Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 21. Juli 2015 - 1 L 1068/15
Tenor
1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Stelle des Schulleiters am I. -T. -C. in H. mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
2. Der Streitwert wird auf bis zu 19.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Mai 2015 gestellte, dem Tenor sinngemäß entsprechende Antrag des Antragstellers hat Erfolg.
3Der Antragsteller hat gemäß § 123 Abs. 1 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 920 der Zivilprozessordnung glaubhaft gemacht, dass ihm – neben dem in Verfahren der vorliegenden Art unproblematischen Anordnungsgrund – ein Anordnungsanspruch zusteht.
4Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung der Rechte des Antragstellers ist dann gerechtfertigt, wenn die Verletzung seines Rechts auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das letztlich mit der einstweiligen Anordnung verfolgte Stellenbesetzungsbegehren glaubhaft gemacht ist und die Möglichkeit besteht, dass die noch zu treffende rechtmäßige Auswahlentscheidung zur Besetzung der Stelle mit dem Antragsteller führen kann. Für den Erfolg des Antrags genügt mithin jeder Fehler, einschließlich möglicher Fehler in den dabei zugrunde gelegten Beurteilungen, der für das Auswahlergebnis kausal gewesen sein kann. Ist die getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft, kann die Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes nur dann in Betracht kommen, wenn es ausgeschlossen erscheint, dass der Antragsteller nach Beseitigung des Mangels den Vorzug vor dem Mitbewerber erhalten wird.
5Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 – 2 BvR 857/02 –, DÖD 2003, 17 ff., juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 4. September 2001 – 1 B 205/01 –, juris und vom 13. September 2001 – 6 B 1776/00 –, juris.
6Bei der Entscheidung darüber, welchem von mehreren in Betracht kommenden Beamten eine Beförderungsstelle übertragen wird, ist das Prinzip der Bestenauslese zu beachten. Der Dienstherr hat Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. § 9 BeamtStG, § 20 Abs. 6 LBG) zu bewerten und zu vergleichen. Ist ein Bewerber besser qualifiziert, darf er nicht übergangen werden. Für die Auswahl sind dabei in erster Linie aktuelle Beurteilungen maßgebend, die den aktuellen Leistungsstand wiedergeben.
7Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Februar 2009 – 2 A 7.06 –, juris, Rdnr. 17, vom 27. Februar 2003 – 2 C 16.02 –, juris, Rdnr. 12, und vom 19. Dezember 2002 – 2 C 31.01 –, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 1. August 2011 – 1 B 186/11 –, vom 17. März 2011 – 6 B 1667/10 – und vom 27. Februar 2004 – 6 B 2451/03 –, jeweils juris.
8In Anwendung dieser Grundsätze ist die Entscheidung des Antragsgegners, die mit A 16 ÜBesO NRW bewertete Stelle des Schulleiters am I. -T. -C. in H. mit dem Beigeladenen zu besetzen, rechtlich zu beanstanden.
9Die in Rede stehende Auswahlentscheidung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil diese zum einen auf einem rechtlich fehlerhaften Qualifikationsvergleich beruht und darüber hinaus die dieser Entscheidung zugrunde gelegte dienstliche Beurteilung des Antragstellers rechtswidrig ist.
10Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners ist auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen getroffen worden, die den an ihre hinreichende Vergleichbarkeit in zeitlicher Hinsicht zu stellenden Anforderungen nicht genügen. Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist in erster Linie anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Instrument zur „Klärung einer Wettbewerbssituation“ erfordert die Gewährleistung ihrer Vergleichbarkeit auch in zeitlicher Hinsicht und setzt aus Gründen der Chancengleichheit voraus, dass keinem der Bewerber ein nennenswerter Aktualitätsvorsprung erwächst. Für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen ist daher von weitaus größerer Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum zum gleichen Zeitpunkt oder zumindest nicht zu erheblich auseinander fallenden Zeitpunkten endet, als dass der jeweils erfasste Beurteilungszeitraum zum gleichen Datum beginnt.
11Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. April 2013 – 1 WDS-VR 1/13 –, juris, und 24. Mai 2011 – 1 WB 59.10 –, juris, und Urteil vom 18. Juli 2001 – 2 C 41.00 –, NVwZ-RR 2002, 201; OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juni 2014 – 6 B 360/14 –, vom 11. Oktober 2013 – 6 B 915/13 –, vom 27. Februar 2012 – 6 B 181/12 – und vom 20. April 2011 – 6 B 335/11 –, jeweils juris.
12Vor diesem Hintergrund kann es nach der jüngeren Rechtsprechung des OVG NRW geboten sein, Anlassbeurteilungen für alle Bewerber um die ausgeschriebenen Stellen zu erstellen, um eine hinreichende Vergleichbarkeit der Beurteilungszeiträume insbesondere bezüglich ihres Endzeitpunktes herzustellen.
13Vgl. Beschlüsse vom 11. Oktober 2013 – 6 B 915/13 –,juris, und vom 7. November 2013 – 6 B 1034/13 –, unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012– 2 VR 5.12 –, BVerwGE 145, 112; OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2013 – 1 A 2811/11 –, juris.
14Eine die anzustrebende größtmögliche Vergleichbarkeit nicht mehr ausreichend gewährleistende Aktualitätsdifferenz hat das Oberverwaltungsgericht hierbei in seiner jüngeren Rechtsprechung – insoweit in Abkehr von dem in der Vergangenheit zugrundegelegten Dreijahreszeitraum –
15vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2001 – 2 C 31.01 -; OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Dezember 2008 – 6 B 1326/08 –, vom 6. Mai 2008 – 1 B 1786/07 – und vom 29. Dezember 2004 – 6 B 1509/04-, jeweils juris –
16angenommen, wenn die Enddaten der jeweiligen Beurteilungszeiträume um ein Jahr und acht Monate auseinander fallen.
17So OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – 6 B 915/13 –, juris; im Beschluss vom 7. November 2013 – 6 B 1034/13 – waren es 2 ¼ Jahre.
18Gemessen an diesen Vorgaben ist eine hinreichende Vergleichbarkeit der der Auswahlentscheidung im Streitfall zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen nicht gegeben. Die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen datiert bereits vom 17. Dezember 2012 und umfasst den Zeitraum vom 28. Februar 2012 (Datum der letzten Beurteilung) bis zum 17. Dezember 2012. Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers datiert hingegen vom 24. Oktober 2014. Dabei lag der Beurteilung des Antragstellers ein Beurteilungszeitraum vom 4. Oktober 2011 (Datum der letzten gültigen Beurteilung) bis zumindest zum 24. September 2014 (Datum des schulfachlichen Gesprächs) zugrunde. Die Annahme, die neu erstellte Beurteilung vom 24. Oktober 2014 könnte nur den Zeitraum bis zum Enddatum der aufgehobenen Beurteilung vom 12. Februar 2013 erfassen, verbietet sich deshalb, weil in der Beurteilung vom 24. Oktober 2014 maßgeblich auch das schulfachliche Gespräch mit dem Antragsteller vom 24. September 2014 berücksichtigt wurde.
19Die Enddaten der jeweiligen Beurteilungszeiträume fallen somit mindestens mehr als ein Jahr und neun Monate auseinander. Diese Aktualitätsdifferenz gewährleistet die anzustrebende größtmögliche Vergleichbarkeit nicht ausreichend.
20Einschränkungen des Grundsatzes der „höchstmöglichen Vergleichbarkeit“ der Beurteilungen sind hier nicht angebracht. Denn solche müssen auf zwingenden, vorliegend nicht auszumachenden dienstlichen Gründen beruhen. An diese dürfen wegen des durch Art. 33 Abs. 2 GG mit Verfassungsrang ausgestatteten Bestenausleseprinzips keine geringen Anforderungen gestellt werden.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2001 – 2 C 41.00 –, NVwZ-RR 2002, 201; OVG NRW, Beschluss vom 5. Juni 2014 – 6 B 360/14 –, Urteil vom 27. Juni 2013 – 6 A 63/12 –, jeweils juris.
22Der Umstand, dass die dienstliche Beurteilung des Antragstellers infolge des Urteils der beschließenden Kammer vom 21. Mai 2014 im Verfahren 1 K 1152/13 vom Antragsgegner neu erstellt werden musste, rechtfertigt eine solche Ausnahme nicht. Hierbei handelt es sich nicht um zwingende dienstliche Gründe im Sinne der genannten Rechtsprechung.
23Das dargestellte Aktualitätsdefizit wird auch nicht dadurch beseitigt, dass der Beurteiler des Beigeladenen, Herr I1. , ausweislich des Vermerks des Antragsgegners am 2. Dezember 2014 in Bezug auf den Beigeladenen „bestätigte, dass sich seit der Erstellung der gültigen dienstlichen Beurteilungen keine Änderungen im Leistungsbild gezeigt“ hätten. Die zitierte Rechtsprechung des OVG NRW stellt auf die Enddaten der der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen ab. Spätere informelle Äußerungen des (potentiellen) Beurteilers vermögen eine fehlende aktuelle dienstliche Beurteilung nicht zu ersetzen.
24Darüber hinaus ist die vom Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen auch deswegen rechtswidrig, weil die dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 24. Oktober 2014, auf welcher der Antragsgegner die zulasten des Antragstellers ausgefallene Entscheidung gestützt hat, rechtsfehlerhaft ist.
25Dienstliche Beurteilungen sind von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt überprüfbar. Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen im Einklang stehen.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2002 – 2 C 31.01 –, NVwZ 2003, 1398.
27Einer Überprüfung nach diesen Maßgaben hält die Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 24. Oktober 2014 nicht stand. Sie genügt nicht den Anforderungen von Nr. 11 Abs. 5 des Runderlasses des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2013 – 412-6.07.01- 50216 – ("Bewerbung von Lehrerinnen und Lehrern um ein Amt als Schulleiterin oder als Schulleiter; Eignungsfeststellungsverfahren und dienstliche Beurteilung", BASS 21 – 01 Nr. 30), im Folgenden: RdErl.
28Nach den Vorbemerkungen des RdErl. nehmen Lehrkräfte, die sich um ein Amt als Schulleiterin oder als Schulleiter bewerben möchten, vor ihrer Bewerbung an einem Verfahren zur Feststellung ihrer Eignung (Eignungsfeststellungsverfahren – EFV) teil. EFV werden bezirksübergreifend von den Bezirksregierungen mit fachlicher und organisatorischer Unterstützung durch das Landeszentrum Schulmanagement NRW durchgeführt (Nr. 1 RdErl.). Zugelassen werden im Grundsatz nur Lehrkräfte aus dem Schuldienst oder Ersatzschuldienst des Landes, die an der staatlichen Schulleitungsqualifizierung teilgenommen oder mindestens sechs Monate ununterbrochen die Funktion einer Schulleiterin oder eines Schulleiters wahrgenommen haben oder denen ein Amt gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 LVO NRW auf Dauer übertragen worden ist (vgl. Nr. 2 Abs. 1 RdErl.). Das EFV wird an zwei aufeinander folgenden Tagen und von sieben geschulten Beobachtern – drei Schulaufsichtsbeamte, zwei Schulleiter und zwei von den kommunalen Spitzenverbänden benannte Vertreter oder Vertreter der Schulträgerseite – durchgeführt, die in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben weisungsfrei sind (vgl. Nrn. 3 bis 5 RdErl.). Zu bearbeiten sind vier der Übungen Beratungsgespräch, Beurteilungsgespräch, Fallstudie, Gruppendiskussion, Interview, Konfliktgespräch, Pädagogische Beurteilung von Unterricht, Postkorb und Projektplanung. Zu den Übungen entwickelt das Landeszentrum Schulmanagement NRW in Zusammenarbeit mit den Bezirksregierungen Übungsaufgaben aus dem Tätigkeitsbereich von Schulleiterinnen und Schulleitern. In jeder Übungsaufgabe müssen zwei Leitungskompetenzen der Teilnehmenden beobachtet werden. Leitungskompetenzen im EFV sind Kommunikation, Rollenklarheit, Innovation und Management. Die Übungsaufgaben für das jeweilige EFV werden vom Landeszentrum Schulmanagement NRW bereitgestellt (vgl. Nrn. 6 und 7 RdErl.). Die Beobachter geben jeweils eine individuelle Bewertung ab (vgl. Nr. 8 RdErl.). Aus der Summe der vergebenen Punktwerte ergibt sich der Gesamtpunktwert der Teilnehmenden (Nr. 9 RdErl.); den Punktwerten sind bestimmte Ergebnisse zugeordnet (vgl. Nr. 10 RdErl.).
29Die teilnehmenden Lehrkräfte werden anschließend unverzüglich unabhängig von der Bewerbung um ein konkretes Schulleitungsamt durch die zuständige Schulaufsicht dienstlich beurteilt. Teilnehmende, die das EFV nicht bestanden haben, werden auf Antrag beurteilt (vgl. Nr. 11 Abs. 1 Sätze 1 und 3 RdErl). Liegt die dienstliche Beurteilung bei der Bewerbung um eine Schulleitungsstelle länger als drei Jahre zurück, muss das Beurteilungsverfahren einschließlich des EFV wiederholt werden (Nr. 11 Abs. 5 RdErl.).
30Die Stellen für Schulleiterinnen und Schulleiter an allen Schulen mit Ausnahme der Grundschulen werden für Bewerberinnen und Bewerber ausgeschrieben, die bereits ein Amt als Schulleiterin oder Schulleiter auf Dauer innehaben oder innehatten oder die das EFV bestanden haben. Für eine Teilnahme am Bewerbungsverfahren reicht es aus, dass das EFV bereits fest terminiert ist (Nr. 13 Abs. 1 RdErl.).
31Nr. 11 Abs. 5 RdErl. wird in der Verwaltungspraxis in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dergestalt angewendet, dass zunächst das Beurteilungsverfahren einschließlich des EFV wiederholt werden muss, wenn die Beurteilung, die unmittelbar im Anschluss an das (zuletzt) absolvierte EFV erstellt worden ist (im Folgenden: EFV-Beurteilung), bei der Bewerbung um eine Schulleitungsstelle länger als drei Jahre zurückliegt; das bedeutet, dass die EFV- Beurteilung den Beurteilten nur während des anschließenden Dreijahreszeitraums zur Bewerbung um eine Schulleitungsstelle berechtigt.
32Dieses Vorgehen trägt dem Regelungsinhalt der Nr. 11 Abs. 5 RdErl. Rechnung. Zwar mag der Wortlaut der Bestimmung noch keinen eindeutigen Hinweis darauf enthalten, dass sie allein auf die EFV-Beurteilung abstellt. Tragfähige Hinweise ergeben sich indes aus ihrer systematischen Anbindung. Nrn. 1 bis 10 RdErl. enthalten Regelungen zum EFV. Hat ein Teilnehmer das EFV bestanden, ist er gemäß Nr. 11 Abs. 1 – unabhängig von der Bewerbung um ein konkretes Schulleitungsamt – unverzüglich dienstlich zu beurteilen. Grundlagen der dienstlichen Beurteilung und der darin zu bildenden Gesamtnote sind das Ergebnis des EFV und ein Leistungsbericht der Schulleiterin oder des Schulleiters (vgl. Nr. 11 Abs. 2 RdErl.). Sofern das Einholen weiterer Erkenntnisse für die dienstliche Beurteilung, insbesondere wegen festgestellter Abweichungen zwischen dem Ergebnis des EFV und dem Leistungsbericht, zwingend erforderlich ist, führt die Schulaufsicht ein schulfachliches Gespräch (Kolloquium) zur Vorbereitung der dienstlichen Beurteilung durch. Das schulfachliche Gespräch bezieht sich auf die Handlungsfelder und Schlüsselkompetenzen (Leitungskompetenzen, Fachkompetenzen) eines Schulleiters in eigenverantwortlichen Schulen (vgl. Nr. 11 Abs. 3 Sätze 1 und 2 RdErl.). Der Beurteiler setzt sich mit den Ergebnissen des EFV auseinander. Die Aussagen aus dem Leistungsbericht, die Informationen aus dem EFV und gegebenenfalls die Erkenntnisse aus dem schulfachlichen Gespräch sowie sonstige Erkenntnisse sind inhaltlich abzuwägen und in einem Akt wertender Erkenntnis in die dienstliche Beurteilung aufzunehmen (Nr. 11 Abs. 4 RdErl.). Der anschließende Abs. 5 beginnt mit der Formulierung „Liegt die dienstliche Beurteilung ...“ und meint demnach die in der zuvor beschriebenen Weise entstandene und auf den genannten Erkenntnissen gründende Beurteilung.
33Dieses Verständnis entspricht der Regelungsabsicht des Erlassgebers. Er hat sich entschlossen, ein formalisiertes EFV zur Verbreiterung der Erkenntnismöglichkeiten hinsichtlich der Eignung der Bewerber für das Amt der Schulleiterin/des Schulleiters neben der Bewertung der fachlichen Leistung heranzuziehen, die in der in der dienstlichen Beurteilung, hier vorbereitet durch einen Leistungsbericht, erfolgt. In den Übungsaufgaben, die die Teilnehmenden im Rahmen des EFV absolvieren, werden Leitungskompetenzen und damit Schlüsselkompetenzen für das „Schulleitungshandeln“ (vgl. auch Nr. 11 Abs. 3 RdErl.) beobachtet und bewertet. Die im EFV über den jeweiligen Teilnehmer gewonnenen Informationen stellen nach der dem genannten Erlass zu Grunde liegenden Konzeption eine wesentliche Erkenntnisgrundlage für die im Anschluss daran zu erstellende dienstliche Beurteilung dar. Der Erlassgeber geht des Weiteren davon aus, dass auch die im EFV gewonnenen Erkenntnisse im Laufe der Zeit an Aussagekraft verlieren und drei Jahre nach der EFV-Beurteilung nicht mehr hinreichend aktuell sind. Er legt deshalb Wert darauf, dass ein Bewerber um eine Schulleitungsstelle zunächst das EFV wiederholt, wenn seine letzte EFV-Beurteilung länger als drei Jahre zurückliegt, und auf diese Weise zunächst die Erkenntnisse hinsichtlich der dort zu beobachtenden Leitungskompetenzen aktualisiert werden und sodann in eine neue Beurteilung einfließen. Anhaltspunkte dafür, dass der Erlassgeber sich insoweit nicht an sachlichen – dem Art. 33 Abs. 2 GG standhaltenden – Erwägungen orientiert hat, sind nicht ersichtlich.
34Vor diesem Hintergrund verfügt der Bewerber um die Stelle eines Schulleiters nur dann über eine im Sinne der Ausschreibung "gültige dienstliche Beurteilung für das Amt der Schulleiterin/des Schulleiters", wenn er bei der Bewerbung eine weniger als drei Jahre zurückliegende EFV-Beurteilung vorweisen kann.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. November 2014– 6 B 1107/14 -, juris, Rdnr. 13 ff.
36Vorliegend war das vom Antragsteller durchlaufene EFV vom 22./23. Oktober 2009 zu alt, um als Grundlage für die dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 24. Oktober 2014 zu dienen. Wie das OVG NRW im soeben zitierten Beschluss ausgeführt hat, bringt Nr. 11 Abs. 5 RdErl. zum Ausdruck, dass die im EFV gewonnenen Erkenntnisse im Laufe der Zeit an Aussagekraft verlieren und drei Jahre nach der EFV-Beurteilung nicht mehr hinreichend aktuell sind. Demgemäß ist es erforderlich, dass ein Bewerber um eine Schulleitungsstelle zunächst das EFV wiederholt, wenn seine letzte EFV-Beurteilung länger als drei Jahre zurückliegt, und auf diese Weise zunächst die Erkenntnisse hinsichtlich der dort zu beobachtenden Leitungskompetenzen aktualisiert werden und sodann in eine neue Beurteilung einfließen. Dies zugrunde gelegt, wäre es erforderlich gewesen, dass der Antragsgegner bei der Neuerstellung der dienstlichen Beurteilung für den Antragsteller im Jahre 2014 nicht mehr auf die inzwischen zu alten Erkenntnisse aus dem EFV des Antragstellers vom 22./23. Oktober 2009 zurückgreift, sondern den Antragsteller dazu anhält, vor der Fertigung einer neuen dienstlichen Beurteilung ein neues EFV zu durchlaufen.
37Dass die dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 24. Oktober 2014 somit keine gültige EFV-Beurteilung darstellte , die jedoch für die Bewerbung um eine Schulleiterstelle erforderlich ist, kann im vorliegenden Fall aber nicht zulasten des Antragstellers gehen. Dieser verfügte nämlich zum Zeitpunkt seiner Bewerbung um die Stelle des Schulleiters am I. -T. -C. in H. am 10. Dezember 2012 mit seiner Beurteilung vom 4. Oktober 2011 um eine gültige EFV-Beurteilung im Sinne von Nr. 11 Abs. 5 RdErl. Der Umstand, dass der Antragsgegner die zwecks Einbeziehung aktueller Erkenntnisse unter dem 12. Februar 2013 gefertigte dienstliche Beurteilung für den Antragsteller aufhob und unter dem 24. Oktober 2014 eine neue Beurteilung fertigte, ist allein dem Umstand geschuldet, dass die Beurteilung vom 12. Februar 2013 nach dem Urteil der beschließenden Kammer vom 21. Mai 2014 – 1 K 1152/13 – rechtswidrig war. Infolge des genannten Urteils der Kammer wäre es mit Blick auf den Anlass der Beurteilung – die Bewerbung des Antragstellers um die Stelle eines Schulleiters – angezeigt gewesen, dass der Antragsgegner darauf hinwirkt, dass sämtliche Voraussetzungen für die Fertigung einer gültigen aktuellen EFV-Beurteilung und damit auch die erneute Teilnahme des Antragstellers an einem EFV gegeben sind.
38Angesichts der festgestellten Mängel der getroffenen Auswahlentscheidung bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob darüber hinaus auch die Beurteilung des Beigeladenen vom 17. Dezember 2012 deshalb rechtlichen Zweifeln ausgesetzt ist, weil sie noch aufgrund des früheren Erlasses des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 25. Januar 2008 über die „Bewerbung von Lehrerinnen und Lehrern um ein Amt als Schulleiterin oder als Schulleiter; Eignungsfeststellungsverfahren und dienstliche Beurteilung“ erstellt wurde und deshalb rechtsfehlerhaft ist, weil nach diesem Erlass dem Beurteiler lediglich das Ergebnis des EFV mitzuteilen war und es an hinreichenden Bestimmungen über die Durchführung des schulfachlichen Gesprächs fehlte.
39Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Februar 2014 – 2 L 2228/13 –, juris, Rdnr. 31 mit Verweis auf OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 2012 – 6 A 1991/11 –, juris.
40Zwar erscheint es nicht zweifelsfrei, ob dies auch dann gilt, wenn der dienstlichen Beurteilung – wie im Falle des Beigeladenen – dem Beurteiler ausweislich der Beurteilung die Unterlagen und das Ergebnis des EFV zugrunde lagen und ein schulfachliches Gespräch gar nicht stattfand. Letztlich kann dies aber dahinstehen, weil der Beigeladene angesichts des festgestellten Aktualitätsdefizits ohnehin erneut dienstlich zu beurteilen ist.
41Vor dem Hintergrund des Vorstehenden ist bei rechtmäßigen neuen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen, die auch in zeitlicher Hinsicht hinreichend vergleichbar sind, bei einer dann erneut zu treffenden Auswahlentscheidung nicht auszuschließen, dass der Antragsgegner dem Antragsteller den Vorrang einräumt, obwohl der Beigeladene das höhere (Zulagen-)Amt inne hat. Angemerkt sei, dass der Antragsgegner im Rahmen einer neuen Beurteilung des Beigeladenen auch darauf zu achten haben wird, dass das Ergebnis des vom Beigeladenen absolvierten EFV hinreichend aktuell ist.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
43Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 4, Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3, Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
(1) Ist das Eigentum an einem Grundstück Gegenstand der Enteignung, so entscheidet die Enteignungsbehörde darüber, ob an dem Grundstück bestehende dingliche Rechte und Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen oder die Benutzung des Grundstücks beschränken, aufrechterhalten werden. Rechte, die zum Erwerb des Grundstücks berechtigen, werden nicht aufrechterhalten.
(2) Soweit Rechte der in Absatz 1 genannten Art erlöschen, sind gesondert zu entschädigen
- 1.
Altenteilsberechtigte sowie die Inhaber von Dienstbarkeiten, - 2.
Inhaber von persönlichen Rechten, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen, wenn der Berechtigte im Besitz des Grundstücks ist.
(3) Bei der Enteignung eines Grundstücks haben Entschädigungsberechtigte, die nicht gesondert entschädigt werden, Anspruch auf Ersatz des Wertes ihres Rechtes aus der Geldentschädigung für das Eigentum an dem Grundstück, soweit sich ihr Recht auf dieses erstreckt. Das gilt entsprechend für die Geldentschädigungen, die für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust in anderen Fällen oder für Wertminderungen des Restbesitzes nach § 19 Nr. 2 festgesetzt werden.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Beigeladenen auf die Stellen im ersten Beförderungsamt an der Realschule T. (Ausschreibung vom 3. Juni 2013) zu befördern, solange nicht über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist.
Der Antragsgegner und die Beigeladenen als Gesamtschuldner tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte, wobei sie ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 16.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Beigeladenen auf die Stellen im ersten Beförderungsamt an der Realschule T. zu befördern, solange nicht über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle an der Glaubhaftmachung eines nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO erforderlichen Anordnungsanspruchs. Die zu Gunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung sei rechtlich nicht zu beanstanden, weil die Antragstellerin schlechter als die Beigeladenen beurteilt sei. Sie habe in der Anlassbeurteilung vom 8. April 2011 lediglich das Gesamturteil „Die Leistungen übertreffen die Anforderungen“ erreicht, während die für die Beigeladenen erstellten Anlassbeurteilungen vom 17. bzw. 18. Oktober 2013 jeweils mit der Spitzennote „Die Leistungen übertreffen die Anforderungen im besonderen Maße“ endeten. Dabei sei das Zurückgreifen auf die Beurteilung vom 8. April 2011 nicht ermessensfehlerhaft, auch wenn es zweifelhaft erscheine, ob diese noch hinreichend aussagekräftig sei. Denn es gebe keine „aktuellere“ dienstliche Beurteilung über die Antragstellerin; eine solche könne wegen deren andauernder Dienstunfähigkeit auch nicht zeitnah erstellt werden.
4Die von der Antragstellerin hiergegen erhobenen Einwände verlangen die Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
5Die Antragstellerin hat das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen sowohl eines Anordnungsanspruchs als auch eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
6Der Anordnungsanspruch ist gegeben. Die streitige Auswahlentscheidung des Antragsgegners zu Gunsten der Beigeladenen verletzt das durch Art. 33 Abs. 2 GG vermittelte grundrechtsgleiche Recht der Antragstellerin auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl.
7Die in dem Auswahlvermerk vom 2. Dezember 2013 dokumentierte Auswahlentscheidung des Antragsgegners beruht auf einem rechtlich fehlerhaften Qualifikationsvergleich. Sie ist auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen getroffen worden, die den an ihre hinreichende Vergleichbarkeit in zeitlicher Hinsicht zu stellenden Anforderungen nicht genügen. Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist in erster Linie anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Instrument zur "Klärung einer Wettbewerbssituation" erfordert die Gewährleistung ihrer Vergleichbarkeit auch in zeitlicher Hinsicht und setzt aus Gründen der Chancengleichheit voraus, dass keinem der Bewerber ein nennenswerter Aktualitätsvorsprung erwächst. Für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen ist daher von weitaus größerer Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum zum gleichen Zeitpunkt oder zumindest nicht zu erheblich auseinander fallenden Zeitpunkten endet, als dass der jeweils erfasste Beurteilungszeitraum zum gleichen Datum beginnt.
8Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. April 2013 – 1 WDS-VR 1/13 –, juris, und 24. Mai 2011 – 1 WB 59.10 –, juris, und Urteil vom 18. Juli 2001 – 2 C 41.00 –, NVwZ-RR 2002, 201; OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Oktober 2013 – 6 B 915/13 –, vom 27. Februar 2012 – 6 B 181/12 - und vom 20. April 2011 – 6 B 335/11 –, jeweils nrwe.de.
9Gemessen an diesen Vorgaben ist eine hinreichende Vergleichbarkeit der der Auswahlentscheidung im Streitfall zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen der Konkurrenten nicht gegeben. Die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin datiert bereits vom 8. April 2011 und umfasst den Zeitraum vom 11. Mai 2010 (Datum der letzten Beurteilung) bis zum 8. April 2011. Die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 1. datiert hingegen vom 17. Oktober 2013 (Zeitraum 25. Mai 2011 bis 17. Oktober 2013), die der Beigeladenen zu 2. vom 18. Oktober 2013 (Zeitraum 1. August 2010 bis 18. Oktober 2013). Die Enddaten der jeweiligen Beurteilungszeiträume fallen mithin mehr als zwei Jahre und sechs Monate auseinander. Diese Aktualitätsdifferenz gewährleistet die anzustrebende größtmögliche Vergleichbarkeit nicht ausreichend.
10Davon ging offenbar auch der Antragsgegner aus, der der Antragstellerin gerade aufgrund ihrer unter dem 16. Januar 2014 erhobenen Einwendungen zur fehlenden Vergleichbarkeit ihrer Beurteilung mit denen der Beigeladenen mit Schreiben vom selben Tage die Möglichkeit eines erneuten Revisionsverfahrens mit anschließender Beurteilung einräumte und ihr eine auf dieser Grundlage zu treffende erneute Auswahlentscheidung in Aussicht stellte. Diese Auffassung hat er ausdrücklich im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 6. Februar 2014 bekräftigt, wonach es „richtig ist, dass die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin nicht mehr hinreichend aktuell ist, da sich diese auf Erkenntnisse aus dem Jahr 2010 bezieht.“ Deshalb habe er mit Schreiben vom 16. Januar 2014 erklärt, „der Antragstellerin die Möglichkeit einer erneuten Revision zu geben und die Auswahlentscheidung auf dieser Basis neu zu treffen“. Weiter hat er hinzugefügt, dass er „von der zunächst getroffenen Auswahlentscheidung (…) somit Abstand genommen“ habe.
11Der aufgezeigte Fehler ist nicht durch eine erneute (rechtmäßige) Auswahlentscheidung behoben worden. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner überhaupt eine weitere Auswahlentscheidung getroffen hat. Er hat zwar – wie dargestellt – mit Schreiben vom 16. Januar 2014 angekündigt, dass er beabsichtige, auf der Grundlage des Ergebnisses eines von der Antragstellerin noch zu durchlaufenden Revisionsverfahrens „die Auswahlentscheidung für die Stellenbesetzung an der Realschule in T. erneut zu treffen“ und dies im vorliegenden gerichtlichen Verfahren bestätigt. Zu einem erneuten Revisionsverfahren mit anschließender Beurteilung ist es aber wegen der längerfristigen Erkrankung der Antragstellerin nicht gekommen. Auch ist nicht erkennbar, dass der Antragsgegner unabhängig von dem geplanten Revisionsverfahren eine neue Auswahlentscheidung getroffen hat.
12Aber auch wenn man mit dem Verwaltungsgericht annimmt, der Antragsgegner habe eine neue Auswahlentscheidung bzw. eine seine alte Auswahl bestätigende Entscheidung getroffen und dabei einfließen lassen, dass ein neues Revisionsverfahren mit anschließender dienstlicher Ablassbeurteilung wegen der längerfristigen Erkrankung der Antragstellerin (Dienstunfähigkeit zunächst bis Ende April 2014) unterblieben ist, wäre diese rechtlich fehlerhaft. Eine hinreichende Vergleichbarkeit der Beurteilungen und damit ein rechtmäßiger Qualifikationsvergleich wären weiterhin nicht gegeben, weil der Aktualitätsunterschied nicht behoben wäre.
13Einschränkungen des Grundsatzes der "höchstmöglichen Vergleichbarkeit" der Beurteilungen sind hier nicht angebracht. Denn solche müssen auf zwingenden, vorliegend nicht auszumachenden dienstlichen Gründen beruhen. An diese dürfen wegen des durch Art. 33 Abs. 2 GG mit Verfassungsrang ausgestatteten Bestenausleseprinzips keine geringen Anforderungen gestellt werden.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2001 – 2 C 41.00 –, NVwZ-RR 2002, 201; OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 2013 – 6 A 63/12 –, nrwe.de.
15Zu keinem anderen Ergebnis führt es, dass es rechtlich zulässig sein kann, einen Bewerber von dem nach Art. 33 Abs. 2 GG vorzunehmenden Leistungsvergleich bzw. dem Auswahlverfahren auszunehmen, etwa weil die Stellenbesetzung aus dienstlichen Erwägungen zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen soll und der Bewerber dann nicht (rechtzeitig) zur Verfügung steht.
16Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 6 B 467/14 –, nrwe.de.
17Denn der Antragsgegner hat diesen Weg nicht gewählt, sondern die Antragstellerin vielmehr auf der Grundlage einer nicht hinreichend vergleichbaren Beurteilung in die Auswahlentscheidung einbezogen.
18Die Antragstellerin hat schließlich die Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht. Die mit der Besetzung der streitgegenständlichen Beförderungsstellen einhergehenden Ernennungen der Beigeladenen wäre im Falle eines Obsiegens der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren nicht ohne weiteres wieder rückgängig zu machen.
19Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 5 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
20Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten der Klägerin abgelehnt.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 23.861,17 Euro festgesetzt
1
G r ü n d e
2Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Zum Teil erfüllt das Zulassungsvorbringen schon nicht die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Im Übrigen liegen die genannten Zulassungsgründe auf der Grundlage der maßgeblichen (fristgerechten) Darlegungen nicht vor.
31. Es bestehen zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Zweifel solcher Art sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der die Zulassung der Berufung beantragende Beteiligte hat gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung (seiner Ansicht nach) zuzulassen ist. Darlegen in diesem Sinne bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
4Vgl. etwa Beschluss des Senats vom 18. November 2010 – 1 A 185/09 –, juris, Rn. 16 f. = NRWE, Rn. 17 f.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 186, 194.
5Das Verwaltungsgericht hat das Bestehen des behaupteten Anspruchs auf Schadensersatz wegen verspäteter Beförderung im Kern mit der Begründung verneint, der Beklagten könne in Bezug auf die Auswahlentscheidung, welche den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt habe, kein zurechenbares fahrlässiges Verhalten des seinerzeit zuständigen Bediensteten vorgeworfen werden. Hierauf bezogen stellt die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht schon den – regelmäßig und auch hier zutreffenden – rechtlichen Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts in Frage, nach welchem eine Auswahlentscheidung, die den Bewerbungsverfahrensanspruch eines Beamten verletzt hat, dann nicht als schuldhaft (fahrlässig) erfolgt bewertet werden kann, wenn – erstens – ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht sie in einem entsprechenden beamtenrechtlichen Eilverfahren – wie hier (Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerbeschluss vom 28. Februar 2008 – 10 L 199/08) – als objektiv rechtmäßig angesehen hat und wenn – zweitens – diese Kollegialentscheidung ihrerseits auf einer umfassenden und sorgfältigen Prüfung der Sach- und Rechtslage beruht.
6Näher zu den insoweit maßgeblichen Grundsätzen und insbesondere dazu, dass es an der angesprochenen sorgfältigen Prüfung in tatsächlicher Hinsicht (nur) dann fehlt, wenn das Kollegialgericht seiner rechtlichen Würdigung einen unzureichend ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt oder den festgestellten Sachverhalt nicht sorgfältig und erschöpfend gewürdigt hat, und dass in rechtlicher Hinsicht die Voraussetzungen für das Eingreifen der Kollegialgerichtsregel dann nicht gegeben sind, wenn das Kollegialgericht bereits in seinem rechtlichen Ausgangspunkt von einer verfehlten Betrachtungsweise ausgegangen ist oder wesentliche rechtliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat: BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 – 2 C 37.04 –, BVerwGE 124, 99 = ZBR 2006, 89 = juris Rn. 27 ff., und OVG NRW, Urteil vom 30. Mai 2011 – 1 A 1757/09 –, juris, Rn. 108 ff., jeweils m.w.N.
7Die Klägerin wendet sich aber gegen die Bewertung des Verwaltungsgerichts, die vorliegende Kollegialentscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf genüge den soeben genannten Sorgfaltsanforderungen.
8a) Sie macht insoweit zunächst geltend, der in Rede stehenden Entscheidung habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in tatsächlicher Hinsicht ein unzureichend ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegen. Unberücksichtigt geblieben sei bei der Kammerentscheidung nämlich, dass die Klägerin während ihrer gesamten (mehr als) dreijährigen Abordnung zum Bundesministerium des Innern auf einem mit A 11 bis A 13 rahmenbewerteten Dienstposten eingesetzt gewesen und auch bei ihrer Stammdienststelle höherwertig geführt worden sei. Dieses Vorbringen verfehlt bereits die oben angesprochenen Anforderungen an eine hinreichende Darlegung. Das Verwaltungsgericht hat seine Bewertung, dem Kammerbeschluss habe kein unzureichend ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegen, im angefochtenen Urteil wie folgt begründet: Dem rund dreijährigen Einsatz der Klägerin auf einem rahmenbewerteten Dienstposten komme angesichts der seinerzeit von der Kammer vertretenen Auffassung, dass für die Einreihung der Klägerin in die Beförderungsrangliste nicht auf deren „Anlassbeurteilung“ vom 19. November 2007, sondern auf deren letzte Regelbeurteilung zum Stichtag 1. März 2007 abzustellen gewesen sei, keine rechtliche Bedeutung zu. Mit diesem Argument setzt sich die Klägerin in keiner Weise auseinander und vermag schon deshalb die Darlegungsanforderungen nicht zu erfüllen. Im Übrigen überzeugt dieses Argument des Gerichts auch der Sache nach. Die Frage, ob einem Gericht eine mangelhafte Sachaufklärung oder eine fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts vorzuhalten ist, kann nur auf der Grundlage dessen entscheidungstragender rechtlicher Auffassung beantwortet werden. Diese ging hier – wie im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt ist – aber dahin, dass auf Seiten der damaligen Antragstellerin (und heutigen Klägerin) nur deren letzte Regelbeurteilung zum Stichtag 1. März 2007 sowie deren Vorbeurteilung in den Qualifikationsvergleich einzustellen seien; eine Berücksichtigung der für den 2. März bis 4. Oktober 2007 erteilten „Anlassbeurteilung“ sei ebensowenig geboten wie die Erstellung eines aktuellen Leistungsnachweises zum Stichtag 1. Oktober 2007. Allenfalls in Bezug auf die „Anlassbeurteilung“, jedenfalls aber nicht auch in Bezug auf die Regelbeurteilung zum Stichtag 1. März 2007 wäre aber relevant gewesen, dass die Klägerin (u.a.) in dem von ihr erfassten Zeitraum einen höherwertigen Dienstposten innehatte und auch in ihrer Stammdienststelle auf einem solchen geführt worden war. Denn es ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass diese Umstände in der (von der Klägerin auch nicht angefochtenen) Regelbeurteilung vom 26. Juli 2007 nicht die gebotene Berücksichtigung gefunden haben könnten.
9Dazu, dass bei der Leistungsbewertung, welche im Rahmen dienstlicher Beurteilungen erfolgen muss, zu berücksichtigen ist, dass ein Dienstposten Besonderheiten aufweist, die die typischerweise in der Vergleichsgruppe (dort: desselben Statusamtes) anzutreffenden Anforderungen übersteigen, vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 –, juris, Rn. 54.
10Nichts anderes ergibt sich aus dem Senatsbeschluss vom 28. August 2008 – 1 B 412/08 –, juris, mit welchem der erstinstanzliche Kammerbeschluss auf die Beschwerde der damaligen Antragstellerin hin teilweise geändert worden ist. Denn die einschlägigen Ausführungen des Senats zum Inhalt der nunmehr gebotenen Auswahlentscheidung sind ersichtlich allein auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung erfolgt, nach welcher die damalige Antragsgegnerin und heutige Beklagte verpflichtet war, zur Herstellung der größtmöglichen Vergleichbarkeit der Beurteilungen aller Bewerber die (allerdings nur die Schließung einer Beurteilungslücke bezweckende) „Anlassbeurteilung“ überhaupt zu berücksichtigen und in ein gewichtetes Verhältnis zu den aktuellen Leistungsnachweisen der Konkurrenten zu setzen. Damit aber betrafen die in Rede stehenden Ausführungen im Kern nur die vergleichende Gewichtung der „Anlassbeurteilung“ der Klägerin und der den Konkurrenten erteilten aktuellen Leistungsnachweise. Keine abweichende Bewertung rechtfertigt insoweit der am Schluss der genannten Ausführungen gegebene Hinweis des Senats, die Antragsgegnerin werde schließlich mit Blick auf die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben durch die Antragstellerin während ihrer Abordnung zum Bundesministerium des Innern „zu bewerten haben, ob auch schon der Regelbeurteilung der Antragstellerin zum Stichtag 1. März 2007 ein höheres Gewicht beizumessen ist als den Noten aus den Regelbeurteilungen (Zusatz des Senats: der Konkurrenten), die zum Stichtag 1. Oktober 2006 ebenfalls mit 8 Punkten abschlossen“.
11OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2008 – 1 B 412/08 –, juris, Rn. 17 a.E.
12Denn hierbei handelt es sich ersichtlich nicht um eine entscheidungstragende Erwägung, die im Übrigen zudem auch das Ergebnis der angedachten Bewertung nicht vorzeichnet (“ob”). Unabhängig davon wäre es im Rahmen einer Auswahlentscheidung nicht zulässig, einer bestimmten (Gesamt-) Note, welche einem Bewerber in seiner dienstlichen Beurteilung zwar am Maßstab seiner Vergleichsgruppe, aber gerade auch in Ansehung der von ihm konkret wahrgenommenen höherwertigen Aufgaben zuerkannt worden ist, gerade wegen solcher gesteigerter Anforderungen des wahrgenommenen Dienstpostens ein erhöhtes Gewicht zuzuerkennen, weil die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben auf diese Weise gleichsam „doppelt“ in Ansatz gebracht würde.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 –, juris, Rn. 52 und 54.
14Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen versteht sich ferner, dass die Behauptung, der Kammerentscheidung habe ein unzureichend ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegen, auch nicht mit Erfolg auf den Umstand gestützt werden kann, dass der Senat auf der Grundlage seiner sich abzeichnenden, von der Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichts abweichenden Rechtsauffassung im seinerzeitigen Beschwerdeverfahren mit Verfügung vom 11. August 2008 die damalige Antragsgegnerin und heutige Beklagte um ergänzende Erläuterungen zur Bildung der Beförderungsreihung gebeten hat.
15b) Ferner richtet sich das Zulassungsvorbringen gegen die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, es könne nicht festgestellt werden, dass die Kammer den zugrunde gelegten Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht nicht sorgfältig gewürdigt habe; namentlich lägen dem – allerdings nach Maßgabe der Beschwerdeentscheidung fehlerhaften – Kammerbeschluss keine „handgreiflichen“ Fehler, wie etwa ein bereits unzutreffender rechtlicher Ausgangspunkt oder eine gänzlich verfehlte Betrachtungsweise, zugrunde, welche zu vermeiden von jedem regelmäßig mit Personalentscheidungen betrauten Beamten erwartet werden könne.
16Die Klägerin macht insoweit zunächst geltend: Gegen eine nur „durchschnittliche“ und für eine „handgreifliche“ Fehlerhaftigkeit des Kammerbeschlusses sprächen zunächst die Ausführungen in der Beschwerdeentscheidung, „dass das Außerachtlassen der Anlassbeurteilung vom 19.11.2007 einen 'erheblichen Rechtsfehler' bilde“. Dieses Argument greift schon deswegen nicht durch, weil der Senat an der fraglichen Stelle seines Beschlusses nicht, wie die Klägerin meint, die Qualität des Rechtsfehlers näher, nämlich durch den Zusatz „erheblich“, gekennzeichnet hat. Er hat vielmehr von einem „im gegebenen Zusammenhang“ erheblichen Rechtsfehler gesprochen (vgl. den Senatsbeschluss vom 28. August 2008 – 1 B 412/08 –, juris, Rn. 13 Satz 3), also von einem Rechtsfehler, der im Zusammenhang mit der gebotenen Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG rechtlich relevant war.
17Ferner macht die Klägerin (zusammengefasst) geltend: Ausweislich der vom Senat seinerzeit konstatierten Rechtsfehler des Kammerbeschlusses sei die Bewertung geboten, dass die Kammer seinerzeit „grundlegende Rechtssätze hinsichtlich der Art und Weise des verfassungsrechtlich gebotenen Leistungsvergleichs zwischen Bewerbern um ein Beförderungsamt verkannt“ habe, was auf die Annahme eines handgreiflichen Rechtsfehler führe. Dem Verwaltungsgericht hätte bereits damals die Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 8. Juni 2006 – 1 B 195/06 –, juris, Rn. 13) ohne Weiteres geläufig sein müssen, wonach der gebotene Leistungsvergleich auf der Grundlage aktueller und weitestmöglich vergleichbarer dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen habe. Das Außerachtlassen eines Zeitraums von sieben Monaten, in welchem bei der Klägerin sogar eine Leistungssteigerung zu verzeichnen gewesen sei, stelle einen erheblichen Rechtsfehler dar, welchen die Kammer gleichwohl gebilligt habe.
18Dieses Vorbringen verfehlt bereits die Anforderungen an eine hinreichende Darlegung. Denn in Bezug auf die Qualität des der Kammer unterlaufenen Rechtsfehlers setzt es lediglich die abweichende Einschätzung der Klägerin an die Stelle der im angefochtenen Urteil vorgenommenen Bewertung, lässt aber jede substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts vermissen. Dieses hat im Einzelnen dargelegt, dass und aus welchen Gründen der Kammerbeschluss aus seiner Sicht nicht dermaßen fehlerhaft war, dass von dem für die Auswahlentscheidung zuständigen Beamten bereits eine bessere – gegenteilige – Rechtseinsicht erwartet werden konnte. Hierbei hat es namentlich darauf abgehoben, dass der Qualifikationsvergleich nach der Auffassung der Kammer sämtlichen insoweit zu beachtenden Richtlinien genügt habe. Die Kammer habe auch die Anforderungen an die Vergleichbarkeit der dem Bewerbervergleich zugrunde zu legenden dienstlichen Beurteilungen nicht verkannt und bezogen auf die Regelbeurteilung der Klägerin das Aktualitätsgebot beachtet. Schließlich habe die Kammer das Erfordernis, nach welchem die einer Auswahlentscheidung zugrunde zu legenden Beurteilungen nicht von erheblich unterschiedlicher Aktualität sein dürfen, bei einer zeitlichen Differenz von (nur) sieben Monaten zwischen den Beurteilungsstichtagen als (noch) erfüllt gesehen. Sie habe sich dabei von der Erwägung leiten lassen, dass ein solcher zeitlicher Abstand nicht zu lang bemessen sei, um die vorliegenden Beurteilungen miteinander vergleichen zu können und ein jeweils aktuelles Leistungs- und Befähigungsbild der Beurteilten zu erhalten. Dabei sei die Kammer sich des Erfordernisses bewusst gewesen, dass auch bei einer (für sich genommen) hinreichend aktuellen Beurteilung dann eine Bedarfsbeurteilung erforderlich sein könne, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gebe, dass die letzte Regelbeurteilung eines Bewerbers dessen aktuellen Leistungsstand bzw. sein Befähigungsbild nicht mehr korrekt widerspiegele, wenn also etwa in der Zwischenzeit eindeutig dokumentierte wesentliche Leistungssteigerungen eingetreten seien. Da hier indes die wesentliche Leistungssteigerung der Klägerin sich lediglich auf einen Zeitraum von sieben Monaten bezogen habe, habe die Kammer die erforderliche eindeutige Dokumentation noch nicht angenommen.
19Ungeachtet der unzureichenden Darlegung des in Anspruch genommenen Berufungszulassungsgrundes greift das entsprechende Zulassungsvorbringen auch der Sache nach nicht durch. Denn der in dessen Zentrum stehende Hinweis auf den Senatsbeschluss vom 8. Juni 2006 – 1 B 195/06 –, auf dessen Grundlage dem Verwaltungsgericht die Fehlerhaftigkeit seiner seinerzeitigen Rechtsauffassung hätte bekannt sein müssen, führt hier nicht weiter. In dem soeben angeführten Beschluss hatte der Senat ausgeführt, dass der verfassungsrechtlich gebotene Leistungsvergleich zwischen Bewerbern um ein Beförderungsamt auf der Grundlage aktueller und weitestmöglich vergleichbarer dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen habe. Die Einholung – auch gebotener – Anlassbeurteilungen dürfe nicht dazu führen, dass einem der Bewerber ein nicht nur marginaler Aktualitätsvorsprung zuwachse. In einem solchen Fall sei der Dienstherr gehalten, die resultierenden Erkenntnisdefizite bei den übrigen Bewerbern auszugleichen und die Vergleichbarkeit sämtlicher dienstlichen Beurteilungen herzustellen.
20OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2006 – 1 B 195/06 –, juris, Rn. 6 und 13.
21Die Klägerin hat nicht aufgezeigt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht in seinem Kammerbeschluss diesen allgemeinen Aussagen widersprochen hat. Ebensowenig ist dargelegt oder sonst erkennbar, dass seine hier in Rede stehende Bewertung den so gezogenen Rahmen auf der Hand liegend verlassen hat und damit von dem für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten eine bessere Rechtseinsicht hätte erwartet werden können. In dem Fall, der dem Senatsbeschluss vom 8. Juni 2006 zugrunde gelegen hat, betraf die in den Bewerbervergleich eingestellte Regelbeurteilung des Antragstellers den Beurteilungszeitraum vom 1. März 2000 bis zum 31. Januar 2004, während der auf Seiten seines Konkurrenten betrachteten Anlassbeurteilung mit Blick auf dessen erst am 1. Juli 2003 begonnenen Tätigkeit im Bundesministerium ein Beurteilungszeitraum von diesem Tage bis zum 28. Februar 2005 zugrunde lag. Angesichts des Umstandes, dass die betrachteten Zeiträume in rechtserheblicher Weise voneinander abwichen (47 bzw. 20 Monate) und dass es in Bezug auf den Antragsteller an den besonders interessierenden Aussagen über die Leistungen in der jüngsten Zeit von mehr als einem Jahr vor der Auswahlentscheidung fehlten, hielt der Senat Maßnahmen für geboten, um die Erkenntnisse über die Leistungen des Antragstellers aus dessen letzter Regelbeurteilung zu aktualisieren.
22OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2006 – 1 B 195/06 –, juris, Rn. 14.
23Der Zeitraum, für welchen es an einer aktuellen Aussage über das Leistungsbild des dortigen Antragstellers gefehlt hat, betrug bereits (mindestens) 13 Monate, und die Erkenntnislage in Bezug auf den Konkurrenten war, was die von den Beurteilungen erfassten Zeiträume angeht, zudem deutlich „dünner“. Im Unterschied hierzu kam es vorliegend im Wesentlichen allein auf einen fast nur halb so großen und damit wesentlich geringeren Aktualitätsunterschied von sieben Monaten (1. März 2007 bzw. 1. Oktober 2007) an. Die Wertung des Verwaltungsgerichts, insoweit liege noch ein eher marginaler, letztlich zu vernachlässigender und keine weiteren Maßnahmen erzwingender Unterschied vor, ist zwar nachfolgend vom Senat nicht geteilt worden, erweist sich aber auch in Ansehung der vom Zulassungsvorbringen ins Feld geführten früheren Senatsrechtsprechung nicht schon als handgreiflich verfehlt.
242. Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen weist die Rechtssache auch nicht die behaupteten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf; namentlich können die Erfolgsaussichten des angestrebten Rechtsmittels danach nicht schon als offen bezeichnet werden.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 52 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG
26– dazu, dass diese Regelung des sog. kleinen Gesamtstatus (Verleihung eines anderen Amtes bei einem Dienstverhältnis auf Lebenszeit) bei Begehren einschlägig ist, die auf Schadensersatz wegen verspäteter oder unterbliebener Beförderung gerichtet sind, vgl. aus der Senatsrechtsprechung etwa den Beschluss vom 22. Mai 2012 – 1 A 1048/10 –, n.v., den Streitwertbeschluss zu dem Urteil vom 8. Juni 2010 – 1 A 2859/07 –, insoweit n.v., sowie den Beschluss vom 8. Dezember 2008 – 1 A 1348/07 –, n.v.; vgl. ferner Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 23. Juli 2007 – 5 OA 221/07 –, NVwZ-RR 2007, 828, sowie Nummer 10.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, jeweils m.w.N. –
27sowie auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3 GKG (6,5facher Betrag des Endgrundgehalts des bei dem Schadensersatzbegehren in Rede stehenden Amtes – A 11 – im Zeitpunkt der Einleitung des Berufungszulassungsverfahrens im November 2011, d.h. 6,5 x 3.670,95 Euro = 23.861,17 Euro).
28Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.04.2013 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, die dienstliche Beurteilung vom 07.11.2012 aufzuheben und die Klägerin für den Beurteilungszeitraum 15.08.2010 bis 14.03.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Tenor
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine erneute Entscheidung darüber zu treffen, ob der Antragsteller der Schulkonferenz des G. -Gymnasiums in L. als geeigneter Bewerber für die Wahl des Schulleiters benannt wird.Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf die Wertstufe bis 19.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 5. November 2013 bei Gericht eingegangene Antrag,
3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO aufzugeben, der Schulkonferenz des G. -Gymnasiums in L. auch den Antragsteller als geeigneten Bewerber für die ausgeschriebene Schulleiterstelle vorzuschlagen,
4hilfsweise,
5dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO aufzugeben, eine erneute Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts darüber zu treffen, ob der Antragsteller der Schulkonferenz des G. -Gymnasiums in L. als geeigneter Bewerber zur Wahl zum Schulleiter vorzuschlagen ist,
6äußerst hilfsweise,
7dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu untersagen, die Schulleiterstelle am G. -Gymnasium in L. mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist,hat im Umfang des ersten Hilfsantrags Erfolg.
8Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis unter anderem dann zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
9Dem Hauptantrag ist nicht stattzugeben, weil ein Anspruch des Antragstellers darauf, der Schulkonferenz des G. -Gymnasiums gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 SchulG als „geeignete Person“ für die Stelle des Schulleiters des G. -Gymnasiums benannt zu werden, erst dann besteht, wenn ein unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durchzuführender erneuter Qualifikationvergleich eine entsprechende Eignung ergeben hat. Diese durch den Antragsgegner zu treffende Entscheidung kann das Gericht nicht vorwegnehmen.
10Das mit dem ersten Hilfsantrag verfolgte Begehren ist zulässig und begründet.
11Zwar ist die abschließende Entscheidung des Antragsgegners über die Besetzung der Schulleiterstelle noch nicht getroffen worden, weil zuvor noch weitere Verfahrensschritte zu durchlaufen sind (vgl. etwa § 61 Abs. 3 und 4 SchulG). Gleichwohl kann ein Bewerber um einstweiligen Rechtsschutz bereits dann nachsuchen, wenn er schon zu einem frühen Zeitpunkt aus dem weiteren Verfahren praktisch ausgeschlossen, insbesondere der Schulkonferenz nicht als wählbarer Bewerber vorgeschlagen wird. Bei dem Verfahren zur Bestellung des Schulleiters sind nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SchulG der Schulkonferenz aus den Bewerbungen die geeigneten Personen zur Wahl zu benennen. Durch Bezugnahme auf das in § 9 BeamtStG niedergelegte Prinzip der Bestenauslese greift schon die Nichtbenennung eines Bewerbers in dessen Bewerbungsverfahrensanspruch ein, weil diese Entscheidung für das weitere Stellenbesetzungsverfahren entscheidende Bedeutung hat. Dementsprechend ist die Rechtsposition des ausgeschlossenen Bewerbers unmittelbar betroffen, wenn der Antragsgegner der Schulkonferenz nur einen von mehreren Bewerbern zur Wahl vorschlägt, weil er diese Person für die am besten oder allein geeignete hält.
12Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 23. August 2012 - 1 L 689/12 -, juris Rn. 4 ff.; VG Aachen, Beschluss vom 16. September 2011 - 1 L 253/11 -, juris Rn. 4; VG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Mai 2009 - 2 L 149/09 -, juris Rn. 3.
13Der erste Hilfsantrag hat auch in der Sache Erfolg.
14Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass der Antragsteller ausweislich des Schreibens der Bezirksregierung E. (Bezirksregierung) vom 25. September 2013 in der anstehenden Schulkonferenz nicht als Kandidat für das Amt des Schulleiters zur Wahl stehen soll, weil er aufgrund des Ergebnisses seiner aktuellen dienstlichen Beurteilung nicht wählbar sei. Mangels Einbeziehung seiner Bewerbung in das die Stellenbesetzungsentscheidung beeinflussende Votum der Schulkonferenz (vgl. § 61 Abs. 1 bis 3 SchulG) wird die Rechtsverfolgung des Antragstellers bereits durch diese Entscheidung der Bezirksregierung jedenfalls wesentlich erschwert.
15Ein Anordnungsanspruch ist gleichfalls gegeben. Der Antragsteller hat die Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs glaubhaft gemacht.
16Ein Anordnungsanspruch besteht in Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes dann, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die von dem Dienstherrn in dem Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat, und wenn in einem weiteren - rechtmäßigen - Auswahlverfahren eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers jedenfalls möglich erscheint. Bei der Prüfung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs ist im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab anzulegen wie im Hauptsacheverfahren.
17Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 24. September 2002 ‑ 2 BvR 857/02 ‑, NVwZ 2003, 200; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 21. August 2003 ‑ 2 C 14.02 ‑, NJW 2004, 870; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 25. Oktober 2010 - 1 B 901/10 -, juris.
18Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes. Er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr oder der für diesen handelnde Dienstvorgesetzte eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Einbeziehung des Bewerbers in das Beförderungsverfahren und die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG i.V.m. § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW). Der Anspruch auf Beachtung dieser Grundsätze ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig.
19Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 ‑ 2 BvR 857/02 ‑, a.a.O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 13. September 2001 ‑ 6 B 1776/00 ‑, DÖD 2001, 316, und vom 11. Mai 2005 ‑ 1 B 301/05 ‑, RiA 2005, 253.
20In Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Entscheidung des Antragsgegners, den Antragsteller der Schulkonferenz nicht als geeigneten Bewerber vorzuschlagen, als rechtsfehlerhaft.
21Ein zum Erfolg des vorliegenden Rechtsschutzantrags führender Verfahrensfehler dürfte allerdings nicht deshalb anzunehmen sein, weil der Antragsgegner es versäumt hätte, die Gründe, aus denen er den Antragsteller der Schulkonferenz nicht als geeigneten Bewerber benannt hat, im Besetzungsvorgang hinreichend zu dokumentieren und somit seiner sich aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Verpflichtung nachzukommen, die wesentlichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niederzulegen.
22Vgl. Beschluss der ersten Kammer des Zweiten Senats des BVerfG vom 9. Juli 2007 ‑ 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178, und BVerfG, Beschluss vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 -, NVwZ 2012, 366;vgl. dazu, dass im Verfahren zur Besetzung einer Schulleiterstelle bereits im Zusammenhang mit der Beteiligung der Schulkonferenz eine Dokumentation der für die Nichtbenennung eines Bewerbers maßgebenden Gründe geboten erscheint, auch Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen, Beschluss vom 23. August 2012 - 1 L 689/12 -, juris Rn. 13 ff.
23In der an den Antragsteller gerichteten Verfügung vom 25. September 2013 hat die Bezirksregierung zum Ausdruck gebracht, dass sie ihn deshalb nicht zur Wahl benannt habe, weil der vorgeschlagene Mitbewerber ihm gegenüber einen Qualifikationsvorsprung aufweise. Dieser habe in seiner aktuellen dienstlichen Beurteilung mit dem (bestmöglichen) Gesamturteil „Die Leistungen übertreffen die Anforderungen in besonderem Maße“ ein besseres Ergebnis erzielt als der mit der zweitbesten Note („Die Leistungen übertreffen die Anforderungen“) beurteilte Antragsteller. Zudem sind der im Besetzungsvorgang befindlichen „Bewerberübersicht“ (Bl. 1 der Beiakte Heft 1) die Ergebnisse der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der insgesamt drei Bewerber sowie deren Statusämter und Funktionen zu entnehmen. Dieser Akteninhalt, von dem sich der nicht berücksichtigte Antragsteller für den Fall, dass die ihm mit Schreiben vom 25. September 2013 zugänglich gemachten Informationen nicht ausreichten, durch Akteneinsicht hätte Kenntnis verschaffen können, lässt die tragenden Auswahlerwägungen in einem noch hinreichenden Maße erkennen. Ob die angeführten Gründe dem Leistungsgrundsatz in vollem Umfang gerecht werden, ist für das Dokumentationserfordernis unerheblich.
24Die auf die letzten dienstlichen Beurteilungen der Bewerber gestützte Entscheidung des Antragsgegners, den Antragsteller der Schulkonferenz nicht als geeigneten Bewerber vorzuschlagen, steht aber mit dem materiellen Recht nicht in Einklang.
25Der Antragsgegner war an der Benennung des Antragstellers nicht etwa deshalb gehindert, weil dieser bereits dem G. -Gymnasium angehört, also sog. Hausbewerber ist. Denn der Antragsteller hat vor seiner im Jahr 2007 aufgenommenen Tätigkeit an dieser Schule lange Jahre an einer anderen Schule - der Bischöflichen N. in N1. - als Lehrer (zuletzt als Oberstudienrat i. K.) gearbeitet und damit seine Verwendungsbreite nachgewiesen (vgl. § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG).
26Die Nichtbenennung des Antragstellers als wählbarer Bewerber erweist sich jedenfalls deshalb als materiell rechtsfehlerhaft, weil dessen nach dem erfolgreichen Durchlaufen des Eignungsfeststellungsverfahrens (EFV) im Juni 2009 erstellte dienstliche Beurteilung vom 14. Juni 2010 rechtswidrig zustande gekommen ist und somit keine tragfähige Grundlage für die Entscheidung vom 25. September 2013 bietet.
27Nach ständiger Rechtsprechung,
28vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 – 2 C 34.04 –, NVwZ 2006, 465; OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2000 – 6 B 1281/00 –, DÖD 2001, 261,
29unterliegen dienstliche Beurteilungen allerdings nur der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grade ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachlichen Leistungen aufweist, ist nämlich ein dem Dienstherrn von der Rechtsordnung vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es ferner, dass der Dienstherr, wenn er für einen Verwaltungsbereich Beurteilungsrichtlinien geschaffen hat, diese gleichmäßig auf alle zu beurteilenden Beamten anwendet.
30Hiernach beachtliche Rechtsfehler weist die dienstliche Beurteilung des Antragstellers deshalb auf, weil im Zeitpunkt ihrer Erstellung nach dem Gleichheitssatz gebotene allgemeinverbindliche Regelungen über die formale und inhaltliche Gestaltung des Beurteilungsverfahrens im Anschluss an ein EFV fehlerbehaftet waren.
31Nach Nr. 10 Abs. 1 des zugrunde gelegten Runderlasses des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25. November 2008 betreffend „Bewerbung von Lehrerinnen und Lehrern um ein Amt als Schulleiterin oder als Schulleiter; Eignungsfeststellungsverfahren und dienstliche Beurteilung“ (ABl. NRW. S. 625 - nachfolgend: EFV-Erlass a.F.; inzwischen ersetzt durch den Runderlass vom 26. Juni 2013, ABl. NRW. S. 404, nachfolgend: EFV-Erlass n.F.) werden Lehrkräfte, die das EFV erfolgreich absolviert haben, unabhängig von der Bewerbung um ein konkretes Schulleitungsamt unverzüglich durch die obere Schulaufsicht dienstlich beurteilt. Grundlagen der dienstlichen Beurteilung und der darin zu bildenden Gesamtnote sind das Ergebnis des EFV und ein Leistungsbericht des Schulleiters, der auch auf Koordinierungs- und Leitungstätigkeiten eingeht, die im Beurteilungszeitraum erbracht worden sind (Abs. 2 a.a.O.). Zu möglichen weiteren Beurteilungsgrundlagen verhalten sich die Absätze 3 und 4, die bei festgestellten Abweichungen zwischen dem Ergebnis der EFV und dem Leistungsbericht ein schulfachliches Gespräch zwischen der Schulaufsicht und der Lehrkraft vorsehen.
32Um solche Entscheidungen treffen zu können, bedarf es der Einsichtnahme in die vollständigen Unterlagen des von dem Bewerber durchlaufenen EFV. Denn der Beurteiler darf das Ergebnis der von außenstehenden Dritten vorgenommenen Eignungsfeststellungen nicht „blindlings“ übernehmen. Vielmehr muss die von anderer Stelle erfolgte Eignungsbegutachtung ihm - ggf. nach zusätzlicher Erläuterung - so verständlich gemacht werden, dass er sich diese zu eigen machen kann. Dem wurde bei Erstellung der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers nicht entsprochen, weil nach der seinerzeit im Einklang mit Nr. 10 Abs. 2 Satz 1 EFV-Erlass a.F. allgemein und ausweislich des Inhalts der Personalakte auch im Falle des Antragstellers geübten Praxis des Antragsgegners dem Beurteiler nur das von den Beobachtern des EFV bestimmte Ergebnis des Verfahrens (im Falle des Antragstellers sogar ohne die sog. Kompetenzspinne, d.h. eine stichwortartige Aufzählung der Verbesserungsmöglichkeiten) mitgeteilt wurde. War der für die Erstellung der Beurteilung des Antragstellers zuständige schulfachliche Dezernent mithin über die Einzelergebnisse des EFV nicht informiert, war er auch nicht in der Lage, diese mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die Beurteilung einfließen zu lassen.
33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 2012 - 6 A 1991/11 -, juris Rn. 107 ff.; VG E. , Beschluss vom 28. Oktober 2013 - 2 L 1368/13 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 23. August 2012 - 1 L 689/12 -, juris Rn. 36 ff.
34Das im Jahr 2010 auf der Grundlage des EFV-Erlasses a.F. durchzuführende Beurteilungsverfahren war zudem lückenhaft und somit rechtsfehlerhaft ausgestaltet, weil die möglichen Verfahrensschritte unzureichend bestimmt waren. So sah der EFV-Erlass a.F. ein „schulfachliches Gespräch“ vor, ohne zugleich deutlich zu machen, wozu sich dieses Gespräch schwerpunktmäßig zu verhalten hat. Angesichts dessen, dass das schulfachliche Gespräch nicht lediglich dazu dienen soll, ein zuvor bereits feststehendes Ergebnis nur abzurunden, vielmehr ausdrücklich die Aufgabe hat, die Entscheidung zwischen zwei in Betracht kommenden Noten vorzubereiten, führt das Fehlen von Vorgaben zu Ablauf und Inhalt dieses Gesprächs zur Fehlerhaftigkeit des Verfahrens.
35Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 2012 – 6 A 1991/11 –, juris Rn. 112 und 116; VG E. , Beschluss vom 2. September 2013 - 2 L 865/13 -, juris.
36Dieses dem Beurteilungsverfahren allgemein anhaftende Defizit ist auch nicht etwa dadurch behoben worden, dass ausweislich der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers ein „Gespräch mit dem Bewerber am 08.06.2010“ stattgefunden hat, in dem der Antragsteller sich „in allen Bereichen des angestrebten Aufgabenfeldes gut informiert“ gezeigt habe.
37Ist der Antragsgegner mithin verpflichtet, den Antragsteller erneut dienstlich zu beurteilen, ist es keineswegs ausgeschlossen, dass dieser ein Ergebnis erzielt, aufgrund dessen er gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 SchulG der Schulkonferenz - jedenfalls auch - als „geeignete Person“ zu benennen und zur Wahl vorzuschlagen ist.
38Da der Eilantrag demnach bereits aufgrund der vorstehend dargelegten Erwägungen Erfolg hat, bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob das Auswahlverfahren auch aus anderen Gründen rechtsfehlerhaft durchgeführt worden ist.
39Im Hinblick auf das sonstige Vorbringen der Beteiligten und zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits weist die Kammer lediglich ergänzend und nicht entscheidungstragend auf das Folgende hin:
40Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers dürfte nicht mangels hinreichender Aktualität als Entscheidungsgrundlage untauglich gewesen sein. Nach Nr. 10 Abs. 5 EFV-Erlass a.F. (vgl. auch Nr. 11 Abs. 5 EFV-Erlass n.F.) ist eine im Anschluss an das EVF erstellte dienstliche Beurteilung noch berücksichtigungsfähig, wenn sie im Zeitpunkt der Bewerbung nicht älter als drei Jahre ist. Die Erstellung der Beurteilung des Antragstellers vom 14. Juni 2010 lag im Zeitpunkt seiner Bewerbung (7. Juni 2013) noch nicht drei Jahre zurück. Zwar kann eine dienstliche Beurteilung ihre Aussagekraft für eine nach dem Leistungsgrundsatz zu treffende Auswahlentscheidung auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingebüßt haben, etwa wenn der Beamte nach Erstellung der Beurteilung befördert worden ist oder andere - insbesondere höherwertige - Aufgaben wahrgenommen hat.
41Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Juli 2010 - 6 B 368/10 -, juris Rn. 12 ff., m.w.N., und vom 8. Oktober 2010 - 1 B 930/10 -, juris Rn. 40 ff.; VG E. , Beschluss vom 28. Oktober 2013 - 2 L 1368/13 -, juris.
42Der Antragsteller befand sich aber im Zeitpunkt der Erstellung der Beurteilung bereits seit längerem in dem derzeitigen Amt des Studiendirektors als der Ständige Vertreter des Schulleiters (Besoldungsgruppe A 15 BBesO mit Zulage). Dementsprechend gibt der Leistungsbericht der damaligen Schulleiterin vom 22. Oktober 2010 auch Auskunft über die von dem Antragsteller in dieser Funktion gezeigten Leistungen und Befähigungen. Fassbare Anhaltspunkte für eine wesentliche, die Erstellung einer weiteren dienstlichen Beurteilung erforderlich machende spätere Veränderung des Leistungsbildes sind nicht aufgezeigt. Dass der Antragsteller während der krankheitsbedingten oder sonstigen Verhinderung der Schulleiterin insbesondere im Jahr 2013 oder aufgrund der Verteilung der Geschäfte innerhalb der Schulleitung auch Schulleiteraufgaben wahrzunehmen hatte, gehörte zu den üblichen Aufgaben eines stellvertretenden Schulleiters.
43Ausgehend davon, dass die Beurteilung des Antragstellers sich auch unter Berücksichtigung ihres Alters im Zeitpunkt der Bewerbung als noch hinreichend aussagekräftig darstellte, dürfte sich die Auswahlentscheidung auch nicht deshalb als rechtsfehlerhaft erweisen, weil die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen erst unter dem 8. Juli 2013 bzw. 18. September 2013 und somit deutlich später erstellt worden ist als die des Antragstellers. Allerdings erfordert die Eignung dienstlicher Beurteilungen als Instrument zur "Klärung einer Wettbewerbssituation" die Gewährleistung ihrer Vergleichbarkeit auch in zeitlicher Hinsicht, wobei dem Gesichtspunkt besondere Bedeutung zukommt, dass der von den Beurteilungen abgedeckte Zeitraum nicht zu erheblich auseinander fallenden Zeitpunkten endet.
44Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2013 - 6 B 915/13 -, Rn. 4 ff., m.w.N.
45Erweist sich eine länger zurückliegende Beurteilung noch als hinreichend aussagekräftig, weil Amt und Funktion des Beurteilten gleich geblieben sind und auch das Leistungsbild keine bedeutsamen Änderungen erfahren hat, so dürfte aber auch einer solchen Beurteilung die Eignung für einen Qualifikationsvergleich in Bezug auf einen Mitbewerber, der zeitnah zur Auswahlentscheidung beurteilt worden ist, nicht grundsätzlich abzusprechen sein. Allerdings erscheint es nicht zweifelsfrei, ob dies auch dann gilt, wenn die Auswahlentscheidung sich darüber hinaus bezüglich eines Bewerbers - hier des Antragstellers - auf eine nach dem EFV-Erlass und somit in wesentlichen Teilen unabhängig vom Statusamt des Beurteilten erstellte dienstliche Beurteilung und bezüglich des Mitbewerbers - hier des Beigeladenen - auf eine Anlassbeurteilung nach Nr. 3.1.2 i.V.m. Nr. 4.3.2 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte sowie der Leiterinnen und Leiter an öffentlichen Schulen und Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (BRL) stützt. Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen, weil der Antragsteller wegen der Fehlerhaftigkeit seiner dienstlichen Beurteilung ohnehin aktuell neu zu beurteilen ist.
46Es bestehen keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, dass der Antragsgegner den Beigeladenen der Schulkonferenz als geeigneten Bewerber für das nach Besoldungsgruppe A 16 BBesO besoldete Amt des Schulleiters des G. -Gymnasiums vorgeschlagen hat.
47Dass der Beigeladene derzeit lediglich ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 BBesO bekleidet, steht seiner Wahl nicht entgegen. Nach § 61 Abs. 3 Satz 9 SchulG findet die Bestimmung des § 20 Abs. 4 LBG NRW, wonach regelmäßig zu durchlaufende Beförderungsämter nicht übersprungen werden dürfen (vgl. auch § 10 Abs. 1 LVO NRW), keine Anwendung.
48Auch der Umstand, dass sich der Beigeladene einem EFV nicht hat unterziehen müssen, dürfte entgegen der Ansicht des Antragstellers kein Hindernis für dessen Benennung als geeigneter Bewerber darstellen. Die Kammer hat entschieden,
49vgl. Beschluss vom 21. August 2012 - 2 L 547/12 -,
50dass die Vorgabe des EFV-Erlasses a.F., wonach Bewerber zwingend ein EFV bestanden haben müssen, im Hinblick auf die erwartete Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des künftigen Stelleninhabers nicht von hinreichenden - dem Art. 33 Abs. 2 GG Stand haltenden - Sachgründen getragen ist. Gerade bei einem bereits seit Längerem im Amt befindlichen Schulleiter dürften den Erkenntnissen aus dem EFV durchaus gleichwertige Erkenntnisse zu dessen Eignung und Befähigung als Schulleiter vorliegen und in einer dienstlichen Beurteilung nach den allgemeinen BRL dargelegt werden können. Dementsprechend bestimmt Satz 2 des Einleitungssatzes des EFV-Erlasses n.F., dass es für Schulleiter, die bereits ein entsprechendes Amt auf Dauer innehaben, keiner Teilnahme am EFV bedarf. Der Umstand, dass der Beigeladene „lediglich“ Leiter einer Hauptschule (Rektor der Besoldungsgruppe A 14 BBesO) ist, dürfte in diesem Zusammenhang unerheblich sein, weil auch das EFV unabhängig von einer Bewerbung um ein bestimmtes Schulleiteramt und vom jeweiligen Statusamt der teilnehmenden Lehrkraft durchlaufen wird.
51Allerdings könnten Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung des an einer Hauptschule tätigen Beigeladenen deshalb bestehen, weil diese möglicherweise durch einen instanziell unzuständigen Beurteiler verfasst worden ist. Die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen vom 8. Juli 2013 wurde durch Schulamtsdirektor (SAD) T. von der unteren Schulaufsichtsbehörde - im Übrigen aus Anlass einer Bewerbung um eine Schulleiterstelle an einer Gesamtschule - erstellt. Gemäß § 1 Abs. 7 Nr. 2 der Verordnung über beamtenrechtliche und disziplinarrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des für den Schulbereich zuständigen Ministeriums (ZustVO) sind die Schulämter aber nur im Bereich derjenigen Schulen für die Erstellung von dienstlichen Beurteilungen zuständig, für die sie die Dienstaufsicht ausüben. Gemäß § 88 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SchulG NRW unterliegen die Hauptschulen lediglich der Fachaufsicht des Schulamtes. Die Dienstaufsicht als weiterer Teil der Schulaufsicht (§ 86 Abs. 2 Nr. 2 SchulG) wird hingegen gemäß § 88 Abs. 2 SchulG von der Bezirksregierung wahrgenommen. Daher dürfte die Bezirksregierung gemäß § 1 Abs. 7 Nr. 3 ZustVO auch zuständig sein für die dienstliche Beurteilung von Lehrkräften aus dem Bereich der Hauptschulen. Dass SAD T. bei der Erstellung der Beurteilung des Beigeladenen - in welcher Form auch immer - für die obere Schulaufsichtsbehörde tätig geworden ist, ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Ob sich ein derartiger Verstoß gegen Zuständigkeitsbestimmungen vorliegend deshalb als unschädlich erweist, weil die Beurteilung vom 8. Juli 2013 durch wertende Erkenntnisse der oberen Schulaufsichtsbehörde ergänzt worden ist, erscheint zweifelhaft. Zwar hat Leitender Regierungsschuldirektor I. , der zuständige schulfachliche Dezernent der Bezirksregierung (Dezernat 43), am 18. September 2013 mit dem Beigeladenen ein schulfachliches Kolloquium („Zusatzbaustein“) zu den Spezifika der Schulform Gymnasium durchgeführt und in einem dem Personaldezernat per E-Mail übermittelten Vermerk vom selben Tag dem Beigeladenen „hierbei detaillierte und umfassende Kenntnisse“ bescheinigt mit der Folge, dass „die bestehende dienstliche Beurteilung mit der Leistungsstufe i.b.M. (...) ihre Gültigkeit behalten“ könne. Es spricht aber Einiges dafür, dass es sich bei diesem - im Übrigen in den BRL nicht vorgesehenen - „Baustein“ nach Form und Inhalt nicht um eine eigenständige dienstliche Beurteilung, sondern lediglich um einen im Zusammenhang mit der Bewerbung um eine Schulleiterstelle an einem Gymnasium als erforderlich angesehenen „Zusatz“ - so auch die einleitende Bezeichnung in dem Vermerk - zu der bereits erstellten Beurteilung handelt.
52Gewichtige Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Antragsgegners vom 25. September 2013 bestehen zudem deshalb, weil der Antragsgegner hierbei ausweislich der in dem Besetzungsvorgang niedergelegten Erwägungen ausschließlich auf die Gesamtergebnisse (Gesamturteile) der dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen abgestellt und im Vergleich zwischen diesen - der auf der „Bewerberübersicht“ angebrachte handschriftliche Vermerk des schulfachlichen Dezernenten vom 19. Juli 2013 betrifft lediglich den Vergleich zwischen dem weiteren Bewerber und dem Beigeladenen - keinerlei Gewichtung der Beurteilungsergebnisse anhand der unterschiedlichen Statusämter des Antragstellers und des Beigeladenen vorgenommen hat. Hierbei lässt die Kammer offen, ob der Rechtsprechung des VG Gelsenkirchen,
53vgl. Beschluss vom 23. August 2012 - 1 L 689/12 -, juris Rn. 40 ff.,
54im Ansatz zu folgen ist, wonach dem innegehabten (unterschiedlichen) Statusamt dann keine maßgebende Bedeutung zukommt, wenn dienstliche Beurteilungen zu vergleichen sind, die nach dem Durchlaufen des gerade nicht auf das Statusamt abstellenden EFV erstellt worden sind. Denn die Erwägungen des VG Gelsenkirchen sind auf den vorliegenden Fall bereits deshalb nicht zu übertragen, weil der Beigeladene nicht auf der Grundlage des EFV-Erlasses, sondern nach den BRL dienstlich beurteilt worden ist.
55Zwar betrifft der Grundsatz, dass bei einem Qualifikationsvergleich zwischen mehreren Bewerbern einer in einem höherwertigen Amt erteilten dienstlichen Beurteilung ein größeres Gewicht zukommt als der Beurteilung eines Mitbewerbers in einem niedrigeren Amt, der sich aus den mit dem höherwertigen Amt regelmäßig verbundenen höheren Leistungs- und Befähigungsanforderungen ergibt, (zunächst) lediglich den Fall, dass die Mitbewerber über gleichlautende, also insbesondere die mit dem selben Gesamturteil abschließende aktuelle Beurteilungen verfügen.
56Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. November 2011 - 6 B 1205/11 -, juris, und vom 19. Juli 2010 - 6 B 677/10 -, ZBR 2011, 135.
57Die Ausgangslage ist vorliegend aber eine andere, da der Antragsteller lediglich die zweitbeste Note erzielt hat. Jedoch entspricht es etwa im Bereich der Polizei weit verbreiteter, von der Rechtsprechung gebilligter Praxis, die um einen Punktwert besser ausgefallene Beurteilung in dem um eine Besoldungsgruppe rangniedrigeren Amt der im ranghöheren Amt erteilten, um eine Notenstufe schlechter ausgefallenen Beurteilung gleichzustellen. Sollte also auch bei der erneut zu treffenden Entscheidung über die Benennung der Bewerber der der Entscheidung vom 25. September 2013 zugrunde gelegte Unterschied in den Beurteilungsergebnissen weiterhin bestehen, wird der Antragsgegner sich mit der Frage zu befassen haben, ob der sog. laufbahnrechtliche Vorsprung des Antragstellers das Gewicht besitzt, das bessere Gesamturteil des in einem niedrigeren statusrechtlichen Amt befindlichen Beigeladenen auszugleichen. In diesem Fall wäre auch der Antragsteller „geeignete Person“ im Sinne des § 61 Abs. 1 Satz 2 SchulG, zumal diese Vorschrift der Schulkonferenz ein Wahlrecht einräumen will, wenn sie bestimmt, dass „möglichst mindestens zwei geeignete Personen zur Wahl vorzuschlagen“ sind.
58Der Antragsgegner hat gemäß § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Kosten des Verfahrens insgesamt zu tragen. Dem Beigeladenen können Kosten nicht auferlegt werden, da er keinen Antrag gestellt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Weil er sich keinem Kostenrisiko ausgesetzt hatte und zudem in der Sache unterlegen ist, entspricht es nicht der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO, etwaige außergerichtliche Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären.
59Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 1, Abs. 5 Satz 4, Satz 1 Nr. 1 sowie den Sätzen 2 und 3 GKG. Der sich danach ergebende Betrag ist im Hinblick auf die im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich angestrebte vorläufige Regelung im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens um die Hälfte zu reduzieren. Folglich ist als Streitwert ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des letztlich angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 16 BBesO) in Ansatz gebracht worden.
Tenor
Soweit die Klägerin zu 3. die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird der Beklagte unter Aufhebung seines Bescheides vom 28. Juni 2010 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 – soweit sie dem entgegenstehen – verpflichtet, auf den Antrag vom 16. Dezember 2009 die monatlichen Elternbeiträge der Kläger zu 1. und 2. für das Kind A., und zwar für die Monate Januar bis April, Juli und August 2010 in Höhe von monatlich 226,07 Euro sowie für die Monate September und Oktober 2010 in Höhe von monatlich 146,89 Euro vollständig zu übernehmen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 3., die diese selbst trägt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn die Kläger zu 1. und 2. nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
- 1
Die Kläger zu 1. und 2. (im Folgenden: nur Kläger) begehren von dem Beklagten über seine teilweise Bewilligung hinaus die vollständige Übernahme der Elternbeiträge für ihre am 21. September 2007 geborene Tochter A., die vormalige Klägerin zu 3., und zwar begrenzt für den Zeitraum 01. Januar bis 30. April 2010 und 01. Juli bis 31. Oktober 2010.
- 2
Im v. g. Zeitraum besuchte die vormalige Klägerin zu 3. bis August 2010 die Krabbelgruppe des ... e. V. und ab September 2010 die ...-Kindertagesstätte. Sie hat einen am 20. Juni 1997 geborenen (Halb-)Bruder … A., für den die Klägerin zu 1. aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung mit dem Kindesvater ... im Januar 2010 75,00 € und ab Februar 2010 150,00 € monatlich erhält. Der v. g. Bruder lebt ebenso wie der am 23. September 2010 geborene weitere Bruder ... A. im Haushalt der Kläger.
- 3
Am 21. Dezember 2009 beantragten die Kläger bei dem Beklagten die Übernahme der in der Kindertageseinrichtung Krabbelgruppe ... für ihre Tochter A. entstehenden Kosten ab dem 01. Januar 2010. Dabei machten sie Angaben zu ihren Einkünften, und zwar beim Kläger zu 2. aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit. Weiter gab die Klägerin zu 1. an, dass ihre Kinder ... A. und ... A. je 164,00 € Kindergeld (noch 2009) und je 140,00 € Kinderzuschlag monatlich erhielten und reichte hierzu entsprechende Nachweise ein.
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Mit Bescheid vom 28. Juni 2010 lehnte der Beklagte ihren Antrag auf Übernahme der Elternbeiträge mit folgender Begründung ab: Die Prüfung der vorgelegten Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger habe ergeben, dass die Voraussetzungen für eine unzumutbare Belastung bei ihnen nicht gegeben seien; das anzurechnende Einkommen der Kläger sei zu hoch. Ausweislich des dem Ablehnungsbescheid beigefügten Berechnungsbogens berücksichtigte der Beklagte sowohl das Kindergeld für die Kinder und ...A. ... A. in Höhe von 368,00 € monatlich wie auch den Kinderzuschlag in Höhe von 280,00 € monatlich als Einkünfte der Klägerin zu 1..
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Den am 28. Juli 2010 eingelegten Widerspruch begründeten die Kläger mit Schriftsatz vom 9. Januar 2011. Dabei machten sie geltend: Die prognostizierten Einnahmen des Klägers zu 2. aus selbständiger Rechtsanwaltstätigkeit seien zu hoch gewesen. Statt des ursprünglich angenommenen durchschnittlichen monatlichen Gewinns in Höhe von 398,00 € sei im Geschäftsjahr 2010 lediglich ein monatlicher Gewinn in Höhe von 148,80 € erwirtschaftet worden. Unzutreffend sei auch der für die Klägerin zu 1. in Ansatz gebrachte Abzugsbetrag für Versicherungen in Höhe von 136,50 €, was weiter ausgeführt wird. Zugleich wurde der Widerspruch mit Rücksicht auf die erzielten höheren Einkünfte des Klägers zu 2. aus unselbständiger Tätigkeit in den Monaten Mai und Juni 2010 insoweit zurückgenommen.
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Mit Bescheid des Beklagten vom 20. Oktober 2010 wurde den Klägern auf ihren Antrag vom 13. Juli 2010 für das Kind A. für die Zeit vom 01. Januar 2010 bis 31. August 2012 eine soziale Staffelung der Elternbeiträge nach Stufe 2 der Tabelle (95 % des Elternbeitrages) bewilligt.
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Während des über 17 Monate anhängigen Widerspruchsverfahrens wurden von den Klägern weitere Unterlagen angefordert, die der Beklagte auch erhielt. Dabei führte das Fachamt des Beklagten am 26. und 27. September 2011 Probeberechnungen durch, die es dazu veranlassten, mit Bescheid vom 05. Oktober 2011 dem Antrag der Kläger „vom“ 21. Dezember 2009 auf Übernahme der Elternbeiträge ab dem 01. Januar 2010 teilweise, und zwar ab dem 01. November 2010 bis zum 31. Oktober 2011 zu entsprechen. Der vorgenannte Bescheid enthielt weder eine Kostengrund- und Hinzuziehungsentscheidung noch legte er dar, inwieweit hierdurch dem Widerspruch der Kläger stattgegeben worden ist. Zugleich gab das Fachamt den (noch offenen) Widerspruch für den Zeitraum vom 01. Januar 2010 bis 31. Oktober 2010 unter entsprechender Fertigung eines „Nichtabhilfevermerks“ an die Widerspruchsstelle des Beklagten ab.
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Mit Schreiben vom 07. November 2011 teilte die Widerspruchsstelle des Beklagten dem Prozessbevollmächtigten mit, dass der Bewilligungsbescheid vom 05. Oktober 2011 kein Abhilfebescheid sei. Über den am 28. Juli 2010 eingegangenen Widerspruch sei bislang nicht entschieden worden. Der Ausgang des Widerspruchsverfahrens bleibe noch abzuwarten.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2011 übernahm der Beklagte unter entsprechender „Abhilfe“ seines Bescheides vom 28. „Juli“ 2010 den Elternbeitrag der Kläger für ihr Kind A. und zwar für den Monat Januar 2010 in Höhe von 82,85 €, für die Monate April, Juli und August 2010 in Höhe von jeweils 90,33 € sowie für den Monat September 2010 in Höhe von 73,15 €. Im Übrigen wies er den Widerspruch der Kläger zurück. Der Bescheid enthielt eine abstrakte Kostengrundentscheidung; eine Entscheidung über die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren fehlte. Laut Begründung des Widerspruchsbescheides sei Gegenstand dieses Widerspruchsverfahrens die Prüfung der Sach- und Rechtslage für den Zeitraum vom 01. Januar 2010 bis 30. April 2010 und 01. Juli bis 31. Oktober 2010. Der Begründung des Widerspruchsbescheides und dem Rückgabevermerk vom 30. November 2011 ist zu entnehmen, dass sich die Widerspruchsstelle bei der Neuberechnung des (anrechenbaren) Einkommens und der Neuermittlung der Einkommensgrenze an den Probeberechnungen des Fachamtes vom 26. bzw. 27. September 2011 mit der Maßgabe orientierte, dass die Fahrkosten des Klägers zu 2. nicht in Abzug gebracht wurden, wohl aber die Rückerstattung zu viel entrichteter Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag gemäß Einkommensteuerbescheid für 2009 des Finanzamtes A-Stadt vom 14. Oktober 2010 mit 1/12 Anteil (= 85,64 €) bezogen auf den streitbefangenen Berechnungsmonat Oktober 2010. Bei den dem Widerspruchsbescheid zugrundeliegenden Probeberechnungen hielt das Fachamt an der Berücksichtigung des Kindergeldes sowie des Kinderzuschlages im Rahmen der Einkommensberechnung der Klägerin zu 1. in Höhe von 368,00 € bzw. 280,00 € weiter fest. Für die Berechnungsmonate September und Oktober 2010 setzte es als Einkommen der Klägerin zu 1. gar ein monatliches Kindergeld für drei Kinder in Höhe von 558,00 € an. Wegen der weiteren Einzelheiten der konkreten Berechnung kann insoweit auf die dem Widerspruchsbescheid nicht beigefügten Probeberechnungsbögen vom 26. und 27. September 2011 (Bl. 25 bis 38 der BA Nr. 3) Bezug genommen werden.
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Mit weiterem Bescheid vom 12. Dezember 2011 übernahm der Beklagte auf den Antrag der Kläger „vom“ 21. Dezember 2009 die Elternbeiträge zzgl. Verpflegungskosten für die Betreuung ihres Kindes A. ab dem 01. November 2011 bis zum 31. Dezember 2011.
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Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 wandte sich der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 05. Dezember 2011 vorgerichtlich an den Beklagten mit der Anregung, die „Unrichtigkeiten“ des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 vor Ablauf der Klagefrist zu beheben. Dieser basiere auf teilweise überholten „Zahlenwerten“. So sei sowohl der Kinderzuschlag als auch das Wohngeld zu hoch angesetzt worden. Der Kinderzuschlag betrage für die Monate Januar und Februar 2010 jeweils 205,00 €, für die Monate März, April, Juni, August und September jeweils 140,00 € und für den Monat Oktober 2010 280,00 €. Das Wohngeld für den Monat Februar 2010 betrage 93,00 € und für den Monat März 2010 86,00 €. Weiter habe der Kindesvater für das Kind ... A. ab Februar 2010 tatsächlich monatlich 150,00 € überwiesen. Weiter sei das Kindergeld für das Kind ... A. erst im November ausgezahlt worden. Es hätte daher im September 2010 nicht berücksichtigt werden dürfen. Schließlich sei am 01. März 2010 eine Betriebskostennachzahlung in Höhe von 86,94 € an den Vermieter geleistet worden. Dem vorgenannten Schreiben waren entsprechende Bescheide bzw. Kontoauszüge beigefügt, die die korrigierten Angaben belegen. Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 15. Dezember 2011 eine Korrektur seines Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 ab und verwies die Kläger auf den Klageweg.
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Mit der am 19. Dezember 2011 - zunächst auch im Namen ihrer Tochter - erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren auf vollständige Übernahme der Elternbeiträge für die Monate Januar bis April 2010 und Juli bis Oktober 2010 unter Vertiefung und Ergänzung der im Widerspruchsverfahren und mit Anwaltsschreiben vom 05. Dezember 2011 gemachten Angaben weiter. Im Klageverfahren streiten die Beteiligten im Kern um die Frage, ob bei der Berechnung des (anrechenbaren) Einkommens und der Ermittlung der maßgeblichen Einkommensgrenze das sog. Zuflussprinzip gelten soll, auf das sich die Beteiligten wechselseitig – je nachdem, welche Sichtweise für sie günstig ist – berufen.
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Der Prozessbevollmächtigte der Kläger stellt schriftsätzlich sinngemäß den Sachantrag,
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1. den ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 28. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 aufzuheben und
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2. den Beklagten zu verurteilen, den für die Kita-Betreuung der Tochter aufgewandten Elternbeitrag der Kläger zu 1. und 2. für die Monate Februar, März und Oktober 2010 zumindest teilweise zu übernehmen, sowie für die Monate Januar, April, Juli, August und September 2010 in einem höheren Umfang zu übernehmen, als bislang durch Widerspruchsbescheid vom 29. November 2011 geregelt wurde.
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Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
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die Klage abzuweisen,
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und tritt ihr unter Berufung auf die Begründung seines Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 mit weiteren Tatsachen- und Rechtsausführungen entgegen.
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Am 09. März 2015 fand ein Erörterungstermin statt. Dabei wurde die Rechtsfrage erörtert, ob der Kinderzuschlag als Einkommen angerechnet werden darf. Die Beteiligten haben vor dem Protokoll übereinstimmend erklärt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind. Schließlich nahm der Prozessbevollmächtigte die Klage für die Klägerin zu 3. zurück.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
- 21
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten in dem Erörterungstermin am 09. März 2015 hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
II.
- 22
Über die Klage entscheidet der Berichterstatter, dem die Kammer den Rechtsstreit als Einzelrichter mit Beschluss vom 27. Januar 2015 übertragen hat, § 6 Abs. 1 VwGO.
III.
- 23
Soweit die Klage der Klägerin zu 3. zurückgenommen worden ist, ist das Verfahren mit der sich aus § 155 Abs. 2 VwGO ergebenden Kostenfolge einzustellen (vgl. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
IV.
- 24
Die noch rechtshängige Klage der Kläger ist zulässig und begründet.
- 25
1. Der unbestimmte Klageantrag ist unter Berücksichtigung der Klagebegründung gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass die Kläger im Zweifel die vollständige Übernahme der in Rede stehenden Elternbeiträge begehren und die Klage entgegen ihrer Formulierung im Klageantrag „verurteilen“ nicht als allgemeine Leistungsklage, sondern als Verpflichtungsklage zu werten ist.
- 26
Soweit der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 28. Juni 2010 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 dahinter zurückbleibt, ist er rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Sie haben einen Anspruch darauf, dass der Beklagte den von ihnen nach Maßgabe der sozialen Staffelung zu zahlenden monatlichen Elternbeitrag in Höhe von 226,07 Euro bzw. 146,89 Euro für die im Tenor genannten streitbefangenen Monate vollständig übernimmt.
- 27
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die vollständige Übernahme der Elternbeiträge im streitbefangenen Bewilligungszeitraum liegen sämtlich vor (2.). Das Gericht ist nicht auf den Erlass eines Bescheidungsurteils im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO beschränkt. Denn die Kläger haben einen spruchreifen Anspruch auf Übernahme der Elternbeiträge im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, weil dem Beklagten weder ein Ermessens- noch ein Beurteilungsspielraum verbleibt (3).
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2. Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage § 21 Abs. 6 Satz 1 des Gesetzes zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kindertagesförderungsgesetz - KiföG M-V) vom 1. April 2004 bzw. § 90 Abs. 3 S. 1 Var. 2 SGB VIII in der Fassung vom 10. Dezember 2008. Da die Bewilligung von Kinder- und Jugendhilfe – wie generell von Sozialhilfe – eine zeitabschnittsweise Hilfegewährung darstellt, die bei Vorliegen der Voraussetzungen im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Bewilligung nicht ein für allemal zugesprochen wird, sondern deren Voraussetzungen auf Grundlage der jeweils bestehenden, ggf. geänderten Verhältnisse vom Träger der Jugendhilfe zeitabschnittsweise neu zu prüfen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.6.1995 – 5 C 30/93 –, zit. n. juris, Rn. 11; Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschl. v. 19.1.2011 – 4 LB 154/10 –, zit. n. juris, Rn. 24), kann das Gericht, das im Rahmen einer Verpflichtungsklage zulässigerweise nur die von der Behörde getroffene Entscheidung überprüft, soweit diese reicht, hier demnach nur das Vorliegen der Voraussetzungen für die beantragte Übernahme der Elternbeiträge nur im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung prüfen und hierüber eine Entscheidung treffen.
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Gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII können für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 bis 24 Kostenbeiträge festgesetzt werden. Soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt, sind Kostenbeiträge, die für die Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen und von Kindertagespflege zu entrichten sind, zu staffeln (Satz 2). Als Kriterien können insbesondere das Einkommen, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit berücksichtigt werden (Satz 3). Werden die Kostenbeiträge nach dem Einkommen berechnet, bleibt die Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz außer Betracht (Satz 4).
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Nach § 90 Abs. 3 S. 1 SGB VIII soll im Fall des Absatzes 1 Nr. 3 der Kostenbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise erlassen oder ein Teilnahmebeitrag auf Antrag ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn die Belastung den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Für die Feststellung der zumutbaren Belastung gelten die §§ 82 bis 85, 87, 88 und 92a des Zwölften Buches entsprechend, soweit nicht Landesrecht eine andere Regelung trifft (§ 90 Abs. 4 S. 1 SGB VIII). Eine solche weniger strenge Spezialvorschrift stellt § 21 Abs. 6 Satz 1 und 2 KiföG M-V dar, soweit es um die Frage geht, auf welchen Personenkreis im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung abzustellen ist. Während die bundesrechtliche Vorschrift das Einkommen der Eltern und des Kindes berücksichtigt, knüpft die landesrechtliche Vorschrift nur an das Einkommen der Eltern an.
- 31
Hiervon ausgehend liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die begehrte vollständige Übernahme der Elternbeiträge im streitbefangenen Bewilligungszeitraum entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten vor.
- 32
a. Die Kläger haben zutreffend die Übernahme der Teilnahmebeiträge (Elternbeiträge) beantragt. Da der Beklagte die in Rede stehenden Kindertageseinrichtungen nicht selbst betreibt, also nicht Träger der Einrichtungen ist, kommt nur die Übernahme von Teilnahmebeiträgen in Frage.
- 33
b. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob den Klägern eine Kostenbeteiligung nicht – auch nicht anteilig – zuzumuten ist.
- 34
Für die Feststellung der zumutbaren Belastung gelten sowohl nach Bundes- als auch nach Landesrecht gemäß den §§ 21 Abs. 6 Satz 2 KiföG M-V, 90 Abs. 4 SGB VIII die §§ 82 bis 85, 87, 88 und 92 a des Zwölften Buches entsprechend.
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Gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben, sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
- 36
Nach der vom Bundesverwaltungsgericht zum Sozialhilferecht entwickelte Zuflusstheorie (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.2.1999 – 5 C 35.97 –, zit. n. juris Rn. 14 f.; Urt. vom 11.10.2012 – 5 C 22.11 –, zit. n. juris Rn. 19; Urt. v. 19.3.2013 – 5 C 16/12 –, zit. n. juris Rn. 23) gehört zum Einkommen alles, was jemand in der Bedarfs- oder Hilfezeit wertmäßig dazu erhält. Vermögen ist das, was er in der Bedarfs- oder Hilfezeit bereits hat. Mittel, die er (erst) in der Bedarfszeit erhält, sind als Zufluss in der Bedarfszeit Einkommen. Mittel, die er früher, wenn auch erst in der vorangegangenen Bedarfszeit, als Einkommen erhalten hat, sind, soweit sie in der nun aktuellen Bedarfszeit (noch, gegebenenfalls auch wieder) vorhanden sind, Vermögen. Zur Frage, wann etwas zufließt, ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss auszugehen. Allerdings kann abweichend vom tatsächlichen Zufluss rechtlich ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt werden. Beispiele für einen vom tatsächlichen abweichenden, normativen Zufluss finden sich in der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (VO zu § 82 SGB XII).
- 37
Hieran gemessen begegnet es zunächst keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn das Fachamt des Beklagten die Einkünfte des Klägers zu 2. im streitbefangenen Bewilligungszeitraum unterschiedlich behandelt. Während für seine Einkünfte aus unselbständiger Arbeit als maßgeblicher Bedarfszeitraum der Monat (§ 3 Abs. 3 Satz 1 VO zu § 82 SGB XII) maßgeblich ist, werden seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Jahreseinkünfte berechnet (§ 4 Abs. 2 VO zu § 82 SGB XII). Bei letzterer Einkunftsart besteht die erleichterte Möglichkeit, als Einkünfte auch der vom Finanzamt für das Berechnungsjahr festgestellte Gewinn anzusetzen (§ 4 Abs. 4 Satz 2 VO zu § 82 SGB XII). Genau so ist das Fachamt des Beklagten vorgegangen. Dies erklärt auch die ungewöhnlich lange Verfahrenslaufzeit, da der Kläger zu 2. den maßgeblichen Einkommensteuerbescheid für 2010 des Finanzamtes A-Stadt vom 30. Juni 2011 beim Beklagten am 17. August 2011 einreichte.
- 38
Ebenso beanstandungsfrei ist die Behandlung der Rückerstattung zu viel entrichteter Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag gemäß Einkommensteuerbescheid für 2009 des Finanzamtes A-Stadt vom 14. Oktober 2010 mit 1/12 Anteil (= 85,64 €) bezogen auf den streitbefangenen Berechnungsmonat Oktober 2010. Die Auszahlung einer Steuererstattung ist ein Zufluss i.S. des § 82 Abs. 1 SGB XII. Der Zuordnung als Einkommen im Jahr der Auszahlung steht nicht entgegen, dass Grund für die Steuererstattung die zuviel entrichtete Steuer im Vorjahr ist. Auch wenn bereits dem Anspruch auf Steuererstattung ein Vermögenswert zukommt, hindert das die Zuordnung ihrer Auszahlung als Einkunft i.S. des § 82 Abs. 1 SGB XII nicht, weil der Erstattungsgläubiger die zu hoch entrichtete Steuer nicht freiwillig "angespart" hat, sondern die Steuererstattung nicht früher erhalten konnte. Da die Steuererstattung eine einmalige Leistung ist, konnte sie nach § 8 Abs. 1 Satz 3, § 3 Abs. 3 Satz 2 VO zu § 82 SGB XII auf einen angemessenen Zeitraum aufgeteilt und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag angesetzt werden. Als auf ein Jahr bezogene Steuererstattung war der Beklagte danach berechtigt, die einmalige Zahlung als Einkommen auf zwölf Monate zu verteilen.
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Auch der Einwand der Kläger, das Wohngeld sei zu hoch angesetzt worden, weil das für die Monate Februar und März 2010 i.H.v. jeweils 256,- € bewilligte Wohngeld später, und zwar im September „2011“ (richtig: 2010) vom Beklagten in Höhe von 333,- € teilweise zurückgefordert wurde, überzeugt das Gericht nicht. Das Wohngeld ist als Einkommen im Sinne von § 82 Abs. 1 SGB XII zu behandeln; entscheidend ist daher der tatsächliche Zufluss des Wohngeldes, worauf der Beklage zu Recht verweist. Ob und ggf. wann der Rückforderungsbetrag mit späteren Wohngeldansprüchen verrechnet bzw. von der Klägerin zu 1. in einem Betrag oder in Raten an den Beklagten zurückgezahlt worden ist, haben die Kläger nicht vorgetragen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Umstand für den streitbefangenen Bewilligungszeitraum noch von Bedeutung wäre. Soweit das Fachamt des Beklagten das geleistete Wohngeld laut Bedarfsberechnung von der nach § 85 SGB X errechneten Einkommensgrenze abgezogen hat, ist diese Vorgehensweise zwar sachlich falsch, das rechnerische Ergebnis ändert sich hierdurch aber nicht.
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Die Berechnung der zumutbaren Belastung ist jedoch deswegen fehlerhaft, weil das Fachamt und dem folgend die Widerspruchsstelle des Beklagten in Verkennung der landes- und bundesrechtlichen Rechtslage das Kindergeld für die vormalige Klägerin zu 3. A. und das Kindergeld und den Kinderzuschlag für ihre Geschwisterkinder ... und ... A. als anrechenbares Einkommen der Mutter – der Klägerin zu 1. – behandelt hat. Diese Einkünfte durften jedoch bei der Berechnung der zumutbaren Belastung der Kläger nicht berücksichtigt werden. Ob der Kinderzuschlag für A. dem Einkommen der Klägerin zu 1. zugerechnet werden durfte, ist für den Ausgang des Verfahrens nicht mehr entscheidungserheblich.
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aa. Rechtsirrig geht das Fachamt des Beklagten davon aus, das Kindergeld für A. sei als Einkommen der Klägerin zu 1. anzusehen. Zwar trifft es zu, dass unter dem Einkommensbegriff das Kindergeld fällt (sog. andere Einkünfte im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 VO zu § 82 SGB XII). Damit ist freilich nichts für die Frage gewonnen, wem diese Einkünfte zugerechnet werden müssen. Während diese Frage im Sozialhilferecht lange Zeit umstritten war, ist höchstrichterlich geklärt, dass Kindergeld grundsätzlich immer bei demjenigen bedarfsmindernd einzusetzen ist, dem es zufließt (sog. Zuflusstheorie). Dies ist der Kindergeldberechtigte, also im Regelfall der Elternteil, an den das Kindergeld ausgezahlt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2003 – 5 C 25/02 –, zit. n. juris Rn. 6; BSG, Urt. v. 8.2.2007 – B 9b SO 6/06 R –, zit. n. juris Rn. 20). Für minderjährige Kinder hat das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch jedoch eine Zurechnungsregelung geschaffen. Nach § 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XII ist bei Minderjährigen das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird. Dies ist bei dem Kindergeld für die Tochter , im Übrigen aber auch für die Söhne ... und ... der Klägerin zu 1. der Fall. Es dient zur Deckung ihres Lebensunterhalts. Wie hoch der Bedarf im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung insoweit ist, ergibt sich für die Zeit ab 1. Januar 2010 aus § 28 Abs. 1, 4 SGB XII i.V.m. § 8 Abs. 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII -RBEG- i.V.m. § 2 der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung. Die im Zeitpunkt der Antragstellung dreijährige Tochter gehört der Regelbedarfsstufe 6 an, für die der Regelbedarf auf 215,00 Euro festgelegt ist. Ihr Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro deckt diesen Bedarf nicht, so dass es Einkommen des Kindes ist. Entsprechendes gilt für den erst im streitbefangenen Bewilligungszeitraum geborenen Sohn ... A. (Regelbedarfsstufe 6); sein Kindergeld ab September 2010 in Höhe von 190,00 Euro deckt diesen Bedarf nicht, so dass es Einkommen des Kindes ist. Der im Zeitpunkt der Antragstellung dreizehnjährige Sohn fällt bereits in Regelbedarfsstufe 5, für die der Regelbedarf auf 251,00 Euro festgelegt ist. Sein Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro deckt diesen Bedarf nicht, so dass es Einkommen des Kindes ist.
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Soweit das Gesetz bei der Prüfung der zumutbaren Belastung sowohl auf das Einkommen der Eltern als auch des Kindes abstellt, ist die Frage nach der Anspruchsberechtigung auf Kindergeld von untergeordneter Bedeutung. A. und die Kläger würden dann im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung eine gemeinsame „Bedarfsgemeinschaft“ bilden. Für die Geschwisterkinder gilt ohnehin etwas anderes, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen unter cc. ergibt.
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Entscheidungserheblich wird die Zuordnung des Kindergeldes erst dann, wenn die Zumutbarkeit jedes Einzelnen zu prüfen ist. Dann wirkt sich das dem Kind aufgrund der Spezialvorschrift zuzurechnende Kindergeld gleichsam einkommensmindernd auf das Einkommen des Kindergeldberechtigten aus. Aus dem Zusammenspiel von § 21 Abs. 6 Satz 1 und 2 KiföG M-V und § 90 Abs. 4 SGB VIII i.V.m. § 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XII folgt, dass das Kindergeld für A. bei der Einkommensberechnung überhaupt nicht berücksichtigt werden darf. Der Landesgesetzgeber hat in § 21 Abs. 6 Satz 1 KiföG M-V nur auf das Einkommen der Eltern und nicht des Kindes abstellt. Mit der gleichsamen Verweisung auf § 90 Abs. 4 SGB VIII i.V.m. § 82 Abs. 1 Satz 3 SGB hat er den Zurechnungszusammenhang des Kindergeldes als Einkommen des von der Zumutbarkeitsprüfung (ausgeschlossenen) Kindes nicht in Frage gestellt.
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bb. Ob zumindest der Kinderzuschlag nach § 6 a BKGG für die Tochter A. gemäß § 90 Abs. 3, 4 SGB VIII i.V.m. § 82 Abs. 1 SGB XII bei der Berechnung der zumutbaren Belastung der Kläger – auf die nach dem oben Gesagten allein abzustellen ist – zu berücksichtigen ist, hängt wiederum davon ab, ob es als Einkommen des Kindes oder aber des Kinderzuschlagsberechtigten anzusehen ist. Anders als beim Kindergeld gibt es jedoch in § 82 SGB XII hierfür keine Zurechnungsvorschrift. Dies spricht für die Annahme, es als Einkommen der Klägerin zu 1. zu betrachten, weil ihr der Kinderzuschlag zugeflossen ist.
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Soweit in den gemeinsamen Empfehlungen für die Heranziehung zu den Kosten nach §§ 90 ff. SGB VIII der Arbeitsgemeinschaft der Jugendämter verschiedener Bundesländer unter Textziffer 2.1.1 die Ansicht vertreten wird, der Kinderzuschlag sei ohnedies nicht als einzusetzendes Einkommen anzusehen, weil hierdurch Leistungen nach dem SGB II vermieden werden sollen, dürfte diese Sichtweise mit der Rechtslage nicht in Einklang zu bringen sein (vgl. hierzu VG Göttingen, Urt. v. 24.3.2015 – 2 A 90/14 –, zit. n. juris Rn. 22 f.). Letztendlich kann jedoch die Frage, ob der Kinderzuschlag Einkommen der Klägerin zu 1. ist, offen bleiben, weil die Berechnung der zumutbaren Belastung der Kläger an einem weiteren Fehler leidet, der dazu führt, dass den Klägern eine Kostenbeteiligung nicht – auch nicht anteilig – im streitigen Zeitraum zuzumuten ist.
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cc. Das Fachamt des Beklagten geht weiterhin fehl in der Annahme, das Kindergeld und der Kinderzuschlag für die Geschwisterkinder ... und ... A. seien anrechenbares Einkommen der Klägerin zu 1.. Geschwisterkindergeld und -zuschlag sind bei der Berechnung der zumutbaren Belastung aber nicht zu berücksichtigen. Insoweit schließt sich das erkennende Gericht den überzeugenden Ausführungen des VG Göttingen an (vgl. VG Göttingen, Urt. v. 24.3.2015, a.a.O., zit. n. juris Rn. 25 bis 39). In den Entscheidungsgründen heißt es dort:
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„… Anders ist die Rechtslage im Hinblick auf das Kindergeld und den Kinderzuschlag, die für das Kind N. der Kläger gewährt werden. Diese Leistungen müssen bei der Berechnung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der Leistung von Teilnahmebeiträgen für das Kind L. der Kläger außen vor bleiben. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen.
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Gemäß § 90 Abs. 3 S. 1 SGB VIII besteht ein Anspruch auf Übernahme der Teilnahmebeiträge, wenn die Belastung den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Ersichtlich kommt es also nur auf das Einkommen der Eltern und des Kindes an, das die Kindertagesstätte besucht. Dies ist hier das Kind L.. Entsprechend ist auch die Regelung in § 82 Abs. 1 S. 3 SGB XII zu verstehen. Danach ist bei Minderjährigen das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen. Auch hier wird also auf das die Leistung beziehende jeweilige Kind abgehoben. Dies schließt es aus, Geschwistereinkommen in die Berechnung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit einzubeziehen (so auch Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage, § 90 Rn. 24; Frankfurter Kommentar, SGB VIII, 7. Auflage, § 90 Rn. 18). Es ist deshalb hier von Bedeutung, wem Kindergeld und Kinderzuschlag als Einkommen zuzurechnen sind.
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Das Kindergeld ist gemäß § 82 Abs. 1 S. 3 SGB XII dem Kind selbst zuzurechnen. Auch die im Zeitpunkt der Antragstellung fünfjährige N. gehört der Regelbedarfsstufe 6 an, so dass das ihr gewährte Kindergeld zur Deckung ihres notwendigen Lebensunterhalts dient.
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Der Kinderzuschlag nach § 6 a BKGG ist demgegenüber nach der Rechtsauffassung der Kammer den Klägern zuzurechnen.
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Im Anwendungsbereich des SGB II gibt es mit § 11 Abs. 1 S. 3 (früher S. 2) eine Sonderregelung, die den Kinderzuschlag nach § 6 a BKGG dem jeweiligen Kind als Einkommen zuweist. Eine solche Regelung fehlt im SGB XII.
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Der Wortlaut des § 6 a BKGG lässt den Schluss zu, dass die Eltern die Bezieher des Kinderzuschlags sein sollen; nur sie können die Personen sein, in deren Haushalt unverheiratete oder nicht verpartnerte Kinder leben, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben.
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Dieser Auslegung ist das Verwaltungsgericht Bayreuth (Urteil vom 30.01.2012 - B 3 K 11.166, zitiert nach juris, Rn. 97) entgegen getreten. Das Gericht hat ausgeführt:
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„Bezüglich des Kindergeldzuschlages fehlt im Sozialhilferecht eine dem § 11 Abs. 1 S. 2 SGB II entsprechende Vorschrift. Es geht aus den Gesetzesmaterialien (Bundesratsdrucksache von 558/03, 201) allerdings eindeutig hervor, dass der Kindergeldzuschlag zusammen mit dem Kindergeld und dem auf das Kind entfallenden Wohngeldanteil den durchschnittlichen Bedarf an Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld eines Kindes abdecken soll und durch die Gewährung des Kinderzuschlages verhindert werden soll, dass nur wegen der Unterhaltsbelastung der Eltern für ihre Kinder Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld in Anspruch genommen werden müssen. Zudem bestimmen § 6 a Abs. 3 S. 1 und 2 BKGG: „Der Kindergeldzuschlag mindert sich um das nach den §§ 11 bis 12 des 2. Buches Sozialgesetzbuch mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen des Kindes. Hierbei bleibt das Kindergeld außer Betracht“. Das heißt der Kinderzuschlag wird konkret anhand der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des betroffenen einzelnen Kindes berechnet. Daraus folgt, dass der Kinderzuschlag, weil unmittelbar von Einkommen und Vermögen des betroffenen Kindes in der Höhe abhängig, gezielt dazu gedacht ist, den Bedarf des konkret betroffenen Kindes zu decken, s. a. Bundestagsdrucksache 558/03, S. 201: „Soweit ein Kind seinen Bedarf im Sinne des Arbeitslosengeldes II und Sozialgeld aus eigenem Einkommen oder Vermögen decken kann, muss dieser Bedarf nicht von den Eltern gedeckt werden; deshalb ist der Kinderzuschlag entsprechend zu mindern oder entfällt ganz.“
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In der Gesamtsicht heißt dies, dass trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung wie in § 11 Abs. 1 S. 2 SGB II auch im Zusammenhang des § 82 SGB XII dem jeweiligen Kind nicht nur das Kindergeld, sondern auch der für es selbst bezogene Kinderzuschlag als Einkommen zuzurechnen ist. Der sozialhilferechtliche Gesetzgeber ging ausweislich der Drucksache 15/1514 ohnehin davon aus, die bisher unterschiedliche Anrechnungsregelung vereinheitlicht zu haben. Wenn Kindergeld und Kinderzuschlag das Ziel verfolgen, die Sozialhilfebedürftigkeit von Kindern, d.h. auch des jeweils einzelnen Kindes, zu beseitigen, dann kann nicht im Rahmen der Einkommensberechnung für jugendhilferechtliche Bedarfe, wie den Kindergartenbeitrag, der Ansatz dieser sozialrechtlichen Transfereinkommen bei den Eltern statt bei dem Kind erfolgen, für das diese Transferleistungen fließen.“
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Diese Rechtsauffassung, die sich auch die Beklagte zu Eigen macht, überzeugt die Kammer nicht. Das VG Bayreuth schließt aus der Berechnungsmethode des Kinderzuschlags auf die Frage rück, wer Anspruchsinhaber ist. Dies ist nicht zielführend. Der Gesetzesbegründung ist vielmehr zu entnehmen, dass die Eltern des Kindes anspruchsberechtigt sein sollen (Bundesratsdrucksache von 558/03, 201). So heißt es, die Eltern sollten nicht wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in Anspruch nehmen müssen und durch den Kinderzuschlag einen Arbeitsanreiz erhalten. Diese Zielsetzung könne durch den Kinderzuschlag bei Eltern erreicht werden, die Kindergeld oder eine vergleichbare Leistung erhalten. Dass es um einen Bedarf geht, der sonst von den Eltern gedeckt werden müsste, die Leistung also auch ihnen zugutekommen soll, ergibt sich aus der weiteren Formulierung, soweit ein Kind seinen Bedarf im Sinne des Arbeitslosengeldes II oder Sozialgeld aus eigenem Einkommen oder Vermögen decken könne, müsse dieser nicht von den Eltern gedeckt werden. Anspruchsinhaber des Kinderzuschlag sind nach dem Wortlaut der Vorschrift und deren Sinn und Zweck somit die Eltern.
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Obwohl der Kinderzuschlag nach § 6 a BKGG somit den Klägern zuzurechnen ist und damit grundsätzlich in die Berechnung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach § 90 Abs. 3 SGB VIII einzufließen hat, scheitert eine Berücksichtigung des Geschwisterkindergeldes und -zuschlags an § 83 Abs. 1 SGB XII. Denn diese Leistungen dienen nicht demselben Zweck wie die Übernahme der Teilnahmebeiträge.
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Insoweit lässt sich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 93 Abs. 1 Satz 4 SGB VIII (Kostenbeitrag bei vollstationären Leistungen) fruchtbar machen. Danach sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. § 83 Abs. 1 SGB XII modifiziert diese Formulierung dahin, dass derartige Leistungen nur insoweit als Einkommen zu berücksichtigen sind, als die Übernahme der Teilnahmebeiträge im Einzelfall demselben Zweck dient. Zu § 93 Abs. 1 Satz 4 hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 12.05.2011 (5 C 10/10, BVerwGE 139, 386) ausgeführt:
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„Demgegenüber läuft es dem Zweck des - hier in Rede stehenden - Kindergeldes für die Geschwister des untergebrachten Kindes zuwider, wenn dieses bei der Berechnung des jugendhilferechtlichen Kostenbeitrags als Einkommen der Eltern - hier des Vaters - berücksichtigt wird. Dies hätte zur Folge, dass das Kindergeld für das jeweilige Geschwisterkind mindestens anteilig dem Zugriff des Jugendhilfeträgers zugänglich gemacht würde und in dieser Höhe nicht mehr zugunsten des Kindes, für das es geleistet wurde, verwendet werden könnte; entgegen dem vorgenannten Zweck des für die Geschwister gewährten Kindergeldes würden diese indirekt an den Kostenbeitrag für das untergebrachte Kind beteiligt.“
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Diese Überlegungen betreffen nicht nur das Kindergeld, sondern lassen sich ohne weiteres auf den Kinderzuschlag für das Geschwisterkind übertragen.
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Hinsichtlich der den Regelungen über die Zahlung von Kindergeld und Kinderzuschlag innewohnenden Zweckbindung macht es keinen Unterschied, ob es wie im Rahmen des § 93 SGB VIII um die Heranziehung der Eltern für die Kosten einer Unterbringung eines ihrer Kinder geht oder, wie hier, um die Übernahme von Teilnahmebeiträgen für den Besuch einer Kindertagesstätte durch den Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Auch im Falle der Übernahme eines Teilnahmebeitrages nach § 90 Abs. 3 SGB VIII würde die Berücksichtigung des Geschwisterkindergeldes und -zuschlags im Rahmen der Einkommensberechnung dazu führen, dass dieses mindestens anteilig nicht mehr seiner Zweckbindung entsprechend zugunsten des Geschwisterkindes eingesetzt werden könnte. Denn aufgrund der daraus folgenden Verringerung des Anspruchs auf Jugendhilfeleistungen käme es zu einem indirekten Einsatz des Geschwisterkindergeldes zur Begleichung der Teilnahmebeiträge für das an sich jugendhilfeberechtigte Kind, hier die Tochter L., durch die Eltern. Dies würde, wie im vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall, den eingangs beschriebenen Wertungen zum Einsatz des Kindergeldes für die Belange des Geschwisterkindes zuwider laufen. Insoweit dient die Übernahme der Teilnahmebeiträge nach § 90 Abs. 3 SGB VIII auch nicht demselben Zweck wie das Geschwisterkindergeld. Denn letzteres dient nach den überzeugenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts allein dem Geschwisterkind zur wirtschaftlichen Absicherung. Dieses ist jedoch in das Leistungsgeflecht der §§ 22 bis 24 i.V.m. § 90 Abs. 3 SGB VIII nicht eingebunden. Der abweichenden Rechtsauffassung der Beklagten liegt offenbar der Begriff der sozialhilferechtlichen Bedarfsgemeinschaft von Eltern und ihren Kindern zugrunde. Diese Grundsätze sind hier jedoch nicht anwendbar. Es findet über § 90 Abs. 4 SGB VIII lediglich eine entsprechende Anwendung der Einkommensermittlungsvorschriften des SGB XII statt. In der Sache zu trennen ist aber, ob eine jugendhilferechtliche Leistung dem jeweiligen Kind gewährt wird oder ob es sich um ein nicht in die Jugendhilfeleistungen eingebundenes Geschwisterkind handelt. …“
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Dem ist gemäß § 85 SGB XII die Einkommensgrenze gegenüber zu stellen, die vom Fachamt des Beklagten in den entsprechenden Probeberechnungen für jeden streitbefangenen Monat errechnet worden ist. Dass diese Berechnung falsch sein sollte, ist für das Gericht nicht erkennbar und von den Beteiligten, insbesondere von den Klägern auch nicht geltend gemacht worden.
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Nach alledem unterschreitet das um das Kindergeld für A. und um das Kindergeld und den Kinderzuschlag für ... und ... verminderte Einkommen der Kläger in sämtlichen streitbefangenen Monaten die maßgebliche Einkommensgrenze mit der Folge, dass ihnen eine Kostenbeteiligung nicht zuzumuten ist. Damit sind die Anspruchsvoraussetzungen sämtlich erfüllt.
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dd. Aber selbst wenn das Kindergeld und der Kinderzuschlag, den die Klägerin zu 1. für ihre Tochter A. erhalten hat, Einkommen der Mutter wäre – wovon der Beklagte ausgeht –, so wäre gleichwohl den Klägern eine Kostenbeteiligung nicht zuzumuten. An diesem Ergebnis würde sich selbst dann nichts ändern, wenn der vom Kindesvater ab Februar 2010 geleistete (höhere) Unterhalt für ... A. ebenfalls auf der Einnahmenseite der Klägerin zu 1. zu berücksichtigen wäre. Da die Unterhaltszahlungen des Kindesvaters ...R. andere Einkünfte nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VO zu § 82 SGB XII sind, die nach den vorgelegten Unterlagen des Prozessbevollmächtigten vom Kindesvater monatlich in unterschiedlicher Höhe überwiesen wurden, sind sie als Jahreseinkünfte zu berechnen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 VO zu § 82 SGB XII gilt dann der zwölfte Teil dieser Einkünfte zusammen mit den monatlich berechneten Einkünften als monatliches Einkommen im Sinne des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch.
- 65
Für den streitbefangenen Monat Januar 2010 ergibt sich dann folgende Berechnung:
- 66
Monatliches (anrechenbares) Einkommen laut Beklagter
1.834,22 €
Unterhalt für ... 1/12 = 143,75 € - 75,- €
+ 68,75 €
Abzüglich Kindergeld u. Kindergeldzuschlag ...
- 324,00 €
1.578,97 €
Einkommen über der Einkommensgrenze
- 114,03 €
- 67
Für den streitbefangenen Monat Februar 2010 ergibt sich dann folgende Berechnung:
- 68
Monatliches (anrechenbares) Einkommen laut Beklagter
1.989,74 €
Unterhalt für …. 1/12 = 143,75 € - 135,- €
+ 8,75 €
Abzüglich Kindergeld u. Kindergeldzuschlag ...
- 324,00 €
1.674,49 €
Einkommen über der Einkommensgrenze
- 18,51 €
- 69
Für den streitbefangenen Monat März 2010 ergibt sich dann folgende Berechnung:
- 70
Monatliches (anrechenbares) Einkommen laut Beklagter
2.000,64 €
Unterhalt für …. 1/12 = 143,75 € - 135,- €
+ 8,75 €
Abzüglich Kindergeld u. Kindergeldzuschlag ...
- 324,00 €
1.685,39 €
Einkommen über der Einkommensgrenze
- 7,61 €
- 71
Für den streitbefangenen Monat April 2010 ergibt sich dann folgende Berechnung:
- 72
Monatliches (anrechenbares) Einkommen laut Beklagter
1.998,74 €
Unterhalt für ... 1/12 = 143,75 € - 135,- €
+ 8,75 €
Abzüglich Kindergeld u. Kindergeldzuschlag ...
- 324,00 €
1.683,49 €
Einkommen über der Einkommensgrenze
- 179,51 €
- 73
Für die streitbefangenen Monate Juli und August 2010 ergibt sich dann folgende
- 74
Berechnung:
- 75
Monatliches (anrechenbares) Einkommen laut Beklagter
1.998,74 €
Unterhalt für ... 1/12 = 143,75 € - 135,- €
+ 8,75 €
Abzüglich Kindergeld u. Kindergeldzuschlag ...
- 324,00 €
1.683,49 €
Einkommen über der Einkommensgrenze
- 179,51 €
- 76
Für den streitbefangenen Monat September 2010 ergibt sich dann folgende Berechnung:
- 77
Monatliches (anrechenbares) Einkommen laut Beklagter
2.188,74 €
Unterhalt für ... 1/12 = 143,75 € - 135,- €
+ 8,75 €
Abzüglich Kindergeld u. Kindergeldzuschlag .../ ...
- 514,00 €
1.683,49 €
Einkommen über der Einkommensgrenze
- 431,51 €
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Für den streitbefangenen Monat Oktober 2010 ergibt sich dann folgende Berechnung:
- 79
Monatliches (anrechenbares) Einkommen laut Beklagter
2.274,38 €
Unterhalt für ... 1/12 = 143,75 € - 135,- €
+ 8,75 €
Abzüglich Kindergeld u. Kindergeldzuschlag .../ ...
- 514,00 €
1.769,13 €
Einkommen über der Einkommensgrenze
- 227,87 €
- 80
3. Die Kläger haben schließlich einen spruchreifen Anspruch im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Weder vermitteln die §§ 21 Abs. 6 Satz 1 KiföG M-V und 90 Abs. 3 S. 1 Var. 2 SGB VIII einen Beurteilungsspielraum noch ist jedenfalls die landesrechtliche Anspruchsnorm als Ermessensentscheidung ausgekleidet. Während nach § 90 Abs. 3 S. 1 SGB VIII auf Antrag der Teilnahmebeitrag (= Elternbeitrag) ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werdensoll, ist (Anm.: Hervorhebungen d. d. Gericht) dieser nach § 21 Abs. 6 Satz 1 KiföG M-V zur Übernahme des Elternbeitrages einschließlich der Verpflegungskosten verpflichtet. Damit sieht jedenfalls § 21 Abs. 6 Satz 1 KiföG M-V bei Erfüllung der positiven tatbestandlichen Voraussetzungen eine gebundene Entscheidung vor.
V.
- 81
Die streitige Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
VI.
- 82
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.