Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 24. Juni 2014 - 13 L 1196/14.A
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, als Gesamtschuldner.
1
Gründe:
2Der am 21. Mai 2014 sinngemäß bei Gericht anhängig gemachte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 3436/14.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. Mai 2014 anzuordnen,
4zu dessen Entscheidung der Einzelrichter gemäß § 76 Absatz 4 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) berufen ist, hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.
5Der hier gestellte Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft, da nach § 34a Absatz 2 Satz 1 des AsylVfG in seiner durch Artikel 1 Nr. 27 b) des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474, geänderten und nach § 77 Absatz 1 AsylVfG hier auch zu beachtenden Fassung solche Eilanträge gegen die Abschiebungsandrohung nunmehr zugelassen sind und der in der Hauptsache erhobenen Klage nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 VwGO i.V.m. § 75 Absatz 1 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
6Die Antragsteller haben den Eilantrag auch innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 6. Mai 2014 und damit fristgerecht im Sinne von § 34a Absatz 2 Satz 1 AsylVfG gestellt. Der auf die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 27a AsylVfG gestützte Bescheid wurde ausweislich der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Postzustellungsurkunde am 17. Mai 2014 gemäß § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG den Antragstellern persönlich zugestellt. Sie haben am 21. Mai 2014 innerhalb der Wochenfrist den Eilantrag gestellt und Klage erhoben.
7Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
8Das Gericht folgt der bislang zu § 34a Absatz 2 AsylVfG n.F. ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes erfolgen darf, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unzulässig oder unbegründet gemäß § 36 Absatz 4 Satz 1 AsylVfG vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis hat der Gesetzgeber für die Fälle des § 34a Absatz 2 AsylVfG gerade nicht geregelt. Eine solche Gesetzesauslegung entspräche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, denn eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des § 34a Absatz 2 AsylVfG n.F. fand im Bundesrat keine Mehrheit;
9vgl. hierzu bereits mit ausführlicher Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR –, juris. Rn. 5 ff. m.w.N.; Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 2 B 844/13 –, juris. Rn. 3 f.; siehe auch bereits Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 7. Januar 2014 – 13 L 2168/13.A – und 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris.
10Die danach vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse der Antragsteller hat sich maßgeblich ‑ nicht ausschließlich – an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten der Antragsteller aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet nach diesen Maßstäben keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11Das Bundesamt hat den Asylantrag der Antragsteller zu Recht als unzulässig abgelehnt und geht von der Zuständigkeit Belgiens für dessen Prüfung aus. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
12Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO), da sowohl die beiden Asylanträge vom 22. Januar 2014 als auch das an Belgien gerichtete Wiederaufnahmeersuchen Deutschlands vom 14. April 2014 nach dem 1. Januar 2014, dem gemäß Artikel 49 Unterabsatz 1 Satz 1 für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Dublin‑III VO maßgeblichen Zeitpunkt, gestellt worden sind.
13Nach den Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO ist Belgien der zuständige Staat für die Prüfung der durch die Antragsteller gestellten Asylanträge. Für den Antragsteller zu 2. folgt aus Artikel 20 Absatz 3 Satz 1 Dublin III-VO, dass seine Situation untrennbar mit derjenigen der Antragstellerin zu 1. verbunden ist; für ihn also kein eigenes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates durchgeführt wird.
14Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a Rn. 172; Günther, in: Kluth/Heusch, Beck´scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Stand: 1. März 2014, § 27a AsylVfG, Rn. 50; Zu Artikel 4 Absatz 3 Dublin II-VO vgl. Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 18. Mai 2011 ‑ 5 K 198/11.TR –, juris, Rn. 17.
15Die Antragstellerin zu 1. hat nach ihren eigenen Angaben in der Befragung durch das Bundesamt vom 22. Januar 2014 und ausweislich der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank bereits am 10. Oktober 2012 in Belgien Asyl beantragt; der Antrag ist abgelehnt worden. Belgien hat auf das am 15. April 2014 vom Bundesamt gestellte Ersuchen um Wiederaufnahme der Antragsteller nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d Dublin III-VO bereits am 22. April 2014, und damit innerhalb der nach Artikel 25 Absatz 1 Satz 2 Dublin III-VO im Falle eines Eurodac-Treffers maßgeblichen Frist von 2 Wochen nach Stellung des Wiederaufnahmeersuchens, seine Zuständigkeit für die Asylanträge der Antragsteller erklärt. Belgien ist daher gemäß Artikel 29 Absatz 1 Unterabsatz 1 Dublin III-VO grundsätzlich verpflichtet, die Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist noch nicht abgelaufen.
16Die Antragsgegnerin hat auch die Zwei-Monatsfrist zwischen der EURODAC‑Treffermeldung vom 18. Februar 2014 und der Stellung des Wiederaufnahmeersuchens eingehalten (Artikel 23 Absatz 2 Dublin III-VO).
17Soweit die Antragsteller unter Berufung auf systemische Mängel des Asylsystems in Belgien eine Zuständigkeit Deutschlands bzw. aufgrund einer Ermessensreduzierung einen Anspruch auf Selbsteintritt Deutschlands geltend machen, kann sich das erkennende Gericht dem unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse nicht anschließen.
18Ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland besteht ohnehin nicht. Die Dublin‑Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung eines Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Artikel 9 Dublin III-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO begründen – wie die der bisherigen Dublin II‑VO – zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin,
19vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C 4/11 –, juris, Rn. 37; Schlussanträge des GA Jääskinnen vom 18. April 2013 – C 4/11 –, juris, Rn. 57 f.
20Die Antragsgegnerin ist aber auch nicht – unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO zugunsten der Antragsteller – nach Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO gehindert, diese nach Belgien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs,
21EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
22der Fall wäre, liegen nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sine können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
23EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
24Diese Voraussetzungen liegen für Belgien – zumindest im Jahr 2014 – nicht vor.
25Vgl. umfassend Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris Rn. 36 ff. und vom 26. Februar 2014 – 13 L 171/14.A –, juris, Rn. 37 ff.
26Entgegen der Ansicht der Antragsteller enthält die Entscheidung des EuGH,
27Urteil vom 27. Februar 2014 – C-79/13 –, juris,
28keine Feststellungen dahingehend, dass das Asylverfahren in Belgien solche Mängel aufweist. Der EuGH setzt sich – anlässlich eines Vorabentscheidungsersuchens nach Artikel 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), eingereicht vom Arbeidshof te Brussel (Belgien) – lediglich mit der Auslegung von Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten (ABl. L 31, S. 18) in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1 und 2 sowie Artikel 14 Absatz 1, 3, 5 und 8 dieser Richtlinie auseinander. Der EuGH beantwortet die Fragen, ab welchem Zeitpunkt und ich welcher Höhe Asylbewerbern Geldleistungen zu gewähren sind und ob Asylbewerber im Fall der Vollauslastung der Strukturen für ihre Unterbringung auf Einrichtungen des allgemeinen Sozialhilfesystems weiterverwiesen werden können.
29Eine Auseinandersetzung mit dem belgischen Asylsystem findet hingegen nicht statt. Anhaltspunkte dafür, dass Belgien diese Vorgaben nicht umsetzen wird, liegen nicht vor; im Übrigen kann diese Frage dahingestellt bleiben. Denn es geht vorliegend nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren der Antragsteller in Belgien bereits abgeschlossen, wenn auch erkennbar mit einem von ihnen nicht erwünschten Ergebnis. Ist wie hier der Asylantrag der Antragsteller abgelehnt worden, folgt daraus auch die Ausreisepflicht,
30vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11.
31Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls dann nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar, wenn – wie hier – der Asylantrag der Antragsteller abgelehnt worden ist.
32vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris, Rn. 42, vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A –, n.v. vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 37 und vom 13. Juni 2014 – 13 L 1139/14.A –, noch n.v.
33Das zeigt auch schon die Wertung, welche in Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie n.F.) zum Ausdruck kommt. Danach können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet machen, wenn eine Person nach einer bestandskräftigen Entscheidung, einen ersten Folgeantrag gemäß Artikel 40 Absatz 5 als unzulässig zu betrachten oder als unbegründet abzulehnen, in demselben Mitgliedstaat einen weiteren Folgeantrag stellt. Ist es demnach möglich, einer beständigen Wiederholung von Folgeanträgen durch die Ausweisung des Asylbewerbers zu begegnen, so begegnet es keinen Bedenken, die „Versorgung einzustellen“, wenn der Ausreisepflichtige dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird,
34Vgl. auch aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 43.
35Ob dies in einem Fall, in dem nach der letzten Ablehnung eines Asylantrags asylerhebliche neue Umstände eintreten oder der Asylbewerber in der Lage ist – erst jetzt – weitere asylerhebliche Angaben vorzubringen, anders zu sehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da solche Umstände von den Antragstellern nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich sind.
36Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind von den Antragstellern ebenfalls nicht überzeugend geltend gemacht worden und im Übrigen auch nicht erkennbar.
37Soweit die Antragsteller auf die Situation in Belgien in dem Jahr 2011 und hierzu ergangene Entscheidungen verweisen, haben diese für die Rückkehrsituation der Antragsteller im Jahr 2014 wegen der dem Gericht vorliegenden aktuelleren Erkenntnisse keine Aussagekraft mehr:
38Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (Belgium 2012 Human Rights Report) beschreibt auf S. 7 ff. die Flüchtlingssituation in Belgien, ohne Beanstandungen systemischer Art auch nur im Ansatz zu erwähnen. Amnesty International enthält in seinem „Amnesty Report 2013 – Belgien“ lediglich den Hinweis darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, ein Zustand der nach dem vorzitierten aida-Report, S. 49, ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben soll.
39Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 50, vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris, Rn. 50 und vom 13. Juni 2014 – 13 L 1139/14.A –, noch n.v.
40Ohne dass es hier darauf ankommt, weist das Gericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nicht jeglicher Unzulänglichkeit im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen automatisch eine Schwere zuzumessen ist, die für die hier erforderliche Annahme einer Verletzung der durch Artikel 3 EMRK gewährten Rechte (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe) ausreicht.
41Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen ebenfalls keine Bedenken. Insbesondere besteht auch kein Abschiebungshindernis. Gemäß § 34a Absatz 1 Satz 1 a. E. AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG voraus, dass sie auch durchgeführt werden kann. Das bedeutet, dass keine zielstaatsbezogenen oder in der Person des Ausländers bestehenden, also inlandsbezogenen, Abschiebungshindernisse bestehen.
42Trotz der in dem ärztlichen Attest der Gemeinschaftspraxis Dr. med. (F) A. H. , L. I. und Dr. med. D. S. vom 5. Juni 2014 bei der Antragstellerin zu 1. benannten Diagnose der Posttraumatischen Belastungsstörung (F43.1) ist weder ein inlandsbezogenes noch ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis ersichtlich.
43Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 a Absatz 2 AufenthG in Gestalt einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit kann auch gegeben sein, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird.
44Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. November 2010– 18 B 910/10 –, juris, Rn. 4 m.w.N.
45Bei einer psychischen Erkrankung, wie sie hier in Rede steht, kann vom Vorliegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im genannten Sinn außer in Fällen einer Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im engeren Sinne nur dann ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Ausländers droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann, oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings – in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen – nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf. Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt.
46Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. November 2010 – 18 B 910/10 –, juris, Rn. 15 f. m.w.N.
47Dem vorgenannten Attest lässt sich nicht entnehmen, dass die Antragstellerin zu 1. reiseunfähig im engeren Sinne ist oder dass sich ihr Gesundheitszustand unmittelbar durch die Abschiebung nach Belgien wesentlich verschlechtern wird. Über die Reiseunfähigkeit der Antragstellerin zu 1. ist in dem Attest nichts ausgeführt. Soweit eine gegebenenfalls erforderliche Behandlung unter Umständen nicht unmittelbar nach der Einreise, sondern erst nach einer gewissen Wartezeit erfolgen kann,
48vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 24. Dezember 2013, S. 56, wonach solche Einrichtungen, die sich auf die Behandlung von Folteropfern und traumatisierten Asylbewerbern spezialisiert haben, mit Wartelisten arbeiten,
49ergibt sich daraus nichts anderes. Weder hat die Antragstellerin zu 1. selbst vorgetragen, dass sie auf eine kontinuierliche und ununterbrochene ärztliche bzw. psychologische Behandlung angewiesen ist, noch ergibt sich dies aus dem ärztlichen Gutachten vom 5. Juni 2014. Darin wurde zwar eine kontinuierliche psychiatrische Weiterbehandlung dringend empfohlen. Indes enthält das Gutachten keine Angabe hinsichtlich der erforderlichen zeitlichen Abstände der empfohlenen Weiterbehandlung. Sonstige Anhaltspunkte dafür, dass eine Weiterbehandlung in kürzesten zeitlichen Abständen erforderlich wäre, liegen dem Gericht nicht vor. Ebenso fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass andernfalls eine für die Annahme eines Abschiebungshindernisses relevante d.h. – lebensbedrohliche – Gesundheitsverschlechterung droht.
50Schließlich ist auch nicht eine mit der Überstellung nach Belgien zusammenhängende Suizidgefahr oder eine vergleichbare wesentliche Gesundheitsverschlechterung ersichtlich. Insoweit bedarf es hinreichend gewichtiger und konkreter Anhaltspunkte dafür, dass es krankheitsbedingt mit Rücksicht auf die angekündigte Abschiebung oder während derselben zu einem Suizidversuch kommen kann. Da die Unverletzlichkeit von Leib und Leben in Rede steht, braucht zwar nicht gewiss oder mit hoher Wahrscheinlichkeit voraussehbar zu sein, dass der Betroffene bei Abschiebung eine Selbsttötung versuchen würde. Andererseits braucht, damit abgeschoben werden kann, auch keine Gewissheit zu bestehen, dass während oder unmittelbar nach der Abschiebung ein Versuch der Selbsttötung nicht zu erwarten ist.
51Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 26. Januar 1998– 3 M 111/97 –, juris, Rn. 29; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Mai 2010, § 60a, Rn. 130 m.w.N.
52Dahingehende Anhaltspunkte lassen sich dem vorgelegten ärztlichen Gutachten nicht entnehmen und sind auch sonst nicht erkennbar. Zwar leidet die Antragstellerin zu 1. auch unter Suizidgedanken. Weitergehende Ausführungen zur Art und Intensität dieser Gedanken, insbesondere mit Blick auf eine drohende Abschiebung nach Belgien, liegen nicht vor. Die gegenüber dem behandelnden Arzt vorgetragene Angst der Antragstellerin zu 1. steht ausschließlich im Kontext mit der möglichen Rückführung in ihr Heimatland, nicht aber in Bezug zur vorliegend in Streit stehenden Abschiebung nach Belgien. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob bereits allein die Rückkehr nach Belgien eine Retraumatisierung – verbunden mit einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin zu 1. – verursachen würde, ist entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht erfolgt.
53Insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass eine etwaige Retraumatisierung der Antragstellerin zu 1. in Belgien, allein im Zusammenhang mit dem Kennenlernen eines Mannes stehen könnte, der sie zur Prostitution gezwungen haben soll. Demnach handelte es sich um ein singuläres Erlebnis, dass nicht mit einer Rückkehr nach Belgien an sich einhergeht. Dies wird auch durch die Angaben der Antragstellerin zu 1. beim Bundesamt in ihrer Anhörung vom 22. Januar 2014 bestätigt. Auf die Frage, warum sie Belgien verlassen und nach Deutschland gereist sei, antwortete sie, dass ihr mit der Abschiebung gedroht worden sei. Die Frage, ob es Gründe die gegen eine Überstellung nach Belgien sprechen gebe, beantwortete sie dahingehend, dass sie in Deutschland bleiben und Asyl beantragen wolle. Indes wäre an dieser Stelle die Schilderung etwaiger (re‑)traumatisierender Erlebnisse in Belgien zu erwarten gewesen.
54Daher bedurfte es im Ergebnis auch keiner weitergehenden Aufklärung des psychischen Zustandes der Antragstellerin zu 1. seitens des Bundesamtes gemäß § 24 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG.
55Dem ärztlichen Attest lässt sich auch nichts für das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG entnehmen.
56Gemäß § 60 Absatz 7 Satz 1 AsylVfG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben oder Freiheit besteht. Leidet der Ausländer bereits vor der Abschiebung unter einer Erkrankung, ist von einer solchen Gefahr auszugehen, wenn sich die Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände nach der Abschiebung voraussichtlich in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht,
57BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127,33 = juris Rn. 15.
58Dies ist der Fall, wenn die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen etwa als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führt, das heißt eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität erwarten lässt,
59vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. April 2007 – 13 A 4611/04.A –, juris Rn. 32 = NRWE.
60Die Gefahr einer solchen Gesundheitsbeeinträchtigung besonderer Intensität ist hier nicht ersichtlich. Wie bereits ausgeführt wird zwar ausweislich des ärztlichen Attests vom 5. Juni 2014 eine kontinuierliche psychiatrische Weiterbehandlung der Antragstellerin zu 1. dringend empfohlen. Indes sind keine Umstände ersichtlich oder vorgetragen, die einen Anhaltspunkt dafür geben könnten, dass eine Behandlung der psychischen Erkrankung der Antragstellerin zu 1. in Belgien ausgeschlossen ist. Vielmehr bestehen in Belgien grundsätzlich auch Behandlungsmöglichkeiten.
61Dass Belgien nach bestandskräftiger Ablehnung der dort gestellten Asylanträge die Asylbewerber in ihr Heimatland zurückführt, ist kein Umstand, der eine Ausnahme vom Verbot der Aussetzung der Abschiebung nach Belgien rechtfertigen würde.
62Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 10. Februar 2014 – M 16 S7 14.30157 –, juris, Rn. 12.
63Soweit sich aufgrund gesundheitlicher Erwägungen womöglich eine Abschiebung in den Herkunftsstaat verbieten sollte, ist ein entsprechender Einwand in dem zuständigen Mitgliedstaat, also Belgien, zu erheben. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dies der Antragstellerin zu 1. nicht möglich sein soll.
64Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Absatz 1, 159 Satz 2 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Absatz 1 RVG.
65Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.
(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.