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| 1. In der Klageschrift hat die Klägerin den unbeschränkten Antrag gestellt, den Bescheid des Beklagten vom 07.02.2013 und den Widerspruchbescheid des Landratsamts … vom 13.02.2014 aufzuheben. Eine an § 88 VwGO ausgerichtete Auslegung dieses Klagebegehrens ergibt jedoch, dass die Klägerin entgegen dem Wortlaut ihres Antrags von Anfang an nicht die für das Jahr 2012 festgesetzte gesamte Verbandsumlage, sondern nur die Betriebskostenumlage (in Höhe von 271.662,65 EUR), nicht aber auch die Regenüberlaufbeckenumlage (in der vergleichsweise geringen Höhe von 1.470 EUR) beanstanden und zum Gegenstand des Klageverfahrens machen wollte. Dass sie die Regenüberlaufbeckenumlage nicht anfechten will, hat sie bereits im Widerspruchsverfahren und erneut in der Klagebegründung ausdrücklich klargestellt mit der Folge, dass die auf gänzlich anderen rechtlichen Grundlagen beruhende Regenüberlaufbeckenumlage weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren Gegenstand der streitigen Auseinandersetzung waren. |
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| Anders verhält es sich jedoch mit den im Bescheid des Beklagten vom 07.02.2015 außer der Verbandsumlage für 2012 ausdrücklich festgesetzten (zwei) Vorauszahlungen für 2013 in Höhe von jeweils 70.265 EUR. Dass diese Vorauszahlungen nicht angefochten werden sollten, hat die Klägerin im Unterschied zur Regenbeckenüberlaufumlage ausdrücklich nie erklärt. Im Gegenteil hat ihr Prozessbevollmächtigter noch zu Beginn der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass diese Vorausleistungen im Wesentlichen das rechtliche Schicksal der Betriebskostenumlage teilten und deshalb ebenfalls aufzuheben seien, wenn sich die Erhebung der Betriebskostenumlage als rechtswidrig erweisen sollte. |
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| Indem die Klägerin nach Erörterung der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung den ursprünglich gestellten Antrag um den Nebensatz „soweit darin die von der Klägerin an den Beklagten zu zahlende Betriebskostenumlage für das Jahr 2012 festgesetzt wurde“ ergänzt hat, hat sie die Klage beschränkt auf die alleinige Anfechtung der Betriebskostenumlagenfestsetzung für 2012. Hierdurch hat sie ihre Klage in Bezug auf die Festsetzung der beiden Vorausleistungen für 2013 der Sache nach zurückgenommen. Insoweit ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 2 VwGO einzustellen. |
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| 2. Soweit die Klägerin die Klage gegen die Festsetzung der Betriebskostenumlage für 2012 (in Höhe von 271.662,65 EUR) weiterverfolgt (hat), ist die Klage zulässig und begründet. |
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| 2.1 Diese Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Die Kammer sieht in dem (in der Form unverbindlich gefassten) Schreiben des Beklagten vom 07.02.2013 unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls - im Ergebnis ebenso wie die beiden Prozessbeteiligten - (gerade noch) einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 LVwVfG mit dem von der Klägerin angefochtenen Regelungsinhalt, das heißt mit dem Inhalt, dass darin eine von der Klägerin zu leistende Verbandsumlage für das Jahr 2012 (sowie zwei Vorausleistungen für 2013) verbindlich festgesetzt wurden. Zwar wird in diesem Bescheid vom 07.02.2013 gerade mit Wirkung für das Jahr 2012 durch Nennung eines Minusbetrags vordergründig nur eine Gutschrift für 2012 (in Höhe von 9.597,35 EUR) bescheinigt. Doch ist der Gegenstand dieses Schreibens in der Betreffzeile bezeichnet mit „Abrechnung der Verbandsumlage 2012 und Vorauszahlung der Verbandsumlage 2013“. Schon das spricht aus der maßgeblichen Sicht der Adressaten bei objektiver Würdigung aller Umstände und unter Berücksichtigung der jahrelang geübten, den Beteiligten bekannten Verwaltungspraxis (vgl. zur Bedeutung eines solchen Praxis BVerwG, Urteil vom 23.08.2011, NVwZ 2012, 506) dafür, dass es sich nicht nur um eine Gutschrift (infolge zu hoher Vorauszahlungen), sondern um eine endgültige Festsetzung der Verbandsumlage für das gesamte abgelaufene Jahr 2012 handelt. Gestützt wird diese Sichtweise auch durch die explizite Verweisung im Text des Bescheids vom 07.02.2013 auf beigefügte Abrechnungen und Aufteilungen, unter denen sich vor allem eine Aufstellung der von allen Mitgliedsgemeinden geschuldeten Verbandsumlage 2012, u. a. aufgeteilt nach Allgemeiner Umlage (gemeint ist damit ganz offensichtlich die Betriebskostenumlage) und Regenüberlaufbeckenumlage (RÜB-Umlage), befand. Hinzu kommt, dass dem Bescheid des Beklagten vom 07.02.2013 im Widerspruchsbescheid des Landratsamts … vom 13.02.2014 ausdrücklich die Eigenschaft eines (anfechtbaren) Verwaltungsakts zugesprochen wurde (zur Bedeutung einer solchen Qualifikation durch die Widerspruchsbehörde vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.1987, NVwZ 1988, 51; siehe insoweit auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 05.05.2014 - 3 S 1947/12 -, juris; zur Auslegung weitgehend formloser Schreiben, mit denen eine Verbandsumlage geltend gemacht wird, vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.05.1996 - 2 S 590/94 -, juris). |
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| 2.2 Die so zulässige Klage ist auch begründet. Die Festsetzung der Betriebskostenumlage für das Jahr 2012 im Bescheid des Beklagten vom 07.02.2013 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts … vom 13.02.2014 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| Die Festsetzung der Betriebskostenumlage beruht auf § 19 Nr. 1 und 2 Satz 1 und 2 VerbS. Danach werden die Aufwendungen, die dem Verband (dem Beklagten) nach Abzug der Erträge verbleiben, mit der Betriebskostenumlage und der Regenüberlaufbeckenpauschale gedeckt (§ 19 Nr. 1 VerbS). Umlagemaßstab für die Betriebskostenumlage ist eine Trockenwetterabflussmessreihe. Die zu rechnende Messreihe wird durch den Verwaltungsrat festgelegt (§ 19 Nr. 2 Satz 1 und 2 VerbS). Diese satzungsrechtlichen Regelungen haben ihre gesetzliche Grundlage in den §§ 6 Abs. 2 Nr. 5 und 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 GKZ. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 GKZ können Zweckverbände, soweit ihre sonstigen Erträge und Einzahlungen zur Deckung ihres Finanzbedarfs nicht ausreichen, von den Verbandsmitgliedern eine Umlage erheben. Die Maßstäbe für die Umlage sind gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 GKZ so zu bemessen, dass der Finanzbedarf für die einzelnen Aufgaben angemessen auf die Mitglieder verteilt wird. |
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| Aus den zuvor genannten Bestimmungen ergibt sich eine Berechtigung des Beklagten zur Anforderung einer Umlage (als einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Abgabe und Umlage im Sinne von § 45 KAG) durch Verwaltungsakt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.05.1996, a.a.O.), wie das mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 07.02.2013 geschehen ist (siehe oben). |
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| Die von dem Beklagten auf der Grundlage der genannten Bestimmungen der Verbandssatzung und des Gesetzes über die Kommunale Zusammenarbeit (GKZ) vorgenommene Ermittlung und Verteilung der Betriebskosten wird jedoch dem in § 19 Abs. 1 Satz 2 GKZ normierten Gebot der angemessenen Umverteilung auf die Verbandsmitglieder nicht gerecht. |
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| Dabei geht die Kammer davon aus, dass die Grenzen, die bei der Verteilung des Finanzbedarfs eines Zweckverbands auf seine Mitglieder als „angemessen“ im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 GKZ gelten, im Verhältnis zwischen dem Beklagten und den Mitgliedsgemeinden nicht durch das im Recht der Abgabenerhebung allgemein anerkannte Äquivalenzvalenzprinzip bestimmt werden. Denn die Umlage von Verbandslasten ist kein Entgelt für die von dem Verband erbrachte Leistung, sondern Folge der Mitgliedschaft von Gemeinden in dem Verband, den sie selbst gegründet haben oder dem sie später (freiwillig) beigetreten sind. Diese Umlageerhebung bedarf deshalb nicht des Nachweises eines äquivalenten Vorteils für die Umlagepflichtigen. Dementsprechend hat der Satzungsgeber für die Festlegung des Umlagemaßstabs einen weiten Gestaltungsspielraum, der allein durch das Willkürverbot begrenzt wird. Der Beitragsmaßstab kann daher nur dann rechtlich beanstandet werden, wenn er sachwidrig und für das Wirken des Verbands völlig unpassend ist. Ob der Satzungsgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, ist bei einer Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verteilungsmaßstabs nicht von Bedeutung (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 05.05.2014, a.a.O., mit Nachweisen aus der Rspr. des BVerwG’s). |
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| Auch unter Berücksichtigung eines solchen weiten Gestaltungsspielraums erweist sich die Trockenwetterabflussmessreihe als alleiniger Maßstab für die Verteilung der Betriebskosten als sachwidrig und daher als unangemessen im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 2 GKZ, da diese Art der Umlageverteilung die Klägerin gegenüber anderen Mitgliedern des Beklagten in grober Weise benachteiligt. |
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| Mit der von ihm konkret praktizierten Form der Trockenwetterabflussmessungen ermittelt der Beklagte die gesamten Abwassermengen, die von den einzelnen Mitgliedsgemeinden aus ihren kommunalen Schmutz- und/oder Mischwasserkanälen nach einer längeren Trockenwetterphase in den Verbandssammler und von dort in die Kläranlage abgegeben werden. Danach wird die Abwassermenge undifferenziert, allein nach seiner Gesamtmenge, erfasst. Diese Abwassermenge, die von jeder einzelnen Gemeinde in den Verbandssammler abgeleitet wird, wird dann nach der vom Beklagten angewandten Methode ins Verhältnis gesetzt zur gesamten aus allen Mitgliedsgemeinden zufließenden Abwassermenge; dieses Verhältnis entspricht dann dem Verhältnis, nach dem die gesamten Betriebskosten des Beklagten ohne Berücksichtigung, ob es sich bei einzelnen Kostenbestandteilen um Fixkosten oder um variable (mengenabhängige) Kosten handelt, berechnet werden. Der Anteil der Klägerin von 9,544 % an den Betriebskosten im Jahr 2012 entspricht somit ihrem Anteil an der mittels der Trockenwetterabflussmessungen ermittelten Gesamtabwassermenge, die in dem betreffenden Jahr von allen Mitgliedsgemeinden in die Anlagen des Beklagten eingeleitet wurden. Die maßgeblichen Messungen finden nach insoweit unbestrittenen Angaben von Mitarbeitern des Beklagten nur im Zeitraum von April bis Oktober statt und auch in dieser Zeit nur dann, wenn es im gesamten Verbandsgebiet, also auch in den zur Gemarkung der Klägerin gehörenden Gebirgszonen, während einer Zeitdauer von mindestens 48 Stunden, in der Regel sogar mindestens 72 Stunden lang, keine Niederschläge gegeben hat. |
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| Zu den so gemessenen Abwässern gehören in den Gemeinden wie der Klägerin, in denen ausschließlich im Trennsystem entwässert wird, nur das durch Privathaushalte und Gewerbebetriebe verunreinigte Abwasser (Schmutzwasser) sowie das ungewollt über defekte Kanalabschnitte in die Schmutzwasserkanäle eingedrungene (saubere) Fremdwasser. Das nach Regenereignissen abzuführende Niederschlags- bzw. Regenwasser belastet in diesem Trennsystem den Verbandssammler und die Kläranlage weitestgehend nicht, da es über separate Regenwasserkanäle direkt in den Vorfluter abgeleitet wird. Es ist geradezu Zweck der Trennkanalisation, die Kläranlage von den zeitweise großen Mengen an Regenwasser zu entlasten. Nur soweit bei stärkeren Regenereignissen Regenwasser ungewollt auch über Entlüftungs- oder Kontrollschächte in die Schmutzwasserkanäle eindringt, gelangt es auch in den Verbandssammler und die Kläranlage. Das ändert aber nichts daran, dass der allergrößter Teil des Regenwassers nicht in die Schmutzwasserkanäle und von dort in die Verbandsanlagen gelangt und folglich auch nicht die Kläranlage belastet. |
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| Demgegenüber enthält das dem Verbandssammler aus Mischsystemen zugeführte Abwasser über das Schmutz- und Fremdwasser hinaus auch Regenwasser. Dabei wird das zusammen in einem Kanal gesammelte gesamte Mischabwasser während bzw. nach größeren Regenereignissen, bei denen das Regenwasser naturgemäß den ganz überwiegenden Anteil an der gesamten Abwassermenge ausmacht, zunächst in Überlaufbecken gesammelt und von dort unter Berücksichtigung der (maximalen) Kapazitäten der Kläranlage zwar dosiert, aber doch in größeren Mengen in die Verbandsanlagen eingeleitet und dort nach Reinigung in der Kläranlage entsorgt. Das gilt nicht nur in Fällen heftigerer Niederschläge, sondern vor allem auch während längerer Schlechtwetterphasen, in denen es nur leicht oder gelegentlich regnet und in denen zwar keine Zwischenlagerung des gesamten Abwassers in Regenüberlaufbecken erforderlich ist, in denen aber dennoch in der Summe größere Mengen an Regenwasser anfallen, das über die Mischwasserkanäle in die Verbandsanlagen und damit in die Kläranlage eingeleitet wird. All diese zum Teil großen Abwassermengen werden jedoch bei den für die Umlageberechnung maßgeblichen Messreihen weitestgehend nicht erfasst, obwohl auch sie über die Abwasseranlagen des Beklagten entsorgt werden, weil diese Messungen nur nach längeren Trockenphasen durchgeführt werden und das zuvor gefallene Regenwasser bis dahin weitestgehend im Wege dosierter Abgaben in den Verbandssammler abgelaufen ist. |
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| Auf diese Weise wird bei Gemeinden, die - wie die Klägerin - ein Trennsystem unterhalten, strukturbedingt praktisch das gesamte Abwasser, das von ihnen in die Verbandsanlagen des Beklagten eingeleitet wird, zur Grundlage der Messungen und damit zum Maßstab für die Betriebskostenverteilung gemacht. Dazu gehört eben auch das so genannte Fremdwasser, weil dieses auch nach längeren Trockenzeiten - und damit auch in Zeiten, in denen die Messreihen stattfinden - in die Kanäle gelangt. Dieses Fremdwasser macht nach insoweit übereinstimmendem Vortrag aller Beteiligter bei der Klägerin einen großen Anteil an der über die Schmutzwasserkanalisation abgeführten Gesamtabwassermenge aus und wirkt sich deshalb nicht unerheblich auf die Höhe der Betriebskostenumlage aus. Demgegenüber fällt bei den Gemeinden, die entweder flächendeckend oder auch nur zu einem Teil im Mischsystem entwässern, ein großer Teil des in die Verbandsanlagen eingeleiteten Abwassers, nämlich das Regenwasser, bei der Bemessung der Betriebskostenumlage annähernd komplett „unter den Tisch“. |
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| Beide Arten von Abwasser, das Fremdwasser und das Regenwasser, sind jedoch insoweit vergleichbar, als sie weitgehend „sauberes“ Wasser darstellen, das gleichermaßen an sich nicht in die Kläranlage gehört und entweder im natürlichen Wasserhaushalt verbleiben oder direkt, an der Kläranlage vorbei, in den Vorfluter geleitet werden sollte, wie das bei der Trennkanalisation mit dem Regenwasser auch geschieht. Das Regenwasser unterscheidet sich vom Fremdwasser lediglich darin, dass es weit unregelmäßiger und häufig stoßweise, bei oder nach Regenfällen aber meist in Mengen anfällt, die weit über den Mengen an anfallendem Fremdwasser liegen. Dadurch stellt das über Mischwasserkanalisationen in Abwasserbeseitigungsanlagen eingeleitete Regenwasser für diese Anlagen eine weitaus größere Herausforderung dar als das Fremdwasser, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Dimensionierung dieser Anlagen auf diese großen (Regen-)Wassermengen hin ausgelegt sein muss. Das zeigt sich auch am Beispiel der Anlagen des Beklagten mit einer maximalen Durchlaufleistung von 40.000 m3 pro Tag. Dass diese Kapazität weder aufgrund des Anfalls an reinem Schmutzwasser noch aufgrund der Fremdwassermenge erforderlich ist, ergibt sich daraus, dass die Trockenwetterabflussmessungen nach dem Vorbringen des Beklagten außer im Abstand von regelmäßig 72 Stunden vom letzten Regenereignis erst dann stattfinden, wenn der Gesamtabwasserzufluss in der Verbandskläranlage weniger als 10.000 m3 pro Tag beträgt. Das verdeutlicht, dass die gesamten Anlagen des Beklagten eine ganz andere, kostengünstigere Dimension haben könnten, wenn sie nicht für den Anfall großer Regenwassermengen ausgelegt sein müssten, wenn also alle Mitgliedsgemeinden des Beklagten, wie die Klägerin, das in ihrem Gebiet anfallende Regenwasser an diesen Anlagen vorbei leiteten. |
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| Im Verhältnis zu diesen großen Mengen an Regenwasser treten die über defekte Schmutzwasserkanäle in die Verbandsanlagen gelangenden Fremdwassermengen voraussichtlich auch in ihrer auf das gesamte Jahr bezogenen Menge, in jedem Fall aber in der für die bei stärkeren Niederschlägen erforderlichen Dimensionierung und Auslegung der Abwasserbeseitigungsanlagen und damit auch für die Betriebskosten des Beklagten maßgeblichen Menge eher in den Hintergrund. Wenn dennoch einerseits der Fremdwassermenge für die Verteilung der Betriebskosten eine so erhebliche Bedeutung zukommt, wie das bei den Trockenwetterabflussmessungen der Fall ist, und das Fremdwasser im Ergebnis insoweit die gleiche Bedeutung besitzt wie das Schmutzwasser und wenn andererseits das Regenwasser bei der Verteilung der Betriebskosten trotz seiner eher stärkeren Auswirkungen auf die Höhe der gesamten Betriebskosten praktisch keine Rolle spielt, dann bewirkt die von dem Beklagten gewählte Form der Verteilung der Betriebskosten eine nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin, die aufgrund zahlreicher und vielfältiger Ursachen einen überproportional hohen Fremdwassereintrag in ihrer Kanalisation zu verzeichnen hat, dafür aber im Unterschied zu anderen Mitgliedsgemeinden praktisch kein Regenwasser in die Verbandsanlagen einleitet. Eine solche Verteilungsregelung ist hiernach sachwidrig und verstößt damit gegen das Gebot der Angemessenheit in § 19 Abs. 1 Satz 2 GKZ. |
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| Danach erweist sich die Verteilungsregelung in § 19 Nr. 2 Satz 1 VerbS als rechtswidrig und damit nichtig. Nach dieser Vorschrift wird die Trockenwetterabflussmessreihe als einziger Maßstab für die Berechnung der Betriebskostenumlage vorgegeben. Auch wenn sich aus dem Begriff der „Trockenwetterabflussmessreihe“ nicht exakt ergibt, wann, wie oft und unter welchen genauen Umständen die Messungen durchgeführt werden, solche Festlegungen vielmehr nach § 19 Nr. 2 Satz 2 VerbS dem Verwaltungsrat vorbehalten bleiben, so ergibt sich doch sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis als auch aus dem in der Fachwelt üblichen Gebrauch dieses Begriffs (siehe hierzu u. a. Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg, Fremdwasser in kommunalen Kläranlagen, Band 20, 2007, S. 7, und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Arbeitshilfen Abwasser, Anhang A-4.2.1; Geo Lexikon, Stichwort: Trockenwetterabfluss, www.geodz.com/deu/d/Trockenwetterabfluss), dass die danach durchzuführenden Messungen erst nach einer längeren Zeitspanne ohne abflusswirksame Niederschläge zu erfolgen haben. Damit ist die nach den vorstehenden Ausführungen sachwidrige, unangemessene Verteilung der Betriebskosten bereits durch die Verbandssatzung zwingend vorgegeben. |
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| Aufgrund der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit der satzungsrechtlichen Verteilungsregelung erweist sich die festgesetzte Betriebskostenumlage für das Jahr 2012 insgesamt als rechtswidrig, da ohne einen wirksamen Verteilungsmaßstab in der Verbandssatzung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 GKZ kein Beitrag zur Deckung des Finanzbedarfs eines Zweckverbands festgesetzt werden darf. |
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| An der Nichtigkeit des in § 19 Nr. 2 Satz 1 VerbS vorgegebenen Verteilungsmaßstabs ändert sich im Ergebnis auch dann nichts, wenn man in Rechnung stellt, dass Regelungen über die Verteilung von Kosten in einem Zweckverband ebenso wie Kommunalabgaben auch Lenkungszwecke verfolgen und Anreizfunktionen haben dürfen und der Beklagte mit der von ihm gewählten Verteilungsregelung die Absicht verfolgt, die Mitgliedsgemeinden zur Sanierung und Unterhaltung ihrer Abwasserkanäle anzuhalten, um die Menge an unerwünschtem Fremdwasser in seiner Kläranlage so gering wie möglich zu halten. Denn jedenfalls als alleiniger Maßstab für die Betriebskostenumlage führt § 19 Nr. 2 Satz 1 VerbS zu einer sachwidrigen Ungleichbehandlung der Klägerin und damit zu einer unangemessenen, gegen § 19 Abs. 1 Satz 2 GKZ verstoßenden Verteilung der Betriebskosten unter den Mitgliedsgemeinden. |
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| Auf die weiteren zwischen den Beteiligten streitigen Fragen, ob die Betriebskostenverteilung nach Maßgabe der Trockenwetterabflussmessungen auch deshalb sachwidrig ist, weil zum einen mit ihnen nicht hinreichend Rechnung getragen werde, dass es in den Gebirgsregionen auf der Gemarkung der Klägerin deutlich mehr regnet als in den reinen Tallagen einiger Mitgliedsgemeinden, weil zum zweiten mehr als 75 % der Gesamtkosten des Beklagten auf Fixkosten beruhten, die vor allem der Schmutzwasserbeseitigung geschuldet seien, oder weil zum dritten die Kanalisation im Gebiet der Klägerin aufgrund der natürlichen und damit weitgehend unveränderbaren Umstände um ein Vielfaches länger sei als in anderen Gemeinden und allein darauf der höhere Fremdwassereintrag in der Kanalisation der Klägerin beruhe, kommt es damit nicht mehr an. Sie bedürfen deshalb in diesem Verfahren keiner Entscheidung durch die Kammer. |
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| Die Berufung wird gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung folgt hier daraus, dass das Urteil Auswirkungen hat auf alle Abwasserzweckverbände mit unterschiedlichen Abwassersystemen (Misch- und Trennkanalisation), nach deren satzungsrechtlichen Bestimmungen über die Verteilung der Betriebskosten zwar die Fremdwassermenge, nicht aber die Regenwassermenge Einfluss auf die Höhe der Verbandsumlagen hat und dass es bislang an einschlägiger Rechtsprechung zu der Frage fehlt, wie weitreichend die nachteiligen Auswirkungen solcher Verteilungsregelungen für die einzelnen Gemeinden sein dürfen, ohne nach § 19 Abs. 1 Satz 2 GKZ als unangemessen zu gelten. |
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