücken erstreckt. Das schließt es aus, auch das Grundstück K.-Straße L und die sich daran in Richtung Westen weiter anschließenden Grundstücke noch in die nähere Umgebung einzubeziehen. Aus demselben Grunde kann das südwestlich des Grundstücks der Klägerin gelegene Grundstück K.-Straße M nicht mehr zur näheren Umgebung gezählt werden. Die dortige Bebauung (die sogenannte W.-Villa) ist zwar jedenfalls außerhalb der Vegetationsperiode vom Grundstück der Klägerin aus teilweise sichtbar. Der bewaldete Elbhang, der zwischen den beiden Grundstücken verläuft und an dieser Stelle etwa 200 m breit ist, hat jedoch ersichtlich trennende Wirkung. Auf die Frage der unterschiedlichen Bebauungsstrukturen auf den Grundstücken K.-Straße B bis G einerseits sowie westlich hiervon andererseits sowie ihre Bedeutung für die Abgrenzung der näheren Umgebung kommt es danach nicht mehr an. Ebenso wenig ist die Bebauung auf den nordöstlich des Grundstücks der Klägerin an der K.-Straße gelegenen Grundstücken in die nähere Umgebung einzubeziehen. Die Vorhabenfläche liegt auf der von diesen Grundstücken abgewandten Seite des klägerischen Grundstücks, so dass eine Möglichkeit wechselseitiger Prägung oder doch Beeinflussung auszuschließen ist.

52

b) Das Vorhaben der Klägerin fügt sich hinsichtlich seiner räumlichen Lage nicht in den aus der danach beachtlichen Umgebung abzuleitenden Rahmen ein.

53

aa) Unabhängig von dem konkreten Maß der faktischen Bebauungstiefen, das sich nach einer vorderen Bezugslinie bestimmt, ist die Bebauung auf den Grundstücken K.-Straße B bis G ausnahmslos jedenfalls dadurch geprägt, dass die der Hauptnutzung dienenden Gebäude mit einem erheblichen Abstand zur Kante des Geesthangs angeordnet sind, was den rückwärtigen Freiflächen den Charakter eines fließenden Übergangs zum bewaldeten Elbhang verleiht. Soweit das Berufungsgericht bei seiner Ortsbesichtigung auf der rückwärtigen Fläche des Grundstücks K.-Straße F - abweichend von der als Anlage zum Protokoll genommenen Katasterkarte - bauliche Anlagen vorgefunden hat, handelt es sich erkennbar um Nebenanlagen, die für die Bebauungsstruktur nicht von prägender Bedeutung sind. Das gilt sowohl für das nahe der Grundstücksgrenze in den Hang hineingebaute Objekt unbekannten Zwecks, das ca. 1 bis 1,5 m aus dem Hang herausragt und oben mit einer Abschlussmauer versehen ist, als auch für das größere Gebäude, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild ebenfalls nicht als eine dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienende bauliche Anlage zu identifizieren ist und das zur Hangkante jedenfalls noch einen Abstand von ca. 6 m einhält. Auch das Gebäude der Klägerin, das - mit Ausnahme der bereits vorgenommenen, im vorliegenden Verfahren streitigen Änderungen - selbst zur vorhandenen Bebauung gehört, die den Maßstab für die weitere Bebauung bildet, tritt mit der westlichen Außenwand der Schwimmhalle jetzt immerhin noch etwa 3 m von der Hangkante zurück.

54

Anders verhält es sich zwar mit dem Bau des T.-Krankenhauses, der teilweise unmittelbar an die Hangkante heranreicht oder diese sogar überschreitet und in den Hang hineingebaut ist. Diese Bebauung ist jedoch nicht maßstabsbildend. Denn nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt deren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt und alles außer Acht gelassen werden, was die Umgebung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Dementsprechend können bauliche Anlagen als Fremdkörper auszusondern sein, wenn sie nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung fallen, etwa weil sie als singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung stehen. Solche Anlagen erlangen die Stellung eines „Unikats“ umso eher, je einheitlicher die nähere Umgebung im Übrigen genutzt wird. Trotz deutlich in Erscheinung tretender Größe und eines nicht zu übersehenden Gewichts bestimmen derartige Anlagen nicht die Eigenart der näheren Umgebung, wenn sie wegen ihrer mehr oder weniger ausgeprägten, vom übrigen Charakter der Umgebung abweichenden Struktur gleichsam isoliert dastehen. Voraussetzung ist allerdings weiter, dass sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können im Einzelfall auch ein derartiges Gewicht entfalten, dass sie trotz ihrer heraus stechenden Andersartigkeit ihrerseits „tonangebend“ wirken (vgl. zu Allem BVerwG, Urt. v. 15.2.1990, BVerwGE 84, 322, 325 ff.; Urt. v. 7.12.2006, BVerwGE 127, 231, 232). Gemessen hieran stellt das viergeschossige T.-Krankenhaus mit einer Grundfläche von mehr als 3.000 m² nach dem vor Ort gewonnenen Eindruck in jeder Hinsicht - sowohl nach seiner äußerlich erkennbaren Zweckbestimmung als auch nach seinem Bauvolumen und der Lage des Gebäudes - einen Fremdkörper dar. Es steht als singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen, erheblich kleineren und weniger raumausgreifenden Wohnbebauung, ohne dieselbe seinerseits zu dominieren. Seine Randlage wirkt einer „tonangebenden“ Ausstrahlung auf die nördliche Umgebung entgegen.

55

bb) Das Vorhaben der Klägerin überschreitet hinsichtlich seiner räumlichen Lage den Rahmen, der danach aus der maßstabsbildenden Bebauung abzuleiten ist. Denn mit dem streitigen Anbau an die Schwimmhalle, der zugleich funktionaler Bestandteil ihrer Aufstockung ist, würde nunmehr auch der letzte noch verbliebene Abstand zur Hangkante überbaut. Ein derartig ausgreifendes Hauptgebäude findet in der maßstabsbildenden Bebauung kein Vorbild und tritt auch nicht ausnahmsweise zu dieser gleichwohl in eine harmonische Beziehung. Vielmehr verstärkt das Vorhaben die bodenrechtlich beachtlichen, ausgleichsbedürftigen Spannungen, welche die Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin aufgrund ihrer negativen Vorbildwirkung bereits jetzt erzeugt. Schon die gegenwärtige Ausdehnung des Gebäudekomplexes bis auf etwa 3 m an die Hangkante heran ist geeignet, Unruhe zu stiften und einer grundlegenden Umstrukturierung seines durch großzügige rückwärtige Freiflächen und solchermaßen bewirkte fließende Übergänge zum bewaldeten Elbhang geprägten Umfelds Vorschub zu leisten, da sich jedenfalls auch die Grundstücke K.-Straße C bis G nach ihrer Größe und ihrem Zuschnitt für eine rückwärtige Bebauung anbieten. Ob es sich bei dieser Bebauung - wie auf dem Grundstück der Klägerin - um ein durchgehendes oder um ein zweites Hauptgebäude handeln würde, wäre ohne Belang. Mit der Preisgabe jedweden Abstands zur Hangkante, die anderen Grundstückseigentümern wiederum als Vorbild für die räumliche Lage der Bebauung auf ihren eigenen Grundstücke dienen könnte, erhielten die bodenrechtlichen Spannungen noch einmal eine wesentlich gesteigerte Qualität. Der abrupte Übergang von der Bebauung zum bewaldeten Elbhang würde der städtebaulichen Struktur des in Rede stehenden Bereichs ein vollends anderes Gesicht verleihen. Dieser Bewertung widerspricht auch nicht etwa, dass das Berufungsgericht vorstehend das Grundstück der Klägerin bis zur Kante des Geesthangs dem Innenbereich zugeschlagen hat. Denn zum Innenbereich können - wie es hier der Fall ist - auch noch sich an das letzte Gebäude anschließende Hilfsflächen, wie z.B. ein angemessener Umgriff für einen Hausgarten oder sonstige Nebenzwecke, gehören (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.6.1993, BauR 1994, 81; VGH München, Beschl. v. 27.1.2010, 9 ZB 08.37, juris, Rn. 3; Dürr in: Brügelmann, a.a.O., § 34 Rn. 20; Jäde in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, 7. Aufl. 2013, § 34 BauGB Rn. 19; Rieger, a.a.O., § 34 Rn. 14). Das bedeutet aber nicht, dass auf derartigen Flächen auch Hauptanlagen zulässig wären.

56

3. Von dem Erfordernis des Einfügens kann nicht nach § 34 Abs. 3a BauGB abgewichen werden.

57

Die Vorschrift ermächtigt die Bauaufsichtsbehörde im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Absatz 1 Satz 1 BauGB abzuweichen, wenn die Abweichung u.a. der Erweiterung oder Änderung einer zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden baulichen Anlage dient, städtebaulich vertretbar und auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Dabei ist das Einzelfallerfordernis in der Fallgruppe der Wohnzwecken dienenden baulichen Anlagen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht anhand der Gründe zu beurteilen, die vom Bauherrn für die Durchführung seines Vorhabens angeführt werden, sondern vielmehr in Bezug auf die in Betracht kommende Abweichung (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Februar 2015, § 34 Rn. 88e). Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass in der Fallgruppe der Wohnzwecken dienenden Erweiterungsvorhaben die Übertragbarkeit der Abweichung von der überbaubaren Grundstücksfläche auf andere gleichgelagerte Fallgestaltungen naturgemäß eher denkbar ist, als bei der auf einen Betrieb bezogenen Entscheidung nach § 34 Abs. 3a BauGB, der sich in einer Einzellage befindet, was den Gesetzgeber indes nicht davon abgehalten hat, die Abweichungsmöglichkeit auch auf die Erweiterung von Wohngebäuden zu erstrecken (so Söfker, a.a.O.). Liegen die Voraussetzungen für eine Abweichung bei mehr als nur einzelnen Vorhaben vor, weil die der Abweichung zugrunde liegenden bodenrechtlichen Verhältnisse auf weitere Grundstücke in der näheren Umgebung übertragbar sind, so kann aber die geforderte Begrenzung auf den Einzelfall gleichwohl überschritten und die Erteilung einer Abweichung daher unzulässig sein. Das räumt auch die Kommentierung von Söfker (a.a.O.; vgl. weiter Hofherr/Roesner in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. Stand: Mai 2015, § 34 Rn. 72h) ein. Eine Heranziehung des § 34 Abs. 3a BauGB zur Genehmigung eines nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift unzulässigen Vorhabens scheidet daher aus, wenn erkennbar ist, dass eine vergleichbare Abweichungslage noch wiederholt auftreten könnte (vgl. Dürr, a.a.O., § 34 Rn. 107a a.E.; ähnlich Spannowsky in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 34 Rn. 69). Das gilt jedenfalls dann, wenn das Vorhaben angesichts seiner Vorbildwirkung die planungsrechtlich relevante Umstrukturierung eines Gebiets einleiten würde (vgl. zum früheren § 4 Abs. 2 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG: BVerwG, Beschl. v. 16.3.1993, BRS 55 Nr. 67; VGH München, Urt. v. 14.8.1992, BayVBl. 1993, 307; OVG Schleswig, Urt. v. 27.3.1996, 1 L 279/95, juris, Rn. 88 ff.). Aufgrund seines Ausnahmecharakters, der durch die ausdrückliche Normierung des Einzelfallerfordernisses noch zusätzlich unterstrichen wird, ist § 34 Abs. 3a BauGB kein Mittel dafür, die städtebauliche Situation in einem nicht beplanten Baugebiet umzustrukturieren (vgl. Dürr, a.a.O., § 34 Rn. 107a a.E.; Spannowsky, a.a.O., § 34 Rn. 69).

58

Gemessen hieran kommt eine Abweichung von dem Erfordernis des Einfügens hinsichtlich der räumlichen Lage des Vorhabens der Klägerin nicht in Betracht. Wie zuvor ausgeführt, hätte die Überbauung auch des letzten noch verbliebenen Abstands zur Hangkante zur Folge, dass sich auch andere Bauwillige auf die räumliche Lage dieser Bebauung berufen könnten, mit der weiteren Folge, dass in noch wesentlich stärkerem Maße als bisher einer Veränderung der Bebauungsstruktur in dem betreffenden Bereich Vorschub geleistet würde. Damit würde die streitige Erweiterung der Wohnbebauung Wirkungen hervorrufen, die über die Zulassung eines Einzelfalles hinausgehen. Soweit die Klägerin sowohl aus der Lage ihres Wohngebäudes an der Stichstraße als auch aus der Topografie, insbesondere mit Blick auf die Hangkante, eine besondere, mit den Verhältnissen anderer Grundstücke nicht vergleichbare Situation ihres Grundstücks herzuleiten versucht, vermag dies nicht zu überzeugen. Was die Belegenheit an der Stichstraße betrifft, ist schon nicht ersichtlich, inwiefern diese für die rückwärtige Bebauung eine Rolle spielt. Was die Geländeverhältnisse betrifft, sind diese mit der Situation auf den Grundstücken K.-Straße B bis G ohne weiteres vergleichbar. Denn die Grundstücke zeichnen sich in ihrem rückwärtigen Bereich ebenfalls durch eine deutlich hervortretende Hangkante zum Elbhang aus.

II.

59

Das dem Klageantrag zu 2. zugrunde liegende Vorhaben - der bereits im Rohbau fertigstellte weitere Anbau an die Schwimmhalle, der als Wohn- und Aufenthaltsraum für Personal (Gärtner/Hausmeister) dienen soll - erstreckt sich in den Außenbereich (dazu nachfolgend 1.) und ist nach dem Maßstab des § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig (dazu nachfolgend 2.).

60

1. Das streitige Vorhaben ist teilweise im Außenbereich gelegen.

61

Wie oben (unter I.1.b)bb)) bereits ausgeführt, bildet die über das gesamte Grundstück der Klägerin von Norden nach Süden verlaufende Kante des Geesthangs eine prägnante topografische Zäsur, die das Grundstück in einen Bereich oberhalb und einen Bereich unterhalb des Geländeversprungs teilt und den Eindruck rechtfertigt, dass der Innenbereich bis zur Hangkante reicht. Der sich unterhalb der Hangkante nach Südwesten fortsetzende, stark abschüssige und in den Elbhang übergehende Teil des klägerischen Grundstücks nimmt - wie die Ortsbesichtigung ergeben hat - nach der Verkehrsauffassung nicht mehr am Bebauungszusammenhang teil und ist deshalb dem Außenbereich zuzurechnen. Die Topografie, die natürliche Vegetation und der Abstand zwischen dem Gebäudekomplex der Klägerin und dem T.-Krankenhaus im Osten und der nächstgelegenen Bebauung auf dem Grundstück K.-Straße M im Südwesten von mehr als 200 m lassen den Eindruck eines über den Elbhang hinweg reichenden Bebauungszusammenhangs ausgeschlossen erscheinen. Der zwischen der Bebauung gelegene bewaldete Hang vermittelt eindeutig eine trennende Wirkung, die auch nicht dadurch aufgehoben wird, dass sich die Bebauung insgesamt annähernd hufeisenförmig um den Hang gruppiert. Ein Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der Bebauung östlich und westlich des Hangs stellt sich hierdurch nicht ein. Der Hang ist vielmehr als eine „Außenbereichsschneise“ im Innenbereich anzusehen.

62

Damit ist die Fläche, die das Vorhaben in Anspruch nimmt, bereits teilweise im Außenbereich gelegen. Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anhand einer Flurkante Einvernehmen über den Verlauf der Hangkante sowie darüber erzielt haben, dass sich der streitige Anbau an die Schwimmhalle danach noch oberhalb der Hangkante befindet, hat sich diese Annahme vor Ort als unzutreffend erwiesen. Wie die Inaugenscheinnahme des Berufungsgerichts ergeben hat, setzt der streitige Anbau zwar oberhalb der Hangkante an, ist aber gut zur Hälfte in den Hang hineingebaut und überschreitet die Hangkante in Richtung Westen um ca. 3,50 m.

63

2. Bei teilweiser Zuordnung der Fläche zum Außenbereich ist das unstreitig nicht privilegierte Vorhaben als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Danach ist es unzulässig, weil seine Ausführung in mehrfacher Hinsicht öffentliche Belange beeinträchtigt.

64

a) Zunächst ist gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans für die Freie und Hansestadt Hamburg vom 22. Oktober 1997 (HmbGVBl. S. 485, m.Ä.), nach dem Stand des sogenannten Konturenabgleichs im Januar 2015 (vgl. Bü-Drs. 20/14046 sowie Plenarprotokoll der Hamburgischen Bürgerschaft Nr. 20/105 S. 7934, 7935) gegeben, weil dieser die Vorhabenfläche als Grünfläche darstellt.

65

b) Ebenso liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange in Gestalt eines Widerspruchs zu den Darstellungen eines Landschaftsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB) vor. Denn das Landschaftsprogramm einschließlich Arten- und Biotopschutzprogramm für die Freie und Hansestadt Hamburg vom 14. Juli 1997 (HmbGVBl. S. 363, m.Ä.) stellt für den westlichen Teil des Grundstücks der Antragstellerin - etwa ab der Mitte des Gebäudekomplexes - und damit auch für die Vorhabenfläche das Milieu „Grünfläche“ dar. Dabei kann dahin stehen, ob unter einem Landschaftsplan i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB nur die von § 11 BNatSchG geforderten Landschaftspläne (so Dürr, a.a.O., § 35 Rn. 82; Roesner in: Berliner Kommentar zum BauGB, a.a.O., § 35 Rn. 65 noch unter Bezugnahme auf § 16 BNatSchG in der bis zum 28. Februar 2010 geltenden Fassung) zu verstehen sind oder ob § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB die in § 9 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG bezeichneten Instrumente der Landschaftsplanung insgesamt erfasst (so offenbar Söfker, a.a.O., § 35 Rn. 83). Denn jedenfalls werden gemäß § 11 Abs. 4 BNatSchG u.a. in dem Land Hamburg die Landschaftspläne durch das Landschaftsprogramm ersetzt, wenn in diesem die örtlichen Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege dargestellt werden. Das trifft auf das nach Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Hamburgischen Landesrechts auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 11. Mai 2010 (HmbGVBl. S. 350, 359, 369) als Landschaftsprogramm i.S.d. § 10 BNatSchG fortgeltende Landschaftsprogramm vom 14. Juli 1997 gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 HmbBNatSchAG zu. Denn danach werden die konkretisierten Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege für das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg sowohl landesweit als auch für die örtliche Ebene in einem Landschaftsprogramm dargestellt.

66

c) Ferner beeinträchtigt das Vorhaben der Klägerin den öffentlichen Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB. Eine im Sinne dieser Vorschrift siedlungsstrukturell negativ zu beurteilende Entwicklung ist auch bei einem „Ausufern“ eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich anzunehmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.10.1999, BauR 2000, 1175). Eine nicht durch verbindliche Bauleitplanung geordnete Ausweitung eines Ortsteils über den Bebauungszusammenhang hinaus in den Außenbereich ist ein Vorgang der städtebaulich unerwünschten, unorganischen Siedlungsweise; ihn zu vermeiden ist ein öffentlicher Belang i.S.d. § 35 Abs. 2 und 3 BauGB. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Vorhaben konkret geeignet ist, Nachfolgebebauung nach sich zu ziehen. In einem solchen Fall erfordern es die öffentlichen Belange, den ersten Ansätzen entgegenzutreten (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.1.1985, BauR 1985, 337). So verhält es sich auch hier. Denn jedenfalls das Nachbargrundstück K.-Straße B teilt mit dem Grundstück der Klägerin die Situation, dass es sich weit über die Hangkante hinaus erstreckt, die dort gegenwärtig ebenfalls die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich markiert. Mit dem Vorhaben der Klägerin würde der Bebauungszusammenhang über die Hangkante hinaus erweitert und die steuernde Kraft derselben als topografisches Abgrenzungsmerkmal zwischen Innen- und Außenbereich auch auf dem besagten Nachbargrundstück ernstlich in Frage gestellt. Bauwünsche nach einem ebenfalls in den jetzigen Außenbereich ausgreifenden Vorhaben sind nach Größe und Zuschnitt dieses Grundstücks ohne weiteres denkbar.

67

d) Diese Beeinträchtigung öffentlicher Belange ist auch nicht nach § 35 Abs. 4 BauGB unbeachtlich. Insbesondere ist nicht der Begünstigungstatbestand des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB gegeben, der die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen betrifft. Das folgt ungeachtet der in der Vorschrift im Einzelnen genannten Voraussetzungen bereits daraus, dass die erleichterte Zulassung der durch § 35 Abs. 4 BauGB begünstigten Vorhaben in allen Fallgruppen eine bereits im Außenbereich bestehende (oder zumindest dort früher vorhandene) bauliche Anlage voraussetzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.1.1993, a.a.O., 437). Das bisherige Wohngebäude der Klägerin ist jedoch im Innenbereich gelegen und würde erst durch seine Erweiterung in den Außenbereich hineinwachsen.

III.

68

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Ein Grund, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, besteht nicht.

Gründe

1

Die auf sämtliche Zulassungsgründe gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, so bereits BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 13. August 2015 - 4 B 15.15 - juris Rn. 3).

4

Die von der Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen,

ob eine einzelne optisch markante Baumreihe ähnlich wie ein Waldrand als natürliche Abgrenzung von Innen- und Außenbereich herangezogen werden kann, und

ob das Kriterium der "Gewähr für einen dauerhaften Bestand" ein notwendiges und/oder geeignetes Merkmal für die Feststellung ist, ob eine natürliche Gegebenheit als taugliche Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich herangezogen werden kann,

führen nicht zur Zulassung der Revision. Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift, zu der eine höchstrichterliche Entscheidung bislang noch nicht ergangen ist, ist allein deshalb von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und erst in einem Revisionsverfahren zu klären. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass die im Rechtsstreit aufgeworfene Frage aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht der Fall, wenn sich die umstrittene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und/oder des Gesetzeswortlautes mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt (z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 13. März 1992 - 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268 = juris Rn. 11 und vom 12. Juli 2012 - 4 B 13.12 - NVwZ 2012, 1565 Rn. 3). So liegt es hier.

5

In der Rechtsprechung des Senats ist hinreichend geklärt, nach welchen Kriterien die Abgrenzung des Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB zum Außenbereich (§ 35 BauGB) zu erfolgen hat. Danach ist ausschlaggebend für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört (BVerwG, Urteile vom 6. November 1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21>, vom 1. Dezember 1972 - 4 C 6.71 - BVerwGE 41, 227 <233 f.> und vom 19. September 1986 - 4 C 15.84 - BVerwGE 75, 34 <36>; Beschluss vom 18. Juni 1997 - 4 B 238.96 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 186 m.w.N.). Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (stRspr, zuletzt BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - juris Rn. 16 m.w.N.). Zu berücksichtigen sind dabei nur äußerlich erkennbare Umstände, d.h. mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138). Denn bei der Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich geht es darum, inwieweit ein Grundstück zur Bebauung ansteht und sich aus dem tatsächlich Vorhandenen ein hinreichend verlässlicher Maßstab für die Zulassung weiterer Bebauung nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche gewinnen lässt. Die (be-)wertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann sich angesichts dieser vom Gesetzgeber vorgegebenen Kriterien nur nach optisch wahrnehmbaren Merkmalen richten (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 - a.a.O.).

6

Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper (BVerwG, Urteile vom 22. März 1972 - 4 C 121.68 - BRS 25 Nr. 38 und vom 12. Oktober 1973 - 4 C 3.72 - Buchholz 406.11 § 125 BBauG Nr. 4; Beschluss vom 12. März 1999 - 4 B 112.98 - NVwZ 1999, 763). Örtliche Besonderheiten können es im Einzelfall aber ausnahmsweise rechtfertigen, ihm noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt (Damm, Böschung, Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind oder trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138 und vom 16. September 2010 - 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 12; Beschluss vom 20. August 1998 - 4 B 79.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 191). Maßgeblich ist dabei, ob diese besonderen topografischen oder geografischen Umstände den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang vermitteln (BVerwG, Urteile vom 29. November 1974 - 4 C 10.73 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 46 und vom 14. November 1991 - 4 C 1.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236). Ebenso wie ein Bebauungszusammenhang nicht unmittelbar mit dem letzten Baukörper zu enden braucht, verbietet sich umgekehrt die Annahme, dass notwendigerweise das letzte Grundstück in seinem gesamten Umfang vom Zusammenhang erfasst wird (BVerwG, Urteile vom 6. November 1968 - 4 C 47.68 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 20 = juris Rn. 19 und vom 3. März 1972 - 4 C 4.69 - BRS 25 Nr. 39 = juris Rn. 17). Wie weit der Bebauungszusammenhang im Einzelfall reicht, kann daher stets nur das Ergebnis einer Bewertung des konkreten Sachverhalts sein. Bei dieser Einzelfallbetrachtung ist zu fragen, ob sich tragfähige Argumente dafür finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt. Fehlt es hieran, so liegt - deshalb - Außenbereich vor (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1973 - 4 C 48.72 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 30 = juris Rn. 29). Lassen sich mithin im Anschluss an eine die Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB erfüllende Bebauung keinerlei Merkmale ausmachen, die eine zum Außenbereich hin abgrenzbare Fläche markieren und diese deshalb als noch zum Bebauungszusammenhang gehörig erscheinen lassen, dann endet der Bebauungszusammenhang mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987 - 4 B 249.87 - juris Rn. 1).

7

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist mit dem Verwaltungsgerichtshof davon auszugehen, dass bloße Baumreihen oder Hecken, selbst wenn sie optisch markant in Erscheinung treten und/oder ihr Bestand dauerhaft gesichert sein sollte, nicht geeignet sind, den Eindruck der Geschlossenheit und Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang zu erzeugen. Denn bei solchen Bewüchsen handelt es sich um typische Bestandteile der freien Landschaft. Sie sind mit den in der Rechtsprechung des Senats beispielhaft genannten "Waldrändern" nicht vergleichbar, weil letztere nicht - wie Baumreihen - isoliert in der Landschaft stehen, sondern Bestandteil eines Waldes sind und damit in der Regel eine markante Grenze zu einem größeren forstwirtschaftlich nutzbaren Bereich bilden. Unabhängig davon hat der Senat stets betont, dass zwar auch ein Waldrand als Grenze zwischen Innen- und Außenbereich anzusehen sein kann. Die der Beschwerde offensichtlich zugrunde liegende Annahme, dass dies immer oder regelmäßig so sein müsse, trifft allerdings nicht zu (BVerwG, Urteil vom 3. März 1972 - 4 C 4.69 - BRS 25 Nr. 39 = juris Rn. 18). Auch insofern kommt es maßgeblich auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles an.

8

Die weiter für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,

ob es einen Unterschied macht, ob die betreffende Baumreihe (oder sonstige natürliche Gegebenheit) naturschutzrechtlich unter Schutz gestellt ist, so dass sie der Disposition des Grundeigentümers weitgehend entzogen ist,

führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Sie sind auf der Grundlage vorstehend dargestellter Rechtsprechung ohne Weiteres zu verneinen. Darüber hinaus ist der Umstand einer naturschutzrechtlichen Unterschutzstellung keine mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheit der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse. Er kann daher für die Frage des Vorliegens eines Bebauungszusammenhangs keine Rolle spielen (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138).

9

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

10

Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

11

Die Beschwerde rügt, der Verwaltungsgerichtshof sei in seinem Urteil von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Januar 2005 - 4 B 3.05 - (juris), vom 2. August 2001 - 4 B 26.01 - (ZfBR 2002, 69) und vom 18. Juni 1997 - 4 B 238.96 - (Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 186) in entscheidungserheblicher Weise abgewichen. Das Gericht habe den Rechtssatz aufgestellt, dass Baumreihen oder Hecken selbst bei optischer Dominanz kein taugliches Kriterium für die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich seien, weil sie grundsätzlich der Disposition des Grundstückseigentümers unterlägen und damit nicht die Gewähr für einen dauerhaften Bestand böten. Es kann offenbleiben, ob die Beschwerde insofern den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Den genannten Entscheidungen lässt sich jedenfalls kein Rechtssatz zu Baumreihen entnehmen, dem der Verwaltungsgerichtshof mit vorstehender Aussage die Gefolgschaft verweigert hätte.

12

Auch die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof sei mit dem Rechtssatz, ein vermeidbarer Eingriff im naturschutzrechtlichen Sinne führe ungeachtet des eigenständigen Charakters der bauplanungs- und naturschutzrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Außenbereichsvorhabens ohne Weiteres zu einer Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 BauGB, von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2001 - 4 C 3.01 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 350) abgewichen, führt nicht zum Erfolg der Revision. Das gilt bereits deshalb, weil das Urteil nicht auf der behaupteten Abweichung beruht. Das Berufungsgericht ist - insofern selbständig tragend - davon ausgegangen, dass die drei verfahrensgegenständlichen Nebengebäude zu einer städtebaulich unerwünschten, unorganischen Siedlungsweise führten, die zu vermeiden ein öffentlicher Belang im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB sei (UA Rn. 28). Da bezüglich dieses Begründungsstrangs keine Revisionszulassungsgründe geltend gemacht worden sind, kann die Begründung zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 BauGB hinweggedacht werden, ohne dass sich am Ergebnis der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit der drei Nebengebäude etwas ändert.

13

3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Der geltend gemachte Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegt nicht vor.

14

Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachaufklärung grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 4 B 20.12 - BRS 79 Nr. 73 Rn. 6). Etwas anderes gilt nur, wenn sich dem Tatsachengericht eine weitere Sachaufklärung aufdrängen musste. Maßgeblich ist dabei der materiell-rechtliche Standpunkt des Tatsachengerichts, auch wenn dieser rechtlichen Bedenken begegnen sollte (stRspr, BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>).

15

Der anwaltlich vertretene Kläger wirft dem Verwaltungsgerichtshof vor, nicht ermittelt zu haben, ob er als Adressat des angefochtenen Bescheids als Handlungsstörer in Anspruch genommen werden durfte. Tatsächlich habe nicht er, sondern seine Ehefrau, die auch Grundstückeigentümerin sei, die Errichtung der verfahrensgegenständlichen Nebengebäude als Bauherrin zu verantworten. Die Frage der fehlenden Handlungsstörereigenschaft des Klägers hätte durch einfache Befragung der Ehefrau des Klägers geklärt werden können. Dass er einen hierauf gerichteten Beweisantrag gestellt hat, trägt der Kläger nicht vor. Auch legt er nicht dar, dass und warum sich dem Tatsachengericht, ausgehend von seiner für die Behandlung der Aufklärungsrüge maßgeblichen Rechtsauffassung, auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, die Heranziehung des Klägers als Handlungsstörer sei nicht zu beanstanden, denn er sei im Verwaltungsverfahren als "Bauherr" bezeichnet worden, habe dem bis zum Erlass des verfahrensgegenständlichen Bescheids nicht widersprochen und zudem in Aussicht gestellt, ggf. für das Gartenhaus einen Bauantrag zu stellen, weshalb die mit der ergänzenden Klagebegründung vom 19. April 2012 nachgeschobene Behauptung, die Ehefrau sei Bauherrin, die Rechtmäßigkeit seiner Heranziehung als Handlungsstörer nicht mehr in Frage stellen könne (UA Rn. 31). Gegen diese Annahmen wendet sich der Kläger (nur) im Stile einer Berufungsbegründung. Das wird den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht gerecht.

16

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung.

2

Die Klägerin betreibt auf dem Hafengelände von N. eine Schiffswerft. Mit Datum vom 20. Januar 2005 beantragte sie die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzung ihrer Bootslagerhalle als Parkhaus für ca. 250 Kraftfahrzeuge in den Sommermonaten und zum Bau von schotterunterlegten Parkplätzen für ca. 750 Kraftfahrzeuge auf der ca. 110 m tiefen, zwischen der Bootslagerhalle und dem östlichen Hafenschutzdamm gelegenen Freifläche. Die geplanten Stellplätze sind hauptsächlich für die Fahrzeuge von Gästen der Inseln J. und No. gedacht, die beabsichtigen, mit den im Hafen ablegenden Fährschiffen überzusetzen und ihre Fahrzeuge auf dem Festland zurückzulassen.

3

Die am 2. Juni 2005 erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zustehe. Dabei könne offen bleiben, ob das Vorhaben nach § 35 BauGB - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - oder nach § 34 BauGB zu beurteilen sei; denn es sei nach beiden Vorschriften nicht genehmigungsfähig. Der Senat hat der Revision der Klägerin stattgegeben (Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 = NVwZ 2011, 436) und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Die vorinstanzlich angeführten Gründe, warum das Vorhaben für den Fall seiner Innenbereichslage nicht nach § 34 BauGB zulässig sei, hielten der revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht stand. Ob dem Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung des § 35 BauGB ebenfalls Rechtsfehler unterlaufen seien, könne dahingestellt bleiben. Da das Oberverwaltungsgericht die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 34 BauGB und des § 35 BauGB alternativ verneint habe, genüge es für den Erfolg der Revision, dass der Begründungsteil gegen Bundesrecht verstoße, der § 34 BauGB betreffe.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung erneut zurückgewiesen und den mit dem Hauptantrag und in verschiedenen Varianten hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung, hilfsweise auf Feststellung, dass der Bauantrag zwischen dem 14. April 2005 und dem 14. Juli 2005 positiv hätte beschieden werden müssen, mit der Begründung verneint, das Baugrundstück liege im Außenbereich und das nicht privilegierte Vorhaben könne dort nicht zugelassen werden, weil die zeitweilige Umnutzung der Bootslagerhalle zum Parkhaus die Verfestigung und die beabsichtigte Nutzung der Freifläche im Anschluss an die Halle als Parkplatz die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lasse.

5

Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

6

Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte den Bebauungsplan Nr. 92 "Hafen" in Kraft gesetzt, der nach seinen textlichen Festsetzungen Stellplätze ausschließlich für Hafenbedienstete, Bedienstete der Betriebe, Fischer und Kunden zulässt und für Zwecke des Dauerparkens durch z.B. Inselbesucher ausschließt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht mit Bundesrecht im Einklang.

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1. Im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 92 "Hafen" ist das Vorhaben der Klägerin nicht genehmigungsfähig, weil es den Festsetzungen des Plans zur Art der baulichen Nutzung widerspricht (§ 30 Abs. 1 BauGB). Der Bebauungsplan lässt Stellplätze für Zwecke des Dauerparkens z.B. durch Inselbesucher nicht zu. Das Inkrafttreten des Bebauungsplans ist eine Rechtsänderung, die im Revisionsverfahren zu beachten ist. Das Revisionsgericht hat Rechtsänderungen, die während des Revisionsverfahrens eintreten, in gleichem Umfang zu berücksichtigen, wie sie die Vorinstanz zu berücksichtigen hätte, wenn sie jetzt entschiede (Urteil vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 11; stRspr). Da eine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung nur begründet ist, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein Genehmigungsanspruch besteht, müsste auch das Oberverwaltungsgericht den Bebauungsplan berücksichtigen.

9

2. Auch im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 92 "Hafen" ist das - teilbare - Vorhaben seit Bauantragstellung weder ganz noch teilweise genehmigungsfähig. Das Oberverwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht entschieden, dass das Vorhaben im Außenbereich liegt und seine Zulassung als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB ausgeschlossen ist, weil es die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) und deshalb öffentliche Belange beeinträchtigt.

10

a) Die Zuordnung des Bauvorhabens zum Außenbereich durch das Oberverwaltungsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

11

Ein Vorhaben liegt im Außenbereich, wenn es nicht Bestandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ist. Für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs ist ausschlaggebend, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung - trotz etwa vorhandener unbebauter, aber bebauungsfähiger Grundstücke (Baulücken im engeren Sinne) oder freier Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (stehendes oder fließendes Gewässer) oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung (Sportplätze, Erholungsflächen) einer Bebauung entzogen sind - den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt (Urteil vom 1. Dezember 1972 - BVerwG 4 C 6.71 - BVerwGE 41, 227 <233>). Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (Urteil vom 14. November 1991 - BVerwG 4 C 1.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236; stRspr). Diese Aufgabe zu erfüllen ist Sache des Tatsachengerichts. An dessen Wertung und Bewertung ist das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, es sei denn, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung beruht auf einem Rechtsirrtum oder verstößt gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze, zu denen die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze zählen (vgl. Urteil vom 13. Juli 2006 - BVerwG 4 C 2.05 - BVerwGE 126, 233 <238> m.w.N.). Ein solcher die Bindung ausschließender Grund ist hier nicht gegeben.

12

Nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts ist das Bauvorhaben weder Bestandteil der südlich des Hafengeländes gelegenen Wohnbebauung noch Bestandteil der Bebauung im Westhafen noch Bestandteil der Bebauung im westlichen Teil des Osthafens. Von der Wohnbebauung sei es durch den Hauptdeich, von den baulichen Anlagen im Westhafen und im westlichen Teil des Osthafens durch das Wasserbecken, das (auch) für die Werft genutzt werde, sowie die Wasserfläche östlich der Mole getrennt, die ihrerseits das Hafengelände in den Westhafen und den Osthafen teile. Zwischen der Bebauung unmittelbar an der Ostseite der Mole (Kfz-Werkstatt, Polizei, Bauhof) und der Bebauung östlich der Wasserfläche des Osthafens, zu der neben der Bootslagerhalle der Klägerin noch weitere vier Gebäude gehörten, bestehe kein Zusammenhang, weil die jeweiligen Gebäudeansammlungen durch das Hafenbecken, das der Werftanlage der Klägerin diene, getrennt und zudem durch die Entfernung von ca. 200 m räumlich deutlich voneinander abgesetzt seien. Die Verbindung durch eine langgestreckte, gepflasterte und als Fahrweg dienende Fläche vermittle den Eindruck der Zusammengehörigkeit nicht. Fehlerhafte Rechtssätze liegen dieser Würdigung nicht zugrunde. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats und wird von ihm als Regelfall bezeichnet, dass durch Geländehindernisse, Erhebungen, aber auch durch Einschnitte im Landschaftsbild, wie etwa einen Fluss oder einen Graben, Bebauungszusammenhänge unterbrochen werden (Beschluss vom 27. Mai 1988 - BVerwG 4 B 71.88 - BRS 48 Nr. 45 S. 127). Ebenfalls anerkannt ist, dass sich mit wachsender Größe einer Freifläche deren trennender Eindruck verstärken kann (vgl. Beschluss vom 12. März 1999 - BVerwG 4 B 112.98 - NVwZ 1999, 763) und eine Straße nicht immer oder auch nur regelmäßig eine verbindende Funktion hat (Urteil vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 4 C 40.87 - DVBl 1991, 810). Dass die Bebauung am Eingang zur und unmittelbar an der Mole im Osthafen durch eine aufgelockerte Struktur mit großen Freiflächen gekennzeichnet und deshalb die Freifläche zu der 200 m entfernten Bebauung im östlichen Teil des Osthafens für die maßstabbildende Bebauung charakteristisch ist, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt, wird von der Klägerin nicht substanziiert dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.

13

Die befestigten Stell- und Lagerflächen, die sich unmittelbar westlich an die Bootslagerhalle der Klägerin anschließen, stellen nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts den Bebauungszusammenhang nicht her. Das ist im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden. Zur Begründung darf allerdings nicht darauf abgestellt werden, dass die Bebauung im östlichen Teil des Osthafens nicht als Ortsteil, sondern nur als Splittersiedlung angesehen werden kann (UA S. 11). Die Tatbestandsmerkmale "im Zusammenhang bebaut" und "Ortsteil" gehen nicht ineinander auf, sondern sind kumulativer Natur. Wenn eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken noch den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt, ist - in einem nächsten Schritt - zu klären, ob der Bebauungszusammenhang nach seinem siedlungsstrukturellen Gewicht Ortsteilqualität hat; denn nur ein Bebauungszusammenhang, der auch Ortsteil ist, kann zu einem Baurecht nach § 34 BauGB führen (Urteil vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 4 C 7.98 - BRS 60 Nr. 81 S. 306). Das hat das Oberverwaltungsgericht möglicherweise verkannt. Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB fallen indes nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter mitzuprägen (Urteil vom 14. September 1992 - BVerwG 4 C 15.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 152 S. 67). Der Senat hat hieraus gefolgert, mit den Begriffen "Bauten", "Bebauung" und "Siedlung" sei nichts anderes gemeint, als dass die betreffenden Anlagen und Flächen dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen sollen (Senatsurteil vom 17. Februar 1984 - BVerwG 4 C 55.81 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 97 S. 34). Befestigte Stellplätze sind daher, wie auch das Oberverwaltungsgericht zutreffend herausgestellt hat (UA S. 9), für sich allein genommen keine Bauten, die einen Bebauungszusammenhang begründen oder an seiner Entstehung mitwirken können (Beschluss vom 10. Juli 2000 - BVerwG 4 B 39.00 - NVwZ 2001, 70). Ihnen fehlt die maßstabbildende Kraft, weil sie sich dem Beobachter bei einer optischen Bewertung eher als unbebaut darstellen (Urteil vom 14. September 1992 a.a.O.).

14

Zu Unrecht wirft die Klägerin dem Oberverwaltungsgericht vor, gegen Denkgesetze verstoßen zu haben. Das Oberverwaltungsgericht habe in seinem Urteil festgestellt, dass der Anwendungsbereich des § 34 BauGB - von der Mole aus gesehen - vor/mit den befestigten Freiflächen (Stell- und Lagerplätze) ende. Damit habe es zum Ausdruck gebracht, dass der übrige Hafenbereich zum Innenbereich gehöre. Im Widerspruch dazu habe es an anderer Stelle offen gelassen, ob der übrige Hafenbereich Ortsteilqualität habe. Die Kritik der Klägerin verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Das Baugrundstück der Klägerin liegt im Außenbereich, weil es keinem Bebauungszusammenhang angehört. Ob und wie weit der Hafenbereich aus Richtung Westen durch eine Innenbereichslage gekennzeichnet ist, ist nicht entscheidungserheblich.

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht angenommen, dass es sich bei dem Vorhaben der Klägerin um ein sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB und nicht um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB handelt. Das Vorhaben kann namentlich nicht den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB in Anspruch nehmen; denn es dient keinem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb.

16

Nach der bindenden Würdigung des Oberverwaltungsgerichts ist die Stellplatzvermietung nicht Bestandteil des ortsgebundenen Werftbetriebs. Sie kann auch nicht als "mitgezogener" Betriebsteil an der Privilegierung der Werft teilnehmen. Für sich allein, als von der Werft unabhängiges "zweites betriebliches Standbein" ist sie kein ortsgebundener gewerblicher Betrieb. Ortsgebunden im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist ein Gewerbe nur dann, wenn es nach seinem Gegenstand und seinem Wesen ausschließlich an der fraglichen Stelle betrieben werden kann (Urteil vom 16. Juni 1994 - BVerwG 4 C 20.93 - BVerwGE 96, 95 <98>). Hierfür genügt nicht, dass sich der Standort aus Gründen der Rentabilität anbietet oder gar aufdrängt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Betrieb auf die geografische oder geologische Eigenart der Stelle angewiesen ist, weil er an einem anderen Ort seinen Zweck verfehlen würde (Urteil vom 7. Mai 1976 - BVerwG 4 C 43.74 - BVerwGE 50, 346 <348>). Das ist hier, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, nicht der Fall. Die geplanten Stellplätze sind entgegen der Darstellung der Klägerin nicht Bestandteil der Abfertigungsanlagen für die Fährschifffahrt. Zu den Abfertigungsanlagen gehören diejenigen Anlagen, auf die der Fährbetrieb angewiesen ist, um seine Transportleistungen über See abwickeln zu können. Dazu mögen dem Anleger zugeordnete Parkplätze zählen, auf denen zur Einschiffung bestimmte Fahrzeuge abgestellt werden, nicht aber Parkplätze, die für diejenigen Fahrgäste der Fährschiffe vorgesehen sind, die ihr Fahrzeug auf dem Festland stehen lassen.

17

Der Einordnung der als Parkhaus genutzten Bootslagerhalle als sonstiges Vorhaben steht nicht entgegen, dass die Halle weiterhin auch privilegiert genutzt werden darf. Erfüllt ein Vorhaben mit einer Nutzung die Voraussetzungen der Privilegierung und mit einer anderen Nutzung nicht, so bestimmt sich die Zulässigkeit - außer im Fall der "Mitziehung" - teilweise nach dem ersten und teilweise nach dem zweiten Absatz des § 35 BauGB (Weyreuther, Bauen im Außenbereich, Kapitel: Privilegierung von nur im Außenbereich auszuführenden Vorhaben Nr. 26, S. 388).

18

c) Das Oberverwaltungsgericht hat dem Vorhaben den öffentlichen Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB entgegengehalten. Soweit es um die zeitweilige Umnutzung der Halle gehe, sei die Verfestigung, soweit die Nutzung der Freifläche im Anschluss an die Halle betroffen sei, die Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten. Dagegen ist bundesrechtlich nichts zu erinnern.

19

Eine Splittersiedlung ist eine Ansammlung von baulichen Anlagen, die zum - wenn auch eventuell nur gelegentlichen - Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (Urteil vom 9. Juni 1976 - BVerwG 4 C 42.74 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 128 S. 31); das schließt gewerbliche Anlagen ein (Urteil vom 18. Februar 1983 - BVerwG 4 C 19.81 - BVerwGE 67, 33 <38>). Der Charakter einer Ansiedlung als Splittersiedlung ergibt sich vor allem aus der Entgegensetzung zum Ortsteil (Urteil vom 3. Juni 1977 - BVerwG 4 C 37.75 - BVerwGE 54, 73 <76>). Während unter einem Ortsteil jeder Bebauungszusammenhang zu verstehen ist, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (Urteile vom 6. November 1968 - BVerwG 4 C 31.66 - BVerwGE 31, 22 <26> und vom 3. Dezember 1998 a.a.O. S. 307), ist eine Splittersiedlung eine bloße Anhäufung von Gebäuden. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts vermittelt die Bebauung östlich des östlichen Hafenbeckens den Eindruck einer unorganischen Streubebauung ohne das für die Einstufung als Ortsteil ausreichende Gewicht. An diese Feststellung ist der Senat gebunden.

20

Mit Recht hat das Oberverwaltungsgericht für die Einstufung des Bebauungskomplexes als Splittersiedlung nicht darauf abgestellt, ob die dem Komplex angehörenden Gebäude privilegiert zulässig sind. Auch eine Ansammlung privilegierter Bauvorhaben kann eine Splittersiedlung sein; denn der öffentliche Belang, die Entstehung einer Splittersiedlung zu vermeiden, kann auch einem privilegierten Vorhaben entgegenstehen (vgl. Urteil vom 22. November 1985 - BVerwG 4 C 71.82 - BRS 44 Nr. 76 S. 174 amtlicher Leitsatz Nr. 3). Wenn das regelmäßig nicht der Fall ist, liegt das daran, dass der Gesetzgeber solche Vorhaben im Außenbereich gerade bevorrechtigt (Urteil vom 19. Juni 1991 - BVerwG 4 C 11.89 - BRS 52 Nr. 78 S. 198), und nicht daran, dass sie nichts zur Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung beitragen können.

21

Splittersiedlungen sind allerdings nicht schon um ihrer selbst willen zu missbilligen. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB wertet die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung nicht schlechthin als Beeinträchtigung öffentlicher Belange, sondern stellt darauf ab, ob diese Entwicklung zu befürchten ist. Zu befürchten ist das Entstehen einer Splittersiedlung nur dann, wenn das Vorhaben zum Bestehen einer unerwünschten Splittersiedlung führt; unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Nicht anders liegt es mit der Erweiterung, d.h. der räumlichen Ausdehnung, und der Verfestigung, d.h. der Auffüllung des schon bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereiches. Auch sie sind zu missbilligen, d.h. zu befürchten und unerwünscht, nur dann, wenn in ihnen ein Vorgang der Zersiedlung gesehen werden muss (Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O.). Das anzunehmen rechtfertigt sich in aller Regel. Eine Ausnahme hat der Senat namentlich für den - hier nicht vorliegenden Fall - angenommen, dass sich die Streubebauung als herkömmliche - und nicht nur mehrfach vorhandene (Beschluss vom 19. April 1994 - BVerwG 4 B 77.94 - BRS 56 Nr. 60 S. 179) - Siedlungsform in der Gemeinde darstellt (Urteil vom 9. Juni 1976 a.a.O. S. 35). Auch die Berechtigung der regelhaften Annahme eines Vorgangs der Zersiedlung bedarf freilich - zumindest in Fällen der Verfestigung - einer konkreten Begründung (Beschluss vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 B 23.04 - BRS 67 Nr. 109 S. 481).

22

aa) Die Bootslagerhalle soll monateweise zu anderen als dem genehmigten Zweck genutzt werden. Nach der Rechtsprechung des Senats kann nicht nur die Errichtung, sondern auch die - wie hier - vom Vorhabenbegriff des § 29 Abs. 1 BauGB mitumfasste Änderung der baulichen Nutzung einer baulichen Anlage die unerwünschte Verfestigung einer Splittersiedlung auslösen (Urteil vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 50.87 - BRS 48 Nr. 58 S. 157 f.; Beschluss vom 24. Februar 1994 - BVerwG 4 B 15.94 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 294 S. 7). Unerwünscht ist die Verfestigung u.a. dann, wenn das Vorhaben eine weit reichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare Konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten werden (Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O. S. 78; Beschluss vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 481). Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich (weiter) zersiedelt werden würde. Weit reichend ist die Vorbildwirkung deshalb immer dann, wenn sich das Vorhaben und die weiteren Vorhaben, die nicht verhindert werden könnten, zusammen der vorhandenen Splittersiedlung nicht unterordnen, sondern diese erheblich verstärken und dadurch eine weiter gehende Zersiedlung des Außenbereichs bewirken würden (Urteil vom 27. August 1998 - BVerwG 4 C 13.97 - BRS 60 Nr. 92 S. 350). Besonderes Gewicht hat das öffentliche Interesse an der Verhinderung einer Zersiedlung in einer - wie vorliegend - räumlich verhältnismäßig beschränkten, nach ihrer Landschaftsstruktur von der Umgebung klar abgehobenen Außenbereichsfläche (vgl. Beschluss vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 482). Der Tatbestand des Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung setzt nicht voraus, dass als Folge der Zulassung des insoweit öffentliche Belange beeinträchtigenden Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Es genügt, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Verfestigung einer Splittersiedlung) versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. Berufungsfall geschaffen würde (Beschluss vom 2. September 1999 - BVerwG 4 B 27.99 - BRS 62 Nr. 117 S. 509).

23

Das Oberverwaltungsgericht hat den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass die Nutzung der Halle als Parkhaus, die an der Nachahmung interessierten Gewerbebetreibenden kaum würde verborgen bleiben können, im Falle ihrer Genehmigung negative Vorbildwirkung entfalten und einer (gewerblichen) Bebauung der Spülfelder nördlich der Halle, die die vorhandene Splittersiedlung erheblich erweitere, Vorschub leisten könne. Die Spülfelder seien für eine Bebauung geeignet und in der Vergangenheit bereits konkret in den Blick genommen worden. So seien in einem früheren Internet-Auftritt der Fa. N. die Spülfelder nördlich des Grundstücks der Klägerin bereits als Gewerbeflächen angeboten worden. Wenn auch dieser Internetauftritt nicht mehr zugänglich sei, zeige sich jedoch, wie sich die Vorbildwirkung für diese Grundstücke bereits konkretisiert habe. Besonderes Gewicht erhalte dieser Umstand dadurch, dass das Gelände durch die umgebende Wasserfläche räumlich abgegrenzt sei. Andererseits biete gerade diese Tatsache in Verbindung mit der dennoch gegebenen Ausdehnungsmöglichkeit der nutzbaren Fläche auf den Spülfeldern in besonders hohem Maße Anreizwirkung zur baulichen Ausnutzung und folgenden Zersiedlungswirkung. An die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung ist der Senat gebunden. Es steht daher fest, dass auch von anderer Seite Druck auf den Außenbereich ausgeübt wird und eine Genehmigung der Nutzung der Bootslagerhalle als Parkhaus in den Sommermonaten als Präzedenzfall zum Anlass genommen werden könnte, die Inanspruchnahme des Außenbereichs zu nicht privilegierten Zwecken voranzutreiben. In einem solchen Fall erfordern es die öffentlichen Belange, den ersten Ansätzen entgegenzutreten (vgl. Urteil vom 25. Januar 1985 - BVerwG 4 C 29.81 - BRS 44 Nr. 87 S. 208).

24

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die zeitweilige Nutzung der Halle als Parkhaus geeignet, zur Verfestigung der Splittersiedlung beizutragen. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht eine Beeinträchtigung des in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB genannten öffentlichen Belangs nicht im Hinblick darauf verneint, dass der Baukörper schon vorhanden ist, Bestandsschutz genießt, äußerlich nicht verändert wird und für ein Drittel des Jahres privilegiert weitergenutzt wird. Auch durch eine Nutzungsänderung ohne jede äußere Änderung des Baukörpers kann die Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung aufkommen (Beschluss vom 14. Juli 1975 - BVerwG 4 B 4.75 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 121 S. 11 f.). Rechtlich ohne Belang ist, dass die Halle noch periodisch für privilegierte Zwecke weitergenutzt werden soll. Die Halle ist für das vorliegende Genehmigungsverfahren so zu behandeln, als würde sie errichtet werden, um als Parkhaus zu dienen. Wäre die privilegierte Nutzung schon eingestellt worden, stünde das - wie auch die Klägerin nicht in Abrede stellt - außer Frage. Die nur teilweise Aufgabe der privilegierten Nutzung führt auf kein anderes Ergebnis. Zum einen entfällt die negative Vorbildwirkung der neuen Nutzung nicht und ist nicht einmal deshalb abgeschwächt, weil sie nur zeitweise ausgeübt wird. Zum anderen würde der Klägerin im Falle der Genehmigung der neuen Nutzung der Anreiz genommen, im Fall einer dauerhaften Einstellung der privilegierten Nutzung den Rückbau der funktionslos gewordenen Bootslagerhalle zu erwägen, und träte der vom Gesetzgeber mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 BauGB missbilligte Zustand ein, dass eine nicht privilegierte Inanspruchnahme des Außenbereichs für die Zukunft festgeschrieben wird.

25

bb) Mit dem Außenparkplatz wird die Splittersiedlung erweitert, d.h. räumlich in den Außenbereich ausgedehnt (vgl. Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O. S. 76). Auch die Errichtung einer nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmten baulichen Anlage, die die Ausweitung einer in einer Splittersiedlung ausgeübten oder auszuübenden Nutzung ermöglicht, kann die Splittersiedlung verfestigen (Beschluss vom 7. September 1984 - BVerwG 4 B 188.84 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 215 S. 109). Anders als unter bestimmten Voraussetzungen einer Verfestigung streitet gegen die Erweiterung einer Splittersiedlung "gewissermaßen eine starke Vermutung"; die Missbilligung einer Erweiterung rechtfertigt sich in der Regel ohne Weiteres (Urteil vom 28. Oktober 1983 - BVerwG 4 C 70.78 - BRS 40 Nr. 93 S. 231). Besondere Gründe, aus denen hier die Erweiterung der Splittersiedlung bauplanungsrechtlich zu billigen wäre - insbesondere um sie abzurunden -, ergeben sich aus dem vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt nicht.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

M 2 K 14.3278

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 24. März 2015

2. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1030

Hauptpunkte: Wasserrecht; Anlagengenehmigung für Verlängerung eines Stegs; bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit; Bezugsfallwirkung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... - Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

gegen

... - Beklagter -

wegen Wasserrecht; Verlängerung eines Stegs

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 2. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. März 2015 am 24. März 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Anlagengenehmigung zur Verlängerung eines Stegs im Bereich des Seeufergrundstücks ... Straße 25 (Fl. Nr. ..., Gemarkung ... (nachfolgend stets)) im Gebiet der Stadt ...

Mit Schreiben vom 8. April 2014, beim Landratsamt ... eingegangen am 10. April 2014, beantragte der Kläger die wasserrechtliche Genehmigung für die Verlängerung des bestehenden Stegs in zwei Alternativen: Zum einen eine Verlängerung des bestehenden, nach Angaben des Klägers ca. 3 m langen Stegs um 3 m, hilfsweise, eine Verlängerung um 3 m bei gleichzeitiger Verschmälerung des Stegs auf voller Länge, so dass sich die Fläche des Stegs nicht verändert.

Mit Bescheid vom ... Juli 2014, dem Kläger zugestellt am 9. Juli 2014, lehnte das Landratsamt ... den Antrag des Klägers vom 8. April 2014 ab (Ziffer 1.) und entschied, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens in Höhe von 50,00 € zu tragen habe (Ziffer 2.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Steg sei als bauliche Anlage auch im durchzuführenden wasserrechtlichen Verfahren am materiellen Baurecht zu messen. Es handle sich um ein nicht privilegiertes Außenbereichsvorhaben, das öffentliche Belange beeinträchtige und deshalb bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Als im Einzelnen beeinträchtigte öffentliche Belange wurden genannt: § 35 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 5 und Nr. 7 BauGB.

Am 30. Juli 2014 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht München erheben und beantragen:

I.

Der Bescheid des Landratsamts ... vom ... Juli 2014 wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag vom 8. April 2014 auf Verlängerung des bestehenden Stegs vor dem Grundstück ... Straße 25, ..., um 3 m zu genehmigen.

Hilfsweise:

Der Beklagte wird verpflichtet, die Stegverlängerung um 3 m zu genehmigen, wobei der gesamte Steg (Bestand und Neubau) auf die Hälfte der bisherigen Stegbreite verschmälert wird.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 17. September 2014 im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben werde zu Unrecht als bauplanungsrechtlich unzulässig erachtet. Das Vorhaben würde im Innenbereich verwirklicht werden. Als ortsbildprägend seien die nördlich und südlich des Baugrundstücks befindlichen massiven Bootshütten einschließlich der dort befindlichen Steganlagen anzusehen, mithin die Grundstücke einschließlich der vorgelagerten Seefläche Fl. Nrn. ... und ... Die massiven Bootshäuser auf diesen Grundstücken würden in erheblicher Tiefe in den ... reichen, der verlängerte Steg würde deutlich geringer in den See hinein reichen. Insofern nehme der Steg am Bebauungszusammenhang teil. Aufgrund der beidseits vorhandenen baulichen Anlagen füge sich der verlängerte Steg nach Art und Maß in die Umgebungsbebauung ein und sei damit planungsrechtlich zulässig. Selbst wenn man jedoch vertreten wollte, die Steganlage würde im Außenbereich verwirklicht werden, würde sie keine öffentlichen Belange i. S. v. § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigen. Im Folgenden setzt sich der Klägerbevollmächtigte im Einzelnen mit den seitens des Beklagten als beeinträchtigt angenommenen öffentlichen Belangen auseinander. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass bereits eine 3 m in den See reichende, genehmigte Steganlage vorhanden sei. Der Wunsch der Verlängerung resultiere aus der Tatsache, dass das Ostufer des ... stark verlandet und ein Heranfahren mit einem Boot auch bei niedrigem Wassergang des Boots nicht mehr möglich sei. Der gegenwärtige Steg habe seine Funktion verloren.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 12. Januar 2015,

die Klage abzuweisen.

Das Vorhaben sei planungsrechtlich unzulässig. Der gesamte Bereich westlich der B ..., beginnend bei Grundstück Fl. Nr. ... im Norden und endend selbst unter Einschluss des Grundstücks Fl. Nr. ... im Süden stelle aufgrund der trennenden Wirkung der B ... einen Siedlungssplitter im Außenbereich dar. Wegen der beeinträchtigten öffentlichen Belange werde auf die Stellungnahme des Landratsamts ... vom 27. November 2014 verwiesen. Selbst wenn man aber von einem Gebiet nach § 34 BauGB ausgehe, sei das Vorhaben in einem dann vorliegenden faktischen reinen oder allgemeinen Wohngebiet unzulässig.

Mit Schriftsätzen vom 2. Februar und 17. März 2015 nahm der Klägerbevollmächtigte umfassend zu der Klageerwiderung Stellung.

In der mündlichen Verhandlung am 24. März 2015 wiederholten und vertieften die Beteiligten, auch unter Erörterung möglicher Bezugsfälle, ihre schriftsätzlich vorgetragenen Argumente.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber im Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) auf Erteilung der begehrten wasserrechtlichen Anlagengenehmigung, da beide beantragten Alternativen der Verlängerung des vorhandenen Stegs bauplanungsrechtlich unzulässig sind.

1. Für die Verwirklichung des Vorhabens des Klägers ist eine wasserrechtliche Anlagengenehmigung erforderlich, deren Erteilung auch die Einhaltung der bauplanungsrechtlichen Vorschriften voraussetzt.

Nach § 36 Satz 1 WHG sind Anlagen in, an, über und unter oberirdischen Gewässern so zu errichten, zu betreiben, zu unterhalten und stillzulegen, dass keine schädlichen Gewässerveränderungen zu erwarten sind und die Gewässerunterhaltung nicht mehr erschwert wird, als es den Umständen nach unvermeidbar ist. Anlagen in diesem Sinne sind insbesondere bauliche Anlagen wie Stege. Nach Art. 20 Abs. 1 BayWG dürfen derartige Anlagen u. a. an Gewässern erster Ordnung wie vorliegend am ... (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayWG i. V. m. Anlage 1, lfd. Nr. 80), die weniger als sechzig Meter von der Uferlinie entfernt sind, nur mit Genehmigung der Kreisverwaltungsbehörde errichtet oder wesentlich geändert werden.

Nach Art. 20 Abs. 5 Satz 1 BayWG entfällt das Erfordernis einer wasserrechtlichen Anlagengenehmigung, wenn für das Vorhaben eine Baugenehmigung, eine bauaufsichtliche Zustimmung oder eine Genehmigung nach § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG zu erteilen ist. Vorliegend bedarf der Steg nach Art. 56 Satz 1 Nr. 1 BayBO jedoch keiner baurechtlichen Gestattung.

Gemäß Art. 20 Abs. 4 Satz 2 BayWG darf die Genehmigung nur versagt werden, soweit das Wohl der Allgemeinheit es erfordert, d. h. es besteht ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung, soweit keine Versagungsgründe vorliegen. Insoweit beschränkt sich der Prüfungsmaßstab der wasserrechtlichen Anlagengenehmigung an sich auf - vorliegend vom Beklagten bislang nicht geltend gemachte - wasserwirtschaftliche Belange (vgl. Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand September 2014, Art. 20 BayWG Rn. 45 ff.). Wegen Art. 55 Abs. 2, Art. 56 Satz 2 BayBO sind jedoch die bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 29 ff. BauGB auch im wasserrechtlichen Verfahren zur Erteilung der Anlagengenehmigung zu beachten (BayVGH, B. v. 11.6.2013 - 8 ZB 12.784 - juris Rn. 26; Dhom in Simon/Busse, BayBO, Stand Juli 2014, Art. 56 Rn. 59). Dies ist zwischen den Beteiligten letztlich auch nicht streitig.

2. Bei dem Vorhaben des Klägers würde es sich - auch das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig - um die Errichtung oder Änderung einer baulichen Anlage i. S. v. § 29 Abs. 1 BauGB handeln. Insbesondere kommt dem Vorhaben trotz der geringen Ausmaße des Stegs die erforderliche bauplanungsrechtliche Relevanz zu, d. h. dass die Anlage - auch und gerade bei einer unterstellten Häufung derartiger Anlagen - die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange in einer Weise berühren kann, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen (vgl. BVerwG, U. v. 7.5.2001 - 6 C 18.00 - juris Rn. 18).

3. Das Vorhaben würde im bauplanungsrechtlichen Außenbereich verwirklicht werden. Der Standort der Stegverlängerung liegt - unstreitig - weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans noch - aus folgenden Gründen - innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (bauplanungsrechtlicher Innenbereich, § 34 Abs. 1 BauGB). Dabei bedurfte es keiner Durchführung eines Augenscheins, da die im Gerichtsakt befindlichen Lichtbilder sowie die vom Gericht zur Beurteilung herangezogenen Lagepläne und Luftbilder die örtliche Situation in ihren für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Merkmalen so eindeutig ausweisen, dass sich der mit einer Ortsbesichtigung erreichbare Zweck mit ihrer Hilfe ebenso zuverlässig erfüllen ließ (vgl. BVerwG, B. v. 3.12.2008 - 4 BN 26/08 - juris Rn. 3).

Nach allgemeiner Auffassung (vgl. etwa: BayVGH, B. v. 1.7.2009 - 1 ZB 07.1653 - juris Rn. 9) ist ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil i. S. v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB jede Bebauung im Gebiet einer Gemeinde, die - trotz vorhandener Baulücken - den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit erweckt, nach Anzahl der vorhandenen Gebäude ein gewisses Gewicht hat und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist.

Gemessen hieran ist zunächst festzustellen, dass es auf die Beantwortung der zwischen den Beteiligten kontrovers erörterte Frage, ob das Grundstück Fl. Nr. ... und insbesondere das darauf befindliche Wohngebäude im Innen- oder im Außenbereich liegt, nicht ankommt. Die Stegverlängerung läge westlich davon im .... Selbst wenn das Gebäude auf Fl. Nr. ... dem Innenbereich zuzuordnen ist, endet der Bebauungszusammenhang im Bereich dieses Gebäudes - unabhängig von den Grundstücksgrenzen - grundsätzlich an der südwestlich ausgerichteten Gebäudeseite (vgl. etwa: BayVGH, a. a. O.; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 1.11.2014, § 34 BauGB Rn. 25), der Standort der Stegverlängerung liegt jenseits davon. Zwar können im Einzelfall für die Abgrenzung vom Innen- zum Außenbereich beim „letzten“ Gebäude nicht die Gebäudegrenzen, sondern ausnahmsweise auch topographische Besonderheiten maßgeblich sein (vgl. BVerwG, B. v. 2.3.2000 - 4 B 15.00 - juris Rn. 4). Selbst wenn man diese Ausnahme vorliegend im Hinblick auf die mit dem Wohngebäude optisch eine Einheit darstellende massive Uferverbauung als Abgrenzung zur nahen Seefläche als einschlägig ansehen wollte, änderte dies nichts daran, dass der Bereich westlich davon im See, wo die Stegverlängerung erfolgen soll, dem Außenbereich zuzurechnen ist. Er stellt keinen Bestandteil dieser Bebauung mehr dar, sondern eine Erweiterung in den Außenbereich hinein, nämlich in die Seefläche.

Hieran ändert sich auch nichts unter Berücksichtigung der Argumentation des Klägerbevollmächtigten im Hinblick auf die vor den Grundstücken Fl. Nr. ... und ... einerseits sowie Fl. Nr. ... andererseits gelegenen, von der Uferlinie aus gesehen weiter als der klägerische Steg (selbst in der beantragten Länge) in den See hineinragenden baulichen Anlagen. Nichts, auch nicht der klägerische Vortrag, deutet darauf hin, dass es sich bei diesen baulichen Anlagen um zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmte Gebäude handeln würde. In aller Regel können aber nur solche Gebäude überhaupt einen Bebauungszusammenhang i. S. v. § 34 Abs. 1 BauGB vermitteln (BVerwG, B. v. 2.4.2007 - 4 B 7/07 - juris Rn. 5; B. v. 2.8.2001 - 4 B 26/01 - juris Rn. 5; Jäde in Jäde/Dirn-berger/Weiß, BauGB/BauNVO, 7. Aufl. 2013, § 34 BauGB Rn. 4). Auch weisen diese Nebengebäude im Verhältnis zu der dahinter jeweils zwischen See und B ... aufgereihten Bebauungszeile mit stattlichen Wohngebäuden kein die Siedlungsstruktur mitprägendes, maßstabsbildendes Gewicht auf. Ein - unterstellter - Bebauungszusammenhang im Bereich dieser Wohngebäude erstreckt sich deshalb nicht auch auf die Standorte der nördlich und südlich des streitgegenständlichen Grundstücks gelegenen, in den See hineinragenden Nebengebäude.

Auf die weitere Frage, ob - vom rechtlichen Standpunkt des Klägers aus, dass auch die Nebengebäude im Innenbereich gelegen sind - östlich einer zwischen den auf den See ausgerichteten Seiten dieser Nebengebäude gedanklich gezogenen Linien überhaupt im Sinne einer „Baulücke“ Innenbereich angenommen werden könnte bzw. ob die von der Klägerseite angeführte optische „Einschließung“ des Stegs zwischen diesen Gebäuden einen Bebauungszusammenhang auch für den konkreten Standort der Stegverlängerung vor dem Grundstück Fl. Nr. ... vermitteln könnte, kommt es deshalb nicht weiter an. Sie wäre zu verneinen: Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich darf nicht schematisch erfolgen, etwa einer gedanklichen Linie zwischen den am weitesten in den Außenbereich hinein ragenden Gebäude folgend. Vielmehr ist der Ortsrand häufig durch eine uneinheitliche Bebauung gekennzeichnet, was zu einer entsprechend vor- und zurückspringenden Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich führt (vgl. Jäde/Dirnberger/Weiß, a. a. O., § 34 BauGB Rn. 18). Vor allem aber wird in der konkret vorliegenden örtlichen Situation mit einer klar zum See abgegrenzten und mit größeren Wohngebäuden bebaute Zeile von Seeufergrundstücken der Standort der Stegverlängerung nicht durch die vereinzelten benachbarten, weiter in den See hineinreichenden Bootshäuser so stark geprägt, dass sich eine Verwirklichung des Vorhabens des Klägers als zwanglose Fortsetzung dieser lediglich aus wenigen untergeordneten Nebengebäuden bestehenden Bebauung darstellen würde.

4. Nachdem es sich bei dem Vorhaben des Klägers - unstreitig - nicht um ein privilegiertes Vorhaben i. S. v. § 35 Abs. 1 BauGB, sondern um ein sonstiges Vorhaben i. S. v. § 35 Abs. 2 BauGB handelt, ist entscheidend, ob seine Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange beeinträchtigt. Dies ist zu bejahen:

Nach § 35 Abs. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere in den in Nrn. 1-8 genannten Gründen vor. Nach allgemeiner Auffassung (vgl. nur: Jäde, a. a. O., § 35 BauGB Rn. 189; Söfker, a. a. O., § 35 BauGB Rn. 75) beinhaltet § 35 Abs. 3 Nrn. 1 - 8 BauGB insoweit jedoch keine abschließende Aufzählung öffentlicher Belange, die einem nicht privilegierten Außenbereichsvorhaben entgegenstehen können. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange wegen einer städtebaulich unerwünschten Entwicklung kann auch dann gegeben sein, wenn - insbesondere in Gebieten mit hohem Baudruck - ein Vorhaben eine negative Vorbild- und Bezugsfallwirkung für weitere ähnliche Bauwünsche Dritter entfalten kann (vgl. BayVGH, B. v. 3.2.2014 - 1 ZB 12.468 - juris Rn. 10; VG München, U. v. 15.10.2013 - M 1 K 13.2779 - juris Rn. 22; VG Augsburg, U. v. 6.6.2013 - Au 5 K 13.39 - juris Rn. 61). Dies ist hier der Fall: Die Bebauung von Seeufergrundstücken am ..., auch und gerade in den Siedlungs- und siedlungsnahen Bereichen, unterliegt gerichtsbekannt einer sehr starken Nachfrage. Dies bezieht sich nicht nur auf Wohngebäude, sondern wegen der attraktiven Möglichkeiten zur Freizeit- und Urlaubsgestaltung insbesondere auch auf Nebengebäude und Anlagen wie Stege, Boots- und Wochenendhäuser zur Nutzung des Sees. Die zuständigen Bauaufsichtsbehörden sind deshalb gehalten, zur Vermeidung unerwünschter städtebaulicher Entwicklungen jenseits der kommunalen Bauleitplanung konsequent gegen Außenbereichsvorhaben einzuschreiten, die Präzedenzcharakter für solche künftigen unerwünschten Entwicklungen haben können. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Vertreter des Landratsamts ... hat insoweit das entsprechende Vorgehen der Bauaufsichtsbehörde - auch unter Vorhalt von Präzedenzfällen aus Klägersicht - schlüssig und widerspruchsfrei dargestellt. Für die Kammer ergeben sich danach und unter Würdigung der von der Klägerseite angeführten vermeintlichen Bezugsfälle keine Zweifel daran, dass die Bauaufsichtsbehörde des Landratsamts jedenfalls seit mehreren Jahren konsequent gegen nicht öffentlichen Zwecken dienende, im Außenbereich liegende Steg- und sonstige Anlagen zur Freizeitnutzung am Ufer des ... vorgeht. Für den Kläger mag angesichts der relativ geringen Ausmaße der Erweiterung seines Stegs sowie angesichts des bei ihm und in der Nachbarschaft vorhandenen baulichen Bestands schwer verständlich erscheinen, dass gerade dieses Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtigt. Für die Kammer steht indes bei einer Berücksichtigung des Baugeschehens am ... insgesamt der Bezugsfallcharakter auch dieses Vorhabens für eine unerwünschte Fortsetzung und Verfestigung der Zersiedelung des Ufer- und Seebereichs außer Frage.

Auf die von den Beteiligten streitig erörterten öffentlichen Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Nr. 5 und Nr. 7 BauGB kommt es deshalb im Einzelnen nicht weiter an.

Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf Euro 5.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Es wird ein Netz verbundener Biotope (Biotopverbund) geschaffen, das mindestens 10 Prozent der Fläche eines jeden Landes umfassen soll.

(2) Teile von Natur und Landschaft können geschützt werden

1.
nach Maßgabe des § 23 als Naturschutzgebiet,
2.
nach Maßgabe des § 24 als Nationalpark oder als Nationales Naturmonument,
3.
als Biosphärenreservat,
4.
nach Maßgabe des § 26 als Landschaftsschutzgebiet,
5.
als Naturpark,
6.
als Naturdenkmal oder
7.
als geschützter Landschaftsbestandteil.

(3) Die in Absatz 2 genannten Teile von Natur und Landschaft sind, soweit sie geeignet sind, Bestandteile des Biotopverbunds.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Es wird ein Netz verbundener Biotope (Biotopverbund) geschaffen, das mindestens 10 Prozent der Fläche eines jeden Landes umfassen soll.

(2) Teile von Natur und Landschaft können geschützt werden

1.
nach Maßgabe des § 23 als Naturschutzgebiet,
2.
nach Maßgabe des § 24 als Nationalpark oder als Nationales Naturmonument,
3.
als Biosphärenreservat,
4.
nach Maßgabe des § 26 als Landschaftsschutzgebiet,
5.
als Naturpark,
6.
als Naturdenkmal oder
7.
als geschützter Landschaftsbestandteil.

(3) Die in Absatz 2 genannten Teile von Natur und Landschaft sind, soweit sie geeignet sind, Bestandteile des Biotopverbunds.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 40 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der angefochtenen Entscheidung die Genehmigungsfähigkeit des klägerischen Vorhabens aus bauplanungsrechtlichen Gründen verneint. Dieses verstoße gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB, weil es die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lasse (UA Rn. 27). Werde - dem Vortrag des Klägers folgend - "nur" von einer Verfestigung einer Splittersiedlung ausgegangen, ändere sich am Ergebnis der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des klägerischen Vorhabens nichts, weil sich dieses dem vorhandenen Bestand nicht deutlich unterordne (UA Rn. 28). Ausweislich der Entscheidungsgründe soll dabei jeder dieser Gründe die Entscheidung selbständig tragen. Ist die vorinstanzliche Entscheidung aber auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund dargelegt wird und vorliegt (stRspr; vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2014 - 4 B 50.13 - juris Rn. 2 m.w.N.). Denn ist nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben, dann kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (BVerwG, Beschluss vom 9. September 2009 - 4 BN 4.09 - ZfBR 2010, 67 = juris Rn. 5). Vorliegend scheitert die Beschwerde daran, dass jedenfalls in Bezug auf die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, das Vorhaben des Klägers lasse die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten, Zulassungsgründe nicht gegeben sind.

3

1. Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.

4

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, so bereits Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 1. Februar 2011 - 7 B 45.10 - juris Rn. 15). Daran fehlt es hier.

5

a) Die Beschwerde hält zunächst folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:

Nach welchen Kriterien ist der Begriff "Splittersiedlung" in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB auszulegen bzw. wann zerfällt eine Bebauung im Außenbereich in mehrere Splittersiedlungen bzw. in einzelne Gebäude außerhalb einer Splittersiedlung?

Ist bei § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu unterscheiden zwischen einer "im Zusammenhang bebauten Splittersiedlung" und einer "nicht im Zusammenhang bebauten Splittersiedlung"?

Finden die Begriffe des "Bebauungszusammenhangs" oder der "Baulücke" bei § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB Anwendung?

Kann die Anwendung der einzelnen Tatbestandsalternativen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB - Entstehung, Erweiterung und Verfestigung - davon abhängen, ob eine Splittersiedlung im Zusammenhang bebaut ist?

6

Diese Fragen, die trotz unterschiedlicher Formulierungen inhaltlich identisch sind, führen, soweit auf sie überhaupt in verallgemeinerungsfähiger Form geantwortet werden kann, nicht zur Zulassung der Revision. Der in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB verwendete Begriff der "Splittersiedlung" ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt. Danach ist eine Splittersiedlung eine Ansammlung von baulichen Anlagen, die zum - wenn auch eventuell nur gelegentlichen - Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1976 - 4 C 42.74 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 128 = juris Rn. 15); das schließt gewerbliche Anlagen ein (BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1983 - 4 C 19.81 - BVerwGE 67, 33 <38>). Der Charakter einer Ansiedlung als Splittersiedlung ergibt sich dabei vor allem aus der Entgegensetzung zum Ortsteil (BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1977 - 4 C 37.75 - BVerwGE 54, 73 <76>; ebenso Urteile vom 10. November 1978 - 4 C 24.78 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 154 = juris Rn. 23 und vom 18. Mai 2001 - 4 C 13.00 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 347 = juris Rn. 13). Während unter einem Ortsteil jeder Bebauungszusammenhang zu verstehen ist, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteile vom 6. November 1968 - 4 C 31.66 - BVerwGE 31, 22 <26 f.> und vom 3. Dezember 1998 - 4 C 7.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 193 S. 82), ist eine Splittersiedlung eine bloße Anhäufung von Gebäuden (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 - 4 C 10.11 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 386 Rn. 19). Auch Splittersiedlungen können nach Art des § 34 Abs. 1 BauGB "im Zusammenhang bebaut" sein (BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1977 - 4 C 37.75 - BVerwGE 54, 73 <76>); sie müssen es aber nicht. Die Splittersiedlung ist folglich dadurch gekennzeichnet, dass ihr mangels einer angemessenen (Bau-)Konzentration das für die Annahme eines Ortsteils notwendige Gewicht fehlt und sie damit Ausdruck einer unorganischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 - 4 C 13.00 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 347 = juris Rn. 13). Ob diese Voraussetzungen, von denen sich der Verwaltungsgerichtshof hat leiten lassen (UA Rn. 24), im Einzelfall erfüllt sind, entzieht sich einer rechtsgrundsätzlichen Klärung.

7

b) Die weiteren, in ihrem Sinngehalt mindestens schwer erfassbaren Fragen,

ob für die Tatbestandsalternativen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB - "Erweiterung" und "Verfestigung" - nur auf den tatsächlich vorhandenen Gebäudebestand abzustellen ist, oder

ob bei der Auswahl der Tatbestandsalternativen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB - "Erweiterung" und "Verfestigung" - rechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen sind,

sind auf die Fragestellung zum Tatbestandsmerkmal der Erweiterung zu reduzieren, weil die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, das Vorhaben des Klägers lasse die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten, die Entscheidung selbständig trägt.

8

Auf die erste Frage ist zu antworten, dass eine Splittersiedlung erweitert wird, wenn sie räumlich ausgedehnt wird (BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1977 - 4 C 37.75 - BVerwGE 54, 73 <76 f.>). Das setzt ihre Existenz voraus. Die zweite Frage hat den Hintergrund, dass der nördliche Teil des Baugrundstücks ebenso wie die weitere unbebaute Umgebung durch eine Landschaftsschutzverordnung mit einem Bauverbot belegt sein soll. Sie stellt sich nicht, weil das Vorhaben des Klägers am vorgesehenen Standort wegen des weitgehenden Verlusts der Bausubstanz wie ein Neubau zu behandeln ist und die aus den drei Wohnhäusern auf den Grundstücken FlNr. 1359/4, 1359/2 und 1359/6 bestehende Splittersiedlung vergrößert. Auf die Bebaubarkeit der Umgebung der vom Vorhaben in Anspruch genommenen Fläche kommt es nicht an.

9

c) Schließlich besteht auch in Bezug auf die Fragen,

ob eine städtebaulich zu missbilligende Siedlungsentwicklung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB auch dann zu befürchten ist, wenn aufgrund von Rechtsnormen - hier Landschaftsschutzgebietsverordnung - eine weitere Bebauung ausgeschlossen ist, oder

ob ein sonstiges Vorhaben die Verfestigung einer Splittersiedlung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB auch dann befürchten lässt, wenn es sich aufgrund der Rechtslage um das letzte verwirklichbare Vorhaben in einer Splittersiedlung handelt,

kein grundsätzlicher Klärungsbedarf. Das folgt bereits daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hat, die Landschaftsschutzgebietsverordnung stehe einer weiteren Bebauung auf dem klägerischen Grundstück oder in dessen näherer Umgebung entgegen. Hieran wäre der Senat in einem Revisionsverfahren gebunden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO, vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 2014 - 4 CN 6.12 - BVerwGE 149, 373 Rn. 24). Im Übrigen ist geklärt, dass ein bestehender Landschaftsschutz für eine Außenbereichsfläche kein Garant ist, der eine Vorbildwirkung für weitere Bebauung, die aus der baurechtlichen Genehmigung eines Bauvorhabens entstehen kann, dauerhaft ausschlösse (BVerwG, Beschluss vom 2. September 1999 - 4 B 27.99 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 340 = juris Rn. 7).

10

2. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

11

Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

12

Die Beschwerde rügt, der Verwaltungsgerichtshof sei in seinem Urteil von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juni 1976 - 4 C 42.74 - (Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 128) und vom 3. Juni 1977 - 4 C 37.74 - (BVerwGE 54, 73) in entscheidungserheblicher Weise abgewichen. Es kann offenbleiben, ob die Beschwerde den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt und ob der Vorwurf sachlich zutreffend ist. Denn in der Sache bezieht sich die Divergenzrüge ausschließlich auf den zweiten Begründungsstrang des Urteils ("unerwünschte Verfestigung einer Splittersiedlung"). Da aber hinsichtlich der primären Begründung des Verwaltungsgerichtshofs, das klägerische Vorhaben führe zu einer unerwünschten Erweiterung einer Splittersiedlung, Revisionszulassungsgründe nicht vorliegen, kann das Urteil nicht auf der geltend gemachten Divergenz beruhen (vgl. oben). Ergänzend sei lediglich angemerkt, dass der Senat im Urteil vom 18. Mai 2001 - 4 C 13.00 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 347 = juris Rn. 14) entschieden hat, dass es für die Frage der Unterordnung der hinzutretenden baulichen Anlage auf ihr Verhältnis zu der bereits vorhandenen Splittersiedlung ankomme. Handele es sich bei dem hinzutretenden Vorhaben um ein Wohngebäude, so sei dieses Verhältnis grundsätzlich anhand der Zahl der Wohngebäude zu beurteilen. Zu dieser Rechtsprechung hat sich der Verwaltungsgerichtshof nicht in Widerspruch gesetzt.

13

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung.

2

Die Klägerin betreibt auf dem Hafengelände von N. eine Schiffswerft. Mit Datum vom 20. Januar 2005 beantragte sie die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzung ihrer Bootslagerhalle als Parkhaus für ca. 250 Kraftfahrzeuge in den Sommermonaten und zum Bau von schotterunterlegten Parkplätzen für ca. 750 Kraftfahrzeuge auf der ca. 110 m tiefen, zwischen der Bootslagerhalle und dem östlichen Hafenschutzdamm gelegenen Freifläche. Die geplanten Stellplätze sind hauptsächlich für die Fahrzeuge von Gästen der Inseln J. und No. gedacht, die beabsichtigen, mit den im Hafen ablegenden Fährschiffen überzusetzen und ihre Fahrzeuge auf dem Festland zurückzulassen.

3

Die am 2. Juni 2005 erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zustehe. Dabei könne offen bleiben, ob das Vorhaben nach § 35 BauGB - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - oder nach § 34 BauGB zu beurteilen sei; denn es sei nach beiden Vorschriften nicht genehmigungsfähig. Der Senat hat der Revision der Klägerin stattgegeben (Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 = NVwZ 2011, 436) und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Die vorinstanzlich angeführten Gründe, warum das Vorhaben für den Fall seiner Innenbereichslage nicht nach § 34 BauGB zulässig sei, hielten der revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht stand. Ob dem Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung des § 35 BauGB ebenfalls Rechtsfehler unterlaufen seien, könne dahingestellt bleiben. Da das Oberverwaltungsgericht die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 34 BauGB und des § 35 BauGB alternativ verneint habe, genüge es für den Erfolg der Revision, dass der Begründungsteil gegen Bundesrecht verstoße, der § 34 BauGB betreffe.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung erneut zurückgewiesen und den mit dem Hauptantrag und in verschiedenen Varianten hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung, hilfsweise auf Feststellung, dass der Bauantrag zwischen dem 14. April 2005 und dem 14. Juli 2005 positiv hätte beschieden werden müssen, mit der Begründung verneint, das Baugrundstück liege im Außenbereich und das nicht privilegierte Vorhaben könne dort nicht zugelassen werden, weil die zeitweilige Umnutzung der Bootslagerhalle zum Parkhaus die Verfestigung und die beabsichtigte Nutzung der Freifläche im Anschluss an die Halle als Parkplatz die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lasse.

5

Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

6

Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte den Bebauungsplan Nr. 92 "Hafen" in Kraft gesetzt, der nach seinen textlichen Festsetzungen Stellplätze ausschließlich für Hafenbedienstete, Bedienstete der Betriebe, Fischer und Kunden zulässt und für Zwecke des Dauerparkens durch z.B. Inselbesucher ausschließt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht mit Bundesrecht im Einklang.

8

1. Im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 92 "Hafen" ist das Vorhaben der Klägerin nicht genehmigungsfähig, weil es den Festsetzungen des Plans zur Art der baulichen Nutzung widerspricht (§ 30 Abs. 1 BauGB). Der Bebauungsplan lässt Stellplätze für Zwecke des Dauerparkens z.B. durch Inselbesucher nicht zu. Das Inkrafttreten des Bebauungsplans ist eine Rechtsänderung, die im Revisionsverfahren zu beachten ist. Das Revisionsgericht hat Rechtsänderungen, die während des Revisionsverfahrens eintreten, in gleichem Umfang zu berücksichtigen, wie sie die Vorinstanz zu berücksichtigen hätte, wenn sie jetzt entschiede (Urteil vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 11; stRspr). Da eine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung nur begründet ist, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein Genehmigungsanspruch besteht, müsste auch das Oberverwaltungsgericht den Bebauungsplan berücksichtigen.

9

2. Auch im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 92 "Hafen" ist das - teilbare - Vorhaben seit Bauantragstellung weder ganz noch teilweise genehmigungsfähig. Das Oberverwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht entschieden, dass das Vorhaben im Außenbereich liegt und seine Zulassung als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB ausgeschlossen ist, weil es die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) und deshalb öffentliche Belange beeinträchtigt.

10

a) Die Zuordnung des Bauvorhabens zum Außenbereich durch das Oberverwaltungsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

11

Ein Vorhaben liegt im Außenbereich, wenn es nicht Bestandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ist. Für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs ist ausschlaggebend, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung - trotz etwa vorhandener unbebauter, aber bebauungsfähiger Grundstücke (Baulücken im engeren Sinne) oder freier Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (stehendes oder fließendes Gewässer) oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung (Sportplätze, Erholungsflächen) einer Bebauung entzogen sind - den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt (Urteil vom 1. Dezember 1972 - BVerwG 4 C 6.71 - BVerwGE 41, 227 <233>). Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (Urteil vom 14. November 1991 - BVerwG 4 C 1.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236; stRspr). Diese Aufgabe zu erfüllen ist Sache des Tatsachengerichts. An dessen Wertung und Bewertung ist das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, es sei denn, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung beruht auf einem Rechtsirrtum oder verstößt gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze, zu denen die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze zählen (vgl. Urteil vom 13. Juli 2006 - BVerwG 4 C 2.05 - BVerwGE 126, 233 <238> m.w.N.). Ein solcher die Bindung ausschließender Grund ist hier nicht gegeben.

12

Nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts ist das Bauvorhaben weder Bestandteil der südlich des Hafengeländes gelegenen Wohnbebauung noch Bestandteil der Bebauung im Westhafen noch Bestandteil der Bebauung im westlichen Teil des Osthafens. Von der Wohnbebauung sei es durch den Hauptdeich, von den baulichen Anlagen im Westhafen und im westlichen Teil des Osthafens durch das Wasserbecken, das (auch) für die Werft genutzt werde, sowie die Wasserfläche östlich der Mole getrennt, die ihrerseits das Hafengelände in den Westhafen und den Osthafen teile. Zwischen der Bebauung unmittelbar an der Ostseite der Mole (Kfz-Werkstatt, Polizei, Bauhof) und der Bebauung östlich der Wasserfläche des Osthafens, zu der neben der Bootslagerhalle der Klägerin noch weitere vier Gebäude gehörten, bestehe kein Zusammenhang, weil die jeweiligen Gebäudeansammlungen durch das Hafenbecken, das der Werftanlage der Klägerin diene, getrennt und zudem durch die Entfernung von ca. 200 m räumlich deutlich voneinander abgesetzt seien. Die Verbindung durch eine langgestreckte, gepflasterte und als Fahrweg dienende Fläche vermittle den Eindruck der Zusammengehörigkeit nicht. Fehlerhafte Rechtssätze liegen dieser Würdigung nicht zugrunde. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats und wird von ihm als Regelfall bezeichnet, dass durch Geländehindernisse, Erhebungen, aber auch durch Einschnitte im Landschaftsbild, wie etwa einen Fluss oder einen Graben, Bebauungszusammenhänge unterbrochen werden (Beschluss vom 27. Mai 1988 - BVerwG 4 B 71.88 - BRS 48 Nr. 45 S. 127). Ebenfalls anerkannt ist, dass sich mit wachsender Größe einer Freifläche deren trennender Eindruck verstärken kann (vgl. Beschluss vom 12. März 1999 - BVerwG 4 B 112.98 - NVwZ 1999, 763) und eine Straße nicht immer oder auch nur regelmäßig eine verbindende Funktion hat (Urteil vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 4 C 40.87 - DVBl 1991, 810). Dass die Bebauung am Eingang zur und unmittelbar an der Mole im Osthafen durch eine aufgelockerte Struktur mit großen Freiflächen gekennzeichnet und deshalb die Freifläche zu der 200 m entfernten Bebauung im östlichen Teil des Osthafens für die maßstabbildende Bebauung charakteristisch ist, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt, wird von der Klägerin nicht substanziiert dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.

13

Die befestigten Stell- und Lagerflächen, die sich unmittelbar westlich an die Bootslagerhalle der Klägerin anschließen, stellen nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts den Bebauungszusammenhang nicht her. Das ist im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden. Zur Begründung darf allerdings nicht darauf abgestellt werden, dass die Bebauung im östlichen Teil des Osthafens nicht als Ortsteil, sondern nur als Splittersiedlung angesehen werden kann (UA S. 11). Die Tatbestandsmerkmale "im Zusammenhang bebaut" und "Ortsteil" gehen nicht ineinander auf, sondern sind kumulativer Natur. Wenn eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken noch den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt, ist - in einem nächsten Schritt - zu klären, ob der Bebauungszusammenhang nach seinem siedlungsstrukturellen Gewicht Ortsteilqualität hat; denn nur ein Bebauungszusammenhang, der auch Ortsteil ist, kann zu einem Baurecht nach § 34 BauGB führen (Urteil vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 4 C 7.98 - BRS 60 Nr. 81 S. 306). Das hat das Oberverwaltungsgericht möglicherweise verkannt. Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB fallen indes nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter mitzuprägen (Urteil vom 14. September 1992 - BVerwG 4 C 15.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 152 S. 67). Der Senat hat hieraus gefolgert, mit den Begriffen "Bauten", "Bebauung" und "Siedlung" sei nichts anderes gemeint, als dass die betreffenden Anlagen und Flächen dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen sollen (Senatsurteil vom 17. Februar 1984 - BVerwG 4 C 55.81 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 97 S. 34). Befestigte Stellplätze sind daher, wie auch das Oberverwaltungsgericht zutreffend herausgestellt hat (UA S. 9), für sich allein genommen keine Bauten, die einen Bebauungszusammenhang begründen oder an seiner Entstehung mitwirken können (Beschluss vom 10. Juli 2000 - BVerwG 4 B 39.00 - NVwZ 2001, 70). Ihnen fehlt die maßstabbildende Kraft, weil sie sich dem Beobachter bei einer optischen Bewertung eher als unbebaut darstellen (Urteil vom 14. September 1992 a.a.O.).

14

Zu Unrecht wirft die Klägerin dem Oberverwaltungsgericht vor, gegen Denkgesetze verstoßen zu haben. Das Oberverwaltungsgericht habe in seinem Urteil festgestellt, dass der Anwendungsbereich des § 34 BauGB - von der Mole aus gesehen - vor/mit den befestigten Freiflächen (Stell- und Lagerplätze) ende. Damit habe es zum Ausdruck gebracht, dass der übrige Hafenbereich zum Innenbereich gehöre. Im Widerspruch dazu habe es an anderer Stelle offen gelassen, ob der übrige Hafenbereich Ortsteilqualität habe. Die Kritik der Klägerin verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Das Baugrundstück der Klägerin liegt im Außenbereich, weil es keinem Bebauungszusammenhang angehört. Ob und wie weit der Hafenbereich aus Richtung Westen durch eine Innenbereichslage gekennzeichnet ist, ist nicht entscheidungserheblich.

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht angenommen, dass es sich bei dem Vorhaben der Klägerin um ein sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB und nicht um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB handelt. Das Vorhaben kann namentlich nicht den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB in Anspruch nehmen; denn es dient keinem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb.

16

Nach der bindenden Würdigung des Oberverwaltungsgerichts ist die Stellplatzvermietung nicht Bestandteil des ortsgebundenen Werftbetriebs. Sie kann auch nicht als "mitgezogener" Betriebsteil an der Privilegierung der Werft teilnehmen. Für sich allein, als von der Werft unabhängiges "zweites betriebliches Standbein" ist sie kein ortsgebundener gewerblicher Betrieb. Ortsgebunden im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist ein Gewerbe nur dann, wenn es nach seinem Gegenstand und seinem Wesen ausschließlich an der fraglichen Stelle betrieben werden kann (Urteil vom 16. Juni 1994 - BVerwG 4 C 20.93 - BVerwGE 96, 95 <98>). Hierfür genügt nicht, dass sich der Standort aus Gründen der Rentabilität anbietet oder gar aufdrängt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Betrieb auf die geografische oder geologische Eigenart der Stelle angewiesen ist, weil er an einem anderen Ort seinen Zweck verfehlen würde (Urteil vom 7. Mai 1976 - BVerwG 4 C 43.74 - BVerwGE 50, 346 <348>). Das ist hier, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, nicht der Fall. Die geplanten Stellplätze sind entgegen der Darstellung der Klägerin nicht Bestandteil der Abfertigungsanlagen für die Fährschifffahrt. Zu den Abfertigungsanlagen gehören diejenigen Anlagen, auf die der Fährbetrieb angewiesen ist, um seine Transportleistungen über See abwickeln zu können. Dazu mögen dem Anleger zugeordnete Parkplätze zählen, auf denen zur Einschiffung bestimmte Fahrzeuge abgestellt werden, nicht aber Parkplätze, die für diejenigen Fahrgäste der Fährschiffe vorgesehen sind, die ihr Fahrzeug auf dem Festland stehen lassen.

17

Der Einordnung der als Parkhaus genutzten Bootslagerhalle als sonstiges Vorhaben steht nicht entgegen, dass die Halle weiterhin auch privilegiert genutzt werden darf. Erfüllt ein Vorhaben mit einer Nutzung die Voraussetzungen der Privilegierung und mit einer anderen Nutzung nicht, so bestimmt sich die Zulässigkeit - außer im Fall der "Mitziehung" - teilweise nach dem ersten und teilweise nach dem zweiten Absatz des § 35 BauGB (Weyreuther, Bauen im Außenbereich, Kapitel: Privilegierung von nur im Außenbereich auszuführenden Vorhaben Nr. 26, S. 388).

18

c) Das Oberverwaltungsgericht hat dem Vorhaben den öffentlichen Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB entgegengehalten. Soweit es um die zeitweilige Umnutzung der Halle gehe, sei die Verfestigung, soweit die Nutzung der Freifläche im Anschluss an die Halle betroffen sei, die Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten. Dagegen ist bundesrechtlich nichts zu erinnern.

19

Eine Splittersiedlung ist eine Ansammlung von baulichen Anlagen, die zum - wenn auch eventuell nur gelegentlichen - Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (Urteil vom 9. Juni 1976 - BVerwG 4 C 42.74 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 128 S. 31); das schließt gewerbliche Anlagen ein (Urteil vom 18. Februar 1983 - BVerwG 4 C 19.81 - BVerwGE 67, 33 <38>). Der Charakter einer Ansiedlung als Splittersiedlung ergibt sich vor allem aus der Entgegensetzung zum Ortsteil (Urteil vom 3. Juni 1977 - BVerwG 4 C 37.75 - BVerwGE 54, 73 <76>). Während unter einem Ortsteil jeder Bebauungszusammenhang zu verstehen ist, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (Urteile vom 6. November 1968 - BVerwG 4 C 31.66 - BVerwGE 31, 22 <26> und vom 3. Dezember 1998 a.a.O. S. 307), ist eine Splittersiedlung eine bloße Anhäufung von Gebäuden. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts vermittelt die Bebauung östlich des östlichen Hafenbeckens den Eindruck einer unorganischen Streubebauung ohne das für die Einstufung als Ortsteil ausreichende Gewicht. An diese Feststellung ist der Senat gebunden.

20

Mit Recht hat das Oberverwaltungsgericht für die Einstufung des Bebauungskomplexes als Splittersiedlung nicht darauf abgestellt, ob die dem Komplex angehörenden Gebäude privilegiert zulässig sind. Auch eine Ansammlung privilegierter Bauvorhaben kann eine Splittersiedlung sein; denn der öffentliche Belang, die Entstehung einer Splittersiedlung zu vermeiden, kann auch einem privilegierten Vorhaben entgegenstehen (vgl. Urteil vom 22. November 1985 - BVerwG 4 C 71.82 - BRS 44 Nr. 76 S. 174 amtlicher Leitsatz Nr. 3). Wenn das regelmäßig nicht der Fall ist, liegt das daran, dass der Gesetzgeber solche Vorhaben im Außenbereich gerade bevorrechtigt (Urteil vom 19. Juni 1991 - BVerwG 4 C 11.89 - BRS 52 Nr. 78 S. 198), und nicht daran, dass sie nichts zur Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung beitragen können.

21

Splittersiedlungen sind allerdings nicht schon um ihrer selbst willen zu missbilligen. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB wertet die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung nicht schlechthin als Beeinträchtigung öffentlicher Belange, sondern stellt darauf ab, ob diese Entwicklung zu befürchten ist. Zu befürchten ist das Entstehen einer Splittersiedlung nur dann, wenn das Vorhaben zum Bestehen einer unerwünschten Splittersiedlung führt; unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Nicht anders liegt es mit der Erweiterung, d.h. der räumlichen Ausdehnung, und der Verfestigung, d.h. der Auffüllung des schon bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereiches. Auch sie sind zu missbilligen, d.h. zu befürchten und unerwünscht, nur dann, wenn in ihnen ein Vorgang der Zersiedlung gesehen werden muss (Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O.). Das anzunehmen rechtfertigt sich in aller Regel. Eine Ausnahme hat der Senat namentlich für den - hier nicht vorliegenden Fall - angenommen, dass sich die Streubebauung als herkömmliche - und nicht nur mehrfach vorhandene (Beschluss vom 19. April 1994 - BVerwG 4 B 77.94 - BRS 56 Nr. 60 S. 179) - Siedlungsform in der Gemeinde darstellt (Urteil vom 9. Juni 1976 a.a.O. S. 35). Auch die Berechtigung der regelhaften Annahme eines Vorgangs der Zersiedlung bedarf freilich - zumindest in Fällen der Verfestigung - einer konkreten Begründung (Beschluss vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 B 23.04 - BRS 67 Nr. 109 S. 481).

22

aa) Die Bootslagerhalle soll monateweise zu anderen als dem genehmigten Zweck genutzt werden. Nach der Rechtsprechung des Senats kann nicht nur die Errichtung, sondern auch die - wie hier - vom Vorhabenbegriff des § 29 Abs. 1 BauGB mitumfasste Änderung der baulichen Nutzung einer baulichen Anlage die unerwünschte Verfestigung einer Splittersiedlung auslösen (Urteil vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 50.87 - BRS 48 Nr. 58 S. 157 f.; Beschluss vom 24. Februar 1994 - BVerwG 4 B 15.94 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 294 S. 7). Unerwünscht ist die Verfestigung u.a. dann, wenn das Vorhaben eine weit reichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare Konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten werden (Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O. S. 78; Beschluss vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 481). Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich (weiter) zersiedelt werden würde. Weit reichend ist die Vorbildwirkung deshalb immer dann, wenn sich das Vorhaben und die weiteren Vorhaben, die nicht verhindert werden könnten, zusammen der vorhandenen Splittersiedlung nicht unterordnen, sondern diese erheblich verstärken und dadurch eine weiter gehende Zersiedlung des Außenbereichs bewirken würden (Urteil vom 27. August 1998 - BVerwG 4 C 13.97 - BRS 60 Nr. 92 S. 350). Besonderes Gewicht hat das öffentliche Interesse an der Verhinderung einer Zersiedlung in einer - wie vorliegend - räumlich verhältnismäßig beschränkten, nach ihrer Landschaftsstruktur von der Umgebung klar abgehobenen Außenbereichsfläche (vgl. Beschluss vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 482). Der Tatbestand des Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung setzt nicht voraus, dass als Folge der Zulassung des insoweit öffentliche Belange beeinträchtigenden Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Es genügt, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Verfestigung einer Splittersiedlung) versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. Berufungsfall geschaffen würde (Beschluss vom 2. September 1999 - BVerwG 4 B 27.99 - BRS 62 Nr. 117 S. 509).

23

Das Oberverwaltungsgericht hat den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass die Nutzung der Halle als Parkhaus, die an der Nachahmung interessierten Gewerbebetreibenden kaum würde verborgen bleiben können, im Falle ihrer Genehmigung negative Vorbildwirkung entfalten und einer (gewerblichen) Bebauung der Spülfelder nördlich der Halle, die die vorhandene Splittersiedlung erheblich erweitere, Vorschub leisten könne. Die Spülfelder seien für eine Bebauung geeignet und in der Vergangenheit bereits konkret in den Blick genommen worden. So seien in einem früheren Internet-Auftritt der Fa. N. die Spülfelder nördlich des Grundstücks der Klägerin bereits als Gewerbeflächen angeboten worden. Wenn auch dieser Internetauftritt nicht mehr zugänglich sei, zeige sich jedoch, wie sich die Vorbildwirkung für diese Grundstücke bereits konkretisiert habe. Besonderes Gewicht erhalte dieser Umstand dadurch, dass das Gelände durch die umgebende Wasserfläche räumlich abgegrenzt sei. Andererseits biete gerade diese Tatsache in Verbindung mit der dennoch gegebenen Ausdehnungsmöglichkeit der nutzbaren Fläche auf den Spülfeldern in besonders hohem Maße Anreizwirkung zur baulichen Ausnutzung und folgenden Zersiedlungswirkung. An die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung ist der Senat gebunden. Es steht daher fest, dass auch von anderer Seite Druck auf den Außenbereich ausgeübt wird und eine Genehmigung der Nutzung der Bootslagerhalle als Parkhaus in den Sommermonaten als Präzedenzfall zum Anlass genommen werden könnte, die Inanspruchnahme des Außenbereichs zu nicht privilegierten Zwecken voranzutreiben. In einem solchen Fall erfordern es die öffentlichen Belange, den ersten Ansätzen entgegenzutreten (vgl. Urteil vom 25. Januar 1985 - BVerwG 4 C 29.81 - BRS 44 Nr. 87 S. 208).

24

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die zeitweilige Nutzung der Halle als Parkhaus geeignet, zur Verfestigung der Splittersiedlung beizutragen. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht eine Beeinträchtigung des in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB genannten öffentlichen Belangs nicht im Hinblick darauf verneint, dass der Baukörper schon vorhanden ist, Bestandsschutz genießt, äußerlich nicht verändert wird und für ein Drittel des Jahres privilegiert weitergenutzt wird. Auch durch eine Nutzungsänderung ohne jede äußere Änderung des Baukörpers kann die Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung aufkommen (Beschluss vom 14. Juli 1975 - BVerwG 4 B 4.75 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 121 S. 11 f.). Rechtlich ohne Belang ist, dass die Halle noch periodisch für privilegierte Zwecke weitergenutzt werden soll. Die Halle ist für das vorliegende Genehmigungsverfahren so zu behandeln, als würde sie errichtet werden, um als Parkhaus zu dienen. Wäre die privilegierte Nutzung schon eingestellt worden, stünde das - wie auch die Klägerin nicht in Abrede stellt - außer Frage. Die nur teilweise Aufgabe der privilegierten Nutzung führt auf kein anderes Ergebnis. Zum einen entfällt die negative Vorbildwirkung der neuen Nutzung nicht und ist nicht einmal deshalb abgeschwächt, weil sie nur zeitweise ausgeübt wird. Zum anderen würde der Klägerin im Falle der Genehmigung der neuen Nutzung der Anreiz genommen, im Fall einer dauerhaften Einstellung der privilegierten Nutzung den Rückbau der funktionslos gewordenen Bootslagerhalle zu erwägen, und träte der vom Gesetzgeber mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 BauGB missbilligte Zustand ein, dass eine nicht privilegierte Inanspruchnahme des Außenbereichs für die Zukunft festgeschrieben wird.

25

bb) Mit dem Außenparkplatz wird die Splittersiedlung erweitert, d.h. räumlich in den Außenbereich ausgedehnt (vgl. Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O. S. 76). Auch die Errichtung einer nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmten baulichen Anlage, die die Ausweitung einer in einer Splittersiedlung ausgeübten oder auszuübenden Nutzung ermöglicht, kann die Splittersiedlung verfestigen (Beschluss vom 7. September 1984 - BVerwG 4 B 188.84 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 215 S. 109). Anders als unter bestimmten Voraussetzungen einer Verfestigung streitet gegen die Erweiterung einer Splittersiedlung "gewissermaßen eine starke Vermutung"; die Missbilligung einer Erweiterung rechtfertigt sich in der Regel ohne Weiteres (Urteil vom 28. Oktober 1983 - BVerwG 4 C 70.78 - BRS 40 Nr. 93 S. 231). Besondere Gründe, aus denen hier die Erweiterung der Splittersiedlung bauplanungsrechtlich zu billigen wäre - insbesondere um sie abzurunden -, ergeben sich aus dem vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt nicht.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung.

2

Die Klägerin betreibt auf dem Hafengelände von N. eine Schiffswerft. Mit Datum vom 20. Januar 2005 beantragte sie die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzung ihrer Bootslagerhalle als Parkhaus für ca. 250 Kraftfahrzeuge in den Sommermonaten und zum Bau von schotterunterlegten Parkplätzen für ca. 750 Kraftfahrzeuge auf der ca. 110 m tiefen, zwischen der Bootslagerhalle und dem östlichen Hafenschutzdamm gelegenen Freifläche. Die geplanten Stellplätze sind hauptsächlich für die Fahrzeuge von Gästen der Inseln J. und No. gedacht, die beabsichtigen, mit den im Hafen ablegenden Fährschiffen überzusetzen und ihre Fahrzeuge auf dem Festland zurückzulassen.

3

Die am 2. Juni 2005 erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zustehe. Dabei könne offen bleiben, ob das Vorhaben nach § 35 BauGB - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - oder nach § 34 BauGB zu beurteilen sei; denn es sei nach beiden Vorschriften nicht genehmigungsfähig. Der Senat hat der Revision der Klägerin stattgegeben (Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 = NVwZ 2011, 436) und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Die vorinstanzlich angeführten Gründe, warum das Vorhaben für den Fall seiner Innenbereichslage nicht nach § 34 BauGB zulässig sei, hielten der revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht stand. Ob dem Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung des § 35 BauGB ebenfalls Rechtsfehler unterlaufen seien, könne dahingestellt bleiben. Da das Oberverwaltungsgericht die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 34 BauGB und des § 35 BauGB alternativ verneint habe, genüge es für den Erfolg der Revision, dass der Begründungsteil gegen Bundesrecht verstoße, der § 34 BauGB betreffe.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung erneut zurückgewiesen und den mit dem Hauptantrag und in verschiedenen Varianten hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung, hilfsweise auf Feststellung, dass der Bauantrag zwischen dem 14. April 2005 und dem 14. Juli 2005 positiv hätte beschieden werden müssen, mit der Begründung verneint, das Baugrundstück liege im Außenbereich und das nicht privilegierte Vorhaben könne dort nicht zugelassen werden, weil die zeitweilige Umnutzung der Bootslagerhalle zum Parkhaus die Verfestigung und die beabsichtigte Nutzung der Freifläche im Anschluss an die Halle als Parkplatz die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lasse.

5

Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

6

Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte den Bebauungsplan Nr. 92 "Hafen" in Kraft gesetzt, der nach seinen textlichen Festsetzungen Stellplätze ausschließlich für Hafenbedienstete, Bedienstete der Betriebe, Fischer und Kunden zulässt und für Zwecke des Dauerparkens durch z.B. Inselbesucher ausschließt.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht mit Bundesrecht im Einklang.

8

1. Im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 92 "Hafen" ist das Vorhaben der Klägerin nicht genehmigungsfähig, weil es den Festsetzungen des Plans zur Art der baulichen Nutzung widerspricht (§ 30 Abs. 1 BauGB). Der Bebauungsplan lässt Stellplätze für Zwecke des Dauerparkens z.B. durch Inselbesucher nicht zu. Das Inkrafttreten des Bebauungsplans ist eine Rechtsänderung, die im Revisionsverfahren zu beachten ist. Das Revisionsgericht hat Rechtsänderungen, die während des Revisionsverfahrens eintreten, in gleichem Umfang zu berücksichtigen, wie sie die Vorinstanz zu berücksichtigen hätte, wenn sie jetzt entschiede (Urteil vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 11; stRspr). Da eine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung nur begründet ist, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein Genehmigungsanspruch besteht, müsste auch das Oberverwaltungsgericht den Bebauungsplan berücksichtigen.

9

2. Auch im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 92 "Hafen" ist das - teilbare - Vorhaben seit Bauantragstellung weder ganz noch teilweise genehmigungsfähig. Das Oberverwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht entschieden, dass das Vorhaben im Außenbereich liegt und seine Zulassung als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB ausgeschlossen ist, weil es die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) und deshalb öffentliche Belange beeinträchtigt.

10

a) Die Zuordnung des Bauvorhabens zum Außenbereich durch das Oberverwaltungsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

11

Ein Vorhaben liegt im Außenbereich, wenn es nicht Bestandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ist. Für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs ist ausschlaggebend, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung - trotz etwa vorhandener unbebauter, aber bebauungsfähiger Grundstücke (Baulücken im engeren Sinne) oder freier Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (stehendes oder fließendes Gewässer) oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung (Sportplätze, Erholungsflächen) einer Bebauung entzogen sind - den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt (Urteil vom 1. Dezember 1972 - BVerwG 4 C 6.71 - BVerwGE 41, 227 <233>). Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (Urteil vom 14. November 1991 - BVerwG 4 C 1.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236; stRspr). Diese Aufgabe zu erfüllen ist Sache des Tatsachengerichts. An dessen Wertung und Bewertung ist das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, es sei denn, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung beruht auf einem Rechtsirrtum oder verstößt gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze, zu denen die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze zählen (vgl. Urteil vom 13. Juli 2006 - BVerwG 4 C 2.05 - BVerwGE 126, 233 <238> m.w.N.). Ein solcher die Bindung ausschließender Grund ist hier nicht gegeben.

12

Nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts ist das Bauvorhaben weder Bestandteil der südlich des Hafengeländes gelegenen Wohnbebauung noch Bestandteil der Bebauung im Westhafen noch Bestandteil der Bebauung im westlichen Teil des Osthafens. Von der Wohnbebauung sei es durch den Hauptdeich, von den baulichen Anlagen im Westhafen und im westlichen Teil des Osthafens durch das Wasserbecken, das (auch) für die Werft genutzt werde, sowie die Wasserfläche östlich der Mole getrennt, die ihrerseits das Hafengelände in den Westhafen und den Osthafen teile. Zwischen der Bebauung unmittelbar an der Ostseite der Mole (Kfz-Werkstatt, Polizei, Bauhof) und der Bebauung östlich der Wasserfläche des Osthafens, zu der neben der Bootslagerhalle der Klägerin noch weitere vier Gebäude gehörten, bestehe kein Zusammenhang, weil die jeweiligen Gebäudeansammlungen durch das Hafenbecken, das der Werftanlage der Klägerin diene, getrennt und zudem durch die Entfernung von ca. 200 m räumlich deutlich voneinander abgesetzt seien. Die Verbindung durch eine langgestreckte, gepflasterte und als Fahrweg dienende Fläche vermittle den Eindruck der Zusammengehörigkeit nicht. Fehlerhafte Rechtssätze liegen dieser Würdigung nicht zugrunde. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats und wird von ihm als Regelfall bezeichnet, dass durch Geländehindernisse, Erhebungen, aber auch durch Einschnitte im Landschaftsbild, wie etwa einen Fluss oder einen Graben, Bebauungszusammenhänge unterbrochen werden (Beschluss vom 27. Mai 1988 - BVerwG 4 B 71.88 - BRS 48 Nr. 45 S. 127). Ebenfalls anerkannt ist, dass sich mit wachsender Größe einer Freifläche deren trennender Eindruck verstärken kann (vgl. Beschluss vom 12. März 1999 - BVerwG 4 B 112.98 - NVwZ 1999, 763) und eine Straße nicht immer oder auch nur regelmäßig eine verbindende Funktion hat (Urteil vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 4 C 40.87 - DVBl 1991, 810). Dass die Bebauung am Eingang zur und unmittelbar an der Mole im Osthafen durch eine aufgelockerte Struktur mit großen Freiflächen gekennzeichnet und deshalb die Freifläche zu der 200 m entfernten Bebauung im östlichen Teil des Osthafens für die maßstabbildende Bebauung charakteristisch ist, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt, wird von der Klägerin nicht substanziiert dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.

13

Die befestigten Stell- und Lagerflächen, die sich unmittelbar westlich an die Bootslagerhalle der Klägerin anschließen, stellen nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts den Bebauungszusammenhang nicht her. Das ist im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden. Zur Begründung darf allerdings nicht darauf abgestellt werden, dass die Bebauung im östlichen Teil des Osthafens nicht als Ortsteil, sondern nur als Splittersiedlung angesehen werden kann (UA S. 11). Die Tatbestandsmerkmale "im Zusammenhang bebaut" und "Ortsteil" gehen nicht ineinander auf, sondern sind kumulativer Natur. Wenn eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken noch den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt, ist - in einem nächsten Schritt - zu klären, ob der Bebauungszusammenhang nach seinem siedlungsstrukturellen Gewicht Ortsteilqualität hat; denn nur ein Bebauungszusammenhang, der auch Ortsteil ist, kann zu einem Baurecht nach § 34 BauGB führen (Urteil vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 4 C 7.98 - BRS 60 Nr. 81 S. 306). Das hat das Oberverwaltungsgericht möglicherweise verkannt. Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB fallen indes nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter mitzuprägen (Urteil vom 14. September 1992 - BVerwG 4 C 15.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 152 S. 67). Der Senat hat hieraus gefolgert, mit den Begriffen "Bauten", "Bebauung" und "Siedlung" sei nichts anderes gemeint, als dass die betreffenden Anlagen und Flächen dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen sollen (Senatsurteil vom 17. Februar 1984 - BVerwG 4 C 55.81 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 97 S. 34). Befestigte Stellplätze sind daher, wie auch das Oberverwaltungsgericht zutreffend herausgestellt hat (UA S. 9), für sich allein genommen keine Bauten, die einen Bebauungszusammenhang begründen oder an seiner Entstehung mitwirken können (Beschluss vom 10. Juli 2000 - BVerwG 4 B 39.00 - NVwZ 2001, 70). Ihnen fehlt die maßstabbildende Kraft, weil sie sich dem Beobachter bei einer optischen Bewertung eher als unbebaut darstellen (Urteil vom 14. September 1992 a.a.O.).

14

Zu Unrecht wirft die Klägerin dem Oberverwaltungsgericht vor, gegen Denkgesetze verstoßen zu haben. Das Oberverwaltungsgericht habe in seinem Urteil festgestellt, dass der Anwendungsbereich des § 34 BauGB - von der Mole aus gesehen - vor/mit den befestigten Freiflächen (Stell- und Lagerplätze) ende. Damit habe es zum Ausdruck gebracht, dass der übrige Hafenbereich zum Innenbereich gehöre. Im Widerspruch dazu habe es an anderer Stelle offen gelassen, ob der übrige Hafenbereich Ortsteilqualität habe. Die Kritik der Klägerin verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Das Baugrundstück der Klägerin liegt im Außenbereich, weil es keinem Bebauungszusammenhang angehört. Ob und wie weit der Hafenbereich aus Richtung Westen durch eine Innenbereichslage gekennzeichnet ist, ist nicht entscheidungserheblich.

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht angenommen, dass es sich bei dem Vorhaben der Klägerin um ein sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB und nicht um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB handelt. Das Vorhaben kann namentlich nicht den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB in Anspruch nehmen; denn es dient keinem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb.

16

Nach der bindenden Würdigung des Oberverwaltungsgerichts ist die Stellplatzvermietung nicht Bestandteil des ortsgebundenen Werftbetriebs. Sie kann auch nicht als "mitgezogener" Betriebsteil an der Privilegierung der Werft teilnehmen. Für sich allein, als von der Werft unabhängiges "zweites betriebliches Standbein" ist sie kein ortsgebundener gewerblicher Betrieb. Ortsgebunden im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist ein Gewerbe nur dann, wenn es nach seinem Gegenstand und seinem Wesen ausschließlich an der fraglichen Stelle betrieben werden kann (Urteil vom 16. Juni 1994 - BVerwG 4 C 20.93 - BVerwGE 96, 95 <98>). Hierfür genügt nicht, dass sich der Standort aus Gründen der Rentabilität anbietet oder gar aufdrängt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Betrieb auf die geografische oder geologische Eigenart der Stelle angewiesen ist, weil er an einem anderen Ort seinen Zweck verfehlen würde (Urteil vom 7. Mai 1976 - BVerwG 4 C 43.74 - BVerwGE 50, 346 <348>). Das ist hier, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, nicht der Fall. Die geplanten Stellplätze sind entgegen der Darstellung der Klägerin nicht Bestandteil der Abfertigungsanlagen für die Fährschifffahrt. Zu den Abfertigungsanlagen gehören diejenigen Anlagen, auf die der Fährbetrieb angewiesen ist, um seine Transportleistungen über See abwickeln zu können. Dazu mögen dem Anleger zugeordnete Parkplätze zählen, auf denen zur Einschiffung bestimmte Fahrzeuge abgestellt werden, nicht aber Parkplätze, die für diejenigen Fahrgäste der Fährschiffe vorgesehen sind, die ihr Fahrzeug auf dem Festland stehen lassen.

17

Der Einordnung der als Parkhaus genutzten Bootslagerhalle als sonstiges Vorhaben steht nicht entgegen, dass die Halle weiterhin auch privilegiert genutzt werden darf. Erfüllt ein Vorhaben mit einer Nutzung die Voraussetzungen der Privilegierung und mit einer anderen Nutzung nicht, so bestimmt sich die Zulässigkeit - außer im Fall der "Mitziehung" - teilweise nach dem ersten und teilweise nach dem zweiten Absatz des § 35 BauGB (Weyreuther, Bauen im Außenbereich, Kapitel: Privilegierung von nur im Außenbereich auszuführenden Vorhaben Nr. 26, S. 388).

18

c) Das Oberverwaltungsgericht hat dem Vorhaben den öffentlichen Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB entgegengehalten. Soweit es um die zeitweilige Umnutzung der Halle gehe, sei die Verfestigung, soweit die Nutzung der Freifläche im Anschluss an die Halle betroffen sei, die Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten. Dagegen ist bundesrechtlich nichts zu erinnern.

19

Eine Splittersiedlung ist eine Ansammlung von baulichen Anlagen, die zum - wenn auch eventuell nur gelegentlichen - Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (Urteil vom 9. Juni 1976 - BVerwG 4 C 42.74 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 128 S. 31); das schließt gewerbliche Anlagen ein (Urteil vom 18. Februar 1983 - BVerwG 4 C 19.81 - BVerwGE 67, 33 <38>). Der Charakter einer Ansiedlung als Splittersiedlung ergibt sich vor allem aus der Entgegensetzung zum Ortsteil (Urteil vom 3. Juni 1977 - BVerwG 4 C 37.75 - BVerwGE 54, 73 <76>). Während unter einem Ortsteil jeder Bebauungszusammenhang zu verstehen ist, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (Urteile vom 6. November 1968 - BVerwG 4 C 31.66 - BVerwGE 31, 22 <26> und vom 3. Dezember 1998 a.a.O. S. 307), ist eine Splittersiedlung eine bloße Anhäufung von Gebäuden. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts vermittelt die Bebauung östlich des östlichen Hafenbeckens den Eindruck einer unorganischen Streubebauung ohne das für die Einstufung als Ortsteil ausreichende Gewicht. An diese Feststellung ist der Senat gebunden.

20

Mit Recht hat das Oberverwaltungsgericht für die Einstufung des Bebauungskomplexes als Splittersiedlung nicht darauf abgestellt, ob die dem Komplex angehörenden Gebäude privilegiert zulässig sind. Auch eine Ansammlung privilegierter Bauvorhaben kann eine Splittersiedlung sein; denn der öffentliche Belang, die Entstehung einer Splittersiedlung zu vermeiden, kann auch einem privilegierten Vorhaben entgegenstehen (vgl. Urteil vom 22. November 1985 - BVerwG 4 C 71.82 - BRS 44 Nr. 76 S. 174 amtlicher Leitsatz Nr. 3). Wenn das regelmäßig nicht der Fall ist, liegt das daran, dass der Gesetzgeber solche Vorhaben im Außenbereich gerade bevorrechtigt (Urteil vom 19. Juni 1991 - BVerwG 4 C 11.89 - BRS 52 Nr. 78 S. 198), und nicht daran, dass sie nichts zur Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung beitragen können.

21

Splittersiedlungen sind allerdings nicht schon um ihrer selbst willen zu missbilligen. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB wertet die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung nicht schlechthin als Beeinträchtigung öffentlicher Belange, sondern stellt darauf ab, ob diese Entwicklung zu befürchten ist. Zu befürchten ist das Entstehen einer Splittersiedlung nur dann, wenn das Vorhaben zum Bestehen einer unerwünschten Splittersiedlung führt; unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Nicht anders liegt es mit der Erweiterung, d.h. der räumlichen Ausdehnung, und der Verfestigung, d.h. der Auffüllung des schon bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereiches. Auch sie sind zu missbilligen, d.h. zu befürchten und unerwünscht, nur dann, wenn in ihnen ein Vorgang der Zersiedlung gesehen werden muss (Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O.). Das anzunehmen rechtfertigt sich in aller Regel. Eine Ausnahme hat der Senat namentlich für den - hier nicht vorliegenden Fall - angenommen, dass sich die Streubebauung als herkömmliche - und nicht nur mehrfach vorhandene (Beschluss vom 19. April 1994 - BVerwG 4 B 77.94 - BRS 56 Nr. 60 S. 179) - Siedlungsform in der Gemeinde darstellt (Urteil vom 9. Juni 1976 a.a.O. S. 35). Auch die Berechtigung der regelhaften Annahme eines Vorgangs der Zersiedlung bedarf freilich - zumindest in Fällen der Verfestigung - einer konkreten Begründung (Beschluss vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 B 23.04 - BRS 67 Nr. 109 S. 481).

22

aa) Die Bootslagerhalle soll monateweise zu anderen als dem genehmigten Zweck genutzt werden. Nach der Rechtsprechung des Senats kann nicht nur die Errichtung, sondern auch die - wie hier - vom Vorhabenbegriff des § 29 Abs. 1 BauGB mitumfasste Änderung der baulichen Nutzung einer baulichen Anlage die unerwünschte Verfestigung einer Splittersiedlung auslösen (Urteil vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 50.87 - BRS 48 Nr. 58 S. 157 f.; Beschluss vom 24. Februar 1994 - BVerwG 4 B 15.94 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 294 S. 7). Unerwünscht ist die Verfestigung u.a. dann, wenn das Vorhaben eine weit reichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare Konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten werden (Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O. S. 78; Beschluss vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 481). Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich (weiter) zersiedelt werden würde. Weit reichend ist die Vorbildwirkung deshalb immer dann, wenn sich das Vorhaben und die weiteren Vorhaben, die nicht verhindert werden könnten, zusammen der vorhandenen Splittersiedlung nicht unterordnen, sondern diese erheblich verstärken und dadurch eine weiter gehende Zersiedlung des Außenbereichs bewirken würden (Urteil vom 27. August 1998 - BVerwG 4 C 13.97 - BRS 60 Nr. 92 S. 350). Besonderes Gewicht hat das öffentliche Interesse an der Verhinderung einer Zersiedlung in einer - wie vorliegend - räumlich verhältnismäßig beschränkten, nach ihrer Landschaftsstruktur von der Umgebung klar abgehobenen Außenbereichsfläche (vgl. Beschluss vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 482). Der Tatbestand des Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung setzt nicht voraus, dass als Folge der Zulassung des insoweit öffentliche Belange beeinträchtigenden Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Es genügt, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Verfestigung einer Splittersiedlung) versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. Berufungsfall geschaffen würde (Beschluss vom 2. September 1999 - BVerwG 4 B 27.99 - BRS 62 Nr. 117 S. 509).

23

Das Oberverwaltungsgericht hat den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass die Nutzung der Halle als Parkhaus, die an der Nachahmung interessierten Gewerbebetreibenden kaum würde verborgen bleiben können, im Falle ihrer Genehmigung negative Vorbildwirkung entfalten und einer (gewerblichen) Bebauung der Spülfelder nördlich der Halle, die die vorhandene Splittersiedlung erheblich erweitere, Vorschub leisten könne. Die Spülfelder seien für eine Bebauung geeignet und in der Vergangenheit bereits konkret in den Blick genommen worden. So seien in einem früheren Internet-Auftritt der Fa. N. die Spülfelder nördlich des Grundstücks der Klägerin bereits als Gewerbeflächen angeboten worden. Wenn auch dieser Internetauftritt nicht mehr zugänglich sei, zeige sich jedoch, wie sich die Vorbildwirkung für diese Grundstücke bereits konkretisiert habe. Besonderes Gewicht erhalte dieser Umstand dadurch, dass das Gelände durch die umgebende Wasserfläche räumlich abgegrenzt sei. Andererseits biete gerade diese Tatsache in Verbindung mit der dennoch gegebenen Ausdehnungsmöglichkeit der nutzbaren Fläche auf den Spülfeldern in besonders hohem Maße Anreizwirkung zur baulichen Ausnutzung und folgenden Zersiedlungswirkung. An die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung ist der Senat gebunden. Es steht daher fest, dass auch von anderer Seite Druck auf den Außenbereich ausgeübt wird und eine Genehmigung der Nutzung der Bootslagerhalle als Parkhaus in den Sommermonaten als Präzedenzfall zum Anlass genommen werden könnte, die Inanspruchnahme des Außenbereichs zu nicht privilegierten Zwecken voranzutreiben. In einem solchen Fall erfordern es die öffentlichen Belange, den ersten Ansätzen entgegenzutreten (vgl. Urteil vom 25. Januar 1985 - BVerwG 4 C 29.81 - BRS 44 Nr. 87 S. 208).

24

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die zeitweilige Nutzung der Halle als Parkhaus geeignet, zur Verfestigung der Splittersiedlung beizutragen. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht eine Beeinträchtigung des in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB genannten öffentlichen Belangs nicht im Hinblick darauf verneint, dass der Baukörper schon vorhanden ist, Bestandsschutz genießt, äußerlich nicht verändert wird und für ein Drittel des Jahres privilegiert weitergenutzt wird. Auch durch eine Nutzungsänderung ohne jede äußere Änderung des Baukörpers kann die Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung aufkommen (Beschluss vom 14. Juli 1975 - BVerwG 4 B 4.75 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 121 S. 11 f.). Rechtlich ohne Belang ist, dass die Halle noch periodisch für privilegierte Zwecke weitergenutzt werden soll. Die Halle ist für das vorliegende Genehmigungsverfahren so zu behandeln, als würde sie errichtet werden, um als Parkhaus zu dienen. Wäre die privilegierte Nutzung schon eingestellt worden, stünde das - wie auch die Klägerin nicht in Abrede stellt - außer Frage. Die nur teilweise Aufgabe der privilegierten Nutzung führt auf kein anderes Ergebnis. Zum einen entfällt die negative Vorbildwirkung der neuen Nutzung nicht und ist nicht einmal deshalb abgeschwächt, weil sie nur zeitweise ausgeübt wird. Zum anderen würde der Klägerin im Falle der Genehmigung der neuen Nutzung der Anreiz genommen, im Fall einer dauerhaften Einstellung der privilegierten Nutzung den Rückbau der funktionslos gewordenen Bootslagerhalle zu erwägen, und träte der vom Gesetzgeber mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 BauGB missbilligte Zustand ein, dass eine nicht privilegierte Inanspruchnahme des Außenbereichs für die Zukunft festgeschrieben wird.

25

bb) Mit dem Außenparkplatz wird die Splittersiedlung erweitert, d.h. räumlich in den Außenbereich ausgedehnt (vgl. Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O. S. 76). Auch die Errichtung einer nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmten baulichen Anlage, die die Ausweitung einer in einer Splittersiedlung ausgeübten oder auszuübenden Nutzung ermöglicht, kann die Splittersiedlung verfestigen (Beschluss vom 7. September 1984 - BVerwG 4 B 188.84 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 215 S. 109). Anders als unter bestimmten Voraussetzungen einer Verfestigung streitet gegen die Erweiterung einer Splittersiedlung "gewissermaßen eine starke Vermutung"; die Missbilligung einer Erweiterung rechtfertigt sich in der Regel ohne Weiteres (Urteil vom 28. Oktober 1983 - BVerwG 4 C 70.78 - BRS 40 Nr. 93 S. 231). Besondere Gründe, aus denen hier die Erweiterung der Splittersiedlung bauplanungsrechtlich zu billigen wäre - insbesondere um sie abzurunden -, ergeben sich aus dem vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt nicht.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Beseitigungsverfügung.

2

Er ist Eigentümer des Grundstücks F-Straße in der Gemeinde F-Stadt (Flurstück x/x der Flur x; 3646 m2). Dieses Grundstück grenzt westlich an die XxxStraße Auf ihm befindet sich ein in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts von der ehemaligen Deutschen Wehrmacht errichtetes Gebäude, in dessen nördlichem Teil ein Wohnbereich und im südlichen Teil als „Büro, Lager, Werkstatt" bezeichnete Räume vorhanden waren. Dieses Gebäude wurde seinerzeit als „Marinearsenal" bezeichnet (Gerichtsakte Blatt 177). Es war Teil der „Marineanlagen F-Stadt/Sylt", die ab 1935 als Seefliegerhorst errichtet wurden.

3

Nordwestlich vom Grundstück des Klägers befindet sich das Kinderheim Xxx. Der Abstand zwischen beiden Gebäuden beträgt ca. 62 m. Südöstlich (östlich der XxxStraße) befindet sich das „Fünf-Städte-Heim". Südlich vom Grundstück des Klägers befindet sich ein Wohngebiet, das ebenfalls westlich der XxxStraße gelegen ist. Die Entfernung zu dem nächstgelegenen Gebäude beträgt ca. 112 m. In dem Gebäude des Klägers befinden sich eine Dauerwohnung, die von dem Beigeladenen zu 1) genutzt wird, außerdem Ferienwohnungen. Im Flächennutzungsplan ist der Bereich als „Fläche für Dünen und Heide" dargestellt.

4

Nach A. des 2. Weltkrieges hatte der Bund (Anfang der 50er Jahre) das Gebäude an zwei Familien vermietet, u.a. die Familie des Beigeladenen zu 1). Die Mutter des Beigeladenen zu 1) kaufte das Grundstück 1982 von der Bundesfinanzverwaltung (für 360.400,00 DM). In dem Kaufvertrag war die Verpflichtung enthalten, das Gebäude für mindestens 10 Jahre als Hauptwohnung zu nutzen. Ihr war gestattet, den Südteil gewerblich für saisonale Vermietungen zu verwenden. Nach ihrem Tod im Jahr 2006 wurde der Beigeladene zu 1) Gesamtrechtsnachfolger. Nachdem der Beklagte darauf aufmerksam geworden war, dass der Beigeladene zu 1) angefangen hatte, ein Nebengebäude zu errichten, ordnete er 2008 die Baustilllegung an.

5

Die seit 2009 von der finanzierenden Bank betriebene Zwangsvollstreckung führte zur Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens. Im Mai 2011 erwarb der Kläger das Grundstück gegen ein Bargebot von 270.000,00 €. Er räumte dem Beigeladenen zu 1) schuldrechtlich ein lebenslanges Wohnrecht im nördlichen Teil des Gebäudes ein. Ein Sachverständigengutachten war zum Bewertungsstichtag 31.01.1997 zu einem Verkehrswert von 800.000,00 DM gekommen. Ein vom Amtsgericht Niebüll eingeholtes Verkehrswertgutachten (vom 27.01.2010) kam zu dem Ergebnis, dass das Grundstück als unbebaut zum Stichtag 03.12.2009 ohne Verkehrswert sei. Dem legte der Gutachter zugrunde, dass der Bestandsschutz erloschen und die Bebauung des Grundstücks aufgrund der Außenbereichslage nicht genehmigungsfähig sei.

6

Einen Bauvorbescheid (Instandsetzung und energetische Sanierung sowie Innenausbau der im Gebäude befindlichen Wohnungen) lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 02.07.2013). Der Kläger nahm seinen Antrag daraufhin zurück.

7

Nach Anhörung erließ der Beklagte die hier streitige Ordnungsverfügung vom 13.12.2013, mit der er den Kläger aufforderte, das zu Wohnzwecken genutzte Gebäude innerhalb von 8 Wochen nach Unanfechtbarkeit zu entfernen. Außerdem drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 € an. Zur Begründung führte er aus, die militärische Nutzung als Wehrmachtsbau habe mit Beendigung des 2. Weltkrieges geendet. Damit sei ein gegebenenfalls für diese Nutzungsform begründeter Bestandsschutz erloschen. Die anschließende Wohnnutzung habe einen neuen Bestandsschutz nicht begründen können. Eine Nutzung zu Aufenthaltszwecken sei aufgrund der Außenbereichslage nie zulässig gewesen. Im Flächennutzungsplan sei das Grundstück als Fläche für Dünen und Heide dargestellt. Daraus ergäben sich keine Rechte für eine Wohnbebauung oder einen Bestandsschutz. Auch Vertrauensschutz sei nicht begründet.

8

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus:

9

Nach dem 2. Weltkrieg sei auf Sylt dringend Wohnraum benötigt worden. Selbst wenn man unzutreffender Weise davon ausginge, dass das Gebäude während des Krieges zunächst ausschließlich militärischen Zwecken gedient habe, so hätte zumindest die Wohnungsnot nach dem Krieg die ordnungsrechtliche Rechtfertigung für die Nutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken begründet. Die Ermessensprüfung in dem angefochtenen Bescheid sei unzureichend, eine erforderliche Abwägung der öffentlichen und privaten Belange fehle. Insbesondere seien die von ihm in der Vorkorrespondenz benannten Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht einbezogen worden.

10

Bei der Darstellung des Gebäudes im Flächennutzungsplan handele es sich nicht lediglich um eine katasterliche Darstellung des Gebäudes, sondern die Gemeinde habe damit ihren Planungswillen dahingehend dokumentiert, dass das Gebäude erhalten bleiben solle. Hierzu habe sich auch erst kürzlich in der Sylter Rundschau der Bürgermeister der Gemeinde F-Stadt unmissverständlich geäußert.

11

Am 19.02.2014 führten Mitarbeiter des Beklagten in Anwesenheit des Beigeladenen zu 1) eine Besichtigung des Grundstücks durch. Dabei stellten sie fest, dass der Spitzboden von dem Beigeladenen zu 1), der nach eigenen Angaben freischaffender Künstler ist (Holzplastiken und -skulpturen u.ä. sowie Kunstschmiedearbeiten), als Lager und Werkstatt genutzt wurde. Im Dachgeschoss waren drei Ferienwohnungen vorhanden, die der Beigeladenen zu 1) vermiete. Außerdem befinde sich im Dachgeschoss ein „Bodenraum", der zu Abstellzwecken genutzt werde. Der nördliche Bereich des Dachgeschosses ist danach Teil der vom Beigeladenen zu 1) genutzten Wohnung. Im Erdgeschoss sei nach Angaben des Beigeladenen zu 1) der südwestliche Bereich vor Jahren zu einer Wohnung umgebaut worden. Diese Wohnung habe bis zum Jahre 2004/05 sein Bruder mit seiner Frau als Dauerwohnung genutzt. Diese Räume nutze er seitdem als Abstell- bzw. Lagerraum. Im nördlichen Bereich befinde sich die Wohnung, die vom Beigeladenen zu 1) genutzt wird. Im südlichen Bereich seien zu Abstellzwecken genutzte Räume vorhanden. Im Keller befänden sich ein als Aufenthaltsraum ausgebauter Raum und im Übrigen ebenfalls Werkstatt- und Lagerräume.

12

Mit Bescheid vom 08.04.2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Die Voraussetzungen für eine Beseitigungsverfügung lägen vor. Eine Baugenehmigung für die Nutzung des Gebäudes mit einer Dauerwohnung, drei Ferienwohnungen sowie Werkstatt und Lagerräumen liege nicht vor. Das Gebäude bzw. die Nutzungen seien auch materiell baurechtswidrig. Das Grundstück liege im Außenbereich der Gemeinde F-Stadt. Das Vorhaben sei nicht privilegiert, als sonstiges Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB könne es nicht zugelassen werden, weil öffentliche Belange beeinträchtigt würden. Bei Zulassung wäre die Entstehung bzw. die Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten. Außerdem widerspreche das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans, da das Grundstück in einem Gebiet liege, das als Fläche für Dünen und Heide dargestellt sei. Außerdem werde der öffentliche Belang der natürlichen Eigenheit der Landschaft beeinträchtigt. Auch Belange des Landschaftsschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege seien beeinträchtigt. Das Grundstück befinde sich in einem Bereich, der dem gesetzlichen Biotopschutz im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 3 und 6 BNatSchG unterliege. Es handele sich um Heideflächen und Küstendünen.

13

Die materielle Baurechtswidrigkeit ergebe sich daraus, dass das Gebäude (mit der beschriebenen Nutzung) wie ein Neubauvorhaben zu betrachten sei, mit der Folge, dass es sich hinsichtlich seiner Zulässigkeit an den derzeit geltenden Vorschriften messen lassen müsse.

14

Bestandsschutzerwägungen stünden der Beseitigung nicht entgegen. Eine Baugenehmigung für die ursprüngliche Funktion bzw. Nutzung sei offenbar nicht erteilt worden. Jedenfalls liege ihm eine solche nicht vor. Selbst wenn die formell legale Errichtung unterstellt werde, sei dieser Zustand mit dem A. der militärischen Nutzung entfallen. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass für militärische Zwecke im Außenbereich errichtete bauliche Anlagen nach der endgültigen Aufgabe der Nutzung keinen Bestandsschutz mehr hätten. Hierbei komme es nicht darauf an, ob das Gebäude innerhalb eines Kasernenbereichs o.ä. errichtet worden sei. Der Einwand, die „erhebliche Entfernung zu den eigentlichen militärischen Anlagen" lasse darauf schließen, dass in den Lagerräumen nicht Waffen, sondern Reparaturmaterial untergebracht gewesen sei, daher sei der Bestandsschutz nicht entfallen, sei nicht begründet. Insofern liege der Fall anders als in der vom Vertreter des Klägers im Vorverfahren zitierte Entscheidung des Bayerischen VGH vom 07.12.2009, in der es um die unveränderte Nutzung von ehemals von Angehörigen der US-Streitkräfte genutzten Mehrfamilienhäusern (Wohnblöcken) nach Abzug der ausländischen Soldaten gegangen sei. Vorliegend gehe es dagegen um ein von der Wehrmacht errichtetes Gebäude, das zu eigenen militärischen Zwecken genutzt worden sei. Mit dem A. der militärischen Nutzung habe die formelle Legalität dieser Bauwerke geendet. Demnach sei selbst bei Gebäuden, die ausschließlich Unterkunftszwecken gedient hätten, die folgende nicht-militärischen Zwecken dienende Wohnnutzung nicht durch diese frühere Nutzung gedeckt. Die Nutzung des Gebäudes durch die Familie F. sei aufgrund der Außenbereichslage des Grundstücks von Anfang an nicht genehmigungsfähig gewesen. Sie habe schon der Verordnung über die Errichtung, Veränderung und den Abbruch von Bauten für das Land Schleswig-Holstein (LBO) vom 01.08.1950 widersprochen.

15

Hinzukomme, dass das Gebäude in jüngerer Vergangenheit mehrfache Nutzungsänderungen erfahren habe. So seien im Dachgeschoss drei Ferienwohnungen eingebaut worden, für die eine Baugenehmigung nicht erteilt worden sei und für die ein Anspruch auf Erteilung auch nie bestanden habe. Gleiches gelte für den Einbau einer weiteren Wohnung im Erdgeschoss des Gebäudes, wo offenbar der Bruder des Beigeladenen zu 1) mit seiner Familie gewohnt habe. Nach Aufgabe dieser Wohnnutzung sei eine weitere Nutzungsänderung erfolgt, diese Räume seien nämlich seitdem zu Abstell- bzw. Lagerzwecken genutzt worden. Auch im Kellergeschoss des Gebäudes seien Räume umgenutzt worden. Mindestens einer dieser Räume sei den Feriengästen als Aufenthaltsraum zur Verfügung gestellt worden. Derartige Nutzungsänderungen ließen für sich genommen ebenfalls den Bestandsschutz des Gebäudes entfallen.

16

Die Beseitigungsverfügung sei auch ermessensgerecht und unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel gerechtfertigt. Bei einem Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände sei in der Regel eine besondere Begründung des „Für und Wider" des Einschreitens nicht erforderlich. Es sei nach sachlichen Gesichtspunkten und unter Abwägung der öffentlichen Belange und der privaten Interessen entschieden worden. Den öffentlichen Belangen habe der Vorrang gegeben werden müssen. Die Rechtstaatlichkeit werde nur dann gewahrt, wenn das Baurecht, welches die Rechtmäßigkeit sämtlicher Baumaßnahmen regele, eingehalten werde. Eine ungeordnete bauliche Entwicklung könne nur dann verhindert werden, wenn das Gebäude entfernt werde. Ansonsten gäbe es einen Anreiz für andere Bauherren, ebenfalls unter Missachtung des Baurechts bauliche Anlagen zu errichten. Auch die Androhung des Zwangsgeldes sei nicht zu beanstanden.

17

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger sein Vorbringen weiter verfolgt.

18

Er macht geltend: Das Grundstück liege am nördlichen Ortsrand der Gemeinde F-Stadt im Außenbereich. Die nordwestlich befindlichen Gebäude, die zum Freizeit- und Erholungsheim Xxx und die südlich bzw. südwestlich gelegenen Komplexe „xxx" und „xxx" seien nach seiner Kenntnis ohne förmliche Baugenehmigung errichtet worden. Die SO-Gebiete für die „Nutzung Bund" lägen weit entfernt auf der östlichen Seite der L 24. Sein Grundstück befinde sich, anders als das nordwestlich gelegene Freizeit- und Erholungsheim Xxx, außerhalb derjenigen Flächen, die dem Natur- und Landschaftsschutz vorbehalten seien. Die Grenze zu den dem Landschaftsschutz vorbehaltenen Flächen verlaufe - anders als bei dem Grundstück Xxx" - unmittelbar um die Grenzen seines Grundstücks herum. Diese Ausweisung im Flächennutzungsplan mache deutlich, dass die Gemeinde dem streitgegenständlichen Gebäude eine privilegierte Stellung habe verschaffen wollen. Auch die Ausführungen in dem Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan machten deutlich, dass die Gemeinde F-Stadt mit der Ausweisung des streitgegenständlichen Gebäudes nicht lediglich dessen Bestand dokumentieren, sondern den Willen zum Schutz des Bestandes zum Ausdruck bringen wollte. Dort sei nämlich ausgeführt, dass sich durch die beschriebenen Gebäude eine Abrundung des nördlichen Ortsrandes ergäbe. Daher komme die Entstehung einer Splittersiedlung nicht in Betracht.

19

Das Gebäude sei zu wohn- und gewerblichen Nutzungszwecken errichtet worden und daher formell legal. Es habe eindeutig keiner unmittelbaren militärischen Zweckbindung unterlegen. Vielmehr habe es als Wohnung für Zivilpersonen sowie als Werk- und Lagerstätte für Reparaturmaterialien gedient. Es sei dabei militärischen Zwecken allenfalls förderlich gewesen, die Erfüllung seiner bestimmungsgemäßen Nutzung sei jedoch nicht auf die Beibehaltung (mittelbarer) militärischer Nutzungszwecke angewiesen gewesen. Das Gebäude unterliege damit einer vergleichbaren Bestimmung wie die sogenannte „Weiße" und die „Rote" Siedlung in F-Stadt. Diese Wohnsiedlungen seien ebenfalls während des 2. Weltkrieges errichtet worden, um dort zunächst Wehrmachtsangehörige und -bedienstete unterzubringen, allerdings nicht beschränkt auf einen unmittelbaren und ausschließlichen militärischen Zweck, sondern mit Blick auf die Zukunft auch zu Zwecken einer zivilen Weiternutzung. Demgemäß seien auch in seinem Gebäude, als nach dem A. des 2. Weltkrieges große Wohnungsnot geherrscht habe, Heimatvertriebene untergebracht worden. Daraus ergäbe sich in Abgrenzung zu tatsächlich nur militärisch genutzten Gebäuden, wie Kasernen, Flakbunkern oder Nachrichtenstationen, dass jene eben gerade keiner unmittelbaren militärischen Zweckbindung unterlägen. Hinzukomme weiterhin, dass auch die erhebliche Entfernung des Gebäudes F-Straße zu den militärischen Anlagen in F-Stadt und zum Hafen eine militärische Zweckbindung ausschließe.

20

Der Bürgermeister der Gemeinde F-Stadt habe in mehreren persönlichen Gesprächen, aber auch gegenüber der Presse verschiedentlich die Position der Gemeinde F-Stadt bekräftigt, wonach der Erhalt des Gebäudes und die Fortsetzung der aktuellen Grundstücksnutzung ausdrückliche befürwortet und gewünscht werde. Es dürfte gerichtsbekannt sein, dass in der Gemeinde Hörnum, wie insgesamt auf der Insel Sylt, Dauerwohnraum äußerst knapp sei und viele Inselbewohner mangels entsprechender bezahlbarer Angebote auf der Insel gezwungen seien, sich Wohnraum auf dem Festland zu suchen. Er - der Kläger - habe dem jetzigen Nutzer (dem Beigeladenen zu 1)) ein lebenslanges Nutzungsrecht in Bezug auf den nördlichen Teil des Grundstücks eingeräumt, sodass insoweit die Nutzung als Dauerwohnung gesichert sei. Der Beigeladenen zu 1) sei mittellos, sodass die vom Beklagten verfügte Beseitigung des Gebäudes zwangsläufig zu dessen Obdachlosigkeit führe.

21

Die vom Beigeladenen zu 1) geplanten und teilweise auch durchgeführten Baumaßnahmen, die der Errichtung eines Nebengebäudes gedient hätten und die von ihm - dem Kläger - geplanten Maßnahmen zur Instandhaltung und Sanierung (die er letztlich nicht durchgeführt habe) hätten nicht zu einer Genehmigungspflicht geführt.

22

Auch eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung habe nicht stattgefunden. Das Gebäude sei von Anfang an zu Wohnzwecken genutzt worden. Auch die Umwandlung von Lagerräumen in Ferienwohnungen habe hieran nichts geändert. Zunächst sei das Gebäude nach dem Krieg von der Familie F. sowie einer weiteren Familie als Dauerwohnung genutzt worden. Sodann habe die Familie F. das gesamte Haus auf Basis eines Mietvertrages übernommen und es später erworben. Die im Haus befindlichen Wohnungen seien seither von den verschiedenen Familienmitgliedern als Dauerwohnungen genutzt worden. Allenfalls gelegentlich sei eine Wohnung an Dritte überlassen worden. Diese Wohnung sei niemals öffentlich zur Vermietung angeboten worden. Selbst wenn man nach der Rechtsprechung des OVG Greifswald davon ausgehe, dass Ferienwohnungen vom bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohngebäudes nicht erfasst würden, ergäbe sich daraus für die streitgegenständlichen Wohnungen ein Genehmigungserfordernis nicht. Die überwiegende Kommentarliteratur folge der Auffassung des OVG Greifswald nicht. Die jüngste Entscheidung dieses Gerichts vom 19.02.2014 sei auch nicht rechtskräftig.

23

Gemäß § 3 Abs. 3 Ziffer 1 BauNVO seien in Wohngebieten u.a. „kleine Betriebe des Beherbergungswesens" zulässig. Dazu zähle auch die planmäßige entgeltliche Vermietung von Ferienwohnungen. Sollte das Gericht zu der Auffassung kommen, bei der erwähnten Wohnung handele es sich um eine Ferienwohnung, käme der zweite seit je her erlaubte Nutzungszweck des Gebäudes in Betracht: Ausübung eines Gewerbes.

24

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei das Gebäude nicht materiell rechtswidrig. Es handele sich hier nicht um ein neues Bauvorhaben oder um einen Ersatzbau, sondern um den Erhalt eines vor fast 80 Jahren legal errichteten Gebäudes, das in seinem Erscheinungsbild unverändert sei und lange vor Inkrafttreten des westdeutschen Umweltrechts in seiner Einbettung in die Umgebung zum Landschaftsbild gehöre. Nicht der Erhalt dieses historischen Gebäudes, sondern sein Abriss würde das Landschaftsbild nachhaltig verändern. Zwar liege es im Außenbereich und sei nicht privilegiert, es handele sich somit um ein „sonstiges Vorhaben" im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB, es könne jedoch zugelassen werden, weil es öffentliche Belange nicht beeinträchtige. Schon in dem Flächennutzungsplan von 1978 werde es ausgewiesen. Der Erläuterungsbericht weise auf eine Abrundung des nördlichen Ortsrands durch die dortigen bebauten Grundstücke hin. Zwar sei ein Flächennutzungsplan gemäß § 8 Abs. 2 BauGB im Verhältnis zum Bebauungsplan nur ein vorbereitender Bauleitplan, dieser sei jedoch nicht nur eine unverbindliche Äußerung der Gemeinde, sondern bringe ihren planerischen Willen über Stand und Entwicklung der städtebaulichen Ordnung zum Ausdruck. Deshalb könne eine Gemeinde sich zur planerischen Steuerung im Außenbereich auf den Flächennutzungsplan beschränken (BVerwGE 124, 132). Daher seien Darstellungen eines Flächennutzungsplanes bei der Entscheidung über die Zulässigkeit von sonstigen Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB grundsätzlich zu berücksichtigen; insoweit entsprächen die Wirkungen des Flächennutzungsplans denen eines verbindlichen Bebauungsplanes (grundlegend BVerwGE 18, 247 ff). Jedenfalls in den Fällen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB seien Darstellungen des Flächennutzungsplans in entsprechender Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der abstrakten Normenkontrolle unterworfen. Zur Standortsicherung im Außenbereich wirkten die Darstellungen eines Flächennutzungsplans wie ein „Ersatzplan" mit Außenwirkung.

25

Zumindest seien in einem solchen Plan dargestellte Gebäude auf Grundstücken im Außenbereich vor Beeinträchtigungen anderer (privilegierter) Vorhaben geschützt. Daraus folge, dass das Gebäude auf dem Grundstück F-Straße Bestandsschutz genieße. Daher bestehe nicht die Notwendigkeit, insoweit einen qualifizierten Bebauungsplan aufzustellen. Auch ein Zielabweichungsverfahren sei nicht erforderlich. Das habe die Planungsabteilung des Beklagten vor einer etwaigen Überplanung des Gebiets für notwendig erachtet und damit faktisch mögliche kommunalpolitische Bestrebungen, den Erhalt des Gebäudes durch verbindliche Überplanung des Grundstücks zu sichern, zusätzlich erschwert. Der Regionalplan V regele zwar ausdrücklich, dass eine „künftige Siedlungstätigkeit" bzw. eine „weitere bauliche Entwicklung" außerhalb der dargestellten Baugebietsgrenzen nur im Ausnahmefall nach entsprechender Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens erfolgen solle; bauleitplanerische Maßnahmen für Grundstücke mit „bestehenden Gebäuden", die außerhalb der dargestellten Baugebietsgrenzen lägen und der Wohnnutzung dienten, seien jedoch nicht erfasst und damit auch nicht in ihrer Nutzbarkeit eingeschränkt. Das folge aus dem eindeutigen Wortlaut. Auch weitere Regelungen im Regionalplan bezögen sich auf eine „weitere Ausuferung der Bebauung in die freie Landschaft" und die „künftige bauliche Entwicklung sowie künftigen Wohnungsneubau".

26

Damit hänge die materiell-rechtliche Legalität des streitigen Gebäudes davon ab, ob die Erschließung des Grundstücks gesichert sei und der Bestand einschließlich der Nutzung des Gebäudes öffentliche Belange nicht beeinträchtige. Der geltende Flächennutzungsplan sei gewahrt, schädliche Umwelteinwirkungen seien nicht zu befürchten und Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege oder gar des Bodenschutzes seien durch den Erhalt des Gebäudebestandes und seine bisherige Nutzung ebenfalls nicht beeinträchtigt. Das Grundstück liege nicht in einem Gebiet, das dem Biotopschutz unterliege. Sollte dies wider Erwarten doch der Fall sein, käme es vor dem Hintergrund einer langjährigen legalen Nutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken und nicht emittierenden gewerblichen Zwecken, die lange vor der normativen Gründung des Biotopschutzes eingesetzt habe, jedenfalls nicht zu einer relevanten Beeinträchtigung der Schutzzwecke. Der Erhalt des streitigen Gebäudes führe auch nicht zu einer planlosen Zersiedelung des Außenbereichs oder zu einer Erweiterung oder Verfestigung einer Splittersiedlung. Insoweit sei das Argument des Beklagten, dass das streitgegenständliche Gebäude wie ein „Neubauvorhaben" zu betrachten sei, abwegig. Der ebenfalls im Außenbereich gelegene Xxx sei im Jahr 1967/1968 errichtet worden. Die Gefahr einer Entstehung oder Erweiterung einer Splittersiedlung sei eher von den Gebäuden des „xxx" ausgegangen, die nach dem streitigen Gebäude errichtet worden seien. Konsequenterweise müsse der Beklagte daher, wenn überhaupt, eine Beseitigung der Gebäude des „xxx" in Erwägung ziehen.

27

Selbst wenn entgegen der hier vertretene Auffassung das Gebäude zunächst einer militärischen Zweckbestimmung unterlegen haben sollte und diese mit dem A. des 2. Weltkrieges geendet hätte, wäre der Gebäudebestand mit der Nutzungsart „Wohnen" deshalb materiell-rechtlich legal, weil die dann erfolgte Wohnnutzung auf eine ordnungsrechtliche Rechtsgrundlage gestützt werden könnte. Der Bund habe das Gebäude zunächst aufgrund eines Notstands zwei Familien, die eine Bleibe benötigt hätten, zur Beseitigung von Obdachlosigkeit zur Verfügung gestellt. Gegenwärtig bestehe auf der Insel Sylt für Einheimische eine erhebliche Wohnungsnachfrage, die in absehbarer Zeit nicht gestillt werden könne. Nach 1945 seien die zuständigen Stellen des Bundes berechtigt, möglicherweise sogar materiell-rechtlich verpflichtet gewesen, das streitige Gebäude obdachlosen Familien auf Sylt zur Verfügung zu stellen.

28

Weiterhin stehe der passive Bestandsschutz einer Beseitigung entgegen. Das Gebäude sei legal errichtet worden und unverändert weiter genutzt worden. Hinsichtlich des Bestandsschutzes bei von der ehemaligen Wehrmacht errichteten Gebäuden könne an die Regelung in § 37 Abs. 2 BauGB angeknüpft werden, wonach für Vorhaben, die der Landesverteidigung, dienstlichen Zwecken der Bundespolizei oder dem zivilen Bevölkerungsschutz dienten, eine Sonderregelung bestehe. Voraussetzung sei, dass das Vorhaben den genannten Zwecken „diene", es dürfe insoweit nicht nur „förderlich" sein. Eine solche besondere Zweckbindung liege bei dem hier streitigen Gebäude nicht vor. Es sei zwar als „Marinearsenal" bezeichnet worden, habe jedoch ausweislich der Innengestaltung nur als Werk- und Lagerstätte für Reparaturmaterial sowie als Wohnung für Zivilpersonen gedient, denen die Wartung und Reparatur der weit entfernt liegenden Kaserne und ihres Inventars oblegen habe. Insofern sei das Gebäude nicht im Sinne von § 37 Abs. 2 BauGB zur Erfüllung von Verteidigungsaufgaben notwendig gewesen, es sei vielmehr aus logistischen Gründen allenfalls „förderlich" gewesen. Das ergebe sich auch aus der erheblichen Entfernung zu den eigentlichen militärischen Anlagen. Sinngemäß habe die Wohnung somit der dauerhaften Unterbringung von Zivilpersonal (Handwerkern/Dienstleistern) gedient. Daher habe das Gebäude ab Anfang der 1950er Jahre an die Familie F. vermietet werden dürfen, ohne dass dadurch eine Nutzungsänderung erfolgt sei. Daher sei entgegen der Ansicht der Beklagten der Bestandsschutz nicht entfallen. Den vom Beklagten insoweit zitierten Urteilen lägen andere Fälle zugrunde, nämlich ein Flakbunker, der zu einem Wochenendhaus umgebaut wurde, ein ehemaliges Behelfsheim sowie eine militärisch genutzte Nachrichtenstation einschließlich eines 60 m hohen Fernmeldeturms. Der vorliegende Fall sei demgegenüber mit dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 07.12.2019 entschiedenen Fall vergleichbar, wo es um die Fortführung einer Wohnnutzung nach Abzug der US-Streitkräfte gegangen war. Die Wohngebäude seien nach dieser Entscheidung nicht Teil der militärischen Anlagen gewesen, so dass mit Aufgabe der militärischen Nutzung die bestandsgeschützte Wohnnutzung fortgesetzt werden konnte,

29

Wenn man dies anders sehen wollte, sei es erforderlich, die Ordnungsverfügung auf die Untersagung der Wohnnutzung zu beschränken, eine Beseitigung ließe sich mit der Rechtswidrigkeit der Wohnnutzung jedenfalls nicht rechtfertigen.

30

Die Ermessensausübung des Beklagten sei fehlerhaft. Die erstaunlich knappen Ausführungen zum Ermessen, die aus allgemeinen Floskeln bestünden, ließen erkennen, dass der Beklagte auf die zahlreichen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vorgetragenen Aspekte und Belange nicht eingegangen sei. Insbesondere sein schutzwürdiges Vertrauen und das Vertrauen seiner Rechtvorgänger seien nicht in die Betrachtung einbezogen worden. Insbesondere habe der Beklagte nicht berücksichtigt, dass das streitgegenständliche Gebäude seit über 60 Jahren zu Wohnzwecken genutzt werde, es vom Bund zu einem Kaufpreis von 360.400,00 DM an die Voreigentümer verkauft worden sei, die frühere Eigentümerin kaufvertraglich zur Nutzung des Gebäudes als Hauptwohnung für einen Zeitraum von 10 Jahren verpflichtet gewesen sei, das Gebäude im Flächennutzungsplan ausgewiesen sei, der Beklagte im Jahr 2008 die Einstellung der Bauarbeiten hinsichtlich des Nebengebäudes verfügt und keine Schritte im Hinblick auf eine Beseitigung unternommen habe und der Beklagte auch im Rahmen des Bauvorbescheidsantrages im März 2013 durch den Hinweis auf die Verfahrensfreiheit bestimmter Aus- und Umbauarbeiten das Vertrauen begründet habe, dass von einem geschützten Bestand ausgegangen werden könne. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte überhaupt im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten eine Abwägung durchgeführt habe, seien nicht erkennbar. Insbesondere die drohende Obdachlosigkeit des Beigeladenen zu 1) und die Wohnungssituation auf Sylt seien nicht gewürdigt worden. Schließlich sei der Beklagte nicht darauf eingegangen, dass das Gebäude längst prägend für das Landschaftsbild sei und die Gemeinde F-Stadt an der Erhaltung interessiert sei. Außerdem sei unerfindlich, warum gleichheitswidrig andere ehemalige Wehrmachts- und andere Gebäude bestehen bleiben sollen, nur sein Gebäude nicht. Hier sei also nicht systemgerecht vorgegangen worden.

31

Der Kläger beantragt,

32

den Bescheid des Beklagten vom 13.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2014 aufzuheben,

33

hilfsweise, die Berufung zuzulassen.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Klage abzuweisen.

36

Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen in seinen Bescheiden und macht ergänzend geltend, das streitige Gebäude sei als „Marinearsenal" bezeichnet worden, woraus sich eindeutig ergebe, dass es sich um ein zu militärischen Zwecken errichtetes Gebäude handele, dessen Bestandsschutz mit der Aufgabe dieser Nutzung entfallen sei. Bereits die von der Bundesvermögensverwaltung durchgeführte Vermietung habe der Baugenehmigung bedurft und dem materiellen Baurecht widersprochen. Anhaltspunkte für die Behauptung des Klägers, das Gebäude sei seinerzeit von der Deutschen Wehrmacht „zu Wohn- und Gewerbezwecken" errichtet worden, seien nicht erkennbar.

37

Weiterhin sei unzutreffend, dass er nach Erlass der Baustilllegungsverfügung hinsichtlich der Errichtung eines Nebengebäudes von weiteren bauordnungsbehördlichen Maßnahmen Abstand genommen habe. Richtig sei vielmehr, dass zunächst seitens des Beigeladenen zu 1) ein Bauantrag angekündigt worden sei. Dieser habe abgewartet werden sollen. Später habe man ihn über die Einleitung und Durchführung eines Zwangsversteigerungsverfahrens informiert. Es sei sachgerecht gewesen, dessen Ausgang abzuwarten. Der Kläger sei im Übrigen schon aufgrund des im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens erstellten Gutachtens vom 27.01.2010 darüber informiert gewesen, dass das Gebäude keinen Bestandsschutz genieße und der Abbruch gefordert werden würde.

38

Entgegen der Darstellung des Klägers sei das Grundstück im geltenden Flächennutzungsplan nicht als Wohnbaufläche, sondern als Fläche für Dünen und Heide dargestellt.

39

Die Beigeladenen haben jeweils keinen Antrag gestellt.

40

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des gegenseitigen Vorbringens wird auf den Akteninhalt und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.

42

Rechtsgrundlage für die hier streitige Beseitigungsverfügung ist § 59 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 LBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von Anlagen anordnen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Auf der Tatbestandsseite ist somit erforderlich, dass die bauliche Anlage öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht (und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können). Das ist der Fall, wenn das Gebäude formell und materiell baurechtswidrig ist, nicht durch eine Genehmigung legalisiert ist und kein Bestandsschutz besteht. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

43

Das Gebäude ist formell baurechtswidrig.

44

Es ist in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts von der damaligen Wehrmacht als „Marinearsenal", somit als Teil des in F-Stadt gelegenen Seefliegerhorstes, errichtet worden. Das Gebäude enthielt seinerzeit eine Wohnung sowie Lager-, Werkstatträume und einen „Wohlfahrtsraum". Zu Gunsten des Klägers wird davon ausgegangen, dass damals eine Baugenehmigung nicht erforderlich war. Die ursprünglich vorhanden gewesene formelle Legalität militärischer Bauten endete allerdings mit dem A. der militärischen Nutzung (OVG Schleswig, Urteil vom 26.06.1997 - 1 L 233/96 - Rn 47). Das gilt auch hier. Das als „Marinearsenal" errichtete Gebäude wurde nach dem 2. Weltkrieg nicht mehr militärisch genutzt, es wurde zwei wohnungssuchenden Familien zur Verfügung gestellt. Im Flächennutzungsplan liegt das Gebäude (weit) außerhalb des Sondergebiets Bund. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es auch nicht darauf an, ob das Gebäude als „Marinearsenal" (unmittelbar) militärischen Zwecken „diente" oder nur „förderlich" war. Entscheidend ist hier, dass es Teil der militärischen Anlage in F-Stadt war und dieser Zweck die Errichtung im Außenbereich ohne förmliche Baugenehmigung gerechtfertigt hat. Bei der Unterbringung der beiden wohnungsuchenden Familien nach Kriegsende handelte sich daher nicht um eine „Fortsetzung" der Wohnnutzung wie im Fall des Bayerischen VGH (Beschluss vom 07.12.2009 - 15 CS 09.2755 - juris Rn 14: Wohnung für Bedienstete der amerikanischen Streitkräfte außerhalb der Kaserne („housing area"); kritisch dazu: Eiding/Nickel, NVwZ 2011, 336, 339: zivile „Weiternutzung“ nicht vom materiellen Bestandsschutz gedeckt), sondern um eine nicht mehr vom Bestandsschutz gedeckte Nutzungsänderung.

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Die Wohnnutzung des streitigen Gebäudes ist auch materiell illegal.

46

Die Nutzung zu Wohnzwecken zunächst durch die beiden nach Kriegsende untergebrachten Familien und danach nur durch die Familie F. (die das Gebäude 1982 vom Bund für 360.400,00 DM kaufte) ist nie genehmigt worden und war auch nie genehmigungsfähig. Das Gebäude lag und liegt im Außenbereich in einem Gebiet, das im Flächennutzungsplan als Fläche für „Dünen und Heide“ dargestellt ist und zusätzlich noch in einem Wasserschutzgebiet. Da kein Privilegierungstatbestand gegeben ist, handelt es sich um ein Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB und ist nur dann genehmigungsfähig, wenn die Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Hier werden jedoch verschiedene öffentliche Belange beeinträchtigt.

47

Das Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB). Dieser stellt Gebiete unterschiedlicher Nutzung dar. Die Wohnbauflächen sind nach der Legende rot und mit einem eingekreisten „W“ gekennzeichnet. Dies gilt für das südlich vom Grundstück des Klägers gelegene Gebiet, in dem abgesetzt von der Bebauung im Ortszentrum und westlich des Sondergebiets Bund ein kleines Wohngebiet dargestellt ist. Das Grundstück liegt jedoch außerhalb der für das Wohnen vorgesehenen Gebiete in einem Bereich für "Dünen und Heide" und darüber hinaus in einem Wasserschutzgebiet, woraus klar ersichtlich ist, dass eine Wohnnutzung in diesem Bereich nicht der von der Gemeinde beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung (im Sinne von § 5 Abs. 1 BauGB) entspricht. Entgegen der Auffassung des Klägers kann der (katasterlichen) Darstellung des Gebäudes nicht entnommen werden, dass die Gemeinde damit die (weitere) Wohnnutzung sichern wollte. Da ein Flächennutzungsplan auf der Grundlage des Katasterplans entwickelt wird, hat die nachrichtliche Übernahme vorhandener Gebäude keinen städtebaulichen Erklärungswert und kann nicht als Indiz für einen planerischen Willen der Gemeinde gewertet werden.

48

Außerdem werden Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege und der Belang der natürlichen Eigenart der Landschaft beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB). Dünen und Heide sind nämlich gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 3, 6 BNatschG gesetzlich geschützt. Diese Belange haben eine eigenständige bodenrechtliche Bedeutung neben den entsprechenden bundes- und landesrechtlichen Vorschriften zum Naturschutz und zur Landschaftspflege (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rdnr 92). Die Belange der „natürlichen Eigenart der Landschaft“ und des „Erholungswerts“ verfolgen den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit zu erhalten. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben, daher sollen bauliche Anlagen abgewehrt werden können, die der Landschaft wesensfremd sind und der Allgemeinheit Möglichkeiten der Erholung entziehen (Söfker a.a.O. Rdnr 96). Daher verstoßen Wohngebäude im Außenbereich (mit denen keine land- oder forstwirtschaftlichen Zwecke verfolgt werden) in der Regel gegen diesen Belang. Das gilt auch hier. Dünen und Heide, wie sie an der Nordseeküste Vorkommen, sind - wie auf der Fahrt von Rantum nach F-Stadt besonders deutlich wird - gerade dadurch gekennzeichnet, dass - außerhalb von Wohn- und Ferienhausgebieten - keine Bebauung vorhanden ist.

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Auch der öffentliche Belang der „Entstehung einer Splittersiedlung“ (§ 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB) wird hier beeinträchtigt. Darunter wird verstanden, dass durch die Errichtung eines Wohngebäudes im Außenbereich dieser „zersiedelt“ wird. Der Außenbereich soll „grundsätzlich von allen nicht unmittelbar seinem Wesen und seiner Funktion entsprechenden Baulichkeiten freigehalten werden“. Das „dringende Bedürfnis nach einer gesunden Siedlungsstruktur lässt im allgemeinen eine nicht der Funktion des Außenbereichs zugeordnete Bebauung als eine zu missbilligende Zersiedlung“ erscheinen (BVerwG, U.v. 28.4.1972 - IV C 42.69 - juris Rn 22). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Zwar ist das Gebäude dort seit ca. 80 Jahren vorhanden, rechtlich ist es jedoch wie ein Neubauvorhaben zu beurteilen, da hier eine Nutzungsänderung (von militärischen zu ziviler Wohnnutzung) zu beurteilen ist. Daher handelt es sich hier um eine im Außenbereich unzulässige Wohnnutzung.

50

Das Gebäude hat auch keinen materiellen Bestandsschutz. Dieser besteht dann, wenn die Anlage über einen nicht unerheblichen Zeitraum mit den seinerzeit geltenden materiell-rechtlichen Bestimmungen vereinbar war. Maßgeblich ist die nach Art und Umfang unveränderte Nutzung (BVerwG, Urteil vom 12.03.1998 - 4 C 10/97 - BVerwGE 106, 228). Ein solcher „Bestandsnutzungsschutz" entfällt bei früheren militärischen Anlagen, wenn die militärische Nutzung aufgegeben wird. Dies gilt auch, wenn die fragliche Anlage früher Unterkunftszwecken gedient hat (BVerwG, Urteil vom 21.11.2000 - 4 B 36/00 - Nachrichtenanlagen; OVG Schleswig, Urteil vom 26.06.1997 - 1 L 233/96 - Umwandlung eines Bunkers in ein Wohnhaus). Nach der oben zitierten Entscheidung des Bayerischen VGH gilt etwas anderes bei „housing areas“, nämlich Wohnanlagen für Angehörige der US-Streitkräfte außerhalb des eigentlichen Kasernenbereichs.

51

Nach diesen Grundsätzen ist hier mit der Aufgabe der militärischen Nutzung nicht nur der formelle sondern auch der materielle Bestandsschutz entfallen. Das ergibt sich aus den obigen Ausführungen zur ursprünglichen militärischen Nutzung des „Marinearsenals“ im Rahmen des Seefliegerhorstes in F-Stadt. Dieser Nutzungszweck rechtfertigte - aber begrenzte auch - den baurechtlichen Bestandsschutz des streitigen Gebäudes. Die zivile Wohnnutzung liegt außerhalb des (durch die militärische Nutzung begrenzten) Bestandsschutzes. Insoweit gilt dasselbe wie in anderen Fällen, in denen eine bestimmte genehmigte oder genehmigungsfähige Nutzung aufgegeben wurde (Nutzung einer (ehemaligen) Jagdhütte zu Freizeitzwecken - BVerwG, B.v. 21.6.1994 - 4 B 108/94 - juris; Weiternutzung eines Behelfsheims trotz nicht mehr vorhandener kriegsbedingter Wohnungsnot: OVG Schleswig, U.v. 25.11.1991 - 1 L 115/91 - juris; Verwaltungsgericht Schleswig, U.v. 25.1.2011 - 8 A 9/10 - n.v.).

52

Daher kommt es auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage, ob der Bestandsschutz auch durch die vom Vorgänger des Klägers durchgeführten Umbauarbeiten und die Einrichtung von drei Ferienwohnungen entfallen ist, nicht an.

53

Auch die Frage, ob der Bund nach A. des 2. Weltkrieges aus ordnungsrechtlichen Gründen verpflichtet war, wohnungslose Familien aufzunehmen und sich daraus Bestandsschutz ergeben hat, kann offen bleiben, weil diese Rechtfertigung für die Änderung der ursprünglichen (militärischen) Nutzung (kriegsbedingte Wohnungsnot) inzwischen entfallen ist. Insoweit gilt hinsichtlich des Entfalles des Bestandsschutzes das Gleiche wie zur ehemaligen militärischen Nutzung oder zur oben erwähnten Weiternutzung von Behelfsheimen. Aus einer ehemals rechtmäßigen Nutzung ergibt sich kein bis in die Gegenwart reichender Bestandsschutz, weil dieser auf die „nach Art und Umfang unveränderte Nutzung“ beschränkt ist (BVerwG, U.v. 23.1.1981 - 4 C 83/77 - juris).

54

Das Recht des Beklagten zum Einschreiten ist hier nicht verwirkt. Grundsätzlich gehen die Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden, (gemäß § 59 Abs. 1 LBO) gegen baurechtswidrige Zustände einzuschreiten, nicht durch Zeitablauf verloren. Die mit dieser Befugnis verbunden Pflicht zur Aufgabenerfüllung lässt schon vom Ansatz her eine Verwirkung nicht zu. Daher hindert auch die bloße langjährige Hinnahme eines baurechtswidrigen Zustands die Bauaufsichtsbehörde nicht, eines Tages die Herstellung rechtmäßiger Zustände zu fordern. Aus einem derartigen Zeitablauf folgt kein Anspruch auf ein Belassen eines baurechtswidrigen Zustands. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bauaufsichtsbehörde über die reine Untätigkeit hinaus ein positives Verhalten an den Tag gelegt hat, aufgrund dessen der Betroffene darauf vertrauen durfte, die Behörde werde von ihrer Eingriffsbefugnis keinen Gebrauch machen und er tatsächlich auch darauf vertraut hat, dass das Recht zum Einschreiten nicht mehr ausgeübt werde (Domning/Möller/Bebensee, LBO, § 59 Rn. 150 ff).

55

Für ein solches Verhalten des Beklagten, das das berechtigte Vertrauen des Klägers begründen konnte, gegen die Wohnnutzung werde nicht eingeschritten, gibt es keine Anhaltspunkte. Insoweit macht der Kläger zwar geltend, im Zusammenhang mit der Baustilllegungsverfügung (aus dem Jahr 2008) habe der Beklagte seine Verfügung auf die Nebenanlage beschränkt, woraus er habe schließen dürfen, dass von weiteren bauordnungsbehördlichen Maßnahmen abgesehen werde. Außerdem habe der Beklagte im Zusammenhang mit der von ihm geplanten Instandsetzung und energetischen Sanierung darauf hingewiesen, dass es sich um verfahrensfreie Aus- und Umbauarbeiten handele. Auch daraus habe er schließen dürfen, dass es sich um einen geschützten Bestand handele. Insoweit weist der Beklagte jedoch zu Recht daraufhin, dass er hinsichtlich der vom Beigeladenen zu 1) seinerzeit durchgeführten Arbeiten an der Nebenanlage den angekündigten Bauantrag abgewartet habe. Nach Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens sei es sachgerecht gewesen, dessen Ausgang abzuwarten. Angesichts dieser Umstände und des im Januar 2010 erstellten Verkehrswertgutachtens, in dem der Gutachter ausgeführt hat, dass der Bestandsschutz entfallen und das Wohnen im Außenbereich unzulässig sei, bestand keine hinreichende Grundlage für das Vertrauen darauf, der Beklagte werde von seiner Eingriffsbefugnis keinen Gebrauch machen.

56

Die Tatbestandsseite der Rechtsgrundlage für die Beseitigungsverfügung (§ 59 Abs. 2 Nr. 3 LBO) ist erfüllt. Als Rechtsfolge kommt hier nur die Beseitigung in Betracht, da anders rechtmäßige Zustände nicht hergestellt werden können. Eine Beschränkung auf die Untersagung der Wohnnutzung würde die im Übrigen bestehende materielle Rechtswidrigkeit bestehen lassen, wofür es keine Rechtfertigung gibt.

57

Somit ist hier das Ermessen des Beklagten eröffnet. Die Überprüfung der Ermessensentscheidung ist gemäß § 114 VwGO auf Ermessensfehler beschränkt (Ermessensausfall, Ermessensfehlgebrauch oder -überschreitung). Das Gericht ist also gehindert, eigene Ermessenserwägungen an die Stelle derjenigen der Behörde zu setzen. Gemäß § 114 Satz 2 VwGO kann die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes allerdings auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Zu berücksichtigen ist hier, dass bei einem Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände die Anforderungen an eine Begründung des Ermessens in der Weise reduziert sind, dass bei der Ermessensentscheidung über das Einschreiten das „Für und Wider" nur dann abgewogen werden muss, wenn der Fall so geartet ist, dass ganz bestimmte, konkrete Anhaltspunkte für die Angemessenheit einer Ausnahme bestehen. Regelmäßig reicht es (bei einem Einschreiten gegen einen baurechtswidrigen Zustand) aus, wenn die Bauaufsichtsbehörde zum Ausdruck bringt, der beanstandete Zustand solle wegen seiner Rechtswidrigkeit beseitigt werden (Domning/Möller/Bebensee LBO, § 59 Rdnr 423 f). Eine nähere Prüfung im Sinne einer Abwägung des Für und Wider ist insbesondere dann erforderlich, wenn konkrete private Belange geltend gemacht werden, sich aufdrängen oder andere Umstände beachtlich sind. Hierzu kann auch gehören, dass Anhaltspunkte für ein nicht systemgerechtes Einschreiten oder eine bewusste Hinnahme des rechtswidrigen Zustands bestehen.

58

Nach diesen Grundsätzen sind die Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden.

59

Ein Ermessensausfall liegt nicht vor. Der Widerspruchsbescheid enthält den zutreffenden Hinweis auf die Rechtsprechung, dass bei baurechtswidrigen Zuständen in der Regel eine besondere Begründung des Für und Wider des Einschreitens nicht erforderlich ist und führt - für den Regelfall einer Beseitigungsanordnung ausreichende - Erwägungen für das Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Durchsetzung rechtmäßiger Zustände an.

60

Auch ein Ermessensfehlgebrauch lässt sich nicht feststellen. Der Beklagte hat in seinem Widerspruchsbescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass in der Regel das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände nicht durch ein Eingehen auf besondere Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt werden muss. Vielmehr ist das Einschreiten grundsätzlich schon deswegen gerechtfertigt, weil ein öffentliches Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände besteht und negative Vorbilder oder Anreize für andere Eigentümer, ebenfalls rechtswidrige Zustände zu schaffen, vermieden werden müssen. Dies gilt - wie gerichtsbekannt ist - angesichts des großen Baudrucks auch auf Sylt. Dort hat gerade die Vermeidung einer Vorbildwirkung einer rechtswidrigen Anlage besonderes Gewicht.

61

Hier ist allerdings eine im Verhältnis zum "Normalfall“ eines baurechtswidrigen Zustands abweichende Konstellation gegeben. Es handelt sich hier um eine illegale Wohnnutzung im Außenbereich, die sich vom Normalfall der "Sylt-Garage" oder anderen Fällen ungenehmigter Nutzung oder von - von der Genehmigung - abweichender Ausführung eines Bauwerks deswegen unterscheidet, weil es sich um ein ehemaliges Wehrmachtsgebäude handelt, das nach dem Krieg zu Wohnzwecken genutzt wurde und später vom Bund - also nicht von privater Seite - mit der ausdrücklichen Beschränkung auf eigenes Wohnen (Hauptwohnsitz) für einen stattlichen Betrag verkauft wurde. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Beklagten zu diesen Gesichtspunkten ergänzend ausgeführt, er habe schon mit dem Beigeladenen zu 1) über die Schwierigkeit, eine neue Wohnung zu finden, gesprochen und werde dies beim Vollzug (durch Einräumung einer großzügigen Frist) berücksichtigen. Weiterhin hat er darauf hingewiesen, dass er für das rechtswidrige Verhalten des Bundes (zunächst Vermietung und sodann Verkauf zu Wohnzwecken trotz materieller Illegalität) nicht einzustehen habe. Die in der Nähe im Außenbereich errichteten Erholungsheime für Kinder und Jugendliche seien in den sechziger Jahren von dem seinerzeitigen Ministerium für Arbeit, Soziales und Vertriebene als oberste Genehmigungsbehörde genehmigt worden. Damit hat der Beklagte zu erkennen gegeben, dass er auch diese Gesichtspunkte in seine Erwägung eingestellt und berücksichtigt hat. Sowohl die lange (nichtmilitärische) Wohnnutzung (ca. 65 Jahre), die Vermietung und der Verkauf durch den Bund, die in der Nähe im Außenbereich errichteten großen Ferienanlagen und die persönliche Situation des Beigeladenen zu 1) sind damit in die Abwägung eingeflossen. Somit lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte entscheidungserhebliche Gesichtspunkte im Rahmen seiner Ermessenserwägungen nicht berücksichtigt hat.

62

Die Androhung des Zwangsgelds ist rechtmäßig. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen liegen vor. Gemäß § 236 Abs. 3 LVwG kann die Androhung mit dem Verwaltungsakt, der vollzogen werden soll, verbunden werden. Die Höhe des Zwangsgelds liegt innerhalb des in § 237 Abs. 3 LVwG bestimmten Rahmens und ist aus den im Widerspruchsbescheid (Seite 6) aufgeführten Gründen angemessen.

63

Gründe, gemäß den §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nummer 3, 4 VwGO die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung geklärt. Schwierigkeiten liegen (nur) in der Subsumtion. Das Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts ab.

64

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da diese keinen Antrag gestellt und sich damit nicht am Prozesskostenrisiko beteiligt haben (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit den §§ 708,711 ZPO.


Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines baurechtlichen Vorbescheids für die Umnutzung ehemaliger Forsthäuser zur allgemeinen Wohnnutzung.

1. Mit Kaufvertrag vom 13. März 2012 erwarb die Klägerin vom Freistaat Bayern das Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung R. Forst (Baugrundstück), das mit sechs in den Jahren 1957 bis 1961 errichteten Gebäuden, die zum ehemaligen Forsthof des Forstamts R. gehörten, bebaut ist.

Das Grundstück Fl.Nr. ... liegt außerhalb der geschlossenen Ortslage im Gemeindegebiet der Gemeinde W. (Beigeladene). Für das Baugrundstück besteht kein Bebauungsplan. Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen stellt das Baugrundstück als „Grünfläche/Forstamt“ dar. Das Baugrundstück liegt an der Staatsstraße 2316 und in ca. 200 m Entfernung zur Bundesautobahn A3 und zur Autobahnraststätte S.-Süd.

Unter dem 9. Juli 2013 beantragte die Klägerin beim Landratsamt A. unter der Vorhabensbezeichnung „Umnutzung Forsthäuser zur allgemeinen Wohnnutzung“ die Erteilung eines baurechtlichen Vorbescheids für die Nutzungsänderung der auf dem Grundstück Fl.Nr. ... vorhandenen Gebäude zu Wohngebäuden.

2. Mit Bescheid vom 16. Juli 2014 entschied das Landratsamt A., dass für das Vorhaben der Klägerin eine Baugenehmigung nicht in Aussicht gestellt werde.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Das Baugrundstück liege im Außenbereich, die bauplanungsrechtliche Beurteilung richte sich daher nach § 35 BauGB. Die beabsichtigte bzw. bereits aufgenommene Wohnnutzung der zum ehemaligen Forsthof gehörenden Gebäude erfülle keinen Privilegierungstatbestand nach § 35 Abs. 1 BauGB und stelle daher ein sonstiges Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB dar. Das Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange, da es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) und die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung begünstige (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Die Voraussetzungen für eine Teilprivilegierung des Vorhabens nach § 35 Abs. 4 BauGB lägen nicht vor. Im Übrigen sei die ausreichende Erschließung des Vorhabens im Hinblick auf die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung nicht dauerhaft gesichert. Schließlich habe auch die Beigeladene ihr gemeindliches Einvernehmen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verweigert.

3. Mit Schriftsatz vom 13. August 2014, bei Gericht eingegangen am folgenden Tag, ließ die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 16. Juli 2014 erheben und (zuletzt) beantragen:

1. Der Vorbescheid des Landratsamts A. vom 16. Juli 2014 (91.3-6024-B 825/2013/0) wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung in Aussicht zu stellen;

hilfsweise über den gestellten Antrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Bei der Errichtung der früheren Forstgebäude seien diese als vollwertige Wohnhäuser mit den erforderlichen Leitungen für Wasser und Abwässer ausgeführt worden. Die Gebäude hätten dem Wohnen der Forstbediensteten und ihrer Familien gedient. Aktuell werde die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung durch den Anschluss an das Wasserleitungsnetz der nahe gelegenen Autobahnraststätte gewährleistet. Insoweit seien Wasserversorgung und Abwasserentsorgung durch unwiderrufliche Verträge mit dem Betreiber der Autobahnraststätte gesichert. Bei dem Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau der nahe gelegenen Bundesautobahn A3 sei die Planfeststellungsbehörde davon ausgegangen, dass auf dem Baugrundstück Wohnnutzung stattfinde bzw. zulässig sei. Die Klägerin habe das Gelände des ehemaligen Forsthofs in dem Glauben darauf, dass dort Wohnnutzung zulässig sei, vom Freistaat Bayern erworben. Die Baugenehmigungsbehörde sei an die rechtliche Einschätzung der Planfeststellungsbehörde bzw. weiterer Beteiligter im Planfeststellungsverfahren, dass auf dem Baugrundstück Wohnnutzung zulässig sei, nach Treu und Glauben gebunden. Jedenfalls sei auf dem Baugrundstück Wohnnutzung unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes zulässig. Die Variationsbreite der bisherigen Nutzung der vorhandenen Gebäude werde durch die nunmehr von der Klägerin beabsichtigte Wohnnutzung nicht überschritten. Denn die auf dem Baugrundstück vorhandenen Gebäude seien auch vor Außerbetriebnahme des Forsthofs zum weit überwiegenden Teil als Wohnräume genutzt worden. Die von der Klägerin beabsichtigte Wohnnutzung unterscheide sich von der früheren Nutzung daher nur darin, dass weder die Klägerin noch ihre Angehörigen im Forstdienst stehen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die von der Klägerin beabsichtigte Nutzung die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu aufwerfe, so genieße der vorhandene Gebäudebestand einschließlich der Art und Weise der Erschließung dennoch Bestandsschutz. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen einer Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB vor.

4. Das Landratsamt A. beantragte für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zwar sei davon auszugehen, dass die Forstgebäude als privilegierte Vorhaben rechtmäßig errichtet worden seien. Die Auflösung des Forstamts und der Wegzug der letzten Forstbediensteten im Jahre 1998 hätten jedoch zu einer Entprivilegierung geführt. Aus dem Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau der Bundesautobahn A 3 könne die Zulässigkeit der Wohnnutzung nicht abgeleitet werden, da das Gelände des ehemaligen Forsthofs dort lediglich im Rahmen von Lärmschutzmaßnahmen behandelt worden sei. Dies könne eine baurechtliche Genehmigung keinesfalls ersetzen. Die Erschließung sei nicht gesichert; die privatrechtlichen Verträge der Klägerin mit dem Betreiber der nahe gelegenen Autobahnraststätte erfüllten nicht die Anforderungen an eine dauerhaft gesicherte Erschließung. Die Anwendung des § 35 Abs. 4 BauGB scheide aus, da es sich bei den ehemaligen Forstgebäuden, die in der Nachkriegszeit entstanden und nicht von historischer oder denkmalschutzwürdiger Relevanz seien, nicht um erhaltenswerte Bausubstanz handele.

5. Die Beigeladene beantragte ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

6. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Ablehnung des begehrten Verwaltungsakts rechtmäßig und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheids noch auf erneute Verbescheidung ihrer Bauvoranfrage. Es kann dahinstehen, ob das Vorhaben der Klägerin unter einen Teilprivilegierungstatbestand gemäß § 35 Abs. 4 BauGB fällt (1.), weil jedenfalls die Erschließung i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB nicht gesichert ist (2.). Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf Bestands- bzw. Vertrauensschutz berufen (3.).

1. Es kann hier offen bleiben, ob das Landratsamt die Anwendung der Teilprivilegierungsregelung des § 35 Abs. 4 BauGB zu Recht abgelehnt hat. Zwar kommt die Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB vorliegend zumindest in Betracht. Denn die ehemaligen Forstgebäude dienten nach Auskunft des Bayer. Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nicht bloß der staatlichen Verwaltungstätigkeit, sondern waren offenbar auch in die Bewirtschaftung des Staatswaldes eingebunden (vgl. Bl. 97 der Behördenakte 825/13 V-II). Im Hinblick darauf spricht einiges dafür, dass die Forsthäuser vor Auflösung des Forstamts R. einem forstwirtschaftlichen Betrieb i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dienten. Auch die Bezugnahme auf eine „Hofstelle“ in § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e) BauGB spricht nicht zwingend gegen die Teilprivilegierung des Vorhabens der Klägerin, da mit dieser gesetzlichen Regelung nach Einschätzung der Kammer lediglich sichergestellt werden soll, dass ein räumlich-funktionaler Zusammenhang zwischen den einzelnen, dem forstwirtschaftlichen Betrieb dienenden Gebäuden besteht, was bei den räumlich eng beieinander liegenden und funktional eng verbundenen Forstgebäuden der Fall war. Ausreichend ist insoweit, dass die Hofstelle vor Aufgabe der privilegierten Nutzung bestanden hat; sie muss nicht zwingend noch aktuell vorhanden sein (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2014, § 35 Rn. 144). Andererseits erscheint es nach dem Eindruck, den das Gericht durch Inaugenscheinnahme des Forsthofgeländes in einem anderen Verfahren (W 4 K 12.517) gewonnen hat, zumindest zweifelhaft, ob hinsichtlich aller auf dem Gelände vorhandenen Gebäude von einer „erhaltenswerten Bausubstanz“ i. S. d. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) gesprochen werden kann.

2. Diese Rechtsfragen bedürfen hier jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn das Vorhaben nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 35 Abs. 4 BauGB teilprivilegiert sein sollte, muss dennoch die Erschließung i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB gesichert sein. Durch eine Teilprivilegierung verliert ein Bauvorhaben nicht seine Eigenschaft als „sonstiges Vorhaben“ i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB (BayVGH, B.v. 16.9.2004 - 15 ZB 03.1475 - juris Rn. 3). Eine Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 BauGB hat lediglich zur Folge, dass dem Vorhaben bestimmte öffentliche Belange nicht entgegengehalten werden können, führt jedoch nicht zu geringeren Anforderungen hinsichtlich des gesetzlichen Erfordernisses der gesicherten Erschließung (vgl. BVerwG, U.v. 31.10.1990 - 4 C 45/88 - juris Rn. 22; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 74). Daraus folgt auch, dass für das hier zu beurteilende Vorhaben die Erschließung in vollem Umfang gesichert sein muss und nicht - wie bei privilegierten Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 1 BauGB - eine „ausreichende“ Erschließung genügt (vgl. Söfker, a. a. O.).

Das gesetzliche Erfordernis der gesicherten Erschließung verlangt neben der Anbindung des Baugrundstücks an das öffentliche Wegenetz insbesondere auch, dass die Wasserversorgung sowie die Beseitigung der auf dem Grundstück anfallenden Abwässer gesichert sind. Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung müssen dabei nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich auf Dauer gesichert sein. Das ist regelmäßig der Fall, wenn das Baugrundstück an die Straße angrenzt, in der die Versorgungsleitung liegt, und die Versorgungsleitung zumindest bis auf Höhe der Grundstücksgrenze reicht (BayVGH, U.v. 3.12.2007 - 1 B 05.3080 - juris Rn. 48). Ist dies - wie hier - nicht der Fall, so kommt eine Herstellung der Erschließung über privatrechtliche Rechtsverhältnisse zwar in Betracht. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass schuldrechtliche Verträge allein keine rechtliche Sicherung der Erschließung begründen können; erforderlich ist vielmehr, dass die schuldrechtlichen Rechte in dinglicher Hinsicht gesichert sind (BVerwG, U.v. 3.5.1988 - 4 C 54/85 - juris Rn. 14; Wolf in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2014, Art. 4 Rn. 244; Stüer, Hdb. des Bau- und Fachplanungsrechts, 4. Aufl. 2009, Teil C Rn. 2471). Diese vom BVerwG für die Frage der wegemäßigen Erschließung entwickelte Rechtsprechung ist nach Überzeugung der Kammer auch auf die hier in Streit stehende Erschließung hinsichtlich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung anzuwenden. Es sind keinerlei Gründe ersichtlich, die dafür sprächen, insoweit geringere Anforderungen an die rechtliche Sicherung der Erschließung zu stellen.

Unter Berücksichtigung dessen genügt der zwischen der Klägerin und der Betreiberin der nahe gelegenen Autobahnraststätte bestehende schuldrechtliche Vertrag nicht, um die Erschließung hinsichtlich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung dauerhaft zu sichern. Der Klägerbevollmächtigte kann insoweit auch nicht mit dem Vortrag durchdringen, es handele sich um einen „unwiderruflichen“ Vertrag. Abgesehen davon, dass auch ein „unwiderruflicher“ schuldrechtlicher Vertrag nicht von dem Erfordernis der dinglichen Sicherung entbindet, ist zu berücksichtigen, dass nach dem Vertragstext zwar das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen ist, jedoch das Recht zur außerordentlichen Kündigung besteht (Ziffer X des Vertrags, Bl. 18 der Behördenakte 825/13 V-II). Die Betreiberin der Autobahnraststätte hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung bezüglich des ehemaligen Forsthofgeländes nur so lange gewährleistet wird, wie die Betreiberin die Konzession für den Betrieb der Raststätte innehat (Bl. 160 der Behördenakte 9040/2012 S). Im Hinblick darauf sind Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung hier gerade nicht dauerhaft gesichert.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass das Landratsamt A. offenbar hinsichtlich des in der Nähe des ehemaligen Forsthofgeländes gelegenen Jagdschlosses von einer gesicherten Erschließung ausgegangen ist. Es erschließt sich dem Gericht zwar nicht ohne Weiteres, warum insoweit offenbar geringere Anforderungen an die Erschließung gestellt wurden, obwohl Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung auch dort lediglich durch schuldrechtliche Vereinbarungen geregelt sind. Auch die Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB hinsichtlich des Jagdschlosses mindert nach den obigen Ausführungen nicht die an die gesicherte Erschließung zu stellenden Anforderungen. Ungeachtet dessen ist Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren allein die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung in den ehemaligen Forsthäusern. Die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 2 BauGB und insbesondere der rechtlichen Voraussetzungen der gesicherten Erschließung obliegt im gerichtlichen Verfahren allein dem Gericht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Frage der bauplanungsrechtlichen Zulassung eines Vorhabens nach § 35 Abs. 2 BauGB ungeachtet des Wortlauts („kann“) nach einhelliger Auffassung um eine gebundene Entscheidung handelt und der Baugenehmigungsbehörde insoweit durch das Gesetz kein Ermessen eingeräumt ist (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 35 Rn. 66 m. w. N.). Dies zugrunde gelegt, ist die Kammer unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals „gesicherte Erschließung“ hier nicht gegeben sind. Unerheblich ist demgegenüber, ob das Landratsamt bei anderen Vorhaben in der Nähe des ehemaligen Forsthofs von einer gesicherten Erschließung ausgegangen ist. Insbesondere ist angesichts des fehlenden behördlichen Ermessens bei der Anwendung des § 35 Abs. 2 BauGB und der gerichtlichen Beurteilungskompetenz für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen kein Raum für den Einwand, das Landratsamt könne aus Gleichbehandlungsgründen die Frage der Erschließung bezüglich der ehemaligen Forsthäuser nicht anders beurteilen als bezüglich des nahe gelegenen Jagdschlosses.

3. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf Bestands- bzw. Vertrauensschutz berufen.

Hinsichtlich der Frage des Bestandsschutzes ist nach gefestigter Rechtsprechung zwischen dem sog. passiven und dem sog. aktiven Bestandsschutz zu unterscheiden. Passiver Bestandsschutz schützt allein den genehmigten bzw. nicht genehmigungsbedürftigen und materiell rechtmäßigen Bestand und beruht auf der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, B.v. 15.12.1995 - 1 BvR 1713/92 - BayVBl. 1996, 240). Aktiver Bestandsschutz lässt demgegenüber gewisse Änderungen oder Erweiterungen des vorhandenen Bestands zu, besteht jedoch nur nach Maßgabe einfach-gesetzlicher Regelungen (grundlegend BVerwG, U.v. 12.3.1998 - 4 C 10/97 - NVwZ 1998, 842).

Zu den Regelungen des aktiven Bestandsschutzes zählt insbesondere der hier in Betracht zu ziehende § 35 Abs. 4 BauGB. Nach den obigen Ausführungen entbindet diese gesetzliche Regelung jedoch gerade nicht von dem Erfordernis der - hier nicht vorliegenden - gesicherten Erschließung.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf passiven Bestandsschutz berufen. Bestandsschutz in diesem Sinne gewährleistet, dass sich die rechtmäßige Nutzung einer baulichen Anlage auch gegen neues entgegenstehendes Recht durchsetzt. Von ihm gedeckt ist aber nur die nach Art und Umfang unveränderte Nutzung. Wird ein Bauwerk, das bisher für einen nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegierten Zweck genutzt wurde, später für einen anderen Zweck genutzt, so ist hierin eine Nutzungs- und Funktionsänderung zu sehen, die zu einer Entprivilegierung führt. Damit erlischt der dem Gebäude zukommende Bestandsschutz. Eine Trennung von Nutzung und baulicher Substanz findet nicht statt (BVerwG, B.v. 9.9.2002 - 4 B 52/02 - juris Rn. 5). Ein solcher Fall liegt hier vor. Es ist zwar mit der insoweit übereinstimmenden Einschätzung der Beteiligten davon auszugehen, dass die zu dem ehemaligen Forsthof gehörenden Gebäude ursprünglich privilegiert i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder jedenfalls Nr. 4 BauGB genutzt wurden. Mit der Auflösung des Forstamts R. und dem Auszug der letzten Forstbediensteten Ende der 1990er Jahre wurde diese privilegierte Nutzung jedoch aufgegeben. Die Aufnahme der allgemeinen Wohnnutzung in den ehemaligen Forstgebäuden, die im Übrigen erst Jahre später stattfand, stellt eine Nutzungsänderung dar, die durch den zuvor für die privilegierte Nutzung bestehenden Bestandsschutz nicht gedeckt ist. Aufgrund der Entprivilegierung ist der Bestandsschutz erloschen. Durch die Nutzungsänderung aufgrund der allgemeinen Wohnnutzung wird die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit hinsichtlich der hier in Streit stehenden gesicherten Erschließung neu aufgeworfen und bedarf einer neuen rechtlichen Beurteilung.

Die Klägerin kann sich schließlich nicht darauf berufen, dass sie bei Erwerb des ehemaligen Forsthofs in rechtlich beachtlicher Weise auf die Zulässigkeit der allgemeinen Wohnnutzung auf dem erworbenen Anwesen vertraut habe. Eine rechtlich verbindliche Aussage über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit konnte nur das Landratsamt A. als zuständige Baugenehmigungsbehörde treffen. Eine solche Entscheidung des Landratsamts hat die Klägerin vor Erwerb des ehemaligen Forsthofs nicht herbeigeführt bzw. abgewartet. Vielmehr hat sie nach dem Vortrag ihres Bevollmächtigten zwar beim Landratsamt wegen der Zulässigkeit der allgemeinen Wohnnutzung angefragt, das Anwesen jedoch vor Erhalt einer Stellungnahme seitens des Landratsamts erworben (vgl. Bl. 36 und 57 der Behördenakte 825/2013 V-II). Von der Möglichkeit, bereits vor Erwerb des ehemaligen Forsthofs die bauplanungsrechtliche Rechtslage in einem Vorbescheids- oder Baugenehmigungsverfahren klären zu lassen, hat die Klägerin hingegen keinen Gebrauch gemacht. Auch für eine Zusicherung i. S. d. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG hinsichtlich der Zulassung der allgemeinen Wohnnutzung durch die Baugenehmigungsbehörde bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Schließlich kann die Klägerin auch nicht mit der Argumentation durchdringen, die Planfeststellungsbehörde sei im Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau der nahe gelegenen Bundesautobahn A 3 von der Zulässigkeit der Wohnnutzung auf dem Gelände des ehemaligen Forsthofs ausgegangen. Die Planfeststellungsbehörde mag insoweit eine dort stattfindende Wohnnutzung in tatsächlicher Hinsicht berücksichtigt haben. Ein Eingriff in die Beurteilungskompetenz der für die Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung allein zuständigen Baugenehmigungsbehörde war damit aber offensichtlich nicht verbunden. In keinem Fall können die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss die gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO erforderliche Baugenehmigung ersetzen.

4. Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Dabei entsprach es der Billigkeit, dass die Klägerin auch die außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen hat, weil sich diese durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Dezember 2010 - 13 K 4360/10 - geändert. Der Antrag wird abgelehnt

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks, das im Geltungsbereich der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin vom 25.06.1935 (Baustaffel 8) sowie einer Erhaltungssatzung für Gebiete der Städtebaulichen Gesamtanlagen vom 16.06.1988 liegt. Es ist mit einer 2½ geschossigen “Stadtvilla“ bebaut, deren Errichtung eine Baugenehmigung vom 04.08.1908 mit Nachtragsbaugenehmigung vom 22.01.1909 zugrunde liegt. In den damals genehmigten Bauzeichnungen reicht das Erdgeschoss an der Rückseite des Gebäudes teilweise über das Obergeschoss hinaus (Anbau); daneben sind eine überdachte Veranda und eine Terrasse eingezeichnet. Am 02.11.1992 erteilte die Antragsgegnerin unter Befreiung von Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe und Nutzungsart eine Baugenehmigung zur Nutzung und zum Umbau als städtisches Chemisches Institut einschließlich einer Erweiterung des Anbaus auf den Flächen der ehemals genehmigten Veranda und Terrasse. Am 03.07.2001 erteilte sie ihre Zustimmung und eine Genehmigung nach der Erhaltungssatzung zur Erweiterung und zum Umbau des Gebäudes im ersten Obergeschoss, insbesondere durch Aufstockung des Anbaus mit einem verglasten “Pausenraum“ nebst Balkon.
Der Antragsteller hat das Grundstück 2008 von der Antragsgegnerin erworben und möchte das Gebäude als Rechtsanwaltskanzlei nutzen. Auf seinen Bauantrag vom 25.02.2009 erteilt die Antragsgegnerin ihm am 21.07.2009 unter Abweichung von § 5 Abs. 1 LBO sowie Befreiung von Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe und -höhe und Summe der Seitenabstände sowie unter verschiedenen Auflagen und Bedingungen für den Baubeginn eine Baugenehmigung sowie eine Genehmigung nach der Erhaltungssatzung für Umbau und Nutzungsänderung in ein Wohn-/Bürogebäude mit zehn Kfz-Stellplätzen. Im genehmigten Grundriss des Erdgeschosses sind eine Innenwand und die drei Außenwände des Anbaus, soweit sie nicht durch Fenster und Türen unterbrochen werden, grau und rot dargestellt. In den Grundrissen für das Ober- und Dachgeschoss sind im Anbau ein vergrößerter “Pausenraum“ nebst Balkon und darüber ein weiterer Balkon vorgesehen. Durch Wegfall von Dachschrägen soll der Anbau außerdem erhöht werden. Nachdem der von der Antragsgegnerin mit der bautechnischen Prüfung beauftragte Ingenieur am 11.03.2010 u.a. bestätigt hatte, dass die vom Bauherrn vorgelegte Ausführungsplanung der Baugenehmigung entspreche, erteilte die Antragsgegnerin am 12.03.2010 den Baufreigabeschein.
In einem Aktenvermerk über eine Ortsbesichtigung am 13.04.2010 stellte die Antragsgegnerin fest, der Anbau sei komplett abgerissen und teilweise seien neue Außenwände errichtet worden. Mit Bescheid vom selben Tag verfügte sie daraufhin gegenüber dem Antragsteller die Einstellung der Bauarbeiten im Bereich des Anbaus auf der Ostseite des Gebäudes. Ferner drohte sie dem Antragsteller für den Fall der Fortsetzung der Bauarbeiten die Versiegelung der Baustelle an und gab ihm auf, die zur Beurteilung des begonnenen Vorhabens notwendigen Bauvorlagen vorzulegen. Der Abbruch des Anbaus weiche von der Baugenehmigung ab. Die Abweichung sei nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei und verstoße nach vorläufiger Prüfung gegen Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe sowie Summe der Seitenabstände und gegen § 5 LBO. Mit seinem Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist, macht der Antragsteller unter Hinweis auf Schreiben seines Architekten vom 28.04. und 23.06.2010 sowie eine gutachtliche Stellungnahme eines anderen Architekten vom 16.09.2010 geltend, der Anbau sei nicht vollständig abgebrochen worden. Sein Unterbau mit Fundament, Bodenplatte und Sockelmauerwerk sei weiterhin vorhanden und lediglich saniert worden. Nur aufsteigende Außenwände seien erneuert worden, weil sie infolge Durchfeuchtung und Alterung ihrer Bauteile keine ausreichende Tragfähigkeit für die genehmigte Aufstockung des Anbaus hätten. Die Erneuerung der Außenwände sei in den Plänen dargestellt, die dem Prüfingenieur vorgelegen hätten.
Auf Antrag des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.12.2010 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet. Der Antrag sei zulässig und begründet. Es bestünden erhebliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Baueinstellung. Zwar sei der Antragsteller von der erteilten Baugenehmigung insoweit abgewichen, als die in den Planunterlagen als Bestand eingetragenen Wände des Anbaus mit der Decke abgebrochen und die Wände fast vollständig neu errichtet worden seien. Diese Abweichung sei bei summarischer Prüfung aber verfahrensfrei, weil es sich um Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO handele. Damit entfalle auch die Grundlage für die Androhung der Versiegelung der Baustelle.
Mit ihrer Beschwerde beantragt die Antragsgegnerin,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09.12.2010 - 13 K 4360/10 - zu ändern und den Antrag abzulehnen.
Abbruch und Erneuerung der Außenwände seien nicht verfahrensfrei, insbesondere keine Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO. Dagegen spreche schon, dass mit dem Abbruch des Anbaus der Bestandsschutz dieses selbständigen Gebäudeteils entfallen sei.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
10 
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss. Der Anbau könne nicht isoliert betrachtet werden, da er in den Umbau des Gesamtgebäudes einbezogen sei und für sich allein baulich nicht bestehen könnte.
11 
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
12 
A. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO) und begründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe zwingen zur Änderung des angegriffenen Beschlusses und zur Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung, soweit sie Gegenstand des Eilverfahrens ist (1.), das entgegenstehende Aufschubinteresse des Antragstellers, weil diese Verfügung insoweit mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist (2.).
13 
1. Die Verfügung vom 13.04.2010 ist bei sachdienlicher Auslegung des Antragsbegehrens (§ 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO) nur insoweit Gegenstand des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO, als sie die Einstellung der Bauarbeiten anordnet und für den Fall der Fortsetzung dieser Arbeiten die Versiegelung der Baustelle androht. Denn nur insoweit entfällt kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 3 LBO, § 12 LVwVG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs. In Bezug auf die - nicht schon kraft Gesetzes vollziehbare - weitere Anordnung, die zur Beurteilung des begonnenen Vorhabens notwendigen Bauvorlagen vorzulegen, ist die sofortige Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) nicht angeordnet. Der Antragsteller hat insoweit auch keinen faktischen Vollzug geltend gemacht.
14 
2. Die Einstellung der Bauarbeiten (a)) und die Androhung der Versiegelung (b)) sind mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig.
15 
a) Nach § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO kann die Baurechtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen werden. Dies gilt nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO insbesondere, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens von der erteilten Baugenehmigung abgewichen wird, es sei denn die Abweichung ist nach § 50 verfahrensfrei. In diesem Fall sichert die Baueinstellung die strikte Durchsetzung der formellen Genehmigungspflicht nach § 49 LBO und die damit bezweckte Ordnungsfunktion des Genehmigungsverfahrens. Zugleich beugt sie der Schaffung vollendeter Tatsachen vor. Anlass für ihre Anordnung kann mithin der bloße Verstoß gegen die formelle Genehmigungspflicht sein, ohne dass die Baurechtsbehörde verpflichtet ist, auch die materielle Rechtmäßigkeit des Bauens zu prüfen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.07.1970 - II 274/67 - BRS 23 Nr. 203; Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 3. Auflage, § 64 Rn. 1 m.w.N.). Ausreichend ist ein durch Tatsachen belegter "Anfangsverdacht". Es genügt, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass ein mit der Rechtsordnung unvereinbarer Zustand geschaffen wird. Die Errichtung einer formell baurechtswidrigen (ungenehmigten) Anlage darf demgemäß vorbeugend gestoppt werden, wenn ihre Genehmigungsbedürftigkeit jedenfalls ernstlich zweifelhaft ist (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.12.1993 - 3 S 507/93 - VBlBW 1994, 196; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 20.09.1988 - 8 S 2171/88 - juris und vom 28.06.2010 - 8 S 708/10 - ESVGH 61, 34 ). Die Anordnung der Baueinstellung steht im Entschließungs- und Auswahlermessen der Baurechtsbehörde, das sie pflichtgemäß (§ 40 LVwVfG) auszuüben hat.
16 
aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO sind erfüllt. Der Antragsteller ist bei der Ausführung seines Vorhabens von der am 21.07.2009 erteilten Baugenehmigung abgewichen und diese abweichende Bauausführung ist nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei.
17 
aaa) Die Abweichung liegt darin, dass der Antragsteller eine Innenwand, die drei Außenwände und die Decke des Anbaus abgebrochen und damit begonnen hat, neue Wände zu errichten. Diese Baumaßnahmen sind weder Gegenstand des Bauantrags vom 25.02.2009 noch der Baugenehmigung vom 21.07.2009. Im genehmigten Grundriss des Erdgeschosses vom 18.02.2009 sind eine Innenwand und die drei Außenwände des Anbaus, soweit sie nicht durch Fenster und Türen unterbrochen werden, grau und rot dargestellt, also als vorhandene (bleibende) Bauteile sowie als neues Mauerwerk (§ 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 3 LBOVVO in der bei Einreichung und Genehmigung des Bauantrags noch geltenden a.F.). Lediglich das durch Vergrößerung alter oder Einbau neuer Fenster wegfallende Mauerwerk der alten Außenwände und eine weitere Innenwand (zwischen “Spülküche“ und “Chemielager“ des ehemaligen Chemischen Instituts) sind als zu beseitigende Bauteile gelb dargestellt (§ 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LBOVVO). Der Einwand des Antragstellers, die Erneuerung der Außenwände sei in den Konstruktionsplänen dargestellt, die nach Erteilung der Baugenehmigung zur Erteilung des Baufreigabescheins eingereicht worden seien und dem Prüfingenieur vorgelegen hätten, greift schon deshalb nicht durch, weil für diese abweichende Ausführung des Bauvorhabens keine (Nachtrags-/Änderungs-) Baugenehmigung erteilt worden ist. Eine solche Genehmigung liegt insbesondere nicht in der Erteilung des Baufreigabescheins (§ 59 Abs. 1 LBO). Denn damit wird lediglich festgestellt, dass die in der Baugenehmigung für den Baubeginn enthaltenen Auflagen und Bedingungen erfüllt sind (§ 59 Abs. 1 Satz 2 LBO), und die Ausführung des Bauvorhabens - durch Aufhebung des mit der Genehmigungspflicht verbundenen präventiven Bauverbots - nur im Umfang der zuvor erteilten Baugenehmigung freigegeben. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin den Baufreigabeschein erteilt, nachdem der beauftragte Prüfingenieur am 11.03.2010 u.a. bestätigt hatte, dass die Ausführungsplanung der Baugenehmigung entspricht. Ob diese Bestätigung unzutreffend war - darauf könnte evtl. die Telefonnotiz über ein Gespräch mit dem Büro des Prüfingenieurs (Bauakte, Blatt 56) hindeuten, in der es heißt “In Schalplan sind neue Wände eingetragen als KSV-Wände“ - kann deshalb offen bleiben.
18 
bbb) Die abweichende Bauausführung ist, wie die Beschwerdebegründung im Ansatz zutreffend einwendet, nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei, insbesondere nicht als Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO.
19 
(1) Fraglich erscheint bereits, ob die mit der abweichenden Bauausführung verbundenen Baumaßnahmen überhaupt als Instandhaltungsarbeiten i.S. des § 50 Abs. 4 LBO angesehen werden können, wie der Antragsteller und ihm folgend das Verwaltungsgericht annehmen.
20 
Der mit der LBO-Novelle 1995 in Anlehnung an die Musterbauordnung, die Bauproduktenrichtlinie sowie § 5 BauPG übernommene Begriff “Instandhalten“ (§ 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO) umfasst die bis dahin in der Landesbauordnung verwendeten Begriffe Instandsetzung und Unterhaltung (LT-Drucks. 11/5337 S. 78). Dies sind bauliche Maßnahmen zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer Anlage oder ihrer baulichen Substanz, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüsse entstandenen baulichen und sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen, ohne die Identität der Anlage einschließlich ihres Nutzungszwecks zu ändern (Senatsurteil vom 27.01.1987 - 8 S 3427/86 - juris sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.12.1983 - 3 S 2040/83 - juris; Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 130 sowie § 50 Rn. 227; vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.01.2009 - 3 L 124/08 - NordÖR 2009, 134 und 179). Daran fehlt es, wenn die Baumaßnahmen ihrer Qualität nach so intensiv sind, dass sie die Standfestigkeit der Anlage berühren, so dass eine statische Nachberechnung der gesamten Anlage erforderlich wird, oder wenn der Arbeitsaufwand seiner Quantität nach den für eine neue Anlage erreicht oder gar übersteigt. Dabei kann auch das teilweise Auswechseln tragender Gebäudeteile im Einzelfall eine Instandsetzungs- oder Unterhaltungsmaßnahme sein, etwa wenn beschädigte Mauerteile eines Gebäudes nur zu einem Viertel bis einem Drittel der alten Bausubstanz erneuert werden (Senatsurteil vom 27.01.1987, a.a.O.). Instandhaltungsarbeiten sind zudem von der “Errichtung“ und dem “Ändern“ (§ 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO) einer baulichen Anlage abzugrenzen, also insbesondere vom Wiederaufbau nach Zerstörung sowie von An- und Umbauten oder Abweichungen im äußeren Erscheinungsbild (vgl. Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 126, 128).
21 
Gemessen daran erscheint zweifelhaft, ob Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke noch als Instandhaltungsarbeiten angesehen werden können. Zwar mag es sein, dass das Mauerwerk der Wände wegen Durchfeuchtung und Alterung zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs des Anbaus und seiner baulichen Substanz erneuerungsbedürftig war, wie dies in den Stellungnahmen des Architekten des Antragstellers beschrieben wird. Auch könnte sich der Umfang des erneuerten Mauerwerks möglicherweise noch in dem vom Senat im Urteil vom 27.01.1987 (a.a.O.) bezeichneten Rahmen von einem Viertel bis zu einem Drittel alter Bausubstanz halten. Bezugsanlage dürfte insoweit nicht nur - wie die Antragsgegnerin meint - der Anbau, sondern das Hauptgebäude zusammen mit dem Anbau sein, da die Räume des Anbaus nach den in der Vergangenheit erteilten Baugenehmigungen funktional in das Hauptgebäude integriert waren, der Anbau also gerade kein selbständiges Gebäude (§ 2 Abs. 2 LBO) war (vgl. Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 37). Zudem hat die Antragsgegnerin eingeräumt, dass die Erneuerung der Außenwände des Anbaus keine statische Neuberechnung des Gesamtgebäudes erfordert. Gleichwohl dürfte die Identität des Gesamtgebäudes nicht mehr gewahrt sein. Zum einen führt der vollständige Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Außenwände des Anbaus zu Abweichungen im äußeren Erscheinungsbild. Zum anderen spricht gegen eine bloße Instandhaltung der in den Stellungnahmen des Architekten des Antragstellers angedeutete Umstand, dass die Erneuerung der Außenwände gerade auch durch die genehmigten Änderungen und Umbauten im Ober- und Dachgeschoss und die damit einhergehende, jedoch offenbar erst nachträglich erkannte Notwendigkeit bedingt ist, die Tragfähigkeit der Außenwände des Anbaus im Erdgeschoss zu erhöhen. Denn damit bezweckt die Erneuerung der Außenwände qualitativ wohl mehr als nur den Erhalt der baulichen Substanz des Anbaus in seiner bisherigen Bestimmung.
22 
(2) Aber selbst wenn es sich um Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO handeln sollte, wären sie hier jedenfalls deshalb nicht i. S. des § 64 Abs. 1 Nr. 3 a) LBO “nach § 50 verfahrensfrei“, weil sie als unselbständiger Teil einer gleichzeitig ausgeführten genehmigungspflichtigen Änderung des gesamten Gebäudes und nicht als selbständiges Vorhaben ausgeführt werden sollen, das auch noch nach Fertigstellung des genehmigten Bauvorhabens jederzeit verfahrensfrei vorgenommen werden könnte (vgl. Sauter, a.a.O: § 64 Rn. 12).
23 
Die Genehmigungsplicht eines Vorhabens nach § 49 Abs. 1 LBO erstreckt sich auch auf verfahrensfreie Anlagen oder Einrichtungen, soweit sie unselbständige Teile dieses Vorhabens sind. Denn handelt es sich tatsächlich um ein einheitliches Vorhaben, dann ist auch in rechtlicher Hinsicht nur eine einheitliche Behandlung und Entscheidung möglich (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.09.1979 - III 1553/79 - juris; Sauter, a.a.O. § 49 Rn. 21). Dementsprechend erfasst die Verfahrensfreiheit nach § 50 Abs. 1 LBO nur selbständige Einzelvorhaben (Sauter, a.a.O. § 50 Rn. 4 m.w.N.). Für Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO kann grundsätzlich nichts Anderes gelten, da auch insoweit nur eine einheitliche Behandlung und Entscheidung möglich ist. Sie sind deshalb ebenfalls genehmigungspflichtig, wenn sie unselbständiger Teil eines einheitlichen genehmigungspflichtigen Gesamtvorhabens sind (so auch schon Senatsurteil vom 27.01.1987, a.a.O.). Zwar ist es an sich Sache des Bauherrn, durch seinen Bauantrag festzulegen, was das Vorhaben und damit der zu beurteilende Verfahrensgegenstand sein soll (vgl. § 29 baugb> BVerwG, Urteil vom 04.07.1980 - 4 C 99.77 - DÖV 1980, 921; im Anschluss daran auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.06.2007 - 3 L 368/04 - NordÖR 2007, 458). Unter diesem Blickwinkel könnte man die Äußerungen des Antragstellers im Widerspruchs- und Eilverfahren möglicherweise so verstehen, dass er Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke als gesondertes eigenständiges Vorhaben abtrennen möchte. Eine derartige subjektive Trennung ist materiell-rechtlich jedoch nur erheblich, wenn ihr objektive Gegebenheiten nicht entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.1980, a. a. O.). Mit anderen Worten, was nach objektiven Kriterien baulich und funktional zusammengehört, kann nicht willkürlich auf Grund einer Willensentscheidung des Bauantragstellers in Einzelteile zerlegt werden (Senatsurteil vom 25.11.2009 - 8 S 2038/08 -; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.07.1998 - 3 S 1935/98 - juris). So liegt es hier. Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke sind objektiv sowohl baulich als auch funktional Teil der genehmigungspflichtigen (Nutzungs-)Änderung des gesamten Gebäudes, insbesondere der beabsichtigten Aufstockung des Anbaus. Sie sollen und können nicht unabhängig von der Fertigstellung des genehmigten Gesamtvorhabens ausgeführt werden.
24 
Die Frage, ob die abweichend von der Baugenehmigung ausgeführten und noch auszuführenden Baumaßnahmen aus Gründen des Bestandsschutzes als Reparatur-, Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.03.1981 - 4 B 195.80 - NVwZ 1982, 38 m.w.N.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 17.01.1986 - 4 C 80.82 - BVerwGE 72, 362 <363> m.w.N.) rechtmäßig sind, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn sie ist eine solche des materiellen und nicht auch des formellen (Bau-)Rechts. Insbesondere gebietet Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht, solche noch vom Bestandsschutz umfassten Baumaßnahmen von vornherein verfahrensfrei zu stellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.12.1983, a.a.O.).
25 
bb) Die Baueinstellung dürfte auch ermessensfehlerfrei, insbesondere nicht unverhältnismäßig sein. Sie stützt sich tragend auf den Gesichtspunkt der formellen Illegalität sowie die Erwägung, dass die abweichende Bauausführung nach vorläufiger Prüfung zu Verstößen gegen Vorschriften der Ortsbausatzung sowie § 5 LBO führe, so dass die Fortsetzung der Bauarbeiten einen rechtswidrigen Zustand verfestigen und Rechtsschutzmöglichkeiten des Angrenzers verkürzen könnte. Dies alles entspricht dem Zweck von § 64 LBO und erscheint auch sonst sachgerecht. Zwar ist derzeit nicht völlig auszuschließen, dass sich die abweichende Bauausführung bei weiterer Überprüfung doch noch als Reparatur-, Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahme herausstellt, auch wenn dafür aus den oben genannten Gründen derzeit wenig spricht. In diesem Fall könnte sie sich trotz der von der Antragsgegnerin bezeichneten Rechtsverstöße aus Gründen des Bestandsschutzes möglicherweise als genehmigungsfähig erweisen. Zu einer solchen abschließenden Prüfung der materiellen Rechtslage ist die Antragsgegnerin vor Erlass der Baueinstellung aber nicht verpflichtet. Dem ist - ebenso wie der zugleich aufgeworfenen Frage, ob die erteilte Baugenehmigung, soweit sie (nur) Umbau und Aufstockung des alten Anbaus zulässt, durch den Abbruch der aufsteigenden Außenwände und der Decke des Anbaus möglicherweise gegenstandslos geworden ist (vgl. Sauter, a.a.O. § 64 Rn. 13) - im Verfahren zur Erteilung einer (Änderungs-/Nachtrags-) Baugenehmigung nachzugehen.
26 
b) Die Androhung der Versiegelung der Baustelle nach § 64 Abs. 2 LBO als spezialgesetzlich geregelter Fall der Anwendung unmittelbaren Zwangs (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.09.1981 - 3 S 1274/81 - juris) findet ihre Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 2 Nr. 2 LVwVG sowie § 64 Abs. 1 Satz 3 LBO. Rechtliche Bedenken sind insoweit weder geltend gemacht noch ersichtlich.
27 
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG (entsprechend der Wertfestsetzung in erster Instanz).
28 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 24.01.2008 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 24.01.2008 bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Klägerin hat in ihrer Rechtsmittelschrift vom 30.06.2008 keine Gründe dargelegt, derentwegen die Berufung zuzulassen ist. Sie hat keinen der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe benannt. Die Ausführungen setzen sich vielmehr in Art einer Berufungsschrift mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Dies wird auch daraus deutlich, dass die Klägerin in diesem Schriftsatz an zwei Stellen um richterlichen Hinweis bittet, falls das Gericht eine andere rechtliche Würdigung ihres Vorbringens in Betracht zieht. Aufgabe der Zulassungsschrift muss es demgegenüber sein, unter Benennung mindestens eines der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe darzulegen, warum sie vorliegen. Dies folgt aus § l24a Abs. 4 Satz 4 VwGO, wonach innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen sind, aus denen die Berufung zuzulassen ist.

3

2. Im Übrigen hat die Klägerin - wenn man die Geltendmachung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unterstellt - keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils dargelegt.

4

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung liegen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zwar schon dann vor, wenn die Zulassungsschrift begründeten Anlass gibt, das Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung noch einmal zu überdenken, weil es möglich erscheint, dass die Entscheidung anders ausfallen könnte. Dies wird in der Rechtsmittelschrift nicht aufgezeigt.

5

a) Hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung sind keine ernstliche Zweifel dargelegt. Der Senat tritt den Ausführungen des Verwaltungsgerichts bei und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 S. 3 VwGO). Ergänzend ist in Hinblick auf die Zulassungsschrift auszuführen:

6

Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V a.F. bedürfen die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und der Abbruch baulicher Anlagen einer Genehmigung, soweit in den §§ 64, 65, 76 und 77 nichts anderes bestimmt ist. Nach § 65 Abs. 1 Nr. 56 LBauO M-V a.F. bedarf die geringfügige Änderung tragender oder aussteifender Bauteile innerhalb von Gebäuden, sofern die Standsicherheit nicht berührt wird, keiner Genehmigung. Gleiches gilt nach § 65 Abs. 1 Nr. 59 a.F. für Außenwandverkleidungen, Verblendungen und den Verputz baulicher Anlagen. § 65 Abs. 4 LBauO M-V a.F. sieht vor, dass Instandhaltungsarbeiten und die Änderung der äußeren Gestaltung baulicher Anlagen keiner Baugenehmigung bedürfen. In § 65 Abs. 2 Nr. 1 LBauO M-V a.F. ist überdies bestimmt, dass die Nutzungsänderung baulicher Anlagen keiner Baugenehmigung bedarf, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften für die neue Nutzung keine anderen Anforderungen stellen als für die bisherige Nutzung.

7

An diesen Vorschriften ist auch die Zulässigkeit des Vorhabens der Antragstellerin zu messen. Für eine erleichterte bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens unter dem Gesichtspunkt eines darüber hinausgehenden, aus Art. 14 Abs. 1 GG abgeleiteten Bestandsschutzes ist kein Raum (mehr) (vgl. BVerwG, U. v. 27.08.1998 - 4 e 5.98 - BRS 60 Nr. 83 = Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 190). Der Bestandsschutz endet, wenn die Veränderung die Qualität einer Änderung oder Nutzungsänderung im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB bzw. § 62 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V a.F. erreicht (vgl. zu § 29 BauGB BVerwG, B. v. 11.07.2001 - 4 B 36/01 - BRS 64 Nr. 73; vgl. Senatsbeschluss vom 22.03.2005 - 3 M 236/04).

8

Die Frage der Baugenehmigungspflicht ist nach dem Gesamtvorhaben zu beurteilen. Es ist nicht zulässig, ein einheitliches Vorhaben in mehrere Baugeschehen aufzuteilen, diese jeweils nach ihrer Genehmigungsfreiheit oder Genehmigungspflicht zu beurteilen, um einzelne Abschnitte des Baugeschehens als genehmigungsfrei zu beurteilen. Maßgebend ist das Vorhaben insgesamt (vgl. VGH München, B. v. 18.02.1998 - 20 ZB 98.121 - BRS 60 Nr. 143; OVG Münster, B. v. 22.08.2005 - 10 A 4694/03 - BauR 2006, 90 = BRS 69 Nr 189).

9

Instandsetzungsarbeiten dienen dazu, die Gebrauchsfähigkeit und den Wert von Anlagen und Einrichtungen unter Belassung von Konstruktion und äußerer Gestalt zu erhalten (VGH München, B. v. 26.04.2005 - 2 CS 05.992). Sie sind bauliche Maßnahmen, die zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs oder der baulichen Substanz vorgenommen werden, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüsse entstandenen baulichen und sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen. Dazu zählen auch Maßnahmen zur Wiederherstellung des einwandfreien Zustands einer Anlage oder Einrichtung sowie die Wiedererrichtung schadhafter Bauteile und das Beseitigen von Schäden. Solche als Reparaturen bezeichneten Maßnahmen können nur solche sein, welche den Bestand eines Gebäudes durch Beseitigung von Mängeln unter Wahrung seines bisherigen Nutzungszwecks unverändert erhalten (vgl. hierzu VGH Mannheim, U. v. 26.02.1981 - 3 S 735/80). Sie umfassen daher alle Arbeiten, die dem Verfall einer Anlage entgegenwirken, ohne deren Identität zu verändern (vgl. hierzu VGH Mannheim, U. v. 27.01.1987 - 8 S 3427/86).

10

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang zunächst geltend macht, das Gebäude sei noch zu Erholungs- und Ferienzwecken genutzt worden und daraus sei zu schließen, dass es die objektive Gebrauchsfähigkeit noch aufgewiesen habe, so ist dies bereits tatsächlich unzutreffend. Es kommt auch hier nicht auf eine Einzelbetrachtung von Bauteilen an. Das Gebäude war mit Giebel und Dach versehen. Fehlen diese, so kann objektiv nicht von einer Gebrauchsfähigkeit des Gebäudes gesprochen werden, selbst - was zu bezweifeln ist - das Untergeschoss nutzbar gewesen sein sollte.

11

Zudem kommt es hierauf nicht entscheidend an. Auch wenn die Gebrauchsfähigkeit noch vorgelegen hätte, sind die baulichen Maßnahmen nicht mehr als Instandsetzung anzusehen. Schon die vollständige Neuerrichtung des Daches einschließlich des Dachstuhls und Teilen der Giebelwände sowie der Einbau von Dachgaupen geht über Instandhaltungsmaßnahmen hinaus (vgl. OVG Münster, B. v. 22.08.2005 - a.a.O.). Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend auch darauf abgestellt, dass das Gebäude im Ergebnis einem im Rohbau fertig gestellten Gebäude entsprach. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus den von dem Geschäftsführer der Klägerin überreichten und im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörterten Bilder Bl. 60 der Gerichtsakte des Verfahrens 1 B 1385/02.

12

b) Auch hinsichtlich der Versagung der Baugenehmigung sind keine ernstliche Zweifel dargelegt. Auch hier tritt der Senat den Ausführungen des Verwaltungsgerichts bei und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 S. 3 VwGO). Ergänzend ist in Hinblick auf die Zulassungsschrift auszuführen:

13

Die Klägerin trägt vor, die Umgestaltung des ursprünglichen Ferienhauses in ein Haus mit vier Ferienwohnungen stelle keine Nutzungsänderung dar und berühre als Nutzungsintensivierung die Genehmigungspflicht nicht.

14

Es handelt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur um einen Nutzungsintensivierung, sondern - auch - um eine bauliche Umgestaltung.

15

Bauliche Änderungen sind nur dann als unwesentlich anzusehen, wenn sie, wie Reparaturen, auf eine Erhaltung des Bestands eines Gebäudes und zur Wahrung seines bisherigen Nutzungszwecks gerichtet sind. Sie dürfen, um noch als unwesentlich zu gelten, nicht von solchem Umfang und solcher Qualität sein, dass sie die Genehmigungsfrage neu aufwerfen. Kann mithin eine bauliche Maßnahme, die auf den vorhandenen, baurechtlich bedeutsamen Zustand einer baulichen Anlage einwirkt, die im baurechtlichen Verfahren zu berücksichtigenden öffentlichen Belange, wie etwa Standsicherheit, Brandschutz, Gestaltung, Verkehrssicherheit und Denkmalschutz mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beeinträchtigen, so liegt regelmäßig eine verfahrenspflichtige wesentliche Änderung vor. Eine wesentliche Änderung ist auch dann anzunehmen, wenn in die vorhandene Bausubstanz erheblich eingegriffen und das Erscheinungsbild wesentlich beeinflusst wird. Für die Abgrenzung der wesentlichen Änderung wird regelmäßig entscheidend sein, ob die Änderungen die Standsicherheit der Anlage berühren, so dass die gesamte Anlage statisch nachgerechnet werden muss, oder wenn der Arbeitsaufwand seiner Quantität nach den eines Neubaues erreicht oder gar übersteigt bzw. wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder das Bauvolumen wesentlich erweitert wird (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 21.03.2001 - 4 B 18/01 - NVwZ 2002, 92 = BRS 64 Nr. 90; BVerwG, U. v. 18.10.1974 - 4 C 75.71 - BVerwGE 47, 126 = BRS 28 Nr. 114).

16

Die Änderung des Gebäudes durch Einrichtung von vier statt bislang einer Ferienwohnungen ist danach nicht unwesentlich und löst für sich die Genehmigungspflicht aus. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die intensivere Nutzung zumindest die Frage der Erschließung neu aufwirft. Es sind aber auch die Anforderungen an abgeschlossene Wohnungen, etwa in Hinblick auf § 45 LBauO M-V a.F. (§ 48 LBauO M-V n.F) zu prüfen.

17

Der Beklagte war auch nicht gehalten, die Klägerin auf die Genehmigungsfähigkeit eines Hauses mit einer Wohnung hinzuweisen. Hier handelt es sich um eine neues anderes Vorhaben, nicht lediglich um ein "minus". Gegenstand des Genehmigungsverfahrens ist der gestellte Bauantrag. Im übrigen müsste die Genehmigungsfähigkeit in einem eigenen Verfahren geprüft werden.

18

Zutreffend ist auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, für die Verpflichtungsklage zur Genehmigung des jetzigen Vorhabens fehle es an einem Vorverfahren. Aus den oben dargelegten Gründen ist die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zutreffend, dass ein Gebäude, das nicht eine Ferienwohnung, sondern vier Ferienwohnungen enthalten soll, ein baurechtliches aliud darstellt.

19

c) Die Beurteilung der Ermessensentscheidung, die der Beklagte in Hinblick auf die Anordnung der Baustilllegung zu treffen hatte, hat die Klägerin mit der Behauptung, es liege keine Ermessensentscheidung, sondern Willkür vor, nicht substantiiert in Frage gestellt.

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 GKG.

21

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

22

Mit der Bekanntgabe dieses Beschlusses wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig.

Tenor

Die Baugenehmigung vom 15. September 2011 und der Widerspruchsbescheid vom 15. März 2012 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen von dem Beklagten erteilte Baugenehmigung.

2

Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks FlurNr. … in A-Stadt, A-Straße … sowie des im Westen unmittelbar angrenzenden und bisher unbebauten Grundstücks FlurNr. ….. An das Grundstück FlurNr. …. grenzt das Grundstück der Beigeladenen mit der FlurNr. … an, auf dem ein Wohngebäude steht, das ursprünglich im Jahre 1830 errichtet und zuletzt 1955 saniert wurde. Alle genannten Grundstücke liegen im Ortskern von A-Stadt; ein Bebauungsplan besteht nicht. Im Erdgeschoss des Gebäudes der Beigeladenen befinden sich auf der Ostseite drei Fenster, von denen eines bislang von einer Fassadenplatte verdeckt war.

3

Im August 2011 beantragte die Beigeladene bei dem Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die „Erneuerung von baufälligen Außenwandteilen“ an ihrem Anwesen. In den Bauplänen hatte sie im Erdgeschoss drei Fenster und im Obergeschoss vier Fenster in der grenzständigen Ostwand hin zum Grundstück FlurNr. … eingezeichnet. Die Fenster im Erdgeschoss sollten die geplante Küche sowie das Wohnzimmer belichten. Im Erdgeschoss war vorgesehen, die nördlich und östliche Wand zu belassen, während die westliche und südliche Wand neu gemauert werden sollte. Im Obergeschoss sollte allein die nördliche Wand stehen bleiben. Die Deckenzwischenwände sowie das Dachgeschoss sollten neu errichtet werden.

4

Der Beklagte erteilte der Beigeladenen am 15. September 2011 eine Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren. In den Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung hieß es, die in den geprüften Plänen und Unterlagen enthaltenen Grüneintragungen sowie Roteintragungen (brandschutztechnische Nebenbestimmungen) seien bei der Bauausführung zu beachten und einzuhalten. In den Bauplänen strich der Beklagte die in der östlichen Grenzwand vorgesehenen Fenster im Obergeschoss per Roteintrag mit dem Zusatz „Brandwand“, während er in Bezug auf die drei Fenster in der östlichen Grenzwand im Erdgeschoss per Grüneintrag den Begriff „Bestandsschutz“ eintrug. Der Beklagte versah die Baugenehmigung zusätzlich mit dem folgenden Hinweis:

5

„Für die östliche Grenzwand kann im Bereich des Erdgeschosses (Bestand Sandstein) Bestandsschutz anerkannt werden.
Im Obergeschoss soll entgegen der eingereichten Pläne die Fachwerkwand durch eine 30 cm starke Wand ersetzt werden (Bestandsschutz geht verloren!). Hier ist eine Brandwand erforderlich (ohne Öffnung)!“

6

Am 17. Oktober 2011 legte der Kläger Widerspruch gegen die ihm nicht zugestellte Baugenehmigung mit der Begründung ein, die im Erdgeschoss auf der Ostseite liegenden Räume seien nicht auf die Fenster angewiesen. Es bestehe daher keine Notwendigkeit, sie in der Brandwand als Öffnungen zuzulassen. Aufgrund der geringen Größe des eigenen Grundstücks und der bisher gegebenen Möglichkeit, dieses grenzständig bebauen zu können, habe er ein erhebliches Interesse daran, dass die Ostwand vollständig als Brandschutzwand ausgeführt werde. Die Fenster genössen im Übrigen keinen Bestandsschutz.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2012 wies der Kreisrechtsausschuss bei der Kreisverwaltung Bad Dürkheim den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte der Kreisrechtsausschuss u.a. aus, die Baugenehmigung verstoße nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, insbesondere nicht gegen das in § 34 Abs. 1 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot. Die vorhandenen Fenster im Erdgeschoss auf der Ostseite genössen außerdem Bestandsschutz, da zum Errichtungszeitpunkt des Gebäudes um 1830 die Vorschrift des § 30 Abs. 8 Satz 1 LBauO noch nicht gegolten habe.

8

Dagegen hat der Kläger am 27. März 2012 Klage erhoben. Er trägt ergänzend vor, die Auffassung des Beklagten, dass die drei Fenster in der Ostwand bestandgeschützt seien, sei nicht haltbar. Bestandsschutz sei niemals vorhanden gewesen.

9

Der Kläger beantragt,

10

die der Beigeladenen am 15. September 2011 erteilte Baugenehmigung sowie den Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 15. März 2012 aufzuheben.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Zur Begründung bezieht er sich auf die im Widerspruchsbescheid vom 15. September 2011 angeführten Argumente.

14

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze und die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2012.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage ist zulässig (1.) und begründet (2.).

17

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - statthaft und auch ansonsten zulässig. Insbesondere ist der Kläger nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.

18

Zwar wurde die angegriffene Baugenehmigung vom 15. September 2011 im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilt, so dass gemäß § 66 Abs. 3 Landesbauordnung - LBauO - Vorschriften des Bauordnungsrechts nicht Prüfungsgegenstand waren. Eine im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilte Baugenehmigung hat nur Wirkung in Bezug auf öffentlich-rechtliche Vorschriften, die in diesem Verfahren zu überprüfen waren. Bezüglich der übrigen gesetzlichen Regelungen enthält die Genehmigung weder eine Feststellung noch eine Freigabe, so dass sie insoweit auch weder den Bauherrn begünstigt, indem sie die Übereinstimmung des Vorhabens mit allen Vorschriften des öffentlichen Rechts feststellt, noch den Nachbarn belasten kann. Dieser ist daher durch die Baugenehmigung hinsichtlich der nicht geprüften Vorschriften nicht in seinen Rechten betroffen im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO (OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 1992, 289).

19

Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Bauaufsichtsbehörde abweichend von ihrem gesetzlich vorgegebenen Prüfungsprogramm tatsächlich bestimmte bauordnungsrechtliche Vorschriften geprüft hat. Die Bauaufsichtsbehörde ist nicht daran gehindert, die - entsprechend dem eingeschränkten Prüfungsprogramm - beschränkte Feststellungswirkung einer Baugenehmigung um weitere Feststellungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens auch mit bauordnungsrechtlichen Vorschriften zu ergänzen (OVG Rheinland-Pfalz, LKRZ 2012, 153). Für eine solche Verfahrensweise besteht insbesondere dann Anlass, wenn bereits im vereinfachten Genehmigungsverfahren Einwendungen des Nachbarn hinsichtlich der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens vorliegen oder zu erwarten sind und die Behörde deshalb ohnehin gehalten ist, sich mit einem Begehren auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten zu befassen. Ist die Behörde zur isolierten Feststellung der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit befugt, bestehen keine Hinderungsgründe, diese Regelung mit der im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu erteilenden „schlanken“ Baugenehmigung zu verbinden (OVG Rheinland-Pfalz, LKRZ 2012, 153).

20

Der Beklagte hat hier eine solche erweiterte Feststellungsregelung getroffen. Die Baugenehmigung vom 15. September 2011 enthält auch eine Aussage in Bezug auf die bauordnungsrechtliche Vorschrift des § 30 LBauO. Der Beklagte hat in den Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung angeordnet, dass die in den geprüften Plänen und Unterlagen enthaltenen Grüneintragungen sowie Roteintragungen (brandschutztechnische Nebenbestimmungen) bei der Bauausführung zu beachten und einzuhalten seien. In den Bauplänen hat der Beklagte die in der östlichen Grenzwand vorgesehenen Fenster im Obergeschoss per Roteintrag mit dem Zusatz „Brandwand“ versehen und damit eine Regelung zu § 30 Abs. 8 LBauO getroffen. Ferner hat der Beklagte in Bezug auf die drei streitgegenständlichen Fenster in der östlichen Grenzwand im Erdgeschoss per Grüneintrag den Begriff „Bestandsschutz“ eingetragen und damit ebenfalls eine Aussage zu § 30 Abs. 8 LBauO getroffen und zwar dergestalt, dass die Beigeladene zum Grundstück des Klägers im Hinblick auf den bestehenden Bestandschutz keine Brandwand ausführen müsse. Dies hat der Beklagte in einem gesonderten „Hinweis“ zur Baugenehmigung nochmals besonders bestätigt. Auch der Kreisrechtsausschuss des Beklagten hat sich im Widerspruchsbescheid vom 15. März 2012 ausführlich mit der Vorschrift des § 30 LBauO auseinandergesetzt; dieser ist damit Regelungsinhalt der Baugenehmigung geworden mit der Folge, dass der Kläger sich im Rahmen des § 42 Abs. 2 VwGO auf einen möglichen Verstoß gegen diese Bestimmung berufen kann.

21

2. Die Klage ist auch begründet. Die angefochtene Baugenehmigung vom 15. September 2011 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 15. März 2012 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

22

Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 30 Abs. 8 Satz 1, wonach Öffnungen in Brandwänden unzulässig sind.

23

Bei der östlichen Gebäudeseite des Wohngebäudes der Beigeladenen handelt es sich um eine Brandwand. Brandwände sind gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 1 LBauO herzustellen zum Abschluss von Gebäuden, soweit die Abschlusswand in einem Abstand bis zu 2,50 m von der Nachbargrenze errichtet wird, es sei denn, dass ein Abstand von 5 m zu auf dem Nachbargrundstück bestehenden oder nach baurechtlichen Vorschriften zulässigen Gebäuden öffentlich-rechtlich gesichert ist. Da das Wohngebäude der Beigeladenen unmittelbar an der Grenze zum bisher unbebauten Grundstück des Klägers mit der FlurNr. …. steht, sind Öffnungen wie Fenster darin grundsätzlich unzulässig.

24

Die Beigeladene kann sich in Bezug auf die drei streitgegenständlichen Fenster im Erdgeschoss ihres Anwesens entgegen ihrer eigenen sowie der Ansicht des Beklagten nicht auf Bestandschutz berufen. Beim Bestandsschutz geht es um den Schutz eines Bestandes, d.h. eines Istzustandes. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, berechtigt der einfach-aktive Bestandsschutz zur Erhaltung und Nutzung einer baulichen Anlage, obwohl dies nach geltendem Recht nicht mehr zulässig wäre (BVerwG, BauR 1975, 114; s. auch Gohrke/Bresahn, NVwZ 1999, 932, 935). Zulässig sind Instandsetzungs-, Instandhaltungs-, Reparatur- oder Unterhaltungsarbeiten, die notwendig werden, um das Nutzungsrecht aus dem Gesichtspunkt des passiven Bestandsschutzes wahrnehmen zu können.

25

Es spielt vorliegend keine Rolle, ob - wie der Kläger meint - die Fensteröffnungen im Erdgeschoss weder nach der zeitlich vor Inkrafttreten der LBauO geltenden Bayerischen Bauordnung oder den davor geltenden Art. 676, 677 des Code Civil zulässig waren. Unabhängig davon, ob die Fenster seit dem Zeitpunkt ihrer Errichtung (möglicherweise schon 1830) formell genehmigt oder über einen namhaften Zeitraum materiell genehmigungsfähig waren, ist ein Bestandschutz, sollte dieser überhaupt bestanden haben, jedenfalls mit Durchführung der Bauarbeiten am Grundstück der Beigeladenen im Jahre 2011 entfallen.

26

Da der Bestandsschutz zugunsten der Erhaltung des status quo eingreift, dient eine bauliche Maßnahme nur dann der Bestandserhaltung, wenn durch sie die Identität des geschützten Bestandes erhalten bleibt, wenn also Standort, Bauvolumen und Zweckrichtung nicht geändert werden (BVerwG, BauR 1975, 114). Der geschützte Bestand muss als solcher vorherrschend bleiben. Der Bestandsschutz entfällt, wenn die Identität des Bauwerks durch bauliche Veränderungen nicht mehr gewahrt ist. Dies ist der Fall, wenn der mit der Instandsetzung verbundene Eingriff in den vorhandenen Bestand so intensiv ist, dass er die Standfestigkeit des gesamten Gebäudes berührt und eine statische Nachberechnung des gesamten Gebäudes erforderlich macht, oder wenn die für die Instandsetzung notwendigen Arbeiten den Aufwand für einen Neubau erreichen oder gar übersteigen, oder wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder das Bauvolumen wesentlich erweitert wird (s. z.B. BVerwG, NVwZ 2002, 92 m.w.N.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 1. September 2003 - 8 A 11373/03.OVG -; Jeromin in: Jeromin/Lang/Schmidt. LBauO RP, 3. Auflage 2012, § 70 Rdnr. 62). Mit der Beseitigung eines Gebäudes erlischt folglich der Bestandsschutz, wobei grundsätzlich unbedeutend ist, ob das Gebäude durch Maßnahmen des Eigentümers oder anderer Personen bewusst oder durch zufällige Ereignisse, wie Brand und Naturkatastrophen, beseitigt wird (s. z.B. BVerwG, BauR 1975, 114). Dies gilt auch, wenn das Gebäude von dem Eigentümer beseitigt wird, um an seiner Stelle einen Ersatzbau zu errichten (z.B. BVerwG, NJW 1981, 2143). Auch wenn im Zusammenhang mit Reparaturarbeiten das Gebäude zerfällt oder schrittweise beseitigt wird, verliert es den Bestandsschutz (BVerwG, NJW 1981, 2143).

27

Die Abgrenzung der Instandhaltung von der Neuerrichtung oder Änderung einer baulichen Anlage ist für den Einzelfall im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nach der Verkehrsauffassung zu entscheiden (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. Januar 2012 - 2 M 194/11 -, juris; Bay. VGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - 15 CS 08.1638 -, juris; ). In die Bewertung ist die Gesamtheit der durchgeführten Arbeiten innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs einzubeziehen (Bay. VGH, Urteil vom 25. Januar 2006 – 1 ZB 04.1439 –, juris).

28

Nach diesen Grundsätzen kann sich die Beigeladene nicht auf einfach-aktiven Bestandschutz berufen. Die genehmigten Baumaßnahmen an ihrem Wohngebäude waren umfassend. Zwar hatte die Beigeladene im August 2011 formal „nur“ die Erneuerung von baufälligen Außenwandteilen an ihrem Anwesen beantragt. Aus den zur Genehmigung gestellten Bauplänen ergibt sich aber zweifelsfrei, dass die vorgesehenen Baumaßnahmen nicht nur dem Erhalt der vorhandenen Bausubstanz dienten, sondern bauliche Veränderungen erforderten, mit denen die Identität des vorhandenen Bauwerks nicht mehr gewahrt blieben. So war im Erdgeschoss vorgesehen, die westliche und südliche Wand neu zu mauern. Im Obergeschoss sollten sogar drei Wände neu errichtet werden. Die Tragfähigkeit des Gebäudes war derart berührt, dass neue Stützwände einzuziehen waren. Auch mussten neue Zwischenwände und das Dachgeschoss komplett neu gebaut werden. Die genehmigten Baumaßnahmen erreichten daher einen Umfang, der dem Bau eines Ersatzbaus entsprach. Dies kann auch unzweifelhaft den zahlreichen Lichtbildern von dem Bauvorhaben in den Verwaltungsakten entnommen werden.

29

War damit ein eventueller Bestandsschutz erloschen, scheidet eine Genehmigung des Vorhabens unter Duldung der drei Fenster in der Ostwand des Erdgeschosses des Gebäudes der Beigeladenen unter dem Gesichtspunkt des einfach-aktiven Bestandsschutzes aus. Folglich muss sich die Beigeladene an die heute gültige Rechtlage halten, d.h. Fenster sind in der Brandwand gemäß § 30 Abs. 8 Satz 1 LBauO unzulässig.

30

Da die beiden Räume, in denen sich die Fenster befinden, in den genehmigten Bauplänen Aufenthaltsräume eingezeichnet sind und Aufenthaltsräume gemäß § 43 Abs. 2 LBauO über notwendige Fenster verfügen müssen, war die Baugenehmigung nicht teilbar und musste daher insgesamt aufgehoben werden.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Mangels Antragsstellung waren der Beigeladenen keine Kosten gemäß § 154 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen.

32

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

33

Beschluss

34

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

35

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 24.01.2008 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 24.01.2008 bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Klägerin hat in ihrer Rechtsmittelschrift vom 30.06.2008 keine Gründe dargelegt, derentwegen die Berufung zuzulassen ist. Sie hat keinen der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe benannt. Die Ausführungen setzen sich vielmehr in Art einer Berufungsschrift mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Dies wird auch daraus deutlich, dass die Klägerin in diesem Schriftsatz an zwei Stellen um richterlichen Hinweis bittet, falls das Gericht eine andere rechtliche Würdigung ihres Vorbringens in Betracht zieht. Aufgabe der Zulassungsschrift muss es demgegenüber sein, unter Benennung mindestens eines der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe darzulegen, warum sie vorliegen. Dies folgt aus § l24a Abs. 4 Satz 4 VwGO, wonach innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen sind, aus denen die Berufung zuzulassen ist.

3

2. Im Übrigen hat die Klägerin - wenn man die Geltendmachung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unterstellt - keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils dargelegt.

4

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung liegen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zwar schon dann vor, wenn die Zulassungsschrift begründeten Anlass gibt, das Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung noch einmal zu überdenken, weil es möglich erscheint, dass die Entscheidung anders ausfallen könnte. Dies wird in der Rechtsmittelschrift nicht aufgezeigt.

5

a) Hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung sind keine ernstliche Zweifel dargelegt. Der Senat tritt den Ausführungen des Verwaltungsgerichts bei und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 S. 3 VwGO). Ergänzend ist in Hinblick auf die Zulassungsschrift auszuführen:

6

Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V a.F. bedürfen die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und der Abbruch baulicher Anlagen einer Genehmigung, soweit in den §§ 64, 65, 76 und 77 nichts anderes bestimmt ist. Nach § 65 Abs. 1 Nr. 56 LBauO M-V a.F. bedarf die geringfügige Änderung tragender oder aussteifender Bauteile innerhalb von Gebäuden, sofern die Standsicherheit nicht berührt wird, keiner Genehmigung. Gleiches gilt nach § 65 Abs. 1 Nr. 59 a.F. für Außenwandverkleidungen, Verblendungen und den Verputz baulicher Anlagen. § 65 Abs. 4 LBauO M-V a.F. sieht vor, dass Instandhaltungsarbeiten und die Änderung der äußeren Gestaltung baulicher Anlagen keiner Baugenehmigung bedürfen. In § 65 Abs. 2 Nr. 1 LBauO M-V a.F. ist überdies bestimmt, dass die Nutzungsänderung baulicher Anlagen keiner Baugenehmigung bedarf, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften für die neue Nutzung keine anderen Anforderungen stellen als für die bisherige Nutzung.

7

An diesen Vorschriften ist auch die Zulässigkeit des Vorhabens der Antragstellerin zu messen. Für eine erleichterte bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens unter dem Gesichtspunkt eines darüber hinausgehenden, aus Art. 14 Abs. 1 GG abgeleiteten Bestandsschutzes ist kein Raum (mehr) (vgl. BVerwG, U. v. 27.08.1998 - 4 e 5.98 - BRS 60 Nr. 83 = Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 190). Der Bestandsschutz endet, wenn die Veränderung die Qualität einer Änderung oder Nutzungsänderung im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB bzw. § 62 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V a.F. erreicht (vgl. zu § 29 BauGB BVerwG, B. v. 11.07.2001 - 4 B 36/01 - BRS 64 Nr. 73; vgl. Senatsbeschluss vom 22.03.2005 - 3 M 236/04).

8

Die Frage der Baugenehmigungspflicht ist nach dem Gesamtvorhaben zu beurteilen. Es ist nicht zulässig, ein einheitliches Vorhaben in mehrere Baugeschehen aufzuteilen, diese jeweils nach ihrer Genehmigungsfreiheit oder Genehmigungspflicht zu beurteilen, um einzelne Abschnitte des Baugeschehens als genehmigungsfrei zu beurteilen. Maßgebend ist das Vorhaben insgesamt (vgl. VGH München, B. v. 18.02.1998 - 20 ZB 98.121 - BRS 60 Nr. 143; OVG Münster, B. v. 22.08.2005 - 10 A 4694/03 - BauR 2006, 90 = BRS 69 Nr 189).

9

Instandsetzungsarbeiten dienen dazu, die Gebrauchsfähigkeit und den Wert von Anlagen und Einrichtungen unter Belassung von Konstruktion und äußerer Gestalt zu erhalten (VGH München, B. v. 26.04.2005 - 2 CS 05.992). Sie sind bauliche Maßnahmen, die zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs oder der baulichen Substanz vorgenommen werden, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüsse entstandenen baulichen und sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen. Dazu zählen auch Maßnahmen zur Wiederherstellung des einwandfreien Zustands einer Anlage oder Einrichtung sowie die Wiedererrichtung schadhafter Bauteile und das Beseitigen von Schäden. Solche als Reparaturen bezeichneten Maßnahmen können nur solche sein, welche den Bestand eines Gebäudes durch Beseitigung von Mängeln unter Wahrung seines bisherigen Nutzungszwecks unverändert erhalten (vgl. hierzu VGH Mannheim, U. v. 26.02.1981 - 3 S 735/80). Sie umfassen daher alle Arbeiten, die dem Verfall einer Anlage entgegenwirken, ohne deren Identität zu verändern (vgl. hierzu VGH Mannheim, U. v. 27.01.1987 - 8 S 3427/86).

10

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang zunächst geltend macht, das Gebäude sei noch zu Erholungs- und Ferienzwecken genutzt worden und daraus sei zu schließen, dass es die objektive Gebrauchsfähigkeit noch aufgewiesen habe, so ist dies bereits tatsächlich unzutreffend. Es kommt auch hier nicht auf eine Einzelbetrachtung von Bauteilen an. Das Gebäude war mit Giebel und Dach versehen. Fehlen diese, so kann objektiv nicht von einer Gebrauchsfähigkeit des Gebäudes gesprochen werden, selbst - was zu bezweifeln ist - das Untergeschoss nutzbar gewesen sein sollte.

11

Zudem kommt es hierauf nicht entscheidend an. Auch wenn die Gebrauchsfähigkeit noch vorgelegen hätte, sind die baulichen Maßnahmen nicht mehr als Instandsetzung anzusehen. Schon die vollständige Neuerrichtung des Daches einschließlich des Dachstuhls und Teilen der Giebelwände sowie der Einbau von Dachgaupen geht über Instandhaltungsmaßnahmen hinaus (vgl. OVG Münster, B. v. 22.08.2005 - a.a.O.). Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend auch darauf abgestellt, dass das Gebäude im Ergebnis einem im Rohbau fertig gestellten Gebäude entsprach. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus den von dem Geschäftsführer der Klägerin überreichten und im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörterten Bilder Bl. 60 der Gerichtsakte des Verfahrens 1 B 1385/02.

12

b) Auch hinsichtlich der Versagung der Baugenehmigung sind keine ernstliche Zweifel dargelegt. Auch hier tritt der Senat den Ausführungen des Verwaltungsgerichts bei und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 S. 3 VwGO). Ergänzend ist in Hinblick auf die Zulassungsschrift auszuführen:

13

Die Klägerin trägt vor, die Umgestaltung des ursprünglichen Ferienhauses in ein Haus mit vier Ferienwohnungen stelle keine Nutzungsänderung dar und berühre als Nutzungsintensivierung die Genehmigungspflicht nicht.

14

Es handelt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur um einen Nutzungsintensivierung, sondern - auch - um eine bauliche Umgestaltung.

15

Bauliche Änderungen sind nur dann als unwesentlich anzusehen, wenn sie, wie Reparaturen, auf eine Erhaltung des Bestands eines Gebäudes und zur Wahrung seines bisherigen Nutzungszwecks gerichtet sind. Sie dürfen, um noch als unwesentlich zu gelten, nicht von solchem Umfang und solcher Qualität sein, dass sie die Genehmigungsfrage neu aufwerfen. Kann mithin eine bauliche Maßnahme, die auf den vorhandenen, baurechtlich bedeutsamen Zustand einer baulichen Anlage einwirkt, die im baurechtlichen Verfahren zu berücksichtigenden öffentlichen Belange, wie etwa Standsicherheit, Brandschutz, Gestaltung, Verkehrssicherheit und Denkmalschutz mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beeinträchtigen, so liegt regelmäßig eine verfahrenspflichtige wesentliche Änderung vor. Eine wesentliche Änderung ist auch dann anzunehmen, wenn in die vorhandene Bausubstanz erheblich eingegriffen und das Erscheinungsbild wesentlich beeinflusst wird. Für die Abgrenzung der wesentlichen Änderung wird regelmäßig entscheidend sein, ob die Änderungen die Standsicherheit der Anlage berühren, so dass die gesamte Anlage statisch nachgerechnet werden muss, oder wenn der Arbeitsaufwand seiner Quantität nach den eines Neubaues erreicht oder gar übersteigt bzw. wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder das Bauvolumen wesentlich erweitert wird (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 21.03.2001 - 4 B 18/01 - NVwZ 2002, 92 = BRS 64 Nr. 90; BVerwG, U. v. 18.10.1974 - 4 C 75.71 - BVerwGE 47, 126 = BRS 28 Nr. 114).

16

Die Änderung des Gebäudes durch Einrichtung von vier statt bislang einer Ferienwohnungen ist danach nicht unwesentlich und löst für sich die Genehmigungspflicht aus. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die intensivere Nutzung zumindest die Frage der Erschließung neu aufwirft. Es sind aber auch die Anforderungen an abgeschlossene Wohnungen, etwa in Hinblick auf § 45 LBauO M-V a.F. (§ 48 LBauO M-V n.F) zu prüfen.

17

Der Beklagte war auch nicht gehalten, die Klägerin auf die Genehmigungsfähigkeit eines Hauses mit einer Wohnung hinzuweisen. Hier handelt es sich um eine neues anderes Vorhaben, nicht lediglich um ein "minus". Gegenstand des Genehmigungsverfahrens ist der gestellte Bauantrag. Im übrigen müsste die Genehmigungsfähigkeit in einem eigenen Verfahren geprüft werden.

18

Zutreffend ist auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, für die Verpflichtungsklage zur Genehmigung des jetzigen Vorhabens fehle es an einem Vorverfahren. Aus den oben dargelegten Gründen ist die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zutreffend, dass ein Gebäude, das nicht eine Ferienwohnung, sondern vier Ferienwohnungen enthalten soll, ein baurechtliches aliud darstellt.

19

c) Die Beurteilung der Ermessensentscheidung, die der Beklagte in Hinblick auf die Anordnung der Baustilllegung zu treffen hatte, hat die Klägerin mit der Behauptung, es liege keine Ermessensentscheidung, sondern Willkür vor, nicht substantiiert in Frage gestellt.

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 GKG.

21

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

22

Mit der Bekanntgabe dieses Beschlusses wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung.

2

Die Klägerin betreibt auf dem Hafengelände von N. eine Schiffswerft. Mit Datum vom 20. Januar 2005 beantragte sie die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzung ihrer Bootslagerhalle als Parkhaus für ca. 250 Kraftfahrzeuge in den Sommermonaten und zum Bau von schotterunterlegten Parkplätzen für ca. 750 Kraftfahrzeuge auf der ca. 110 m tiefen, zwischen der Bootslagerhalle und dem östlichen Hafenschutzdamm gelegenen Freifläche. Die geplanten Stellplätze sind hauptsächlich für die Fahrzeuge von Gästen der Inseln J. und No. gedacht, die beabsichtigen, mit den im Hafen ablegenden Fährschiffen überzusetzen und ihre Fahrzeuge auf dem Festland zurückzulassen.

3

Die am 2. Juni 2005 erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zustehe. Dabei könne offen bleiben, ob das Vorhaben nach § 35 BauGB - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - oder nach § 34 BauGB zu beurteilen sei; denn es sei nach beiden Vorschriften nicht genehmigungsfähig. Der Senat hat der Revision der Klägerin stattgegeben (Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 = NVwZ 2011, 436) und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Die vorinstanzlich angeführten Gründe, warum das Vorhaben für den Fall seiner Innenbereichslage nicht nach § 34 BauGB zulässig sei, hielten der revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht stand. Ob dem Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung des § 35 BauGB ebenfalls Rechtsfehler unterlaufen seien, könne dahingestellt bleiben. Da das Oberverwaltungsgericht die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 34 BauGB und des § 35 BauGB alternativ verneint habe, genüge es für den Erfolg der Revision, dass der Begründungsteil gegen Bundesrecht verstoße, der § 34 BauGB betreffe.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung erneut zurückgewiesen und den mit dem Hauptantrag und in verschiedenen Varianten hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung, hilfsweise auf Feststellung, dass der Bauantrag zwischen dem 14. April 2005 und dem 14. Juli 2005 positiv hätte beschieden werden müssen, mit der Begründung verneint, das Baugrundstück liege im Außenbereich und das nicht privilegierte Vorhaben könne dort nicht zugelassen werden, weil die zeitweilige Umnutzung der Bootslagerhalle zum Parkhaus die Verfestigung und die beabsichtigte Nutzung der Freifläche im Anschluss an die Halle als Parkplatz die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lasse.

5

Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

6

Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte den Bebauungsplan Nr. 92 "Hafen" in Kraft gesetzt, der nach seinen textlichen Festsetzungen Stellplätze ausschließlich für Hafenbedienstete, Bedienstete der Betriebe, Fischer und Kunden zulässt und für Zwecke des Dauerparkens durch z.B. Inselbesucher ausschließt.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht mit Bundesrecht im Einklang.

8

1. Im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 92 "Hafen" ist das Vorhaben der Klägerin nicht genehmigungsfähig, weil es den Festsetzungen des Plans zur Art der baulichen Nutzung widerspricht (§ 30 Abs. 1 BauGB). Der Bebauungsplan lässt Stellplätze für Zwecke des Dauerparkens z.B. durch Inselbesucher nicht zu. Das Inkrafttreten des Bebauungsplans ist eine Rechtsänderung, die im Revisionsverfahren zu beachten ist. Das Revisionsgericht hat Rechtsänderungen, die während des Revisionsverfahrens eintreten, in gleichem Umfang zu berücksichtigen, wie sie die Vorinstanz zu berücksichtigen hätte, wenn sie jetzt entschiede (Urteil vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 11; stRspr). Da eine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung nur begründet ist, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein Genehmigungsanspruch besteht, müsste auch das Oberverwaltungsgericht den Bebauungsplan berücksichtigen.

9

2. Auch im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 92 "Hafen" ist das - teilbare - Vorhaben seit Bauantragstellung weder ganz noch teilweise genehmigungsfähig. Das Oberverwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht entschieden, dass das Vorhaben im Außenbereich liegt und seine Zulassung als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB ausgeschlossen ist, weil es die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) und deshalb öffentliche Belange beeinträchtigt.

10

a) Die Zuordnung des Bauvorhabens zum Außenbereich durch das Oberverwaltungsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

11

Ein Vorhaben liegt im Außenbereich, wenn es nicht Bestandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ist. Für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs ist ausschlaggebend, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung - trotz etwa vorhandener unbebauter, aber bebauungsfähiger Grundstücke (Baulücken im engeren Sinne) oder freier Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (stehendes oder fließendes Gewässer) oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung (Sportplätze, Erholungsflächen) einer Bebauung entzogen sind - den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt (Urteil vom 1. Dezember 1972 - BVerwG 4 C 6.71 - BVerwGE 41, 227 <233>). Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (Urteil vom 14. November 1991 - BVerwG 4 C 1.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236; stRspr). Diese Aufgabe zu erfüllen ist Sache des Tatsachengerichts. An dessen Wertung und Bewertung ist das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, es sei denn, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung beruht auf einem Rechtsirrtum oder verstößt gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze, zu denen die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze zählen (vgl. Urteil vom 13. Juli 2006 - BVerwG 4 C 2.05 - BVerwGE 126, 233 <238> m.w.N.). Ein solcher die Bindung ausschließender Grund ist hier nicht gegeben.

12

Nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts ist das Bauvorhaben weder Bestandteil der südlich des Hafengeländes gelegenen Wohnbebauung noch Bestandteil der Bebauung im Westhafen noch Bestandteil der Bebauung im westlichen Teil des Osthafens. Von der Wohnbebauung sei es durch den Hauptdeich, von den baulichen Anlagen im Westhafen und im westlichen Teil des Osthafens durch das Wasserbecken, das (auch) für die Werft genutzt werde, sowie die Wasserfläche östlich der Mole getrennt, die ihrerseits das Hafengelände in den Westhafen und den Osthafen teile. Zwischen der Bebauung unmittelbar an der Ostseite der Mole (Kfz-Werkstatt, Polizei, Bauhof) und der Bebauung östlich der Wasserfläche des Osthafens, zu der neben der Bootslagerhalle der Klägerin noch weitere vier Gebäude gehörten, bestehe kein Zusammenhang, weil die jeweiligen Gebäudeansammlungen durch das Hafenbecken, das der Werftanlage der Klägerin diene, getrennt und zudem durch die Entfernung von ca. 200 m räumlich deutlich voneinander abgesetzt seien. Die Verbindung durch eine langgestreckte, gepflasterte und als Fahrweg dienende Fläche vermittle den Eindruck der Zusammengehörigkeit nicht. Fehlerhafte Rechtssätze liegen dieser Würdigung nicht zugrunde. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats und wird von ihm als Regelfall bezeichnet, dass durch Geländehindernisse, Erhebungen, aber auch durch Einschnitte im Landschaftsbild, wie etwa einen Fluss oder einen Graben, Bebauungszusammenhänge unterbrochen werden (Beschluss vom 27. Mai 1988 - BVerwG 4 B 71.88 - BRS 48 Nr. 45 S. 127). Ebenfalls anerkannt ist, dass sich mit wachsender Größe einer Freifläche deren trennender Eindruck verstärken kann (vgl. Beschluss vom 12. März 1999 - BVerwG 4 B 112.98 - NVwZ 1999, 763) und eine Straße nicht immer oder auch nur regelmäßig eine verbindende Funktion hat (Urteil vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 4 C 40.87 - DVBl 1991, 810). Dass die Bebauung am Eingang zur und unmittelbar an der Mole im Osthafen durch eine aufgelockerte Struktur mit großen Freiflächen gekennzeichnet und deshalb die Freifläche zu der 200 m entfernten Bebauung im östlichen Teil des Osthafens für die maßstabbildende Bebauung charakteristisch ist, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt, wird von der Klägerin nicht substanziiert dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.

13

Die befestigten Stell- und Lagerflächen, die sich unmittelbar westlich an die Bootslagerhalle der Klägerin anschließen, stellen nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts den Bebauungszusammenhang nicht her. Das ist im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden. Zur Begründung darf allerdings nicht darauf abgestellt werden, dass die Bebauung im östlichen Teil des Osthafens nicht als Ortsteil, sondern nur als Splittersiedlung angesehen werden kann (UA S. 11). Die Tatbestandsmerkmale "im Zusammenhang bebaut" und "Ortsteil" gehen nicht ineinander auf, sondern sind kumulativer Natur. Wenn eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken noch den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt, ist - in einem nächsten Schritt - zu klären, ob der Bebauungszusammenhang nach seinem siedlungsstrukturellen Gewicht Ortsteilqualität hat; denn nur ein Bebauungszusammenhang, der auch Ortsteil ist, kann zu einem Baurecht nach § 34 BauGB führen (Urteil vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 4 C 7.98 - BRS 60 Nr. 81 S. 306). Das hat das Oberverwaltungsgericht möglicherweise verkannt. Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB fallen indes nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter mitzuprägen (Urteil vom 14. September 1992 - BVerwG 4 C 15.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 152 S. 67). Der Senat hat hieraus gefolgert, mit den Begriffen "Bauten", "Bebauung" und "Siedlung" sei nichts anderes gemeint, als dass die betreffenden Anlagen und Flächen dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen sollen (Senatsurteil vom 17. Februar 1984 - BVerwG 4 C 55.81 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 97 S. 34). Befestigte Stellplätze sind daher, wie auch das Oberverwaltungsgericht zutreffend herausgestellt hat (UA S. 9), für sich allein genommen keine Bauten, die einen Bebauungszusammenhang begründen oder an seiner Entstehung mitwirken können (Beschluss vom 10. Juli 2000 - BVerwG 4 B 39.00 - NVwZ 2001, 70). Ihnen fehlt die maßstabbildende Kraft, weil sie sich dem Beobachter bei einer optischen Bewertung eher als unbebaut darstellen (Urteil vom 14. September 1992 a.a.O.).

14

Zu Unrecht wirft die Klägerin dem Oberverwaltungsgericht vor, gegen Denkgesetze verstoßen zu haben. Das Oberverwaltungsgericht habe in seinem Urteil festgestellt, dass der Anwendungsbereich des § 34 BauGB - von der Mole aus gesehen - vor/mit den befestigten Freiflächen (Stell- und Lagerplätze) ende. Damit habe es zum Ausdruck gebracht, dass der übrige Hafenbereich zum Innenbereich gehöre. Im Widerspruch dazu habe es an anderer Stelle offen gelassen, ob der übrige Hafenbereich Ortsteilqualität habe. Die Kritik der Klägerin verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Das Baugrundstück der Klägerin liegt im Außenbereich, weil es keinem Bebauungszusammenhang angehört. Ob und wie weit der Hafenbereich aus Richtung Westen durch eine Innenbereichslage gekennzeichnet ist, ist nicht entscheidungserheblich.

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht angenommen, dass es sich bei dem Vorhaben der Klägerin um ein sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB und nicht um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB handelt. Das Vorhaben kann namentlich nicht den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB in Anspruch nehmen; denn es dient keinem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb.

16

Nach der bindenden Würdigung des Oberverwaltungsgerichts ist die Stellplatzvermietung nicht Bestandteil des ortsgebundenen Werftbetriebs. Sie kann auch nicht als "mitgezogener" Betriebsteil an der Privilegierung der Werft teilnehmen. Für sich allein, als von der Werft unabhängiges "zweites betriebliches Standbein" ist sie kein ortsgebundener gewerblicher Betrieb. Ortsgebunden im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist ein Gewerbe nur dann, wenn es nach seinem Gegenstand und seinem Wesen ausschließlich an der fraglichen Stelle betrieben werden kann (Urteil vom 16. Juni 1994 - BVerwG 4 C 20.93 - BVerwGE 96, 95 <98>). Hierfür genügt nicht, dass sich der Standort aus Gründen der Rentabilität anbietet oder gar aufdrängt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Betrieb auf die geografische oder geologische Eigenart der Stelle angewiesen ist, weil er an einem anderen Ort seinen Zweck verfehlen würde (Urteil vom 7. Mai 1976 - BVerwG 4 C 43.74 - BVerwGE 50, 346 <348>). Das ist hier, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, nicht der Fall. Die geplanten Stellplätze sind entgegen der Darstellung der Klägerin nicht Bestandteil der Abfertigungsanlagen für die Fährschifffahrt. Zu den Abfertigungsanlagen gehören diejenigen Anlagen, auf die der Fährbetrieb angewiesen ist, um seine Transportleistungen über See abwickeln zu können. Dazu mögen dem Anleger zugeordnete Parkplätze zählen, auf denen zur Einschiffung bestimmte Fahrzeuge abgestellt werden, nicht aber Parkplätze, die für diejenigen Fahrgäste der Fährschiffe vorgesehen sind, die ihr Fahrzeug auf dem Festland stehen lassen.

17

Der Einordnung der als Parkhaus genutzten Bootslagerhalle als sonstiges Vorhaben steht nicht entgegen, dass die Halle weiterhin auch privilegiert genutzt werden darf. Erfüllt ein Vorhaben mit einer Nutzung die Voraussetzungen der Privilegierung und mit einer anderen Nutzung nicht, so bestimmt sich die Zulässigkeit - außer im Fall der "Mitziehung" - teilweise nach dem ersten und teilweise nach dem zweiten Absatz des § 35 BauGB (Weyreuther, Bauen im Außenbereich, Kapitel: Privilegierung von nur im Außenbereich auszuführenden Vorhaben Nr. 26, S. 388).

18

c) Das Oberverwaltungsgericht hat dem Vorhaben den öffentlichen Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB entgegengehalten. Soweit es um die zeitweilige Umnutzung der Halle gehe, sei die Verfestigung, soweit die Nutzung der Freifläche im Anschluss an die Halle betroffen sei, die Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten. Dagegen ist bundesrechtlich nichts zu erinnern.

19

Eine Splittersiedlung ist eine Ansammlung von baulichen Anlagen, die zum - wenn auch eventuell nur gelegentlichen - Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (Urteil vom 9. Juni 1976 - BVerwG 4 C 42.74 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 128 S. 31); das schließt gewerbliche Anlagen ein (Urteil vom 18. Februar 1983 - BVerwG 4 C 19.81 - BVerwGE 67, 33 <38>). Der Charakter einer Ansiedlung als Splittersiedlung ergibt sich vor allem aus der Entgegensetzung zum Ortsteil (Urteil vom 3. Juni 1977 - BVerwG 4 C 37.75 - BVerwGE 54, 73 <76>). Während unter einem Ortsteil jeder Bebauungszusammenhang zu verstehen ist, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (Urteile vom 6. November 1968 - BVerwG 4 C 31.66 - BVerwGE 31, 22 <26> und vom 3. Dezember 1998 a.a.O. S. 307), ist eine Splittersiedlung eine bloße Anhäufung von Gebäuden. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts vermittelt die Bebauung östlich des östlichen Hafenbeckens den Eindruck einer unorganischen Streubebauung ohne das für die Einstufung als Ortsteil ausreichende Gewicht. An diese Feststellung ist der Senat gebunden.

20

Mit Recht hat das Oberverwaltungsgericht für die Einstufung des Bebauungskomplexes als Splittersiedlung nicht darauf abgestellt, ob die dem Komplex angehörenden Gebäude privilegiert zulässig sind. Auch eine Ansammlung privilegierter Bauvorhaben kann eine Splittersiedlung sein; denn der öffentliche Belang, die Entstehung einer Splittersiedlung zu vermeiden, kann auch einem privilegierten Vorhaben entgegenstehen (vgl. Urteil vom 22. November 1985 - BVerwG 4 C 71.82 - BRS 44 Nr. 76 S. 174 amtlicher Leitsatz Nr. 3). Wenn das regelmäßig nicht der Fall ist, liegt das daran, dass der Gesetzgeber solche Vorhaben im Außenbereich gerade bevorrechtigt (Urteil vom 19. Juni 1991 - BVerwG 4 C 11.89 - BRS 52 Nr. 78 S. 198), und nicht daran, dass sie nichts zur Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung beitragen können.

21

Splittersiedlungen sind allerdings nicht schon um ihrer selbst willen zu missbilligen. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB wertet die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung nicht schlechthin als Beeinträchtigung öffentlicher Belange, sondern stellt darauf ab, ob diese Entwicklung zu befürchten ist. Zu befürchten ist das Entstehen einer Splittersiedlung nur dann, wenn das Vorhaben zum Bestehen einer unerwünschten Splittersiedlung führt; unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Nicht anders liegt es mit der Erweiterung, d.h. der räumlichen Ausdehnung, und der Verfestigung, d.h. der Auffüllung des schon bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereiches. Auch sie sind zu missbilligen, d.h. zu befürchten und unerwünscht, nur dann, wenn in ihnen ein Vorgang der Zersiedlung gesehen werden muss (Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O.). Das anzunehmen rechtfertigt sich in aller Regel. Eine Ausnahme hat der Senat namentlich für den - hier nicht vorliegenden Fall - angenommen, dass sich die Streubebauung als herkömmliche - und nicht nur mehrfach vorhandene (Beschluss vom 19. April 1994 - BVerwG 4 B 77.94 - BRS 56 Nr. 60 S. 179) - Siedlungsform in der Gemeinde darstellt (Urteil vom 9. Juni 1976 a.a.O. S. 35). Auch die Berechtigung der regelhaften Annahme eines Vorgangs der Zersiedlung bedarf freilich - zumindest in Fällen der Verfestigung - einer konkreten Begründung (Beschluss vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 B 23.04 - BRS 67 Nr. 109 S. 481).

22

aa) Die Bootslagerhalle soll monateweise zu anderen als dem genehmigten Zweck genutzt werden. Nach der Rechtsprechung des Senats kann nicht nur die Errichtung, sondern auch die - wie hier - vom Vorhabenbegriff des § 29 Abs. 1 BauGB mitumfasste Änderung der baulichen Nutzung einer baulichen Anlage die unerwünschte Verfestigung einer Splittersiedlung auslösen (Urteil vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 50.87 - BRS 48 Nr. 58 S. 157 f.; Beschluss vom 24. Februar 1994 - BVerwG 4 B 15.94 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 294 S. 7). Unerwünscht ist die Verfestigung u.a. dann, wenn das Vorhaben eine weit reichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare Konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten werden (Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O. S. 78; Beschluss vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 481). Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich (weiter) zersiedelt werden würde. Weit reichend ist die Vorbildwirkung deshalb immer dann, wenn sich das Vorhaben und die weiteren Vorhaben, die nicht verhindert werden könnten, zusammen der vorhandenen Splittersiedlung nicht unterordnen, sondern diese erheblich verstärken und dadurch eine weiter gehende Zersiedlung des Außenbereichs bewirken würden (Urteil vom 27. August 1998 - BVerwG 4 C 13.97 - BRS 60 Nr. 92 S. 350). Besonderes Gewicht hat das öffentliche Interesse an der Verhinderung einer Zersiedlung in einer - wie vorliegend - räumlich verhältnismäßig beschränkten, nach ihrer Landschaftsstruktur von der Umgebung klar abgehobenen Außenbereichsfläche (vgl. Beschluss vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 482). Der Tatbestand des Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung setzt nicht voraus, dass als Folge der Zulassung des insoweit öffentliche Belange beeinträchtigenden Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Es genügt, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Verfestigung einer Splittersiedlung) versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. Berufungsfall geschaffen würde (Beschluss vom 2. September 1999 - BVerwG 4 B 27.99 - BRS 62 Nr. 117 S. 509).

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Das Oberverwaltungsgericht hat den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass die Nutzung der Halle als Parkhaus, die an der Nachahmung interessierten Gewerbebetreibenden kaum würde verborgen bleiben können, im Falle ihrer Genehmigung negative Vorbildwirkung entfalten und einer (gewerblichen) Bebauung der Spülfelder nördlich der Halle, die die vorhandene Splittersiedlung erheblich erweitere, Vorschub leisten könne. Die Spülfelder seien für eine Bebauung geeignet und in der Vergangenheit bereits konkret in den Blick genommen worden. So seien in einem früheren Internet-Auftritt der Fa. N. die Spülfelder nördlich des Grundstücks der Klägerin bereits als Gewerbeflächen angeboten worden. Wenn auch dieser Internetauftritt nicht mehr zugänglich sei, zeige sich jedoch, wie sich die Vorbildwirkung für diese Grundstücke bereits konkretisiert habe. Besonderes Gewicht erhalte dieser Umstand dadurch, dass das Gelände durch die umgebende Wasserfläche räumlich abgegrenzt sei. Andererseits biete gerade diese Tatsache in Verbindung mit der dennoch gegebenen Ausdehnungsmöglichkeit der nutzbaren Fläche auf den Spülfeldern in besonders hohem Maße Anreizwirkung zur baulichen Ausnutzung und folgenden Zersiedlungswirkung. An die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung ist der Senat gebunden. Es steht daher fest, dass auch von anderer Seite Druck auf den Außenbereich ausgeübt wird und eine Genehmigung der Nutzung der Bootslagerhalle als Parkhaus in den Sommermonaten als Präzedenzfall zum Anlass genommen werden könnte, die Inanspruchnahme des Außenbereichs zu nicht privilegierten Zwecken voranzutreiben. In einem solchen Fall erfordern es die öffentlichen Belange, den ersten Ansätzen entgegenzutreten (vgl. Urteil vom 25. Januar 1985 - BVerwG 4 C 29.81 - BRS 44 Nr. 87 S. 208).

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Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die zeitweilige Nutzung der Halle als Parkhaus geeignet, zur Verfestigung der Splittersiedlung beizutragen. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht eine Beeinträchtigung des in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB genannten öffentlichen Belangs nicht im Hinblick darauf verneint, dass der Baukörper schon vorhanden ist, Bestandsschutz genießt, äußerlich nicht verändert wird und für ein Drittel des Jahres privilegiert weitergenutzt wird. Auch durch eine Nutzungsänderung ohne jede äußere Änderung des Baukörpers kann die Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung aufkommen (Beschluss vom 14. Juli 1975 - BVerwG 4 B 4.75 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 121 S. 11 f.). Rechtlich ohne Belang ist, dass die Halle noch periodisch für privilegierte Zwecke weitergenutzt werden soll. Die Halle ist für das vorliegende Genehmigungsverfahren so zu behandeln, als würde sie errichtet werden, um als Parkhaus zu dienen. Wäre die privilegierte Nutzung schon eingestellt worden, stünde das - wie auch die Klägerin nicht in Abrede stellt - außer Frage. Die nur teilweise Aufgabe der privilegierten Nutzung führt auf kein anderes Ergebnis. Zum einen entfällt die negative Vorbildwirkung der neuen Nutzung nicht und ist nicht einmal deshalb abgeschwächt, weil sie nur zeitweise ausgeübt wird. Zum anderen würde der Klägerin im Falle der Genehmigung der neuen Nutzung der Anreiz genommen, im Fall einer dauerhaften Einstellung der privilegierten Nutzung den Rückbau der funktionslos gewordenen Bootslagerhalle zu erwägen, und träte der vom Gesetzgeber mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 BauGB missbilligte Zustand ein, dass eine nicht privilegierte Inanspruchnahme des Außenbereichs für die Zukunft festgeschrieben wird.

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bb) Mit dem Außenparkplatz wird die Splittersiedlung erweitert, d.h. räumlich in den Außenbereich ausgedehnt (vgl. Urteil vom 3. Juni 1977 a.a.O. S. 76). Auch die Errichtung einer nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmten baulichen Anlage, die die Ausweitung einer in einer Splittersiedlung ausgeübten oder auszuübenden Nutzung ermöglicht, kann die Splittersiedlung verfestigen (Beschluss vom 7. September 1984 - BVerwG 4 B 188.84 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 215 S. 109). Anders als unter bestimmten Voraussetzungen einer Verfestigung streitet gegen die Erweiterung einer Splittersiedlung "gewissermaßen eine starke Vermutung"; die Missbilligung einer Erweiterung rechtfertigt sich in der Regel ohne Weiteres (Urteil vom 28. Oktober 1983 - BVerwG 4 C 70.78 - BRS 40 Nr. 93 S. 231). Besondere Gründe, aus denen hier die Erweiterung der Splittersiedlung bauplanungsrechtlich zu billigen wäre - insbesondere um sie abzurunden -, ergeben sich aus dem vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt nicht.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.