Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 09. März 2015 - 8 L 57/15.A
Gericht
Tenor
Der Antrag wird - einschließlich des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe - abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Die Einzelrichterin ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes für die Entscheidung zuständig (§ 76 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG).
3Der am 9. Januar 2015 gestellte Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 181/15.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Dezember 2014 anzuordnen,
5hat keinen Erfolg.
6Er ist zwar zulässig, insbesondere hat der Antragsteller die Wochenfrist zur Stellung des Antrages gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG eingehalten. Der Bescheid vom 23. Dezember 2014 wurde ihm am 2. Januar 2015 entsprechend der Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG persönlich zugestellt, weil der Asylantrag nach § 27a AsylVfG abgelehnt wurde. Der Antragsteller hat am 9. Januar 2015 und damit fristgerecht den Eilantrag bei Gericht gestellt.
7Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
8Die vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich - nicht ausschließlich - an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen,
9vgl. zum Maßstab VG Düsseldorf, Beschluss vom 1. August 2014 – 8 L 1195/14.A – m.w.N..
10Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet nach diesem Maßstab keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und geht gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung von der Zuständigkeit Italiens für dessen Prüfung aus. Diese Zuständigkeit ergibt sich entweder, wovon das Bundesamt ausgeht, aus Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin III-Verordnung, oder, nach dem Vortrag des Antragstellers, aus Art. 18 Abs. 1 lit. d) Dublin III-Verordnung.
12Der Antragsteller hat am 5. November 2012 einen Asylantrag in Italien gestellt. Er hat das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten seither nicht verlassen.
13Am 13. September 2013 stellte er während des noch anhängigen Asylverfahrens in Italien einen Asylantrag in der Bundesrepublik. Das Bundesamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Antragstellers nach Italien an. Der Bescheid ist seit dem 22. Oktober 2013 bestandskräftig. Am 7. November 2013 wurde der Antragsteller auf dem Luftweg nach Italien rücküberstellt. Nachdem er zu einem unbekannten Zeitpunkt erneut in das Bundesgebiet eingereist ist, stellte er am 11. September 2014 einen weiteren Asylantrag (Asylfolgeantrag) in der Bundesrepublik.
14Nach der Aktenlage bestehen widersprüchliche Angaben dazu, ob das Asylverfahren in Italien bereits abgeschlossen ist oder nicht. Nach den Angaben des Antragstellers gegenüber dem Bundesamt im Rahmen seiner Asylerstantragstellung im Jahre 2013 ist das italienische Asylverfahren bereits abgeschlossen. Das Bundesamt geht in dem angefochtenen Bescheid vom 23. Dezember 2014 hingegen davon aus, dass das Asylverfahren in Italien weiterhin anhängig ist.
15In beiden Fällen ist Italien indes für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, entweder nach Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin III-Verordnung oder nach Art. 18 Abs. 1 lit. d) Dublin III-Verordnung.
16Die Zuständigkeit Italiens entfällt auch nicht ausnahmsweise deswegen, weil Voraussetzungen vorlägen, unter denen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Durchbrechung des den Bestimmungen der Dublin III-Verordnung zugrunde liegenden Systems des gegenseitigen Vertrauens gerechtfertigt wäre. Dies setzte voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Italien aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär wären, dass anzunehmen wäre, dass dem Antragsteller im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohte,
17vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6/14 –, Juris.
18Nach diesem Maßstab liegen systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien nicht vor,
19vgl. aus der aktuellen Rechtsprechung OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6/14 –; Beschluss vom 5. Juni 2014 – 14 A 1139/14.A –; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 2 LA 308/13 –; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 – 3 L 643/12 –, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 – 10 B 16/14 –; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2014 – 1 B 9/14, 1 PKH 10/14 –; Bayerischer VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 – 13a B 13.30295 –; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Februar 2014 – 10 A 10656/13 –, jeweils Juris.
20Soweit der Antragsteller unter Heranziehung von Berichten und Entscheidungen vorträgt, die Situation habe sich inzwischen geändert, folgt die Einzelrichterin dem nicht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat jüngst entschieden, dass die Überstellung eines jungen gesunden Mannes – wie der Antragsteller – nach Italien keinen durchgreifenden Bedenken unterliegt,
21vgl. EGMR, Entscheidung vom 5. Februar 2015 - Beschwerdenummer 51428/10 -, A.M.E. v. the Netherlands.
22Eine andere rechtliche Bewertung ergibt sich auch nicht aus der im Verfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers vom 26. Januar 2015. Darin legt der Antragsteller eingehend dar, was ihm nach der am 7. November 2013 erfolgten Rücküberstellung von Deutschland nach Italien in der dortigen Aufnahmeeinrichtung in Bari widerfahren sei. Nachdem er zwei Tage in der Aufnahmeeinrichtung in einem Container habe bleiben können, sei ihm am dritten Tag mitgeteilt worden, für ihn sei kein Platz mehr vorhanden, da er in Deutschland einen Asylantrag gestellt habe. Man habe ihm daraufhin die Ausweiskarte für das Essen abgenommen und ihn – ohne die Möglichkeit einer Erklärung und ohne die Hinzuziehung eines Dolmetschers – aufgefordert, das Camp umgehend zu verlassen. Er habe nicht einmal mehr seine Sachen packen dürfen und die Aufnahmeeinrichtung verlassen müssen. Daraufhin habe er etwa eine Woche in einem Park auf einer Bank nächtigen müssen. Dann habe er einen Landsmann kennengelernt, der ihm Obdach gewährt habe.
23Die Einzelrichterin hat – den Vortrag des Antragstellers als wahr unterstellt und mit Blick auf die oben zitierte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 5. Februar 2015 – keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller im Falle einer erneuten Rücküberstellung nach Italien eine derartige Behandlung dort erneut widerfahren wird. Nach seinem Vortrag ist sein Asylverfahren in Italien bestandskräftig negativ abgeschlossen. Im Falle seiner erneuten Rücküberstellung nach Italien müsste er gegebenenfalls dort einen Asylfolgeantrag stellen, was er bei seiner ersten Rücküberstellung Ende 2013 offenbar unterlassen hat. Sollte sich der Antragsteller – wovon das Bundesamt ausgeht – noch im laufenden Asylverfahren in Italien befinden, so müsste er sich zunächst an die dortigen Behörden wenden und seine Rechte als Asylbewerber einfordern; erforderlichenfalls müsste er hierzu gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.
24Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG bestehen ebenfalls keine Bedenken, insbesondere besteht kein innerstaatliches Abschiebungshindernis.
25Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt nicht in Betracht, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den vorstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
27Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG.
28Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.
(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.