Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 06. Feb. 2015 - 18a L 91/15.A

ECLI:ECLI:DE:VGGE:2015:0206.18A.L91.15A.00
bei uns veröffentlicht am06.02.2015

Tenor

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen    Rechtsschutzes wird abgelehnt.

2. Die aufschiebende Wirkung der Klage 18a K 255/15.A gegen die in Ziffer 2. des Bescheides des    C.           G.   N.         V.   G1.           vom °. E.        °°°° enthaltene Abschiebungsanordnung wird    angeordnet.

3. Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt die    Antragsgegnerin


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

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Verwaltungsgericht Trier Beschluss, 16. Apr. 2014 - 5 L 569/14.TR

bei uns veröffentlicht am 16.04.2014

Diese Entscheidung zitiert Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 5 K 568/14.TR bei dem beschließenden Gericht anhängigen Klage wird insoweit angeordnet, als sich die Klage gegen die in dem Bescheid der Antragsgegner

Verwaltungsgericht Trier Beschluss, 19. Juli 2011 - 5 L 971/11.TR

bei uns veröffentlicht am 19.07.2011

Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Der Antragsgegnerin wird unter entsprechender Abänderung des Beschlusses der Kammer vom 11. April 2011 - 5 L 425/11.TR - einstweilen untersagt, eine Rücküberstellung des Antragstellers nach Ungarn g
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 06. Feb. 2015 - 18a L 91/15.A.

Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 22. Nov. 2016 - 16 A 5054/14

bei uns veröffentlicht am 22.11.2016

Tenor Ziffer 2. des Bescheides vom 17. Oktober 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu zwei Drittel u

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird unter entsprechender Abänderung des Beschlusses der Kammer vom 11. April 2011 - 5 L 425/11.TR - einstweilen untersagt, eine Rücküberstellung des Antragstellers nach Ungarn gemäß §§ 27 a, 34 a Asylverfahrensgesetz zu betreiben.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1

Der Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, in seinem Asylverfahren von ihrem Selbsteintrittsrecht nach der Dublin II - Verordnung gegenüber Ungarn Gebrauch zu machen und von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen, ist zulässig und hat insoweit Erfolg, als der Antragsgegnerin einstweilen eine Rücküberstellung des Antragstellers nach Ungarn zu untersagen ist. Ein derartiger Ausspruch entspricht auch letztlich dem Begehren des Antragstellers und erfordert keine teilweise Antragsablehnung, da das Gericht gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO nicht an den Wortlaut des gestellten Antrags gebunden ist und mit seinem Ausspruch nicht über das - entsprechend auszulegende - Begehren des Antragstellers hinausgeht.

2

Dabei steht dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nicht der rechtkräftige Beschluss der Kammer vom 11. April 2011 - 5 L 425/11.TR - entgegen, mit dem es die Kammer abgelehnt hat, die Antragsgegnerin durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, im Asylverfahren des Antragstellers von ihrem Selbsteintrittsrecht nach der Dublin II - Verordnung gegenüber Ungarn Gebrauch zu machen. Insoweit kann es dahingestellt bleiben, ob die Abänderung eines im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangenen rechtskräftigen Beschlusses nach § 123 VwGO auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen analog § 80 Abs. 7 VwGO (so OVG Lüneburg, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 8 ME 111/10 -, juris) oder aber analog § 927 ZPO (so OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19. Dezember 1990 - 1 D 12325/90.OVG -) möglich ist, denn ungeachtet der Frage, aufgrund welcher Rechtsgrundlage grundsätzlich eine Abänderung eines im Verfahren nach § 123 VwGO ergangenen Beschlusses erfolgen kann (vgl. hierzu auch Kopp/Schenle, VwGO-Kommentar, 16. Auflage, § 123 Rdnr. 35), sieht die Kammer vorliegend Veranlassung, ihren Beschluss vom 11. April 2011 abzuändern und nunmehr der Antragsgegnerin aufzugeben, gegenüber dem Antragsteller bis auf Weiteres von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen.

3

Ferner hindert § 123 Abs. 5 VwGO nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO, denn der bei den Akten befindliche Bescheid vom 26. Mai 2011, mit dem die Antragsgegnerin ausführt, dass der Asylantrag des Antragstellers unzulässig ist, und seine Abschiebung nach Ungarn anordnet, ist mangels Bekanntgabe an den Antragsteller ihm gegenüber noch nicht gemäß § 43 VwVfG in Verbindung mit § 31 AsylVfG wirksam geworden.

4

Schließlich steht § 34a Abs. 2 AsylVfG der Statthaftigkeit des vorliegenden Antrags nicht entgegen. Zwar hat die Kammer bislang in ständiger Rechtsprechung hinsichtlich der Rückführung von Ausländern nach Ungarn die Auffassung vertreten, dass Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 34 a Abs. 2 AsylVfG unstatthaft seien, wenn Ungarn gemäß § 27 a AsylVfG für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig sei. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urteile vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 -), da einer der dort aufgeführten Ausnahmefälle oder ein vergleichbarer Fall, der zur Unanwendbarkeit des § 34 a Abs. 2 AsylVfG führe, nicht generell bei Rückführungen nach Ungarn anzunehmen sei. Grundsätzlich sei vielmehr davon auszugehen, dass Ungarn als Vertragsstaat nach dem Dubliner Übereinkommen den notwendigen Schutz für Asylsuchende gewähre, so dass lediglich erhebliche individuelle Gründe einen Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begründen könnten (vgl. Beschluss der Kammer vom 20. Dezember 2010 - 5 L 1482/10.TR -). An dieser Rechtsprechung hält die Kammer weiterhin fest, ist aber der Überzeugung, dass vorliegend erhebliche individuelle Gründe einen Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begründen, weil der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass derzeit bei ihm ein inländisches Abschiebungshindernis besteht, nachdem das Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie dem Antragsteller unter dem 12. Juli 2011 eine bis auf Weiteres bestehende Reise- und Transportunfähigkeit attestiert hat.

5

Zur Berücksichtigung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse durch die Antragsgegnerin hat das OVG Hamburg in einem Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris, ausgeführt:

6

"Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in Fällen, in denen der Ausländer in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. ...

7

Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann die Abschiebung (nur) durchgeführt werden, wenn sie rechtlich zulässig und tatsächlich möglich ist; andernfalls ist die Abschiebung auszusetzen (§ 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Zwar dürfte der Gesetzgeber mit der Formulierung in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, ("... sobald feststeht, dass sie [die Abschiebung] durchgeführt werden kann"), vorrangig darauf abgestellt haben, dass das Bundesamt zunächst die Übernahmebereitschaft des Zielstaates zu klären und insbesondere die Fragen zu prüfen hat, ob eine Rückführung in allernächster Zeit (alsbald) auch möglich sein wird und ob ansonsten die technischen Details einer Überstellung des Drittstaatsangehörigen in den übernahmebereiten Staat geregelt sind. Weitere Voraussetzung einer Abschiebungsanordnung ist aber, dass die Abschiebung nicht aus subjektiven, in der Person des Ausländers liegenden Gründen - auch nur vorübergehend - rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist. Denn im Gegensatz zur Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylVfG, die das Bundesamt mit der Entscheidung über den Asylantrag erlässt und bei der es nur so genannte zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse zu berücksichtigen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.1997, BVerwGE 105, 323 ff, juris Rn. 8, 9, und Urt. v. 25.11.1997, BVerwGE 105, 383 ff., juris Rn. 9 ff.), muss das Bundesamt bei Erlass der Abschiebungsanordnung feststellen, dass alle Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Abschiebung erfüllt sind und die Abschiebung durchgeführt werden kann. Ist eine Abschiebung aus in der Person des Ausländers liegenden Gründen aber rechtlich oder tatsächlich nicht möglich - weil der Aufenthaltsbeendigung insoweit ein innerstaatliches Abschiebungshindernis entgegen steht -, ist die Abschiebungsanordnung rechtswidrig.

8

Eine "Ausblendung" solcher innerstaatlicher Abschiebungshindernisse bei Erlass der auf die unmittelbare Aufenthaltsbeendigung gerichteten Maßnahme nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist auch nicht durch Art. 16a Abs. 2 GG gerechtfertigt. Solche Hindernisse, die in der Person des Ausländers begründet sind, können ihrer Eigenart nach nicht im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung, das generell die Annahme der Sicherheit vor politischer Verfolgung in bestimmten Drittstaaten betrifft, von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden. Deshalb erfasst der Ausschluss vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nach Art. 16a Abs. 2 Satz 3 GG, § 34 a Abs. 2 AsylVfG inlandsbezogene Abschiebungshindernisse nicht (vgl. BVerfG, Urt, v. 14.5.1996, BVerGE 94, 49 ff., juris, Rn. 189; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Januar 2010, § 34 a AsylVfG, Rn. 15; Müller, HK-AusIR, 1. Aufl. 2008, § 34 a AsylVfG, Rn. 18).

9

Schon aus dem Vorstehenden folgt, dass inlandsbezogene Abschiebungshindernisse im Rahmen des Erlasses einer Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 AsylVfG, für die ausschließlich das Bundesamt zuständig ist, ausnahmsweise (auch) vom Bundesamt und nicht - wie grundsätzlich im Asylverfahrens- und im Ausländerrecht geregelt- von der Ausländerbehörde zu prüfen sind (wie hier: OVG Greifswald, Beschl. v. 29.11.2004, 2 M 299/04, juris, Rn. 9; VG Aachen, Beschl. v. 28.10.2010, 7 L 419/10.A, juris Rn. 14 ff.; VG Saarlouis, Beschl. v. 20.9.2010, 6 L 919/10, juris; , VG Weimar, Beschl. v. 11.12.2009, 7 E 20173/09, juris; VG Karlsruhe, Beschl. v. 9.12.2008, 4 K 39116/08, juris; VG Würzburg, Urt. V. 26.7.2007, W 5 K 07.30121, juris; VG Freiburg, Beschl. v. 30.10.2006, A 3 K 710/06; juris; VG Oldenburg, Urt. v. 28.9,2005, 11 A 3134/04, juris; VG Hamburg, Beschl. v. 22.9.2005, 13 AE 555/05; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Januar 2010, § 34a AsylVfG, Rn. 15; Hailbronner, AusIR, 48. Aktualisierung August 2006, § 43a AsylVfG Rn. 45; indifferent Müller, HK-AusIR, 1. Aufl. 2008, § 34 a AsylVfG, Rn. 18: Eilantrag [auch] gegen Bundesamt; a.A. VG Düsseldorf, Urt. v. 30.7.2010, 13 K 3075/10.A, juris; VG Frankfurt, Beschl. v. 1.8.2002, 5 G 2082/02.A, juris; VG Gießen, Urt. v. 22.8.2003, 2 E 2152/03.A).

10

Für eine "Gesamtzuständigkeit" des Bundesamtes zur Feststellung inlandsbezogener und zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse sprechen ferner Sinn- und Zweck des § 34a AsylVfG und die dadurch umgesetzten gemeinschaftsrechtlichen Regelungen. In den Fällen des § 27a AsylVfG schließt diese Zuständigkeit neben der Prüfung etwaiger Abschiebungshindernisse und dem Erlass der Abschiebungsanordnung auch die Entscheidung des Bundesamtes ein, gegebenenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO auszuüben. Einer vom Gesetzgeber beabsichtigten möglichst kurzfristigen Überstellung eines Asylantragstellers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen (Aufnahme-)Staat würde es entgegen stehen, im Rahmen der Anordnung der Abschiebung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG die Prüfungskompetenz für inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und für zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse aufzuspalten und unterschiedlich Behörden mit entsprechenden Feststellungen zu beauftragen.

11

Dazu im Einzelnen:

12

Das Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, soll nach den Regelungen der Dublin II VO zügig durchgeführt und durch die Überstellung des Asylantragstellers in den aufnahmebereiten Mitgliedstaat möglichst kurzfristig abgeschlossen werden. Dieses Beschleunigungsgebot ergibt sich unter anderem aus den relativ kurzen Fristen, die sowohl dem um die Aufnahme des Drittstaatsangehörigen ersuchten Mitgliedstaat für eine entsprechende Antwort gegenüber dem ersuchenden Staat gesetzt sind (vgl. Art. 20 Abs. 1 Buchst. b Dublin II VO) als auch aus der Frist, innerhalb derer ein Asylantragsteller in den Mitgliedstaat, der seiner Aufnahme zugestimmt hat, zu überstellen ist (vgl. Art. 19 Abs. 3 Dublin II VO). Dementsprechend sieht auch das nationale Recht eine im Regelfall beschleunigte Durchführung des Überstellungsverfahrens vor. Nach § 34a Abs. 1 Satz 2 AsylVfG bedarf es weder einer vorherigen Androhung (der Abschiebung) noch einer Fristsetzung. Weiter darf nach Absatz 2 dieser Norm im Regelfall die Abschiebung nicht nach § 80 VwGO oder § 123 VwGO ausgesetzt werden.

13

Mit dem aus diesen gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Regelung ersichtlichen Beschleunigungsgebot wäre schwerlich zu vereinbaren, dass das Bundesamt zwar für die Anordnung der Abschiebung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zuständig ist, dass aber vor einer Überstellung des Drittstaatsangehörigen in den aufnahmebereiten Drittstaat nicht das Bundesamt, sondern die Ausländerbehörde zu prüfen hätte, ob gegebenenfalls tatsächliche und/oder rechtliche Hindernisse einer Aufenthaltsbeendigung entgegen stehen (vgl. auch zu dem mit Dublin II VO verfolgten Ziel einer zügigen Bearbeitung von Asylanträgen EuGH [Vierte Kammer], Urt. v. 29.1.2009, NJW 2009, 639 ff.).

14

Schließlich spricht die Möglichkeit gegenläufiger Entscheidungen gegen ein Auseinanderfallen der Zuständigkeit für die Prüfung von inlandsbezogenen Abschiebungshindernissen einerseits und für den Erlass der Abschiebungsandrohung andererseits. Dazu könnte es kommen, wenn die Ausländerbehörde in Bezug auf einen Asylantragsteller ein (tatsächliches oder rechtliches) Abschiebungshindernis von unbestimmter Dauer feststellt (etwa wegen dauernder Reiseunfähigkeit, familienbedingter Notwendigkeit des Daueraufenthalts im Bundesgebiet u.ä.) und deshalb die Überstellung des Drittstaatsangehörigen in den für das Asylverfahren zuständigen Staat trotz Vorliegens einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG dauerhaft aussetzt, das Bundesamt gleichwohl an seiner Anordnung festhält und insbesondere sein Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO nicht wahrnimmt. Dann könnte der Drittstaatsangehörige zwar für nicht absehbare Zeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben werden, er wäre zugleich aber auch (wegen seines hiesigen Aufenthalts) dauerhaft an der Verfolgung seines - gegebenenfalls begründeten - Anspruchs auf Anerkennung als asylberichtigt bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gehindert. Dieses Ziel könnte er in diesem Fall nur nach dem Verlassen Deutschlands - was ihm im Fall der Feststellung eines dauerhaften inlandsbezogene Abschiebungshindernisse etwa aus familiären Gründen gerade nicht zumutbar ist - in dem Zielstaat der Abschiebungsanordnung des Bundesamt (hier Rumänien) weiter verfolgen.

15

Ein solcher - durch nicht abgestimmte Entscheidungen der Ausländerbehörde und des Bundesamtes gegebenenfalls drohender - "Zielkonflikt" könnte vermieden werden, wenn das Bundesamt sowohl die Feststeilung trifft, ob in Bezug auf die Person des Drittstaatsangehörigen gegebenenfalls inlandsbezogene Abschiebungshindernisse vorliegen, als auch im Anschluss an diese Prüfung die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erlässt (Entscheidung aus "einer Hand"). Damit wird gewährleistet, dass bei Vorliegen eines dauerhaften inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses das durch den Asylantrag geltend gemachte, gegebenenfalls begründete Begehren des Drittstaatsangehörigen nicht leerläuft, Schutz vor politischer Verfolgung durch Anerkennung als Asylberechtigter bzw. durch Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu finden. Insoweit könnte sich in einem Einzelfall für das Bundesamt aus Verfassungsrecht, insbesondere Art. 6 Abs. 1 GG ergeben, zum Schutz einer im Bundesgebiet gelebten familiären Lebensgemeinschaft, deren Unterbrechung zum Zweck der (zeitlich nicht absehbaren) Durchführung eines Asylverfahrens in einem anderen Staat dem Asylantragsteller unzumutbar ist, sowohl von der Durchsetzung der Abschiebung des Drittstaatsangehörigen abzusehen als auch die Bearbeitung seines Asylgesuchs entsprechend Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO in eigener Zuständigkeit zu übernehmen (vgl. zur Frage einer gegebenenfalls einklagbaren Verpflichtung des Bundesamt zum Selbsteintritt OVG Koblenz, Beschl. v. 10.12.2008, 10 A 10918/08, juris; VG Frankfurt, Urt. v. 8.7.2009, NVwZ 2009, 1176 ff). Eine insoweit gegebenenfalls geboten erscheinende Harmonisierung berechtigter Aufenthaltsziele ließe sich - wie die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde zutreffend eingewandt hat - schwerlich erreichen, wenn dem Bundesamt im Rahmen des § 34a AsylVfG die Feststellung von inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse abgesprochen würde."

16

Diese Ausführungen des OVG Hamburg macht sich die Kammer zu Eigen und ist daher der Auffassung, dass die Antragsgegnerin in den Fällen des § 34a AsylVfG auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse zu berücksichtigen hat.

17

Da der Antragsteller indessen durch Vorlage einer von einer anerkannten Fachklinik - das Pfalzklinikum ist ein Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Mainz - ausgestellten fachärztlichen Bescheinigung, die ihm Reise- und Transportunfähigkeit attestiert, das Vorliegen eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses glaubhaft gemacht hat, sieht sich die Kammer veranlasst, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis auf Weiteres eine Überstellung des Antragstellers nach Ungarn zu untersagen.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

19

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

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Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 5 K 568/14.TR bei dem beschließenden Gericht anhängigen Klage wird insoweit angeordnet, als sich die Klage gegen die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. März 2014 unter Nummer 2 enthaltene Anordnung der Abschiebung der Antragstellerin nach Ungarn richtet. Insoweit wird der Antragstellerin ohne Ratenzahlungsbestimmung Prozesskostenhilfe bewilligt und zur Wahrnehmung ihrer Rechte Rechtsanwalt B. beigeordnet.

2. Im Übrigen werden die Anträge der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren abgelehnt.

3. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin haben jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin ist eigenen Angaben zufolge somalische Staatsangehörige und – aus der Türkei kommend – über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich am 5. Januar 2014 nach Deutschland gelangt. In Ungarn hat sie ihren Angaben zufolge einen Asylantrag gestellt und formal subsidiären Schutz erhalten, musste aber mangels Arbeit und Wohnung auf der Straße leben. Auf entsprechendes, auf den Eurodac-Treffer „HU1…“ gestütztes Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 12. Februar 2014 im so genannten Dublin-Verfahren teilte das ungarische „Office of Immigration and Nationality“ unter dem 19. Februar 2014 mit, dass die Antragstellerin in Ungarn am 14. Juni 2013 subsidiären Schutz erhalten habe, so dass einer Überstellung auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 - Dublin-III-VO – nicht zugestimmt werde. Im Hinblick auf eine auf das deutsch-ungarische Überstellungsabkommen zu stützende Überstellung sei „National Police Headquarters“ der richtige Ansprechpartner.

2

Mit Bescheid vom 14. März 2014, der der Antragstellerin am 19. März 2014 zugestellt wurde, entschied die Antragsgegnerin alsdann, dass der Antragstellerin in Deutschland kein Asylrecht zustehe und ihre Abschiebung nach Ungarn angeordnet werde. Sie könne sich aufgrund ihrer Einreise nach Deutschland aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a Abs. 2 AsylVfG in Verbindung mit der Anlage I zum AsylVfG gemäß § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen; Ausnahmen nach § 26a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG lägen nicht vor. Von daher sei gemäß § 31 Abs. 4 AsylVfG nicht über den weitergehenden Asylantrag und das Vorliegen von Abschiebungsverboten im Sinne des § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Aufenthaltsgesetz – AufenthG – zu entscheiden. Die Abschiebungsanordnung beruhe auf § 34a AsylVfG; die Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels nach § 18 Aufenthaltsverordnung sei gemäß § 55 Abs. 2 AsylVfG mit der Stellung des Asylantrags erloschen.

3

Am 26. März 2014 hat die Antragstellerin alsdann Klage erhoben und einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Sie ist der Auffassung, dass Deutschland nach den Bestimmungen der Dublin-III-VO verpflichtet sei, in Bezug auf sie ein Asylverfahren durchzuführen. Die Abschiebungsanordnung sei im Übrigen auch deshalb rechtswidrig, weil mangels Koordination mit ungarischen Behörden nicht feststehe, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne.

II.

4

Der innerhalb der Frist des § 34a AsylVfG gestellte Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. März 2014 ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Sinne des § 80 Abs. 5 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – zulässig.

5

Mit ihrem Bescheid hat die Antragsgegnerin den Asylantrag der Antragstellerin unter Bezugnahme auf § 26a AsylVfG dahingehend beschieden, dass der Antragstellerin in der Deutschland kein Asylrecht zusteht und auf der Grundlage des § 34a AsylVfG ihre Abschiebung nach Ungarn angeordnet. Gegen beide Entscheidungen ist in der Hauptsache eine Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO statthaft, da die Antragsgegnerin mit ihrem Bescheid das Asylverfahren der Antragstellerin ohne Sachprüfung abgeschlossen hat (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 5. Juli 2012 - AN 3 K 12.30111 -, Bayerischer VGH, Urteil vom 25. Februar 2008 - 21 B 06.30145 –, HessVGH, Beschluss vom 31. August 2008 - 9 UE 1464/06.A -; s. a. zur Anfechtungsklage bei Entscheidungen auf der Grundlage der insoweit vergleichbaren Normen der §§ 27a, 33 AsylVfG: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A –, BVerwG, Urteile vom 5. September 2013 - 10 C 1.13 –, 7. März 1995 - 9 C 264/94 - und vom 6. Juli 1998 - 9 C 45/97 -, Bayerischer VGH, Urteil vom 14. Januar 2013 - 20 B 12.30348 -, alle veröffentlicht bei juris; Urteil der beschließenden Kammer vom 30. Mai 2012 - 5 K 967/11.TR -, ESOVGRP), so dass § 80 VwGO anwendbar ist.

6

Bei der Entscheidung darüber, ob die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen ist, ist das öffentliche Interesse an einer alsbaldigen Vollziehung des Verwaltungsaktes gegenüber dem Interesse des Betroffenen an einer Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzuwägen.

7

Dabei hat das Gericht vorrangig die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage zu prüfen, wobei allerdings § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG in den Fällen des § 34a Abs. 2 AsylVfG keine Anwendung findet, so dass eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Bescheides in Betracht kommt (vgl. Beschluss der Kammer vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR –, juris). Zu einer über die Rechtmäßigkeitsprüfung hinausgehenden weitergehenden Einzelfallbetrachtung ist das Gericht aufgrund der kraft Gesetzes bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides der Antragsgegnerin allerdings grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung des sofortigen Vollziehbarkeit ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, juris).

8

Ausgehend hiervon kann der vorliegende Antrag insoweit keinen Erfolg haben, als Rechtsschutz gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin erstrebt wird, dass der Antragstellerin kein Asylrecht zusteht, denn diese Entscheidung stellt sich aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtmäßig dar; sie findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 16 Abs. 2 GG und §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG, nachdem der Antragstellerin in Ungarn subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zuerkannt worden ist.

9

Zu Art. 16 Abs. 2 GG und §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG hat das BVerfG in seinem Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 – u.a., juris, ausgeführt:

10

„152 Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. Juni 1993 ist das Asylgrundrecht vom verfassungsändernden Gesetzgeber neu gestaltet worden. Diese Neugestaltung ist, auch soweit sie Einschnitte gegenüber dem bisherigen Charakter des Grundrechts enthält, als Einheit zu sehen und als solche bei der Auslegung und Anwendung der verfassungsrechtlichen Regelung im einzelnen zugrunde zu legen. Das Grundgesetz gibt der Befugnis und Verantwortung des verfassungsändernden Gesetzgebers auch hinsichtlich der Gestaltung und Veränderung von Grundrechten weiten Raum. Er ist, soweit nicht die Grenzen des Art. 79 Abs. 3 GG berührt sind, rechtlich frei und gibt dem Bundesverfassungsgericht den Maßstab vor.

11

153 Mit der Reform des Asylrechts hat der verfassungsändernde Gesetzgeber eine Grundlage geschaffen, um durch völkerrechtliche Vereinbarung der Zuständigkeit für die Prüfung von Asylbegehren und die gegenseitige Anerkennung von Asylentscheidungen eine europäische Gesamtregelung der Schutzgewährung für Flüchtlinge mit dem Ziel einer Lastenverteilung zwischen den an einem solchen System beteiligten Staaten zu erreichen (Art. 16a Abs. 5 GG). Unbeschadet derartiger Regelungen auf der Ebene des Völkerrechts berücksichtigt er in Art. 16a Abs. 2 GG die aus den weltweiten Flucht- und Wanderungsbewegungen entstehende Lage und wendet sich deshalb von dem bisherigen Konzept ab, die Probleme, die mit der Aufnahme von politischen Flüchtlingen verbunden sind, allein durch Regelungen des innerstaatlichen Rechts zu lösen. Er geht unverändert von einem Bedürfnis nach Gewährung von Schutz vor politischer Verfolgung aus, verweist aber asylbegehrende Ausländer auf den anderweitigen Schutz, den sie in einem sicheren Drittstaat erlangen können.

12

154 1. Demgemäß kann sich nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG auf das in dessen Absatz 1 gewährleistete Asylgrundrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK - vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II S. 560) und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 953) sichergestellt ist. Drittstaaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften werden durch Bundesgesetz bestimmt (Art. 16a Abs. 2 Satz 2 GG).

13

155 Diese Regelung tritt gegebenenfalls hinter völkerrechtlichen Vereinbarungen im Sinne von Art. 16a Abs. 5 GG zurück.“

14

Ausgehend hiervon wird eine Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG nicht durch die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 – Dublin-III-VO – verdrängt, denn diese Verordnung findet auf Asylbewerber, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – hier in Ungarn - subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zuerkannt worden ist, keine Anwendung. Dies ergibt sich daraus, dass das in dieser Verordnung geregelte Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates nach Art. 20 Dublin-III-VO (Anmerkung des Gerichts: nur) eingeleitet wird, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird und Antragsteller im Sinne der Verordnung gemäß deren Art. 2c derjenige ist, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde (so auch Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, § 27a, Rdnr. 34). Daran fehlt es indessen, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Asylantrag gestellt und dort subsidiären Schutz erhalten hat.

15

Von daher stehen europarechtliche Bestimmungen einer Anwendung des § 26a AsylVfG nicht entgegen und ist von vornherein kein Raum für eine Ausübung des von der Antragstellerin geltend gemachten und in Art. 17 Abs. 1 der Dublin-III-VO geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten.

16

Des Weiteren hat das BVerfG in dem genannten Urteil – wie auszugsweise unter Nennung der jeweiligen Randnummern wiedergegeben – zu Art. 16a Abs. 2 GG und § 26a AsylVfG ausgeführt:

17

„157 2. … Wer aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG anreist, bedarf des Schutzes der grundrechtlichen Gewährleistung des Absatzes 1 in der Bundesrepublik Deutschland nicht, weil er in dem Drittstaat Schutz vor politischer Verfolgung hätte finden können. Der Ausschluß vom Asylgrundrecht ist nicht davon abhängig, ob der Ausländer in den Drittstaat zurückgeführt werden kann oder soll. Ein Asylverfahren findet nicht statt. …

18

158 3. Der verfassungsändernde Gesetzgeber sieht mit der Regelung des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG den Schutz vor politischer Verfolgung (Art. 16a Abs. 1 GG) als gewährleistet an, wenn der schutzbegehrende Ausländer in einem anderen Staat Aufnahme finden kann, in dem die Genfer Flüchtlingskonvention angewendet und insbesondere das Refoulement-Verbot des Art. 33 GFK beachtet wird. Außerdem muß in dem Drittstaat auch die Europäische Menschenrechtskonvention, insbesondere ihr Art. 3, Anwendung finden; damit trägt das Grundgesetz für die Verweisung auf die Schutzmöglichkeit in anderen Staaten den fließenden Übergängen zwischen asylrechtlich erheblichen Verfolgungsmaßnahmen und unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung Rechnung (vgl. auch Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG und dazu das Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 2 BvR 1507 und 1508/93).

19

162 Wird ein durch Gesetz nach Art. 16a Abs. 2 Satz 2 GG zum sicheren Drittstaat bestimmter Staat Mitglied der Europäischen Union, so beurteilt sich vom Wirksamwerden seines Beitritts an seine Eigenschaft als sicherer Drittstaat allein nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG. …

20

167 (2) Der mit der Bestimmung zum sicheren Drittstaat gemäß Art. 16a Abs. 2 GG einhergehende Ausschluß vom Asylgrundrecht erfordert nicht, daß Ausländern in dem Drittstaat ein Prüfungsverfahren offensteht, das im wesentlichen dem deutschen Asylverfahren entspricht. Schutzsuchenden Ausländern muß es aber nach den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen im Drittstaat möglich sein, ein Schutzgesuch tatsächlich anzubringen und dadurch die Verpflichtung einer zuständigen Stelle zu begründen, hierüber nach vorgängiger Prüfung eine Entscheidung zu treffen (vgl. dazu auch Abschnitt 2 lit. c> und d> der Londoner Entschließung der für Einwanderungsfragen zuständigen Minister der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften zu einem einheitlichen Konzept in bezug auf Aufnahmedrittländer vom 30. November/1. Dezember 1992, abgedruckt in ZDWF- Schriftenreihe Nr. 53 "Art. 16a GG und seine Folgen", Februar 1993, S. 152 f.).

21

174 4. Die Berufung auf das Asylgrundrecht ist gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG für Ausländer ausgeschlossen, die aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen sicheren Drittstaat einreisen. In diesem Sinne kommt aus einem Staat, wer dort nach dessen allgemeiner Rechtspraxis, deren sich der Gesetzgeber vergewissert hat (vgl. dazu unten 5.), Schutz auf der Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention hätte finden können; vom Ausländer selbst zu verantwortende Hindernisse, ein Schutzgesuch anzubringen, bleiben außer Betracht.

22

175 a) Für die Beurteilung der Frage, ob der Ausländer "aus" einem Drittstaat eingereist ist, ist von dem tatsächlichen Verlauf seiner Reise auszugehen. So genügt es für die Anwendung von Art. 16a Abs. 2 GG nicht, wenn der Ausländer den Drittstaat mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchfuhr, ohne daß es einen Zwischenhalt gegeben hat. Andererseits greift Art. 16a Abs. 2 GG nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck nicht erst dann ein, wenn sich der Ausländer im Drittstaat eine bestimmte Zeit aufgehalten hat. Vielmehr geht die Drittstaatenregelung davon aus, daß der Ausländer den im Drittstaat für ihn möglichen Schutz in Anspruch nehmen muß und dafür gegebenenfalls auch die von ihm geplante Reise zu unterbrechen hat.

23

176 b) Der sichere Drittstaat muß nicht die letzte Station vor der Einreise des Ausländers in die Bundesrepublik Deutschland gewesen sein. Vielmehr reicht es für die Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG aus, daß der Ausländer sich während seiner Reise irgendwann in einem sicheren Drittstaat befunden hat und dort Schutz nach den Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention hätte finden können. Er bedarf dann des Schutzes gerade in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr, auch wenn er von dort seine Reise nach Deutschland über Staaten, für die Art. 16a Abs. 2 GG nicht gilt, fortgesetzt hat. Art. 16a Abs. 2 GG nimmt dem Ausländer die Möglichkeit, das Land, in dem er um Schutz nachsuchen will, frei zu wählen.

24

180 Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG schließt gemäß seinem Wortlaut die Berufung auf das Asylgrundrecht des Art. 16a Abs. 1 GG aus. Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden, kommen für ihn entsprechend der inhaltlichen Reichweite des Art. 16a Abs. 2 GG auch die materiellen Rechtspositionen, auf die ein Ausländer sich sonst gegen seine Abschiebung stützen kann (insbesondere §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG), nicht in Betracht, soweit es sich nicht um die nachstehend (vgl. unten e) beschriebenen konkreten Gefahrenlagen im Drittstaat handelt. Nicht berührt werden hingegen die gegen den Vollzug einer Abschiebungsanordnung gerichteten humanitären und persönlichen Gründe, die zur Erteilung einer Duldung gemäß § 55 AuslG führen können.

25

183 Die normative Vergewisserung über die Sicherheit eines Drittstaates erstreckt sich - wie dargelegt - darauf, daß dieser Staat Flüchtlingen Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention gewährt. Soll der in der Bundesrepublik Deutschland um Schutz nachsuchende Ausländer daher in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden, so kommt diese aus § 51 Abs. 1 AuslG sich ergebende materielle Rechtsposition regelmäßig nicht in Betracht, weil in dem Drittstaat generell die Beachtung des Refoulement-Verbots der Genfer Flüchtlingskonvention erwartet werden kann.

26

185 Das Asylverfahrensgesetz zieht aus dieser mit Art. 16a Abs. 2 GG geschaffenen Rechtslage Folgerungen: Es bestimmt in § 34a Abs. 1 Satz 2, daß das Bundesamt eine Abschiebungsanordnung in den sicheren Drittstaat auch dann erläßt, wenn der Ausländer den Asylantrag auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG beschränkt hat. Dies bedeutet, daß bei Erlaß der Abschiebungsanordnung Abschiebungshindernisse nach dieser Vorschrift nicht geprüft werden. Vielmehr wird in den Fällen des § 26a AsylVfG bei der Zurückweisung an der Grenze (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG), der Zurückschiebung (§§ 18 Abs. 3, 19 Abs. 3 AsylVfG) oder der Ablehnung des Asylantrages durch das Bundesamt (§ 31 Abs. 4 AsylVfG) im Hinblick auf die Einreise aus einem sicheren Drittstaat zugleich davon ausgegangen, daß eine Schutzgewährung nach § 51 Abs. 1 AuslG nicht in Betracht kommt (vgl. ansonsten §§ 60 Abs. 5 Satz 1, 61 Abs. 3 AuslG, § 31 Abs. 2 AsylVfG).

27

186 c) Auch § 53 AuslG bewahrt den Ausländer vor der Abschiebung in bestimmte Staaten und vermittelt eine relative Schutzposition. Indes umfaßt die normative Vergewisserung über die Sicherheit eines Drittstaates die generelle Feststellung, daß einem Ausländer, der diesen Staat als Flüchtling erreicht, der Schutz der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährt wird. Soll der in der Bundesrepublik um Schutz nachsuchende Flüchtling daher in diesen Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden, so entfällt deshalb auch eine gesonderte Prüfung der in § 53 AuslG geregelten Abschiebungshindernisse, soweit diese aus der Europäischen Menschenrechtskonvention folgen (§ 53 Abs. 1 und 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK). Gegen die Verbringung in einen sicheren Drittstaat kann sich der Ausländer grundsätzlich auch nicht dadurch wenden, daß er sich auf ein Abschiebungshindernis im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG beruft. Das normative Vergewisserungskonzept des Art. 16a Abs. 2 GG umfaßt auch solche Gefährdungen; einer Prüfung bedarf es deshalb vor einer Aufenthaltsbeendigung in einen sicheren Drittstaat auch insoweit nicht.

28

187 Das Asylverfahrensgesetz hat auch dies aufgenommen. § 31 Abs. 4 bestimmt, daß in Fällen der Ablehnung eines Asylantrages wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nur festzustellen ist, daß dem Ausländer aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht. Damit schließt § 31 Abs. 4 die gemäß §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 3 AsylVfG in anderen Fällen der Entscheidung über einen Asylantrag gebotene Prüfung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 AuslG aus.

29

188 d) Nach allem kann der Ausländer, der in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden soll, den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern. Der Ausländer kann sich auch nicht darauf berufen, ein - niemals völlig auszuschließendes - Fehlverhalten der Behörden im Drittstaat könne in seinem Fall zu einer Weiterschiebung in den Herkunftsstaat führen.

30

189 e) Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 oder § 53 AuslG durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So kann sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat auf das Abschiebungshindernis des § 53 Abs. 2 AuslG (§§ 60 Abs. 5 Satz 1, 61 Abs. 3 AuslG) berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Weiterhin kann er einer Abschiebung in den Drittstaat § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG etwa dann entgegenhalten, wenn er eine erhebliche konkrete Gefahr dafür aufzeigt, daß er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens werde, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaates steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, daß sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG hierauf noch aussteht. Nicht umfaßt vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird (vgl. in diesem Sinne auch Abschnitt 2 lit. a> und b> der bereits erwähnten Londoner Entschließung der EG- Einwanderungsminister über Aufnahmedrittländer vom 30. November/1. Dezember 1992). Schließlich kann sich - im seltenen Ausnahmefall - aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, daß der Drittstaat sich - etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - von seinen mit dem Beitritt zu den beiden Konventionen eingegangenen und von ihm generell auch eingehaltenen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, daß er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die ihn begründenden Umstände sich schon im Kontakt zwischen deutschen Behörden und Behörden des Drittstaates ausräumen lassen.

31

190 Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer freilich nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, daß er von einem der soeben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen.

32

207 aa) Gemäß § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG (sicherer Drittstaat) eingereist ist, nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen. Damit wiederholt diese Vorschrift den bereits von Verfassungs wegen eintretenden Ausschluß solcher Ausländer aus dem persönlichen Geltungsbereich des Asylgrundrechts, die aus einem sicheren Drittstaat einreisen.

33

232 bb) § 31 Abs. 4 AsylVfG, auf den das Bundesamt seine Feststellung gestützt hat, daß dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zustehe, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Vorschrift beschränkt für den Fall der Ablehnung des Asylantrages nach § 26a AsylVfG den Inhalt der Entscheidung des Bundesamtes auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Asylrechts. Das entspricht dem normativen Vergewisserungskonzept, das die Drittstaatenregelung trägt. § 31 Abs. 4 AsylVfG steht in den von diesem Konzept nicht erfaßten Ausnahmefällen (vgl. oben I. 5. e) einer Entscheidung des Bundesamtes über Abschiebungshindernisse nach §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG nicht entgegen.“

34

Diese Ausführungen des BVerfG müssen nach Auffassung der Kammer auch heute noch Anwendung finden, wobei allerdings anstelle von § 51 Abs. 1 AuslG nunmehr § 3 AsylVfG und anstelle von § 53 AuslG die Bestimmungen der §§ 4 AsylVfG und 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG treten.

35

Von daher kann die Antragstellerin aufgrund der vorstehenden Ausführungen zu Randnummer 188 im Hinblick auf ihr Asylanerkennungsbegehren nicht geltend machen, dass ihr in Ungarn trotz der formalen Zuerkennung subsidiären Schutzes kein hinreichender Schutz gewährt werde.

36

Des Weiteren geben die vorstehenden Ausführungen zu den Randnummern 189 und 190 keine Veranlassung, der Antragstellerin abweichend von der gesetzlichen Grundregel des § 31 Abs. 4 AsylVfG in Deutschland in eine Prüfung der §§ 3 und 4 AsylVfG oder von § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG einzutreten, denn das Gericht kann nicht erkennen, dass der Antragstellerin in Ungarn nicht hinreichend Rechtsschutz gewährt würde. Die Sonderfälle im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln im Sinne der Ausführungen in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Dezember 2011 - C 411/10 und C 493/10 – und vom 10. Dezember 2013 - C 394/12 – wonach ein Asylbewerber einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden und die zugunsten des Mitgliedstaates streitende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht, widerlegt ist (vgl. hierzu auch VG München, Beschluss vom 12. Februar 2014 - M 21 S 14.30245 -, juris).

37

Vorliegend kann das Gericht nicht erkennen, dass in Bezug auf Ungarn derartige systemische Mängel vorlägen (so auch VG Ansbach, Beschluss vom 31. März 2014 - AN 9 S 13.31028 -, VG Würzburg, Beschluss vom 21. März 2014 - W 1 S 14.30147 -, VG Regensburg, Beschluss vom 7. März 2014 - RN 5 S 14.30199 -, VG Potsdam, Beschluss vom 29. Januar 2014 - 6 L 29/14.A -, VG Saarland, Beschluss vom VG Oldenburg, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 5 B 33/14 -, VGH Mannheim, Beschluss vom 6. August 2013 - 12 S 675/13 -, alle veröffentlicht bei juris) und macht sich die nachfolgenden Ausführungen des VG München in dessen Beschluss vom 6. Februar 2014 – M 4 S 14.30161 -, juris, zu Eigen:

38

„Die Kritik über die Situation in Ungarn im Jahr 2012 ist so nicht mehr aktuell zutreffend.

39

Der Bericht des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) „Hungary as a country of asylum – Observations on the situation of asylum-seekers and refugees in Hungary“ ist vom April 2012. Darin wird die Situation von Asylsuchenden in Ungarn sehr kritisch beschrieben (hierzu auch die Erklärung „Bericht zur Situation von Asylsuchenden in Ungarn“ vom 24.4.2012; die Dokumente sind über www.unhcr.de oder www.unhcr.org zugänglich). In dem Positionspapier richtete der UNHCR eine Vielzahl von Forderungen („Recommendations“) an die ungarischen Behörden, würdigt aber auch deren Kooperations-bereitschaft und die bereits getroffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation. Es enthält jedoch keine Aufforderung an die anderen EU-Mitgliedsstaaten, von Überstellungen nach Ungarn im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems abzusehen. In Anbetracht der seinerzeit gegenüber Griechenland erfolgten deutlichen Stellungnahmen wäre dieses aber zu erwarten, wenn der UNHCR von einer menschenrechtswidrigen Situation ausgehen würde.

40

Soweit der UNHCR im Oktober 2012 gefordert hatte, keine Asylbewerber nach den Dublin II-Regularien nach Ungarn zu überstellen, wenn diese vor ihrer Ankunft in Ungarn durch Serbien gekommen waren, wurde diese Aufforderung im Dezember 2012 ausdrücklich wieder aufgehoben („amends its previous position“) und die Veränderungen in der ungarischen Asylpraxis ausdrücklich positiv gewürdigt („Note on Dublin transfers to Hungary of people who have transited through Serbia – update“, December 2012).

41

Das Auswärtige Amt hat sich 2013 in zwei umfangreichen Stellungnahmen zur ungarischen Asylgesetzgebung und -praxis geäußert (an das VG Augsburg am 23.5.2013 und an den BayVGH am 9.7.2013). Danach hat sich die Situation in Ungarn erheblich verbessert; jedenfalls ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens.

42

Gleiches gilt für den Bericht zweier Berichterstatter einer Arbeitsgruppe des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR), „Working Group on Arbitrary Detention, Statement upon the Conclusion of its Visit to Hungary, 23 September - 2 October 2013“. Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich aufgrund ihres Mandats nicht mit dem Asylverfahren speziell, sondern allgemein mit „willkürlicher Haft“ („arbitrary detention“); der Bericht kritisiert demzufolge in erster Linie den exzessiven Gebrauch und Mängel bei der Zugänglichkeit von Rechtsbeiständen bei der Untersuchungshaft in Ungarn. In Bezug auf die Inhaftierung von Asylbewerbern würdigt der Bericht ausdrücklich die Verbesserungen durch im Juli 2013 in Kraft getretene Gesetzesänderungen; auch wenn diese in der Praxis noch nicht ausreichend umgesetzt würden. Der Bericht kritisiert vor allem Mängel in Bezug auf die Information der Inhaftierten über ihre Rechtsbehelfsmöglichkeiten, sowie in Bezug auf die Verfügbarkeit von Dolmetschern und den Zugang zu Rechtsbeiständen. Außerdem handelt es sich bei diesem Bericht lediglich um vorläufige Ergebnisse („preliminary findings“). Aus diesem Bericht ergeben sich jedoch keine ausreichenden Belege für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens (a.A. VG München, B.v. 28.10.2013 – M 21 S 13.31076).

43

Dieses Ergebnis deckt sich mit der Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser hat in seinem Urteil vom 6. Juni 2013 (Mohammed gegen Österreich, Nr. 2283/12, hier zitiert nach der inoffiziellen Übersetzung des Informationsverbunds Asyl und Migration) festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Ungarn im Rahmen der Dublin-Regelungen nicht mehr einer tatsächlichen und persönlichen Gefahr unterliegen würde, einer den Art. 3 EMRK verletzenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Der Gerichtshof hat hierzu umfangreich Stellungnahmen von UNHCR und anderer Stellen ausgewertet; es ist nicht ersichtlich, dass sich die Tatsachengrundlage seither wesentlich verändert hätte.

44

Ferner hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die wirtschaftliche Situation eines Asylbewerbers schlechter sein wird als in dem anderen Vertragsstaat, nicht ausreicht, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Art. 3 EMRK kann nicht so ausgelegt werden, dass er die Vertragsstaaten verpflichtet, jeder Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen; diese Regelung enthält auch keine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, B.v. 2.4.2013 – 27725/10 – ZAR 2013, 336, Rn. 70, 71; bezogen auf Italien; ebenso EGMR, B.v. 18.6.2013 – 53852/11 – ZAR 2013, 338; hierzu auch BVerwG, B.v. 11.9.2013 – 10 B 17.13 – unter www.bverwg.de).

45

Gestützt wird dieses Ergebnis auch durch die Erkenntnis des Österreichischen Asylgerichtshofes vom 9. Juli 2013 (S 21 436096-1/2013 – RIS; www.ris.bka.gv.at). Dieser hat ausdrücklich festgestellt, dass in Ungarn am 1. Januar 2013 ein überarbeitetes Asylgesetz in Kraft getreten ist, das die nötigen Verbesserungen gebracht habe, weshalb nicht erkannt werden könne, „dass im Hinblick auf Asylbewerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Ungarn rücküberstellt werden, aufgrund der ungarischen Rechtslage oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten nach der EMRK erfolgen würden, so dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne einer realen Gefahr für den Einzelnen bestehen würde“.

46

Nach alledem vermag das Gericht keine systemischen Mängel des Asylverfahrens in Ungarn (mehr) zu erkennen, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers rechtfertigen könnten (zu diesem Ergebnis gelangen auch: VGH Baden-Württemberg v. 6.8.2013, Az. 12 S 675/13 ; OVG Magdeburg v. 31.5.2013, Az. 4 L 169/12 ; VG Regensburg, B.v. 17.12.2013 – RN 5 S 13.30749 – juris; VG Augsburg, B.v. 5.12.2013 – Au 7 S 13.30454 – juris; VG Ansbach, B.v. 3.12.2013 – AN 11 S 13.31074, B.v. 6.9.2013 – AN 10 S 13.30604; B.v. 11.9.2013 – AN 2 S 13.30685, AN 2 E 13. 30664; a.A. VG München, B.v. 23.12.2013 – M 23 S 13.31303; B.v. 17.12. 2013 – M 21 S 13.31196; B.v. 28.10.2013 – M 21 S 13.31076; B.v. 6.12. 2013 – M 22 S 13.31235; jeweils mit der Feststellung, dass die Verhältnisse in Ungarn nicht mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen seien).

47

4. Ungarn gilt außerdem als sicherer Drittstaat im Sinn des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylVfG. Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen sicheren Drittstaat ergeben sich nur ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist – bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat – etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgebenden Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – BVerfGE 94, 49).

48

Die Sonderfälle in diesem Sinn entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln, die zu einer Gefahr für unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylsuchenden führen, im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Solche Sonderfälle liegen, wie oben dargestellt, im Falle Ungarns nicht vor.“

49

Ausgehend von alledem hat die Kammer keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin, dass der Antragstellerin in Deutschland kein Asylrecht zusteht. Soweit das VG Freiburg in einem Beschluss vom 7. März 2014 – A 5 K 93/14 – und das VG Bremen in einem Beschluss vom 17. Januar 2014 – 4 V 2132/13.A -, beide veröffentlicht bei juris, Zweifel in Bezug auf systemische Mängel von Asylverfahren in Ungarn geäußert haben, kann die Kammer diese aus den vorstehend dargelegten Gründen nicht teilen.

50

Erhebliche Bedenken bestehen indessen in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der in dem Bescheid der Antragsgegnerin enthaltenen Abschiebungsanordnung. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat an, sobald feststeht, dass die durchgeführt werden kann. Insoweit hat das BVerfG unter Randnummer 156 des bereits mehrfach zitierten Urteils vom 14. Mai 1996 ausgeführt, dass eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG erst dann ergeht, wenn der Zielstaat der Abschiebung einer Übernahme des Asylsuchenden zugestimmt hat.

51

Vorliegend fehlt es indessen bislang an einer Zustimmung der ungarischen Behörden. Nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Ungarn über die Rückübergabe/Rückübernahme von Personen an der Grenze (Rückübernahmeabkommen) vom 1. Dezember 1997 (BGBl. II 1999, S. 90) übernimmt jede Vertragspartei auf Antrag der anderen Vertragspartei ohne besondere Formalitäten die Person, die nicht die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei besitzt (Drittstaatsangehöriger), wenn sie die im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei geltenden Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt nicht erfüllt und nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, dass die Person über einen gültigen, durch die andere Vertragspartei ausgestellten Aufenthaltstitel oder ein gültiges Visum verfügt. Allerdings muss gemäß Art. 5 Abs. 1 des Abkommens der Antrag auf Übernahme innerhalb von vier Monaten nach Kenntnis der jeweiligen Behörden von der rechtswidrigen Einreise oder des rechtswidrigen Aufenthalts des Drittstaatsangehörigen gestellt werden.

52

Soweit die Antragsgegnerin in anderen Verfahren die Auffassung vertreten hat, dass es Aufgabe der für den Ausländer zuständigen Ausländerbehörde sei, nach Erlass einer auf § 34a Abs. 1 AsylVfG gestützten Abschiebungsanordnung ein Übernahmeersuchen an den sicheren Drittstaat zu richten, vermag sich das Gericht dem unter Bezugnahme auf den Wortlaut des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, demzufolge das Bundesamt die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (erst) anordnet, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann, und Randnummer 156 des bereits mehrfach zitierten Urteils des BVerfG vom 14. Mai 1996 nicht anzuschließen. Insoweit muss das Bundesamt daher vor Erlass einer Abschiebungsanordnung die Übernahmebereitschaft des Zielstaates und die Fragen abschließend geklärt haben, ob eine Rückführung in allernächster Zeit (alsbald) auch möglich sein wird und ob ansonsten die technischen Details einer Überstellung des Drittstaatsangehörigen in den übernahmebereiten Staat geregelt sind (vgl. insoweit auch Beschluss der Kammer vom 19. Juli 2011 - 5 L 971/11.TR – und Bayerischer VGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 - sowie OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, alle veröffentlicht bei juris). Ohne diese Klärung steht daher nicht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

53

Von daher bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung, so dass es der Kammer interessengerecht erscheint, die aufschiebende Wirkung der Klage nur insoweit anzuordnen, weil im Übrigen keine Anhaltspunkte für ein Abweichen von der gesetzgeberischen Grundentscheidung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides ersichtlich sind.

54

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben.

55

Die Entscheidung über die Bewilligung und teilweise Versagung von Prozesskostenhilfe beruht auf §§ 166 VwGO, 114 ff. ZPO und berücksichtigt, dass das Begehren aus den vorstehend aufgezeigten Gründen nur teilweise hinreichende Erfolgsaussichten hatte.

56

Der Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.