Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 07. Jan. 2008 - 3 B 1880/07

bei uns veröffentlicht am07.01.2008

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27.08.2007 - PRJ.... - wird angeordnet.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Antragsgegner auferlegt.

3. Der Streitwert beträgt EUR 3.741,85.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Erhebung eines Erschließungsbeitrags.

2

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Wohn- und Gewerbegrundstücks G.-Straße in S. (G 1) in einer Größe von 1.215 m². Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 6 "Dorfmitte" der Gemeinde S. und ist als Mischgebiet ausgewiesen. Das Grundstück grenzt im Osten an die in nördliche Richtung führende G.-Straße, einer nicht in der Straßenbaulast der Gemeinde befindlichen Landesstraße. Im Norden grenzt es an das G 2. Für dieses Grundstück sowie das unmittelbar nördlich davon gelegene Grundstück G 3 und eine Teilfläche des südlich an das Grundstück G 2 angrenzenden G 4 (Freiwillige Feuerwehr) sieht der Bebauungsplan die Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche mit der Zweckbestimmung "Verkehrsberuhigter Bereich" vor. Des weiteren weist der Bebauungsplan für die nördliche Grenze des antragstellerischen Grundstücks die Festsetzung "Bereich ohne Ein- und Ausfahrt" auf.

3

Auf den Grundstücken G 2, G 5 und der nördlichen Teilfläche des Grundstücks G 4 ließ die Gemeinde S. die Erschließungsanlage "Dorfmitte" errichten. Hierbei handelt es sich um befestigte Flächen "M-Platz" und "D.-Platz", die von einer Stichstraße erschlossen werden. Die Stichstraße beginnt an der Einmündung in die G.-Straße und endet in einem Wendehammer vor dem Gebäude der Amtsverwaltung. Wegen der Einbeziehung der nördlichen Teilfläche des Grundstücks G 4 (Freiwillige Feuerwehr) wird das antragstellerische Grundstück von der Erschließungsanlage "umfasst". Allerdings ist es von der Erschließungsanlage nach Norden hin durch einen Grünstreifen mit einer Breite von 8,25 m getrennt. In dem Grünstreifen befindet sich ein etwa 50 cm tiefer Sickerstreifen. Des weiteren sind dort fünf Roteichen in einem Abstand von 8 m gepflanzt worden. Im Bereich der westlichen Umfassung befinden sich Stellplätze.

4

Mit Widmungsverfügung vom 27.10.2004 wurden die Grundstücke G 2 und G 5 als öffentliche Verkehrsfläche mit der Zweckbestimmung "Verkehrsberuhigter Bereich" straßenrechtlich gewidmet. Eine Widmung der nördlichen Teilfläche des Grundstücks G 4 erfolgte nicht. Hierfür ist zur Begründung ausgeführt, dass das Grundstück G 4 nach dem Bebauungsplan als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen sei, tatsächlich aber als Feuerwehrgrundstück genutzt werde.

5

Mit Bescheid vom 27.08.2007 zog der Antragsgegner die Antragstellerin zu einem Erschließungsbeitrag i.H.v. EUR 14.967,41 heran. Ihren hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.2007 - zugestellt am 02.10.2007 - zurück. Gleichzeitig lehnte er einen Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung ab.

6

Am 02.11.2007 hat die Antragstellerin Anfechtungsklage erhoben und um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Es fehle an einem beitragsrelevanten Vorteil, weil ihr Grundstück über das Straßenbegleitgrün der Erschließungsanlage ohne gesicherte Zuwegung nur fußläufig erreichbar sei.

7

Die Antragstellerin beantragt,

8

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27.08.2007 - PRJ... - anzuordnen.

9

Der Antragsgegner verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

10

den Antrag abzulehnen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Kammer haben bei der Entscheidung die beim Antragsgegner entstandenen Verwaltungsvorgänge sowie die beigezogenen Gerichtsakten des Verfahrens 3 A 1879/07 vorgelegen.

II.

12

Der Antrag ist zulässig - insbesondere ist die Zugangsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erfüllt, da der Antragsgegner einen Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat - und auch begründet. Einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gewährt das Gericht entsprechend § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO u.a., wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen. So ist es hier.

13

Es bestehen aufgrund der im Eilverfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides, denn die sachliche Beitragspflicht für die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die Erschließungsanlage D.-Platz ist (bisher) nicht entstanden.

14

Beitragsfähig nach § 127 Abs. 2 Nr. 1 Baugesetzbuch (BauGB) sind nur öffentliche Straßen, Wege und Plätze. Diese Anforderungen erfüllt die Erschließungsanlage derzeit nicht vollständig. Das Merkmal "öffentlich" ist nicht in einem verkehrsrechtlichen, sondern in einem straßenrechtlichen Sinne zu verstehen. Maßgebend ist daher nicht die tatsächliche, jedermann mögliche Benutzung der Anlage. Die Anlage muss vielmehr gemeingebräuchlich sein, d.h. sie muss rechtlich - privatrechtlicher Verfügungsmacht entzogen - dem allgemeinen Gebrauch dienen (BVerwG, Urt. v. 13.12.1985 - 8 C 66.84, DVBl. 1986, 93). An der sonach erforderlichen straßenrechtlichen Widmung (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, § 12 Rn. 24) fehlt es vorliegend hinsichtlich der Teilfläche der Erschließungsanlage, die auf dem Grundstück G 4 gelegen ist. Auch diese Teilfläche ist Bestandteil der Erschließungsanlage, denn der Bebauungsplan weist für die nördliche Teilfläche des Grundstücks G 4 ebenfalls die Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche auf. Ausweislich der vom Antragsgegner vorgelegten Lichtbilder wurde die Erschließungsanlage entsprechend der Festsetzung auch auf dem Grundstück G 4 hergestellt und der Grundsatz der Planbindung (vgl. § 125 BauGB) damit beachtet. Demgegenüber erfasst die straßenrechtliche Widmung sowohl nach dem Beschlusstext als auch nach dem Flurkartenauszug, der Bestandteil der Verfügung ist, nur die Grundstücke G 2 und G 5. Soweit in der Begründung ausgeführt ist, dass das Grundstück G 4 nach dem Bebauungsplan als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen sei, tatsächlich aber als Feuerwehrgrundstück genutzt werde, führt dies nicht zu einer Entbehrlichkeit der Widmung dieser Teilfläche. Denn aus der rechtssatzmäßigen Verbindlichkeit des Bebauungsplanes folgt, dass die Widmung im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplanes nur in inhaltlicher Übereinstimmung mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes erfolgen darf (BVerwG, Urt. v. 01.11.1974 - IV C 38.71, NJW 1975, 841; Driehaus a.a.O. Rn. 27). Die Gemeinde muss sich an ihrer Bauleitplanung festhalten lassen. Andernfalls könnte sie über eine von der Bauleitplanung abweichende Widmung die Höhe des beitragsfähigen Aufwandes oder den Kreis der Beitragspflichtigen beeinflussen. Beides wäre mit dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit nicht zu vereinbaren. Nur soweit eine Anbaustraße in einem von § 125 Abs. 3 BauGB gedeckten Umfang abweichend von den Festsetzungen des Bebauungsplanes hergestellt worden ist, gebietet eine entsprechende Anwendung des § 125 Abs. 3 BauGB, die Widmung in dem entsprechenden Rahmen abweichend von der Festsetzung zu verfügen (Driehaus a.a.O.). Dieser Ausnahmefall liegt aber ersichtlich nicht vor. Die Erschließungsanlage D.-Platz wurde auch im Bereich des Grundstücks G 4 den Festsetzungen des Bebauungsplanes gemäß hergestellt. Damit fehlt es an der erforderlichen vollständigen Widmung der Erschließungsanlage.

15

Die Anlage gilt auch nicht nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V) als gewidmet. Werden in einem förmlichen Verfahren aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften der Bau oder die Änderung von Straßen unanfechtbar angeordnet, so gilt die Straße mit der Überlassung für den öffentlichen Verkehr als gewidmet, sofern sie in der Anordnung als öffentlich bezeichnet, in eine Straßengruppe eingestuft und der Träger der Straßenbaulast bestimmt worden ist. Die Festsetzung einer Erschließungsanlage in einem Bebauungsplan erfüllt diese Anforderungen nicht. Die Vorschrift knüpft an die Unanfechtbarkeit, d.h. die Bestandskraft der in einem förmlichen Verfahren getroffenen (Bau-)Anordnung an. Abgesehen davon, dass Bebauungspläne lediglich eine "Angebotsplanung" darstellen, nur im Falle der Bebauung gelten, ohne eine Verpflichtung zur Bebauung zu begründen, so dass es bereits an dem Merkmal der "Anordnung" fehlen dürfte, werden Bebauungspläne als Satzungen erlassen (vgl. § 10 Abs. 1 BauGB). Satzungen sind als Rechtsnorm der Bestandskraft nicht fähig. Gegenteiliges folgt insbesondere nicht aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, denn die dort normierte Antragsfrist betrifft ausschließlich das (abstrakte) Normenkontrollverfahren. Der Ablauf dieser Frist schließt daher eine inzidente (konkrete) verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle - etwa in einem Rechtsstreit über die Erteilung einer Baugenehmigung - nicht aus. Die Kammer sieht daher den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 4 Satz 1 StrWG M-V auf Planfeststellungsbeschlüsse beschränkt, die als Verwaltungsakte (Allgemeinverfügungen) ergehen und damit bestandskräftig werden können. Die weitergehende Auffassung von Driehaus (a.a.O.) ist auf das Landesrecht von Mecklenburg-Vorpommern nicht übertragbar.

16

Den vorstehenden Ausführungen kann nicht entgegen gehalten werden, dass die Antragstellerin durch den Fehler lediglich begünstigt werde, weil der Antragsgegner die auf das Grundstück G 4 entfallenden Kosten bei der Aufwandsermittlung nicht berücksichtigt hat. Denn ungeachtet ihrer Höhe ist die Beitragspflicht wegen der derzeit fehlenden vollständigen Widmung der Erschließungsanlage nicht entstanden. Damit durfte der Beitragsbescheid nicht ergehen. Seine Umdeutung in einen Vorausleistungsbescheid scheidet mit Blick auf § 128 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) ebenfalls aus. Die Vorschrift findet gemäß §§ 1 Abs. 4 i.V.m. 12 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) auf Erschließungsbeiträge entsprechende Anwendung.

17

Auf den Einwand der Antragstellerin, ihr Grundstück sei wegen des Grünstreifens und der Festsetzung im Bebauungsplan "Bereich ohne Ein- und Ausfahrt" von der Erschließungsanlage nicht bevorteilt, kommt es entscheidungserheblich nicht mehr an. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass sich der Einwand bei einer vollständigen Widmung der Erschließungsanlage erledigen dürfte, da das Grundstück dann auch mit einem Teil seiner westlichen Grenze an die öffentliche Anlage angrenzt.

18

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG), wobei der streitige Abgabenbetrag für das Eilverfahren zu vierteln war.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 07. Jan. 2008 - 3 B 1880/07 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Baugesetzbuch - BBauG | § 10 Beschluss, Genehmigung und Inkrafttreten des Bebauungsplans


(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung. (2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden. (3) Die Er

Baugesetzbuch - BBauG | § 127 Erhebung des Erschließungsbeitrags


(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften. (2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind 1. die öffentli

Baugesetzbuch - BBauG | § 125 Bindung an den Bebauungsplan


(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus. (2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anfo

Abgabenordnung - AO 1977 | § 128 Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsakts


(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Finanzbehörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden kön

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Finanzbehörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Finanzbehörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für die betroffene Person ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 91 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.