Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 27. Sept. 2016 - 2 K 1873/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wurde am 00.0.1961 geboren. Mit Wirkung zum 23. August 1993 wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Studienrätin zur Anstellung ernannt und der Gesamtschule des F. -S. -Kreises (Sekundarstufen I und II) in T. zugewiesen. Während der Probezeit traten krankheitsbedingte Fehlzeiten (unter anderem vom 13. Februar 1995 bis zum 11. Juni 1995) auf. Aus diesem Grunde verlängerte die Bezirksregierung B. unter dem 12. Februar 1997 die Probezeit bis zum 22. August 1998. Mit Wirkung vom 23. August 1998 wurde die Klägerin unter Verleihung der Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit zur Studienrätin ernannt.
3Unter dem 29. Juli 2004 ordnete die Bezirksregierung B. die Klägerin von der Gesamtschule des F. -S. -Kreises an die in X. gelegene B1. -F1. -Gesamtschule mit Wirkung zum 1. September 2004 (bis zum 11. Februar 2005) ab. Dagegen erhob die Klägerin unter dem 6. August 2004 Widerspruch. Sie wies darauf hin, dass sich die Fahrtdauer von ihrer Wohnung bis zur neuen Schule bei normaler Verkehrslage auf eine Stunde belaufe. Die Wegstrecke betrage 68 Kilometer. Zu Zeiten des Berufsverkehrs sei mit noch erheblich längeren Fahrtzeiten zu rechnen. Zudem habe ihr Hausarzt, Dr. B2. , unter dem 7. Juni 2004 empfohlen, sie nur noch in einem Umfang von 50% im Lehrerberuf einzusetzen. Der damit einhergehende Entlastungseffekt liefe bei der zukünftig zu bewältigenden Wegstrecke weitestgehend leer. Unter dem 13. August 2014 wies die Bezirksregierung B. die Klägerin darauf hin, dass sie aufgrund ihres dienstlichen Verhaltens an der Gesamtschule des F. -S. -Kreises nicht mehr tragbar sei. So habe sie beispielsweise von der Schulleitung schriftlich zur Vorlage von Klausuren aufgefordert werden müssen und sich geweigert, das Ergebnis einer genehmigungspflichtigen Klausur schriftlich zu begründen. Auch habe sie genehmigungspflichtige Klausuren nicht vorgelegt und mehrfach Klausuren erst verspätet zurückgegeben. Schließlich habe die Klägerin durch ihren „schroff-abweisenden“ Umgang mit Kollegen, ihrer fehlenden Kommunikation und Kooperation, ihrer Unwilligkeit, langfristig zielgerichtet sowie angemessen und lernförderlich mit den Lernenden umzugehen und ihrer fehlenden Vorbildfunktion den Schuldfrieden gestört. Der Klägerin solle an der B1. -F1. -Gesamtschule ein Neuanfang ermöglicht werden. Eine Möglichkeit, sie an einer Gesamtschule in der näheren Umgebung einzusetzen, habe mangels Bedarfs nicht bestanden. An der B1. -F1. -Gesamtschule bestünde indessen dringender Fachbedarf an dem von der Klägerin unterrichteten Fach Spanisch.
4Das Verwaltungsgericht B. wies einen gegen die Abordnung eingelegten Rechtsschutzantrag der Klägerin mit Beschluss vom 28. Januar 2005 (2 L 1520/04) ab. Die dagegen erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wies sie mit Beschluss vom 25. April 2005 (6 B 243/05) zurück. Unter dem 9. Februar 2005 hatte die Bezirksregierung B. die Abordnung der Klägerin an die B1. -F1. -Gesamtschule bis zum Schuljahresende (31. Juli 2005) verlängert. Auch dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 9. Mai 2006 erklärte die Klägerin, die Widerspruchsverfahren nicht weiter verfolgen zu wollen.
5Mit Schreiben vom 7. Juli 2005 hörte die Bezirksregierung B. die Klägerin dazu an, sie mit Beginn des Schuljahres 2005/2006 an der näher gelegenen I. -Gesamtschule in X1. abzuordnen. Hiermit erklärte sich die Klägerin einverstanden. Daraufhin ordnete die Bezirksregierung sie bis zum 31. Juli 2006 an die letztgenannte Schule ab. Diese Abordnung verlängerte die Bezirksregierung bis zum 31. Juli 2007. Im Einverständnis der Klägerin erfolgte bereits zum 1. November 2006 (bis zum 31. Juli 2007) ihre Abordnung an das D. -S1. -Gymnasium I1. . Auch an dieser Schule stellten sich erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten ein. Unter dem 13. Juli 2007 ordnete die Bezirksregierung B. die Klägerin an die Gesamtschule I2. in I1. ab (bis zum 31. Juli 2008). Gegen diese Abordnung erhob die Klägerin ebenfalls Widerspruch.
6Nach weiteren langandauernden Erkrankungen versetzte die Bezirksregierung B. die Klägerin mit Bescheid vom 12. März 2009 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand. Dagegen erhob die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht B. Klage (2 K 1118/09). Diese Klage nahm sie mit Schriftsatz vom 25. Januar 2011 zurück.
7Nach Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit ernannte das beklagte Land die Klägerin im August 2011 erneut zur Studienrätin und wies sie – unter Ermäßigung ihrer Pflichtwochenstundenzahl - der X2. -C. -Gesamtschule in C1. zu.
8Auch in der Folgezeit stellten sich mehrfach längere Zeiten der dienstunfähigen Erkrankung ein. Vom 18. Juli 2013 bis zum 18. September 2013 befand sich die Klägerin im stationären Aufenthalt der N. X3. Psychiatrische Klinik in S2. -F2. . Breits unter dem 15. Juli 2013 hatte sie ihre Versetzung unter anderem nach T1. beantragt.
9Zum 1. Februar 2014 wurde die Klägerin an die städtische Gesamtschule T1. – Sekundarstufen I und II – und damit in den Regierungsbezirk Düsseldorf versetzt. Ihren Dienst trat sie dort krankheitsbedingt nicht an. Die Klägerin war ausweisliche eines Attests des Facharztes für Psychiatrie I3. vom 26. März 2014 bis zum 24. April 2014 dienstunfähig erkrankt. Die Einleitung eines Verfahrens zur betrieblichen Wiedereingliederung lehnte die Klägerin am 1. April 2014 unter Hinweis auf eine in Kürze anstehende amtsärztliche Untersuchung ab.
10Nach dem Gutachten des Gesundheitsamtes der Stadt X4. vom 17. April 2014 leidet die Klägerin seit Jahren an einer Anpassungsstörung mit Einschränkungen der psychomentalen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit und immer wiederkehrenden lang anhaltenden depressiven Episoden. Die volle Dienstfähigkeit sei aus diesen Gründen nicht gegeben und werde voraussichtlich auch unter Berücksichtigung des bisherigen Krankheitsverlaufs und fehlgeschlagener Versuche, die Tätigkeit als Lehrerin wieder aufzunehmen, auch bei adäquater Therapie innerhalb des nächsten halben Jahres nicht wieder hergestellt werden. Es bestünde eine dauernde Dienstunfähigkeit. Bei entsprechendem Therapieverlauf wäre eine betriebliche Wiedereingliederung zur Erprobung der Belastbarkeit im Berufsleben und mit dem Ziel der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit frühestens in 1 bis 1 ½ Jahren sinnvoll. Eine Nachuntersuchung werde nicht für erforderlich gehalten.
11Mit Schreiben vom 30. Juni 2014 machte die Klägerin geltend, sie habe gute Erfahrungen im Verlaufe der Hospitation an der städtischen Gesamtschule in T1. gemacht. Sie traue sich zu, dort gut arbeiten zu können und beantrage daher eine erneute amtsärztliche Untersuchung.
12Am 16. Juli 2014 untersuchte das Gesundheitsamt der Stadt X4. die Klägerin erneut. Nach der amtsärztlichen Stellungnahme vom 17. Juli 2014 hätten sich keine wesentlichen Änderungen hinsichtlich des Krankheitsverlaufs ergeben. Die vorgeschlagene Wiedereingliederungsmaßnahme von 4 Wochenstunden ab dem 18. August 2014 bis zum 1. Februar 2015 und 8 Wochenstunden ab dem 2. Februar 2015 werde wegen der damit einhergehenden geringen Belastung befürwortet. Beim erneuten Scheitern dieser Maßnahme trotz der geringen dienstlichen Belastung wären dann allerdings alle Möglichkeiten zur Vermeidung einer dauernden Dienstunfähigkeit ausgeschöpft.
13Unter dem 21. Juli 2014 ermäßigte die Bezirksregierung die Pflichtwochenstunden auf 4 (für die Zeit vom 18. August 2014 bis einschließlich zum 31. Januar 2015) beziehungsweise 8 Stunden (für die Zeit vom 1. Februar 2015 bis zum 28. Juni 2015).
14Nachdem die Klägerin erneut dienstunfähig erkrankte und die Wiedereingliederung aus Sicht der Bezirksregierung Düsseldorf aus diesem Grunde gescheitert war, hörte sie die Klägerin unter dem 6. November 2014 zur beabsichtigten Zurruhesetzung an.
15Mit Bescheid vom 10. Februar 2015 versetzte die Bezirksregierung Düsseldorf die Klägerin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand. Zur Begründung gab sie an, die Klägerin sei seit dem 10. September 2014 erneut dienstunfähig erkrankt. Ihre stufenweise Wiedereingliederung sei gescheitert.
16Die Klägerin hat am 9. März 2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor: Sie sei nicht dienstunfähig. Die Zurruhesetzung sei voreilig erfolgt, das Ergebnis der Wiedereingliederung habe die Beklagte nicht abwarten wollen. Davon abgesehen beruhten ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf einer jahrelangen fürsorgepflichtswidrigen Verwendung der Klägerin. Sie sei bis zum 31. August 2004 der Gesamtschule des F. -S. -Kreises zugewiesen gewesen. Zwar sei im Anschluss hieran ihrem Antrag auf Reduzierung der Pflichtwochenstundenzahl entsprochen worden, im Gegenzug sei sie jedoch zur weit entfernt gelegenen B1. -F1. -Gesamtschule in X. abgeordnet worden. Die sich hieran anschließenden Verwendungen hätten es ebenfalls an der gebotenen Rücksichtnahme fehlen lassen. Schließlich sei unbeachtet geblieben, dass die Klägerin eine dienstliche Verwendung im Rahmen des Projektes „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ hätte finden können.
17Die Klägerin beantragt,
18den Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 10. Februar 2015 aufzuheben.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Zur Begründung trägt die Bezirksregierung Düsseldorf vor, dass der Klägerin nach ihrer Versetzung in den Regierungsbezirk Düsseldorf ein „Neustart“ ermöglicht werden sollte. Ihr sei ein „Arbeitsversuch“ mit einer außergewöhnlich geringen Belastung eingeräumt worden. Auch diesen habe sie aber nicht erfolgreich ableisten können. Soweit die Klägerin mehrere Verletzung der Fürsorgepflichten ihres Dienstherrn rüge, sei dies für die Frage des Vorliegens der Dienstunfähigkeit nicht entscheidungserheblich.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
25Der angegriffene Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 10. Februar 2015 ist formell wie materiell rechtmäßig, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
26Zunächst bestehen keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung. Die Klägerin ist unter dem 6. November 2014 angehört worden. Die nach den §§ 66, 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9LPVG erforderliche Zustimmung des Personalrats hat dieser am 29. Januar 2015 erteilt. Die nach § 18 Abs. 2 LGG zu beteiligende Gleichstellungsbeauftragte hat keine Einwände erhoben. Ferner wurde die Schwerbehindertenvertretung über die beabsichtigte Zurruhesetzung der Klägerin unterrichtet.
27Die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
28Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist (sog. vermutete Dienstunfähigkeit). Die gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG landesrechtlich zu bestimmende Frist beträgt gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW im Land Nordrhein-Westfalen sechs Monate.
29Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Feststellung der nachgewiesenen wie auch der vermuteten Dienstunfähigkeit ist derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung, also hier der Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung vom 10. Februar 2015.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 – 2 C 7.97 ‑, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 ‑, juris.
31Der Begriff der Dienstunfähigkeit ist spezifisch beamtenrechtlicher Art. Er stellt – im Unterschied zu den rentenversicherungsrechtlichen Begriffen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung – nicht allein auf die Person des Beamten ab, sondern knüpft auch an die Bedürfnisse des Dienstherrn, dabei insbesondere die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb an. Dementsprechend kommt es nicht allein und ausschlaggebend auf Art und Ausmaß der einzelnen körperlichen Gebrechen oder sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen, die objektiven ärztlichen Befunde und deren medizinische Qualifikation als solche an, sondern letztlich darauf, ob der Beamte aufgrund seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten fähig oder ggf. auch dauernd unfähig ist. Nicht erforderlich ist dabei, dass die Fähigkeit zur Dienstleistung schlechthin verloren gegangen ist. So liegt eine dauernde Dienstunfähigkeit selbst dann vor, wenn etwa durch eine Vielzahl in relativ kurzen Zeitabständen immer wieder auftretender – sei es gleicher oder zum Teil unterschiedlicher – Erkrankungen von längerer Dauer, die auf eine Schwäche der Gesamtkonstitution und eine damit verbundene Anfälligkeit des Beamten schließen lassen, der Dienstbetrieb empfindlich und unzumutbar beeinträchtigt wird und wenn eine Besserung des Zustandes in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist.
32Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 -, juris, Rn. 42.
33Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten ist das zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, d.h. die Gesamtheit der bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteten Dienstposten, auf denen er amtsangemessen eingesetzt werden kann. Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Beamte die Aufgaben bewältigen kann, die das konkret-funktionelle Amt, also der Dienstposten, mit sich bringt.
34Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 -, juris, Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 -, juris, Rn. 46; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 -, juris, Rn. 44.
35Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist.
36Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 -, juris, Rn. 14, und vom 30. August 2012 - 2 C 82.10 -, juris, Rn. 11 und OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2016 – 6 A 915/14 -, juris, Rn. 72.
37Im Bereich des Schuldienstes ist jede Schule als Beschäftigungsbehörde im vorstehenden Sinne anzusehen.
38Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rn. 46, 53.
39Hiernach ist im Falle der Klägerin Dienstunfähigkeit anzunehmen. Ihr war zuletzt das abstrakt-funktionelle Amt einer Studienrätin an der städtischen Gesamtschule in T1. übertragen worden. Ein Dienstposten, der ihrem Statusamt zugeordnet war, und dessen Anforderungen die Klägerin gesundheitlich gewachsen gewesen wäre, stand im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung bei der Beschäftigungsbehörde nicht zur Verfügung. Nach dem amtsärztlichen Gutachten des Gesundheitsamtes der Stadt X4. vom 17. April 2014 leidet die Klägerin unter anderem unter Depressionen mit deutlicher Einschränkung der psychomentalen Belastbarkeit. Sie sei auf Dauer nicht mehr in der Lage, ihre Dienstpflichten im derzeitigen Aufgabenbereich zu erfüllen. Diese amtsärztliche Feststellung ist – auch und insbesondere angesichts des langjährigen Krankheitsverlaufs – nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Hierin fügt sich, dass die Klägerin selbst die mit einer äußerst geringen Belastung (vier Pflichtwochenstunden) verbundene Wiedereingliederung aus gesundheitlichen Gründen abbrechen musste.
40Der Einwand der Klägerin, ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen resultierten insbesondere aus der fürsorgepflichtwidrigen Abordnung zum 1. September 2004 an die B1. -F1. -Gesamtschule in X. , ist unerheblich und unzutreffend.
41Für die Frage Dienstunfähigkeit ist es in dem vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend, auf welche Umstände sie zurückzuführen ist. Auch eine fürsorgepflichtwidrige Abordnung – für die hier nichts spricht - führt entgegen der in der Klagebegründung geäußerten Rechtsauffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht dazu, dass das beklagte Land von der Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit hätte Abstand nehmen müssen. Im Gegenteil verbleibt ihm kein dahingehender Entscheidungsspielraum mehr, wenn der Beamte – wie hier – aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seinen Dienst zu verrichten.
42Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2016 – 6 A 915/14 -, juris, Rn. 70, unter Hinweis darauf, dass der Dienstherr bei Dienstunfähigkeit des Beamten zur Zurruhesetzung verpflichtet ist und ihm insoweit kein Ermessensspielraum eröffnet ist.
43Ohne dass es hierauf entscheidend ankommt, merkt die Kammer mit Blick auf den Kern des klägerischen Vortrags an, dass die gerügte Abordnung keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Das Verwaltungsgericht B. hat mit rechtskräftigem
44- vgl. insoweit den die Beschwerde zurückweisenden Beschluss des OVG NRW vom 25. April 2005, 6 B 243/05 -
45Beschluss vom 28. Januar 2005 (2 L 1520/04) ausgeführt:
46„Es spricht viel dafür, dass die Bezirksregierung B. das für die Abordnung der Antragstellerin nach § 29 Abs. 1 LBG erforderliche dienstliche Bedürfnis zu Recht bejaht hat. (…). Ein solches dienstliches Bedürfnis besteht vorliegend deshalb, weil sich aus der Gesamtheit der dem Gericht vorliegenden Vorgängen ergibt, dass das Verhältnis der Antragstellerin zu der Schulleitung und Teilen des Kollegiums sowie den von ihr unterrichteten Schülern erheblichen Spannungen unterlegen hat und der reibungslose Ablauf des Schulbetriebes dadurch nicht mehr gewährleistet gewesen ist. So ist in den überreichten Verwaltungsvorgängen aktenkundig, dass die Antragstellerin häufig aus von ihr geltend gemachten und ärztlich attestierten Krankheitsgründen dem Dienst fern geblieben ist, ohne es der Schulleitung zu ermöglichen, sinnvolle Vertretungsregelungen zu treffen. So hat sich die Antragstellerin vielfach kurzfristig und für wenige Tage krank gemeldet und anschließend weitere Dienstunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht, so dass sich die Schulleitung außer Stande sah, vorausschauend die Vertretung der Antragstellerin durch andere Lehrkräfte des Kollegiums zu regeln. Hierdurch ist es zu Unterrichtsausfällen in so erheblichem Umfang gekommen, dass eine reibungslose und kontinuierliche Unterrichtung der Schüler nicht mehr gewährleistet war. In einer solchen Situation besteht im Interesse der Wiederherstellung und Sicherung eines ungestörten Schulbetriebes ein dienstliches Bedürfnis daran, einem Spannungszustand, wie er sich vorliegend um die Person der Antragstellerin entwickelt hat, entgegenzuwirken (…)
47So ist namentlich der Umstand, dass die neue Dienststelle etwa 60 bis 65 Km von ihrem Wohnort entfernt ist, nicht geeignet, ein das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Abordnung überwiegendes privates Interesse der Antragstellerin darzutun. Zum einen ist die neue Dienststelle der Antragstellerin ohne weiteres mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, so dass die Antragstellerin bei ungünstigen Wetterlagen auf diese zurückgreifen kann. Zum anderen ist die nur mit 13 Wochenstunden beschäftigte Antragstellerin nicht gehalten, an jedem Tag an ihrer neuen Dienststelle zu erscheinen. Vielmehr ist der Stundenplan der neuen Schule in X. so gestaltet, dass die Antragstellerin nur an drei Wochentagen (Dienstag, Mittwoch und Donnerstag) unterrichten muss. (…)“
48Dieser Bewertung schließt sich die Kammer an.
49Es liegt auch kein Verstoß gegen die Pflicht des beklagten Landes vor, eine anderweitige Verwendung der Klägerin zu prüfen. Nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Dies ist nach § 26 Abs. 2 BeamtStG der Fall, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
50Die Suchpflicht entfällt aber, wenn feststeht, dass der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind.
51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. November 2015 - 6 A 1364/14 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
52Die letztgenannten Voraussetzungen lagen hier vor. Durch das Scheitern der mit einer äußerst geringen Belastung verbundenen Wiedereingliederung ist nach den nachvollziehbaren amtsärztlichen Feststellungen hinreichend zum Ausdruck gekommen, dass die Klägerin im vorgenannten Sinne keinerlei Dienst mehr verrichten kann.
53Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 27. Sept. 2016 - 2 K 1873/15
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 27. Sept. 2016 - 2 K 1873/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
(1) Nach Ablauf der Frist (§ 31 Abs. 2, § 32 Abs. 2) ist der Plan in einem nötigenfalls an Ort und Stelle abzuhaltenden Termin (Planprüfungstermin) mit den Beteiligten zu erörtern. Im Fall des § 32 tritt an die Stelle des Plans das Verzeichnis gemäß § 31 Abs. 2.
(2) Zu dem Termin sind zu laden
- 1.
der Bund, - 2.
von den sonstigen Beteiligten außer dem Eigentümer diejenigen, die Einwendungen erhoben haben, - 3.
die Gemeinde und der Landkreis.
(3) Der Ladung des Eigentümers ist ein Auszug aus dem Plan, der die ihn berührenden Teile des Plans enthält, beizufügen.
(4) Das Verfahren wird auch bei Nichterscheinen der zum Termin Geladenen fortgesetzt.
(5) In der Ladung ist auf die Vorschriften des Absatzes 4 und des § 34 hinzuweisen.
(6) Tag und Ort des Termins sind, soweit sie nicht durch die Gemeinde ortsüblich bekanntgemacht werden, durch die Enteignungsbehörde in den Zeitungen bekanntzumachen, die in den für die Grundstücke zuständigen Orten verbreitet sind. Hierbei sind diejenigen, deren Rechte durch das Enteignungsverfahren beeinträchtigt werden, aufzufordern, ihre Rechte im Termin wahrzunehmen.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 1. März 2012 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf die Wertstufe bis 45.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der am 5. Januar 1971 geborene Kläger trat erstmals am 1. September 1993 in den Dienst der Beklagten. Zunächst absolvierte er im Beamtenverhältnis auf Widerruf seinen Vorbereitungsdienst als Stadtinspektoranwärter. Nach dem Ablegen der Laufbahnprüfung war er vom 1. September 1997 bis zum 30. September 1998 vorübergehend im Angestelltenverhältnis beschäftigt und wurde im Sozialamt der Beklagten eingesetzt. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1998 wurde er als Stadtinspektor z.A. in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen und am 1. März 2000 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Stadtinspektor ernannt. Am 1. Februar 2002 wurde er zum Stadtoberinspektor (A 10 BBesO) befördert und war weiterhin im Sozialamt tätig.
4Ab dem 1. April 2005 wurde er infolge der Umstrukturierung der Arbeits- und Sozialverwaltung der B. /M. Q. B1. GmbH zunächst befristet aufgrund der Verfügung vom 26. April 2005 zur Dienstleistung zugewiesen. Später erfolgte die Zuweisung mit Verfügung vom 14. Juni 2005 ab dem 1. Juli 2005 unbefristet im Rahmen des Personalgestellungsvertrags zwischen der Beklagten und der B. /M. Q. B1. GmbH und der hierzu abgeschlossenen Dienstvereinbarung zwischen der Beklagten und dem Personalrat. Er wurde im B. -Servicebüro C. -T. eingesetzt.
5Der Kläger ist seit dem 1. Januar 2007 mit einem Grad der Behinderung von 50 als Schwerbehinderter anerkannt.
6Im April 2009 verstarb die Mutter des Klägers. Ab dem 24. Juni 2009 bis zum 17. Januar 2010 war der Kläger erstmals längerfristig dienstunfähig erkrankt. Zuvor hatte er – nach seinen Angaben, denen die Beklagte nicht widersprochenen hat – über neun Monate eine erkrankte Kollegin vertreten müssen.
7Am 9. September 2009 wandte sich der Kläger an die Beklagte mit der Bitte, ihn von der Personalgestellung zu entbinden und ihm wieder bei der Stadtverwaltung einen amtsangemessenen Dienstposten zuzuweisen. Er sei seit dem 24. Juni 2009 krankgeschrieben (Anpassungsstörung, Burn-Out-Syndrom und psychovegetatives Erschöpfungssyndrom). Von einer Rückkehr an seinen bisherigen Arbeitsplatz im Fallmanagement der B. M. Q. B1. GmbH sei laut den behandelnden Ärzten abzuraten, da sonst von einer Verschlimmerung des Gesundheitszustandes ausgegangen werden müsse. Die Ursachen für die Erkrankung seien in den Rahmenbedingungen seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit zu suchen. Zum Beleg reichte er eine ärztliche Bescheinigung des Neurologen H. von der Paracelsus-Klinik Osnabrück vom 28. August 2009 ein.
8In der Zeit vom 18. Januar bis zum 12. März 2010 erfolgte eine Wiedereingliederungsmaßnahme auf der bisherigen Arbeitsstelle des Klägers bei der B. M. Q. B1. GmbH, allerdings aufgrund des ärztlichen Attestes sowie des Wiedereingliederungsplans im „Back-Office-Bereich“. Während der Wiedereingliederung war der Kläger vom 17. Februar bis zum 26. Februar 2010 krankgeschrieben. In einem Personalgespräch am 8. März 2010 teilte Herr K. , Geschäftsführer der B. M. Q. B1. GmbH, dem Kläger mit, wie zufrieden er mit seiner Arbeitsleistung sei.
9Am 22. März 2010 ging bei der Beklagten ein ärztlicher Befundbericht des Oberarztes des Klinikums für Rehabilitation in C. T. , Dr. L. , ein. Danach befand sich der Kläger dort seit dem 9. September 2009 in ambulanter psychiatrischer Behandlung wegen depressiver Symptome wie ständiger Müdigkeit, Lustlosigkeit, sozialen Rückzugs, Unzufriedenheit etc. Er sei durch die Arbeit mit schwer vermittelbaren Kunden überfordert und sehr stark belastet gewesen. Auch wenn unter der Behandlung eine Besserung habe erreicht werden können, sei er durch die Arbeitsplatzsituation weiter belastet, so dass eine Versetzung in die Stadtverwaltung befürwortet werde. Durch eine Herausnahme aus dem Spannungsfeld werde es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer weiteren Stabilisierung des Befundes kommen.
10Vom 23. bis zum 26. März 2010 war der Kläger erneut dienstunfähig erkrankt. Unter dem 26. März 2010 wandte sich eine Mitarbeiterin der B. /M. Q. B1. GmbH fernmündlich an die Beklagte und wies darauf hin, dass die Leistungseinschätzung des Herrn K. vom 8. März 2010 „zu optimistisch“ gewesen sei. Der Kläger sei mittlerweile lange ausgefallen, verursache Personalkosten und blockiere eine Stelle. Da die Beklagte keine Möglichkeit eines Einsatzes des Klägers auf einer freien „adäquaten Stelle“ sah, wurde für den 1. April 2010 ein Betriebsarzttermin vereinbart und – nach Auswertung der Befunde – die Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit in Aussicht genommen.
11Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. April 2010 forderte der Kläger die Beklagte auf, seinen Antrag vom 9. September 2009 auf Zuweisung eines amtsangemessenen Dienstpostens bei der Stadtverwaltung zu bescheiden. Die Zuweisung vom 14. Juni 2005 an die B. /M. Q. B1. GmbH sei mangels Befristung unwirksam.
12Die Beklagte bat am 20. April 2010 auf Veranlassung des Betriebsarztes T1. den Facharzt für Neurologie sowie für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L1. aus C1. , ein fachärztliches Gutachten zur Feststellung der Einsatz- und Dienstfähigkeit des Klägers zu erstellen.
13Unter dem 15. Juli 2010 erinnerte die Beklagte den Kläger an die Vorlage des fachärztlichen Gutachtens des Dr. L1. , das ihm zur Vorlage an sie (seine Arbeitgeberin) zugeleitet worden sei. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 19. Juli 2010, dass ihm eine Vorlage des Gutachtens an den Dienstherrn problematisch und unnötig erscheine. Es sei bereits an den Arbeitsmediziner weitergeleitet worden, der die entsprechende Bewertung vornehme. Eine Kopie der Ziffer VI. („Beantwortung der gestellten Fragen im Einzelnen“) des fachärztlichen Gutachtens des Dr. L1. vom 7. Juli 2010 fügte der Kläger allerdings bei. Darin wird ausgeführt:
14„1. Liegt eine neurologisch-psychiatrische Erkrankung vor?
15Herr S. leidet an einem depressiven Syndrom auf dem Boden einer selbstunsicheren Persönlichkeitsstruktur.
162. Ist Herr S. geeignet, seinen Dienst uneingeschränkt zu verrichten?
17Es besteht die hohe Gefahr, dass Herr S. an seiner alten Arbeitsplatzstelle erneut in alte Muster zurückfällt und damit überfordert ist. Es steht zu erwarten, dass er erneut ein depressives Syndrom entwickelt. Ich empfehle die Versetzung an einen Arbeitsplatz mit klaren Strukturen und weniger Publikumsverkehr.
183. Wie ist seine Leistungsfähigkeit einzuschätzen?
19Grundsätzlich sei seine allgemein körperliche und psychische Leistungsfähigkeit altersentsprechend normal, es bestünden keine kognitiven Einschränkungen.
204. Ist eine Weiterbeschäftigung an der jetzigen Dienststellung aus fachärztlicher Sicht möglich?
21Wie bereits oben ausgeführt, empfehle ich eine Versetzung, um eine erneute psychische Dekompensation mit der Gefahr einer Erwerbsminderung zu vermeiden.
225. Wenn eine Erkrankung vorliegt, wie ist die Prognose?
23Abhängig von den Arbeitsmodalitäten und der Fortführung der psychotherapeutischen Behandlung ist die Prognose als günstig einzustufen.“
24Die Beklagte forderte unter dem 26. August 2010 beim Gesundheitsamt des Kreises I. , Frau Dr. N. , ein amtsärztliches Gutachten zur Einsatz- und Dienstfähigkeit des Klägers an. Zur Begründung erläuterte sie, der Kläger sei vom 24. Juni 2009 bis zum 17. Januar 2010 ununterbrochen dienstunfähig gewesen. Vom 18. Januar bis zum 12. März 2010 sei eine stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben erfolgt. Die Frage der Einsatz- und Dienstfähigkeit sei ungeklärt. Der Kläger beantrage jedoch, ihn aus gesundheitlichen Gründen auf eine adäquate Stelle im Rathaus zu versetzen. Um die Angelegenheit abschließend bearbeiten zu können, fehle der Beklagten eine Entscheidungsgrundlage. Der Kläger erhielt eine Abschrift dieses Schreibens.
25Der Kläger erhob am 3. September 2010 Klage vor dem Verwaltungsgericht Minden (4 K 2249/10) mit dem Antrag, ihm einen amtsangemessenen Dienstposten im Bereich der Verwaltung der Beklagten zuzuweisen.
26Mit Bescheid vom 2. Dezember 2010 ordnete die Beklagte den Kläger befristet für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2011 zur Wahrnehmung von Aufgaben nach dem SGB II zum Kreis M. ab. Der Landrat des Kreises übertrug dem Kläger Aufgaben nach dem SGB II im Jobcenter M. pro B1. im Fallmanagement.
27Die Amtsärztin und Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie F. teilte der Beklagten unter dem 17. Dezember 2010 das Ergebnis der Begutachtung der Einsatz- und Dienstfähigkeit des Klägers (Untersuchung vom 30. November 2010) mit. Darin führte sie aus:
28„Ergebnis der Beurteilung:
29Bei Herrn S. zeigt sich nach einer ausführlichen Exploration unter Berücksichtigung der vorliegenden Daten folgendes Bild:
30Es ist eine mittelgradige depressive Episode (ICD 10 F 32.1) mit Stimmungseinbrüchen, vorwurfsvoller Ratlosigkeit, Erschöpfung und Antriebsminderung festzustellen. Die Flexibilität des Denkens ist leicht gemindert, deutlich gemindert ist das Vitalgefühl. Diese Störung hat sich entwickelt auf dem Boden einer Persönlichkeitsstruktur mit dependenten und narzisstischen Anteilen, ohne dass klinisch von einer Persönlichkeitsstörung gesprochen werden kann. Hierzu würde gehören, dass Herr S. sein Verhalten nicht der jeweiligen Situation anpassen kann, was ihm in der Untersuchungssituation bei Erörterung verschiedener, mit der Anamneseerhebung zusammenhängender Themen jedoch meist gelang auch bei raschem Themenwechsel.
31Dies von ihnen gestellten Fragen werden wie folgt beantwortet:
321. Ist Herr R geeignet, uneingeschränkt seinen Dienst zu versehen?
33Bei Herrn S. ist die Dienstfähigkeit aufgrund der o. b. gesundheitlichen Störung in einigen Bereichen eingeschränkt.
342. Wie ist seine Leistungsfähigkeit einzuschätzen?
35Er ist 8 Stunden in Tagschicht dienstfähig. Aufgrund der psychischen Störung ist ein Einsatz in Tätigkeiten, die eine vermehrte Empathie beim Umgang mit Publikum, eine erhöhte Handlungsbereitschaft, die Verantwortungsübernahme für andere Personen und eine uneingeschränkte Umstellungsfähigkeit erfordern, nicht möglich. Außerdem ist von einer verringerten körperlichen Belastbarkeit bei Adipositas, Hypertonus und kürzlich diagnostizierter Blutzuckerstörung auszugehen, da die Entwicklung eines metabolischen Syndroms vermieden bzw. aufgehalten werden sollte.
363. Sprechen zwingende Gründe gegen eine Weiterbeschäftigung auf einem geeigneten Dienstposten bei der M. pro B1. ?
37Aufgrund seiner Sozialisation und aufgrund seiner Erfahrungen wäre Herr S. bei einem Einsatz in der o. g. Dienststelle ein Mitarbeiter, der zwar seine Arbeit machen würde, da er dies auch als einen wesentlichen Bestandteil seines Selbstbildes sieht; jedoch wäre seine Motivation eher niedrig und die auf Dauer zu erwartenden Ausfallzeiten hoch. Zum einen würde die psychische Störung anhalten, da Herr S. sich dann sehr gekränkt fühlen würde, zum anderen wäre die Ausbildung multipler psychosomatischer Beschwerden bei Vorliegen chronischer körperlicher Einschränkungen (s.o.) zu erwarten. Dabei handelt es sich nicht um einen bewussten, der Kontrolle unterlegenen Zustand.
384. Wie sieht die Prognose für die Zukunft aus?
39Es ist nicht davon auszugehen, dass sich – selbst bei Maximierung der therapeutischen Bemühungen – eine wesentliche Änderung dieser Situation während der weiteren Dienstzeit des Beamten ergibt. Zu den maximalen therapeutischen Bemühungen würde eine Wiederaufnahme der bereits beendeten psychotherapeutischen Gespräche gehören. Eine antidepressive Therapie mit Medikamenten ist bei der Störung (reaktiv) und der körperlichen Befindlichkeit nicht unbedingt zu empfehlen.
405. Ist mit einer dauernden Dienstunfähigkeit zu rechnen, die mit der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand verbunden ist?
41Zurzeit nicht.
42Zur Erhaltung der Dienstfähigkeit, Verbesserung oder Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit sind folgende Behandlungsmaßnahmen Erfolg versprechend:
43ambulante ärztliche Behandlung
44(…)“
45Mit Bescheid vom 14. Januar 2011 hob die Beklagte die Abordnungsverfügung vom 2. Dezember 2010 mit Ablauf des 15. Januar 2011 auf und setzte den Kläger ab dem 16. Januar 2011 im Fachbereich 61 – Stadtplanung und Umwelt – bei der Stadtverwaltung ein. Daraufhin erklärten der Kläger und die Beklagte das Verfahren 4 K 2249/10 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt.
46In einem Personalgespräch am 25. Mai 2011, an dem auch die Fachdienstleiterin, Frau O. , sowie Herr E. und Herr U. teilnahmen, wurde dem Kläger vorgehalten, dass Arbeitsmenge und Arbeitsgüte nicht den Anforderungen entsprächen. Ihm fehle das Basiswissen und es bestünden grundlegende Verständnisschwierigkeiten für Verfahrensabläufe. Es gebe Probleme selbst bei einfachsten Verwaltungsaufgaben und es mangele an Sorgfalt. Dabei seien ihm noch nicht einmal alle Aufgaben übertragen worden, die zu der lediglich nach A 9 bewerteten Stelle gehörten. Der Kläger verwies auf Versagensängste und mangelndes Selbstbewusstsein. Zudem habe er den Eindruck, „der Depp“ zu sein.
47In einem weiteren Personalgespräch vom 28. Juli 2011 (anwesend Frau O. , Herr E. , Herr L2. vom Personalrat und Herr U. ) wurde dem Kläger erläutert, dass er sich zwar im Bereich Protokollführung verbessert habe, aber insgesamt gesehen die Erwartungen noch nicht erfülle.
48Im nächsten Mitarbeitergespräch am 6. Oktober 2011 (anwesend Frau O. , Herr E. , Herr L2. , Herr U. ) wurden dem Kläger mangelnde Eigenverantwortung und Selbstständigkeit vorgehalten sowie Zieldefinitionen und Arbeitsverteilung besprochen.
49Während seiner Tätigkeit im Fachdienst 61 war der Kläger durchgängig in psychiatrischer Betreuung und an einzelnen Tagen dienstunfähig erkrankt.
50Unter dem 31. Oktober 2011 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Missbilligung aus, weil er ohne Genehmigung vom Dienst ferngeblieben sei. In dem dagegen beim Verwaltungsgericht Minden angestrengten Klageverfahren (4 K 944/12) hob die Beklagte die Missbilligung auf, nachdem das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass dem Kläger wohl kein eine Missbilligung rechtfertigender Vorwurf gemacht werden könne. Es dürfte durch ärztliche Bescheinigungen belegt sein, dass in einem nicht vorhersehbaren Eilfall die Begleitung der Ehefrau (während der Dienstzeit) medizinisch zwingend gewesen sei.
51Mit Verfügung vom 16. November 2011 setzte die Beklagte den Kläger in den Service- und Ordnungsdienst (Fachdienst 32) um und setzte ihn dort als Verkehrsüberwachungshelfer ein.
52Am 29. November 2011 erkrankte der Kläger und trat bis zu seiner Zurruhesetzung den Dienst nicht wieder an.
53Mit Schreiben vom 16. Januar 2012 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit an. Sie verwies auf die Diagnosen Anpassungsstörung, Burn-out-Syndrom und psychovegetatives Erschöpfungssyndrom. Er sei vom 24. Juni 2009 bis zum 17. Januar 2010 ununterbrochen dienstunfähig gewesen. Danach sei eine stufenweise Wiedereingliederung erfolgt. Er habe die Umsetzung auf einen anderen Dienstposten beantragt. Auf der Grundlage des deshalb angeforderten amtsärztlichen Gutachtens vom 17. Dezember 2010 sei nach einer anderen Verwendungsmöglichkeit gesucht worden und zum 16. Januar 2011 die Umsetzung in den Fachdienst 61 (Stadtplanung und Umwelt) erfolgt. Aber selbst den Anforderungen dieses im Vergleich zu seiner Besoldungsstufe (A 10) geringer bewerteten Dienstpostens (A 9) sei er nicht gewachsen gewesen. Nach einer Einarbeitungszeit von zehn Monaten habe er weniger als 50 % der geschuldeten Dienstleistung erbracht. Damit genüge er nicht einmal den Anforderungen einer annähernd amtsangemessenen Beschäftigung. Sie (die Beklagte) habe sich intensiv bemüht, eine leidensgerechte Beschäftigung zu finden, und ihn zum 16. November 2011 in den Service- und Ordnungsdienst umgesetzt. Dort habe er krankheitsbedingt den Dienst erst am 21. November 2011 aufgenommen und sich nach sechs Arbeitstagen am 29. November 2011 erneut krankgemeldet. Insgesamt sei seit dem 24. Juni 2009 weder eine amtsangemessene noch eine leidensgerechte Verwendung möglich, so dass es keine Alternative zur Versetzung in den Ruhestand gebe.
54Der Kläger hielt dem mit Schreiben vom 3. Februar 2012 entgegen, dass die Voraussetzungen für eine Zurruhesetzung ersichtlich nicht vorlägen. Die Behauptung, er genüge offensichtlich „nicht einmal den dienstlichen Anforderungen einer annähernd amtsangemessenen Beschäftigung“, sei falsch und geeignet, eine Verletzung der Fürsorgepflicht zu begründen. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass seine Schwerbehinderung gewürdigt worden sei.
55Die Beklagte nahm zu diesen Einwänden unter dem 7. Februar 2012 Stellung und führte ergänzend aus, zur zukünftigen Prognose werde auf das amtsärztliche Gutachten vom 17. Dezember 2010 verwiesen. Danach sei nicht davon auszugehen, dass sich – selbst bei Maximierung der therapeutischen Bemühungen – eine wesentliche Änderung der Situation während der weiteren Dienstzeit ergebe. Obwohl er allenfalls „annähernd amtsangemessene“ Aufgaben in einem Umfang von weniger als 50 % wahrgenommen habe, seien ihm zahlreiche und häufig gravierende Fehler unterlaufen. Seine Schwerbehinderung sei berücksichtigt worden, insbesondere habe sie (die Beklagte) intensiv nach einer leidensgerechten Beschäftigung gesucht. Die Umsetzung in den Service- und Ordnungsdienst sei in einem Personalgespräch am 21. November 2011 mit dem Kläger einvernehmlich abgestimmt worden.
56Mit Verfügung vom 1. März 2012 versetzte die Beklagte den Kläger mit Ablauf des 31. März 2012 in den Ruhestand. Da sich seit dem Anhörungsschreiben vom 16. Januar 2012 und der Stellungnahme vom 7. Februar 2012 keine Veränderungen ergeben hätten, werde die Dienstunfähigkeit festgestellt.
57Am 28. März 2012 hat der Kläger Klage erhoben.
58Vom 7. März bis zum 25. April 2012 hat sich der Kläger einer stationären Behandlung in der Psychiatrischen Klinik I. unterzogen. Der dort tätige Arzt Dr. L. hat die Diagnose einer schweren depressiven Episode gestellt. Eine anschließende ambulante Psychotherapie ist im Juni 2012 beendet worden.
59Das Verwaltungsgericht hat aufgrund seines Beschlusses vom 24. September 2013 Beweis erhoben zu der Frage, „ob der Kläger am 02.03.2012 (Datum der Zustellung des Bescheides) wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig im Sinne der §§ 26 Abs. 1 BeamtStG, 33 LBG war, durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens des Amtsarztes des Kreises I. “.
60Die Amtsärztin, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. X. , hat in ihrem amtsärztlichen psychiatrischen Gutachten vom 10. Dezember 2013 (versehentlich datiert unter dem 8. März 2012) zusammenfassend zur Beantwortung der Beweisfrage ausgeführt:
61„1. Herr S. war am 02.03.2012 nicht dienstfähig. Vom 07.03. - 25.04.2012 erfolgte eine stationäre psychiatrische Akutbehandlung aufgrund einer schweren depressiven ‚Episode. Diese hatte sich bereits im Vorfeld seit Ende 11/2011 entwickelt. Aus psychiatrischer Sicht besteht jedoch kein Anlass, zum damaligen Zeitpunkt von dauerhafter Dienstunfähigkeit auszugehen. Dafür spricht auch die relativ zeitnahe Genesung des Klägers mit Symptomfreiheit 06/2012. Der stationäre Behandlungsbericht macht keine Angaben zur Arbeits- bzw. Dienstfähigkeit zum Zeitpunkt der Entlassung am 25.04.2012. Es wird lediglich ein „erfreulich verbesserter Gesundheitszustand“ erwähnt.
62Hr. Dr. L. berichtet im Telefonat vom 26. November 2013 von einer zeitnahen und umfassenden Stabilisierung bis 06/2012. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass 03/2012 aus fachärztlicher psychiatrischer Sicht kein Anhalt dafür vorlag, dass es sich bei der damaligen Dienstunfähigkeit um eine dauerhafte handelte. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Dienstunfähigkeit aufgrund anderer gesundheitlicher Gründe bestand.
632. Am 02.03.2012 war Herr S. dienstunfähig. Soweit rückblickend beurteilbar, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er 07/2012 wieder dienstfähig war. Bereits damals wäre ein erneuter Einsatz im bisherigen Verwaltungsbezirk problematisch zu beurteilen gewesen. Aufgrund der Angaben des damals behandelnden Facharztes ist jedoch formal von einer vollen Dienstfähigkeit aus psychiatrischer Sicht auszugehen.“
64Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt 63 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
65Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage ausgeführt, die Beklagte habe den Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“ nicht beachtet. Eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit sei nicht geprüft worden. Zudem sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Tatsachen von einer Dienstunfähigkeit ausgegangen werde. Die Bezugnahme auf ein amtsärztliches Gutachten vom 17. Dezember 2010 für eine erst am 1. März 2013 getroffene Entscheidung sei nicht zulässig. Im Übrigen komme dieses zu dem Ergebnis, dass eine dauernde Dienstunfähigkeit nicht vorliege. Die unstreitig aufgetretenen gesundheitlichen Probleme hätten ihre Ursache in spezifischen Gegebenheiten gehabt, die mit seiner Dienstfähigkeit im Allgemeinen nichts zu tun hätten. Das vom Gericht eingeholte Gutachten komme zu einem eindeutigen Ergebnis, so dass die Beklagte den angefochtenen Bescheid von sich aus aufheben solle.
66Der Kläger hat beantragt,
67den Bescheid der Beklagten vom 1. März 2012 aufzuheben.
68Die Beklagte hat beantragt,
69die Klage abzuweisen.
70Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ihre Argumentation aus dem Anhörungsverfahren wiederholt und ergänzend geltend gemacht, dass dem vom Gericht eingeholten Gutachten nicht zu folgen sei. Die Fachärztin habe keine einzige Rücksprache mit Vertretern der Beklagten geführt. Die tiefen Eindrücke, die der Kläger sowohl bei Kollegen als auch bei Vorgesetzten und dem Personalrat über einen mehrjährigen Zeitraum hinterlassen habe, würden ein anderes Bild zeichnen als es die Gutachterin vermittle. Ein Einsatz in einem anderen „Verwaltungsbezirk“ – wie in dem Gutachten angeregt – sei nicht möglich, da es bei ihr (der Beklagten) keine unterschiedlichen Verwaltungsbezirke gebe.
71Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 13. März 2014 die Gutachterin Dr. X. als sachverständige Zeugin zu ihrem Gutachten vom 10. Dezember 2013 ergänzend informatorisch angehört. Wegen des Ergebnisses dieser Befragung wird auf die Sitzungsniederschrift (Blatt 87 bis 89 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
72Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 13. März 2014 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei zwar formell rechtswidrig, weil die Beklagte entgegen § 95 Abs. 2 SGB IX die Schwerbehindertenvertretung bei der Zurruhesetzung nicht beteiligt habe. Daraus folge nach § 46 VwVfG NRW aber kein Aufhebungsanspruch des Klägers. Denn die Beklagte hätte wegen der Dienstunfähigkeit des Klägers nicht anders entscheiden können, als ihn in den Ruhestand zu versetzen.
73Die Versetzung des Klägers in den Ruhestand mit Verfügung vom 1. März 2012 sei materiell rechtmäßig. Der Kläger sei im Erlasszeitpunkt seit mehr als drei Monaten dienstunfähig gewesen (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). In Bezug auf seine gesamte Konstitution und die Umstände seiner Amtsführung nach der Wiedereingliederung am 16. Januar 2011 sei er den Anforderungen seines abstrakt-funktionellen Amtes bei der Beklagten aus gesundheitlichen Gründen dauernd nicht gewachsen gewesen. Nach den der Behörde zur Verfügung stehenden Erkenntnissen sei auch eine Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit innerhalb von weiteren sechs Monaten unwahrscheinlich gewesen (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW). Das ergebe sich auf der Grundlage des gerichtlich eingeholten Gutachtens der Frau Dr. X. vom 10. Dezember 2013 nebst ihren ergänzenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung. Danach hätten die unstreitig bestehenden Probleme des Klägers während seiner Tätigkeit im Fachdienst 61 im Jahr 2011 ihre maßgebliche Ursache in seiner geistig-seelischen Verfassung, nämlich einer bereits 2010 diagnostizierten psychischen Symptomatik. Es sei davon auszugehen, dass die dienstlichen Probleme des Klägers im Jahr 2011 mit seinen psychischen Problemen in ursächlichem Zusammenhang gestanden hätten. Wegen der weiteren Begründung des angefochtenen Urteils wird auf die Entscheidungsgründe (Seiten 12 bis 18 der Urteilsabschrift) verwiesen.
74Gegen das am 27. März 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. April 2014 die Zulassung der Berufung beantragt und am 26. Mai 2014 seinen Antrag begründet. Mit Beschluss vom 6. August 2015, zugestellt am 7. August 2015, hat der Senat die Berufung zugelassen.
75Der Kläger macht mit seiner am 31. August 2015 eingegangenen Berufungsbegründung geltend, er sei im Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung nicht dauernd dienstunfähig gewesen. Auch habe die Beklagte alternative Verwendungsmöglichkeiten nicht hinreichend untersucht und die Schwerbehindertenvertretung in rechtswidriger Weise nicht beteiligt. Der in der fehlenden Beteiligung liegende Verfahrensfehler sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Bereits aus der Formulierung des § 95 Abs. 2 SGB IX folge, dass dessen Verletzung zu einem Anspruch auf Aufhebung des Verwaltungsaktes führe und die Unbeachtlichkeitsregelung nicht anwendbar sei. Unabhängig davon wäre bei Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung mutmaßlich ein anderer Kausalverlauf zu beobachten gewesen. Denn im Zeitpunkt, in dem die Beteiligung hätte erfolgen müssen, hätte kein die Dienstunfähigkeit des Klägers bescheinigendes ärztliches Gutachten vorgelegen. Vielmehr hätte die Schwerbehindertenvertretung darauf bestanden, ein aktuelles ärztliches Gutachten einzuholen, und auf den Einsatz des Klägers auf einem leidensgerechten Dienstposten hingewirkt. Unabhängig davon folge aber auch aus dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten der Amtsärztin Dr. X. nicht seine (des Klägers) dauernde Dienstunfähigkeit. Die Amtsärztin stelle vielmehr ausdrücklich fest: „Aus psychiatrischer Sicht besteht jedoch kein Anlass, zum damaligen Zeitpunkt von dauerhafter Dienstunfähigkeit auszugehen.“ Weiter führe sie aus: „Aufgrund der Angaben des damals behandelnden Facharztes ist jedoch formal von einer vollen Dienstfähigkeit aus psychiatrischer Sicht auszugehen.“ Die daraus vom Verwaltungsgericht gezogenen Schlussfolgerungen seien überraschend und unlogisch. Soweit die Gutachterin auf das „zerrüttete Dienstverhältnis“ verweise, folgere das Verwaltungsgericht daraus zu Unrecht, dass aufgrund seiner (des Klägers) Persönlichkeit ein Einsatz überhaupt nicht mehr möglich sei. Unabhängig davon verkenne das Verwaltungsgericht, dass schwerbehinderten Beschäftigten amtsangemessene leidensgerechte Dienstposten zur Verfügung gestellt werden müssten. Die Beklagte habe überdies keinerlei Ermittlungen darüber angestellt, ob ein anderweitiger Einsatz möglich gewesen wäre.
76Der Kläger beantragt,
77das angefochtene Urteil abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 1. März 2012
78aufzuheben.
79Die Beklagte beantragt,
80die Berufung zurückzuweisen
81Die Beklagte bekräftigt, dass im Zeitpunkt der Zurruhesetzung eine dauerhafte Dienstunfähigkeit vorgelegen habe. Das ergebe sich bereits aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 17. Dezember 2010, wonach – selbst bei Maximierung der therapeutischen Bemühungen – keine Änderung der Situation zu erwarten gewesen sei. Diese Prognose der Dienstunfähigkeit sei durch die gescheiterten Eingliederungsversuche bestätigt worden. Eines weiteren Gutachtens habe es nicht bedurft. Aber auch aus dem vom Verwaltungsgericht eingeholten amtsärztlichen Gutachten folge nichts anderes. Es enthalte keine eindeutige Aussage, dass die volle Dienstfähigkeit sechs Monate nach der Zurruhesetzung eingetreten wäre. Alternative Verwendungsmöglichkeiten hätten nicht bestanden und bestünden auch weiterhin nicht. Im Fachdienst 61 habe der Kläger selbst nach zehn Monaten Einarbeitungszeit weniger als 50 % der geschuldeten Dienstleistung erbracht. Nach seiner Umsetzung in den Service- und Ordnungsdienst sei er nach wenigen Tagen erneut erkrankt und sei seitdem ununterbrochen dienstunfähig.
82Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Gerichtsakten 4 K 2249/10 und 4 K 944/12 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
83II.
84Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 130a VwGO, weil er sie einstimmig für begründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält.
85Die Berufung hat Erfolg. Die dem angefochtenen Urteil zu Grunde liegende Anfechtungsklage ist zulässig und begründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 1. März 2012, mit dem der Kläger zum mit Ablauf des 31. März 2012 in den Ruhestand versetzt worden ist, ist rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
86Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an.
87Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 – 2 C 68.11 –, juris, Rn. 11, m.w.N.
88Dies ist im Streitfall die Entscheidung über die Versetzung des Klägers in den Ruhestand vom 1. März 2013, zugestellt am 2. März 2013. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger war nicht dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG.
89Nach der Legaldefinition des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist ein Beamter auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Dieser Grundtatbestand wird in dem darauffolgenden Satz um eine Beweiserleichterung ergänzt. Danach kann als dienstunfähig auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW) die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Trotz Verwendung des Wortes „kann“ räumt die Vorschrift kein Handlungsermessen in dem Sinne ein, dass trotz bejahter Dienstunfähigkeit noch von einer Zurruhesetzung abgesehen werden könnte.
90Vgl. OVG NRW, Urteile vom 4. November 2015 – 6 A 1364/14 –, juris, Rn. 40, vom 3. Februar 2015 – 6 A 371/12 – , juris, Rn. 106, und Beschluss vom 28. Juli 2014 – 6 A 1311/13 –, juris, Rn. 13 f., m.w.N.
91Für die Annahme der Dienstunfähigkeit reicht es nicht aus, dass der Beamte die Aufgaben des von ihm wahrgenommenen Amtes im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) nicht mehr erfüllen kann. Denn Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist.
92Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 –, juris, Rn. 2, und Urteile vom 26. März 2009 – 2 C 73.08 –, juris, Rn. 14, sowie vom 23. September 2004 – 2 C 27.03 –, juris, Rn. 12; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 –, juris, Rn. 44 ff.
93Reicht die Leistungsfähigkeit des Beamten für einen Teil der amtsangemessenen Dienstposten aus, sind diese aber besetzt, so hängt die Dienstunfähigkeit von den personellen und organisatorischen Gegebenheiten bei der Beschäftigungsbehörde ab. Der Beamte ist weiterhin dienstfähig, wenn ein geeigneter Dienstposten entweder für ihn freigemacht oder durch organisatorische Änderungen eingerichtet werden kann. Daran fehlt es, wenn derartige Maßnahmen die sachgemäße und reibungslose Erfüllung der dienstlichen Aufgaben beeinträchtigen würden. Störungen des Betriebsablaufs dürfen nicht über das Maß hinausgehen, das mit Änderungen vorübergehend zwangsläufig verbunden ist.
94Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009, a.a.O., Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009, a.a.O., Rn. 50 f.
95Unter Beachtung dieser Grundsätze ist nicht erkennbar, dass bei der beklagten Stadt kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Klägers zugeordnet und für den er gesundheitlich geeignet ist.
96Nach dem vom Verwaltungsgericht eingeholten amtsärztlichen Gutachten der Amtsärztin, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. X. vom 10. Dezember 2013 war der Kläger am 2. März 2012 zwar nicht dienstfähig; er habe sich aufgrund einer schweren depressiven Episode in einer stationären Akutbehandlung (7. März bis 24. April 2012 in der psychiatrischen Klinik I. ) befunden. Aus psychiatrischer Sicht bestehe jedoch kein Anlass, zum damaligen Zeitpunkt von dauerhafter Dienstunfähigkeit auszugehen. Auch Dr. L. , der behandelnde Arzt in der psychiatrischen Klinik I. , habe im Telefonat vom 26. November 2013 von einer zeitnahen und umfassenden Stabilisierung bis Juni 2012 berichtet, so dass aus fachärztlicher psychiatrischer Sicht kein Anhalt dafür vorgelegen habe, dass es sich bei der damaligen Dienstunfähigkeit um eine dauerhafte gehandelt habe.
97Der Senat sieht keinen Anhalt, entgegen diesen amtsärztlichen Feststellungen die Dienstunfähigkeit des Klägers im Zeitpunkt der Zurruhesetzung anzunehmen. Dem begutachtenden Arzt ist zwar nicht die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen. Vielmehr wird er als Sachverständiger tätig, auf den der Dienstherr – bzw. im jetzigen Verfahrensstand das Gericht – angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Arzt muss deshalb den Gesundheitszustand des Beamten feststellen und medizinisch bewerten, dagegen ist es Aufgabe der Behörde und ggf. des Gerichts, hieraus die Schlussfolgerungen zur Beurteilung der Dienstfähigkeit des Beamten zu ziehen. Sie müssen die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Dies gilt insbesondere für die Feststellung, welche Folgen sich aus den vom Arzt festgestellten Leistungseinschränkungen für die amtsbezogenen Dienstpflichten ergeben.
98Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 –, juris, Rn. 18.
99Die ärztlichen Feststellungen und medizinischen Bewertungen des Gesundheitszustandes des Klägers tragen danach nicht die der Zurruhesetzungsverfügung zu Grunde liegende Feststellung der dauerhaften Dienstunfähigkeit des Klägers.
100Die oben beschriebenen Schlussfolgerungen der Amtsärztin zur Dienstfähigkeit ergeben sich vielmehr schlüssig und überzeugend aus der in ihrem amtsärztlichen Gutachten dargestellten Anamnese, der Untersuchung des Klägers sowie den aufgeführten Diagnosen. Daraus folgt insbesondere auch, dass die im Zeitpunkt der Zurruhesetzung bestehende Dienstunfähigkeit nicht als dauerhaft angesehen werden konnte. Hinsichtlich der Erkrankung des Klägers – Diagnose „Anpassungsstörung (ICD-10: F 43.21) mit längerer depressiver Reaktion“ und „einmalige schwere depressive Episode“ – wird eine zeitnahe und gute Stabilisierung im Rahmen der einmaligen stationären Akutbehandlung festgestellt. Die medikamentöse antidepressive Behandlung sei bereits bis Mai 2012 abgesetzt worden. Im weiteren Verlauf sei der Kläger gut genesen, habe sich zunehmend zufriedener und aktiver gezeigt, so dass die Behandlung im Juni 2012 habe abgeschlossen werden können. Der Kläger sei zu diesem Zeitpunkt symptomfrei gewesen.
101Nichts Abweichendes ergibt sich daraus, dass die Amtsärztin das „bisherige Arbeitsverhältnis“ als „zerrüttet“ bezeichnet und „aufgrund der erheblich belastenden Umstände der Zurruhesetzung“ den Einsatz „in einem anderen Verwaltungsbezirk“ als empfehlenswert angesehen bzw. einen „erneuten Einsatz im bisherigen Verwaltungsbezirk“ als „problematisch“ beurteilt hat. Aus diesen Ausführungen der Amtsärztin folgt insbesondere nicht, dass der Kläger für keinen nach seinem statusrechtlichen Amt in Betracht kommenden Dienstposten bei der Beklagten mehr gesundheitlich geeignet gewesen wäre. Der Umstand, dass ein Dienstverhältnis „zerrüttet“ ist, gibt unmittelbar nichts dafür her, inwieweit – bei einer weiteren Beschäftigung bei demselben Dienstherrn – vom Vorliegen einer Dienstunfähigkeit in Bezug auf den betreffenden Beamten auszugehen ist. Hinzu kommt, dass die Amtsärztin den Einsatz in einem „anderen Verwaltungsbezirk“ lediglich „empfiehlt“. Dass dies für die Frage der Dienstfähigkeit letztlich nicht entscheidend ist, wird durch die erläuternden Ausführungen der Amtsärztin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht weiter bestätigt. Danach geht sie zwar davon aus, dass das Dienstverhältnis bei der Beklagten „empfindlich gestört“ ist. Sie relativiert dies jedoch zugleich, indem sie lediglich „empfiehlt“, dass „noch einmal geprüft“ werden solle, ob nicht ein Einsatz in einem „übergeordneten Gebilde“ oder „Bezirk“ wie dem Kreis M. in Betracht komme. Dies aber auch nur für den Fall, dass nicht ohnehin ein Konsens zwischen den Beteiligten gefunden werden käme. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass die Amtsärztin einen Einsatz des Klägers auf jedem in Betracht kommenden Dienstposten bei der Beklagten aus gesundheitlichen Gründen von vornherein ausschließen wollte, lassen sich dem nicht entnehmen.
102Auch die weiteren ergänzenden Einschätzungen der Amtsärztin in der mündlichen Verhandlung bestätigen die Annahme, dass der Kläger im Zeitpunkt der Zurruhesetzung nicht dauerhaft dienstunfähig war. Sie bekräftigt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auf Nachfrage, sie gehe davon aus, dass der Kläger bezogen auf den Zeitpunkt 2. März 2012 innerhalb eines halben Jahres völlig problemlos bei seiner Behörde wieder hätte eingesetzt werden können. Er sei nämlich im Jahr 2011 nicht dauerhaft erkrankt gewesen. Ferner sehe sie mit Blick auf die Diagnose in Übereinstimmung mit den anderen Gutachtern keine Anhaltspunkte für eine Persönlichkeitsstörung. Bis 2009 habe eine gute Situation ohne Auffälligkeiten bestanden. Daher sei davon auszugehen, dass die Probleme des Klägers akut, zeitlich begrenzt und kontextabhängig seien. So sei es im Fallmanagement – u.a. durch den eigenen hohen moralischen und ethischen Anspruch des Klägers an seine Amtsführung – zu einer Überforderungssituation gekommen. In Bezug auf die Stelle in der Stadtplanung habe die Problematik besonders auf zwischenmenschlichen Konflikten beruht. Sie gehe davon aus, dass der Kläger auf einer Stelle, die seine Erfahrungen berücksichtige, dienstfähig sei.
103Angesichts dieser Feststellungen der Amtsärztin, kann – entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts – auch nicht angenommen werden, dass der Kläger dienstunfähig war, weil er wegen seiner geistig-seelischen Konstitution nicht mehr imstande gewesen sei, seine Pflicht zur harmonischen Zusammenarbeit mit den übrigen Bediensteten oder seinen Vorgesetzten zu erfüllen, und dadurch den Verwaltungsablauf erheblich beeinträchtigt hätte.
104Vgl. zu solchen Fällen OVG NRW, Urteile vom 14. Mai 2013 – 6 A 1883/09 –, juris, Rn. 70 ff., und vom 11. März 2009 – 6 A 2615/05 –, juris, Rn. 46 ff.
105Die Amtsärztin stuft die Probleme des Klägers – wie dargestellt – ausdrücklich als „akut, zeitlich begrenzt und kontextabhängig“ ein. Dies lässt die Feststellung, dass der Kläger generell, also in Bezug auf jeden für ihn in Betracht kommenden Dienstposten, dienstunfähig war, nicht zu.
106Der von der Beklagten zur Begründung der Zurruhesetzungsverfügung (vgl. das Anhörungsschreiben vom 16. Januar 2012) und auch im gerichtlichen Verfahren angeführte Umstand, der Kläger habe im Fachdienst 61 selbst auf einem um eine Besoldungsstufe geringer bewerteten Dienstposten (A 9 anstelle A 10) weniger als 50 % der geschuldeten Dienstleistung erbracht, gibt für die Frage der dauerhaften Dienstunfähigkeit nichts her. Denn es handelt sich insoweit lediglich um eine fachliche Minderleistung, die als solche über die Dienstfähigkeit nichts aussagt. Aber selbst unterstellt, die von der Beklagten festgestellten Leistungsdefizite wären in der geistig-seelischen Konstitution des Klägers begründet gewesen, ist nicht erkennbar, dass dies auf Dauer und in Bezug auf jeden Dienstposten Auswirkungen gehabt hätte. Denn ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens beruhte die Problematik in der Stadtplanung besonders auf zwischenmenschlichen Konflikten in dieser personellen Konstellation.
107Soweit die Beklagte vorträgt, alternative Verwendungsmöglichkeiten hätten nicht bestanden und bestünden auch derzeit nicht, erschöpft sich das Vorbringen in einer nicht näher begründeten Behauptung. Allein der Umstand, dass „Eingliederungsversuche gescheitert“ seien, belegt dies nicht, zumal diese in der Stadtplanung – wie dargestellt – von zwischenmenschlichen Konflikten und in der Verkehrsüberwachung offenbar von der Übertragung unterwertiger Tätigkeiten („von der Kompetenz nicht wertgeschätzt“) gekennzeichnet waren. Dass ansonsten keine für den Kläger in Betracht kommenden Dienstposten zur Verfügung gestanden, ggf. auch hätten frei gemacht oder eingerichtet werden können, ist nicht ersichtlich.
108Das Gutachten der Amtsärztin, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie F. vom 17. Dezember 2010, auf das die Beklagte die Zurruhesetzungsverfügung u.a. gestützt hat und das sie auch im gerichtlichen Verfahren heranzieht, verlangt keine abweichende Entscheidung. Diesem Gutachten kommt in Bezug auf die hier streitgegenständliche Frage der Dienstunfähigkeit des Klägers im Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung vom 1. März 2012 keine hinreichende Aussagekraft zu. Dabei kann dahinstehen, ob dies bereits allein aus dem Umstand folgt, dass das Gutachten im Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung fast 15 Monate alt war. Denn unabhängig davon gibt das Gutachten auch inhaltlich nichts Tragfähiges für eine Dienstunfähigkeit des Klägers her. Soweit darin – wie von der Beklagten angeführt – zur Prognose für die Zukunft ausgeführt wird „Es ist nicht davon auszugehen, dass sich – selbst bei Maximierung der therapeutischen Bemühungen – eine wesentliche Änderung dieser Situation [psychische Störung, hohe Ausfallzeiten] während der weiteren Dienstzeit des Beamten ergibt“ (vgl. zu Ziffer 4. des Gutachtens), verkennt die Beklagte, dass sich diese Aussage allein auf die Tätigkeit bzw. Weiterbeschäftigung des Klägers bei der „M. pro B1. “ bezieht. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang mit der Frage zu Ziffer 3., die die Weiterbeschäftigung bei dieser Einrichtung betrifft und auf die sich die Gutachterin unter Ziffer 4. bezieht („diese Situation“). Diese Umstände waren im Zeitpunkt der Versetzung des Klägers in den Ruhestand, der bereits seit dem 16. Januar 2011 wieder in der Stadtverwaltung der Beklagten beschäftigt war, nicht mehr relevant. Hinsichtlich der allgemeinen, nicht auf die Beschäftigung bei der „M. pro B1. “ bezogenen gesundheitlichen Situation des Klägers schließt das Gutachten vielmehr ausdrücklich mit der Feststellung ab, dass „zurzeit nicht“ mit einer dauernden Dienstunfähigkeit zu rechnen sei, die mit der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand verbunden wäre.
109Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
110Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
111Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.
112Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG in der bis zum 15. Juli 2014 gültigen Fassung (§ 71 Abs. 1 GKG).
(1) Am Enteignungsverfahren beteiligt sind
- 1.
der Bund; - 2.
der Eigentümer und diejenigen, für welche ein Recht an dem von der Enteignung betroffenen Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist, oder deren Rechtsnachfolger; - 3.
Inhaber eines nicht im Grundbuch eingetragenen Rechts an dem von der Enteignung betroffenen Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, eines Anspruchs mit dem Recht auf Befriedigung aus diesem Grundstück oder eines persönlichen Rechts, das zum Besitz oder zur Nutzung dieses Grundstücks berechtigt oder die Benutzung dieses Grundstücks beschränkt.
(2) Die in Absatz 1 Nummer 3 bezeichneten Personen werden in dem Zeitpunkt Beteiligte, in dem die Anmeldung ihres Rechts der Enteignungsbehörde zugeht (§ 31 Abs. 3 Satz 3). Die Anmeldung kann spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erfolgen.
(3) Bestehen Zweifel an einem angemeldeten Recht, so ist dem Anmeldenden unverzüglich eine Frist zur Glaubhaftmachung seines Rechts zu setzen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist er nicht mehr zu beteiligen.
(4) Der im Grundbuch eingetragene Gläubiger einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, für die ein Brief erteilt ist, hat auf Verlangen der Enteignungsbehörde eine Erklärung darüber abzugeben, ob diese Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld auf einen anderen übertragen worden ist.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 16. April 2013 wird aufgehoben.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die 1975 geborene, mittlerweile 40-jährige Klägerin trat 1994 in den Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein und absolvierte eine Ausbildung im mittleren Dienst der Finanzverwaltung. Nach bestandener Laufbahnprüfung im August 1996 war sie seit Dezember 1996 an ihrer jetzigen Dienststelle, dem Finanzamt C. H. , beschäftigt. Im Anschluss an die im Jahr 2007 bestandene Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst war sie zunächst in wechselnden Einsatzgebieten tätig. Ab Dezember 2008 war sie für die Steuerfestsetzung von natürlichen Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit in einem Veranlagungsbezirk zuständig. Zuletzt wurde sie am 27. April 2009 zur Steuerinspektorin (Besoldungsgruppe A 9) befördert.
3Die Klägerin war in den Jahren 2010 bis 2011 unter anderem vom 25. Januar bis zum 26. Februar 2010 sowie vom 11. bis zum 22. Juli 2011, im Jahr 2012 an 184 Arbeitstagen und im Jahr 2013 an 83 Arbeitstagen dienstunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 28. März 2012 entband sie der Leiter des Finanzamtes C. H. wegen Dienstunfähigkeit von den Dienstgeschäften. Bereits mit Anschreiben an das Gesundheitsamt vom 24. Oktober 2011 hatte er ein Verfahren zur Überprüfung der Dienstfähigkeit der Klägerin eingeleitet. Dabei hatte er darauf verwiesen, dass sie seit Beginn ihres Einsatzes den Arbeitsanforderungen ihres Arbeitsbereiches nicht gerecht werde. Darüber hinaus sei es am 25. Januar 2010 zu einem Vorfall gekommen, in dessen Verlauf sie akustische Halluzinationen und die Befürchtung eines gegen sie gerichteten Mordkomplotts von Kollegenseite geschildert habe. Nach einer Wiedereingliederung unter psychiatrischer Begleitung habe sich an ihrer Überforderung auch nach einem Zuständigkeitswechsel nichts geändert. Ihr Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sei wenig verständnisvoll. Auf Kritik reagiere sie eher aggressiv.
4Der von der Amtsärztin hinzugezogene Facharzt für Psychiatrie X. E. kam in seinem Gutachten vom 15. Februar 2012 zu folgendem Ergebnis:
5„Aus psychiatrischer Sicht ist diagnostisch von einer Persönlichkeit mit emotional instabilen und paranoiden Anteilen auszugehen. Es kommt zu erheblichen Einschränkungen der Beziehungsfähigkeit, sodass Publikumsverkehr nicht möglich ist. Bei fehlender Krankheitseinsicht, wie es bei Persönlichkeitsstörungen in der Regel der Fall ist, ist eine therapeutische Zugänglichkeit kaum möglich. Offenbar hat es mindestens eine psychotische Episode zumindest mit wahnhaften Verkennungen gegeben, sodass unter diesem Eindruck zeitweise eine psychiatrisch medikamentöse Behandlung durchgeführt wurde. Die erheblichen Beziehungsstörungen schränken die Dienstfähigkeit insbesondere im Bereich des kollegialen Miteinanders ein. Offenbar wird nach Mitteilung des Dienstherrn auch die erforderte Leistung nicht gebracht, sodass vermutet werden kann, dass durch die am Arbeitsplatz entstehenden Anpassungsstörungen an die kollegiale Gemeinschaft, es zu kognitiven Einschränkungen kommt, die zu einer Leistungsminderung führen. Hinweise dazu bot das hier auffällige sehr schnelle Denk- und Sprachtempo, dem kaum zu folgen war, ohne dass sich allerdings inhaltliche Auffälligkeiten ergaben.
6Aus psychiatrischer Sicht besteht daher eine Einschränkung der Dienstfähigkeit hinsichtlich der Fähigkeit mit Publikum, aber auch Kollegen umzugehen, sodass es sich empfehlen würde, eine Arbeit vorzusehen, in der möglichst wenig Berührungspunkte mit Dritten auftreten und wobei Arbeitstempo und Arbeitsmenge ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechen. Insofern kann die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für ihre Laufbahn aus psychiatrischer Sicht derzeit verneint werden und die oben genannten arbeitsplatzbezogenen Maßnahmen wären geeignet, um eine weitere Gefährdung der Gesundheit zu vermindern. Bei fehlender Krankheitseinsicht ist derzeit keine psychotherapeutische oder pharmakologische Therapie möglich, sodass mit einem Andauern des gegenwärtigen Gesundheitszustandes gerechnet werden muss.“
7Auf der Grundlage dieses fachärztlichen Zusatzgutachtens und der am 20. Januar 2012 durchgeführten eigenen Untersuchung der Klägerin kam die Amtsärztin Dr. T. in ihrem Gutachten vom 28. Februar 2012 zu dem Ergebnis, die Klägerin sei wegen einer Persönlichkeitsstörung nicht in der Lage, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten. Mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht zu rechnen. Die Wiederherstellung innerhalb eines längeren Zeitraumes erscheine nicht wahrscheinlich. Die Beamtin werde für auf Dauer nicht mehr in der Lage gehalten, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich uneingeschränkt zu erfüllen. Im Falle der vorzeitigen Zurruhesetzung werde eine Nachuntersuchung vor Ablauf von drei Jahren für nicht zweckmäßig gehalten. Der Beamtin sei eine Tätigkeit zu empfehlen, in der möglichst wenig Berührungspunkte mit Dritten aufträten und das Arbeitstempo und die Arbeitsmenge ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechen sollten. Die Amtsärztin ergänzte ihre Ausführungen mit Schreiben vom 30. März 2012 dahin, dass für die bisherige Tätigkeit der Klägerin aus medizinischer Sicht von Dienstunfähigkeit auszugehen sei und eine Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit zu einer Gefährdung ihrer Gesundheit führe.
8Unter dem 5. April 2012 ersuchte der Leiter des Finanzamts C. H. die Oberfinanzdirektion S. um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin in den Ruhestand vorbehaltlich der ergebnislosen Prüfung einer anderweitigen Verwendung. Mit Anschreiben vom 10. April 2012 beteiligte er den örtlichen Personalrat, die Schwerbehindertenvertretung und die Gleichstellungsbeauftragte. Sowohl Personalrat als auch Schwerbehindertenvertretung sahen sich angesichts der noch laufenden Prüfung einer anderweitigen Verwendung zu einer Stellungnahme nicht in der Lage.
9Unter dem 30. April 2012 bat der Leiter des Finanzamtes C. H. das Landesamt für Personaleinsatzmanagement NRW zu prüfen, ob die Klägerin angesichts ihres Gesundheitszustandes in einem anderen Ressort noch eingesetzt werden könne. Zu einem ersten Gespräch mit dem Landesamt erschien die Klägerin am 11. Juli 2012 in Begleitung ihres damaligen Prozessbevollmächtigten. Sie verwies darauf, dass sie weiterhin in der Finanzverwaltung tätig sein wolle. Die für eine Durchführung des Projektes „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ notwendige Vereinbarung unterzeichnete die Klägerin nicht. Laut Vermerk vom 14. Dezember 2012 fand am 6. Dezember 2012 ein weiteres Gespräch zwischen dem Landesamt und dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin statt. Die Klägerin selbst nahm daran nicht teil. Mit Bericht vom 10. Januar 2013 teilte das Finanzministerium NRW, in dessen Verantwortung das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ zwischenzeitlich übergegangen war, mit, dass die ausgeprägte Fokussierung der Klägerin auf eine Tätigkeit in der Finanzverwaltung auch mit Blick auf den gesundheitlichen Zustand keine aktive Unterstützung des Vermittlungsprozesses erwarten lasse. Das Projektteam habe verschiedene Anfragen zu einer anderweitigen Verwendung an die in Frage kommenden Dienststellen gerichtet. Dies sei jedoch erfolglos geblieben. Hinsichtlich einer in Betracht kommenden Stelle habe die Stadt M. Interesse gezeigt. Eine Vermittlung sei jedoch an der fehlenden Reaktion der Klägerin auf das Ersuchen um ihre Einwilligung zur Einsichtnahme in ihre Personalakte gescheitert. Auf eine vom Projektteam übermittelte Stellenausschreibung des Universitätsklinikums B. habe sie nicht reagiert. Abschließend habe das Projektteam die im Land zu besetzenden Stellen (A 9 BBesO) nochmals im Hinblick auf ihre gesundheitliche Leistungsfähigkeit abgeglichen. Die Stellen seien jedoch ausschließlich für Tarifbeschäftigte vorgesehen oder aber derart spezifisch ausgerichtet, dass eine Qualifizierung nicht in Betracht komme. Eine Vermittlung der Klägerin werde daher nicht für möglich erachtet.
10Mit am 5. Februar 2013 zugestellten Schreiben hörte der Leiter des Finanzamtes C. H. die Klägerin zu der beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand an. Zugleich gab er ihr Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Schreibens. Am 26. Februar 2013 teilten die jetzigen Prozessbevollmächtigten die Mandatsübernahme mit und baten um Akteneinsicht. Am 15. März 2013 ersuchten sie um ein Abwarten mit der Entscheidung, weil die Klägerin nochmals das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ angehen wolle.
11Nach Zustimmung des örtlichen und des Bezirkspersonalrats und Beteiligung der örtlichen Schwerbehindertenvertretung sowie der Gleichstellungsbeauftragten versetzte die Oberfinanzdirektion S. (heute: Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, im Folgenden: Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen) mit Bescheid vom 16. April 2013 die Klägerin mit Ablauf des 30. April 2013 in den Ruhestand. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei wegen ihrer Erkrankung seit längerer Zeit dienstunfähig. Nach dem amtsärztlichen Zeugnis vom 28. Februar 2012 könne mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit vorerst nicht gerechnet werden. Die Prüfung einer anderweitigen Verwendung im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei erfolglos verlaufen.
12Die Klägerin hat am 14. Mai 2013 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, es fehle bereits eine die Versetzung in den Ruhestand rechtfertigende Dienstunfähigkeit. Sowohl aus dem Gutachten von Dr. E. als auch dem amtsärztlichen Gutachten ergebe sich lediglich eine Einschränkung der Dienstfähigkeit. Sie sei nunmehr bereit, das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ anzugehen. Das habe sie dem Finanzamt schon vor Erlass der streitbefangenen Verfügung signalisiert. Das beklagte Land habe gegen die ihm obliegende Fürsorgepflicht verstoßen, indem es über ihre Bereitschaft zur Mitarbeit hinweg gegangen sei und sie in den Ruhestand versetzt habe. Sie leide nicht an einer Persönlichkeitsstörung. Vielmehr habe ihre Erkrankung mit dem unangemessenen dienstlichen Umgang mit ihr zu tun. So habe man zunächst keinerlei Rücksicht auf ihre polymorphe Lichtallergie genommen.
13Die Klägerin hat beantragt,
14den streitbefangenen Zurruhesetzungsbescheid aufzuheben.
15Das beklagte Land hat unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des angefochtenen Bescheides beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Ergänzend hat es ausgeführt, eine andere Verwendungsmöglichkeit für die Klägerin habe es nicht gegeben. Die in dem psychiatrischen Gutachten festgestellten Einschränkungen in der Dienstfähigkeit schlössen eine Tätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung aus. Die Klägerin habe die Vereinbarung zur Aufnahme eines individuellen Vermittlungsversuchs durch das Projektteam „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ bis heute nicht unterschrieben, für weitere Vermittlungsversuche bestünden deshalb keine Erfolgsaussichten.
18Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Mai 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG gewesen. Sie habe innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate krankheitsbedingt keinen Dienst geleistet. Es habe auch keine Aussicht bestanden, dass innerhalb von weiteren sechs Monaten ihre Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt sei. Die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG habe nicht bestanden. Es sei angesichts des Krankheitsbildes der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar, dass innerhalb der Finanzverwaltung kein adäquater Dienstposten für die Klägerin zu finden sei. Eine Vermittlung eines Dienstpostens außerhalb der Finanzverwaltung sei an der fehlenden Mitwirkung der Klägerin gescheitert. Insoweit sei ihre Bekräftigung, sie wolle sich dem Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nochmals zuwenden, unerheblich. Diese sei erst nach Ablauf der Anhörung erfolgt. Sie stehe zudem im Widerspruch zu ihrer Angabe, sich weiterhin für dienstfähig in der Finanzverwaltung zu halten.
19Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 23. März 2015 zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor:
20Es könne bereits nicht von ihrer Dienstunfähigkeit ausgegangen werden. Insoweit sei sowohl in dem amtsärztlichen Gutachten als auch im fachpsychiatrischen Zusatzgutachten ausschließlich von einer Einschränkung in der Dienstfähigkeit die Rede, soweit es den Umgang mit Kollegen und Dritten betreffe. Zudem sei ein Sachverständigengutachten zur Frage ihrer Dienstfähigkeit einzuholen.
21Darüber hinaus habe eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit für sie bestanden. Ihr hätte die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nochmals zu durchlaufen. Dies habe sie auch mit dem Finanzamt C. H. bereits telefonisch vorbesprochen, nachdem sie durch ihre neuen Prozessbevollmächtigten ausführlich beraten worden sei. Die anderweitige Entscheidung der Oberfinanzdirektion verstoße gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
22Die Klägerin beantragt,
23das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 16. April 2013 aufzuheben.
24Das beklagte Land beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Es trägt vor:
27Zum Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand sei die Klägerin dienstunfähig gewesen. Eine Verwendung innerhalb der Finanzverwaltung sei nicht mehr möglich gewesen.
28Die Klägerin sei seit ihrem Aufstieg in den gehobenen Dienst den an sie gestellten dienstlichen Anforderungen nicht gerecht geworden. Später habe sie massive Beeinträchtigungen ihrer psychischen Gesundheit gezeigt. In Gesprächen über ihr Leistungsbild und ihr Verhalten im Dienst habe sie wenig verständnisvoll, vielmehr eher aggressiv reagiert. Sowohl im amtsärztlichen Gutachten als auch im fachpsychiatrischen Zusatzgutachten sei eine Persönlichkeitsstörung festgestellt worden, die einen Publikumsverkehr nicht mehr erlaube und erhebliche Einschränkungen im kollegialen Umgang zur Folge habe. Könnten diese Einschränkungen bei einem anderweitigen Einsatz nicht berücksichtigt werden, sei von einer Dienstunfähigkeit auszugehen.
29Entgegen ihrer Ansicht gebe es keinen anderweitigen geeigneten Arbeitsplatz für sie in der Finanzverwaltung. Diese zeichne sich durch ein vernetztes, effizientes Arbeiten aus, das schon aus den Gesichtspunkten der Bürgerfreundlichkeit und Transparenz ein hohes Maß an sozialen Fähigkeiten erfordere. Die Ansprüche an ein effizientes Arbeiten stiegen in der Finanzverwaltung kontinuierlich. Die von der Klägerin angeführte Tätigkeit als Betriebsprüferin im Außendienst beinhalte entgegen ihrer Einschätzung besondere Anforderungen an den Umgang mit Steuerbürgern und deren rechtlichen Beratern. Beamte müssten dabei in hohem Maße fähig sein, Konflikte zu bewältigen. Darüber hinaus erfordere diese Tätigkeit ebenfalls die Zusammenarbeit mit anderen Kollegen innerhalb der Finanzverwaltung.
30Das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei mit ausführlicher Begründung unter dem 10. Januar 2013 beendet worden, weil eine Vermittlung der Klägerin unter anderem aufgrund ihres Krankheitsbildes nicht möglich gewesen sei. Sie habe ihre Mitwirkung an diesem Projekt verweigert. Eine gleichwohl durchgeführte Prüfung der Vermittelbarkeit anhand der offenen Stellen sei ergebnislos verlaufen.
31Die nach Ablauf der Anhörungsfrist eingegangene Ankündigung der Klägerin, das Projekt nochmals anzugehen, begründe keinen Anspruch auf erneute Vermittlungsbemühungen. Das Projekt sei unter Mitwirkung der damaligen Prozessbevollmächtigten abgeschlossen worden. Zudem bestünden Zweifel daran, dass sie ernsthaft bereit gewesen sei, an einer nochmaligen Vermittlung teilzunehmen.
32Schließlich stelle sich die Frage, ob angesichts der ärztlichen Diagnosen überhaupt eine Suchpflicht des Dienstherrn bestanden habe. Aufgrund der Erkrankung der Klägerin habe es keine für sie geeignete Stelle in der öffentlichen Verwaltung gegeben.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes (acht Hefte) verwiesen.
34E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
35Die Berufung hat Erfolg.
36Sie ist zulässig, auch wenn die Klägerin in der Berufungsbegründung ausschließlich auf ihre Zulassungsbegründung verwiesen und keinen ausdrücklichen Berufungsantrag gestellt hat. Mit dem gesonderten Schriftsatz zur Begründung ihrer Berufung hat sie hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass sie das Berufungsverfahren nach der Zulassung durchführen möchte. Darüber hinaus sind mit Blick auf die Zulassungsbegründung und den Gegenstand des Verfahrens auch Ziel und Umfang der Urteilsanfechtung ausreichend erkennbar.
37Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Oktober 2009 – 2 B 51.09 -, juris, Rn. 4, und vom 10. März 2011 – 2 B 37.10 -, juris, Rn. 11.
38Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen über die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand vom 16. April 2013 ist rechtswidrig und verletzt sie dadurch in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin kann aufgrund der ungenügenden Prüfung einer anderweitigen Verwendung nicht als dienstunfähig gemäß § 26 Abs. 1 BeamtStG in Verbindung mit § 34 LBG NRW in den Ruhestand versetzt werden.
39Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 -, juris, Rn. 11.
41Dies ist im Streitfall die Entscheidung über die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand am 16. April 2013. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen nicht vor. Die Klägerin war zwar dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG (dazu unter I.). Das beklagte Land hat jedoch die umfassende Prüfung einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG nur unvollständig durchgeführt (dazu unter II.). Desgleichen fehlt eine Prüfung der Verwendung in einer geringerwertigen Tätigkeit nach § 26 Abs. 3 BeamtStG (dazu unter III.).
42I. Nach der Legaldefinition des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist ein Beamter auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Dieser Grundtatbestand wird in dem darauffolgenden Satz um eine Beweiserleichterung ergänzt. Danach kann als dienstunfähig auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG) die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Trotz Verwendung des Wortes „kann“ räumt die Vorschrift kein Handlungsermessen in dem Sinne ein, dass trotz bejahter Dienstunfähigkeit noch von einer Zurruhesetzung abgesehen werden könnte.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Februar 2015 – 6 A 371/12 -, juris, Rn. 106, und Beschluss vom 28. Juli 2014 - 6 A 1311/13 -, juris, Rn. 13 f., m.w.N.
44Das beklagte Land hat aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 28. Februar 2012 in der Ergänzung vom 30. März 2012 und des fachpsychiatrischen Zusatzgutachtens 15. Februar 2012 ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Klägerin zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten als Steuerinspektorin,
45vgl. zur Maßgeblichkeit des Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn: BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 -, juris Rn. 2; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 -, juris, Rn. 44.
46dauernd unfähig ist. Bei der Beschäftigungsbehörde der Klägerin, dem Finanzamt C. H. , steht kein Dienstposten zur Verfügung, der dem statusrechtlichen Amt der Klägerin zugeordnet und für sie gesundheitlich geeignet ist.
47Nach den ärztlichen Gutachten ist die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung dauerhaft nicht mehr in der Lage, mit Drittkontakten, sei es Publikum oder Kollegen, umzugehen. Gleichfalls erfordert ihre Erkrankung, Arbeitstempo und Arbeitsmenge dem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechend auszurichten. Die ärztlichen Einschätzungen ergeben sich aus den festgestellten Beziehungsstörungen der Klägerin, die sich aus dem diagnostizierten Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung mit sensitiv paranoiden Anteilen ergeben. Diese Diagnose, die der Facharzt für Psychiatrie E. in seinem Gutachten vom 15. Februar 2012 aufgrund eigener Untersuchung und der seitens der Beschäftigungsbehörde geschilderten Erfahrungen mit der Klägerin getroffen hat, ist in sich schlüssig. Die Amtsärztin kommt unter Würdigung und in inhaltlicher Übereinstimmung dieses Gutachtens mit ihren eigenen Feststellungen in ihrer Stellungnahme vom 28. Februar 2012 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine Persönlichkeitsstörung vorliege. Diese führe dazu, dass die Klägerin derzeit, innerhalb von sechs Monaten und auf absehbare Zeit nicht in der Lage sei, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten. Vielmehr wird sie für auf Dauer nicht mehr in der Lage gehalten, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich uneingeschränkt zu erfüllen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 30. März 2012 erläutert die Amtsärztin, dass für die bisherige Tätigkeit aus medizinischer Sicht von Dienstunfähigkeit auszugehen sei.
48Der daraus seitens des beklagten Landes gezogene Schluss auf die Dienstunfähigkeit der Klägerin in Bezug auf ihr Amt als Steuerinspektorin weist keinen Rechtsfehler auf. Bereits in ihrem Anschreiben an das Gesundheitsamt vom 24. Oktober 2011 hat die Beschäftigungsbehörde darauf verwiesen, dass neben der Klägerin 23 weitere Mitarbeiter/innen mit gleicher Qualifikation die Tätigkeit ausüben. Diese Art der Tätigkeit erfordert nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Dienstherrn eine sehr strukturierte, gewichtende Arbeitsweise. Aufgrund der vielfältigen Aufgaben sei die Fähigkeit, dauerhaft auch unter Zeitdruck nachhaltige Entscheidungen treffen zu können, von zentraler Bedeutung. Insgesamt führten diese Anforderungen zu einer vergleichsweise hohen psychischen Belastung. In der Klageerwiderung vom 15. Januar 2014 und nochmals in der Berufungserwiderung vom 23. April 2015 hat das beklagte Land plausibel erläutert, dass die ärztlicherseits empfohlene Stelle in einer Verwaltung nicht existiert, in der die zahlreichen Einzelschritte im Bereich der Steuerfestsetzung und –erhebung auf verschiedene Stellen aufgeteilt sind, die effizient und vernetzt zusammenarbeiten müssen. Insoweit verweist es auf die Anforderungsmerkmale des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen (www.fm.nrw.de) für eine Bewerbung im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung, die unter anderem Teamfähigkeit, Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft als Einstellungsvoraussetzungen benennen. Soweit die Klägerin sich für eine Tätigkeit als Betriebsprüferin als geeignet ansieht, verkennt sie die Anforderungen an eine derartige Außendiensttätigkeit. Diese hat das beklagte Land nachvollziehbar mit einer hohen Konfliktfähigkeit im Umgang mit Steuerbürgern und ihren rechtlichen Beratern sowie effizienter kollegialer Zusammenarbeit beschrieben.
49Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der aus den ärztlichen Stellungnahmen gewonnene Eindruck über die Dienstfähigkeit der Klägerin unzutreffend sein könnte. Es ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht nochmals ein Sachverständigengutachten zu ihrer Dienstfähigkeit einzuholen. Zwar unterliegt die Beurteilung der Dienstfähigkeit schon mit Blick auf die gerichtliche Amtsermittlungspflicht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) der inhaltlich nicht eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Eines weiteren Gutachtens bedarf es jedoch nur dann, wenn ein bereits vorliegendes Gutachten nicht den ihm obliegenden Zweck erfüllen kann, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts notwendige Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die für die Entscheidung notwendige Überzeugungsbildung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Entscheidungsfindung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 B 80.10 -, juris, Rn. 7.
51Derartige Mängel der vorliegenden Gutachten hat die Klägerin weder aufgezeigt, noch lassen sie sich den Akten entnehmen.
52II. Das beklagte Land ist jedoch der sich aus § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG ergebenden umfassenden Prüfpflicht nach einer anderweitigen Verwendung der Klägerin nur unvollständig nachgekommen.
53Nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Dies ist nach § 26 Abs. 2 BeamtStG der Fall, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
54Dass im Streitfall die im Regelfall („soll“) durchzuführende Suche nach einer anderweitigen Verwendung ausnahmsweise unterbleiben konnte, ist nicht erkennbar. Insbesondere war das beklagte Land seiner Suchpflicht nicht enthoben. Die Suchpflicht entfällt, wenn feststeht, dass der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind.
55Vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 -, juris, Rn. 13; OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 1 A 2111/13 -, juris, Rn. 12.
56Anhaltspunkte dafür ergeben sich indes weder aus dem fachpsychiatrischen Gutachten noch aus den amtsärztlichen Stellungnahmen. Vielmehr wird der Klägerin ärztlich ein prinzipiell nicht eingeschränktes Leistungsvermögen, wenn auch unter bestimmten Voraussetzungen, bescheinigt. Da bislang keine entsprechenden Arbeitsversuche stattgefunden haben, ist nichts dafür erkennbar, dass sie auch unter den genannten Voraussetzungen den dienstlichen Anforderungen nicht mehr entsprechen oder es bei Wiederaufnahme der Tätigkeit zu erheblichen Fehlzeiten kommen werde.
57Für die Ausgestaltung der in § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG festgelegten Suchpflicht hat das Bundesverwaltungsgericht genaue Vorgaben aufgestellt, um gesetzlich nicht vorgesehenen Zweckmäßigkeitserwägungen des Dienstherrn vorzubeugen. In seinem Urteil vom 19. März 2015,
58- 2 C 37.13 -, juris, Rn. 17 ff.,
59heißt es:
60„Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des Satzes 2 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F., der die Übertragung eines neuen Amts für zulässig erklärt, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung nach Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayBG a.F. auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann.
61Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Der Senat hält für diese vorausschauende Suche nach frei werdenden und/oder neu zu besetzenden Dienstposten einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen. Die Zeitspanne entspricht dem in Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG a.F. (entsprechend § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG und § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeitraum von weiteren sechs Monaten. Dagegen begründet Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. keine Verpflichtung anderer Behörden, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08- BVerwGE 133, 297 Rn. 29).
62Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Diese Kurzbeschreibung muss den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt. Dabei ist zu beachten, dass diese Beschreibung den Anspruch des Beamten auf Personaldatenschutz wahrt (§ 50 BeamtStG, Art. 60a Abs. 2 Satz 3 und Art. 100a BayBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998, GVBl S. 702). Deshalb darf die Kurzbeschreibung keine Mitteilung persönlicher Daten des Beamten enthalten, die nach dem geschilderten Zweck der Suchanfrage nicht erforderlich sind. Regelmäßig genügt es, die konkreten Leistungseinschränkungen mitzuteilen. Eine Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden ist für den Zweck der Suchanfrage als Konkretisierung des gesetzlichen Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig.
63Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 – 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108 f.>).
64Diesen Anforderungen genügt die hier zu beurteilende ressortübergreifende Suchanfrage nicht. … Die Setzung einer Verschweigensfrist, derzufolge die suchende Behörde von einer Fehlanzeige ausgeht, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rückmeldungen vorliegen, lässt sich indes nicht mit dem gesetzlichen "Grundsatz der Weiterverwendung vor Versorgung" in Einklang bringen. Denn die Einräumung einer bloßen Verschweigensfrist setzt nicht den erforderlichen Impuls für die angefragten Behörden, hinreichend ernsthaft und nachdrücklich nach einer anderweitig möglichen Verwendung des dienstunfähigen Beamten Ausschau zu halten. Die Möglichkeit, durch schlichtes Verschweigen auf eine Suchanfrage zu reagieren, eröffnet die Möglichkeit, den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" zu unterlaufen.
65In welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, sei es - wie vorliegend - durch schriftliche Anfragen oder aber durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise, bleibt ihrer Organisationsgewalt überlassen. Ebenso bedarf es für die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten nur dann einer Nachfrage, wenn die Suchanfrage von einer angefragten Behörde unbeantwortet bleibt (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10- IÖD 2012, 122 <123>).“
66Der erkennende Senat hat sich bereits mit Urteil vom 2. Juli 2009,
67- 6 A 3712/06 -, a. a. O.,
68der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Umfang und Nachweis der Suchpflicht des Dienstherrn,
69vgl. Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, juris,
70angeschlossen. Auch den im zitierten Urteil vom 19. März 2015 weiter konkretisierten Anforderungen folgt der Senat zur Wahrung der Rechtseinheit.
71Die danach geltenden Anforderungen hat das beklagte Land im Streitfall auch unter Einschaltung des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nicht erfüllt.
72Dabei ist es entgegen seiner Ansicht unerheblich, dass die Klägerin im Rahmen des Projektes nicht mitgewirkt hat. Die Suchpflicht ist allein dem Dienstherrn übertragen. Mit § 26 BeamtStG bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Prüfung der Möglichkeit einer Weiterverwendung ausschließlich Aufgabe des Dienstherrn ist. Der Wortlaut der Vorschrift bietet keinen Anhalt für eine Mitwirkungspflicht des betroffenen Beamten bei der Suche nach einer geeigneten Weiterverwendungsmöglichkeit. Das ist bereits dadurch bedingt, dass es um Vorgänge im Verantwortungsbereich des Dienstherrn geht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 -, a. a. O., Rn. 20,
74in die der Beamte in der Regel keinen Einblick hat und auf die er keinen Einfluss nehmen kann. Überdies zeigt § 26 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG, dass Entscheidungen über die Weiterverwendung eines dienstunfähigen Beamten sogar gegen seinen Willen getroffen werden können. Nach dieser Vorschrift ist die Übertragung eines neuen Amtes in bestimmten Fällen unter den dort geregelten Voraussetzungen nicht von der Zustimmung des Beamten abhängig. Mitwirkungspflichten des Beamten stellt § 26 BeamtStG lediglich für die Zeit nach erfolgreicher Suche des Dienstherrn auf. § 26 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG verpflichtet den Beamten, an gegebenenfalls erforderlichen Qualifikationsmaßnahmen für eine Weiterverwendung teilzunehmen. Dass der Gesetzgeber dennoch die Suche von einer Mitwirkung des Beamten abhängig machen wollte, lässt sich dem zugrunde liegenden Gesetzentwurf nicht entnehmen. Vielmehr wird in dessen Begründung – ohne eine Mitwirkungspflicht des Beamten auszusprechen – allein auf die verbindliche Regelung der Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung vor der Zulässigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit verwiesen. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers sicher gestellt werden, dass der Ruhestand bei Dienstunfähigkeit immer nur die „ultima ratio“ sein kann.
75Vgl. Begründung zu § 27 „Dienstunfähigkeit“, Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) vom 12. Januar 2007, BT-Drs. 16/4027, S. 28, 29.
76Ebenso wenig sprechen Sinn und Zweck der Vorschrift für eine Abhängigkeit der Suche von einer Mitwirkung des Beamten. Der in dieser Norm festgeschriebene Grundsatz der „Weiterverwendung vor Versorgung“ würde nicht nur dann unterlaufen, wenn dem Dienstherrn unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten eine Entscheidung über eine Verwendung zustünde,
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 -, a. a. O., Rn. 15,
78sondern auch, wenn seine Verpflichtung von etwaigen – gegebenenfalls auch noch von ihm festzulegenden – Mitwirkungspflichten des betroffenen Beamten abhinge.
79Das beklagte Land hat ausweislich der vorgelegten Unterlagen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ folgende Vermittlungsbemühungen unternommen: Anschreiben an die Städte C. H. , M. , Bonn, Köln, den Landesbetrieb Straßenbau, den Landesbetrieb Mess- und Eichwesen, den Landesbetrieb Wald und Holz, das Landesarbeitsgericht, das Oberlandesgericht Köln und die Bezirksregierung Köln unter Beifügung eines Personalbogens der Klägerin – ohne Mitteilung der gesundheitlichen Einschränkungen –. Antworten sind von der Stadt Köln und dem Landesbetrieb Wald und Holz ausgeblieben. Die Stadt M. hat unter dem 30. Juli 2012 Interesse an einer Vermittlung gezeigt. Die übrigen Antworten sind negativ ausgefallen. Zudem hat es die aktuellen Stellenausschreibungen von Mitte August bis Ende November 2012 in Bezug auf eine mögliche Vermittlung der Klägerin gesichtet. Von einer Stellenausschreibung des Universitätsklinikums B. hat es die Klägerin informiert und gleichzeitig ein Anschreiben an das Klinikum gerichtet, welches jedoch negativ beantwortet worden ist. Eine Vermittlung an die Stadt M. konnte nicht weiter betrieben werden, weil die Klägerin auf die Bitte um ihr Einverständnis mit der Übersendung ihrer Personalakte an die Stadt M. nicht reagiert hat. Mit Abschlusserklärung vom 6. Dezember 2012 und Abschlussbericht an die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 10. Januar 2013 wurde mitgeteilt, dass eine Vermittlung nicht habe erfolgen können.
80Mit den aufgezählten Vermittlungsbemühungen ist das beklagte Land seiner Suchverpflichtung nicht hinreichend nachgekommen. Bereits die Anstrengungen zur Vermittlung der Klägerin genügen den oben genannten Anforderungen nicht. In den Anschreiben an die unterschiedlichen Behörden fehlt schon eine Kurzbeschreibung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Demgemäß konnten die angeschriebenen Stellen nicht prüfen, ob ein gesundheitlich angemessener Dienstposten vorhanden oder aber absehbar besetzbar ist. Darüber hinaus hat das beklagte Land auf ausgebliebene Antworten nicht mit einer nochmaligen Nachfrage reagiert. Ebenso ist eine Nachfrage hinsichtlich der unter Verweis auf die fehlenden Laufbahnvoraussetzungen der Klägerin erfolgten Absage der Bezirksregierung Köln unterblieben.
81Dessen ungeachtet mangelt es aufgrund der gesetzlich nicht vorgesehenen, allerdings wohl im vermuteten Interesse der Klägerin erfolgten Einschränkung der Suche auf die Regionen Köln, Bonn, M. und C. H. an einer Erstreckung der Suche auf den gesamten Bereich des Dienstherrn. Schon angesichts der aus §§ 2 ff. des Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung (LOG NRW) ersichtlichen Vielzahl der Dienststellen der Landesverwaltung hätten Anfragen an weitaus mehr Dienststellen gerichtet werden müssen als tatsächlich geschehen (unter anderem Ministerien, alle Bezirksregierungen). Entsprechende, konkrete Anfragen waren angesichts der Sichtung der freien Stellen im Newsletter nicht entbehrlich. Die Verpflichtung des beklagten Landes erstreckt sich nicht nur auf die freien, besetzbaren Stellen, die anhand von Stellenausschreibungen abgefragt werden können. Sie bezieht sich auch auf diejenigen Stellen, die innerhalb der nächsten sechs Monate frei werden. Derartige Stellen müssen nicht bereits von Stellenausschreibungen erfasst sein.
82Der Klägerin kann hinsichtlich einer Einschränkung der Suche ein treuwidriges Verhalten nicht vorgehalten werden. Dass sie auf einer geographisch eingeengten Suche bestanden habe, lässt sich den Unterlagen nicht entnehmen. Die Rahmenbedingungen im Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“, in denen ein Wunsch der Klägerin nach einer Tätigkeit möglichst in der Region Köln, M. , C. H. und gegebenenfalls Bonn erwähnt wird, hat sie nicht unterzeichnet. Dass das beklagte Land diesen Wunsch als verbindlich angesehen hat, ist im Übrigen auszuschließen. Denn es hat ihn mit dem Angebot einer Tätigkeit am Universitätsklinikum B. die Region weit überschritten. Auch hat das Projektteam die im (gesamten) Land zu besetzenden Stellen im Hinblick auf die gesundheitliche Leistungsfähigkeit der Klägerin abgeglichen.
83III. Des Weiteren fehlt eine Prüfung der Verwendung der Klägerin in einer geringerwertigen Tätigkeit nach § 26 Abs. 3 BeamtStG. Nach dieser Vorschrift kann zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand der Beamtin unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
84Die Prüfung dieser Vorschrift musste sich aus Sicht des beklagten Landes bereits deshalb aufdrängen, weil es selbst von der Unmöglichkeit einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG ausgegangen ist. Sie ist jedoch (tatsächlich) ausgeblieben. Erfolglos bleibt auch insoweit der pauschale Einwand des beklagten Landes, eine Suchpflicht habe deshalb nicht bestanden, weil es aufgrund der Erkrankung der Klägerin keine für sie geeignete Stelle in der öffentlichen Verwaltung gegeben habe. Die Feststellung von derart weitreichenden gesundheitlichen Einschränkungen lässt sich, wie bereits ausgeführt, den ärztlichen Gutachten nicht entnehmen. Überdies spricht die Tatsache, dass die Klägerin vor ihrer Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst ihrer Tätigkeit im mittleren Dienst beanstandungsfrei nachgekommen ist, dafür, dass eine vorzeitige Zurruhesetzung durch eine geringerwertige Tätigkeit hätte vermieden werden können.
85Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
86Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.