Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 02. Juli 2015 - Au 4 K 14.795

bei uns veröffentlicht am02.07.2015

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Aktenzeichen: Au 4 K 14.795

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 2. Juli 2015

4. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1021

Hauptpunkte:

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen (abgelehnt);

Kollisionsgefährdete Vogelarten (Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Baumfalke);

Signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos;

Behördliche Einschätzungsprärogative;

Heranziehung von umfangreichen Beobachtungen von Bürgern zusätzlich zu vom Betreiber vorgelegten Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass;

Annahme von Horsten bzw. Revierzentren aufgrund von Indizien;

Folge einer Unterschreitung des „engeren“ Prüfbereichs nach dem Windkrafterlass;

Geeignetheit von Nahrungshabitaten nach Maßgabe des Windkrafterlasses;

Keine „Berechnung“ des Tötungsrisikos an Hand einer „Formel“;

Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahmen vom Betreiber konkret aufzuzeigen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

beigeladen: ...

bevollmächtigt: ...

wegen immissionsschutzrechtlicher Genehmigung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 am 2. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Genehmigung für drei Windenergieanlagen.

Mit beim Beklagten am 18. Mai 2012 eingegangenen Unterlagen stellte die Klägerin einen Antrag auf Genehmigung gemäß § 4 BImSchG zur Errichtung von drei Windenergieanlagen auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... (Typ Vestas V 112-3.0 MW; Nabenhöhe: 140 m; Gesamthöhe: 196 m). Das Genehmigungsverfahren wurde als förmliches Verfahren nach § 10 BImSchG durchgeführt.

Auf Antrag der Beigeladenen stellte der Beklagte mit Bescheid vom 27. März 2013 gemäß § 15 Abs. 3 BauGB den Genehmigungsantrag hinsichtlich einer Windenergieanlage auf Fl.Nr. ... und der Windenergieanlage auf Fl.Nr. ... zurück und ordnete die sofortige Vollziehung an. Hiergegen erhob die Klägerin Klage (Au 4 K 13.551) und stellte ferner einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (Au 4 S 13.867). Mit Beschluss vom 2. August 2013 stellte das Verwaltungsgericht Augsburg die aufschiebende Wirkung der Klage wieder her. Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 (22 CS13.1757) zurück. Mit Bescheid vom 7. März 2014 hob der Beklagte den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 auf. Mit Beschluss vom 4. Juni 2014 stellte das Verwaltungsgericht Augsburg das Klageverfahren Au 4 K 13.551 ein.

Am 11. November 2013 fand beim Beklagten ein Fachgespräch zum Thema Artenschutz unter Beteiligung von Vertretern der Klägerin, der Unteren und der Höheren Naturschutzbehörde und von ... Bürgern statt.

Nach mehrmaliger Verschiebung kam es schließlich am 21. November 2013 zum Erörterungstermin. Ausweislich des Protokolls teilte der Beklagte dabei u. a. mit, er sehe aufgrund des den Bürgern übermittelten avifaunistischen Datenmaterials Aufklärungsbedarf. Die Genehmigungsbehörde halte das Vorhaben zum jetzigen Zeitpunkt für nicht genehmigungsfähig, da sie momentan nicht von der artenschutzrechtlichen Unbedenklichkeit überzeugt werden konnte. Die Klägerin habe nun die Möglichkeit, mit einem ergänzenden Gutachten nachzuweisen, dass keine artenschutzrechtlichen Versagungsgründe vorlägen.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 29. April 2014 übermittelte die Klägerin dem Beklagten die Neufassung eines Gutachtens zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vom 27. Februar 2014 und führte aus, weshalb auch unter Berücksichtigung der Beobachtungen der Bürger artenschutzrechtliche Verbote nicht verletzt seien.

Am 27. Mai 2014 erhob die Klägerin Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht Augsburg. Zur Begründung führte sie aus: Es läge kein zureichender Grund dafür vor, dass über den Antrag bisher nicht entschieden worden sei. Der Antrag sei entscheidungsreif, die Vorhaben seien genehmigungsfähig. Insbesondere treffe der geltende Flächennutzungsplan der Beigeladenen zum Thema Windenergienutzung keine Aussage. Die beantragten Windenergieanlagen lägen sämtlich innerhalb des regionalplanerischen Vorranggebiets des Regionalplans der Region ...

Mit Schreiben vom 25. Juli 2014 stellte der Beklagte einen Antrag auf Aussetzung des Klageverfahrens. Es bestehe derzeit ein sachlicher Grund, über den Genehmigungsantrag der Klägerin nicht zu entscheiden. Dies sei der Klägerin auch bekannt.

Die bislang vorliegenden Unterlagen der Klägerin hätten weder die Untere Naturschutzbehörde noch die für Artenschutzfragen zuständige Höhere Naturschutzbehörde von der artenschutzrechtlichen Unbedenklichkeit der Vorhaben überzeugt. Im Laufe des Verfahrens hätten sich neue Erkenntnisse bezüglich der nötigen Prüftiefe im Artenschutz ergeben. Das von den Bürgern vorgelegte sehr umfangreiche Material habe sich nach Sichtung durch die Untere und die Höhere Naturschutzbehörde als sehr fundiert erwiesen. Die Daten deuteten auf ein erheblich intensiveres Artenvorkommen im direkten Umfeld der geplanten Vorhaben hin, als dies im Gutachten, welches dem Antrag der Klägerin ursprünglich beigefügt gewesen sei, dargestellt wurde. Aufgrund dieser Einwendungen müsse die Frage eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für geschützte Arten wieder als offen bezeichnet werden. Diese Unsicherheiten seien auch gegenüber der Klägerin im Verfahren mehrfach thematisiert worden. Auch der von der Klägerin ergänzend mit der Untersuchung des betroffenen Gebiets beauftragte Gutachter gehe davon aus, dass sich die Frage der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände derzeit nicht abschließend beurteilen lasse.

Hierauf entgegnete die Klägerin mit Schriftsatz vom 10. September 2014: Der Antrag sei entscheidungsreif und bedürfe insbesondere keiner weiteren fachgutachterlichen Überprüfung. Die laufenden avifaunistischen Untersuchungen würden von der Klägerin nur vorsorglich und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht betrieben. Schon bisher habe die Klägerin alle für die Genehmigung erforderlichen Unterlagen vorgelegt. Insbesondere mit der Neufassung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei auch das von Einwendern vorgebrachte Material entkräftet worden, das nur vermeintlich auf ein erheblich intensiveres Artenvorkommen im Umfeld der Vorhaben hindeute.

Zudem sei nach der Rechtsprechung auch die Wirksamkeit vorgesehener Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen zur berücksichtigen. In der Neufassung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung würden derartige Maßnahmen vorgeschlagen. Eine Konfliktvermeidung könne bereits dadurch erreicht werden, dass die Rotorblätter der Windenergieanlagen mit Rot-Weißen-Streifen markiert würden. Ferner könne der Vorhabenstandort durch eine ungünstige Bewirtschaftung der Agrarflächen für den Rotmilan uninteressant gestaltet werden.

Dem Schriftsatz vom 10. September 2014 war neben der Neufassung des Gutachtens zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung eine Unterlage „Horstsuche“ vom 30. Januar 2014 beigefügt.

Mit Schreiben an das Verwaltungsgericht Augsburg vom 20. Oktober 2014 teilte der Beklagte mit dass die Klägerin mit Schreiben vom 8. Oktober 2014 zur möglichen Rücknahme des Genehmigungsantrags angehört wurde. In diesem Schreiben wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie zwar zwischenzeitlich mit Datum vom 29. August 2014 eine Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vorgelegt habe. Parallel dazu hätten jedoch weitere Kartierungen durch Bürger stattgefunden. Die Videobeweise der Bürger seien eindeutig der von den Vorhaben betroffenen Flur zuzuordnen. Diese dürften daher als Tatsachenerkenntnis nicht außer Acht gelassen werden und müssten parallel zu den vorgelegten gutachterlichen Aussagen berücksichtigt werden. Sämtliche Unterlagen und Ergänzungen von Seiten der Klägerin wie auch von Seiten der Bürger seien nunmehr abschließend von der Unteren Naturschutzbehörde in Abstimmung mit der Höheren Naturschutzbehörde überprüft worden.

Im Ergebnis stelle die Untere Naturschutzbehörde in ihrer Stellungnahme vom 7. Oktober 2014 fest, dass sämtliche Anlagen nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter und kollisionsgefährdeter Arten geplant seien. Das Tötungsrisiko für besonders geschützte Arten sei signifikant erhöht. Den bisherigen, relativ knappen fachlichen Einschätzungen der Gutachter der Klägerin zum signifikant erhöhten Tötungsrisiko könne nicht gefolgt werden. Es sei deutlich geworden, dass mehr als nur vereinzelte Durchflüge stattgefunden hätten, und dass das Tötungsrisiko für die Arten Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan und Baumfalke signifikant erhöht sei.

Mit Bescheid vom 5. März 2015 lehnte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7. Oktober 2014 verwiesen. Sämtliche vorgelegten Unterlagen und Ergänzungen von Seiten der Klägerin wie auch von Seiten der Bürger seien durch die Untere Naturschutzbehörde in Abstimmung mit der Höheren Naturschutzbehörde überprüft worden.

Daraufhin stellte die Klägerin mit Schriftsätzen vom 18. März 2015 und vom 21. Mai 2015 folgenden Klageantrag:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 5. März 2015 verpflichtet, die mit Antrag vom 15. Mai 2012 beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von insgesamt drei Windenergieanlagen vom Typ Vestas V 112-3.0 MW auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ..., Stadt ..., zu erteilten.

Mehrfache Begutachtungen durch voneinander unabhängige Sachverständige hätten bestätigt, dass den Vorhaben keine artenschutzrechtlichen Bedenken entgegenstünden. Die Klägerin verwies auf die Neufassung des Gutachtens zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, auf die Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten sowie auf eine Unterlage „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24. März 2015, in der sich die von ihr beauftragten Gutachter ausführlich mit deren Stellungnahme vom 7. Oktober 2014 auseinandersetzten.

Ob im Sinne der Rechtsprechung signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vorliege, lasse sich nur im Einzelfall beurteilen. Insbesondere könnten pauschale Abstandsempfehlungen eine einzelfallbezogene Prüfung für die Beurteilung der Verletzung eines artenschutzrechtlichen Verbots nicht entbehrlich machen. U. a. müssten artspezifische Verhaltensweisen, die häufige Frequentierung des betroffenen Raums und die Wirksamkeit vorgesehener Schutzmaßnahmen in die Beurteilung einbezogen werden.

Zwar erkenne die Rechtsprechung eine artenschutzrechtliche Einschätzungsprärogative der Behörde an. Dies gelte jedoch nicht, wenn keine fachlich nachvollziehbare und nach wissenschaftlichen Maßstäben erarbeitete Bewertung durch die Behörde vorliege. Das sei hier der Fall.

Zu den gravierendsten Mängeln der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde zählten: Sie erwecke den Eindruck, als ob nur das unmittelbare Gelände um die geplanten Anlagen herum ein günstiger Lebensraum für die Greifvögel wäre. Die von der Behörde dargestellten Verhältnisse seien aber nicht nur für den Bereich der Vorhaben typisch, sondern könnten auf das gesamte schwäbische und das angrenzende oberbayerische Hügelland übertragen werden. Es sei bisher gerade nicht festgestellt worden, dass sich die Tierarten tatsächlich häufig im Gefährdungsbereich des Vorhabens aufhielten. Damit beruhe die Bewertung durch die Naturschutzbehörde bereits auf falschen Tatsachengrundlagen.

Zudem habe die Naturschutzbehörde das Datenmaterial der ... Bürger für ihre Einschätzung hinzugezogen, ohne dieses kritisch zu hinterfragen. Diese Daten seien keinesfalls präzise, weil die Videodateien zwar mit einem Datum versehen worden seien; es sei aber nicht klar, wann diese Dateien tatsächlich erstellt worden seien. Auch eine räumliche Zuordnung sei meist nicht möglich, weil die Kartendarstellungen häufig nicht den auf dem Video aufgenommenen Flugbewegungen entsprächen. Eine exakte Auswertung, ob sich eine Tierart häufig im Gefährdungsbereich des Vorhabens aufhalte, lasse das Datenmaterial der ... Bürger nicht zu.

Nicht begründet sei auch die Einschätzung der Naturschutzbehörde, dass in dem fraglichen Gebiet kollisionsrelevante Arten als „stabile Brutvögel“ vorkämen. Belegt sei lediglich der Brutplatz eines Baumfalken sowie eines Wespenbussards. Bezüglich des Baumfalkens sei anzumerken, dass dessen Horststandort nach aktuellsten Erkenntnissen nicht mehr existiere. Nach der durchgeführten Raumnutzugsanalyse halte sich der Baumfalke überdies nicht häufig (nur drei Flugbewegungen) im Gefährdungsbereich des Vorhabens auf. Beim Wespenbussard lägen die wesentlichen Aktivitäten und Nahrungshabitate nicht im Vorhabengebiet. Selbst die ... Bürger hätten lediglich zwei Flugbewegungen zwischen Horst und Anlagenstandorten feststellen können. Ein Rotmilanhorst sei trotz intensiver Nachsuche weder 2013 noch 2014 gefunden worden. Anders als von der Naturschutzbehörde angenommen lasse sich auch nicht aufgrund von Indizien auf ein „Rotmilan-Traditionsrevier“ schließen. Zwar habe es Mitte Mai 2014 Balzflug-Beobachtungen gegeben, die auf ein Brutrevier hindeuteten. Dennoch sei davon auszugehen, dass es nicht zu einer festen Reviergründung und einem Brutversuch gekommen sei, da ansonsten häufigere Beobachtungen gelungen wären. Aus Beobachtungen von flügge gewordenen Jungvögeln könne nichts geschlossen werden, da ein Horst auch mehrere Kilometer entfernt liegen könne. Daher sei die Annahme der Naturschutzbehörde unschlüssig, es müsse mit einem ständigen Aufenthalt von Rotmilanen im Vorhabengebiet gerechnet werden. Das gleiche gelte für den Schwarzmilan. Die Behörde gehe selbst nur von einem „begründeten Verdacht“ eines Schwarzmilanhorstes am östlichen Rand des Tals der kleinen ... aus. Auch sei ein Schwarzmilan nur sehr selten beobachtet worden, ein Bezug zum Vorhabengebiet bestehe nicht.

Auch die von der Naturschutzbehörde verwendete Rechenmethode sei wissenschaftlich in keiner Weise haltbar. Ohne dies zu begründen, gehe die Behörde bei 15 Jahresdurchflügen von einem signifikanten Tötungsrisiko aus. Durch die Anwendung von Koeffizienten und - ebenfalls nicht begründeten - Korrekturfaktoren ergebe sich, dass etwa bei einer einzigen Beobachtung eines Rotmilans der Wert von 15 überschritten werde und damit das Tötungsrisiko signifikant erhöht sein solle. Es sei offensichtlich, dass diese Berechnung nicht zutreffen könne. Zudem berücksichtige diese Hochrechnung der Behörde nicht, dass zu günstigen Witterungs- und Tageszeiten kartiert worden sei; unter anderen Bedingungen fänden weniger Flugbewegungen statt. Beobachtungen dauerten wenige Stunden, durch die Hochrechnung würden komplette Tage angesetzt. Dadurch sei die durchschnittliche Jahresaufenthaltsdauer deutlich zu hoch angesetzt worden.

Die Bewertung durch die Naturschutzbehörde weiche auch vom bayerischen Windenergieerlass ab. Die Gutachter der Klägerin hätten sich in Bezug auf Beobachtungspunkte (die mit der Behörde festgelegt worden seien) und -dauer exakt an den Windkrafterlass gehalten, bzw. dieser sei in Bezug auf die Beobachtungsdauer sogar übererfüllt worden (21 Beobachtungstage zwischen März und August 2014 mit insgesamt 178,5 Stunden). Hingegen habe die Behörde die dem Windkrafterlass nicht entsprechenden Daten der Bürger herangezogen und diese überdies in unzureichender Weise hochgerechnet. Dies sei fachlich nicht vertretbar, zudem weiche die Behörde, ohne dies zu begründen, vom Windkrafterlass ab.

Könne daher auf die Bewertung durch die Untere Naturschutzbehörde nicht zurückgegriffen werden, werde durch die von der Klägerin vorgelegten Gutachten belegt, dass keine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vorliege. Bezüglich des Rotmilans sei im nach dem Windkrafterlass maßgeblichen Bereich vom 1 km um die Standorte kein nachweisbarer Horst vorhanden. Überdies nutze der Rotmilan den Raum im Umfeld der geplanten Anlagen nur sporadisch. Ein solch gelegentlicher Aufenthalt und damit die zufällige Tötung einzelner Individuen seien nach dem Windkrafterlass nicht ausreichend. Beim Baumfalken sei zwar im 1km-Radius ein Horst vorhanden gewesen. Dieser sei nach neuesten Erkenntnissen aber nicht mehr vorhanden (Forsteinschlag). Zudem sei der Baumfalke nur selten beobachtet worden, weshalb auch bei diesem nur von einem nicht ausreichenden gelegentlichen Aufenthalt auszugehen sei. Überdies sei nach Untersuchungen der letzten Jahre beim Baumfalken keine Kollisionsgefahr anzunehmen, bzw. sei das Kollisionsrisiko überschätzt worden. Auch bezüglich des Wespenbussards sei zwar ein Horststandort nachgewiesen worden; Raumbezüge zwischen Horst und dem Areal der geplanten Anlagen bestünden jedoch nicht. Mit einer höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Sinne des Windkrafterlasses sei daher nicht zu rechnen. Ohnehin gebe es kaum Nachweise, dass es sich beim Wespenbussard um eine kollisionsgefährdete Art handele. Auch beim Schwarzmilan habe lediglich eine sporadische Nutzung des Raumes festgestellt werden können.

Höchst vorsorglich sei auszuführen, dass ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko auch durch Vermeidungs- bzw. Schutzmaßnahmen ausgeschlossen werden könnte. Dazu zählten etwa die unattraktive Gestaltung des Gefährdungsbereichs zur Nahrungssuche, die Aufwertung von Habitat- und Nahrungsressourcen außerhalb des Gefährdungsbereichs sowie Betriebs- und Abschaltzeiten.

Der Beklagte erwiderte er mit Schriftsatz vom 19. Juni 2015 und legte eine weitere Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17. Juni 2015 vor. Der zentrale Vorwurf der Klägerin, die Daten der ... Bürger seien unkritisch übernommen worden, treffe nicht zu. Nach dem Windkrafterlass könnten Beobachtungen Dritter herangezogen werden, wenn diese hinreichend substantiiert seien. Die von den Bürgern vorgelegten Videos seien daher kritisch geprüft worden mit dem Ergebnis, dass diese so aussagekräftig seien, dass weitere Untersuchungen erforderlich gewesen seien. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter führten selbst aus, dass die Artenbestimmung durch die Bürger beim Rot- und beim Schwarzmilan bei über 95% zutreffend gewesen sei. Dass die Bürgerbeobachtungen von Laien aufgezeichnet worden sei, habe die Untere Naturschutzbehörde durch einen entsprechenden Abschlag (20%) bei ihrer Berechnung berücksichtigt. Bezüglich der von der Klägerin bemängelten rechnerischen Annahmen der Behörde, um von den festgestellten Durchflügen im Risikobereich auf ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zu schließen, sei zu betonen, dass es fachlich anerkannte Zahlen zur Feststellung des Tötungsrisikos nicht gebe. Nach dem Windkrafterlass komme es auf den „regelmäßigen Aufenthalt“ an. Näheres hierzu werde dort nicht erläutert, so dass die Ausfüllung dieses Begriffs der Einschätzungsprärogative der Naturschutzbehörden unterfalle. Im Übrigen gingen die von der Klägerin beauftragten Gutachter selbst von 50 Jahresdurchflügen des Rotmilans im anlagenbezogenen Risikobereich aus. Im Gegensatz zur Naturschutzbehörde führten die von der Klägerin beauftragten Gutachter nicht aus, weshalb ihrer Auffassung nach das Tötungsrisiko gleichwohl nicht signifikant erhöht sein solle. Spreche die Naturschutzbehörde von „Durchflügen“, sei damit ein durchschnittlicher Aufenthalt im Gefahrenbereich gemeint. Ab 15 Jahresdurchflügen von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko auszugehen, sei mangels entgegenstehender anderer Erkenntnisse jedenfalls vertretbar.

Die Klägerin stelle letztlich nur ihre eigene Einschätzung gegen die der Naturschutzbehörden. Dies sei vor dem Hintergrund der Einschätzungsprärogative der Naturschutzbehörde aber nicht ausreichend.

Die vom Beklagten übermittelte Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde enthielt ferner unter anderem folgende Aussagen: Die Gutachter der Klägerin hätten die Prüfbereiche außerhalb des 1 km-Bereichs nicht bearbeitet und hätten ihre Beobachtungen nicht auf das ganze Jahr hochgerechnet. Daher habe die Naturschutzbehörde ergänzende Daten und Material heranziehen müssen. Infolge der häufigeren Nachmittagskartierungen durch ... Bürger habe sich im Vergleich zu den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ein etwas anderes Bild ergeben. Die Beobachtungen der Bürger seihen als wesentliche ergänzende Fachdaten einzubeziehen gewesen. Angesichts der insbesondere unterschiedlich langen Beobachtungsdauern habe zwecks Vergleichbarkeit der Daten der Klägerin und der Bürger eine Umrechnung mittels Korrekturfaktoren stattfinden müssen. Auch die Hochrechnung auf das ganze Jahr sei bei beiden Datenquellen erfolgt. Jedenfalls sei Fakt, dass es sich um deutlich mehr als nur vereinzelte Durchflüge kollisionsgefährdeter Arten durch den Gefahrenbereich der Anlage handle.

Es möge sein, dass die Eigenschaften des Vorhabenareals auch auf das großräumige Gebiet zuträfen. Dies ändere aber nichts daran, dass für den Rotmilan relevante Strukturelemente vorhanden seien. Auch die Gegenannahme der Gutachter der Klägerin, Rotmilane würden bevorzugt das Tal der ..., das ...tal und das ...tal an Stelle des Vorhabenareals nutzen, sei letztlich eine nicht belegte Vermutung. Rotmilane besiedelten unstreitig nicht nur Optimalhabitate. Der Lebensraum im Vorhabengebiet sei mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen. Dass bisher kein Rotmilanhorst gefunden worden sei, besage für sich genommen nichts. Die Gutachter der Klägerin hätten ursprünglich auch nicht den zwischenzeitlich unstreitigen Wespenbussardhorst gefunden; eine flächendeckende Horstsuche sei ohnehin nicht erfolgt. Überdies befänden sich im Betrachtungsraum mehrere Mäusebussardhorste. Solche Horste würden häufig vom Rotmilan benutzt. Es gebe in mindestens zwei Fällen eindeutige Hinweise für Revierverhalten von Rotmilanen.

Beim Wespenbussard sei ein Horst innerhalb des 1 km-Prüfradius vorhanden. Ob ein Zusammenhang zwischen diesem Horst und den aufgezeichneten Flugbewegungen bestehe, bleibe ungeklärt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass weiter nördlich dieses Horsts ein zweites Revier liege.

Beim Baumfalken sei trotz des mittlerweile wegen einer forstlichen Maßnahme beseitigten Horsts angesichts der relativ hohen Reviertreue dieser Art davon auszugehen, dass er in unmittelbarer Nähe des alten Horstes erneut eine geeignete Nestunterlage nutzen werde.

Die Beigeladene hatte bereits mit Schriftsatz vom 10. Juni 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte sie mit Schriftsatz vom 18. Mai 2015 aus: Bei der Prüfung, ob der Betrieb einer Windkraftanlage im Einzelfall ein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren von einer besonders geschützten Art verursache und damit das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verletze, komme der zuständigen Behörde eine artenschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu, so dass die gerichtliche Prüfung grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt sei. Methode und Ermittlungstiefe der Unteren Naturschutzbehörde seien nicht zu beanstanden. Die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde stehe mit dem Windkrafterlass im Einklang.

In der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 genehmigte der Klägerbevollmächtigte das in seiner Anwesenheit diktierte Protokoll aus dem (unmittelbar davor terminierten) Verfahren Au 4 K 13.567.

Ferner stellte er in der mündlichen Verhandlung hilfsweise den Antrag,

nach Aufhebung des Bescheids vom 5.3.2015 den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 15.5.2012 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Der Vertreter des Beklagten stellte in der mündlichen Verhandlung den Antrag,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung noch einen Anspruch darauf, dass ihr Genehmigungsantrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschieden wird. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 5. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, weil ein Versagungsgrund i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorliegt. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsgebot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Artenschutzrechtliche Verbote i. S. d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (BVerwG, U. v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 3 und 6).

Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es u. a. verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dieser Tatbestand erfüllt, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (BVerwG, U. v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 - juris Rn. 219). Umgekehrt wird gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht verstoßen, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung jedenfalls aufgrund von Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich verbleibt, der mit einem Vorhaben in Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (vgl. BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Genehmigungsbehörde bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch insoweit seine Rechtsprechung für Planfeststellungsverfahren auf die Genehmigung von Windenergieanlagen übertragen (grundlegend BVerwG, U. v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 14). Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative - worauf im vorliegenden Verfahren besonders hinzuweisen ist - sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Hiervon geht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 43 [bestätigt durch BVerwG, B. v. 16.9.2014 - 4 B 48/14 - juris]; BayVGH, B. v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - juris Rn. 22 ff.; BayVGH, B. v. 27.5.2015 - 22 CS 15.485 - juris Rn. 21).

Die behördliche Einschätzungsprärogative hat zur Folge, dass die Annahmen der Genehmigungsbehörde einer nur eingeschränkten Kontrolle zugänglich sind. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 65). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U. v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 16). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich allerdings nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz vorschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (vgl. BVerwG, U. v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 19).

Für die Genehmigung von Windkraftanlagen in Bayern ist zudem - auch für das gerichtliche Verfahren - der sog. „Windkrafterlass“ (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen; Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) vom 20. Dezember 2011 zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei dem Windkrafterlass um ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, von dem auch angesichts der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden darf (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 45; BayVGH, B. v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25; BayVGH, B. v. 18.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 44).

Nach diesen Maßstäben erweisen sich die beantragten Windenergieanlagen wegen Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots als nicht genehmigungsfähig.

Der Beklagte hat die Ablehnung des Genehmigungsantrags (Bescheid vom 5.3.2015) unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7. Oktober 2014 damit begründet, dass das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht würde. Die Untere Naturschutzbehörde ist zu dem Ergebnis gelangt (Stellungnahme vom 7.10.2014, S. 21), dass in Bezug auf die Windenergieanlage 5 (Anlage auf Flur-Nr. ..., Gemarkung ...) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Schwarzmilan, den Wespenbussard und den Baumfalken, in Bezug auf die Windenergieanlage 7 (westliche Anlage auf Flur-Nr. 200, Gemarkung ...) das Tötungsrisiko für den Rotmilan und den Wespenbussard sowie in Bezug auf die Windenergieanlage 8 (östliche Anlage auf Flur-Nr. ..., Gemarkung ...) das Tötungsrisiko für den Rotmilan jeweils signifikant erhöht würde. Diese Beurteilung des Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Bei sämtlichen vier vom Beklagten aufgeführten Vogelarten kommt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsrisiko nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Betracht, weil es sich um besonders kollisionsgefährdete Arten handelt. Diese Annahme ist von der Einschätzungsprärogative des Beklagten gedeckt und deshalb für die Prüfung zugrunde zu legen. Die Klägerin zieht dies zwar in mehrfacher Hinsicht in Zweifel. So soll eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr in Bezug auf den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen sein (Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung - Neufassung, S. 63). Bezüglich des Baumfalken sei ein „vergleichsweise geringes Kollisionsrisiko plausibel“ (a. a. O., S. 74). Baumfalke und Wespenbussard würden nach einem Leitfaden der Europäischen Kommission nicht als kollisionsgefährdet eingestuft (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 29.8.2014, S. 3 und 8).

Dass hingegen die Einstufung der genannten Vogelarten als kollisionsgefährdet naturschutzfachlich nicht vertretbar ist, wird von der Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Der Beklagte konnte und musste sich vielmehr entscheidend auf die fachlichen Aussagen des Windkrafterlasses (S. 41 i. V. m. dessen Anlage 2) stützen (so in Bezug auf eine unterschiedliche Beurteilung der besonderen Kollisionsgefährdung des Schwarzstorches BayVGH, B. v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Die Beurteilung des Beklagten in Bezug auf die Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots ist auch nicht deshalb rechtlich fehlerhaft, weil er neben den (nicht: an Stelle der) von der Klägerin vorgelegten naturschutzfachlichen Unterlagen auch die ihm von Seiten der ... Bürger übermittelten Unterlagen, insbesondere deren Beobachtungen, einbezogen hat.

Die Pflicht des Antragstellers, die notwendigen Unterlagen für die Genehmigung beizubringen, berührt nicht die Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG). Im Rahmen dieser Pflicht steht die Auswahl der Beweismittel im Ermessen der Behörde (Art. 26 Abs. 1 BayVwVfG), das durch Verwaltungsvorschriften ausgefüllt werden kann (Jarras, BImSchG, § 10 Rn. 44). Nach dem Windkrafterlass (S. 41) sind ergänzende Hinweise auf Vorkommen u. a. der in Anlage 2 Spalte 1 als kollisionsgefährdet aufgeführten Vogelarten im Verfahren, z. B. durch fachkundige Dritte, nur, aber eben dann beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Zwar betrifft diese Aussage nur das „generelle“ bzw. das „ob“ des Vorkommens der Arten. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bei der konkreten Prüfung der Verbotstatbestände gemäß dem Windkrafterlass (d. h. bei der Frage des „wo“ und des „wie häufig“ der Vorkommen) Hinweise und Beobachtungen Dritter außer Acht bleiben müssten. Substantiierte Einwendungen betreffend die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen oder Einwendungen, die über diese Unterlagen hinaus gehen, können bzw. - je nach Maß der Substantiierung müssen - in Erfüllung der Amtsermittlungspflicht von der Behörde mitberücksichtigt werden. Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote eingreifen, setzt nämlich eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im fraglichen Bereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (vgl. BVerwG, B. v. 13.3.2008 - 9 VR 9/07 - juris Rn. 31). Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Behörde dabei nicht auf Unterlagen Dritter zurückgreifen dürfte. Vielmehr kann die Außerachtlassung solchen Materials rechtlich fehlerhaft sein, denn die Behörde überschreitet den Rahmen der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative unter anderem dann, wenn ihre Ermittlungstiefe nicht ausreichend ist (vgl. BVerwG, U. v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 20).

Angesichts dessen sind die Vorgaben in Anlage 6 zum Windkrafterlass („Hinweise zur Erfassungsmethode Vögel“) nicht in dem Sinne abschließend, dass, selbst wenn diese eingehalten wurden, Unterlagen und Materialien Dritter von der Behörde nicht mit in die Beurteilung einbezogen dürften. Jedenfalls ist bei Vorliegen substantiierten Materials Dritter der Anwendungsbereich für eine fachlich begründete Abweichung vom Windkrafterlass eröffnet.

Davon abgesehen ist der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass auch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen über das Vorkommen geschützter Vogelarten und deren Flugbewegungen nicht vollständig mit dem Windkrafterlass in Einklang stehen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass bei der Klägerin offenkundig einige wichtige Beobachtungen durch das zeitliche Raster gefallen seien, weil sich die Beobachtungen nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen gerichtet hätten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 6). Der Beklagte hat diese Aussage dahingehend präzisiert, dass Ganztagesbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase fehlten, so dass fachlich kaum beurteilt werden könne, wie repräsentativ die hauptsächlich aus den Vormittagsstunden stammenden Daten tatsächlich seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat den Ausgangspunkt dieser Überlegungen in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage gestellt. Die von ihr beauftragten Gutachter haben selbst angegeben, dass der Großteil ihrer Beobachtungen vormittags ab 9.00 Uhr, in geringeren Maße nachmittags ab 12.00 Uhr stattgefunden hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 14).

Zwar enthält Anlage 6 zum Windkrafterlass über die Verteilung der Beobachtungsdauer - neben der allgemeinen Vorgabe von „etwa drei Stunden pro Tag“ - keine näheren Angaben. Allerdings müssen sich die Beobachtungszeiten - wie vom Beklagten gefordert - nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der entsprechenden Arten richten (warmes Wetter, gute Thermik-/Flugbedingungen; Windkrafterlass, S. 46). Lagen die Beobachtungszeiten nach eigenen Angaben der von der Klägerin beauftragten Gutachter schwerpunktmäßig am Vormittag ab 9.00 Uhr, konnte der Beklagte davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen das vom Windkrafterlass vorausgesetzte repräsentative Bild an Flugbewegungen nicht vollständig zeichnen konnten.

Im vorliegenden Fall spricht für die Verwendung des von den Bürgern vorgelegten Materials zudem maßgeblich, dass die Unterlagen der Bürger jedenfalls begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlagsensibler Arten lieferten, so dass nach den ausdrücklichen Vorgaben des Windkrafterlasses weitergehende Kartierungen vor Ort, wie sie im Auftrag der Klägerin im Laufe des Jahres 2014 durchgeführt wurden, erforderlich waren (S. 41 des Windkrafterlasses). Diese Untersuchungen haben deutlich andere Ergebnisse gezeigt als die ursprünglich von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (deutlich mehr Beobachtungen beim Rotmilan; Beobachtungen bezüglich der drei anderen vom Beklagten genannten Vogelarten; Horste eines Baumfalken sowie - mittlerweile unstreitig - eines Wespenbussards). Hat aber erst das von den Bürgern übermittelte Material dazu geführt, dass überhaupt die erforderlichen (weiteren) Untersuchungen durchgeführt wurden, so wäre es kaum nachvollziehbar gewesen, wenn der Beklagte dieses Material bei seiner Entscheidung über den Genehmigungsantrag ausgeblendet hätte.

Die Art und Weise, wie der Beklagte mit dem Material der Bürger umgegangen ist, ist vertretbar und bewegt sich damit im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative.

Der Beklagte hat erkannt, dass er die Unterlagen der Bürger nicht ohne weiteres zugrunde legen konnte. Er hat die Daten „auf Stichhaltigkeit und Aussagekraft geprüft“, „mit dem Ergebnis, dass sie so fundiert und nachvollziehbar und raumzeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar“ waren, „dass sie in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden konnten“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 3). Die Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) einer Stichprobenprüfung unterzogen worden, dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können. Die Echtheit und Nachweisbarkeit der Daten sei dem Beklagten versichert worden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). „Von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen“ sei auszugehen „aufgrund der sehr hohen Qualität der Dokumentationen“. „Die ergänzenden Hinweise und Daten“ seien „hinreichend substantiiert und daher beachtlich“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 6). Die Unterlagen der ... Bürger stünden „berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen“. Die Naturschutzbehörden seien einvernehmlich zum Ergebnis gelangt, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, um sie für die fachliche Beurteilung mitzuverwenden. Da die Beobachter mit der Umgebung vertraut gewesen seien und v.a. aufgrund der bereits 2013 durchgeführten Erfassung geübt gewesen seien, sei die Eintragung der Flugbewegung in die Karte parallel zur unterstützenden Videoaufzeichnung als glaubhaft zu werten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). Soweit der Beklagte auch ausgeführt hat, dass das Material der Bürger „in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses“ entspricht (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 6), ist dies offensichtlich nicht so zu verstehen, als habe mit den Unterlagen der Bürger ein der Anlage 6 zum Windkrafterlass gleichwertiges Erfassungssystem zugrunde gelegen. Denn der Beklagte spricht unmittelbar zuvor ausdrücklich von einer „abweichenden Vorgehensweise“.

Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Darlegungen des Beklagten zu zweifeln. Zwar hat die Klägerin wiederholt geltend gemacht, bei einer Prüfung des gesamten Materials der Bürger hätten sich zahlreiche Videoaufzeichnungen als fragwürdig herausgestellt. Der Beklagte habe sich daher nicht auf eine stichprobenartige Überprüfung beschränken dürfen. Es sei nicht nachweisbar, wann die (Video-) Dateien tatsächlich erstellt wurden. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verordnung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Insgesamt sei daher eine exakte Auswertung in Bezug auf „Durchflüge“, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, nicht möglich („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 2). In der mündlichen Verhandlung hat der von der Klägerin beauftragte Gutachter nach Sichtung der Aufzeichnungen erklärt, dass ca. 50% dieser Aufzeichnungen nicht einschätzbar seien, weil Angaben zu Flughöhen bzw. zur räumlichen Verortung fehlten (Sitzungsprotokoll, S. 3).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es zunächst Sache des Beklagten war, im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative festzulegen, wie er mit derartigem Material Dritter umgeht, um anschließend Schlussfolgerungen für seine naturschutzfachliche Beurteilung zu ziehen. Denn die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich, wie ausgeführt, bereits auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten. Der Beklagte hat substantiiert dargelegt, wie er mit den Daten der Bürger umgegangen ist und warum er sie für plausibel hält. Dass er die Grenze des Vertretbaren überschritten hätte, ist dabei nicht erkennbar.

Entscheidend ist allerdings, dass der Beklagte bei seiner naturschutzfachlichen Beurteilung nicht ausschließlich auf das Material der Bürger zurückgegriffen hat. Der Beklagte hat vielmehr kontinuierlich deutlich gemacht, dass er die Daten der Bürger neben insbesondere den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen herangezogen hat. Dies ergibt sich bereits aus der Auflistung „Sachverhaltsermittlungen - vorliegende Unterlagen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 3). Zum Material der Bürger hat der Beklagte dementsprechend in der Folge ausgeführt, dass es „in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden“ konnte (a. a. O.), dass bestehende „Erkenntnislücken (…) durch die nachstehenden Beobachtungen ergänzt“ werden könnten (a. a. O., S. 6), dass durch die Daten der Bürger „Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der Gutachter der Klägerin ergeben würde“ (a. a. O., S. 20), sowie dass die „Videoaufzeichnungen mit räumlichen Bezug“ „ein geeignetes Mittel zur Dokumentation“ seien und „wertvolle ergänzende Beurteilungsunterlagen liefern“ könnten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Der Beklagte hat insbesondere auch ausgeführt, sich „bewusst“ zu sein, „dass die ... Bürger keine geschulten Freilandkartierer sind, somit Unsicherheiten unvermeidlich sind (insbesondere bei der schwierigen Abschätzung der Flughöhen)“. Daher habe er „einen Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt“ gehalten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3 und Sitzungsprotokoll im Verfahren Au 4 K 13.567, S. 9).

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter räumen selbst ein, dass die Daten der ... Bürger wichtige Ergänzungen böten und nichts gegen eine ergänzende Verwendung spreche („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, Seite 14). Sie gestehen jedenfalls zu, dass die ... Bürger die Art des Rotmilans zu 95%, die Art des Schwarzmilans zu 96% und die Art des Westenbussards zu 74% richtig bestimmt hätten (a. a. O., S. 2).

Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der Vortrag der Klägerin letztlich auf den Einwand, der Beklagte habe den Unterlagen der ... Bürger keine allzu hohe Bedeutung zumessen dürfen, weil der Substantiierungsgrad niedriger als vom Beklagten angenommen liege. Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprävokative des Beklagten jedoch nicht dargetan. Zwar mag es sein, dass eine vollständige Auswertung des Materials der Bürger noch verlässlichere Auskünfte gegeben hätte. Dass die vom Beklagten vorgenommene stichprobenartige Auswertung und die darauf beruhende Einschätzung, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, jedoch ein unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel darstellen würde oder auch die Ermittlungstiefe nicht ausgereicht hätte, ist nicht ersichtlich, jedenfalls dann nicht, wenn sich der Beklagte - wie hier - der Unsicherheiten des Materials bewusst ist und mit einem gewissen Sicherheitsabschlag arbeitet.

Der Beklagte konnte demnach in nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass weder die Unterlagen der Bürger noch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen für sich allein genommen eine ausreichende Prüfung der artenschutzrechtliche Verbotstatbestände ermöglichten. Normative Vorgaben oder Standards, wie in einem solchen Fall die Prognose zu erfolgen hat, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, sind nicht erkennbar und wurden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere der Windkrafterlass enthält für eine solche Situation keine Vorgaben. Es galt daher der Grundsatz, dass sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten im Planungsraum mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben lassen und maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls abhängen (BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 59). Damit konnte der Beklagte im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative sowohl die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen als auch die Beobachtungen der Bürger heranziehen und seine Schlüsse aus den jeweils nicht vollständig aussagekräftigen Daten ziehen. Der Beklagte hat sich dafür entschieden, im Wesentlichen auf die von der Klägerin vorgelegte Raumnutzungsanalyse abzustellen, diese jedoch im Hinblick auf die Unterlagen der Bürger im Zuge einer vergleichenden Betrachtung zu korrigieren (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Dass damit der Rahmen des Vertretbaren verlassen worden wäre, ist nicht erkennbar.

Auch die konkrete Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch den Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative.

Im Rahmen der Beurteilung hat der Beklagte eine Bewertung nach dem Windkrafterlass vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 10 ff.). Schon das Ergebnis dieser Bewertung stellt eine tragfähige Grundlage für die Ablehnung der Genehmigungsanträge dar.

Im Windkrafterlass sind Bereiche angegeben, innerhalb derer zu prüfen sind, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind (vgl. Windkrafterlass, S. 42 und Anlage 2, S. 58). Dabei besteht ein „engerer“ Prüfbereich, der die empfohlenen Abstände von Windenergieanlagen zu Brutplätzen beschreibt, sowie ein „weiterer“ Prüfbereich, in dem zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.

Nur für den Fall, dass beide Abstände für die jeweilige Art überschritten werden, ist - gleichsam von vornherein - davon auszugehen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungs-/Verletzungsrisiko besteht (Windkrafterlass, S. 42). Dies ist hier nicht der Fall.

Vielmehr ist der Beklagte davon ausgegangen, dass alle streitgegenständlichen Windenergieanlagen innerhalb des 1 km-Bereichs um das Zentrum eines Rotmilan-Reviers lägen. Ferner lägen sämtliche drei Windenergieanlagen im 1 km-Umgriff um einen Baumfalken-Horst. Die beiden Windenergieanlagen auf Flur-Nr. ..., Gemarkung ... lägen ferner im 1 km-Bereich um einen Wespenbussard-Horst (vgl. Übersicht in der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 10/11), wobei anzumerken ist, dass zwar nach der eigenen Beurteilung des Beklagten aus dem Vorhandensein dieses Wespenbussardhorstes mangels ausreichender Flugbewegungen in Richtung der genannten Anlagen keine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos gefolgert werden kann, die Annahme einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos in Bezug auf den Wespenbussard für die geplante Anlage auf Flur-Nr. ... und die im westlichen Bereich des Grundstücks Flur-Nr. ... geplante Anlage gleichwohl plausibel erscheint. Denn es sprechen zureichende Indizien für das Vorhandensein eines weiteren Wespenbussardhorstes nordwestlich der Anlagenstandorte; nach den beobachteten Flugbewegungen konnte der Beklagte von einer höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Wespenbussards im Bereich dieser Anlagen ausgehen.

Der Annahme des Beklagten hinsichtlich des Vorkommens eines Rotmilanhorstes widerspricht die Klägerin insbesondere unter Hinweis darauf, dass trotz mehrjähriger Beobachtungen und ebensolchen Nachsuchens keine Brut nachgewiesen bzw. kein Rotmilanhorst gefunden worden sei („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 10; vgl. auch Sitzungsprotokoll im Verfahren Au 4 K 13.567, S. 7). Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten jedoch nicht aufgezeigt. Insbesondere bedurfte es nicht des zwingenden Nachweises, dass und wo ein Rotmilanhorst vorhanden ist. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es, wenn allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Arten zulassen, nicht zu beanstanden ist, wenn die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und den Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen, ebenso wie sonstige Analogieschlüsse, der plausiblen naturschutzfachlichen begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten (BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - juris Rn. 63; vgl. auch Windkrafterlass, S. 41, wonach auch Potenzialabschätzungen bzw. worstcase-Annahmen ausreichend sein können). Demnach unterfällt die Frage, ob innerhalb des nach dem Windkrafterlass maßgeblichen Prüfbereichs ein (besetzter) Horst vorhanden ist, der behördlichen Einschätzungsprärogative, weil es sich um eine Frage der Erfassung des Bestands der geschützten Arten handelt (BayVGH, B. v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 26 ff zu einem Schwarzstorchhorst).

Mit diesen Maßstäben steht die Einschätzung des Beklagten im Einklang. Der Beklagte ist ganz generell davon ausgegangen, dass aus einer Zusammenschau der ihm vorliegenden Daten u. a. auf den Rotmilan als „stabilem Brutvogel“ geschlossen werden könne (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 4). Die Klägerin deutet diesen Begriff selbst - ohne dass der Beklagte dem widersprochen hätte - so, dass damit mehrjährige wiederholte erfolgreiche Bruten u. a. des Rotmilans belegt werden sollten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 9). Freilich sieht die Klägerin diese Aussage des Beklagten „in keiner Weise untermauert“ (a.a.O, S. 10). Dies ist, wie ausgeführt, jedoch nicht allein maßgeblich. Im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative konnte der Beklagte auch aufgrund einer zunächst eher generalisierenden Auswertung der ihm übermittelten bzw. von ihm herangezogenen Daten Schlüsse auf das Vorhandensein eines Horstes bzw. eines Brutreviers ziehen. Er konnte für seine Schlüsse auch eine generalisierende Betrachtungsweise mit konkreten Indizien kombinieren. So hat der Beklagte ausgeführt, aus der Sichtung des Material der ... Bürger ergebe sich, dass hinsichtlich des Rotmilans Territorialflüge, Revierflüge, Balzflüge und Nahrungseintragungsflüge im Nahbereich (1.000 m um die Anlage) nachgewiesen seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 9). Bei der Sichtung des Materials der Bürger hätten sich in zwei Fällen eindeutige Hinweise für Territorialverhalten bzw. Revierverhalten von gefilmten Rotmilanen identifizieren lassen. Ein nicht gefundener Horst belege nicht, dass es auch kein Rotmilan-Revier gebe (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Angesichts der Schwierigkeiten bei der Greifvogelhorstsuche sei es wichtiger, das mutmaßliche Revierzentrum zu eruieren als den Horst verbindlich zu suchen (Sitzungsprotokoll im Verfahren Au 4 K 13.567, S. 6). Zudem befänden sich im Betrachtungsraum zahlreiche Mäusebussard-Horste, die vom Rotmilan häufig benutzt würden. Dem hält zwar die Klägerin entgegen, dass es trotz eines verdächtigen Verhaltens Mitte Mai 2014 (zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am 15. und 18. Mai 2014) nicht zu einer festen Reviergründung und einem Brutversuch gekommen sei, da ansonsten häufigere Beobachtungen gelungen wären („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 10). Die Annahme, es sei zu keiner festen Reviergründung gekommen, hält der Beklagte freilich wiederum für „spekulativ“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Er hat offenbar diesen beiden Fällen eindeutiger Hinweise für Territorialverhalten bzw. Revierverhalten besondere Bedeutung bzw. Indizwirkung zugemessen. So hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung des Verfahrens Au 4 K 13.567 in diesem Zusammenhang erläutert, dass eine Beuteübergabe nur vorkomme, wenn in der Nähe ein Horst existiere (Sitzungsprotokoll im Verfahren Au 4 K 13.567, S. 6). Dass am 15. und 18. Mai 2014 jeweils zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am westlichen Rand des Planungsgebietes über dem Geißberg beobachtet worden seien, räumt die Klägerin ein. U. a. seien die Tiere im Wald gelandet bzw. sei am Waldrand auf einem Baum sitzend gefilmt worden. Dies deute auf ein Brutrevier hin („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 10). Letztlich ziehen also Beklagter und die Klägerin aus den gleichen Beobachtungen und Feststellungen unterschiedliche Schlüsse, bzw. gewichtet der Beklagte entsprechende Beobachtungen stärker als die Klägerin. Eine Überschreitung der Einschätzungsprärogative liegt darin jedoch nicht. Vielmehr ist eine solche Sachlage typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BayVGH, B. v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Der Beklagte hat auch klargestellt, dass seine kartographische Darstellung des vermuteten Revierbereichs nicht so zu verstehen sei, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Aufgrund der verschiedenen vorliegenden Indizien sei vielmehr ein Bereich abgegrenzt worden, innerhalb dessen sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). Liegt eine - ohnehin schwer erreichbare - Gewissheit über das „ob“ und das „wo“ eines Horstes nicht vor, lassen aber im Rahmen der Einschätzungsprärogative zu würdigende Indizien Rückschlüsse auf das Vorhandensein eines Horstes zu bzw. lässt sich ein Revierzentrum - wenn auch nur grob - verorten, ist es vertretbar, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass näherungsweise anzuwenden, zumal ein Abweichen vom Windkrafterlass nur bei Vorliegen einer fachlich vertretbaren Alternati. V. m.ethode zulässig wäre, für die hier nichts ersichtlich ist.

In Bezug auf das vom Beklagten angenommene Wespenbussard-Revier, dessen Zentrum sich nordwestlich der drei streitgegenständlichen Windenergieanlagen befinden soll, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Der Beklagte konnte also auch insoweit aufgrund der herangezogenen Unterlagen und weiterer Indizien davon ausgehen, dass sich - neben dem südlich gelegenen, zwischenzeitlich unstreitigen Wespenbussardhorst bei Bergendorf - ein zweiter Horst in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen befindet. Zwar mag das von ihm angenommene Revierzentrum etwas außerhalb des „engeren“ Prüfbereichs von 1 km liegen, es liegt aber aber eindeutig innerhalb des gleichfalls maßgeblichen „weiteren“ 6 km-Prüfbereichs (Nahrungshabitate) nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses. Dass ein weiterer Wespenbussardhorst vorliegt, erscheint umso plausibler, als bei den Flugbewegungen eine „Lücke“ zwischen dem unstreitig vorhandenen Horst im Süden und den - ebenso unstreitigen - Flugaktivitäten in der Nähe jedenfalls der Anlage auf Flur-Nr. ... sowie der westlichen Anlage auf Flur-Nr. ... besteht. Eine andere schlüssige Erklärung als das Vorhandensein eines weiteren Horstes für diese Flugbewegungen ist auch von der Klägerin nicht geliefert worden (vgl. Sitzungsprotokoll im Verfahren Au 4 K 13.567, S. 5).

In Bezug auf den Baumfalken gilt Folgendes: Unstreitig wurde ein Horst nördlich der drei streitgegenständlichen Anlagen festgestellt und liegen die Anlage im nach dem Windkrafterlass maßgeblichen (Anlage 2, Spalte 2) „engeren“ Prüfbereich vom 1 km. Aus dem Umstand, dass dieser Horst aufgrund der Beseitigung des entsprechenden Baumes bzw. weiterer Bäume im Nahbereich nicht mehr vorhanden ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Insbesondere ist ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nunmehr nicht definitiv ausgeschlossen. Der Beklagte hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er gehe aufgrund der relativ hohen Reviertreue der Art davon aus, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage (altes Krähennest etc.) nützen werde, somit ein weiterhin bestehender Baumfalken-Brutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen sei (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). In ähnlicher Weise hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung im Verfahren Au 4 K 13.567 erläutert, dass der Baumfalke alte Nester von Krähen oder Elstern nutze, aber reviertreu bleibe. Zwar hat er auch angegeben, dass die bisherige Situation mit der Fällung des Nistbaumes und weiterer Bäume in der Umgebung zerstört worden sei (Sitzungsprotokoll im Verfahren Au 4 K 13.567, S. 4). Gleichwohl ist - gerade nach der mehrfach vom Beklagten betonten Reviertreue des Baumfalken - nicht ausgeschlossen, dass der Baumfalke einen Horst im maßgeblichen 1 km-Bereich der streitgegenständlichen Windenergieanlagen besetzen wird. Hiergegen spricht bereits die Mitteilung der Klägerin im Verfahren Au 4 K 13.567, dass in nicht allzu weiter Entfernung des bisherigen Standorts ein - wenn auch einzelner - männlicher Baumfalke gesichtet wurde (Sitzungsprotokoll im Verfahren Au 4 K 13.567, S. 4). Damit aber ist nicht widerlegt, dass der Baumfalke im Sinne des Windkrafterlasses „am geplanten Standort vorkommt“. Daher wären nunmehr nach den Vorgaben des Windkrafterlasses in Bezug auf den Baumfalken (erneut) weitergehende Kartierungen vor Ort erforderlich (Windkrafterlass, S. 41). Derartige Nachkartierungen im Hinblick auf die neue Situation hat die Klägerin nicht durchgeführt. Da die Klägerin demzufolge die nach dem Windkrafterlass notwendigen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat, kann nicht angenommen werden, dass nunmehr der Abstand zu einem Baumfalkenhorst über den in Anlage 2, Spalten 2 und 3 des Windkrafterlasses genannten Entfernungen liegen würde, so dass das Tötungsrisiko nicht signifikant erhöht wäre (Windkrafterlass, S. 42).

Überdies hat der Beklagte eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bezüglich des Baumfalkens lediglich hinsichtlich der Windenergieanlage auf Fl.Nr. ... der Gemarkung ... angenommen und ist bei dieser Anlage zusätzlich von einer Erhöhung des Tötungsrisikos für Rotmilan, Schwarzmilan und Wespenbussard ausgegangen. Selbst wenn also nunmehr in Bezug auf den Baumfalken nicht mehr von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen wäre, wäre diese Windenergieanlage wegen einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos bezüglich weiterer Vogelarten nicht genehmigungsfähig.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos abzustellen ist.

Die Unterschreitung des „engeren“ 1 km-Prüfabstands jedenfalls in Bezug auf den Rotmilan führt zwar noch nicht gleichsam im Sinne einer Automatik dazu, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Dies stellt auch der Windkrafterlass (S. 42) klar. Der Windkrafterlass führt allerdings weiter aus, dass, wenn die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezüglich der Individuen der genannten Arten in dem in Anlage 2, Spalte 2 angegebenen („engeren“) Prüfbereich nicht ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder selten überflogen wird, in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist (Windkrafterlass, S. 42). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Aussage aufgegriffen und daraus geschlossen, dass es bei der Unterschreitung des Mindestabstands der Windenergieanlage zum Brutvorkommen darauf ankommt, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, B. v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014. 879 - juris Rn. 30; BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - juris Rn. 50). Ob damit in rechtlicher Hinsicht - wie wohl vom Beklagten angenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 10) - eine „Vermutung“ besteht, dass bei Unterschreitung dieses Mindestabstands grundsätzlich von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist, wenn nicht ausnahmsweise eine Meidung oder ein seltenes Überliegen der Windenergieanlage festzustellen ist, kann offenbleiben. In Richtung einer solchen Vermutung gehen Aussagen in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach es „naturschutzfachlich vertretbar“ sei, für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1.000 m betrage, es sei denn, es lägen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen (OVG Sachsen-Anhalt, U. v. 26.10.2011 - 2 L 6/09 - NuR 2012, 196 - juris Rn. 77; bestätigt durch BVerwG, U. v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 23).

Jedenfalls hat im vorliegenden Fall die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit nicht ergeben, dass die geplanten Windenergieanlagen im Sinne der zitierten Aussage der Rechtsprechung und des Windkrafterlasses gemieden oder selten überflogen werden. Der Beklagte hat insbesondere ausgeführt, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Bereiche der Windenergieanlagen gebe, da in erhöhtem Maße Waldrandflüge und Gebietsquerungen zu vermuten seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 10). Beim Rotmilan ließen die Kartierungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter auf ein Aktivitätszentrum im Untersuchungsraum schließen. Dies stimme sehr gut mit den von den ... Bürgern ermittelten Indizien für ein Revier im Bereich der Anlagen überein. Der Hauptaktionsraum liege in einem Umkreis von 1 km (a. a. O., S. 18). Es sei auch Fakt, dass es sich um deutlich mehr als nur vereinzelte Durchflüge kollisionsgefährdeter Arten durch den Gefahrenbereich der Anlagenstandorte handele (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 2).

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin vermögen keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten aufzuzeigen. Die Klägerin stellt insbesondere maßgeblich darauf ab, dass sowohl absolut als auch relativ zur von ihren Gutachtern abgeleisteten Gesamtbeobachtungsdauer zu wenig Flugbewegungen im „Risikobereich“ über den geplanten Anlagenstandorten stattgefunden hätten. Als „Risikobereich“ wird dabei ein Durchmesser von ca. 250 m um den geplanten Anlagenstandort sowie eine Flughöhe zwischen 80 m und 200 m angenommen (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 29.8.2014, S. 1 und 3). Eine derart scharfe Abgrenzung eines „Risikobereichs“ kann allerdings dem Windkrafterlass nicht entnommen werden. Die maßgeblichen „Prüfbereiche“ umfassen, wie ausgeführt, einen „engeren“ (Abstand zu Horsten) und einen „weiteren“ (Nahrungshabitate) Bereich und beziehen sich damit auf deutlich „gröbere“ Bereiche. Dies ergibt sich auch aus den im Windkrafterlass (Seite 43 f.) genannten „Beispielen für Prüfbereiche“. So geht der Windkrafterlasses etwa davon aus, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auch dann vorliegt, wenn das Brutvorkommen außerhalb des „engeren“ Prüfbereichs liegt, der Flugkorridor zu Nahrungshabitaten aber durch diesen engeren Prüfbereich führt.

Die Klägerin beruft sich offenbar bei der Definition des „Risikobereichs“ auf Aussagen in Anlage 6 des Windkrafterlasses, wonach die Erfassung der Flugbewegungen u. a. Aufschluss über die Dauer von Flugbewegungen „im Umkreis der Anlagen“ und den Anteil der Flugdauer „in Rotorhöhe“ geben sollen. Es sei die Zeitdauer zu stoppen, die sich ein Vogel in den Höhenstufen „über den Rotorblättern“ oder „unter bzw. im Bereich der Rotoren“ aufhalte. Als Ergebnis der Untersuchungen erhalte man Karten mit den Flugbewegungen der verschiedenen Arten „je Höhenstufe“. Je weniger die geplanten Anlagen „in der relevanten Höhe“ überflogen würden, umso geringer sei das Kollisionsrisiko (Anlage 6 zum Windkrafterlass, S. 65).

Der Windkrafterlass mag vergleichsweise detailliert regeln, wie Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten zu erfassen sind. Hinsichtlich der Bewertung dieser Beobachtungen enthält der Windkrafterlass, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, kaum bzw. nur sehr vage Angaben. Im Kern verlangt der Windkrafterlasses eine Prognose, wenn er insbesondere von einer „Abschätzung“ der „Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlage“, bzw. von „höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten“ spricht (Windkrafterlass, S. 41 f.; Anlage 6, S. 64). Dementsprechend ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs eine Prognose erforderlich, die naturschutzfachlich vertretbar ist und von der der Behörde insofern zustehenden Einschätzungsprärogative gedeckt ist. Hingegen lässt sich nicht abstrakt oder prozentual angeben, wann eine Erhöhung des Tötungsrisikos als „signifikant“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezeichnet werden kann (BayVGH, U. v. 20.11.2012 - 22 A 10.40041 - juris Rn. 77 unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274.; den Begriff Prognose verwendend auch BayVGH, B. v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 47). Der Windkrafterlass greift damit auch die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung auf, wonach Umstände, die für die Beurteilung der Signifikanz eine Rolle spielen, insbesondere artspezifische Verhaltensweisen und die häufige Frequentierung des durchschnittenen Raums sind (BVerwG, U. v. 14.7.2011 - 9 A 12/10 - BVerwGE 140, 149 - juris Rn. 99).

Dass die Prognose des Beklagten vorliegend unvertretbar ist, ist nicht erkennbar. Insbesondere dem Windkrafterlass lässt sich nicht entnehmen, dass es ausschließlich auf die von der Klägerin maßgeblich zugrunde gelegten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 20) absoluten Flüge in einem „Risikobereich“ sowie das Verhältnis zur Gesamtbeobachtungsdauer ankommen soll. Ob diese von der Klägerin bzw. ihren Gutachtern entwickelte Bewertungsmethode vertretbar ist, braucht nicht entschieden zu werden, denn schon nach dem Vortrag der Klägerin selbst ist nicht erkennbar, dass dies die einzige Möglichkeit zur Bewertung des Tötungsrisikos wäre, dass andere Methoden nicht vertretbar sind oder dass sich überhaupt schon eine bestimmte Methode oder ein bestimmter Maßstab für die Risikobewertung durchgesetzt hat (vgl. BVerwG, U. v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 19). Der von der Klägerin befürworteten Herangehensweise lässt sich allerdings entgegenhalten, dass sich die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nach der genannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht in Prozentanteilen ausdrücken lässt. Daher kann sich die Klägerin auch nicht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U. v. 29.3.2011 - W 4 K 10.371) berufen, in der als Signifikanzschwelle des Tötungsrisikos ein Anteil der Beobachtungszeit einer Zielart im Gefahrenbereich von 10% der Gesamtkontrolldauer definiert worden sei („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 20). Abgesehen davon, dass es - wie ausgeführt - gerade nicht möglich ist, für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos einen Prozentwert anzugeben, hat das Verwaltungsgericht Würzburg in dieser Entscheidung nicht rechtssatzartig bzw. grundsätzlich entschieden, wie die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos zu „berechnen“ ist. Vielmehr hat sich auch das Verwaltungsgericht Würzburg auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gestützt, wonach es auf das konkrete Gefährdungspotenzial im Einzelfall ankommt. Überdies liegt der Entscheidung ein mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Dort hatte die Behörde einen Vorbescheid zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage aus Sicht des Gerichts zu Unrecht aufgehoben, weil die Behörde lediglich „pauschale Bedenken aus naturschutzfachlicher Sicht“ geltend gemacht hatte. Um eine solche Konstellation handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch ersichtlich nicht, wie die vom Beklagten vorgenommene ausführliche Bewertung des im Verfahren seitens der Klägerin und der Bürger vorgebrachten Materials zeigt.

Dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch sonst nicht entnehmen, dass die Annahme des Beklagten, alle drei geplanten Windenergieanlagen würden regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen, unvertretbar wäre. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter haben bei eigener Auswertung des Materials der Bürger beim Rotmilan ca. 120 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe, beim Schwarzmilan ca. 49 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe und beim Wespenbussard 17 Aufnahmen in Gefahrenhöhe ermittelt („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 2). Zwar betonen die Gutachter der Klägerin auch insoweit, es sei nur der ungefähre Flugbereich zu erkennen; damit sei nicht eindeutig erkennbar, ob Anlagenstandorte überflogen worden sind. Dem ist jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass die Frage der Bewertung der Gefahren, die die geschützten Arten ausgesetzt sein werden, der Einschätzungsprärogative des Beklagten unterfällt. Zudem erlaubt der Windkrafterlass, wie die bereits zitierten Aussagen und Beispiele zeigen (Windkrafterlass, S. 42 ff.), grundsätzlich auch eine Beurteilung an Hand eines deutlich „gröberen“ Rasters. Selbst wenn nur auf die ermittelten Flugbewegungen im Gefahrenbereich abgestellt wird, unterfällt die Prognose, ob sich aus diesen Werten eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos ableiten lässt, der Einschätzungsprärogative des Beklagten. Dessen Annahmen erscheinen gerade auch bei den von der Klägerin ermittelten Zahlen zum Rotmilan vertretbar, selbst wenn berücksichtigt wird, dass sich diese Werte nicht allein auf die hier streitgegenständlichen Anlagen, sondern auch auf die drei geplanten Anlagen des Verfahrens Au 4 K 13.567 beziehen, zumal von einer Kumulierung der insgesamt sechs Anlagen in einem vergleichsweise begrenzten Areal auszugehen ist.

Nach allem konnte der Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass angesichts erhöhter Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im „engeren“ Prüfbereich in Bezug jedenfalls auf den Rotmilan von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos bei allen drei geplanten Windenergieanlagen auszugehen ist. Bereits diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und würde daher zur Abweisung der Klage führen.

Auch in Bezug auf den Prüfbereich für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate (Anlage 2, Spalte 3 zum Windkrafterlass) hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht.

Der Beklagte hat die Geeignetheit des näheren Umfelds um die streitgegenständlichen Windenergieanlagen als Nahrungshabitat wiederholt begründet. So seien an „manchen, großenteils südexponierten Randzonen“ Übergangsbereiche (Saumzonen) vorhanden. Diese begründeten eine erhöhte Artenvielfalt. Insbesondere sei hier das Futterangebot an Insekten, Mäusen etc. lukrativ, wodurch bevorzugte Nahrungsflüge am Waldrandbereich, z. B. durch den Rotmilan, erklärbar würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 2). Das Gelände sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung und des v.a. in Ost-West-Richtung an den Waldrandzonen vorhandenen Restgrünlandes und anderer für Nahrungssuche relevanter Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlendes Grünlandes, täusche (a. a. O., S. 4). Die Verteilung der Einzelhabitate (Wiesen, Grasbereiche) sei relativ homogen innerhalb des Gesamtgebiets. Das Muster zeige eine hohe Zahl meist kleiner Habitatstrukturen bzw. Flächen. Es gebe also keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen, sondern diese seien kleinräumig über das Gebiet verteilt. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine, würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt. Dies werde insgesamt durch die Flugdarstellungen der Beobachter/Gutachter bestätigt (a. a. O., S. 7 f.). Der Beklagte hat Einzelflächen mit Nahrungshabitaten für Rotmilan, Wespenbussard und Schwarzmilan im Umkreis von 1 - 1,5 km um alle bei ... geplanten Windenergieanlagen dargestellt. Diese liegen jedenfalls innerhalb der nach Anlage 2, Spalte 3 zum Windkrafterlass jeweils maßgeblichen Prüfbereiche von 4 km bzw. 6 km für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 7 und 10)

Die Klägerin hält dem im Wesentlichen entgegen, der Beklagte „überhöhe“ die Geeignetheit der Nahrungshabitate; sie würden vom Beklagten als viel besser dargestellt als sie tatsächlichen seien. Zudem werde der Eindruck erweckt, als handle es sich gerade beim Planungsgebiet der Windenergieanlagen um ein besonders großes, geschlossenes Nahrungshabitat, und dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Richtig sei demgegenüber, dass es sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse handele, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Der Beklagte habe die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der ... im Westen sowie das ...-/...tal im Nordosten nicht betrachtet und Schlussfolgerungen verfälscht.

Diese Einwendungen lassen keine Überschreitung der behördlichen Einschätzungsprärogative erkennen.

Der Beklagte ist selbst davon ausgegangen, dass es sich nicht um einen optimalen Lebensraum handele, sondern dass wegen für die Nahrungssuche relevanter Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum vorliege, bzw. dass der Untersuchungsraum als Nahrungsraum „grundsätzlich geeignet“ sei (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 4 und 9). Der Rotmilan besiedele nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Dass dies naturschutzfachlich nicht jedenfalls vertretbar sein sollte, ist nicht ersichtlich. In Bezug auf die von der Klägerin wiederholt angeführten potenziellen (besseren) Nahrungshabitate im Tal der ..., im ...- und im ...tal hat der Beklagte sich derart eingelassen, dass es sich insoweit nur um eine nicht belegte Vermutung handele. Fachlich vertretbar sei es, dass auch größere Grünlandgebiete nur an wenigen Tagen der Mahd bevorzugt genutzt würden. Ansonsten unterscheide sich die Nutzung nicht von der sonstiger Offenlandbereiche wie beispielsweise von Feldern, weil - ebenso wie höher aufgewachsene Feldfrüchte - auch höher aufgewachsene Gräser den Blick auf die dort lebenden Kleinsäuger versperrten. Die Nahrungssuche konzentriere sich daher außerhalb der Mahd auf die Nutzung von Saum- bzw. Grenzstrukturen, die Kleinsäugern wenig Schutz böten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat nichts dargelegt, weshalb es sich bei dem Areal um die geplanten Windenergieanlagen nicht jedenfalls, wie vom Beklagten selbst zugrunde gelegt, um ein zumindest geeignetes Nahrungshabitat handeln sollte.

Es liegt auch keine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb der in Anlage 2, Spalte 2 des Windkrafterlasses („engerer“ Prüfbereich) genannten Abstände vor, so dass in der Regel nicht von erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windenergieanlagen auszugehen wäre (vgl. Windkrafterlass, S. 42). Zum einen liegen etliche vom Beklagten aufgeführte Einzelflächen, die als Nahrungshabitat für Rotmilan, Wespenbussard und Schwarzmilan relevant seien, nicht außerhalb, sondern innerhalb des „engeren“ Prüfbereichs. Ansonsten führt der Beklagte zwar aus, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 7). Jedoch folgert der Beklagte, wie bereits ausgeführt, gerade aus der Wald-Offenland-Verteilung und der „diffusen“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebiets, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Windenergieanlagen-Bereiche gebe, und dass es in erhöhtem Maße zu Waldrandflügen und Gebietsquerungen kommen werde (a. a. O., S. 10). Nach diesen Feststellungen und Einschätzungen liegt gerade keine „großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate“ vor, die im Sinne des Windkrafterlasses nur „zufällige“ bzw. „gelegentliche“ Aufenthalte im Bereich der Windenergieanlagen erwarten ließe. Vielmehr hat der Beklagte mit diesen Darlegungen im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative hinreichend plausibel dargetan, dass die von ihm zugrunde gelegten Nahrungshabitate durchaus eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses darstellten, die auch regelmäßig (insbesondere über die Windenergieanlagen) angeflogen würden. Den Einwendungen der Klägerin, es gebe deutlich besser geeignete Nahrungshabitate, ist der Beklagte, wie ausgeführt, in jedenfalls vertretbarer Weise entgegengetreten. Damit hat der Beklagte ausreichend dargetan, dass es sich bei dem von ihm betrachteten Nahrungshabitaten um einen „Hot Spot“ handelt (zu diesem Begriff BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 52).

Überdies wird dies auch in nicht unerheblichem Umfang durch Angaben der Klägerin selbst belegt. So erkennt auch die Klägerin in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan an, dass das Untersuchungsgebiet von Brutvögeln aus dem Umfeld des Untersuchungsgebiets auf Nahrungsflügen durchflogen wird (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 29.8.2014, S. 6). Selbst das ursprünglich von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung hatte zum Rotmilan ausgeführt (S. 21), dass dieser in einem Radius von 1.000 m um das Vorhaben als „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der nähere Umgebung“ vorkäme. Auch die Neufassung dieses Gutachtens erkennt dem Rotmilan den Status als Nahrungsgast zu (S. 53; an anderer Stelle - S. 21 - wird der Status im Umkreis von 1.000 m nunmehr sogar als „möglicherweise bzw. unregelmäßig nistend“ angegeben). In Bezug auf den Wespenbussard führen die von der Klägerin beauftragten Gutachter aus, dass die festgestellten Flugbewegungen innerhalb des Projektgebietes einem weiteren Revier zuzuordnen seien, das nördlich anzugrenzen scheine („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 9). Dies steht mit den Annahmen des Beklagten in Einklang, wobei es, wie ausgeführt, nicht entscheidend darauf ankommt, dass ein konkreter Horststandort bisher nicht nachgewiesen werden konnte.

Auch in Bezug auf regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate kommen Klägerin und Beklagter daher letztlich bei vergleichbaren Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht zu unterschiedlichen Bewertungen. Eine völlig konträre Sichtweise tritt dabei nicht zu Tage, wie gerade die Nuancierungen in sprachlicher Hinsicht zeigen (Klägerin: „Kein Optimalhabitat“; Beklagter: „günstiger Lebensraum“). Jedenfalls ist auch unter Würdigung des Vortrags der Klägerin nicht erkennbar, dass die Annahmen des Beklagten unvertretbar wären.

Nach allem hat der Beklagte auch wegen regelmäßig durch kollisionsgefährdete Vogelarten aufgesuchter Nahrungshabitate in vertretbarer Weise eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos angenommen. Auch diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und führt daher zur Abweisung der Klage.

Auf eine spezifische Bewertung der vom Beklagten vorgenommenen „Betrachtung des Kollisions- und Tötungsrisikos“ (Abschnitt VI der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 13 ff.) und die Frage, ob die dort von ihm verwendeten Grundlagen, Methoden und Formeln durchweg von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt sind, kommt es demnach nicht mehr entscheidend an.

Der Beklagte hat sich angesichts des Fehlens einer „wissenschaftlich anerkannten und fachlich verbindlichen Erheblichkeitsschwelle zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos (…) ein eigenes Bewertungsschema entworfen“ und „verbale Betrachtungen des Winderlasses in konkrete Zahlen übersetzt“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5 f.). Er hat dazu die Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter und der ... Bürger bezüglich „Durchflügen“ - wobei „Durchflug“ die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich bedeutet (a. a. O., S. 6) - auf die laut Fachliteratur durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der einzelnen Vogelarten hochgerechnet. Dies geschah mittels eines Faktors, der sich aus der Division dieser durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der Arten durch die Zahl der jeweiligen Beobachtungstage ergab. Dabei wurden bei den Beobachtungen der Bürger ein Abschlag von 20% vorgenommen „um mögliche bzw. wahrscheinliche Fehleinschätzung in der Vertikaleinstufung zu berücksichtigen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 6; Sitzungsprotokoll im Verfahren Au 4 K 13.567, S. 9). Bei den Beobachtungen des Rotmilans hat der Beklagte die Beobachtungszahlen der von der Klägerin beauftragten Gutachter mit 3,0 multipliziert, um „einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung“ auszugleichen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Ab einem Wert von 15 Durchflügen je Anlage ist der Beklagte von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos ausgegangen.

Ob dieses Vorgehen des Beklagten vollständig von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt ist, wäre dann zweifelhaft, wenn es gleichsam als mathematische Formel zur Berechnung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos interpretiert würde. Zwar hat der Beklagte zu einigen von der Klägerin geltend gemachten Mängeln näheres ausgeführt bzw. Korrekturen vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6 f.). Ebenso mag es zwar vertretbar sein, bei der Beurteilung, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, auf Durchflüge durch den Gefahrenbereich einer Windenergieanlage abzustellen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 14 und Sitzungsprotokoll im Verfahren Au 4 K 13.567, S. 10). Fragen wirft allerdings die Annahme auf, dass bei 15 Durchflügen im Gefahrenbereich je Windkraftanlage die Grenze zur „signifikanten“ Erhöhung des Tötungsrisikos überschritten sein soll. Dass in der Genehmigungspraxis ein Bedürfnis nach einem „festen“ Grenzwert besteht, mag verständlich sein. Weder aus dem Windkrafterlass ergibt sich jedoch ein solcher fester Wert, noch sind vom Beklagten diesbezüglich andere Unterlagen angeführt worden. Ähnliches gilt für die vom Beklagten vorgenommenen Korrekturabschläge von 20% bei den Beobachtungen der Bürger und den Korrekturfaktor von 3,0 bei den Rotmilan-Beobachtungen der von der Klägerin beauftragter Gutachter. Trotz zwischenzeitlich näherer Angaben des Beklagten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4) ist nicht hinreichend deutlich geworden, weshalb gerade ein Korrekturfaktor von 3,0 angesetzt worden ist. Gleiches gilt für den 20%-Abschlag, zumal die Klägerin geltend gemacht hat, dass die von ihren Gutachtern vorgenommene Auswertung des Videomaterials der Bürger eine deutlich geringere Anzahl an Risikoflügen als 80% ergeben hat, so dass ein größerer Abschlag als 20% anzusetzen gewesen wäre (vgl. „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 13).

Bei einer Gesamtbetrachtung der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde wird jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Beklagten weder um eine derartige mathematische Berechnung des „signifikant“ erhöhten Tötungsrisikos gegangen ist, noch, dass er ausschließlich auf eine solche Berechnung zurückgegriffen hat.

Der Beklagte stand vor der Aufgabe, auf Grundlage der für ihn, wie ausgeführt, maßgeblichen, aber mit unterschiedlicher Methodik erstellten Erkenntnisquellen eine Prognose hinsichtlich der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu treffen. Der Beklagte hat sich in dieser weder im Windkrafterlass noch sonst geregelten Situation dafür entschieden, keine für jede Erkenntnisquelle getrennte Prognose anzustellen, sondern dafür, diese beiden Quellen in Beziehung zueinander zu setzen, ferner näherungsweise eine vergleichbare Datengrundlage zu entwickeln und darauf seine Prognose zu stützen. Dieses Vorgehen erscheint nachvollziehbar, jedenfalls aber ist es vertretbar. Überdies hat dieses Vorgehen nicht zu einer Ersetzung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch eigene Zahlen des Beklagten geführt. Der Beklagte hat vielmehr mehrfach deutlich gemacht, dass die Daten der Bürger ergänzende Beurteilungsunterlagen geliefert haben (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Infolge der Beobachtungen der Bürger habe sich ein etwas anderes Bild als durch die Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ergeben. Dieser Aspekt sei in geeigneter Weise für eine Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen gewesen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 2).

Wie ausgeführt, spricht auch aus Sicht der Klägerin nichts gegen eine ergänzende Verwendung der Daten der Bürger („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 14). In welcher Form der Beklagte diese Daten hätte verwenden sollen, wird allerdings auch von der Klägerin nicht aufgezeigt. Insbesondere lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, auf welche andere Art und Weise der Beklagte in zumindest einigermaßen belastbarer oder vertretbarer Art und Weise die Daten der Bürger und die von ihr vorgelegten Unterlagen derart zueinander in Beziehung setzen hätte sollen, dass er darauf eine Beurteilung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos hätte stützen können.

Zwar mag ein Wert von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage, wie ausgeführt, als Grenze für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos in seiner Absolutheit fragwürdig sein. Die Kammer stellt daher insoweit ausdrücklich klar, dass aus der Abweisung der vorliegenden Klage nicht geschlossen werden kann, sie habe diesen Wert als rechtlich verbindlich für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos akzeptiert. Gleichwohl hat der der Beklagte insoweit mit noch ausreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben, dass es ihm dabei vor allem um die Feststellung ging, in einem solchen Fall könne jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gesprochen werden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6), bzw. „dass insgesamt mehr als nur vereinzelte Durchflüge stattgefunden haben bzw. zu erwarten sind“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 21).

Dass die Annahme des Beklagten jedenfalls im Ergebnis nicht unvertretbar ist, zeigen etwa die Hochrechnungen, die die von der Klägerin beauftragten Gutachter in Bezug auf die Gesamt-Anwesenheitsdauer des Rotmilans vorgenommen haben („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 24.3.2015, S. 13). Zwar sind diese Zahlen nicht dem jeweiligen Standort bei Windenergieanlage konkret zugerechnet und erfassen auch die Windenergieanlagen aus dem Verfahren Au 4 K 14.795. Gleichwohl erscheint - nicht zuletzt aufgrund der Anordnung der Anlagen (Kumulierung) - die Annahme des Beklagten vertretbar, dass prognostisch von mehr als nur vereinzelten Durchflügen auszugehen ist.

Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass es dem Beklagten auch darum ging, die bisherige Einschätzung der von der Klägerin beauftragten Gutachter (dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliege) zu widerlegen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 21). Dass diese Widerlegung dem Beklagten nicht gelungen ist, lässt sich trotz der Beanstandungen durch die Klägerin nicht annehmen.

Nach allem ist die zusammenfassende Beurteilung des Beklagten vertretbar und damit nicht zu beanstanden, dass die geplanten Anlagen „nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter und kollisionsgefährdeter Arten“ stehen und dass insgesamt „mehr als nur vereinzelte Durchflüge stattgefunden haben bzw. zu erwarten sind“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 21).

Von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und damit von einem Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist daher auszugehen.

2. Die Klage hat auch im Hilfsantrag (Neuverbescheidung) keinen Erfolg.

Da es sich bei der Genehmigungsentscheidung nach § 6 Abs. 1 BImSchG um eine gebundene Entscheidung handelt und die Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (bzw. das Entgegenstehen naturschutzfachlicher Belange gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) einen Versagungsgrund darstellt, ist die Ablehnung des Genehmigungsantrags durch den Beklagten zu Recht erfolgt, so dass ein Anspruch auf Neuverbescheidung gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht in Betracht kommt.

Ein Anspruch auf Neuverbescheidung ergibt sich auch nicht aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, dass bei der Prüfung des Tötungstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Maßnahmen, mittels derer Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, in die Betrachtung einzubeziehen sind (vgl. nur BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Es ist nicht Sache der Genehmigungsbehörde, ohne nähere, konkrete Angaben des Antragstellers zu entscheiden, ob mittels Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verletzung des Tötungsverbots abgewendet werden kann. Die Entwicklung eines entsprechenden Vermeidungs- und Ausgleichskonzepts ist vielmehr Sache des Antragstellers (vgl. OVG NRW, U. v. 20.11.2012 - 8 A 252/10 - NuR 2013, 146 - juris Rn. 121).

Zwar wurden in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (Neufassung 2014) unterstützende konfliktvermeidende und potenziell konfliktreduzierende Maßnahmen in Bezug auf den Rotmilan vorgeschlagen. Hinsichtlich der dort zunächst genannten „Markierung der Rotorblätter in Rot-Weiß“ ist der Kammer jedoch aus dem Parallelverfahren Au 4 K 13.567 bekannt, dass ein Nachweis der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme noch aussteht. Die weitere dort genannte Maßnahme (ungünstige Agrarbewirtschaftung) hat die Klägerin ausdrücklich unter den Vorbehalt eines Beweises über einen konkreten Horststandort und dessen Abstand zu den drei Windkraftanlagen gestellt. Mit einem solchen Vorgehen ist die Geeignetheit und Einschlägigkeit dieser Vermeidungs- bzw. Minimierungsmaßnahme nicht dargetan. Denn es ist widersprüchlich, einerseits - wie ausgeführt - wiederholt zu betonen, der Beklagte habe den Nachweis eines Rotmilanhorstes nie geführt, andererseits die Berücksichtigung von Minimierungsmaßnahmen einzufordern, die unter dem Vorbehalt eben dieses Nachweises stehen. Hinzu kommt, dass der Beklagte - wie ebenfalls bereits ausgeführt - davon ausgegangen ist, dass sich das Umfeld der geplanten Anlagen durch eine hohe Zahl meist kleiner Habitatstrukturen bzw. Flächen auszeichne. Es gebe also keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen, sondern diese seien kleinräumig über das Gebiet verteilt (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 7.10.2014, S. 7). Vor diesem Hintergrund dürfte - jedenfalls mangels näherer Darlegungen der Klägerin - nicht davon auszugehen sein, dass es mit dem von ihr konkret genannten „Anbau von Wintergetreide bzw. Winterraps direkt bei den Windenergieanlagen“ sein Bewenden haben könnte. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, wie die „ungünstige Agrarbewirtschaftung“ in der wegen der genannten Feststellungen des Beklagten offenbar notwendigen größerräumigen Weise umgesetzt werden soll und ob insoweit ihre Verfügungsberechtigung über die nötigen Grundstücke besteht. Dementsprechend hat das OVG Magdeburg in der von der Klägerin angeführten Entscheidung vom 26. Oktober 2011 folgendes ausgeführt: „Auf die Gestaltung der Oberfläche der Offenlandbereiche, die dem Rotmilan als Nahrungshabitat dienen, können der Anlagenbetreiber und die Immissionsschutzbehörde in der Genehmigung - wenn überhaupt - jedoch nur in begrenztem Umfang Einfluss nehmen. Der Anlagenbetreiber könnte zwar mit dem bzw. den Eigentümern der gepachteten Flächen vereinbaren, dass diese nur in einer bestimmten, für den Rotmilan unattraktiven Weise bewirtschaftet werden. Eine solche Art der Bewirtschaftung könnte möglicherweise auch in einer Nebenbestimmung zur Genehmigung angeordnet werden. Für die Flächen außerhalb des Windparks, die vom Rotmilan überflogen werden, wird dies hingegen in aller Regel nicht in Betracht kommen“ (OVG Magdeburg, U. v. 26.10.2011 - 2 L 6/09 - NuR 2012, 196 - juris Rn. 79).

Bezüglich der weiteren Vogelarten, hinsichtlich derer der Beklagte von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos ausgegangen ist, benennt das Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (S. 29) allenfalls beim Baumfalken als abstrakte Maßnahme, es sollten in der Fortpflanzungszeit möglichst keine Bauarbeiten erfolgen. Ganz abgesehen davon, dass diese Maßnahme erneut unter dem Vorbehalt „bei Nachweis einer Brut in der Nähe“ steht, ist weder dargetan noch erkennbar, inwieweit diese Maßnahme mit Blick auf die vom Beklagten angeführten Gründe für eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos (Umfeld der Anlagen stellt sich als Brut- und Nahrungshabitat dar) zu einer Vermeidung oder Minimierung des Tötungsrisikos führen könnte. Vielmehr dürfte die insoweit wohl beabsichtigte Verminderung einer Störung des Baumfalken wohl eher dazu führen, dass es (erneut) zu einer erfolgreichen Brut mit der Folge entsprechender Flugbewegungen im Bereich der Anlagen kommt.

Das Vorbringen der Klägerin zu Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen im Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 21. Mai 2015 sowie in der mündlichen Verhandlung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Hinweis der Klägerin auf Empfehlungen bzw. Leitfäden und Muster-Nebenbestimmungen anderer Bundesländer (Schriftsatz vom 21. Mai 2015, S. 33 ff.) ist schon deshalb nicht ausreichend, weil für die streitgegenständlichen Anlagen maßgeblich der Bayerische Windkrafterlass zu berücksichtigen ist, der zu möglichen Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen eigene Aussagen trifft (Windkrafterlass, S. 46-48). Mit der grundsätzlichen Formulierung, dass „in manchen Fällen“ das Erreichen des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestands abgewendet werden „kann“ macht der Windkrafterlass deutlich, dass sich die Einschlägigkeit und Wirksamkeit einer Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahme nur für den jeweiligen Einzelfall beurteilen lassen. Dies setzt voraus, dass - anders als hier - konkret für die beantragten Anlagen und in Bezug auf das festgestellte Tötungsrisiko in Betracht kommende, geeignete Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen zum Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrags gemacht oder später in das Genehmigungsverfahren eingeführt werden. Erfolgt ein vertiefter Hinweis auf Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen erst dann, wenn - wie hier - bereits ein Ablehnungsbescheid ergangen ist, so liegt insoweit schon kein (Genehmigungs-) Antrag vor, der im Sinne des gestellten Hilfsantrags (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) „erneut“ beschieden werden könne. Gleiches folgt aus dem Grundsatz, dass ein Anliegen zunächst an die zuständige Behörde heranzutragen ist, bevor seine gerichtliche Durchsetzung begehrt werden kann.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Klägerin als unterliegender Partei aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, inwieweit zur Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Beobachtungen und Unterlagen Dritter zusätzlich zu Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass verwendet werden können, grundsätzliche Bedeutung hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 635.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wobei die in den Antragsunterlagen (Abschnitt 11) angegebenen Herstellungskosten zugrunde gelegt wurden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Baugesetzbuch - BBauG | § 35 Bauen im Außenbereich


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es1.einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Bet

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(1) Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,2. wild lebende Tiere der

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 4 Genehmigung


(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gef

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(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Wird kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, wird auf Antrag der Gemeinde anstelle der Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit eine vorläufige Untersagung innerhalb einer durch Landesrecht festgesetzten Frist ausgesprochen. Die vorläufige Untersagung steht der Zurückstellung nach Satz 1 gleich.

(2) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Zurückstellung von Baugesuchen nicht anzuwenden; mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs wird ein Bescheid über die Zurückstellung des Baugesuchs nach Absatz 1 unwirksam.

(3) Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Auf diesen Zeitraum ist die Zeit zwischen dem Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde bis zur Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs nicht anzurechnen, soweit der Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich ist. Der Antrag der Gemeinde nach Satz 1 ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Gemeinde in einem Verwaltungsverfahren von dem Bauvorhaben förmlich Kenntnis erhalten hat, zulässig. Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung nach Satz 1 um höchstens ein weiteres Jahr aussetzen.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für zwei Windenergieanlagen im Außenbereich. Sie verfügt über einen positiven Bauvorbescheid, der ihr auf ihre Klage hin erteilt worden war. Ihren Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung lehnte der Beklagte aus Gründen des Naturschutzrechts ab. Die hiergegen erhobene Klage der Klägerin blieb in erster Instanz erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Vorhaben sei aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig. Die naturschutzrechtlichen Fragen seien im Vorbescheid nicht mit Bindungswirkung zugunsten der Klägerin entschieden worden. Aufgrund der Feststellung der planungsrechtlichen Zulässigkeit könne dem Vorhaben zwar nicht mehr entgegengehalten werden, ihm stünden Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen. Das bedeute aber nicht, dass im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die Vereinbarkeit des Vorhabens mit naturschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr zu prüfen wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hätten die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für Vorhaben im Außenbereich einen jeweils eigenständigen Charakter und seien unabhängig voneinander zu prüfen. Der Betrieb der Windenergieanlagen verstoße in Bezug auf die Vogelart "Rotmilan" gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot. Dem Beklagten komme insoweit ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu. Die Einschätzung, dass der Rotmilan durch das Vorhaben einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sei, sei naturschutzfachlich vertretbar.

2

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht zwar nicht in jeder Hinsicht in Einklang mit Bundesrecht. Es erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Es liegt ein Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vor. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Über die artenschutzrechtliche Zulässigkeit ist nicht bereits aufgrund des bestandskräftigen Bauvorbescheids mit Bindungswirkung zugunsten der Klägerin entschieden worden. Bei der danach im Genehmigungsverfahren gebotenen artenschutzrechtlichen Prüfung verfügt die Behörde über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative.

4

1. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, für eine naturschutzrechtliche Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbote sei trotz der verbindlich festgestellten bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens, bei der auch das Entgegenstehen von Belangen des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB geprüft worden sei, noch Raum, steht nicht in Einklang mit Bundesrecht.

5

Ist über die Frage, ob einem privilegierten Außenbereichsvorhaben Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen, bereits im Rahmen eines bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheids abschließend entschieden worden, steht einer erneuten - naturschutzrechtlichen - Entscheidung über das Entgegenstehen artenschutzrechtlicher Verbote die Tatbestandswirkung des Bauvorbescheids entgegen. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass artenschutzrechtliche Verbote zwingendes Recht darstellen, von dem nur abgewichen werden darf, wenn die Voraussetzungen für eine Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) oder Befreiung (§ 67 BNatSchG) vorliegen. Die Annahme, aus diesem Grund sei zwischen planungsrechtlicher und naturschutzrechtlicher Zulässigkeit eines Vorhabens zu trennen, beruht aber auf einer Verkennung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Auf das Urteil des Senats vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 3.01 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 350) kann sich das Oberverwaltungsgericht nicht stützen. Die Entscheidung des Senats ist auf die Besonderheiten der naturschutzrechtlichen Abwägung im Rahmen der sog. Eingriffsregelung zugeschnitten und betrifft zudem die nicht mehr geltende rahmenrechtliche Rechtslage (§ 8a Abs. 2 Satz 2 BNatSchG a.F.). Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen generell unabhängig voneinander zu prüfen sind, hat der Senat nicht aufgestellt.

6

Artenschutzrechtliche Verbote i.S.d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG "zugleich" Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, die einem privilegierten Außenbereichsvorhaben bauplanungsrechtlich nicht entgegenstehen dürfen. Das Naturschutzrecht konkretisiert die öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Ist über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB zu entscheiden, hat die zuständige Behörde daher auch die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen (Urteil vom 20. Mai 2010 - BVerwG 4 C 7.09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 35). Können artenschutzrechtliche Verbote naturschutzrechtlich nicht überwunden werden, stehen sie einem gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zwingend entgegen. Das Vorhaben ist dann bauplanungsrechtlich unzulässig. Es decken sich also die bauplanungsrechtlichen Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, soweit sie "naturschutzbezogen" sind, mit den Anforderungen des Naturschutzrechts. Artenschutzrechtliche Verbote, von denen weder eine Ausnahme noch eine Befreiung erteilt werden kann, stehen einem immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Außenbereichsvorhaben deshalb stets zwingend entgegen, und zwar sowohl als verbindliche Vorschriften des Naturschutzrechts als auch als Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Für eine "nachvollziehende" Abwägung (zum Begriff z.B. Urteil vom 19. Juli 2001 - BVerwG 4 C 4.00 - BVerwGE 115, 17 <24 f.>) ist kein Raum. Voraussetzung der nachvollziehenden Abwägung ist, dass die Entscheidung Wertungen zugänglich ist, die gewichtet und abgewogen werden können. Das ist bei zwingenden gesetzlichen Verboten nicht der Fall.

7

2. Die Berufungsentscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Im Ergebnis zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte im Genehmigungsverfahren die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht prüfen durfte. Zwar verfügt die Klägerin über einen positiven Bauvorbescheid, der in dem Umfang, in dem er dem Vorhaben die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit bescheinigt, Tatbestandswirkung entfaltet. Der positive Bauvorbescheid, der der Klägerin auf ihre Klage hin erteilt worden ist, enthält jedoch keine Aussage zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht.

8

An die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, der Bauvorbescheid stelle die planungsrechtliche Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens "insgesamt" fest, ist der Senat entgegen § 137 Abs. 2 VwGO nicht gebunden. Im Revisionsverfahren ist eine vom Tatsachengericht vorgenommene Auslegung einer materiellrechtlich erheblichen Erklärung zwar nur in beschränktem Umfang einer Nachprüfung zugänglich (Urteil vom 4. April 2012 - BVerwG 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 46). Lässt die Auslegung einen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen, tritt eine Bindung aber nicht ein (Urteil vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 Rn. 18). So liegt der Fall hier. Die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, dass mit dem positiven Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens "insgesamt" entschieden worden sei, wird von der bundesrechtswidrigen Auffassung getragen, artenschutzrechtliche Verbote seien nicht nur im Rahmen der planungsrechtlichen Prüfung als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB einzustellen, sondern unabhängig davon Gegenstand einer eigenständigen naturschutzfachlichen Zulässigkeitsprüfung. Inmitten steht damit nicht lediglich die Feststellung des konkreten Inhalts einer behördlichen Erklärung durch das Tatsachengericht, die für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist. Das Oberverwaltungsgericht hat sich durch den unzutreffenden bundesrechtlichen Maßstab vielmehr bei der Auslegung den Blick verstellt. Das Auslegungsergebnis des Tatsachengerichts ist deshalb für das Revisionsgericht nicht bindend.

9

Danach ist der Senat selbst zur Auslegung des Bauvorbescheids berechtigt. Die Auslegung ergibt, dass der Bauvorbescheid keine Aussage zur artenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB enthält. Bereits der Umstand, dass im Vorbescheidsverfahren ausweislich der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts artenschutzrechtliche Fragen noch gar nicht geprüft worden sind, weil die zuständige Behörde den Vorbescheidsantrag wegen - aus ihrer Sicht - entgegenstehender anderer Belange als denen des Naturschutzes abgelehnt hat (UA S. 14), legt es nahe, dass die Behörde nicht über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens insgesamt, sondern nur über bestimmte (einzelne) Fragen entschieden hat. Der Bescheid enthält zudem die Einschränkung, dass er "für die im Antrag formulierten Fragestellungen" erteilt werde. Das deckt sich wiederum mit dem Tenor des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 3. Juli 2005, mit dem die Behörde verpflichtet wurde, der Klägerin einen Bauvorbescheid "gemäß ihrem Antrag" zu erteilen. Dieser Umstand macht ebenfalls deutlich, dass mit dem Bauvorbescheid lediglich über die zum damaligen Zeitpunkt strittigen bauplanungsrechtlichen Fragen entschieden worden ist. Ferner hat das Verwaltungsgericht zur Begründung der Annahme, dass dem Vorhaben weitere öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 nicht entgegenstünden, zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB lediglich ausgeführt, dass der Landschaftsschutz nicht in nennenswerter Weise beeinträchtigt werde. Dementsprechend hat die damals zuständige Behörde den Vorbescheid ausdrücklich mit "Auflagen" verbunden, die naturschutzrechtliche Vorgaben enthalten. Die Auflagen entsprechen im Übrigen den "Hinweisen", die bereits im ersten, ursprünglich ablehnenden Bescheid enthalten waren, der Gegenstand der erfolgreichen Verpflichtungsklage war. Bei der Entscheidung über den Vorbescheidsantrag lagen auch keine prüffähigen Unterlagen zu artenschutzrechtlichen Fragen vor. Gegenteiliges behauptet auch die Klägerin nicht. Sie greift zwar die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, Artenschutz sei im Vorbescheidsverfahren nicht geprüft worden, mit der Verfahrensrüge als aktenwidrige Feststellung an. Der Vortrag, das Protokoll der Ämterberatung am 4. April 2001 nach Anlage K1 belege, dass naturschutzrechtliche Fragen aus Anlass des Vorbescheids behandelt worden seien, genügt jedoch hierfür nicht. Aus der Teilnahme eines Vertreters der Naturschutzbehörde an einer Ämterbesprechung im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens lässt sich nicht ableiten, dass die naturschutzrechtlichen Fragen auch abschließend geprüft worden sind.

10

3. Da mit dem positiven Bauvorbescheid nicht über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Naturschutzrecht entschieden worden ist, musste der Beklagte im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren prüfen, ob der Genehmigung als Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG das artenschutzrechtliche Tötungs- und Störungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegensteht.

11

3.1 In Übereinstimmung mit Bundesrecht geht das Oberverwaltungsgericht davon aus, dass der Tatbestand des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nur dann erfüllt ist, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219). Das ist hier der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat ausführlich dargelegt, dass aus den ausgewerteten Erkenntnismitteln - naturschutzfachlich vertretbar - abgeleitet werden könne, dass für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windenergieanlagen grundsätzlich dann ausgegangen werden könne, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1 000 m betrage (UA S. 22). Soweit die Klägerin auf die für Rotmilane untypische Größe eines Horstes verweist, ist die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts zugrunde zu legen, dass die Beobachtungen der Klägerin keine taugliche Grundlage böten, um das Vorkommen des Rotmilans in diesem Gebiet zuverlässig erfassen zu können. Unter diesen Umständen hätte die Klägerin einen förmlichen Beweisantrag stellen müssen; eine Beweisanregung genügt nicht. Die Rüge zur fehlenden Ermittlung von Maßnahmen zur Minderung des Kollisionsrisikos scheitert schon daran, dass die Klägerin nicht aufzeigt, welche Maßnahmen das Oberverwaltungsgericht hätte in Betracht ziehen müssen.

12

Die weitere Verfahrensrüge der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe in unzulässiger Weise Behauptungen eines "Hobbyornithologen" zugrunde gelegt und nicht beachtet, dass es zwingend einer unabhängigen fachlichen Überprüfung bedurft habe, ist unbegründet. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind die Erfassungen aus der Brutsaison 2011, mit denen der Beklagte das Vorkommen des Rotmilans in der näheren Umgebung der vorgesehenen Windenergieanlagenstandorte untermauert hat, von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter durchgeführt worden, der seit 1986 für das Museum für Vogelkunde in Halberstadt (Heineanum) und - seinen Angaben zufolge - seit 1977 für die Arbeitsgemeinschaft Ornithologie der Stadt Quedlinburg tätig ist. Dass sich der Beklagte bei der Erfassung und Kartierung des artenrechtlichen Bestands der Vogelart "Rotmilan" auf Angaben eines solchen ehrenamtlich tätigen Mitarbeiters gestützt hat, ist nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht, das den ehrenamtlichen Mitarbeiter in der mündlichen Verhandlung gehört hat, musste den Vortrag der Klägerin nicht zum Anlass für weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung nehmen. Das Tatsachengericht darf grundsätzlich nach seinem tatrichterlichen Ermessen entscheiden, ob es zusätzliche Sachverständigengutachten einholt (stRspr; vgl. Beschluss vom 13. März 1992 - BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268). Ein Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten hätte aufdrängen müssen. Gutachten und fachliche Stellungnahmen sind nur dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht beachtet. Von einer Missachtung wissenschaftlicher Mindeststandards kann keine Rede sein. Die Aufgabe der naturschutzfachlichen Erfassung und Kartierung von Arten kann auch von ehrenamtlichen Mitarbeitern geleistet werden, sofern sie sich als sachkundig erweisen. Bestandserfassungen bedürfen nicht zwingend der Heranziehung eines als Sachverständigen ausgebildeten und anerkannten Gutachters. Auch eine langjährige Befassung im Rahmen ehrenamtlicher naturschutzfachlicher Tätigkeit kann die notwendige Sachkunde vermitteln, um Beobachtungen vor Ort vornehmen und über den Befund berichten zu können. Das zeigt auch die Praxis der Naturschutzverbände und -vereinigungen, die regelmäßig mit ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammenarbeiten und die mit ihrem Sachverstand in ähnlicher Weise wie Naturschutzbehörden die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in das Verfahren einbringen und als Verwaltungshelfer angesehen werden (vgl. nur Urteile vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <361> und vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149 Rn. 19). Die Klägerin zeigt auch nicht auf, dass im konkreten Fall Anlass bestand, an der durch jahrzehntelange Befassung geschulten Sachkunde des ehrenamtlichen Mitarbeiters zu zweifeln. Einer solchen Darlegung hätte es auch deshalb bedurft, weil das Oberverwaltungsgericht den Mitarbeiter in der mündlichen Verhandlung gehört und sich damit einen Eindruck von seiner fachlichen Versiertheit bei der Vogelbeobachtung verschafft hat.

13

Weitere als Verfahrensrügen erhobene Einwände der Klägerin zielen darauf, den vom Oberverwaltungsgericht für die Beurteilung der Frage, ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht, für maßgeblich gehaltenen Abstand der Windenergieanlagen durch andere Faktoren zu ersetzen. Auch diese Einwände bleiben ohne Erfolg.

14

3.2 In Übereinstimmung mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht dem Beklagten bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, einen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum eingeräumt. Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze zur naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsverfahren (vgl. Urteile vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 65, 91, vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 38, vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 113 und vom 14. Juli 2011 a.a.O. Rn. 99) gelten auch in Genehmigungsverfahren. Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden.

15

Grund für die Zuerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative ist der Umstand, dass es im Bereich des Naturschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist. Bei zahlreichen Fragestellungen steht - jeweils vertretbar - naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Sind verschiedene Methoden wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen. Eine naturschutzfachliche Meinung ist einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder "strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 66). Die naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative folgt nicht aus einer bestimmten Verfahrensart oder Entscheidungsform, sondern aus der Erkenntnis, dass das Artenschutzrecht außerrechtliche Fragestellungen aufwirft, zu denen es jedenfalls nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine eindeutigen Antworten gibt.

16

Die Überprüfung behördlicher Einschätzungsprärogativen ist wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz, nämlich bezogen auf die Einhaltung der rechtlichen Grenzen des behördlichen Einschätzungsspielraums, und genügt damit den verfassungsrechtlichen Erfordernissen (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 67). Die Einräumung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative führt zwar zu einer Rücknahme gerichtlicher Kontrolldichte. Das Gericht bleibt aber verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen.

17

3.3 Fehler bei der Anwendung der artenschutzrechtlichen Maßstäbe sind nicht zu erkennen. Insbesondere ist es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht dem Beklagten mit der Begründung, es lägen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, dass Rotmilane (verhaltensbedingt) im Straßenverkehr in vergleichbarer Zahl getötet würden wie durch Windenergieanlagen (UA S. 25), bestätigt, dass er sich bei der Bewertung der Gefahren im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative bewegt. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts greift die Klägerin zwar an, erhebt aber lediglich allgemein gehaltene Einwände und zeigt nicht auf, dass die Quelle, auf die sich das Oberverwaltungsgericht zur Begründung gestützt und die Erhebungen über einen Zeitraum von 1991 bis 2006 zur Grundlage hat, methodischen Bedenken ausgesetzt sein könnte.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für zwei Windenergieanlagen im Außenbereich. Sie verfügt über einen positiven Bauvorbescheid, der ihr auf ihre Klage hin erteilt worden war. Ihren Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung lehnte der Beklagte aus Gründen des Naturschutzrechts ab. Die hiergegen erhobene Klage der Klägerin blieb in erster Instanz erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Vorhaben sei aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig. Die naturschutzrechtlichen Fragen seien im Vorbescheid nicht mit Bindungswirkung zugunsten der Klägerin entschieden worden. Aufgrund der Feststellung der planungsrechtlichen Zulässigkeit könne dem Vorhaben zwar nicht mehr entgegengehalten werden, ihm stünden Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen. Das bedeute aber nicht, dass im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die Vereinbarkeit des Vorhabens mit naturschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr zu prüfen wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hätten die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für Vorhaben im Außenbereich einen jeweils eigenständigen Charakter und seien unabhängig voneinander zu prüfen. Der Betrieb der Windenergieanlagen verstoße in Bezug auf die Vogelart "Rotmilan" gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot. Dem Beklagten komme insoweit ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu. Die Einschätzung, dass der Rotmilan durch das Vorhaben einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sei, sei naturschutzfachlich vertretbar.

2

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht zwar nicht in jeder Hinsicht in Einklang mit Bundesrecht. Es erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Es liegt ein Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vor. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Über die artenschutzrechtliche Zulässigkeit ist nicht bereits aufgrund des bestandskräftigen Bauvorbescheids mit Bindungswirkung zugunsten der Klägerin entschieden worden. Bei der danach im Genehmigungsverfahren gebotenen artenschutzrechtlichen Prüfung verfügt die Behörde über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative.

4

1. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, für eine naturschutzrechtliche Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbote sei trotz der verbindlich festgestellten bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens, bei der auch das Entgegenstehen von Belangen des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB geprüft worden sei, noch Raum, steht nicht in Einklang mit Bundesrecht.

5

Ist über die Frage, ob einem privilegierten Außenbereichsvorhaben Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen, bereits im Rahmen eines bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheids abschließend entschieden worden, steht einer erneuten - naturschutzrechtlichen - Entscheidung über das Entgegenstehen artenschutzrechtlicher Verbote die Tatbestandswirkung des Bauvorbescheids entgegen. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass artenschutzrechtliche Verbote zwingendes Recht darstellen, von dem nur abgewichen werden darf, wenn die Voraussetzungen für eine Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) oder Befreiung (§ 67 BNatSchG) vorliegen. Die Annahme, aus diesem Grund sei zwischen planungsrechtlicher und naturschutzrechtlicher Zulässigkeit eines Vorhabens zu trennen, beruht aber auf einer Verkennung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Auf das Urteil des Senats vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 3.01 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 350) kann sich das Oberverwaltungsgericht nicht stützen. Die Entscheidung des Senats ist auf die Besonderheiten der naturschutzrechtlichen Abwägung im Rahmen der sog. Eingriffsregelung zugeschnitten und betrifft zudem die nicht mehr geltende rahmenrechtliche Rechtslage (§ 8a Abs. 2 Satz 2 BNatSchG a.F.). Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen generell unabhängig voneinander zu prüfen sind, hat der Senat nicht aufgestellt.

6

Artenschutzrechtliche Verbote i.S.d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG "zugleich" Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, die einem privilegierten Außenbereichsvorhaben bauplanungsrechtlich nicht entgegenstehen dürfen. Das Naturschutzrecht konkretisiert die öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Ist über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB zu entscheiden, hat die zuständige Behörde daher auch die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen (Urteil vom 20. Mai 2010 - BVerwG 4 C 7.09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 35). Können artenschutzrechtliche Verbote naturschutzrechtlich nicht überwunden werden, stehen sie einem gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zwingend entgegen. Das Vorhaben ist dann bauplanungsrechtlich unzulässig. Es decken sich also die bauplanungsrechtlichen Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, soweit sie "naturschutzbezogen" sind, mit den Anforderungen des Naturschutzrechts. Artenschutzrechtliche Verbote, von denen weder eine Ausnahme noch eine Befreiung erteilt werden kann, stehen einem immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Außenbereichsvorhaben deshalb stets zwingend entgegen, und zwar sowohl als verbindliche Vorschriften des Naturschutzrechts als auch als Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Für eine "nachvollziehende" Abwägung (zum Begriff z.B. Urteil vom 19. Juli 2001 - BVerwG 4 C 4.00 - BVerwGE 115, 17 <24 f.>) ist kein Raum. Voraussetzung der nachvollziehenden Abwägung ist, dass die Entscheidung Wertungen zugänglich ist, die gewichtet und abgewogen werden können. Das ist bei zwingenden gesetzlichen Verboten nicht der Fall.

7

2. Die Berufungsentscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Im Ergebnis zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte im Genehmigungsverfahren die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht prüfen durfte. Zwar verfügt die Klägerin über einen positiven Bauvorbescheid, der in dem Umfang, in dem er dem Vorhaben die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit bescheinigt, Tatbestandswirkung entfaltet. Der positive Bauvorbescheid, der der Klägerin auf ihre Klage hin erteilt worden ist, enthält jedoch keine Aussage zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht.

8

An die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, der Bauvorbescheid stelle die planungsrechtliche Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens "insgesamt" fest, ist der Senat entgegen § 137 Abs. 2 VwGO nicht gebunden. Im Revisionsverfahren ist eine vom Tatsachengericht vorgenommene Auslegung einer materiellrechtlich erheblichen Erklärung zwar nur in beschränktem Umfang einer Nachprüfung zugänglich (Urteil vom 4. April 2012 - BVerwG 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 46). Lässt die Auslegung einen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen, tritt eine Bindung aber nicht ein (Urteil vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 Rn. 18). So liegt der Fall hier. Die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, dass mit dem positiven Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens "insgesamt" entschieden worden sei, wird von der bundesrechtswidrigen Auffassung getragen, artenschutzrechtliche Verbote seien nicht nur im Rahmen der planungsrechtlichen Prüfung als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB einzustellen, sondern unabhängig davon Gegenstand einer eigenständigen naturschutzfachlichen Zulässigkeitsprüfung. Inmitten steht damit nicht lediglich die Feststellung des konkreten Inhalts einer behördlichen Erklärung durch das Tatsachengericht, die für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist. Das Oberverwaltungsgericht hat sich durch den unzutreffenden bundesrechtlichen Maßstab vielmehr bei der Auslegung den Blick verstellt. Das Auslegungsergebnis des Tatsachengerichts ist deshalb für das Revisionsgericht nicht bindend.

9

Danach ist der Senat selbst zur Auslegung des Bauvorbescheids berechtigt. Die Auslegung ergibt, dass der Bauvorbescheid keine Aussage zur artenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB enthält. Bereits der Umstand, dass im Vorbescheidsverfahren ausweislich der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts artenschutzrechtliche Fragen noch gar nicht geprüft worden sind, weil die zuständige Behörde den Vorbescheidsantrag wegen - aus ihrer Sicht - entgegenstehender anderer Belange als denen des Naturschutzes abgelehnt hat (UA S. 14), legt es nahe, dass die Behörde nicht über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens insgesamt, sondern nur über bestimmte (einzelne) Fragen entschieden hat. Der Bescheid enthält zudem die Einschränkung, dass er "für die im Antrag formulierten Fragestellungen" erteilt werde. Das deckt sich wiederum mit dem Tenor des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 3. Juli 2005, mit dem die Behörde verpflichtet wurde, der Klägerin einen Bauvorbescheid "gemäß ihrem Antrag" zu erteilen. Dieser Umstand macht ebenfalls deutlich, dass mit dem Bauvorbescheid lediglich über die zum damaligen Zeitpunkt strittigen bauplanungsrechtlichen Fragen entschieden worden ist. Ferner hat das Verwaltungsgericht zur Begründung der Annahme, dass dem Vorhaben weitere öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 nicht entgegenstünden, zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB lediglich ausgeführt, dass der Landschaftsschutz nicht in nennenswerter Weise beeinträchtigt werde. Dementsprechend hat die damals zuständige Behörde den Vorbescheid ausdrücklich mit "Auflagen" verbunden, die naturschutzrechtliche Vorgaben enthalten. Die Auflagen entsprechen im Übrigen den "Hinweisen", die bereits im ersten, ursprünglich ablehnenden Bescheid enthalten waren, der Gegenstand der erfolgreichen Verpflichtungsklage war. Bei der Entscheidung über den Vorbescheidsantrag lagen auch keine prüffähigen Unterlagen zu artenschutzrechtlichen Fragen vor. Gegenteiliges behauptet auch die Klägerin nicht. Sie greift zwar die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, Artenschutz sei im Vorbescheidsverfahren nicht geprüft worden, mit der Verfahrensrüge als aktenwidrige Feststellung an. Der Vortrag, das Protokoll der Ämterberatung am 4. April 2001 nach Anlage K1 belege, dass naturschutzrechtliche Fragen aus Anlass des Vorbescheids behandelt worden seien, genügt jedoch hierfür nicht. Aus der Teilnahme eines Vertreters der Naturschutzbehörde an einer Ämterbesprechung im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens lässt sich nicht ableiten, dass die naturschutzrechtlichen Fragen auch abschließend geprüft worden sind.

10

3. Da mit dem positiven Bauvorbescheid nicht über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Naturschutzrecht entschieden worden ist, musste der Beklagte im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren prüfen, ob der Genehmigung als Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG das artenschutzrechtliche Tötungs- und Störungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegensteht.

11

3.1 In Übereinstimmung mit Bundesrecht geht das Oberverwaltungsgericht davon aus, dass der Tatbestand des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nur dann erfüllt ist, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219). Das ist hier der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat ausführlich dargelegt, dass aus den ausgewerteten Erkenntnismitteln - naturschutzfachlich vertretbar - abgeleitet werden könne, dass für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windenergieanlagen grundsätzlich dann ausgegangen werden könne, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1 000 m betrage (UA S. 22). Soweit die Klägerin auf die für Rotmilane untypische Größe eines Horstes verweist, ist die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts zugrunde zu legen, dass die Beobachtungen der Klägerin keine taugliche Grundlage böten, um das Vorkommen des Rotmilans in diesem Gebiet zuverlässig erfassen zu können. Unter diesen Umständen hätte die Klägerin einen förmlichen Beweisantrag stellen müssen; eine Beweisanregung genügt nicht. Die Rüge zur fehlenden Ermittlung von Maßnahmen zur Minderung des Kollisionsrisikos scheitert schon daran, dass die Klägerin nicht aufzeigt, welche Maßnahmen das Oberverwaltungsgericht hätte in Betracht ziehen müssen.

12

Die weitere Verfahrensrüge der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe in unzulässiger Weise Behauptungen eines "Hobbyornithologen" zugrunde gelegt und nicht beachtet, dass es zwingend einer unabhängigen fachlichen Überprüfung bedurft habe, ist unbegründet. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind die Erfassungen aus der Brutsaison 2011, mit denen der Beklagte das Vorkommen des Rotmilans in der näheren Umgebung der vorgesehenen Windenergieanlagenstandorte untermauert hat, von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter durchgeführt worden, der seit 1986 für das Museum für Vogelkunde in Halberstadt (Heineanum) und - seinen Angaben zufolge - seit 1977 für die Arbeitsgemeinschaft Ornithologie der Stadt Quedlinburg tätig ist. Dass sich der Beklagte bei der Erfassung und Kartierung des artenrechtlichen Bestands der Vogelart "Rotmilan" auf Angaben eines solchen ehrenamtlich tätigen Mitarbeiters gestützt hat, ist nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht, das den ehrenamtlichen Mitarbeiter in der mündlichen Verhandlung gehört hat, musste den Vortrag der Klägerin nicht zum Anlass für weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung nehmen. Das Tatsachengericht darf grundsätzlich nach seinem tatrichterlichen Ermessen entscheiden, ob es zusätzliche Sachverständigengutachten einholt (stRspr; vgl. Beschluss vom 13. März 1992 - BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268). Ein Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten hätte aufdrängen müssen. Gutachten und fachliche Stellungnahmen sind nur dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht beachtet. Von einer Missachtung wissenschaftlicher Mindeststandards kann keine Rede sein. Die Aufgabe der naturschutzfachlichen Erfassung und Kartierung von Arten kann auch von ehrenamtlichen Mitarbeitern geleistet werden, sofern sie sich als sachkundig erweisen. Bestandserfassungen bedürfen nicht zwingend der Heranziehung eines als Sachverständigen ausgebildeten und anerkannten Gutachters. Auch eine langjährige Befassung im Rahmen ehrenamtlicher naturschutzfachlicher Tätigkeit kann die notwendige Sachkunde vermitteln, um Beobachtungen vor Ort vornehmen und über den Befund berichten zu können. Das zeigt auch die Praxis der Naturschutzverbände und -vereinigungen, die regelmäßig mit ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammenarbeiten und die mit ihrem Sachverstand in ähnlicher Weise wie Naturschutzbehörden die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in das Verfahren einbringen und als Verwaltungshelfer angesehen werden (vgl. nur Urteile vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <361> und vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149 Rn. 19). Die Klägerin zeigt auch nicht auf, dass im konkreten Fall Anlass bestand, an der durch jahrzehntelange Befassung geschulten Sachkunde des ehrenamtlichen Mitarbeiters zu zweifeln. Einer solchen Darlegung hätte es auch deshalb bedurft, weil das Oberverwaltungsgericht den Mitarbeiter in der mündlichen Verhandlung gehört und sich damit einen Eindruck von seiner fachlichen Versiertheit bei der Vogelbeobachtung verschafft hat.

13

Weitere als Verfahrensrügen erhobene Einwände der Klägerin zielen darauf, den vom Oberverwaltungsgericht für die Beurteilung der Frage, ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht, für maßgeblich gehaltenen Abstand der Windenergieanlagen durch andere Faktoren zu ersetzen. Auch diese Einwände bleiben ohne Erfolg.

14

3.2 In Übereinstimmung mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht dem Beklagten bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, einen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum eingeräumt. Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze zur naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsverfahren (vgl. Urteile vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 65, 91, vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 38, vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 113 und vom 14. Juli 2011 a.a.O. Rn. 99) gelten auch in Genehmigungsverfahren. Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden.

15

Grund für die Zuerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative ist der Umstand, dass es im Bereich des Naturschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist. Bei zahlreichen Fragestellungen steht - jeweils vertretbar - naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Sind verschiedene Methoden wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen. Eine naturschutzfachliche Meinung ist einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder "strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 66). Die naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative folgt nicht aus einer bestimmten Verfahrensart oder Entscheidungsform, sondern aus der Erkenntnis, dass das Artenschutzrecht außerrechtliche Fragestellungen aufwirft, zu denen es jedenfalls nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine eindeutigen Antworten gibt.

16

Die Überprüfung behördlicher Einschätzungsprärogativen ist wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz, nämlich bezogen auf die Einhaltung der rechtlichen Grenzen des behördlichen Einschätzungsspielraums, und genügt damit den verfassungsrechtlichen Erfordernissen (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 67). Die Einräumung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative führt zwar zu einer Rücknahme gerichtlicher Kontrolldichte. Das Gericht bleibt aber verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen.

17

3.3 Fehler bei der Anwendung der artenschutzrechtlichen Maßstäbe sind nicht zu erkennen. Insbesondere ist es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht dem Beklagten mit der Begründung, es lägen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, dass Rotmilane (verhaltensbedingt) im Straßenverkehr in vergleichbarer Zahl getötet würden wie durch Windenergieanlagen (UA S. 25), bestätigt, dass er sich bei der Bewertung der Gefahren im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative bewegt. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts greift die Klägerin zwar an, erhebt aber lediglich allgemein gehaltene Einwände und zeigt nicht auf, dass die Quelle, auf die sich das Oberverwaltungsgericht zur Begründung gestützt und die Erhebungen über einen Zeitraum von 1991 bis 2006 zur Grundlage hat, methodischen Bedenken ausgesetzt sein könnte.

Tenor

I. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen wird abgelehnt.

II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Ergänzungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beigeladene darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 30. Juni 2014 wurde dem Beigeladenen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 zugestellt. Die Kostenentscheidung in Nr. III des Urteilstenors lautet: „Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin die Hälfte, der Beklagte und der Beigeladene je ein Viertel.“ Die Begründung für die Kostenentscheidung lautet: „Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO“. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. September 2014 -4 B 48.14 - kostenpflichtig zurückgewiesen.

Am 27. Oktober 2016 beantragte der Beigeladene beim Verwaltungsgerichtshof, das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - dahingehend zu ergänzen, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen anteilig entsprechend Nr. III des Urteilstenors von der Klägerin zu erstatten sind. „Hilfsweise“ beantragte der Beigeladene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Beigeladenen sei erst im Rahmen der Kostenfestsetzung durch Schreiben des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Oktober 2016 mitgeteilt worden, dass das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - keinen Ausspruch über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen enthalte. Hilfsweise solle statt der Ergänzung des Urteils eine Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit des Urteils vorgenommen werden.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag des Beigeladenen auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat keinen Erfolg.

Eine - wie hier geltend gemacht - unvollständige Kostenentscheidung kann nach § 120 Abs. 1 VwGO nur auf Antrag ergänzt werden. Eine Ergänzung von Amts wegen kommt angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes nicht in Betracht.

Der Antrag des Beigeladenen ist unzulässig, weil verfristet. Der Antrag ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes fristgebunden (§ 120 Abs. 2 VwGO). Er muss binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils gestellt werden, die hier am 30. Juni 2014 stattfand (vgl. zur Fristgebundenheit des Antrags nach § 120 VwGO auch BVerwG, B.v. 28.6.1993 - 7 B 143/92 - NVwZ-RR 1994, 236 und B.v. 2.6.1999 - 4 B 30/99 -NVwZ-RR 1999, 694). Der Beigeladene hat den Antrag mehr als zwei Jahre zu spät, nämlich erst am 27. Oktober 2016, gestellt.

Der Beigeladene hat auch keine Tatsachen dargelegt, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 Abs. 1 VwGO) rechtfertigen könnten. Die gesetzliche Zweiwochenfrist mag kurz erscheinen. Der Bundesgesetzgeber betrachtet es aber als eine Obliegenheit der Beteiligten, die ihnen zugestellte gerichtliche Entscheidung innerhalb einer kurzen Frist darauf zu überprüfen, ob die Kostenfolge darin ganz oder zum Teil übergangen ist (Kilian in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 120 Rn. 15, 17, 18). Dieser Obliegenheit ist der anwaltlich vertretene Beigeladene im vorliegenden Fall nicht gerecht geworden. Auf Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum kann sich ein Rechtsanwalt, dessen Verschulden dem Verschulden des Beteiligten gleich steht (§ 85 Abs. 2 ZPO), nur in seltenen Ausnahmefällen berufen (vgl. dazu Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 60 Rn. 86 m.w.N.). Dazu hat der Beigeladene keine Tatsachen vorgetragen.

Der vom Beigeladenen „hilfsweise“ angeführte Weg der Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 118 VwGO) scheidet hier aus. Offenbar ist eine etwaige Unrichtigkeit nur dann, wenn sie sich als solche aus dem Urteil unmittelbar selbst, mindestens aber aus Vorgängen beim Erlass, ergibt. Die Unrichtigkeit muss in irgendeiner Weise nach außen treten (Kilian in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 118 Rn. 7 m.w.N.). Es muss ein Hinweis zu finden sein, dass der betreffende Gegenstand zwar richtig beraten und beschlossen, aber falsch in das Urteil aufgenommen wurde. Daran fehlt es hier bei der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Entscheidungsgründe des Urteils sagen dazu nichts aus. Zudem sind Unrichtigkeiten, denen ein wertender Charakter eigen ist, nicht offenbar (Kilian a.a.O. Rn. 8). Dies wäre hier die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit an Hand des Maßstabs der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO. Ein Fall des § 158 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor, weil die Ergänzbarkeit des Urteils in Rede steht (Rennert in Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 120 Rn. 9).

Tenor

I.

Die Verwaltungsstreitsachen 22 ZB 14.1079 und 22 ZB 14.1080 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

III.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird bis zur Verbindung der beiden Verfahren auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1079 und auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1080, danach auf insgesamt 2,8 Millionen Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin beabsichtigt die Errichtung eines Windparks mit neun Windkraftanlagen (ab hier: WKA) und begehrt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windkraftanlagen (WKA 1, 2 und 9) sowie die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für sechs Windkraftanlagen (WKA 3 bis 8). Erstere sind Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1179, während letztere Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1180 sind. Vorbescheidsfrage ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit der WKA 3 bis 8, mit Ausnahme der Vereinbarkeit mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2011 beantragte die Klägerin zunächst die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für neun Windkraftanlagen auf den Grundstücken FlNrn. 255 (WKA 1), 112 (WKA 2), 248 (WKA 3), 200 (WKA 4), 209 (WKA 5), 206 (WKA 6), 147 (WKA 7), jeweils Gemarkung M., und FlNrn. 382 (WKA 8) sowie 358 (WKA 9), jeweils Gemarkung M.. Geplant sind eine Nabenhöhe von 140 m, ein Rotordurchmesser von 99,8 m und eine Gesamthöhe von ca. 190 m. Die Standorte liegen ca. 6 km südöstlich des Stadtgebiets der Beklagten. Im näheren Umkreis liegen kleinere Ortsteile bzw. größere Siedlungen der Nachbargemeinden.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 21. Februar 2012 die bezüglich der WKA 3 bis 8 gestellten Genehmigungsanträge nicht mehr aufrecht erhalten. Es solle im Wege eines Vorbescheids darüber entschieden werden, dass bei diesen Vorhaben sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und aus aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten erfüllt werden und dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften einschließlich der Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb dieser Anlagen nicht entgegenstehen, und zwar mit Ausnahme der artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Bezüglich der WKA 1, der WKA 2 sowie der WKA 9 hielt die Klägerin an ihrem Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung fest. Hilfsweise wurde auch diesbezüglich ein Antrag auf immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid gestellt, der im Klageverfahren nicht weiter verfolgt worden ist.

Mit Bescheid vom 27. März 2012 lehnte die Beklagte die gestellten Anträge umfassend ab. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, der Betrieb jeder der neun Windkraftanlagen sei nicht mit den bestehenden naturschutzrechtlichen Regelungen vereinbar, da Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 3 BNatSchG erfüllt würden. Dies gelte insbesondere bezüglich des Schwarzstorchs. Einer Genehmigung stehe für alle neun WKA die Ablehnung des Luftamts ... entgegen. Die Deutsche Flugsicherung habe diesem mitgeteilt, dass von militärischer Seite dringend empfohlen werde, der Errichtung der neun WKA nicht zuzustimmen. Die Wehrbereichsverwaltung Süd habe mitgeteilt, die US-Streitkräfte hätten vorgebracht, dass sie nach Erstellung der neun WKA die Flughöhen für ihre Luftfahrzeuge in dem betroffenen Gebiet aus Flugsicherheitsgründen anheben müssten. Dies hätten sie abgelehnt. Das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr habe deren Ablehnungsgründe anerkannt und die WKA 1 bis 9 abgelehnt.

Die Klägerin erhob Klagen zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg. Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteilen vom 13. Januar 2014 als unbegründet ab. Den strittigen Vorhaben stünden Belange der Verteidigung (der militärischen Flugsicherung) und Belange des Naturschutzes (Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot im Hinblick auf den Schwarzstorch) entgegen. Artenschutzrecht stehe als unüberwindliches Genehmigungshindernis auch der Erteilung eines Vorbescheids entgegen, obwohl die Klägerin Artenschutzrecht insofern ausgeklammert habe.

Die Klägerin hat in allen Fällen die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Verbindung der Verwaltungsstreitsachen beruht auf § 93 VwGO.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hervortreten (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Da die angefochtenen Urteile auf zwei selbstständig tragende Abweisungsgründe gestützt sind (Entgegenstehen von Belangen der Verteidigung einerseits und artenschutzrechtliches Tötungsverbot in Bezug auf den Schwarzstorch andererseits), kommt es darauf an, dass Zulassungsgründe hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe mit Erfolg dargelegt sind (vgl. z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m. w. N.). Die Darlegungen der Klägerin müssten also hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe die Zulassung der Berufung rechtfertigen. Dies ist der Klägerin jedoch im Hinblick auf keinen der vom Verwaltungsgericht angeführten Abweisungsgründe gelungen.

1. Die Klägerin hat bezüglich des Entgegenstehens von Belangen der Verteidigung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten dargelegt.

a) Die Klägerin macht geltend, dass die Zustimmung der Luftfahrtbehörden nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG als erteilt gelte, wenn sie nicht binnen zweier Monate nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werde. Diese Zustimmungsfiktion sei unwiderruflich und für die Genehmigungsbehörde verbindlich. Ein solcher Fall sei hier gegeben.

Das Verwaltungsgericht steht demgegenüber auf dem Standpunkt, dass es nicht sein könne, dass die Genehmigungsbehörde nach Eintritt der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG diesbezüglich keine Prüfungskompetenz mehr habe und bei Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen müsse, und dies angesichts der hohen Schutzgüter, die im Bereich der Luftsicherheit inmitten stünden. Letztlich bedeutet dies, dass im Interesse des Rechtsgüterschutzes nicht beide rechtlichen Annahmen gleichzeitig zutreffen können, die einer Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG und die einer diesbezüglich fehlenden Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde. Das Verwaltungsgericht weist insofern auf die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hin. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese zwar nicht widerrufen oder zurückgenommen werden, aber die Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde bleibt bestehen (BVerwG, U. v. 12.12.1996 - 4 C 24/95 -NVwZ 1997, 900).

Die Klägerin hat sich mit dieser beachtlichen Argumentation nicht hinreichend auseinandergesetzt und nicht dargelegt, wie der erforderliche Rechtsgüterschutz unter Zugrundelegung ihrer rechtlichen Annahmen sichergestellt werden könnte. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als auch dem von der Klägerin selbst angeführten Urteil des Rheinland-Pfälzischen Oberverwaltungsgerichts zu entnehmen ist, dass auch die Zustimmung der Luftfahrtbehörde nach § 14 Abs. 1 LuftVG im Streitfall einer gerichtlichen Inzidentprüfung zugänglich sein muss, falls ein Flugplatzbetreiber die Genehmigung einer gerichtlichen Kontrolle zuführt. Das Oberverwaltungsgericht verweist insofern zutreffend auf den Rechtscharakter der Zustimmung als Verwaltungsinternum, das weder vom Windkraftanlagenbetreiber noch vom Flugplatzbetreiber selbstständig angefochten werden kann (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 16.1.2006 - 8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844/845).

b) Die Klägerin stellt nicht in Frage, dass Belange der Verteidigung der Genehmigung einer Windkraftanlage entgegenstehen können und dass insofern ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum der Bundeswehr besteht. Die Klägerin wirft insofern lediglich die Frage auf, ob Belange der Verteidigung und ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum auch im Hinblick auf einen militärischen Flugplatz der US-Truppen in Deutschland geltend gemacht werden können. Eine hinreichende Darlegung von Zulassungsgründen ist im bloßen Aufwerfen einer Frage allerdings nicht zu sehen; der Vortrag eines schlüssigen Gegenarguments ist insofern erforderlich. „Darlegen“ bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr, als lediglich eine nicht näher spezifizierte Behauptung aufzustellen; es meint ein „Erläutern“, „Erklären“ oder ein „näher auf etwas Eingehen“ (vgl. BVerwG, B. v. 2.10.1961 - VIII B 78.61 - BVerwGE 13, 90/91; B. v. 9.3.1993 - 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825).

Die Klägerin macht geltend, dass hier für die Sicherheit des Luftverkehrs keine konkreten Gefahren bestünden, wie sie in § 14 Abs. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 LuftVG vorausgesetzt würden. Zwar dürfe bei einer Behinderung der An- und Abflugwege der auf dem Flughafen landenden und startenden Luftfahrzeuge die luftfahrtbehördliche Zustimmung verweigert werden, um unfallträchtige, die Allgemeinheit bedrohende Ausweichmanöver zu vermeiden. Im Hinblick auf die Privilegierung der Windkraftanlagen seien den Flughafenbetreibern aber auch weniger optimale bzw. risikoreichere Ausweichmöglichkeiten zuzumuten. Dies habe das Verwaltungsgericht nicht beachtet.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, im Bereich der Flugstrecken müsse nach den Vorgaben der militärischen Flugsicherung Hindernisfreiheit bestehen. Die Flugzeuge müssten sich mindestens 300 m über dem höchsten Hindernis bewegen; ein Instrumentenflugverfahren müsse so eingerichtet werden, dass ein Flugzeug in sicherem Abstand das Hindernis überfliegen könne. Für den Piloten seien die Anflugverfahren verbindliche Vorgaben. Nach den Stellungnahmen im Gerichtsverfahren sei bei der Realisierung der Windkraftanlagen die notwendige Hindernisfreiheit für die genannten Anflugverfahren in dem erforderlichen Abstand nicht mehr gegeben. Das Luftamt ... habe zuletzt mit Schreiben vom 6. März 2012 die luftfahrtbehördliche Zustimmung unter Berufung auf die gutachtliche Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung GmbH vom 27. Februar 2012 verweigert. Grundlage hierfür seien eine Neubewertung der Sachlage durch die US-Streitkräfte und das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr gewesen. Die Erläuterungen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 hätten die Richtigkeit dieser Neubewertung bestätigt.

Diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts wird durch den Vortrag der Klägerin nicht in Frage gestellt. Vor allem muss in diesem Zusammenhang der verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum der Bundeswehr beachtet werden. Danach obliegt es der Bundeswehr im Rahmen ihres verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums, das Gefährdungspotential einer Windkraftanlage für einen Militärflugplatz zu beurteilen. Die Gefahrenprognose ist nur dann rechtsfehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist (BVerwG, B. v. 5.9.2006 - 4 B 58/06 - Rn. 8). Dazu hat die Klägerin nichts Greifbares vorgetragen. Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (U. v. 16.1.2006 -8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844) und des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (U. v. 30.9.2009 -1 KO 89/07 - ThürVBl 2010, 104) befassen sich mit der Nutzung von Segelflugplätzen und sind daher für die Beurteilung von Militärflugplätzen unter Beachtung des verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums nicht einschlägig. Hinzukommt, dass bei Militärflugplätzen Flugbetrieb auch unter schlechten Sichtbedingungen (Nacht, Schlechtwetter) möglich sein muss.

c) Die Klägerin macht geltend, dass die durch ihr Vorhaben beeinträchtigten Flugverfahren unabhängig von ihrem Vorhaben angepasst werden müssten. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 vor dem Verwaltungsgericht (vgl. S. 5 der Niederschrift) habe der vom Beigeladenen beigezogene Oberstleutnant S. erläutert, dass eine Umstellung des Anflugverfahrens erfolgen müsse und werde. Das Verfahren werde aller Voraussicht nach noch im Jahr 2014 umgestellt. Mit Änderung des Verfahrens könne dem Vorhaben der Klägerin zugestimmt werden. Auf die Bauhöhe bezogen gebe es dann keine Probleme mehr.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass nicht verbindlich feststehe, ob und wann das Flugverfahren so geändert werde, dass die geplanten Windkraftanlagen keine problematischen Hindernisse mehr darstellen würden. Die Festlegung von Flugverfahren erfolge grundsätzlich gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c Sätze 1 und 2 LuftVG durch Rechtsverordnung. Die Verwaltungszuständigkeiten aufgrund des Luftverkehrsgesetzes würden gemäß § 30 Abs. 2 LuftVG für den Dienstbereich der Bundeswehr und, soweit völkerrechtliche Verträge nicht entgegenstünden, der stationierten Truppen durch Dienststellen der Bundeswehr nach den Bestimmungen des Bundesministeriums der Verteidigung wahrgenommen. Die Flugverfahren würden einen aufwendigen Entwicklungs-, Berechnungs- und Genehmigungsprozess durchlaufen. Sie seien nicht beliebig gestaltungsfähig. Nach einem aufwendigen Verfahren unter Berücksichtigung vieler Aspekte werde das Verfahren schließlich genehmigt, in Kraft gesetzt und gemäß international gültigen Standards publiziert. Ob das beabsichtigte Verordnungsänderungsverfahren tatsächlich ergeben werde, dass das bestehende Flugverfahren so geändert werde, dass die strittigen Windkraftanlagen der Klägerin künftig zugelassen werden könnten, sei trotz der positiven Aussagen des Vertreters der Luftwaffe in der mündlichen Verhandlung derzeit offen und von nicht abschätzbaren Prämissen und Planungsvorgängen abhängig.

Die Klägerin teilt diese Einschätzung nicht. Damit legt sie aber keinen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichlichen Urteils dar. Sie legt insbesondere nicht dar, dass das Verwaltungsgericht damit die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung überschritten hätte. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, kommt eine Zulassung der Berufung folglich nur dann in Betracht, wenn die Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 und 104 - Rn. 11 m. w. N.). Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hat die Klägerin nicht aufgezeigt; sie sind auch nicht erkennbar. Überdies hat das Luftamt ... unter dem 20. August 2014 mitgeteilt, die bisher begutachteten flugbetrieblichen Verfahren zum Militärflugplatz Grafenwöhr seien nach wie vor gültig (vgl. Schriftsatz des Beigeladenen vom 10.9.2014). Die Sach- und Rechtslage hat sich also auch nach der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts nicht geändert.

2. Abgesehen davon hat die Klägerin auch hinsichtlich des Verstosses gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) in Bezug auf den Schwarzstorch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten vorgetragen.

a) Die Klägerin macht geltend, beim Schwarzstorch handle es sich um keine Tierart, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken der strittigen Windkraftanlagen betroffen sei. Der sehr scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch weiche Windkraftanlagen aus. Kollisionen kämen dementsprechend kaum vor. Bis heute werde in der zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg von mehr als 500 Brutpaaren in Deutschland lediglich ein Schlagopfer geführt.

Das Verwaltungsgericht ist diesbezüglich zu dem Schluss gelangt, dass nicht im Sinne ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse feststehe, dass der Schwarzstorch nicht zu den kollisionsgefährdeten Vogelarten zähle. Es hat sich dabei auf den sog. Bayerischen Windkrafterlass (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2011) gestützt, der in seiner Anlage 2 nach wie vor davon ausgeht, dass der Schwarzstorch zu den gefährdeten Vogelarten zählt. Das Verwaltungsgericht hat auf Totfunde in Frankreich und insbesondere in Spanien und ungeklärte Altvogelverluste während der Aufzuchtzeit in Deutschland hingewiesen. Eine ausgesprochene Meidung der Windparks sei nicht immer beobachtet worden. Das Verwaltungsgericht hat die Einschätzung des Schwarzstorchs als kollisionsgefährdet durch den Bayerischen Windkrafterlass auch vor dem Hintergrund der geringen Anzahl der Brutpaare in Deutschland für gerechtfertigt gehalten.

Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag nicht die Grundlage entzogen. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 18. Juni 2014 (22 B 13.1358, Rn. 46 f.) den Schwarzstorch nicht als eine Tierart angesehen, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen betroffen ist. Dass das artenschutzrechtliche Tötungsverbot deshalb nicht verletzt sein könne, hat der Verwaltungsgerichtshof daraus aber nicht gefolgert. Dem genannten Urteil zufolge spricht zwar manches dafür, dass der scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch Windkraftanlagen ausweicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus aber nicht die von der Klägerin für richtig gehaltene Konsequenz gezogen, dass insofern das artenschutzrechtliche Tötungsverbot beim Betrieb von Windkraftanlagen nicht verletzt sein kann, sondern auf die erforderliche Ermittlungstiefe abgestellt. Er hat in dem genannten Urteil weitere behördliche Ermittlungen in Bezug auf die konkreten örtlichen Verhältnisse für erforderlich gehalten. Die Ausführungen der Klägerin geben keinen Anlass, von dieser Betrachtungsweise abzugehen. Zum einen ist ein ungewöhnlich starkes Betroffensein von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen nicht zwingend erforderlich. Ein solches Postulat kann insbesondere nicht aus dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2011 (9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149/163 - Rn. 99) abgeleitet werden. Diese Formulierung wird dort nicht gebraucht. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat es im Beschluss vom 21. März 2013 (2 N 154.12 - NuR 2013, 507/512) zwar im Hinblick auf das artspezifische Verhalten des Schwarzstorchs bei summarischer Prüfung als naturschutzfachlich vertretbar angesehen, dass die Genehmigungsbehörde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verneint. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch die gegenteilige Einschätzung naturschutzfachlich vertretbar sein kann. Eine solche gegenteilige naturschutzfachliche Einschätzung kann sich im vorliegenden Fall entscheidend auf die fachlichen Aussagen in Anlage 2 des sog. Bayerischen Windkrafterlasses stützen. Dort ist der Schwarzstorch ausdrücklich als kollisionsgefährdete Vogelart erwähnt. Diese Aussage ist bisher nicht aufgehoben oder modifiziert worden (entgegen ThürOVG, U. v. 14.10.2009 - 1 KO 372/06 - NuR 2010, 368/370). Den in diesem Windkrafterlass enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu (U. v. 18.6.2014 -22 B 13.1358 - Rn. 45). Dies ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit geboten. Hiervon darf nicht ohne triftigen fachlichen Grund abgewichen werden. Einen solchen hat die Klägerin angesichts der vom Verwaltungsgericht festgestellten Beobachtungen nicht dargelegt. Dass manche Beobachtungen für ein Ausweichverhalten des Schwarzstorchs sprechen, andere Beobachtungen aber eher nicht, ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BVerwG, U. v. 27.5.2013 - 4 C 1.12 -NVwZ 2013, 1411).

b) Die Klägerin macht weiter geltend, dass weder vor noch nach dem Bescheidserlass belastbar und nachvollziehbar dargelegt worden sei, dass innerhalb des 3 km-Radius um die strittigen Windkraftanlagen (Prüfbereich nach Anlage 2 des Bayerischen Windkrafterlasses) ein besetzter Schwarzstorchhorst vorhanden sei.

Das Verwaltungsgericht hat im Anschluss an die Genehmigungsbehörde festgestellt, dass alle streitgegenständlichen Windkraftanlagen in einem Radius von deutlich unter 3 km um den früheren Horst im Bereich des sog. Zimmet und um den nun bekannt gewordenen Horst östlich der geplanten Windkraftanlage 3 lägen. Die am weitesten entfernt liegende Windkraftanlage 9 liege nur ca. 1,7 bis 1,8 km von dem Horst entfernt, der in den Jahren 2012 und 2013 besetzt gewesen sei.

Die Klägerin vermochte diese Ausführungen in ihrem Zulassungsantrag nicht in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass sich die behördliche Einschätzungsprärogative auch auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten bezieht. Es gibt zwar rechtliche Grenzen, etwa in Bezug auf die erforderliche Ermittlungstiefe oder in Bezug auf die Methodik (BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274/297, Rn. 67). Die Klägerin hat in ihren Zulassungsanträgen aber nicht aufgezeigt, dass die rechtlichen Grenzen dieser Einschätzungsprärogative überschritten worden sind.

c) Soweit die Klägerin ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auch innerhalb des Mindestabstands von 3000 m um die strittigen Windkraftanlagen in Frage gestellt hat, ergeben sich hieraus ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Zum einen hat das Verwaltungsgericht durchaus anerkannt, dass auch bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen noch eine Einzelfallbeurteilung erforderlich ist. Bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen kommt es darauf an, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windkraftanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 -Rn. 50, unter Bezugnahme auf S. 42 des Bayerischen Windkrafterlasses). Das angefochtene Urteil steht dazu nicht im Widerspruch. Das Verwaltungsgericht hat in den angefochtenen Urteilen darauf hingewiesen, dass die Flugkorridore zu potentiellen Nahrungshabitaten auch durch die strittigen Windkraftanlagen betroffen seien.

Die Klägerin hat insofern zwar die Behauptung aufgestellt, dass die streitgegenständlichen Windkraftanlagen einen Flugkorridor für den Schwarzstorch zulassen würden. Sie hat aber nicht dargelegt, dass die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative zum gleichen Ergebnis hätte kommen müssen.

Die Klägerin hat ferner auf die Vorbelastung durch eine südlich der strittigen Windkraftanlagen verlaufende Hochspannungsfreileitung hingewiesen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Gefahren durch die strittigen Windkraftanlagen in deutlich größerer Höhe als die Gefahren durch die Hochspannungsfreileitung hervorgerufen werden würden; daher könne eine signifikante Risikoerhöhung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen werden. Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an dieser Betrachtungsweise rechtsfehlerhaft sein sollte.

Die Klägerin hat schließlich geltend gemacht, dass im Untersuchungsgebiet nur sehr wenige Flugbewegungen durch Schwarzstörche hätten festgestellt werden können, wie ihr Fachbeistand Dipl.biol. B. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 erklärt habe.

Die diesbezügliche Aussage des Fachbeistands der Klägerin lautet gemäß Seite 8 der Verhandlungsniederschrift: „Im südlichen Bereich der geplanten Windkraftanlagen sind bei ca. 170 Beobachtungsstunden nur sechs Flugbewegungen von den Altvögeln und drei nach dem Ausfliegen des Familienverbands registriert worden…. Die festgestellten sechs Flugbewegungen im Süden sind daher sehr wenig. Es hätten nach unserer Einschätzung ca. 165 Flugbewegungen im Gesamtbereich stattfinden können, d. h. bezogen auf unsere Beobachtungszeiten. Wir gehen daher davon aus, dass die Flugbewegungen woanders stattgefunden haben, d. h. im nördlichen oder östlichen Bereich, der nicht einsehbar war“.

Diese Aussagen stellen die von der Genehmigungsbehörde getroffene und vom Verwaltungsgericht gebilligte Gefahrenprognose nicht in Frage. Sie betreffen nämlich nur einen Teilbereich des strittigen Windparks, nämlich den südlichen. Die Beklagte weist insofern aber zu Recht darauf hin, dass sich das Brutgeschehen nach 2012 weiter nach Norden verlagert hatte.

d) Die Klägerin macht weiter geltend, es hätten von ihr vorgeschlagene Minderungs- und Vermeidungsmaßnahmen zum Zwecke der Verminderung des Tötungsrisikos unter die Signifikanzschwelle ergriffen werden können.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die Errichtung von künstlichen Brutstätten mehrere 1000 m vom natürlichen Brutplatz entfernt als aussichtslos gelte. Die Verbesserung des Fischangebots in Fließgewässern oder Bachausleitungen sei ebenfalls nicht erfolgversprechend. Außerdem könnten solche Maßnahmen dem Anlagenbetreiber nicht vorgeschrieben werden.

Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an diesen Erwägungen rechtsfehlerhaft sein könnte.

e) Die Klägerin macht schließlich geltend, die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen müsse als Ausnahmegrund im Sinn von § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, räumlich als zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses, angesehen werden. Es gehe um eine nachhaltige Energieversorgung durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien.

Das Verwaltungsgericht hat insofern auf den beantragten Standort abgestellt und dazu ausgeführt, dass derartige Gründe für den beantragten Standort nicht ersichtlich seien; auch sei das wirtschaftliche Interesse der Klägerin hierfür nicht ausreichend.

Die Klägerin hat weder dargelegt, warum diese von Pauschalierungen absehende standortbezogene Betrachtungsweise rechtswidrig sein sollte, noch aufgezeigt, weshalb das typischerweise vorhandene wirtschaftliche Interesse der Klägerin schlechthin ein zwingendes öffentliches Interesse darstellen sollte. Die Bezugnahme auf Seite 48 des Bayerischen Windkrafterlasses genügt insofern nicht, weil auch dort eine standortbezogene Betrachtungsweise befürwortet wird.

3. Besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) können entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht abgeleitet werden, weil die Rechtsprechung gerade aufgrund der Existenz dieser Unsicherheiten und in der Reichweite dieser Unsicherheiten bereits eine naturschutzfachliche Einschätzungprärogative anerkannt hat. Auf etwaige rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Widerruf oder der Rücknahme der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion kommt es nicht an, weil entscheidend die Erwägung des Verwaltungsgerichts ist, dass die Genehmigungsbehörde im Bereich der Luftsicherheit nicht sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen darf. Besondere rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Flugverfahren, die nach dem Vortrag der Klägerin mit Sicherheit zeitnah angepasst werden, können schon deshalb nicht bestehen, weil nach der von der Klägerin nicht erfolgreich angegriffenen Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts diesbezüglich keine verlässlichen Aussagen möglich sind. Die im Zusammenhang mit den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten sind aufgrund der Anerkennung einer naturschutzbehördlichen Einschätzungsprärogative nicht mehr entscheidungserheblich. Desgleichen sind Unsicherheiten über künftige Änderungen der Sachlage nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht entscheidungserheblich, weil es bei der Entscheidung über Verpflichtungsklagen auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ankommt.

4. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt angesichts der Darlegungen der Klägerin nicht in Betracht, weil die von ihr bezeichnete Frage der Widerruflichkeit oder Rücknehmbarkeit der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nicht entscheidungserheblich ist. Entscheidungserheblich ist vielmehr die Aussage des Verwaltungsgerichts, dass die Genehmigungsbehörde nicht sehenden Auges im Bereich der Luftsicherheit fehlerhaft entscheiden darf. Widerruflichkeit und Rücknehmbarkeit der Zustimmungsfiktion sind nicht der einzige Weg, um dieses Ziel zu erreichen.

5. Die Klägerin vermag auch keine Abweichung von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) darzulegen. Das Verwaltungsgericht ist von der bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB gerade nicht abgewichen, hat sie gerade nicht in Frage gestellt, sondern hat aus ihr lediglich nicht dieselben Schlüsse wie die Klägerin gezogen. Es hat die Übertragbarkeit des bezeichneten Urteils auf § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG verneint.

6. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Die Würdigung der Aussagen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowie der Aussagen des Fachbeistands Dipl.biol. B. kann nicht als überraschend in dem Sinne angesehen werden, dass ein kundiger Prozessbeteiligter mit derartigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts in den angefochtenen Urteilen nicht hätte rechnen müssen. Die Aussagen von Oberstleutnant S. wurden vom Verwaltungsgericht naheliegender Weise in einen rechtlichen Zusammenhang mit den Problemen eines Verordnungsänderungsverfahrens gestellt und dadurch relativiert. Die Aussagen von Dipl.biol. B. wurden vom Verwaltungsgericht erwartungsgemäß in einen Zusammenhang mit anderen vorliegenden naturschutzfachlichen Aussagen gestellt. Das Verwaltungsgericht hat zwar wohl seine Schlussfolgerungen aus den ihm vorliegenden Stellungnahmen mit den Beteiligten nicht im Einzelnen erörtert. Dies war aber auch nicht erforderlich, zumal diese Würdigung letztlich erst in der abschließenden Beratung vorgenommen werden kann (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 138 Rn. 148 m. w. N.).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte wie Vorinstanz.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der Bayerische Jagdverband e.V., wurde mit Bescheid des seinerzeitigen Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 23. Dezember 1987 für seinen satzungsgemäßen Aufgabenbereich als Naturschutzverband nach § 29 BNatSchG a. F. anerkannt. Die Anerkennung bezieht sich auf folgenden satzungsgemäßen Aufgabenbereich: „Förderung der freilebenden Tierwelt im Rahmen des Natur-, des Landschafts-, des Umwelt- und des Tierschutzes.“ Die Satzung des Antragstellers vom 20. April 2013 formuliert in § 2 Abs. 2 Satz 1 folgendermaßen: „Er fördert als anerkannter Naturschutzverband die freilebende Tierwelt im Rahmen des Jagdrechts sowie den Natur-, Landschafts-, Umwelt- und Tierschutz.“ Der Antragsteller wendet sich gegen die am 11. Dezember 2014 erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 14. November 2014 zur Errichtung und zum Betrieb von fünf Windkraftanlagen auf einem Höhenrücken („G.“) in der Gemarkung P. Die Genehmigung wurde der Beigeladenen am 17. November 2014 zugestellt. Die Windkraftanlagen sollen jeweils eine Gesamthöhe von 199 m, eine Nabenhöhe von 140,6 m und einen Rotordurchmesser von 116,8 m haben. Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg wies den Eilantrag des Antragstellers ab (Beschluss vom 5.2.2015).

Der Antragsteller hat Beschwerde eingelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt erfolglos. Die innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern (vgl. dazu § 4a Abs. 3 UmwRG). Dasselbe gilt für das spätere Vorbringen, soweit es als zulässige Ergänzung und Vertiefung des bisherigen Vorbringens gewertet werden kann und nicht als verspätet betrachtet werden muss.

1. Der Antragsteller trägt fristgemäß vor, das Verwaltungsgericht habe die Zulässigkeit des Antrags nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zu Unrecht verneint. Dies trifft indes nicht zu; das Verwaltungsgericht hat den Antrag nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO (lediglich) als unbegründet angesehen. Dies entspricht § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, wonach das Umweltrechtsbehelfsgesetz auch auf Entscheidungen anwendbar ist, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen „kann“ (vgl. dazu Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. 1, § 1 UmwRG Rn. 21), was hier nach § 3c Satz 2 UVPG i. V. m. Nr. 1.6.3 der Anlage 2 zu diesem Gesetz der Fall sein kann.

2. Der Antragsteller rügt ebenfalls fristgemäß, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Einschätzung des Landratsamts, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben solle, rechtlich nicht zu beanstanden sei. Damit macht der Antragsteller geltend, dass die vorgeschriebene standortbezogene Vorprüfung im Ergebnis unzutreffend war und der Verzicht auf die Umweltverträglichkeitsprüfung somit rechtswidrig war (Begründetheitsvoraussetzung nach § 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG). Die Beschwerdebegründung lässt einen solchen Fehler des Verwaltungsgerichts jedoch nicht hervortreten.

Das Verwaltungsgericht hat dazu nämlich ausgeführt, nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG könne sich nach § 3c Satz 2 UVPG eine Notwendigkeit zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben. Dies sei hier aber nicht der Fall. Geschützte Areale nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG seien nicht vorhanden. Die beteiligten Fachstellen hätten zum Ausdruck gebracht, dass auch unter Berücksichtigung aller in Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen Nachteile der Umweltauswirkungen zu erwarten seien. Hiergegen hat der Antragsteller nichts Durchgreifendes ins Feld geführt.

a) Der Antragsteller wendet ein, vor der Prüfung von Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG müsse die allgemeine ökologische Empfindlichkeit des Gebiets ermittelt werden, was hier nicht geschehen sei. Dies trifft nicht zu. Die in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Gebiete und der diesen Gebieten im Einzelnen jeweils normativ zugewiesene Schutz sind der normativ vorgegebene Prüfungsmaßstab, um die ökologische Empfindlichkeit eines Gebiets zu ermitteln (vgl. Sangenstedt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. 1, § 3c UVPG Rn. 34).

b) Der Antragsteller wendet weiter ein, aus dem von ihm erstinstanzlich vorgelegten „Aktenvermerk“ des Landratsamts vom 3. Juli 2014 ergebe sich, dass das Landratsamt nicht erkannt habe, welche konkreten Kriterien bei der allgemeinen Vorprüfung angelegt werden müssten. Das Landratsamt habe insbesondere nicht den maßgeblichen Prüfungsrahmen, die Prüfungstiefe und das Prüfungsgebiet festgelegt. Dieser Einwand ist nicht schlüssig: Der Antragsteller verliert aus den Augen, dass es sich hier nicht um eine allgemeine, sondern um eine standortbezogene Vorprüfung gehandelt hat und dass es sich bei dem von ihm vorgelegten „Aktenvermerk“ des Landratsamts vom 3. Juli 2014 um die Bekanntmachung nach § 3a Satz 2 UVPG handelt, nicht jedoch um die nach § 3c Satz 6 UVPG erforderliche Dokumentation, die der Antragsteller auch in seinem weiteren Vorbringen nicht thematisiert.

c) Der Antragsteller rügt weiter, die maßgeblichen Träger öffentlicher Belange seien lediglich zu einer überschlägigen Prüfung und lediglich zur Mitteilung des Ergebnisses aufgefordert worden, ob maßgebliche Schutzgüter beeinträchtigt würden. Dieser Einwand ist ebenfalls nicht schlüssig. Bei den Vorprüfungen nach § 3c UVPG geht es schon nach dem Wortlaut des Gesetzes nur um überschlägige Prüfungen (vgl. dazu eingehend BVerwG, U. v. 25.6.2014 - 9 A 1/13 - Rn. 18). Solche überschlägigen Prüfungen konnten stattfinden, weil das Landratsamt nach seinem unbestrittenen Vortrag bei der Beteiligung der Fachstellen die Antragsunterlagen einschließlich des landschaftspflegerischen Begleitplans mitübersandt hat. Dass den maßgeblichen Trägern öffentlicher Belange inhaltliche Ausführungen nicht etwa verwehrt worden sind, zeigt das vom Antragsteller selbst genannte Beispiel der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 8. Mai 2014. Wenn aus der Sicht der angeschriebenen Träger öffentlicher Belange nichts Bewertungserhebliches mitzuteilen war, dann genügte es, der zuständigen Behörde allein dieses Ergebnis mitzuteilen.

d) Der Antragsteller rügt weiter die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Ausführungen der Unteren Naturschutzbehörde in ihrer Stellungnahme vom 8. Mai 2014 zum individuenbezogenen Artenschutz.

Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, ob einzelne geschützte Vögel oder Fledermäuse von den Windkraftanlagen betroffen werden könnten, sei von Rechts wegen nicht Gegenstand der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls, weil diese gebietsbezogen sei.

Dieser rechtliche Ansatz des Verwaltungsgerichts muss hier vom Verwaltungsgerichtshof schon deshalb der Beschwerdeentscheidung zugrunde gelegt werden, weil der Antragsteller sich damit nicht im Sinn des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO auseinandergesetzt hat.

e) Der Antragsteller rügt schließlich, dass die Untere Denkmalschutzbehörde angegeben habe, dass keine relevanten Auswirkungen vorlägen, während sich das Landesamt für Denkmalpflege am 3. November 2014 im späteren Genehmigungsverfahren dem Vorhaben gegenüber deutlich ablehnend geäußert habe. Es handelt sich hier um einen Einwand, den das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss nicht behandelt hat.

Diesem Einwand kann wohl nicht entgegengehalten werden, dass er keinen Gegenstand der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls betreffe. Nr. 2.3.11 der Anlage 2 zum UVPG nennt ausdrücklich in amtlichen Listen oder Karten verzeichnete Denkmäler. Es kann aber wohl auch nicht angenommen werden, dass in solchen Fällen der Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung immer rechtswidrig wäre. Dies behauptet auch der Antragsteller nicht. Vielmehr hat die weitere standortbezogene Vorprüfung diesbezüglich dem Muster der allgemeinen Vorprüfung zu folgen. Die möglichen nachteiligen Umweltauswirkungen auf derartige Denkmäler sind zu ermitteln und unter Erheblichkeitsgesichtspunkten zu bewerten (Sangenstedt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. 1, § 3c UVPG Rn. 35; BVerwG, U. v. 25.6.2014 - 9 A 1/13 - Rn. 19). Dem Beschwerdevorbringen kann nicht entnommen werden, dass dies nicht in ausreichendem Maße geschehen ist.

Dabei darf die zuständige Behörde nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe durchermitteln, sondern ist auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt. Diese darf nicht rein spekulativ sein, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen; es kann sich um vom Vorhabenträger beschaffte Informationen handeln, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen ergänzt werden können. Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlagen einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der zuständige Behörde in Einschätzungsspielraum zu (BVerwG, U. v. 25.6.2014 - 9 A 1/13 - Rn. 18).

Dass das Landratsamt bei dieser Ermittlung und Bewertung den richtigen rechtlichen Maßstab verkannt hätte, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Das Landratsamt hatte von der Beigeladenen im Rahmen des landschaftspflegerischen Begleitplans zusammengestellte Angaben (Antragsunterlagen Nr. 14.1, S. 31 ff.) und eine formblattmäßige Bewertung durch die Untere Denkmalschutzbehörde vom 6. Mai 2014 (Bl. 204 der Behördenakten) zur Verfügung. Danach waren - nicht zuletzt wegen erheblicher Entfernungen - keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten. Der Antragsteller hat zwar darauf hingewiesen, dass das Landesamt für Denkmalpflege im späteren Genehmigungsverfahren mit Schreiben vom 3. November 2014 eine deutlich ablehnende Stellungnahme vorgelegt habe. Es handelt sich hier aber um eine Bewertung nach Anfertigung vertiefender zusätzlicher Unterlagen (Sichtbarkeitsanalysen, Fotomontagen), die am Ende des Genehmigungsverfahrens stand. Die Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 3. November 2014 kann daher für die Frage der Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (vgl. BVerwG, U. v. 20.12.2011 -9 A 31.10 - NuR 2012, 403, 405). Offen bleiben kann hier, ob für die in Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG als maßgeblich angesehene „ökologische Empfindlichkeit eines Gebiets“ ästhetische Beeinträchtigungen bei der gebotenen umweltzentrierten Betrachtung unter Ausschluss sonstiger Belange (vgl. Sangenstedt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. 1, § 1 UVPG Rn. 43) überhaupt eine Rolle spielen könnten. Offen bleiben kann hier auch, ob sich der Antragsteller auf die mangelnde Berücksichtigung von Denkmalschutzbelangen im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung überhaupt berufen könnte oder ob seine Anerkennung als Naturschutzverband nach § 29 BNatSchG hierfür nicht ausreicht.

Nach alledem dürfte der Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund der Einwendungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren nicht zu beanstanden sein. Daraus folgt nach § 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG, dass die in der Hauptsache erhobene Umweltverbandsklage des Antragstellers keinen Erfolg haben kann. Das weitere Vorbringen des Antragstellers ist schon deshalb unerheblich; es greift aber auch aus anderen Gründen nicht durch.

3. Nach Ablauf der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO macht der Antragsteller weiter geltend, die angefochtene Genehmigung sei rechtswidrig, weil Belange des Naturschutzes im Sinn von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB dem strittigen Vorhaben entgegenstünden und das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verletzt werde.

Hierbei handelt es sich um verspätetes Vorbringen eines neuen rechtlichen Gesichtspunkts, nicht um bloße Ergänzung und Vertiefung des bisherigen Vorbringens zur standortbezogenen Vorprüfung. Dieses Vorbringen ist daher nicht mehr berücksichtigungsfähig.

Abgesehen davon ergibt sich aus diesem Vorbringen des Antragstellers nicht, dass die Grenzen der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative, die sich auch auf den Umfang der erforderlichen Ermittlungen und die Erfassung des Bestands der geschützten Arten bezieht (BVerwG, U. v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - ) vorliegend nicht eingehalten worden sind. Soweit der Antragsteller insofern aus dem Gutachten des Sachverständigen T. vom 11. März 2015 zitiert und mitteilt, dass zwei Horste von möglicherweise kollisionsgefährdeten Vogelarten mittlerweile gefunden worden seien, ist dies kein Beleg für eine Verletzung der Grenzen der Einschätzungsprärogative im Zeitpunkt der Vorprüfung. Dies gilt selbst dann, wenn man annimmt, dass diese beiden Horste schon bei Erteilung der Genehmigung, also im auch artenschutzrechtlich maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (Nds OVG, B. v. 25.2.2014 - 12 LA 97/13 -Rn. 16) vorhanden und erkennbar gewesen wären. Von welchen Vögeln diese beiden Horste stammen bzw. ob es sich um Schwarzstorchhorste handelt, ist umstritten; die Untere Naturschutzbehörde (Schreiben vom 2.2.2015), der Fachbeistand der Beigeladenen (Stellungnahme vom 3.2.2015) und das Landesamt für Umwelt (E-Mail vom 2.2.2015) gehen bisher eher nicht von Schwarzstorchhorsten oder Horsten anderer kollisionsgefährdeter Vogelarten aus. Diese Einschätzung dürfte durch die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative gedeckt sein. Soweit der Antragsteller insofern aus der Stellungnahme des Landesbunds für Vogelschutz vom 28. Januar 2015 zitiert und mitteilt, dass die Anforderungen des sog. Bayerischen Windkrafterlasses vom 20. Dezember 2011 hinsichtlich des Zeitraums und der Beobachtungsstunden so wesentlich unterschritten worden seien, dass eine substantielle Fehlbewertung der betroffenen Vogelbestände nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne, wird dieser Vortrag nicht so konkret, dass sich daraus die naturschutzfachliche Unvertretbarkeit des Standpunkts des Antragsgegners ergeben könnte (vgl. dazu Schreiben der Unteren Naturschutzbehörde vom 4.11.2014, Bl. 143 der Behördenakten). Der Gesetzgeber hat nicht festgelegt, welche Anforderungen an die Art und den Umfang der artenschutzrechtlichen Bestandsaufnahme zu stellen sind. An einer untergesetzlichen Maßstabsbildung mittels Durchführungsverordnungen oder normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften fehlt es ebenfalls (BVerwG, U. v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524; BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - Rn. 44). Die Vorgaben des sog. Bayerischen Windkrafterlasses vom 20. Dezember 2011 stellen keine Rechtssätze, aber immerhin eine fachliche Konkretisierungsebene dar, die von den obersten Landesbehörden zur Verfügung gestellt wurde. Vorgaben des sog. Bayerischen Windkrafterlasses vom 20. Dezember 2011 dürfen von Rechts wegen lediglich dann von der zuständigen Genehmigungsbehörde außer Acht gelassen werden, wenn hierfür ein triftiger naturschutzfachlicher Grund vorliegt (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - Rn. 45). Davon dürfte hier auszugehen sein. Der angefochtene Bescheid führt dazu auf Seite 37 aus: „Der Untersuchungsumfang nach Windkrafterlass war nicht erforderlich, da keine Horststandorte, insbesondere der beiden kollisionsgefährdeten Vogelarten, innerhalb des jeweiligen Prüfbereichs noch in weiterer Entfernung bekannt sind bzw. nachgewiesen wurden.“ Der Antragsteller schlussfolgert zwar aus Flugbeobachtungen, dass entsprechende Horststandorte vorhanden sein müssten; die Untere Naturschutzbehörde teilt diese Schlussfolgerungen aber nicht, wie aus ihrer ausführlichen Stellungnahme vom 4. November 2014 hervorgeht (Bl. 143/146 ff. der Behördenakten). Deren naturschutzfachliche Unvertretbarkeit ergibt sich aus den Darlegungen des Antragstellers nicht.

4. Nach Ablauf der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO macht der Antragsteller weiter geltend, es stünden öffentliche Belange des Denkmalschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB dem strittigen Vorhaben entgegen. Das Landesamt für Denkmalpflege habe sich am 13. Oktober 2014 und am 3. November 2014 eindeutig gegen das strittige Vorhaben ausgesprochen.

Wie unter 3. ausgeführt, ist auch dieses Vorbringen wegen des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht mehr berücksichtigungsfähig.

Außerdem dürfen grundsätzlich nur Umweltverbände, die nach § 3 UmwRG anerkannt sind, eine Umweltverbandsklage erheben; ein Ausnahmefall nach § 2 Abs. 2 UmwRG kommt hier ersichtlich nicht in Betracht. Der Antragsteller verfügt lediglich über eine Anerkennung als Naturschutzverband nach § 29 BNatSchG in der am 23. Dezember 1987 geltenden Fassung, die nach dem Anerkennungsbescheid vom 23. Dezember 1987 auf die Förderung der freilebenden Tierwelt im Rahmen des Natur-, des Landschafts-, des Umwelt- und des Tierschutzes bezogen ist. Nach § 5 Abs. 2 UmwRG gelten diese alten Anerkennungen fort, allerdings nur nach Maßgabe des jeweiligen Anerkennungsbescheids, der den satzungsgemäßen Aufgabenbereich bezeichnet. Wenn die Anerkennung auf Vorschriften des Naturschutzrechts eingegrenzt war, könnten diese Verbände keine Verstöße gegen Vorschriften des sonstigen Umweltrechts geltend machen. Für die Rüge der Verletzung umweltrechtlicher Vorschriften benötigen sie eine Anerkennung nach § 3 UmwRG (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs zu § 5 Abs. 2 UmwRG, BT-Drs. 16/12274, S. 79). Der Antragsteller besitzt eine solche Anerkennung nicht. Dem Antragsteller ist dieses Problem durchaus bewusst und er versucht daher, die von ihm satzungsgemäß zu fördernden Ziele so auszulegen, dass sie den Denkmalschutz einschließen. Nachvollziehbar ist dies allerdings nicht. Die vorgelegte Satzung vom 20. April 2013 ist hier nicht ausschlaggebend, denn der Anerkennungsbescheid vom 23. Dezember 1987 bezieht sich auf die Förderung der frei lebenden Tierwelt, zu der die Baudenkmäler nicht zählen (vgl. dazu auch Schmidt/Schrader/Zschiesche, Die Verbandsklage im Umwelt- und Naturschutzrecht, 2014, S. 62 Rn. 59 und BayVGH, B. v. 20.1.2010 - 22 CS 09.2968 - Rn. 11).

5. Dass die sog. 10-H-Regelung in Art. 82 f BayBO in der Fassung dieses Gesetzes vom 17. November 2014, in Kraft getreten gemäß § 3 des Gesetzes am 21. November 2014, auf die am 14. November 2014 erteilte und am 17. November 2014 zugestellte immissionsschutzrechtliche Genehmigung unanwendbar ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits entschieden (vgl. B. v. 23.4.2015 - 22 CS 15.484).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG; wie Vorinstanz.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für zwei Windenergieanlagen im Außenbereich. Sie verfügt über einen positiven Bauvorbescheid, der ihr auf ihre Klage hin erteilt worden war. Ihren Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung lehnte der Beklagte aus Gründen des Naturschutzrechts ab. Die hiergegen erhobene Klage der Klägerin blieb in erster Instanz erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Vorhaben sei aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig. Die naturschutzrechtlichen Fragen seien im Vorbescheid nicht mit Bindungswirkung zugunsten der Klägerin entschieden worden. Aufgrund der Feststellung der planungsrechtlichen Zulässigkeit könne dem Vorhaben zwar nicht mehr entgegengehalten werden, ihm stünden Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen. Das bedeute aber nicht, dass im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die Vereinbarkeit des Vorhabens mit naturschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr zu prüfen wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hätten die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für Vorhaben im Außenbereich einen jeweils eigenständigen Charakter und seien unabhängig voneinander zu prüfen. Der Betrieb der Windenergieanlagen verstoße in Bezug auf die Vogelart "Rotmilan" gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot. Dem Beklagten komme insoweit ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu. Die Einschätzung, dass der Rotmilan durch das Vorhaben einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sei, sei naturschutzfachlich vertretbar.

2

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht zwar nicht in jeder Hinsicht in Einklang mit Bundesrecht. Es erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Es liegt ein Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vor. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Über die artenschutzrechtliche Zulässigkeit ist nicht bereits aufgrund des bestandskräftigen Bauvorbescheids mit Bindungswirkung zugunsten der Klägerin entschieden worden. Bei der danach im Genehmigungsverfahren gebotenen artenschutzrechtlichen Prüfung verfügt die Behörde über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative.

4

1. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, für eine naturschutzrechtliche Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbote sei trotz der verbindlich festgestellten bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens, bei der auch das Entgegenstehen von Belangen des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB geprüft worden sei, noch Raum, steht nicht in Einklang mit Bundesrecht.

5

Ist über die Frage, ob einem privilegierten Außenbereichsvorhaben Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen, bereits im Rahmen eines bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheids abschließend entschieden worden, steht einer erneuten - naturschutzrechtlichen - Entscheidung über das Entgegenstehen artenschutzrechtlicher Verbote die Tatbestandswirkung des Bauvorbescheids entgegen. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass artenschutzrechtliche Verbote zwingendes Recht darstellen, von dem nur abgewichen werden darf, wenn die Voraussetzungen für eine Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) oder Befreiung (§ 67 BNatSchG) vorliegen. Die Annahme, aus diesem Grund sei zwischen planungsrechtlicher und naturschutzrechtlicher Zulässigkeit eines Vorhabens zu trennen, beruht aber auf einer Verkennung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Auf das Urteil des Senats vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 3.01 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 350) kann sich das Oberverwaltungsgericht nicht stützen. Die Entscheidung des Senats ist auf die Besonderheiten der naturschutzrechtlichen Abwägung im Rahmen der sog. Eingriffsregelung zugeschnitten und betrifft zudem die nicht mehr geltende rahmenrechtliche Rechtslage (§ 8a Abs. 2 Satz 2 BNatSchG a.F.). Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen generell unabhängig voneinander zu prüfen sind, hat der Senat nicht aufgestellt.

6

Artenschutzrechtliche Verbote i.S.d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG "zugleich" Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, die einem privilegierten Außenbereichsvorhaben bauplanungsrechtlich nicht entgegenstehen dürfen. Das Naturschutzrecht konkretisiert die öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Ist über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB zu entscheiden, hat die zuständige Behörde daher auch die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen (Urteil vom 20. Mai 2010 - BVerwG 4 C 7.09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 35). Können artenschutzrechtliche Verbote naturschutzrechtlich nicht überwunden werden, stehen sie einem gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zwingend entgegen. Das Vorhaben ist dann bauplanungsrechtlich unzulässig. Es decken sich also die bauplanungsrechtlichen Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, soweit sie "naturschutzbezogen" sind, mit den Anforderungen des Naturschutzrechts. Artenschutzrechtliche Verbote, von denen weder eine Ausnahme noch eine Befreiung erteilt werden kann, stehen einem immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Außenbereichsvorhaben deshalb stets zwingend entgegen, und zwar sowohl als verbindliche Vorschriften des Naturschutzrechts als auch als Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Für eine "nachvollziehende" Abwägung (zum Begriff z.B. Urteil vom 19. Juli 2001 - BVerwG 4 C 4.00 - BVerwGE 115, 17 <24 f.>) ist kein Raum. Voraussetzung der nachvollziehenden Abwägung ist, dass die Entscheidung Wertungen zugänglich ist, die gewichtet und abgewogen werden können. Das ist bei zwingenden gesetzlichen Verboten nicht der Fall.

7

2. Die Berufungsentscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Im Ergebnis zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte im Genehmigungsverfahren die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht prüfen durfte. Zwar verfügt die Klägerin über einen positiven Bauvorbescheid, der in dem Umfang, in dem er dem Vorhaben die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit bescheinigt, Tatbestandswirkung entfaltet. Der positive Bauvorbescheid, der der Klägerin auf ihre Klage hin erteilt worden ist, enthält jedoch keine Aussage zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht.

8

An die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, der Bauvorbescheid stelle die planungsrechtliche Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens "insgesamt" fest, ist der Senat entgegen § 137 Abs. 2 VwGO nicht gebunden. Im Revisionsverfahren ist eine vom Tatsachengericht vorgenommene Auslegung einer materiellrechtlich erheblichen Erklärung zwar nur in beschränktem Umfang einer Nachprüfung zugänglich (Urteil vom 4. April 2012 - BVerwG 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 46). Lässt die Auslegung einen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen, tritt eine Bindung aber nicht ein (Urteil vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 Rn. 18). So liegt der Fall hier. Die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, dass mit dem positiven Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens "insgesamt" entschieden worden sei, wird von der bundesrechtswidrigen Auffassung getragen, artenschutzrechtliche Verbote seien nicht nur im Rahmen der planungsrechtlichen Prüfung als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB einzustellen, sondern unabhängig davon Gegenstand einer eigenständigen naturschutzfachlichen Zulässigkeitsprüfung. Inmitten steht damit nicht lediglich die Feststellung des konkreten Inhalts einer behördlichen Erklärung durch das Tatsachengericht, die für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist. Das Oberverwaltungsgericht hat sich durch den unzutreffenden bundesrechtlichen Maßstab vielmehr bei der Auslegung den Blick verstellt. Das Auslegungsergebnis des Tatsachengerichts ist deshalb für das Revisionsgericht nicht bindend.

9

Danach ist der Senat selbst zur Auslegung des Bauvorbescheids berechtigt. Die Auslegung ergibt, dass der Bauvorbescheid keine Aussage zur artenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB enthält. Bereits der Umstand, dass im Vorbescheidsverfahren ausweislich der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts artenschutzrechtliche Fragen noch gar nicht geprüft worden sind, weil die zuständige Behörde den Vorbescheidsantrag wegen - aus ihrer Sicht - entgegenstehender anderer Belange als denen des Naturschutzes abgelehnt hat (UA S. 14), legt es nahe, dass die Behörde nicht über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens insgesamt, sondern nur über bestimmte (einzelne) Fragen entschieden hat. Der Bescheid enthält zudem die Einschränkung, dass er "für die im Antrag formulierten Fragestellungen" erteilt werde. Das deckt sich wiederum mit dem Tenor des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 3. Juli 2005, mit dem die Behörde verpflichtet wurde, der Klägerin einen Bauvorbescheid "gemäß ihrem Antrag" zu erteilen. Dieser Umstand macht ebenfalls deutlich, dass mit dem Bauvorbescheid lediglich über die zum damaligen Zeitpunkt strittigen bauplanungsrechtlichen Fragen entschieden worden ist. Ferner hat das Verwaltungsgericht zur Begründung der Annahme, dass dem Vorhaben weitere öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 nicht entgegenstünden, zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB lediglich ausgeführt, dass der Landschaftsschutz nicht in nennenswerter Weise beeinträchtigt werde. Dementsprechend hat die damals zuständige Behörde den Vorbescheid ausdrücklich mit "Auflagen" verbunden, die naturschutzrechtliche Vorgaben enthalten. Die Auflagen entsprechen im Übrigen den "Hinweisen", die bereits im ersten, ursprünglich ablehnenden Bescheid enthalten waren, der Gegenstand der erfolgreichen Verpflichtungsklage war. Bei der Entscheidung über den Vorbescheidsantrag lagen auch keine prüffähigen Unterlagen zu artenschutzrechtlichen Fragen vor. Gegenteiliges behauptet auch die Klägerin nicht. Sie greift zwar die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, Artenschutz sei im Vorbescheidsverfahren nicht geprüft worden, mit der Verfahrensrüge als aktenwidrige Feststellung an. Der Vortrag, das Protokoll der Ämterberatung am 4. April 2001 nach Anlage K1 belege, dass naturschutzrechtliche Fragen aus Anlass des Vorbescheids behandelt worden seien, genügt jedoch hierfür nicht. Aus der Teilnahme eines Vertreters der Naturschutzbehörde an einer Ämterbesprechung im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens lässt sich nicht ableiten, dass die naturschutzrechtlichen Fragen auch abschließend geprüft worden sind.

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3. Da mit dem positiven Bauvorbescheid nicht über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Naturschutzrecht entschieden worden ist, musste der Beklagte im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren prüfen, ob der Genehmigung als Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG das artenschutzrechtliche Tötungs- und Störungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegensteht.

11

3.1 In Übereinstimmung mit Bundesrecht geht das Oberverwaltungsgericht davon aus, dass der Tatbestand des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nur dann erfüllt ist, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219). Das ist hier der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat ausführlich dargelegt, dass aus den ausgewerteten Erkenntnismitteln - naturschutzfachlich vertretbar - abgeleitet werden könne, dass für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windenergieanlagen grundsätzlich dann ausgegangen werden könne, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1 000 m betrage (UA S. 22). Soweit die Klägerin auf die für Rotmilane untypische Größe eines Horstes verweist, ist die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts zugrunde zu legen, dass die Beobachtungen der Klägerin keine taugliche Grundlage böten, um das Vorkommen des Rotmilans in diesem Gebiet zuverlässig erfassen zu können. Unter diesen Umständen hätte die Klägerin einen förmlichen Beweisantrag stellen müssen; eine Beweisanregung genügt nicht. Die Rüge zur fehlenden Ermittlung von Maßnahmen zur Minderung des Kollisionsrisikos scheitert schon daran, dass die Klägerin nicht aufzeigt, welche Maßnahmen das Oberverwaltungsgericht hätte in Betracht ziehen müssen.

12

Die weitere Verfahrensrüge der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe in unzulässiger Weise Behauptungen eines "Hobbyornithologen" zugrunde gelegt und nicht beachtet, dass es zwingend einer unabhängigen fachlichen Überprüfung bedurft habe, ist unbegründet. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind die Erfassungen aus der Brutsaison 2011, mit denen der Beklagte das Vorkommen des Rotmilans in der näheren Umgebung der vorgesehenen Windenergieanlagenstandorte untermauert hat, von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter durchgeführt worden, der seit 1986 für das Museum für Vogelkunde in Halberstadt (Heineanum) und - seinen Angaben zufolge - seit 1977 für die Arbeitsgemeinschaft Ornithologie der Stadt Quedlinburg tätig ist. Dass sich der Beklagte bei der Erfassung und Kartierung des artenrechtlichen Bestands der Vogelart "Rotmilan" auf Angaben eines solchen ehrenamtlich tätigen Mitarbeiters gestützt hat, ist nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht, das den ehrenamtlichen Mitarbeiter in der mündlichen Verhandlung gehört hat, musste den Vortrag der Klägerin nicht zum Anlass für weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung nehmen. Das Tatsachengericht darf grundsätzlich nach seinem tatrichterlichen Ermessen entscheiden, ob es zusätzliche Sachverständigengutachten einholt (stRspr; vgl. Beschluss vom 13. März 1992 - BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268). Ein Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten hätte aufdrängen müssen. Gutachten und fachliche Stellungnahmen sind nur dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht beachtet. Von einer Missachtung wissenschaftlicher Mindeststandards kann keine Rede sein. Die Aufgabe der naturschutzfachlichen Erfassung und Kartierung von Arten kann auch von ehrenamtlichen Mitarbeitern geleistet werden, sofern sie sich als sachkundig erweisen. Bestandserfassungen bedürfen nicht zwingend der Heranziehung eines als Sachverständigen ausgebildeten und anerkannten Gutachters. Auch eine langjährige Befassung im Rahmen ehrenamtlicher naturschutzfachlicher Tätigkeit kann die notwendige Sachkunde vermitteln, um Beobachtungen vor Ort vornehmen und über den Befund berichten zu können. Das zeigt auch die Praxis der Naturschutzverbände und -vereinigungen, die regelmäßig mit ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammenarbeiten und die mit ihrem Sachverstand in ähnlicher Weise wie Naturschutzbehörden die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in das Verfahren einbringen und als Verwaltungshelfer angesehen werden (vgl. nur Urteile vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <361> und vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149 Rn. 19). Die Klägerin zeigt auch nicht auf, dass im konkreten Fall Anlass bestand, an der durch jahrzehntelange Befassung geschulten Sachkunde des ehrenamtlichen Mitarbeiters zu zweifeln. Einer solchen Darlegung hätte es auch deshalb bedurft, weil das Oberverwaltungsgericht den Mitarbeiter in der mündlichen Verhandlung gehört und sich damit einen Eindruck von seiner fachlichen Versiertheit bei der Vogelbeobachtung verschafft hat.

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Weitere als Verfahrensrügen erhobene Einwände der Klägerin zielen darauf, den vom Oberverwaltungsgericht für die Beurteilung der Frage, ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht, für maßgeblich gehaltenen Abstand der Windenergieanlagen durch andere Faktoren zu ersetzen. Auch diese Einwände bleiben ohne Erfolg.

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3.2 In Übereinstimmung mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht dem Beklagten bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, einen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum eingeräumt. Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze zur naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsverfahren (vgl. Urteile vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 65, 91, vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 38, vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 113 und vom 14. Juli 2011 a.a.O. Rn. 99) gelten auch in Genehmigungsverfahren. Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden.

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Grund für die Zuerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative ist der Umstand, dass es im Bereich des Naturschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist. Bei zahlreichen Fragestellungen steht - jeweils vertretbar - naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Sind verschiedene Methoden wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen. Eine naturschutzfachliche Meinung ist einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder "strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 66). Die naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative folgt nicht aus einer bestimmten Verfahrensart oder Entscheidungsform, sondern aus der Erkenntnis, dass das Artenschutzrecht außerrechtliche Fragestellungen aufwirft, zu denen es jedenfalls nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine eindeutigen Antworten gibt.

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Die Überprüfung behördlicher Einschätzungsprärogativen ist wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz, nämlich bezogen auf die Einhaltung der rechtlichen Grenzen des behördlichen Einschätzungsspielraums, und genügt damit den verfassungsrechtlichen Erfordernissen (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 67). Die Einräumung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative führt zwar zu einer Rücknahme gerichtlicher Kontrolldichte. Das Gericht bleibt aber verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen.

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3.3 Fehler bei der Anwendung der artenschutzrechtlichen Maßstäbe sind nicht zu erkennen. Insbesondere ist es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht dem Beklagten mit der Begründung, es lägen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, dass Rotmilane (verhaltensbedingt) im Straßenverkehr in vergleichbarer Zahl getötet würden wie durch Windenergieanlagen (UA S. 25), bestätigt, dass er sich bei der Bewertung der Gefahren im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative bewegt. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts greift die Klägerin zwar an, erhebt aber lediglich allgemein gehaltene Einwände und zeigt nicht auf, dass die Quelle, auf die sich das Oberverwaltungsgericht zur Begründung gestützt und die Erhebungen über einen Zeitraum von 1991 bis 2006 zur Grundlage hat, methodischen Bedenken ausgesetzt sein könnte.

Tenor

I. Die Verfahren 22 CS 15.686, 22 CS 15.687, 22 CS 15.688, 22 CS 15.689, 22 CS 15.690, 22 CS 15.691 und 22 CS 15.952 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. März 2015 (Az. W 4 S 15.161, -.159, -.156, -.158, -.160, -.155) und der Beschluss vom 15. April 2015 (Az. W 4 S 15.286) werden geändert.

Die Anträge der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklagen werden abgelehnt.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten beider Beigeladenen tragen jeweils als Gesamtschuldner die Antragsteller zu 1 und 2 zu 1/4, die Antragsteller zu 5 und 6 zu 1/4, die Antragsteller zu 3 und 4 zu 1/2.

IV. Unter Änderung von Nr. III der angefochtenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert in den erstinstanzlichen Verfahren W 4 S 15.155, -.156, -.158, -.159, -.160, und -.161 auf jeweils 3.750 €, im Verfahren W 4 S 15.286 auf 7.500 € und für die verbundenen Verfahren im Beschwerdeverfahren auf insgesamt 30.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragsteller wenden sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für Windkraftanlagen. Als „Bürgerwindpark S... Wald" wurden insgesamt zehn Windkraftanlagen genehmigt, von denen sieben Anlagen Gegenstand verschiedener Verfahren beim Verwaltungsgericht waren wie folgt (die angegebene Entfernung bezieht sich jeweils auf die Koordinaten der - im vorläufigen Rechtsschutzantrag und im dementsprechenden Beschluss des Verwaltungsgerichts genannten - „bekämpften“ Windkraftanlage und des Wohnhausmittelpunkts):

AZ des VGH AZ des VG Lfd. Nr. der Ast. im Rubrum Grundst. der Ast., FlNr. in Gemark. K..., Adresse, Entfern. WKA-Nr., FlNr. des Baugrundst., Gemark.
22 CS 15.686 W 4 S 15.161 1) und 2) FlNr. 122/6 B...: zu WKA 10: 2.176 m zu WKA 9: 2.165 m. Nr. 10 (FlNr. 1459, K...)
22 CS 15.690 W 4 S 15.160 1) und 2) Nr. 9 (FlNr. 4273, H...)
22 CS 15.687 W 4 S 15.159 3) und 4) FlNr. 226/1; A... (Wohnadr.); R...: zu WKA 8: 1.495 m zu WKA 7: 1.434 m zu WKA 4: 1.619 m; FlNr. 226; A...: zu WKA 8: 1.472 m zu WKA 7: 1.416 m zu WKA 4: 1.623 m. Nr. 8 (FlNr. 4272, H...)
22 CS 15.689 W 4 S 15.158 3) und 4) Nr. 7 (FlNr. 1473, K...)
22 CS 15.952 W 4 S 15.286 3) und 4) Nr. 4 (FlNr. 3767, H...)
22 CS 15.688 W 4 S 15.156 5) und 6) FlNr. 224/3 A..., ...: zu WKA 6: 1.343 m zu WKA 5: 1.463 m. Nr. 6 (FlNr. 1472, K...)
22 CS 15.691 W 4 S 15.155 5) und 6) Nr. 5 (FlNr. 99, S...)

Die Antragsteller zu 5 und 6 sind nach ihrem Vortrag zudem Miteigentümer der erschlossenen Baugrundstücke FlNrn. 224/2 und 224/5, die westlich bzw. südlich an ihr Wohngrundstück FlNr. 224/3 angrenzen und etwa 15 m bis 30 m näher als dieses an den Windkraftanlagen liegen. Von den Windkraftanlagen Nrn. 4 bis 10 ist Anlage Nr. 6 diejenige mit dem geringsten Abstand zu jedem der streitgegenständlichen betroffenen Grundstücke; von diesen wiederum hat das Grundstück FlNr. 226 (A... 19) die geringste Entfernung zur nächstgelegenen Windkraftanlage (nämlich 1.294 m zur Anlage Nr. 6, die indes nicht von den Antragstellern zu 3 und 4 „bekämpft“ wird, sondern von den Antragstellern zu 5 und 6, deren Anwesen aber von der Anlage Nr. 6 weiter weg sind als die Anwesen der Antragsteller zu 3 und 4).

Die vorliegend nicht streitgegenständlichen drei Windkraftanlagen sollen auf den Grundstücken FINrn. 116 und 104 der Gemarkung S... sowie FINr. 3766 der Gemarkung H... gebaut werden.

Ursprünglich vorgesehen waren Windkraftanlagen des Typs Vestas V 112-3.0 MW mit einer Nabenhöhe von jeweils 140 m, einer Nennleistung von 3.000 kW, einem Rotorradius von 56 m und einer Gesamthöhe von 196 m. Nach einer allgemeinen Umweltverträglichkeitsvorprüfung (vom 25.8.2013) mit dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nachfolgend: UVP) erforderlich sei, nach Durchführung dieser UVP und u.a. einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (vom 13.8.2013) genehmigte das Landratsamt H... diese Windkraftanlagen im förmlichen Genehmigungsverfahren nach § 10 BlmSchG mit Bescheid vom 28. Februar 2014 gegenüber der Beigeladenen zu 1. Gegen die Genehmigung erhoben die Antragsteller jeweils Anfechtungsklage.

Nach einer Umplanung des Windparks genehmigte auf Antrag der Beigeladenen zu 1 das Landratsamt im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BlmSchG nach einer erneuten allgemeinen Vorprüfung mit dem Ergebnis, dass keine weitere UVP erforderlich sei, mit Bescheid vom 18. Juli 2014 nach § 16 BlmSchG die Änderung des Anlagentyps auf - nunmehr - den Typ Nordex N 117-2.4 MW, der zugleich eine andere Nabenhöhe (141 m) und einen anderen Rotorradius (58,5 m) und damit eine andere Gesamthöhe (199 m) hat. Nach dem Vortrag der Antragsteller gegenüber dem Verwaltungsgericht (Schriftsatz vom 28.2.2015) sei auch die Turmbauweise der jeweiligen Anlagen geändert (nunmehr: Hybridturm aus Beton bis zur Höhe von 91 m, dann aus Stahlrohr; zuvor: Turm ganz aus Stahlrohr). Bezüglich einer während des Änderungsverfahrens der Unteren Naturschutzbehörde mitgeteilten Uhu-Sichtung im Bereich der Anlagenstandorte führte das Landratsamt im Bescheid aus, aus naturschutzfachlicher Sicht ändere sich hierdurch die Situation gegenüber der genehmigten Planung nicht grundsätzlich. Ein Brutnachweis in der Beeinträchtigungszone liege weiterhin nicht vor. Zwar sei möglich, dass der Uhu die gerodete Fläche auch als Nahrungshabitat mit nutze. Dieser Bereich sei aber sicher nicht der Schwerpunkt seiner Nahrungshabitate. Insofern werde aus naturschutzfachlicher Sicht davon ausgegangen, dass weiterhin kein signifikant höheres Kollisionsrisiko für den Uhu bestehe. Unabhängig davon sei dem Betreiber in der Änderungsgenehmigung empfohlen worden, seinen in die Planung eingebundenen Biologen zu verständigen, um ggf. entstehende Auswirkungen vorab beurteilen zu können.

Unter Nr. VI des Bescheids vom 18. Juli 2014 ordnete das Landratsamt zudem die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 28. Februar 2014 „in der Fassung dieser Änderungsgenehmigung“ vom 18. Juli 2014 an. Auch gegen den Bescheid vom 18. Juli 2014 erhoben die Antragsteller jeweils Klage.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 25. August 2014 strich das Landratsamt auf Antrag der Beigeladenen zu 1 (vom 19.8.2014) den unter Nr. V des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 enthaltenen allgemeinen Auflagenvorbehalt ersatzlos. Mit Schreiben jeweils vom 29. August 2014 zeigten beide Beigeladenen dem Landratsamt übereinstimmend an, dass die Beigeladene zu 2 „die Rechtsstellung als Genehmigungsinhaberin“ der Genehmigungen vom 28. Februar 2014, 18. Juli 2014 und 25. August 2014 und alle mit diesen Genehmigungen zusammenhängenden Rechte und Pflichten von der Beigeladenen zu 1 übernommen habe; im Beschwerdeverfahren haben die Beigeladenen auf Nachfrage des Verwaltungsgerichtshofs erklärt, die Beigeladene zu 1 existiere weiterhin und habe an der Aufrechterhaltung der angegriffenen Genehmigungen jedenfalls ein wirtschaftliches Interesse.

2. Die Antragsteller haben vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg – jeweils in Bezug auf die in der obigen Tabelle ihnen zugeordneten Windkraftanlagen – beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen erhobenen Anfechtungsklagen wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat den Anträgen mit Beschlüssen vom 27. März 2015 (W 4 S 15.161, -.159, -.156, -.158, -.160, und -.155) bzw. vom 15. April 2015 (W 4 S 15.286) stattgegeben.

3. Der Antragsgegner und die Beigeladenen gemeinsam haben hiergegen Beschwerde eingelegt und jeweils beantragt,

unter Änderung der entgegenstehenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Die Beigeladenen haben hinsichtlich der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2015 im jeweiligen Verfahren außerdem beantragt,

die Rechtswidrigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 27. März 2015 in der Fassung vom 27. März 2015 festzustellen.

Sie machen geltend, diese Beschlüsse seien wegen des Fehlens einer Begründung entgegen § 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO rechtsfehlerhaft. Dies sei im berechtigten Interesse der Beigeladenen festzustellen, weil zu befürchten sei, dass das Verwaltungsgericht künftig wieder unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG auf diese Weise verfahre.

Die Antragsteller haben jeweils beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, da das Verwaltungsgericht richtig entschieden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten der verbundenen Verfahren und die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die statthaften und zulässigen Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen sind begründet. Die geltend gemachten Beschwerdegründe erfordern eine Änderung der angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschlüsse. Diese erweisen sich nach summarischer Prüfung im Beschwerdeverfahren auch nicht aus andern, von den Antragstellern geltend gemachten Gründen als gerechtfertigt. Sie sind demzufolge zu ändern; die Anträge der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen sind abzulehnen. Dass die Anfechtungsklagen der Antragsteller im Hauptsacheverfahren voraussichtlich abzuweisen sein werden, unterliegt trotz tatsächlicher Unklarheiten und noch nicht abschließend geklärter Rechtsfragen jedenfalls keinen ernstlichen Zweifeln; vielmehr überwiegen im Rahmen einer Gesamtabwägung die Interessen der Beigeladenen die Interessen der Antragsteller (§ 4a Abs. 3 und 4 UmwRG).

Die Anträge der Antragsteller richten sich entgegen der Ansicht der Beigeladenen nicht nur auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklagen gegen die Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014, sondern auch ihrer Anfechtungsklagen gegen die Ausgangsgenehmigung vom 28. Februar 2014; das Verwaltungsgericht ist insofern nicht unter Verstoß gegen § 88 VwGO über die Anträge hinausgegangen. Zwar beziehen sich die – von einem Rechtsanwalt gestellten – Anträge der Formulierung nach nur auf die sofortige Vollziehung der Änderungsgenehmigung. Gleichwohl ist in der Gesamtschau zweifelsfrei das Rechtsschutzziel der Antragsteller erkennbar, nicht nur den Vollzug der Änderungsgenehmigung, sondern auch den der Ausgangsgenehmigung vorläufig zu hemmen. Dass sich die Begründung des vorläufigen Rechtsschutzantrags schwerpunktmäßig mit dem Änderungsbescheid befasst, liegt ersichtlich daran, dass erst mit diesem Bescheid – auch in Bezug auf die Ausgangsgenehmigung – die sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Zudem haben die Antragsteller im Antragsschriftsatz vom 28. Februar 2015 auf die gegen die Ausgangsgenehmigung erhobenen Anfechtungsklagen verwiesen, die Klagebegründung beigefügt und in ihren Antragsbegründungen mehrfach – erneut – auch die Fehlerhaftigkeit der vor Erteilung der Ausgangsgenehmigung durchgeführten UVP sowie des Genehmigungsverfahrens insgesamt geltend gemacht.

1. Soweit die Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren eine nach ihrer Ansicht unzureichende oder fehlerhafte Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung bemängelt haben, ist dem das Verwaltungsgericht nicht gefolgt und hat unter Nr. II.2.1 der angegriffenen Beschlüsse (vom 27.3.2015 bzw. 15.4.2015) ausgeführt, die vom Landratsamt im angegriffenen Bescheid vom 18. Juli 2014 gegebene Begründung für den Sofortvollzug genüge deren gesetzlichem Zweck und der formellen Begründungspflicht. Mit dieser Thematik brauchten sich die Beigeladenen in ihrer Beschwerde nicht zu befassen. Die Antragsteller ihrerseits haben nichts vorgetragen, was die rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichts als fehlerhaft erscheinen lassen könnte. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich keine Bedenken.

2. Für die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Interessenabwägung ist zunächst zu bedenken, dass die Verletzung materieller subjektiver Rechte der Antragsteller aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder aus § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB unwahrscheinlich ist.

Wehrfähige Rechte Dritter aus § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG werden nicht durch jede unangenehme Einwirkung einer Anlage verletzt. Vielmehr besteht ein Abwehrrecht gegen „schädliche Umwelteinwirkungen“ nach der gesetzlichen Definition in § 3 Abs. 1 BImSchG erst dann, wenn die Immissionen „erheblich“, nämlich „nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen“ herbeizuführen. Die Antragsteller haben in jedem der sieben Verfahren andere Grundstücke und andere Windkraftanlagen streitgegenständlich gemacht; die geringste streitgegenständliche Entfernung beträgt 1.343 m; selbst die Entfernung der Windkraftanlage Nr. 6 zum Grundstück FlNr. 224/3, dessen Eigentümer aber nur Klage in Bezug auf drei andere einzelne Windkraftanlagen erhoben haben, ist nur wenig geringer (1.294 m). Angesichts der bestehenden Distanzen zwischen den betroffenen Anwesen und dem Windpark ist eine etwaige Beeinträchtigung sowohl in Bezug auf Schall (einschließlich tieffrequentem Schall) als auch auf Lichtreflexionen, Eiswurf und Eisfall (jedenfalls) nicht erheblich und auch eine – nach dem Rücksichtnahmegebot nicht hinzunehmende – „optisch bedrängende Wirkung“ nicht anzunehmen.

2.1. Dies gilt zunächst für die von den Antragstellern befürchteten Lärmimmissionen. Soweit erkennbar können die für die Tagzeit maßgeblichen Immissionsrichtwerte unproblematisch eingehalten werden. Die Einhaltung der maßgeblichen nächtlichen Immissionsrichtwerte hat das Landratsamt mit Nebenbestimmungen im Änderungsbescheid vom 18. Juli 2014 vorgeschrieben (Nrn. IV.1.1.1 bis IV.1.1.3) und diesen Anordnungen ausdrücklich unter Nr. II.47 des Bescheids die Prognose im behördlicherseits eingeholten Gutachten der TÜV Süd Industrie Service GmbH, Regensburg, (nachfolgend: „TÜV Süd“) vom 30. Juni 2014 zu Grunde gelegt. Dieser Prognose zufolge ist selbst am Immissionsort „A... 30“ in K..., der den Windkraftanlagen näher liegt als jedes der Anwesen der Antragsteller, in der Nacht nur ein Beurteilungspegel von 39,5 dB(A) zu erwarten, während der für allgemeine Wohngebiete maßgebliche nächtliche Immissionsrichtwert 40 dB(A) beträgt. Zum Schutz der Nachbarschaft ungenügend (mit der Folge der Rechtswidrigkeit der Genehmigung) wären die Nebenbestimmungen in Nrn. IV.1.1.1 bis IV.1.1.3 des angefochtenen Bescheids nur dann, wenn diese Nebenbestimmungen nicht einhaltbar oder ihre Einhaltung nicht überwachbar wären. Davon kann aber trotz der zahlreichen Einwände, die die Antragsteller gegen die Richtigkeit der Prognose erheben, nicht ausgegangen werden; gegebenenfalls obliegt es dem Betreiber der Windkraftanlagen, im Fall berechtigter Beschwerden über nächtliche Lärmbelästigungen durch die Windkraftanlagen Abhilfe z.B. durch eine zeitweise Abschaltung einzelner Anlagen zu schaffen.

2.2. In Bezug auf tieffrequenten Schall und Infraschall hat das Landratsamt in der die ursprünglich geplanten, nur unwesentlich anderen Windkraftanlagen betreffenden Ausgangsgenehmigung vom 28. Februar 2014 zu Recht die Einwände der Antragsteller als unberechtigt erachtet (Nr. II.4.2 Buchst. a, S. 35, 41 und 48). Seine Ausführungen stehen im Einklang mit der Einschätzung im Bayerischen Windkrafterlass (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20.12.2011), wonach davon ausgegangen werden kann, dass ab einem Abstand von 250 m zu einer Windkraftanlage in der Regel keine erheblichen Belästigungen durch Infraschall mehr zu erwarten sind und dass bei Abständen von mehr als 500 m regelmäßig die Windkraftanlage nur einen Bruchteil des in der Umgebung messbaren Infraschalls erzeugt (Windkrafterlass Nr. 8.2.8, S. 22). Dem Bericht der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg – LUBW – zufolge („Tieffrequente Geräusche und Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen, Zwischenbericht über Ergebnisse des Messprojekts 2013-2014“, Stand Dezember 2014, S. 10 und 36 – „Zwischenbericht 2014“ – im Internet unter http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf) war bei bisher vier Messungen zu beobachten, dass sich beim Einschalten einer untersuchten Windkraftanlage der im Abstand von 700 m gemessene Infraschallpegel nicht mehr nennenswert erhöht, sondern der Infraschall im Wesentlichen vom Wind erzeugt wird, aber nicht vom Betrieb der Windenergieanlage. Die LUWB in diesem Zwischenbericht 2014 wie auch das Bayerische Landesamt für Umwelt – LfU – in seiner Internetpublikation „Windenergieanlagen – beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit?“ (aktualisierte Neufassung vom November 2014 –

http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf) verweisen in diesem Zusammenhang auch auf den öffentlich zugänglichen Bericht über Messungen an einem Wohnhaus, das ungefähr 600 m von einem Windpark mit 14 Windkraftanlagen entfernt steht (Büro „K...“, Schalltechnischer Bericht Nr. 27257-1.006 vom 26.5.2010 über die Ermittlung und Beurteilung der anlagenbezogenen Geräuschimmissionen der Windenergieanlagen im Windpark Hohen Pritz, http://www.lung.mv-regierung.de/dateien/infraschall.pdf - nachfolgend: „Bericht K...“). Diese erbrachten u.a. das Ergebnis, dass zwischen den Betriebszuständen „WEA an“ und dem Hintergrundgeräusch kein nennenswerter Unterschied zu erkennen war (Bericht K..., Nr. 5 auf S. 11, Nr. 7.4 auf S. 33, Nr. 7.5 auf S. 34). Bei der Messung waren zwei unmittelbar benachbarte Windkraftanlagen zeitweise abgeschaltet, die übrigen, ab einer Entfernung von 500 m stehenden Anlagen dagegen ständig in Betrieb (Bericht K..., Nr. 6.1 auf S. 16). Ferner verweist die LUBW auf Messungen in Australien an Windfarmen, denen zufolge die Infraschall-Expositionen, die in der Nähe von Windfarmen in Wohnhäusern gemessen wurden, dem Bereich entsprachen, der in vergleichbaren Regionen ohne Windkraftanlagen ermittelt wurde (LUBW, Zwischenbericht 2014, S. 36). Der Einwand der Antragsteller im Schriftsatz vom 20. Mai 2015, wonach der Nachtragsbericht (Nr. MS-1307-129-BY-de) des „TÜV-Süd“ sich mit dem Thema „tieffrequenter Schall" nicht ausreichend auseinandersetze und insbesondere die diesbezüglichen Änderungen der DIN 45680 nicht beachte, die den aktuellen „Stand der Technik“ wiedergebe, ist nicht geeignet, die Bewertung des Landratsamts in Frage zu stellen. Zum Einen liegt die geänderte DIN 45680 – nach einem wieder zurückgezogenen Entwurf vom August 2011 – weiterhin nur in einer Entwurfsfassung vom September 2013 vor. Nach Nr. 7.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.5 des Anhangs zur TA Lärm der Anlage ist daher weiterhin für die Ermittlung und Bewertung tieffrequenter Geräusche auf die Hinweise der DIN 45680, Ausgabe März 1997, und die im dazugehörenden Beiblatt 1 genannten Anhaltswerte zurückzugreifen, bei deren Einhaltung schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu erwarten sind. Zum Andern haben die Anwesen der Antragsteller vom geplanten Windpark mindestens die doppelte Entfernung derjenigen Distanz, die nach den bisherigen fachlichen Einschätzungen als ausreichend zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen durch tieffrequenten Schall angesehen wird, so dass die Annahme fern liegt, bei Zugrundelegung der geänderten DIN 45680 in der Fassung des Entwurfs vom September 2013 könne sich das Ergebnis maßgeblich zugunsten der Antragsteller ändern.

Auch Anhaltspunkte dafür, dass die nunmehr geplanten, mit dem Änderungsbescheid vom 18. Juli 2014 genehmigten Anlagen aufgrund ihres um ca. 4 % größeren Rotorradius, der um ca. 2 % größeren Gesamthöhe, der veränderten Bauweise des Turms und der geringeren Leistung eine andere als die auf die ursprünglich geplanten Anlagen bezogene Beurteilung erforderten, bestehen nicht.

2.3. Soweit die Antragsteller die Richtigkeit der Berechnungen im Gutachten des TÜV Süd vom 30. Juni 2014 anzweifeln und in diesem Zusammenhang bemängeln, dass gemäß Nr. IV.1.5 des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 (anders als noch im Ausgangsbescheid vom 28.2.2014) der Einsatz einer Abschalteinrichtung für Schattenwurf-Immissionen nicht mehr gefordert werde, ist ihre Argumentation nicht stichhaltig. Die fachliche Einschätzung des TÜV Süd, derzufolge der Schattenwurf der mit dem Änderungsbescheid genehmigten Windkraftanlagen weniger stark ist als die von den ursprünglich geplanten Anlagen verursachte Verschattung, lässt sich durchaus mit einer veränderten Blattgeometrie erklären. Ein zwangsläufiger Zusammenhang zwischen (einerseits) einem größeren Rotordurchmesser und einer größeren Gesamthöhe der Windkraftanlagen sowie (andererseits) der Blattgeometrie dahingehend, dass deren „Verbesserungen“ (im Sinn einer Verringerung des Schattenwurfs) durch „Verschlechterungen“ auf der anderen Seite kompensiert würden, besteht entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht. Zudem lassen die Antragsteller außer Acht, dass – nach den von ihnen nicht angegriffenen Ausführungen unter Nr. 4.1.2 des Änderungsbescheids – die Berechnung des Gutachters im Sinn einer „worst-case-Analyse“ von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgeht, die aber in der Realität – z.B. wegen Regens oder dichter Wolkendecke – nicht erreicht werden wird.

2.4. Sonstige Gefahren im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Eiswurf für die Anwesen der Antragsteller können angesichts der vorliegend gegebenen Entfernungen zu den Windkraftanlagen (1.300 m und mehr) ausgeschlossen werden, wenn die Anlagen – wie durch Nr. IV.1.4 des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 vorgeschrieben – mit technischen Einrichtungen ausgestattet werden, die Eisansatz an den Rotorblättern erkennen und dann den Rotorstillstand oder Trudelbetrieb herbeiführen, und diese Ausstattung vor der Inbetriebnahme dem Landratsamt nachgewiesen wird.

2.5. Eine „optisch bedrängende“ Wirkung, die gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen könnte, kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs bei summarischer Prüfung schon nach den von den Antragstellern selbst vorgelegten Visualisierungen nicht angenommen werden. Der hiernach gewonnene Eindruck bestätigt die – auch vom Verwaltungsgerichtshof angewandte (BayVGH, B.v. 1.12.2014 – 22 ZB 14.1594 – BayVBl 2015, 306) – Faustregel, wonach bei einem Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage von mindestens der dreifachen Gesamthöhe der Anlage diese Anlage regelmäßig nicht „optisch bedrängend“ auf die Wohnnutzung wirkt. Vorliegend betragen die Abstände mindestens das Sechsfache, bei den meisten Anwesen mehr als das Siebenfache und z.T. mehr als das Zehnfache. Der Anblick einer mehrere Kilometer langen „Kette“ von zehn Windkraftanlagen über dem Horizont bzw. einem bewaldeten oder auch freien Höhenzug mag (möglicherweise sogar durch die subjektive Einstellung gegenüber Windkraftanlagen beeinflusst) als unschön empfunden werden. Von einer „bedrängenden Wirkung“ kann aber vorliegend offensichtlich nicht die Rede sein.

2.6. Auf einen von den Antragstellern im Schriftsatz vom 20. Mai 2015 (S. 50) geltend gemachten Verstoß gegen das Gebot, Vorhaben von erheblicher überörtlicher Raumbedeutsamkeit vor der Entscheidung über ihre Zulässigkeit in einem Raumordnungsverfahren auf ihre Raumverträglichkeit zu überprüfen (Art. 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BayLPlG), könnten sich die Antragsteller nicht berufen. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayLPlG ist nicht drittschützend; ein abgrenzbarer Kreis zu schützender Dritter kann der Vorschrift nicht entnommen werden.

3. Für die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Interessenabwägung ist weiter bedeutsam, dass zwar bei Erteilung der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen (vom 28.2.2014 und vom 18.7.2014) verfahrensrechtliche Vorschriften des UVPG verletzt worden sein könnten, dass dies aber entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht überwiegend wahrscheinlich ist, und dass eventuelle Verstöße nicht unbedingt zu einem Aufhebungsanspruch führen (insbesondere weil derartige Verstöße vorliegend keine Beteiligungs- oder Informationsrechte der Antragsteller nach dem UVPG betreffen würden).

Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass die Antragsteller sich auf § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG berufen könnten, unabhängig davon, ob die das Verwaltungsverfahren abschließende immissionsschutzrechtliche Genehmigung selbst den Antragstellern zustehende subjektiv-öffentliche Rechte materieller Art verletzt. Dem kann im Ergebnis wohl nicht gefolgt werden. Denn entscheidungserhebliche Fehler der vor dem Erlass des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vermag der Verwaltungsgerichtshof nach summarischer Prüfung nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen; dasselbe gilt hinsichtlich der hier wohl ebenfalls zu berücksichtigenden vorausgegangenen UVP.

3.1. Ob eine UVP überhaupt durchgeführt werden muss, richtet sich nach §§ 3b bis 3f UVPG (vgl. § 3a Satz 1 UVPG). Besteht – wie dies vorliegend der Fall ist – die gesetzliche Pflicht zur Durchführung einer UVP nicht schon (ohne nähere Prüfung) aufgrund der Art, Größe oder Leistung eines Vorhabens (§ 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Anlage 1 Spalte 1 zum UVPG), ist aber für das Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen (Anlage 1 Spalte 2), so muss die zuständige Behörde „aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien“ ermitteln, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären, und – bejahendenfalls – eine UVP durchführen (§ 3c Satz 1 UVPG).

Ob eine allgemeine Vorprüfung rechtsfehlerhaft gewesen ist, bestimmt sich in tatsächlicher Hinsicht nach dem Kenntnisstand der zuständigen Behörde bis zum Abschluss der Prüfung (vgl. BayVGH, B.v. 27.5.2015 – 22 CS 15.485 – Rn. 17; BVerwG, U.v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 – NuR 2012, 403/405).

3.2. Vorliegend kann die von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG geregelte Fallgestaltung einer (möglicherweise) aufgrund fehlerhafter allgemeiner Vorprüfung unterlassenen UVP nur den Gegenstand der Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 betreffen, da vor der Ausgangsgenehmigung für deren Gegenstand eine UVP nicht unterblieben ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG), sondern durchgeführt wurde.

Ein Neugenehmigungsverfahren einer anderen Anlage (anstelle des vorliegend durchgeführten Änderungsverfahrens nach § 16 BImSchG) und ein neues Vorhaben anstelle eines geänderten Vorhabens im Sinn von § 3e Abs. 1 UVPG bzw. § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV, das aus denselben Gründen wie das mit dem Ausgangsbescheid vom 28. Februar 2014 genehmigte Vorhaben auch eine neue UVP erfordert hätte, waren nach Änderung des Anlagentyps wohl nicht erforderlich. Wenn eine genehmigte Anlage in ihrem Kernbestand, in ihrem Charakter grundlegend geändert wird, liegt eine Neuerrichtung einer Anlage vor. Wenn hingegen eine Anlage ersetzt wird und die neue Anlage quantitative oder qualitative Veränderungen gegenüber der genehmigten Anlage aufweist, die die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen, liegt eine (wesentliche) Änderung und keine Neuerrichtung vor. Diese Bewertung kann aus dem nicht unmittelbar anwendbaren § 16 Abs. 5 BImSchG abgeleitet werden (BayVGH, U.v. 23.11.2006 – 22 BV 06.2223 – NVwZ-RR 2007, 382/385). Eine Änderung des Anlagentyps betrifft also zumindest nicht in jedem Fall den „Kernbereich des genehmigten Gegenstands“ und somit die Grundlage der ursprünglich erteilten Genehmigung. Von ganz besonderem Gewicht für etwaige Umwelt- und Nachbarschaftsbeeinträchtigungen sind der Standort, der Umfang der Anlage (hier: Zahl der einzelnen Windkraftanlagen) und der Abstand zu Schutzgütern. Ebenso sind die Art der hervorgerufenen Umwelteinwirkungen und die Art und Weise ihrer Verursachung von Bedeutung. Bleiben diese Parameter unverändert, so kann auch bei einem Wechsel zum Modell eines andern Herstellers, verbunden mit einer Änderung des Rotorradius um gut 4 % (von 56 m auf 58,5 m), der Gesamthöhe um ca. 2 % (von 196 m auf 199 m) und einer Verringerung der Leistung (von 3.000 kW auf 2.400 kW) nicht von derartig erheblichen Änderungen ausgegangen werden, die es erfordern würden, alle mit einer Neugenehmigung verbundenen Verfahrensschritte erneut zu unternehmen.

Der Vergleich der durch die Änderung (möglicherweise) ausgelösten nachteiligen Umweltauswirkungen mit dem bereits genehmigten Zustand ist demnach auch Maßstab für die Frage, ob wegen einer geplanten Änderung eine UVP vorzunehmen ist. § 1 Abs. 3 der 9. BlmSchV bestimmt insoweit, dass vor einer Änderungsgenehmigung einer Anlage nach Anlage 1 (zum UVPG) eine UVP durchzuführen ist, wenn die für eine UVP-pflichtige Anlage in der Anlage 1 angegebenen Größen- oder Leistungswerte durch eine Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden (dies ist vorliegend nicht der Fall) oder wenn die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BlmSchV genannten Schutzgüter haben kann. Dass dies nicht der Fall ist, hat das Landratsamt in der angefochtenen Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 unter Nrn. II.2.2 und II.3 dargelegt. Die dieser Beurteilung zu Grunde liegende allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls des Landratsamts ist unter dem Datum 16. Juli 2014 in den Behördenakten dokumentiert (Bl. 133/134). Sie stimmt insbesondere – was die vom Verwaltungsgericht in den Mittelpunkt seiner Argumentation gerückte Gefährdung der geschützten Vogelart Uhu angeht - inhaltlich überein mit der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 16. Juli 2014. Sie kommt nachvollziehbar im Sinn von § 3a Satz 4 UVPG zu dem Ergebnis, dass die zu genehmigenden Änderungen der Anlage – im Vergleich zu der bereits am 28. Februar 2014 genehmigten Ausführung des Windparks – keine erheblichen Auswirkungen auf die genannten Schutzgüter haben wird; etwaige Auswirkungen der Änderung lägen zumindest deutlich unter der Erheblichkeitsschwelle des § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV. Dies erscheint so unproblematisch, dass es an dieser Stelle hierzu keiner vertiefenden Erwägungen mehr bedarf (vgl. dazu unten 3.4).

3.3. Die zwischen dem 28. Februar 2014 und dem 18. Juli 2014 und später gewonnenen bzw. dem Landratsamt mitgeteilten weiteren Erkenntnisse über das Vorkommen gefährdeter Tierarten im streitgegenständlichen Gebiet, insbesondere des Uhus, sind keine Auswirkungen der Vorhabensänderung und daher grundsätzlich in diesem Zusammenhang nicht entscheidungserheblich. Es handelt sich um Auswirkungen, die bereits dem ursprünglichen Vorhaben zuzurechnen waren. Diese Auswirkungen sind im vorliegenden Fall bereits nach Maßgabe des UVPG im Rahmen einer UVP ermittelt und bewertet worden. Die Behörde kann die dabei gewonnenen Erkenntnisse bei der Vorprüfung des geplanten Änderungs- oder Erweiterungsvorhabens als Vergleichsgrundlage heranziehen, ohne insoweit in eine erneute Prüfung eintreten zu müssen (Sangenstedt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Loseblattsammlung, 43. EL Sept. 2004, § 3e UVPG Rn. 27). Sangenstedt (a.a.O.) schränkt dies allerdings dahingehend ein, dass dies dann anders sei, wenn die Ergebnisse erkennbar überholt oder aus sonstigen Gründen unzutreffend seien (welche Folgen sich in einem solchen Fall hieraus ergeben, führt der Kommentar indes nicht aus). Es erscheint zwar aus Bestandsschutzgründen zweifelhaft, dass eine völlige Neubewertung der Erkenntnisse aus einer früheren UVP (insbesondere dann, wenn sie rechtsfehlerfrei durchgeführt und nur hinsichtlich ihres Ergebnisses durch späteren Wissenszuwachs infrage gestellt worden ist) in jedem Fall dann geboten ist, wenn die Anlagenänderung selbst keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BlmSchV genannten Schutzgüter haben kann. Der Verwaltungsgerichtshof zieht allerdings im vorliegenden Fall zugunsten der Antragsteller in Betracht, dass eine kritische Prüfung der Ergebnisse einer früheren, für das „Ausgangsvorhaben“ durchgeführten UVP dann geboten sein kann, wenn – wie im vorliegenden Fall – die aufgrund der UVP erteilte Genehmigung des Ausgangsvorhabens (vorliegend die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 28.2.2014) von denselben Rechtsmittelführern angefochten und damit noch nicht bestandskräftig ist und das Vorhaben – aufgrund der angeordneten sofortigen Vollziehung der Genehmigung in rechtlich zulässiger Weise – erst zu einem geringen Teil „ins Werk gesetzt“ ist. Erwägungen im Hinblick auf einen etwaigen Bestandsschutz und Vertrauensschutz stehen in einem solchen Fall einer Berücksichtigung des Überholtseins der Erkenntnisse aus einer früheren UVP weniger entgegen als im Fall einer nach fehlerfreier UVP vor Jahren unanfechtbar genehmigten und seitdem betriebenen Anlage.

3.4. Auch bei Notwendigkeit einer Prüfung, ob die bisherigen Erkenntnisse, die bei der Durchführung der UVP gewonnen worden sind, überholt oder sonst unzutreffend waren, ergibt sich vorliegend nicht, dass die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls am 16. Juli 2014 rechtsfehlerhaft war.

Soweit die Antragsteller dem Landratsamt entgegenhalten, es habe Hinweise auf Uhuvorkommen (das Hören von Uhu-Rufen – sog. „Verhöre“ – sowie Horst- und Jungtierfunde) nach dem 16. Juli 2014 nicht berücksichtigt, können derartige Erkenntnisse von vornherein nicht zur Fehlerhaftigkeit der allgemeinen Vorprüfung führen, weil sie nach dem maßgeblichen Stichtag (16.7.2014) durch das Landratsamt erlangt worden sind. Wie oben ausgeführt, kommt es insofern auf den Kenntnisstand der zuständigen Behörde beim Abschluss der Prüfung an. In diesem Zeitpunkt muss die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ihre verfahrenssteuernde Wirkung entfalten. Nicht entscheidungserheblich ist daher der Nachweis einer zweiten Uhubrut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 5, die nach eigenem Vortrag der Antragsteller erst Ende Juli 2014 festgestellt wurde und deren Nachweise der Unteren Naturschutzbehörde „seit Ende Juli / Anfang August 2014“ vorlagen (Schriftsatz vom 20.5.2015 zum Verfahren 22 CS 15.952, S. 28 unten und S. 29 oben unter 3). Diese Uhubrut in der Nähe der ungefähr in der Mitte der „Windkraftanlagen-Kette“ stehenden Anlage Nr. 5 könnte zwar unter Umständen, wie sich aus der E-Mail-Korrespondenz vom August zwischen der Regierung von Unterfranken und dem Landratsamt ergibt – den Bestand der erteilten, aber noch nicht bestandskräftigen Genehmigung in ihrer derzeitigen Fassung in Frage stellen und – soweit erforderlich und verhältnismäßig zur Vermeidung einer Gefährdung des öffentlichen Interesses – deren Widerruf oder Teilwiderruf nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG oder eine Anordnung nach § 3 Abs. 2 BNatSchG rechtfertigen. Sie wurde aber – wie oben ausgeführt – von Bürgern erst im Ende Juli 2014 festgestellt und dem Landratsamt gemeldet, als die allgemeine Vorprüfung vor der Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 schon durchgeführt war und diese Genehmigung schon erteilt war.

Im Übrigen ergeben sich die rechtlichen Anforderungen an die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls aus § 3e Abs. 1 Nr. 2, § 3c Satz 1 und 3 UVPG und § 1 Abs. 3 der 9. BlmSchV. Sonach hat die Behörde – wie sich schon aus dem Wortlaut des § 3c Satz 1 UVPG „nach Einschätzung der zuständigen Behörde“ ergibt – einen Beurteilungsspielraum. Dieser ist gerichtlich nur begrenzt überprüfbar. Die im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung zu treffende Entscheidung, ob das Vorhaben eine UVP erfordert, ist eine wertende Beurteilung, die von Prognoseelementen geprägt ist. Eine solche kann durch das Verwaltungsgericht nicht ersetzt werden (vgl. § 3a Satz 4 UVPG; hierzu OVG NRW, U.v. 3.12.2008 – 8 D 19/07.AK - juris Rn. 72 m.w.N.). Die Prüfung des Verwaltungsgerichts muss sich deshalb darauf beschränken, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, ob sie vom richtigen Verständnis der anzuwendenden Gesetzesbegriffe ausgegangen ist, ob sie den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt, ob sie sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten hat und ob sie schließlich das Willkürverbot nicht verletzt hat (std. Rspr. des BVerwG, zusammenfassend U.v. 16.5.2007 – 3 C 8.06 – BVerwGE 129, 27). Derselbe Maßstab ergibt sich auch aus § 3a Satz 4 UVPG i.V.m. § 3c UVPG; die allgemeine Vorprüfung muss in diesem Sinn „nachvollziehbar“ sein (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2006 – 4 C 16/04 – juris; OVG NW, U.v. 3.12.2008 – 8 D 19/07.AK - juris).

Vorliegend waren bereits bei der Durchführung der UVP vor Erlass des Genehmigungsbescheids vom 28. Februar 2014 zahlreiche Hinweise auf ein Uhu-Vorkommen in dem bewaldeten Höhenzug, auf dem die zehn Windkraftanlagen errichtet werden sollen („S... Wald“), dem Landratsamt bekannt (Nutzung durch den Uhu zum Brüten und zur Aufzucht der Jungen oder als Nahrungshabitat oder als Gebiet, das auf dem Flug zu Nahrungshabitaten durchquert wird). Dies ergibt sich aus der zusammenfassenden Darstellung dieser Hinweise in einer von den Antragstellern vorgelegten E-Mail der Regierung von Unterfranken vom 1. Oktober 2014 (nach Erlass der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen), welche insoweit auszugsweise den Inhalt der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung referiert, und aus der Nr. 4.3.6 des „Fachberichts Faunistische Karten“ zur im Auftrag des Anlagenbetreibers erstellten speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) des Büros für F... – BFU – (Dipl.-Biologe T...) vom 13.8.2013. Demnach hat schon im Jahr 2009 die LBV-Kreisgruppe im Rahmen eines Brutmonitorings eine aufgegebene Brut nordwestlich von Wülflingen dokumentiert; im Jahr 2010 – allerdings nicht mehr in den Jahren 2011 und 2012 – wurde dort ein balzendes Paar verhört. Die von den Antragstellern zusammen mit dem Schriftsatz vom 17. Dezember 2013 dem Landratsamt vorgelegte „Vogelsichtungskarte“ (vom 7.10.2012) enthält Eintragungen zu Uhusichtungen in dem fraglichen Gebiet. Am 9. März 2013 sei Herrn T... eine Uhusichtung an der Sandgrube/Reuthspitze gemeldet worden; am 2. November 2013 habe ein anderer Bürger bei der Jagd im Windkraftvorbehaltsgebiet WK 88 (in dem die streitgegenständlichen Windkraftanlagen stehen sollen) einen ausgewachsenen Uhu gesichtet. Während der Planung des Vorbehaltsgebiets WK 88 hat die Regierung von Unterfranken in einer Stellungnahme vom 13. oder 17. Februar 2012 auf die besondere Empfindlichkeit des Gebiets (es sei zu 5 % Ausschlussgebiet und zu 95 % sensibles Gebiet, dort kämen Uhu und andere geschützte Tiere – insb. Schwarzstorch und die Fledermausart „Kleiner Abendsegler“ – vor) hingewiesen. Der angehörte Naturschutzbeirat des Landkreises hat in seiner Sitzung vom 17. Oktober 2013 das Projekt (Festsetzung des WK 88) strikt abgelehnt. Die Untere Naturschutzbehörde (Herr L...) äußerte sich zur Regionalplanfortschreibung und zum geplanten Vorbehaltsgebiet WK 88 – bezüglich der Gefährdung von Uhus – zunächst dahingehend, dass der Uhu in dem fraglichen Gebiet schon gesichtet und eine Uhubrut zwar nicht in diesem Gebiet selbst, aber eine Uhubrut mit flüggen Jungtieren im angrenzenden Wässernachtal im Jahr 2010 nachgewiesen worden sei, und dass aus artenschutzrechtlicher Sicht von der Überplanung bzw. Ausweisung als Vorbehaltsfläche dringend abgeraten werde, weil ein erhöhtes Tötungsrisiko für schlagempfindliche Vogelarten und Fledermäuse bestehe. Insoweit ist allerdings hinzuzufügen, dass die letztgenannte Schlussfolgerung - erhöhtes Tötungsrisiko – von derselben Behörde unter dem 12.6.2012 dahingehend revidiert wurde, dass aufgrund einer zwischenzeitlich im Februar/März 2012 erfolgten flächigen Horstkartierung das Gebiet zwar nach wie vor als sensibles Gebiet einzuschätzen sei, die aktuellen Kartierungen aber nicht den Schluss zuließen, dass eine Errichtung von Windenergieanlagen in diesem Bereich unmöglich erscheine; es gebe derzeit keine Brutnachweise, die eine Ausweisung des Gebietes als Vorbehaltsgebiet ausschlössen. Auf einer dem Schriftsatz vom 24. Februar 2013 ans Landratsamt beigefügten Karte und tabellarischer Aufstellung sind insgesamt 18 akustische Wahrnehmungen des Uhus im streitgegenständlichen Gebiet durch ansässige Jäger im Zeitraum Dezember 2012 bis Mitte Februar 2013 dokumentiert. Im Mai 2013 wurde eine Uhubrut im streitgegenständlichen Gebiet (WK 88) im Norden des Windparks – östlich der nördlichsten Windkraftanlage Nr. 10 – nachgewiesen. Dies wurde dem Landratsamt im Rahmen der UVP bekannt und von ihr auch (wenngleich nicht mit dem von den Antragstellern für richtig gehaltenen Ergebnis) gewürdigt.

Soweit die Antragsteller – und das Verwaltungsgericht – dem Landratsamt einen Fehler der allgemeinen Vorprüfung bei der Bewertung der vorangegangenen UVP dergestalt vorwerfen, dass deren Prüfungen und die Untersuchung potentiell gefährdeter Tierarten (insbesondere des Uhus) unzureichend und vor allem nicht nach den Vorgaben des Windkrafterlasses unternommen worden seien, ist diese Argumentation doch mit einigen Fragezeichen zu versehen und könnte zudem nicht die von den Antragstellern gewünschte Rechtsfolge auslösen.

Insofern zeigt § 6 Abs. 2 Satz 1 UVPG, dass Inhalt und Umfang der entscheidungserheblichen Unterlagen, die zu Beginn der UVP vom Vorhabensträger vorzulegen sind, sich nach den Rechtsvorschriften richten, die für die Zulassung des Vorhabens maßgeblich sind. Für die Zwecke der UVP muss der entscheidungserhebliche Sachverhalt also vollständig ermittelt sein (Gassner, UVPG, 1. Aufl. 2006, § 6 Rn. 7-11)).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – Rn. 45 und B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 und -.1080 – GewArch 2015, 90, juris Rn. 25) kommt zudem den im Windkrafterlass enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu. Ihre Beachtung beim Vollzug des Artenschutzrechts, insbesondere des § 44 Abs. 1 BNatSchG, ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit geboten. Von ihnen darf nicht ohne triftigen fachlichen Grund abgewichen werden.

Insoweit bemängeln die Antragsteller insbesondere, dass vorliegend die detaillierten Vorgaben unter Nr. 9.4 des Windkrafterlasses missachtet worden seien; insoweit räumte auch der Verfasser des „Zwischenberichts zu den Ergebnissen Kartierung im Umfeld des geplanten Windparks im WK-Vorbehaltsgebiet 88“ vom Juni 2012 (Dipl.-Biologe T...) unter Nr. 4.1 auf S. 5 des Zwischenberichts ein, dass eine detaillierte Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten [von Vögeln], die der Windkrafterlass empfiehlt, bisher nicht umfassend durchgeführt worden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass das Landratsamt bei der Durchführung der UVP (und im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren) die ihm bekannt gewordenen Hinweise auf eine Gefährdung des Uhus weitgehend gemäß den Vorgaben des Windkrafterlasses behandelt hat. Die im Mai 2013 festgestellte Brut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 10 befand sich – unter den Beteiligten unbestritten - außerhalb des für den Uhu geltenden „1000-m-Prüfbereichs“ nach Anlage 2 Spalte 1 des Windkrafterlasses, so dass eine Prüfung, ob durch die geplanten Windkraftanlagen Verbotstatbestände erfüllt würden, nur nach den Grundsätzen, die bezüglich des für den Uhu maßgeblichen 6000 m-Prüfbereichs gelten, geboten war (die Uhubrut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 5 wurde – wie oben ausgeführt – erst nach den maßgeblichen Zeitpunkten bekannt).

Was die Lage der entdeckten Uhubrut bei der Windkraftanlage Nr. 10 im 6000 m-Prüfbereich angeht, so bemängeln die Antragsteller, dass der Gutachter insoweit die Einschätzung abgegeben habe, der dort brütende Uhu sei auch auf dem Flug zu Nahrungshabitaten nicht gefährdet, weil diese „großräumig und diffus verteilt“ seien (im Sinn der Ausführungen auf S. 42 des Windkrafterlasses) und daher nicht zu erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windkraftanlagen führen dürften (Dipl.-Biologe T..., Nr. 2.3. auf S. 54 der naturschutzfachlichen Angaben zur saP vom 13.8.2013). Die Aussage des Gutachters in dieser unter Nr. 2.3 angestellten Prognose zur Einhaltbarkeit des Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist – entgegen der Ansicht der Antragsteller – wohl nicht so zu verstehen, dass alle potentiellen Jagdhabitate des Uhus im 6-km-Umkreis um den Brutplatz östlich und südöstlich liegen würden; diese Aussage bezieht sich vielmehr nur auf die Offenlandbereiche entlang der genannten drei Fließgewässer (Riedbach, Nassach, Main), wogegen der Gutachter anschließend auch die – nicht östlich und südöstlich, sondern westlich und südwestlich gelegenen – Hangwälder und Wiesengründe des Wässernachtals und weitere westlich und südwestlich befindliche Nahrungshabitate genannt hat. Um von dem – östlich der Windkraftanlage Nr. 10 gelegenen – Brutplatz aus die noch weiter östlich liegenden Gewässer Riedbach und Nassach zu erreichen, überquert ein Vogel tatsächlich normalerweise nicht die ungefähr in Nord-Süd-Richtung verlaufende „Kette“ aus den zehn Windkraftanlagen; insofern ist dem Gutachter keine Verkennung der Tatsachengrundlagen zu unterstellen. Bezüglich der Auen des weiter im Süden etwa in West-Ost-Richtung verlaufenden Mains ist dies allerdings ebenso erklärungsbedürftig wie die – nicht näher begründete – Feststellung, dass es keine Konzentration von Nahrungshabitaten in Bereichen gebe, die nur nach Durch- oder Überfliegen der Windkraftanlagen-Standorte zu erreichen seien. Dies gilt vor allem hinsichtlich der möglichen Jagdhabitate im Wässernachtal, das seit einer im Jahr 2010 erwiesenen Uhubrut und bis heute unverändert als bekanntermaßen besonders „sensibel“ in Bezug auf Uhus angesehen werden muss (wie verschiedene fachliche Stellungnahmen in den Behördenakten belegen). In der Konsequenz der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs läge es zwar, hier grundsätzlich weitere Ermittlungen nach Anlage 6 zum Windkrafterlass zu fordern. Insofern wäre es geboten gewesen, dass sich der Antragsgegner dieser Mühe unterzogen hätte. Allerdings kann aus triftigen naturschutzfachlichen Gründen hiervon abgewichen werden, für die der Verwaltungsgerichtshof hier Anhaltspunkte sieht. Dies liegt auch daran, dass nach naturschutzfachlicher Aussage ein Uhu regelmäßig nicht höher als 80 m fliegt und deshalb von den Rotoren der vorliegend streitgegenständlichen Anlagen (bei einer Nabenhöhe 141 m und einem Rotorradius von 58,5 m) normalerweise nicht erfasst werden kann, sodass die Tatsachengrundlage für eine Prognose der Einhaltbarkeit des Tötungsverbots im Sinn eines Ausschlusses eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos bereits jetzt ausreicht. Die Antragsteller ziehen dies zwar in Zweifel. Zu bedenken ist aber, dass hierzu eine Aussage des zuständigen Mitarbeiters der Staatlichen Vogelschutzwarte Garmisch-Partenkirchen (Herr K...) vorliegt, die dem Landesamt für Umweltschutz (LfU) als der obersten Landesfachbehörde für Vogelschutz untersteht. Darüber hinaus handelt es sich bei Herrn K... um einen auch als gerichtlicher Sachverständiger tätigen ausgewiesenen Fachmann (vgl. Verfahren 22 B 13.1358, U.v. 18.6.2014). Dass seine Aussagen nur mündlich erfolgt sind, macht sie nicht fehlerhaft, erhöht allerdings die Gefahr von Missverständnissen.

Zu berücksichtigen ist bei alledem, dass die Antragsteller hier letztlich Ermittlungsfehler im Detailbereich bei der Durchführung der UVP geltend machen. Dies steht ihnen zwar frei. Es ist aber doch fraglich, ob derartige Fehler zu einer Verletzung ihrer subjektiven Rechte führen können. Ihre eigenen materiellrechtlichen Belange sind durch etwaige Ermittlungsdefizite nicht tangiert, diese betreffen nur das eindeutig nicht drittschützende Artenschutzrecht. Ihre verfahrensrechtlichen Gewährleistungen im Rahmen der UVP waren ebenfalls nicht tangiert. Der Europäische Gerichtshof verlangt insofern vor allem eine Berücksichtigung des Grades der Schwere des geltend gemachten Fehlers und die Prüfung, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen hat, die geschaffen wurden, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen (U.v. 7.11.2013 – Rs. C 72/12 – BayVBl 2014, 400/402 Rn. 54 – „Gemeinde Altrip“); um einen Fehler dieser Art handelt es sich im vorliegenden Fall wohl nicht. In diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof zudem ausdrücklich nicht dazu Stellung genommen, ob von Individualklägern geltend gemachte Verfahrensfehler bei der UVP auf nicht drittschützenden Rechtsgebieten ohne Beeinträchtigung einer materiellrechtlichen Rechtsposition zu Aufhebungsansprüchen führen (vgl. EuGH, U.v. 7.11.2013 - C-72/12 – a.a.O. Rn. 55). Insofern kann bisher nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass nach der Ansicht des Europäischen Gerichtshofs auf das Erfordernis einer Verletzung materieller subjektiver Rechte des Individualklägers verzichtet werden könnte. Eine Rechtsschutzlücke für besonders geschützte Arten kann wegen des Instituts der Umweltverbandsklage nicht entstehen.

3.2.5. Auch in Bezug auf andere Tierarten (insbesondere den Schwarzstorch und Fledermäuse) sind nach summarischer Prüfung keine rechtserheblichen Fehler der allgemeinen Vorprüfung zu erkennen, die eine andere Entscheidung gebieten würden.

4. Soweit die Antragsteller Verfahrensfehler der allgemeinen Vorprüfung und/oder der UVP darin sehen, dass die hiermit befassten Bediensteten wegen der wirtschaftlichen und persönlichen Verflechtungen zwischen der Genehmigungsbehörde, den eingeschalteten Gutachtern bzw. Fachkräften und den Windkraftanlagenbetreibergesellschaften nicht unparteilich hätten agieren können, können sie damit nicht durchdringen. Die Rechtsordnung kennt eine – von den Antragstellern geltend gemachte – "institutionelle Befangenheit" einer Behörde nicht (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 20 Rn. 9 ff.). Vielmehr regeln die §§ 20 und 21 VwVfG (bzw. das entsprechende Landesrecht) nur den Ausschluss und die persönliche Befangenheit von (einzelnen) Mitarbeitern. Dass eine Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit auch "in eigenen Angelegenheiten" entscheidet, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Der Schutz der subjektiven Rechte eines betroffenen Bürgers ist durch die von der Rechtsordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe sichergestellt. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch für Ermessensentscheidungen und Planungsentscheidungen und erst recht bei gebundenen Entscheidungen wie im vorliegenden Fall (BVerwG, B.v. 31.3.2006 – 8 B 2/066 - Buchholz 316 § 20 VwVfG Nr. 9, m.w.N.). Zwar sind einerseits die Vorbehalte der Antragsteller angesichts der vorliegenden besonderen Konstellation verständlich. Andererseits ist es legitim, dass sich ein Landkreis auch in Form privatrechtlicher juristischer Personen wirtschaftlich betätigt. Dass dieselbe Person (Landrat) sowohl Amtsleiter der staatlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde und der Unteren Naturschutzbehörde (Landratsamt) wie auch des Verwaltungsorgans des Landkreises ist (gleichfalls Landratsamt), ist in der in Bayern gesetzlich geregelten Doppelnatur des Landratsamts begründet (vgl. Art. 37 Abs. 1 LKrO). Wenn der Amtsleiter auf eine zügige Bearbeitung eines Genehmigungsverfahrens hinwirkt, dann ist dies für sich genommen nicht rechtswidrig oder auch nur „verdächtig“, sondern entspricht den gesetzlichen Vorgaben (vgl. Art. 10 Satz 2 BayVwVfG und § 10 Abs. 6a BImSchG). Die von den Antragstellern angeführten Verhaltensweisen und Tatsachen sind keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Besorgnis der Befangenheit einer der betroffenen handelnden Personen (Art. 21 BayVwVfG) oder für deren Ausschluss nach Art. 20 Abs. 1 BayVwVfG.

5. Bei der Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen ist schließlich zu bedenken, dass die Antragsteller durch den Weiterbau und den Betrieb der strittigen Anlagen nur wenig beeinträchtigt werden, wogegen den Beigeladenen durch den Baustopp erhebliche Verluste entstehen.

6. Soweit die Beigeladenen die Feststellung begehren, dass der – zunächst ohne Begründung bekanntgegebene – Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2015 eben wegen des Fehlens einer Begründung rechtsfehlerhaft gewesen sei, kommt eine solche Feststellung schon deshalb nicht in Betracht, weil der von den Beigeladenen geltend gemachte Fehler kein Rechtsverhältnis zwischen Beteiligten des Rechtsstreits (vgl. § 43 Abs. 1 VwGO) betrifft, sondern die vom Gericht zu beachtenden verwaltungsprozessualen Anforderungen an den formalen Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Den Antragstellern zu 1 und 2 bzw. zu 3 und 4 bzw. zu 5 und 6 gehören nach Aktenlage die als betroffen geltend gemachten Anwesen gemeinsam, so dass ihre Kostenhaftung als Gesamtschuldner sachgerecht ist. Alle drei „Antragstellergruppen“ haben beim Verwaltungsgericht ursprünglich jeweils ein Verfahren angestrengt, das sich gegen jeweils zwei Windkraftanlagen richtete; die Antragsteller zu 3 und 4 haben allerdings danach noch in einem separaten Verfahren gegen eine dritte Windkraftanlage Rechtsschutz begehrt. Das Verwaltungsgericht hat die anhängig gemachten vorläufigen Rechtsschutzanträge in sieben einzelne Verfahren (7 Windkraftanlagen) getrennt. Es handelte sich erstinstanzlich somit um vier separate Verfahren, von denen jeweils eines von den Antragstellern zu 1 und 2 bzw. den Antragstellern zu 5 und 6, die beiden weiteren aber von den Antragstellern zu 3 und 4 geführt wurden. Alle Verfahren sind hinsichtlich ihrer Bedeutung gleichwertig, auf die Zahl der bekämpften Windkraftanlagen kommt es nicht an (siehe sogleich zum Streitwert). Der auf die Antragsteller zu 3 und 4 entfallende Anteil an der Kostenmasse aller Verfahren ist daher mit 50%, der Anteil, der auf die aus den Antragstellern zu 1 und 2 sowie zu 5 und 6 bestehenden Rechtsgemeinschaften trifft, mit jeweils 25% anzusetzen.

Die Streitwertfestsetzung und die diesbezügliche Änderung der angefochtenen Beschlüsse beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 2.2.2 und 19.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013. Das Verwaltungsgericht ist zunächst – wie sich zwar nicht aus der Begründung der Streitwertentscheidung, aber aus der anteiligen Berechnung der festgesetzten Streitwerte ergibt – zutreffend vom Streitwert 15.000 € für die Drittanfechtungsklage gegen Windkraftanlagen ausgegangen. Die Zahl der bekämpften Windkraftanlagen ist hierbei grundsätzlich ohne Belang, weil die Störwirkung von Windkraftanlagen sehr verschieden und nicht ohne weiteres in Zahlen danach bemessen werden kann, wieviele Anlagen angegriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2015 – 22 C 15.984). Das Verwaltungsgericht hat aber alle sieben insgesamt bekämpften Windkraftanlagen als Einheit betrachtet und dabei außer Acht gelassen, dass drei verschiedene Rechtsgemeinschaften (nämlich die Antragsteller zu 1 und 2 bzw. zu 3 und 4 bzw. zu 5 und 6) jeweils mit ihren Anträgen ein eigenes Rechtsschutzziel verfolgt haben. Insoweit sind die drei zunächst anhängig gemachten Verfahren nicht als Rechtsschutzgesuch einer Rechtsgemeinschaft zu werten, sondern deren Streitwerte zu addieren (Streitwertkatalog Nr. 1.1.3). Zudem erscheint die Pauschalierung des Streitwerts ohne Rücksicht auf die Zahl der Windkraftanlagen auch in dem Fall nicht angebracht, dass – wie vorliegend die Antragsteller zu 3 und 4 – die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für einen Windpark zunächst nur in Bezug auf zwei der einzelnen Windkraftanlagen angreifen und danach ein separates vorläufiges Rechtsschutzverfahren wegen einer weiteren Anlage anhängig machen. Mit einem solchen Vorgehen haben sie zu erkennen gegeben, dass sie – über die zunächst bekämpften zwei Windkraftanlagen hinaus (für die nach dem obigen Ansatz im Klageverfahren ein Streitwert von 15.000 € angemessen wäre) – der weiteren Anlage eine zusätzliche Störwirkung beimessen.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Tenor

I.

Die Verwaltungsstreitsachen 22 ZB 14.1079 und 22 ZB 14.1080 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

III.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird bis zur Verbindung der beiden Verfahren auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1079 und auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1080, danach auf insgesamt 2,8 Millionen Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin beabsichtigt die Errichtung eines Windparks mit neun Windkraftanlagen (ab hier: WKA) und begehrt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windkraftanlagen (WKA 1, 2 und 9) sowie die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für sechs Windkraftanlagen (WKA 3 bis 8). Erstere sind Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1179, während letztere Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1180 sind. Vorbescheidsfrage ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit der WKA 3 bis 8, mit Ausnahme der Vereinbarkeit mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2011 beantragte die Klägerin zunächst die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für neun Windkraftanlagen auf den Grundstücken FlNrn. 255 (WKA 1), 112 (WKA 2), 248 (WKA 3), 200 (WKA 4), 209 (WKA 5), 206 (WKA 6), 147 (WKA 7), jeweils Gemarkung M., und FlNrn. 382 (WKA 8) sowie 358 (WKA 9), jeweils Gemarkung M.. Geplant sind eine Nabenhöhe von 140 m, ein Rotordurchmesser von 99,8 m und eine Gesamthöhe von ca. 190 m. Die Standorte liegen ca. 6 km südöstlich des Stadtgebiets der Beklagten. Im näheren Umkreis liegen kleinere Ortsteile bzw. größere Siedlungen der Nachbargemeinden.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 21. Februar 2012 die bezüglich der WKA 3 bis 8 gestellten Genehmigungsanträge nicht mehr aufrecht erhalten. Es solle im Wege eines Vorbescheids darüber entschieden werden, dass bei diesen Vorhaben sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und aus aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten erfüllt werden und dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften einschließlich der Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb dieser Anlagen nicht entgegenstehen, und zwar mit Ausnahme der artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Bezüglich der WKA 1, der WKA 2 sowie der WKA 9 hielt die Klägerin an ihrem Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung fest. Hilfsweise wurde auch diesbezüglich ein Antrag auf immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid gestellt, der im Klageverfahren nicht weiter verfolgt worden ist.

Mit Bescheid vom 27. März 2012 lehnte die Beklagte die gestellten Anträge umfassend ab. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, der Betrieb jeder der neun Windkraftanlagen sei nicht mit den bestehenden naturschutzrechtlichen Regelungen vereinbar, da Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 3 BNatSchG erfüllt würden. Dies gelte insbesondere bezüglich des Schwarzstorchs. Einer Genehmigung stehe für alle neun WKA die Ablehnung des Luftamts ... entgegen. Die Deutsche Flugsicherung habe diesem mitgeteilt, dass von militärischer Seite dringend empfohlen werde, der Errichtung der neun WKA nicht zuzustimmen. Die Wehrbereichsverwaltung Süd habe mitgeteilt, die US-Streitkräfte hätten vorgebracht, dass sie nach Erstellung der neun WKA die Flughöhen für ihre Luftfahrzeuge in dem betroffenen Gebiet aus Flugsicherheitsgründen anheben müssten. Dies hätten sie abgelehnt. Das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr habe deren Ablehnungsgründe anerkannt und die WKA 1 bis 9 abgelehnt.

Die Klägerin erhob Klagen zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg. Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteilen vom 13. Januar 2014 als unbegründet ab. Den strittigen Vorhaben stünden Belange der Verteidigung (der militärischen Flugsicherung) und Belange des Naturschutzes (Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot im Hinblick auf den Schwarzstorch) entgegen. Artenschutzrecht stehe als unüberwindliches Genehmigungshindernis auch der Erteilung eines Vorbescheids entgegen, obwohl die Klägerin Artenschutzrecht insofern ausgeklammert habe.

Die Klägerin hat in allen Fällen die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Verbindung der Verwaltungsstreitsachen beruht auf § 93 VwGO.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hervortreten (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Da die angefochtenen Urteile auf zwei selbstständig tragende Abweisungsgründe gestützt sind (Entgegenstehen von Belangen der Verteidigung einerseits und artenschutzrechtliches Tötungsverbot in Bezug auf den Schwarzstorch andererseits), kommt es darauf an, dass Zulassungsgründe hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe mit Erfolg dargelegt sind (vgl. z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m. w. N.). Die Darlegungen der Klägerin müssten also hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe die Zulassung der Berufung rechtfertigen. Dies ist der Klägerin jedoch im Hinblick auf keinen der vom Verwaltungsgericht angeführten Abweisungsgründe gelungen.

1. Die Klägerin hat bezüglich des Entgegenstehens von Belangen der Verteidigung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten dargelegt.

a) Die Klägerin macht geltend, dass die Zustimmung der Luftfahrtbehörden nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG als erteilt gelte, wenn sie nicht binnen zweier Monate nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werde. Diese Zustimmungsfiktion sei unwiderruflich und für die Genehmigungsbehörde verbindlich. Ein solcher Fall sei hier gegeben.

Das Verwaltungsgericht steht demgegenüber auf dem Standpunkt, dass es nicht sein könne, dass die Genehmigungsbehörde nach Eintritt der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG diesbezüglich keine Prüfungskompetenz mehr habe und bei Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen müsse, und dies angesichts der hohen Schutzgüter, die im Bereich der Luftsicherheit inmitten stünden. Letztlich bedeutet dies, dass im Interesse des Rechtsgüterschutzes nicht beide rechtlichen Annahmen gleichzeitig zutreffen können, die einer Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG und die einer diesbezüglich fehlenden Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde. Das Verwaltungsgericht weist insofern auf die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hin. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese zwar nicht widerrufen oder zurückgenommen werden, aber die Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde bleibt bestehen (BVerwG, U. v. 12.12.1996 - 4 C 24/95 -NVwZ 1997, 900).

Die Klägerin hat sich mit dieser beachtlichen Argumentation nicht hinreichend auseinandergesetzt und nicht dargelegt, wie der erforderliche Rechtsgüterschutz unter Zugrundelegung ihrer rechtlichen Annahmen sichergestellt werden könnte. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als auch dem von der Klägerin selbst angeführten Urteil des Rheinland-Pfälzischen Oberverwaltungsgerichts zu entnehmen ist, dass auch die Zustimmung der Luftfahrtbehörde nach § 14 Abs. 1 LuftVG im Streitfall einer gerichtlichen Inzidentprüfung zugänglich sein muss, falls ein Flugplatzbetreiber die Genehmigung einer gerichtlichen Kontrolle zuführt. Das Oberverwaltungsgericht verweist insofern zutreffend auf den Rechtscharakter der Zustimmung als Verwaltungsinternum, das weder vom Windkraftanlagenbetreiber noch vom Flugplatzbetreiber selbstständig angefochten werden kann (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 16.1.2006 - 8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844/845).

b) Die Klägerin stellt nicht in Frage, dass Belange der Verteidigung der Genehmigung einer Windkraftanlage entgegenstehen können und dass insofern ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum der Bundeswehr besteht. Die Klägerin wirft insofern lediglich die Frage auf, ob Belange der Verteidigung und ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum auch im Hinblick auf einen militärischen Flugplatz der US-Truppen in Deutschland geltend gemacht werden können. Eine hinreichende Darlegung von Zulassungsgründen ist im bloßen Aufwerfen einer Frage allerdings nicht zu sehen; der Vortrag eines schlüssigen Gegenarguments ist insofern erforderlich. „Darlegen“ bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr, als lediglich eine nicht näher spezifizierte Behauptung aufzustellen; es meint ein „Erläutern“, „Erklären“ oder ein „näher auf etwas Eingehen“ (vgl. BVerwG, B. v. 2.10.1961 - VIII B 78.61 - BVerwGE 13, 90/91; B. v. 9.3.1993 - 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825).

Die Klägerin macht geltend, dass hier für die Sicherheit des Luftverkehrs keine konkreten Gefahren bestünden, wie sie in § 14 Abs. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 LuftVG vorausgesetzt würden. Zwar dürfe bei einer Behinderung der An- und Abflugwege der auf dem Flughafen landenden und startenden Luftfahrzeuge die luftfahrtbehördliche Zustimmung verweigert werden, um unfallträchtige, die Allgemeinheit bedrohende Ausweichmanöver zu vermeiden. Im Hinblick auf die Privilegierung der Windkraftanlagen seien den Flughafenbetreibern aber auch weniger optimale bzw. risikoreichere Ausweichmöglichkeiten zuzumuten. Dies habe das Verwaltungsgericht nicht beachtet.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, im Bereich der Flugstrecken müsse nach den Vorgaben der militärischen Flugsicherung Hindernisfreiheit bestehen. Die Flugzeuge müssten sich mindestens 300 m über dem höchsten Hindernis bewegen; ein Instrumentenflugverfahren müsse so eingerichtet werden, dass ein Flugzeug in sicherem Abstand das Hindernis überfliegen könne. Für den Piloten seien die Anflugverfahren verbindliche Vorgaben. Nach den Stellungnahmen im Gerichtsverfahren sei bei der Realisierung der Windkraftanlagen die notwendige Hindernisfreiheit für die genannten Anflugverfahren in dem erforderlichen Abstand nicht mehr gegeben. Das Luftamt ... habe zuletzt mit Schreiben vom 6. März 2012 die luftfahrtbehördliche Zustimmung unter Berufung auf die gutachtliche Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung GmbH vom 27. Februar 2012 verweigert. Grundlage hierfür seien eine Neubewertung der Sachlage durch die US-Streitkräfte und das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr gewesen. Die Erläuterungen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 hätten die Richtigkeit dieser Neubewertung bestätigt.

Diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts wird durch den Vortrag der Klägerin nicht in Frage gestellt. Vor allem muss in diesem Zusammenhang der verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum der Bundeswehr beachtet werden. Danach obliegt es der Bundeswehr im Rahmen ihres verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums, das Gefährdungspotential einer Windkraftanlage für einen Militärflugplatz zu beurteilen. Die Gefahrenprognose ist nur dann rechtsfehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist (BVerwG, B. v. 5.9.2006 - 4 B 58/06 - Rn. 8). Dazu hat die Klägerin nichts Greifbares vorgetragen. Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (U. v. 16.1.2006 -8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844) und des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (U. v. 30.9.2009 -1 KO 89/07 - ThürVBl 2010, 104) befassen sich mit der Nutzung von Segelflugplätzen und sind daher für die Beurteilung von Militärflugplätzen unter Beachtung des verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums nicht einschlägig. Hinzukommt, dass bei Militärflugplätzen Flugbetrieb auch unter schlechten Sichtbedingungen (Nacht, Schlechtwetter) möglich sein muss.

c) Die Klägerin macht geltend, dass die durch ihr Vorhaben beeinträchtigten Flugverfahren unabhängig von ihrem Vorhaben angepasst werden müssten. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 vor dem Verwaltungsgericht (vgl. S. 5 der Niederschrift) habe der vom Beigeladenen beigezogene Oberstleutnant S. erläutert, dass eine Umstellung des Anflugverfahrens erfolgen müsse und werde. Das Verfahren werde aller Voraussicht nach noch im Jahr 2014 umgestellt. Mit Änderung des Verfahrens könne dem Vorhaben der Klägerin zugestimmt werden. Auf die Bauhöhe bezogen gebe es dann keine Probleme mehr.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass nicht verbindlich feststehe, ob und wann das Flugverfahren so geändert werde, dass die geplanten Windkraftanlagen keine problematischen Hindernisse mehr darstellen würden. Die Festlegung von Flugverfahren erfolge grundsätzlich gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c Sätze 1 und 2 LuftVG durch Rechtsverordnung. Die Verwaltungszuständigkeiten aufgrund des Luftverkehrsgesetzes würden gemäß § 30 Abs. 2 LuftVG für den Dienstbereich der Bundeswehr und, soweit völkerrechtliche Verträge nicht entgegenstünden, der stationierten Truppen durch Dienststellen der Bundeswehr nach den Bestimmungen des Bundesministeriums der Verteidigung wahrgenommen. Die Flugverfahren würden einen aufwendigen Entwicklungs-, Berechnungs- und Genehmigungsprozess durchlaufen. Sie seien nicht beliebig gestaltungsfähig. Nach einem aufwendigen Verfahren unter Berücksichtigung vieler Aspekte werde das Verfahren schließlich genehmigt, in Kraft gesetzt und gemäß international gültigen Standards publiziert. Ob das beabsichtigte Verordnungsänderungsverfahren tatsächlich ergeben werde, dass das bestehende Flugverfahren so geändert werde, dass die strittigen Windkraftanlagen der Klägerin künftig zugelassen werden könnten, sei trotz der positiven Aussagen des Vertreters der Luftwaffe in der mündlichen Verhandlung derzeit offen und von nicht abschätzbaren Prämissen und Planungsvorgängen abhängig.

Die Klägerin teilt diese Einschätzung nicht. Damit legt sie aber keinen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichlichen Urteils dar. Sie legt insbesondere nicht dar, dass das Verwaltungsgericht damit die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung überschritten hätte. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, kommt eine Zulassung der Berufung folglich nur dann in Betracht, wenn die Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 und 104 - Rn. 11 m. w. N.). Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hat die Klägerin nicht aufgezeigt; sie sind auch nicht erkennbar. Überdies hat das Luftamt ... unter dem 20. August 2014 mitgeteilt, die bisher begutachteten flugbetrieblichen Verfahren zum Militärflugplatz Grafenwöhr seien nach wie vor gültig (vgl. Schriftsatz des Beigeladenen vom 10.9.2014). Die Sach- und Rechtslage hat sich also auch nach der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts nicht geändert.

2. Abgesehen davon hat die Klägerin auch hinsichtlich des Verstosses gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) in Bezug auf den Schwarzstorch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten vorgetragen.

a) Die Klägerin macht geltend, beim Schwarzstorch handle es sich um keine Tierart, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken der strittigen Windkraftanlagen betroffen sei. Der sehr scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch weiche Windkraftanlagen aus. Kollisionen kämen dementsprechend kaum vor. Bis heute werde in der zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg von mehr als 500 Brutpaaren in Deutschland lediglich ein Schlagopfer geführt.

Das Verwaltungsgericht ist diesbezüglich zu dem Schluss gelangt, dass nicht im Sinne ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse feststehe, dass der Schwarzstorch nicht zu den kollisionsgefährdeten Vogelarten zähle. Es hat sich dabei auf den sog. Bayerischen Windkrafterlass (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2011) gestützt, der in seiner Anlage 2 nach wie vor davon ausgeht, dass der Schwarzstorch zu den gefährdeten Vogelarten zählt. Das Verwaltungsgericht hat auf Totfunde in Frankreich und insbesondere in Spanien und ungeklärte Altvogelverluste während der Aufzuchtzeit in Deutschland hingewiesen. Eine ausgesprochene Meidung der Windparks sei nicht immer beobachtet worden. Das Verwaltungsgericht hat die Einschätzung des Schwarzstorchs als kollisionsgefährdet durch den Bayerischen Windkrafterlass auch vor dem Hintergrund der geringen Anzahl der Brutpaare in Deutschland für gerechtfertigt gehalten.

Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag nicht die Grundlage entzogen. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 18. Juni 2014 (22 B 13.1358, Rn. 46 f.) den Schwarzstorch nicht als eine Tierart angesehen, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen betroffen ist. Dass das artenschutzrechtliche Tötungsverbot deshalb nicht verletzt sein könne, hat der Verwaltungsgerichtshof daraus aber nicht gefolgert. Dem genannten Urteil zufolge spricht zwar manches dafür, dass der scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch Windkraftanlagen ausweicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus aber nicht die von der Klägerin für richtig gehaltene Konsequenz gezogen, dass insofern das artenschutzrechtliche Tötungsverbot beim Betrieb von Windkraftanlagen nicht verletzt sein kann, sondern auf die erforderliche Ermittlungstiefe abgestellt. Er hat in dem genannten Urteil weitere behördliche Ermittlungen in Bezug auf die konkreten örtlichen Verhältnisse für erforderlich gehalten. Die Ausführungen der Klägerin geben keinen Anlass, von dieser Betrachtungsweise abzugehen. Zum einen ist ein ungewöhnlich starkes Betroffensein von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen nicht zwingend erforderlich. Ein solches Postulat kann insbesondere nicht aus dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2011 (9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149/163 - Rn. 99) abgeleitet werden. Diese Formulierung wird dort nicht gebraucht. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat es im Beschluss vom 21. März 2013 (2 N 154.12 - NuR 2013, 507/512) zwar im Hinblick auf das artspezifische Verhalten des Schwarzstorchs bei summarischer Prüfung als naturschutzfachlich vertretbar angesehen, dass die Genehmigungsbehörde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verneint. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch die gegenteilige Einschätzung naturschutzfachlich vertretbar sein kann. Eine solche gegenteilige naturschutzfachliche Einschätzung kann sich im vorliegenden Fall entscheidend auf die fachlichen Aussagen in Anlage 2 des sog. Bayerischen Windkrafterlasses stützen. Dort ist der Schwarzstorch ausdrücklich als kollisionsgefährdete Vogelart erwähnt. Diese Aussage ist bisher nicht aufgehoben oder modifiziert worden (entgegen ThürOVG, U. v. 14.10.2009 - 1 KO 372/06 - NuR 2010, 368/370). Den in diesem Windkrafterlass enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu (U. v. 18.6.2014 -22 B 13.1358 - Rn. 45). Dies ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit geboten. Hiervon darf nicht ohne triftigen fachlichen Grund abgewichen werden. Einen solchen hat die Klägerin angesichts der vom Verwaltungsgericht festgestellten Beobachtungen nicht dargelegt. Dass manche Beobachtungen für ein Ausweichverhalten des Schwarzstorchs sprechen, andere Beobachtungen aber eher nicht, ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BVerwG, U. v. 27.5.2013 - 4 C 1.12 -NVwZ 2013, 1411).

b) Die Klägerin macht weiter geltend, dass weder vor noch nach dem Bescheidserlass belastbar und nachvollziehbar dargelegt worden sei, dass innerhalb des 3 km-Radius um die strittigen Windkraftanlagen (Prüfbereich nach Anlage 2 des Bayerischen Windkrafterlasses) ein besetzter Schwarzstorchhorst vorhanden sei.

Das Verwaltungsgericht hat im Anschluss an die Genehmigungsbehörde festgestellt, dass alle streitgegenständlichen Windkraftanlagen in einem Radius von deutlich unter 3 km um den früheren Horst im Bereich des sog. Zimmet und um den nun bekannt gewordenen Horst östlich der geplanten Windkraftanlage 3 lägen. Die am weitesten entfernt liegende Windkraftanlage 9 liege nur ca. 1,7 bis 1,8 km von dem Horst entfernt, der in den Jahren 2012 und 2013 besetzt gewesen sei.

Die Klägerin vermochte diese Ausführungen in ihrem Zulassungsantrag nicht in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass sich die behördliche Einschätzungsprärogative auch auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten bezieht. Es gibt zwar rechtliche Grenzen, etwa in Bezug auf die erforderliche Ermittlungstiefe oder in Bezug auf die Methodik (BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274/297, Rn. 67). Die Klägerin hat in ihren Zulassungsanträgen aber nicht aufgezeigt, dass die rechtlichen Grenzen dieser Einschätzungsprärogative überschritten worden sind.

c) Soweit die Klägerin ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auch innerhalb des Mindestabstands von 3000 m um die strittigen Windkraftanlagen in Frage gestellt hat, ergeben sich hieraus ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Zum einen hat das Verwaltungsgericht durchaus anerkannt, dass auch bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen noch eine Einzelfallbeurteilung erforderlich ist. Bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen kommt es darauf an, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windkraftanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 -Rn. 50, unter Bezugnahme auf S. 42 des Bayerischen Windkrafterlasses). Das angefochtene Urteil steht dazu nicht im Widerspruch. Das Verwaltungsgericht hat in den angefochtenen Urteilen darauf hingewiesen, dass die Flugkorridore zu potentiellen Nahrungshabitaten auch durch die strittigen Windkraftanlagen betroffen seien.

Die Klägerin hat insofern zwar die Behauptung aufgestellt, dass die streitgegenständlichen Windkraftanlagen einen Flugkorridor für den Schwarzstorch zulassen würden. Sie hat aber nicht dargelegt, dass die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative zum gleichen Ergebnis hätte kommen müssen.

Die Klägerin hat ferner auf die Vorbelastung durch eine südlich der strittigen Windkraftanlagen verlaufende Hochspannungsfreileitung hingewiesen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Gefahren durch die strittigen Windkraftanlagen in deutlich größerer Höhe als die Gefahren durch die Hochspannungsfreileitung hervorgerufen werden würden; daher könne eine signifikante Risikoerhöhung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen werden. Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an dieser Betrachtungsweise rechtsfehlerhaft sein sollte.

Die Klägerin hat schließlich geltend gemacht, dass im Untersuchungsgebiet nur sehr wenige Flugbewegungen durch Schwarzstörche hätten festgestellt werden können, wie ihr Fachbeistand Dipl.biol. B. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 erklärt habe.

Die diesbezügliche Aussage des Fachbeistands der Klägerin lautet gemäß Seite 8 der Verhandlungsniederschrift: „Im südlichen Bereich der geplanten Windkraftanlagen sind bei ca. 170 Beobachtungsstunden nur sechs Flugbewegungen von den Altvögeln und drei nach dem Ausfliegen des Familienverbands registriert worden…. Die festgestellten sechs Flugbewegungen im Süden sind daher sehr wenig. Es hätten nach unserer Einschätzung ca. 165 Flugbewegungen im Gesamtbereich stattfinden können, d. h. bezogen auf unsere Beobachtungszeiten. Wir gehen daher davon aus, dass die Flugbewegungen woanders stattgefunden haben, d. h. im nördlichen oder östlichen Bereich, der nicht einsehbar war“.

Diese Aussagen stellen die von der Genehmigungsbehörde getroffene und vom Verwaltungsgericht gebilligte Gefahrenprognose nicht in Frage. Sie betreffen nämlich nur einen Teilbereich des strittigen Windparks, nämlich den südlichen. Die Beklagte weist insofern aber zu Recht darauf hin, dass sich das Brutgeschehen nach 2012 weiter nach Norden verlagert hatte.

d) Die Klägerin macht weiter geltend, es hätten von ihr vorgeschlagene Minderungs- und Vermeidungsmaßnahmen zum Zwecke der Verminderung des Tötungsrisikos unter die Signifikanzschwelle ergriffen werden können.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die Errichtung von künstlichen Brutstätten mehrere 1000 m vom natürlichen Brutplatz entfernt als aussichtslos gelte. Die Verbesserung des Fischangebots in Fließgewässern oder Bachausleitungen sei ebenfalls nicht erfolgversprechend. Außerdem könnten solche Maßnahmen dem Anlagenbetreiber nicht vorgeschrieben werden.

Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an diesen Erwägungen rechtsfehlerhaft sein könnte.

e) Die Klägerin macht schließlich geltend, die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen müsse als Ausnahmegrund im Sinn von § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, räumlich als zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses, angesehen werden. Es gehe um eine nachhaltige Energieversorgung durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien.

Das Verwaltungsgericht hat insofern auf den beantragten Standort abgestellt und dazu ausgeführt, dass derartige Gründe für den beantragten Standort nicht ersichtlich seien; auch sei das wirtschaftliche Interesse der Klägerin hierfür nicht ausreichend.

Die Klägerin hat weder dargelegt, warum diese von Pauschalierungen absehende standortbezogene Betrachtungsweise rechtswidrig sein sollte, noch aufgezeigt, weshalb das typischerweise vorhandene wirtschaftliche Interesse der Klägerin schlechthin ein zwingendes öffentliches Interesse darstellen sollte. Die Bezugnahme auf Seite 48 des Bayerischen Windkrafterlasses genügt insofern nicht, weil auch dort eine standortbezogene Betrachtungsweise befürwortet wird.

3. Besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) können entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht abgeleitet werden, weil die Rechtsprechung gerade aufgrund der Existenz dieser Unsicherheiten und in der Reichweite dieser Unsicherheiten bereits eine naturschutzfachliche Einschätzungprärogative anerkannt hat. Auf etwaige rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Widerruf oder der Rücknahme der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion kommt es nicht an, weil entscheidend die Erwägung des Verwaltungsgerichts ist, dass die Genehmigungsbehörde im Bereich der Luftsicherheit nicht sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen darf. Besondere rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Flugverfahren, die nach dem Vortrag der Klägerin mit Sicherheit zeitnah angepasst werden, können schon deshalb nicht bestehen, weil nach der von der Klägerin nicht erfolgreich angegriffenen Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts diesbezüglich keine verlässlichen Aussagen möglich sind. Die im Zusammenhang mit den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten sind aufgrund der Anerkennung einer naturschutzbehördlichen Einschätzungsprärogative nicht mehr entscheidungserheblich. Desgleichen sind Unsicherheiten über künftige Änderungen der Sachlage nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht entscheidungserheblich, weil es bei der Entscheidung über Verpflichtungsklagen auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ankommt.

4. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt angesichts der Darlegungen der Klägerin nicht in Betracht, weil die von ihr bezeichnete Frage der Widerruflichkeit oder Rücknehmbarkeit der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nicht entscheidungserheblich ist. Entscheidungserheblich ist vielmehr die Aussage des Verwaltungsgerichts, dass die Genehmigungsbehörde nicht sehenden Auges im Bereich der Luftsicherheit fehlerhaft entscheiden darf. Widerruflichkeit und Rücknehmbarkeit der Zustimmungsfiktion sind nicht der einzige Weg, um dieses Ziel zu erreichen.

5. Die Klägerin vermag auch keine Abweichung von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) darzulegen. Das Verwaltungsgericht ist von der bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB gerade nicht abgewichen, hat sie gerade nicht in Frage gestellt, sondern hat aus ihr lediglich nicht dieselben Schlüsse wie die Klägerin gezogen. Es hat die Übertragbarkeit des bezeichneten Urteils auf § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG verneint.

6. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Die Würdigung der Aussagen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowie der Aussagen des Fachbeistands Dipl.biol. B. kann nicht als überraschend in dem Sinne angesehen werden, dass ein kundiger Prozessbeteiligter mit derartigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts in den angefochtenen Urteilen nicht hätte rechnen müssen. Die Aussagen von Oberstleutnant S. wurden vom Verwaltungsgericht naheliegender Weise in einen rechtlichen Zusammenhang mit den Problemen eines Verordnungsänderungsverfahrens gestellt und dadurch relativiert. Die Aussagen von Dipl.biol. B. wurden vom Verwaltungsgericht erwartungsgemäß in einen Zusammenhang mit anderen vorliegenden naturschutzfachlichen Aussagen gestellt. Das Verwaltungsgericht hat zwar wohl seine Schlussfolgerungen aus den ihm vorliegenden Stellungnahmen mit den Beteiligten nicht im Einzelnen erörtert. Dies war aber auch nicht erforderlich, zumal diese Würdigung letztlich erst in der abschließenden Beratung vorgenommen werden kann (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 138 Rn. 148 m. w. N.).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte wie Vorinstanz.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 4 K 13.567

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 2. Juli 2015

4. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1021

Hauptpunkte:

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen (abgelehnt); Kollisionsgefährdete Vogelarten (Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Baumfalke); Signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos; Behördliche Einschätzungsprärogative; Heranziehung von umfangreichen Beobachtungen von Bürgern zusätzlich zu vom Betreiber vorgelegten Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass; Annahme von Horsten bzw. Revierzentren aufgrund von Indizien; Folge einer Unterschreitung des „engeren“ Prüfbereichs nach dem Windkrafterlass; Geeignetheit von Nahrungshabitaten nach Maßgabe des Windkrafterlasses; Keine „Berechnung“ des Tötungsrisikos an Hand einer „Formel“; Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahmen vom Betreiber konkret aufzuzeigen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

beigeladen: ...

bevollmächtigt: ...

wegen Vollzugs des Bundesimmissionsgesetzes (Windpark ...)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015

am 2. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen.

Mit Antrag vom 5. April 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 (Nabenhöhe: 138,38 m; Rotordurchmesser: 82 m; Gesamthöhe: 179,38 m) auf den Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ...

Den Antragsunterlagen war ein Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung beigefügt. Darin wurde ausgeführt, dass zu den prüfungsrelevanten Vogelarten im Radius von rund 200 m, 500 m und 1.000 m um das Vorhaben u. a. der Rotmilan gehöre. Dieser wurde mit dem Status „N“ gekennzeichnet, d. h. „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der näheren Umgebung“. Erhebungen hätten keinen Brutplatz des Rotmilans ergeben, weder im engeren Untersuchungsgebiet (1 km-Umgriff), noch bei den weiteren Waldgebieten bzw. Gehölzen in der näheren Umgebung. Dagegen werde stark ein Revierzentrum weiter im Nordosten wegen wiesenreicher Talgründe vermutet (Mindestentfernung rund 3 km). Das Gebiet befinde sich noch innerhalb des 6 km-Prüfkorridors hinsichtlich wichtiger Nahrungshabitate. Zwar träten auch im Gebiet westlich ... gelegentlich jagende Milane auf, doch stehe die pessimale Qualität der dortigen Agrarlandschaft in keinem Verhältnis zu dem genannten Gebiet weiter nordöstlich. Der Vorhabensbereich liege randlich dieses Territoriums. Ein regelmäßiges Aufsuchen von Feldfluren bei den geplanten Windkraftanlagen könne daher keinesfalls bestätigt werden und sei auch nicht zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit einer Kollision sei letztlich sehr gering einzuschätzen und in jedem Fall nicht signifikant.

Als für die Prüfung auszuschließen wurden u. a. der Wespenbussard und der Schwarzmilan bezeichnet. Bezüglich des Wespenbussards gebe es keinerlei Hinweise auf ein Territorium im Vorhabensbereich. Der Schwarzmilan sei auf Gewässergebiete angewiesen, letztlich sei also der Vorhabensbereich ohne Bedeutung für die Art. Ein gelegentliches Erscheinen im weiteren Umfeld sei möglich. Bezüglich des Baumfalken wurde festgestellt, dass im Jahr 2010 keine Bestätigung eines Vorkommens im näheren Umgriff des Vorhabens erfolgt sei. Nach amtlichen Angaben lägen die nächsten Brutvorkommen in ca. 6 bis 10 km Entfernung.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2012 teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, dass der Antrag ihrer Auffassung nach noch nicht vollständig sei und damit noch nicht abschließend beurteilt werden könne. Damit hätten auch die Fristen des BauGB zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens noch nicht zu laufen begonnen. Hilfsweise werde die Zurückstellung der Vorhaben nach § 15 Abs. 3 BauGB beantragt, da sie dem Inhalt des laufenden Verfahrens für die Änderung des Flächennutzungsplanes (Festlegung von Konzentrationsflächen für Windkraft) widersprächen.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 7. März 2013 stellte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin längstens für ein Jahr ab Zustellung gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB zurück.

Am 22. April 2013 ließ die Klägerin die vorliegende Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben.

Zur Begründung wurde zunächst ausgeführt: Die Klage sei gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig. Die Frist zur Entscheidung über einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag betrage im vereinfachten Verfahren gemäß § 10 Abs. 6a BImSchG längstens 3 Monate. Nunmehr stelle der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Basis eines mehr als 10 Monate alten Antrags der Beigeladenen zurück.

Die Klage sei auch begründet, da die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung habe. Die Antragsunterlagen seien vollständig und ausreichend.

Auf den ferner von der Klägerin gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellte das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 2. August 2013 (Au 4 S 13.909) die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage gegen den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 wieder her. Mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 (22 CS 13.1760) wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg zurück.

Mit Bescheid vom 7. März 2014 hob der Beklagte den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 auf. Nach insoweit erfolgter Teilerledigungserklärungen aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. April 2014 von dem vorliegenden Verfahren das Verfahren betreffend den Zurückstellungsbescheid abgetrennt, dieses unter dem Aktenzeichen Au 4 K 14.511 fortgesetzt und sogleich eingestellt.

Bereits mit Schriftsatz vom 14. März 2014 hatte die Klägerin im Hinblick auf die Aufhebung des Zurückstellungsbescheids nur noch beantragt, den Beklagten zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu verpflichten.

Hinsichtlich dieses Verpflichtungsantrags hatte der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. März 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die erhobene Untätigkeitsklage sei derzeit unzulässig, da ein sachlicher Grund bestehe, nicht über den Antrag der Klägerin zu entscheiden. Der Beklagte habe die Klägerin bereits zwei Mal auf die Notwendigkeit einer Ergänzung der artenschutzrechtlichen Prüfung hingewiesen. Zwischenzeitlich sei im Genehmigungsverfahren bezüglich drei Windenergieanlagen bei ... von Einwendern sehr umfangreiches und fundiertes Material vorgelegt worden. Dieses deute auf ein erheblich intensiveres Artenvorkommen, vor allem des Rotmilans und des Steinadlers, im direkten Umfeld des geplanten Baufeldes hin. Daher werde das Vorhaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht genehmigungsfähig gehalten. Es bestehe die Möglichkeit, die Genehmigungsbehörde mit einem ergänzenden Gutachten davon zu überzeugen, dass keine artenschutzrechtlichen Versagungsgründe vorlägen.

Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. April 2014, die artenschutzrechtlichen Fragen seien durch die von ihr vorgelegten Gutachten abschließend geklärt. Der Beklagte nehme nunmehr ungeprüfte Behauptungen einer Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen zum Anlass, weitere Unterlagen zur artenschutzrechtlichen Situation zu verlangen, obwohl die Datengrundlage und die Schlussfolgerungen der Bürgerinitiative fachlich als fragwürdig einzuschätzen seien. Gleichwohl habe sich die Klägerin entschieden, ein ergänzendes artenschutzrechtliches Gutachten in Auftrag zu geben, um das Verfahren nicht weiter zu verzögern.

Im Einverständnis aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2014 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2014 bat die Klägerin darum, das Verfahren wieder aufzunehmen und legte folgende Unterlagen vor: Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, Nachtrag 2014; Landschaftspflegerischer Begleitplan - Nachtrag; Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten; Ergebnisprotokoll Horstkontrolle.

Das Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) - Nachtrag 2014 führte in Bezug auf den Rotmilan Folgendes aus: Die Behauptung Ortsansässiger, aufgrund ihrer Beobachtungen seien im weiteren Umgriff der Anlagen zwei sichere und zwei mögliche Revierzentren vorhanden, sei angesichts des engen Beieinanderliegens der vermeintlichen Horststandorte (einmal rund 2 km, ansonsten höchstens ca. 1 km) mehr als fraglich. Zudem hätten die Ortsansässigen bei ihren Beobachtungen in dem relativ kleinen Landschaftsausschnitt im Falle mehrerer Paare wiederholt drei bis vier Milane sichten müssen. Es sei aus Sicht der Gutachter derzeit völlig unklar, wo sich ein Rotmilanhorst befinden solle. Das Untersuchungsgebiet werde offenbar lediglich von nahrungssuchenden Individuen beflogen, wobei die Landschaft aufgrund der intensiven Ackernutzung für den Rotmilan kein Optimalhabitat darstelle. Die betreffende Fortpflanzungsstätte könne durchaus weiter entfernt sein. Im Nahbereich der drei geplanten Windkraftanlagen seien 2014 bei insgesamt fast 60 Kontrollstunden nur sechs Flüge erfasst worden, wobei sich sogar nur zwei auf die eigentliche Risikozone bezögen. Die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich habe bei maximal rund 10 Minuten gelegen und damit deutlich unter 0,5% im Verhältnis zur gesamten Beobachtungszeit. Insofern sei ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko zu verneinen. Im Übrigen sei nach Studien eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr für den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde in dem Nachtrag zur saP ausgeführt: Hinweise auf einen Horststandort innerhalb des Prüfbereichs gebe es nicht. Ähnlich wie beim Rotmilan werde das Untersuchungsgebiet vom Schwarzmilan zwar auf Nahrungsflügen von Brutvögeln aus dem Umfeld durchflogen. Das Areal sei jedoch angesichts der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung nicht als günstiges oder gar optimales Habitat zu bewerten. Bevorzugte Gebiete seien offenbar das Tal der ... im Westen sowie die das ...- bzw. ... im Nordosten mit einem vergleichsweise hohen Grünlandanteil. Bei den Raumnutzungskontrollen 2014 seien insgesamt 30 Flugbewegungen registriert worden (an 12 der 21 Beobachtungstage), davon 13 in der Höhenstufe 80 bis 200 m. Nur vier dieser Aktivitäten erfolgten innerhalb eines Korridors von 250 m um die drei beantragten Anlagen. Damit liege - ähnlich wie beim Rotmilan - eine sehr geringe Aktivitätsdichte im Planungsbereich vor.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt, 2013 sei von Ortsansässigen ein besetzter Horst im Rodungsbereich für das Fundament bzw. die Kranstellfläche einer der Windenergieanlagen entdeckt worden. Auch 2014 sei dieses Nest wieder von einem Baumfalkenpaar genutzt worden. Die weitere Verfügbarkeit sei aber ungewiss, weil sich der Horst in einem Wirtschaftswald mit einem Bestand im hiebreifen Alter befinde. Außerdem sei die betreffende Fichtengruppe windwurfgefährdet. Generell unterliege die Lage von Revierzentren bei Baumfalken einer höheren Dynamik.

Überdies zeige sich, dass der Baumfalke im näheren Umgriff der drei Windenergieanlagen nicht regelmäßig jage. Dazu sei das Gebiet zu stark ausgeräumt. Hingegen könnten als nächst gelegene wichtige Nahrungshabitate der gesamte wiesenreiche Talraum der ..., das südlich gelegene Tal des ... sowie die Siedlungen ... und ... mit nahem Umfeld hervorgehoben werden. Bei den Untersuchungen 2014 sei der Baumfalke ab dem 17. April an jedem Beobachtungstag zu sehen gewesen. Für das gesamte untersuchte Gebiet hätten sich 35 Flugbewegungen ergeben. Lediglich drei von ihnen seien in der potenziell kritischen Höhe von 80 bis 200 m erfolgt. In Anbetracht der sehr geringen Flugbewegungen in kollisionsrelevanter Höhe, der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des jetzigen Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld erscheine die Realisierung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar. Überdies müsse beim Baumfalken generell mit einem vergleichsweise geringen Kollisionsrisiko ausgegangen werden, weil die von Windenergieanlagen ausgehenden Verwirbelungen eine erfolgreiche Beutejagd schwierig machten.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Ein aktueller Brutplatz habe nicht gefunden werden können. Lediglich beim südlich gelegenen ... in einer Entfernung von mindestens 1,6 km zu dem Vorhaben sei ein offenbar unbenutzter Horst entdeckt worden, jedoch sei unter anderem wegen fehlender Flugnachweise im nahen Umfeld nicht davon auszugehen, dass der Horst 2014 genutzt worden sei. Im gesamten Beobachtungsgebiet seien ab Mai 2014 insgesamt 31 Flugbewegungen an elf der 21 Termine festzustellen gewesen. Im potenziellen Gefahrenbereich von 250 m um die Windenergieanlagen sowie in einer Höhe von 80 bis 200 m seien an fünf dieser elf Tage Feststellungen zu verzeichnen gewesen. Die Aufenthaltsdauer habe - bereits deutlich nach oben gerundet - zusammen höchstens 30 Minuten betragen. Dies entspreche im Verhältnis zur gesamten Kontrollzeit einem Anteil von 0,8%. Nach einer Entscheidung des VG Würzburg werde die Signifikanzschwelle erst bei einem Anteil der Beobachtungszeit im Gefahrenbereich von 10% der Gesamtkontrolldauer erreicht.

In der Unterlage „Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten“ vom 13. Oktober 2014 wurde ausgeführt: Die Analyse sei von vier Beobachtungspunkten sowie zusätzlich durch „mobile Beobachtungen“ durchgeführt worden. Die Beobachtungspunkte 1 bis 3 seien mit der Unteren und der Höheren Naturschutzbehörde abgestimmt gewesen. Von diesen Beobachtungspunkten seien die Anlagenstandorte komplett oder jedenfalls im Risikobereich (Höhe ab 80 m) erfassbar gewesen. Zwischen dem 20. März und dem 20. August 2014 seien insgesamt 21 Beobachtungsgänge durchgeführt worden. Insgesamt seien 178,5 Stunden Beobachtungszeiten geleistet worden. Die nach dem Windkrafterlass geforderten Erfassungszeiten von mindestens 54 Stunden je Anlagenstandort seien bei weitem übererfüllt worden. Beobachtungen in einem Durchmesser von ca. 250 m um einen geplanten Anlagenstandort seien als relevante Flugbewegungen über dem Anlagenstandort gewertet worden.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt: Zwar sei unmittelbar am Standort der Windenergieanlagen ein besetzter Horst mit Jungvögeln vorhanden. Jedoch sei in Anbetracht der geringen Flugbewegungen im Risikobereich der geplanten Anlagenstandorte (nur drei Flüge über 80 m Höhe), der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld die Durchführung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar.

In Bezug auf den Rotmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (drei Standorte ohne Überflüge, drei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit zwei Überflügen) beobachtet worden seien, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Hinweise auf einen Horststandort im 1 km-Radius vorhanden seien, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (vier Standorte ohne Überflüge, zwei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit drei bzw. vier Überflügen) beobachtet wurden, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Horststandort im 1 km-Radius vorhanden sei, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Zwar gehöre er nach dem Windkrafterlass zu den kollisionsgefährdeten Arten. Die allgemeine Kollisionsgefährdung des Wespenbussards durch Windenergieanlagen sei aber nicht abschließend geklärt. Die Mehrzahl der Flugbeobachtungen sei außerhalb des Risikobereichs (zwischen 80 und 200 m) gelegen. Innerhalb des Risikobereichs seien die einzelnen Standorte zwischen null und sechsmal überflogen worden. Die summierten Überflugzeiten im Risikobereich je Anlagenstandort lägen zwischen 5 und 12 Minuten, dies entspreche einer Überflugrate von 0,3 bis 0,5% bezogen auf die Gesamtbeobachtungszeit. Die Gesamtüberflugszeit aller Standorte liege bei 53 Minuten bzw. 2,1% der gesamten Beobachtungszeit. Die Flüge über 80 m seien hauptsächlich bei Windstille bzw. schwachem Wind (Thermik) stattgefunden. Der Hauptteil der Balz-/Reviermarkungsflüge des Wespenbussards finde zwischen Mitte Juli und Mitte August statt. Ob sich die Art bereits dauerhaft im Untersuchungsgebiet als Brutvogel etabliert habe, sei nicht bekannt, da es beim Wespenbussard zu jährlich wechselnden Brutplätzen kommen könne. Daher sei nicht grundsätzlich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Ein Brutnachweis aus dem Untersuchungsgebiet liege nicht vor.

Die Unterlage „Ergebnisprotokoll Horstkontrolle vom 9. September 2014“ wies aus, dass eine Begehung gemeinsam mit einem Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde und einem Vertreter der von der Klägerin beauftragten Gutachter stattgefunden hatte. Bei ..., ca. 1 km südlich der Planungskulisse, sei ein Horst gefunden worden, in dem nach Angaben von ... Bürgern eine Brut des Wespenbussards 2014 stattgefunden haben solle. Jedoch habe der Horst einen, zumindest 2014, nicht besetzten Eindruck gemacht. Unter anderem sei er bei der Überprüfung völlig durchnässt gewesen. Es lasse sich nicht abschließend beurteilen, ob es sich dabei tatsächlich um einen Brutplatz des Wespenbussards handle. Jedoch erscheine es eher plausibel, dass der Nistplatz nur sporadisch als Wechselhorst vom Wespenbussard genutzt worden sei.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2015 legte der Beklagte eine naturschutzfachliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 vor. Daraus ergebe sich, dass sämtliche Windenergieanlagen nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter und kollisionsgefährdeter Arten geplant seien, so dass das Tötungsrisiko für besonders geschützte Arten signifikant erhöht sei. Daher sei die Klägerin mit Schreiben vom 7. Januar 2015 zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört worden.

Aus der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 ergab sich im Wesentlichen Folgendes: Sämtliche von der Klägerin - insbesondere also auch die nachgereichten - Unterlagen seien berücksichtigt worden. Hinsichtlich der von der Klägerin veranlassten Beobachtungen sei festzustellen, dass dies zwar zeitmäßig den Anforderungen des Windkrafterlasses genüge, jedoch seien die Beobachtungstage nach regelmäßigem Muster verteilt (einmal je Woche) und nicht je Aktivitätsphase gruppiert worden. Ferner seien die filmisch und kartografisch dokumentierten Beobachtungen von ... Bürgern aus den Jahren 2013 und 2014 berücksichtigt worden (für das Jahr 2014: insgesamt 1.018 Videofilme mit einer Gesamtdauer von 25 Stunden und 44 Minuten). Deren Hauptaugenmerk sei auf den Rotmilan gerichtet gewesen. Die Daten der ... Bürgern seien so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar gewesen, dass sie als ergänzende Daten hätten einbezogen werden können. Ferner hätten Beobachtungen und fachliche Einschätzungen durch Herrn ... vorgelegen.

Die Annahme in der von der Klägerin vorgelegten Raumnutzungsanalyse, dass der Rotmilan dauerhaft häufiger hätte zu beobachten sein müssen, wenn er hier ein Brutrevier hätte, erscheine plausibel, sei aber nicht zwingend. Wenn es sich hier - was nachvollziehbar sei - um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten. Nach den Filmen der Bürger aus dem Jahr 2014 sei eindeutig ein besetzter Wespenbussard-Horst mit Jungen belegbar.

Die Annahme, die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich müsse bei 10% der Beobachtungszeit liegen, sei zurückzuweisen. Dieser Wert könne unter normalen Umständen kaum erreicht werden (denkbar allenfalls im Nahbereich einer künstlichen Futterquelle, z. B. Deponie), ansonsten nur in Ausnahmefällen (frisch gemähte Wiese), dann jedoch nicht als Durchschnittswert. Es sei auch falsch, bei diffus über den Raum verteilten Nahrungsgebieten stets eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos zu verneinen. Bezüglich des Rotmilans sei nicht entscheidungsrelevant, ob ein oder vier Reviere vorlägen. Unzweifelhaft liege aufgrund eindeutiger Indizien wenigstens ein Brutplatz vor. Falsch sei auch die Annahme, dass wegen der Raumansprüche keine zwei Brutplätze gleichzeitig existieren könnten. Dies sei im fraglichen Raum ohne weiteres möglich. Die Aussage, ein Rotmilan-Brutplatz habe nicht übersehen werden können, sei sehr gewagt. Selbst erfahrene Vogelkundler würden immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht. Bezüglich des Baumfalken sei den Aussagen zum Gutachter der Klägerin zu widersprechen, dass es zu keiner Schädigung der Brutstätte komme. Der engere bisherige Nestraum werde dadurch geschädigt, dass das Bestandsensemble der Bäume völlig verändert werde. Die Gutachter führten selbst aus, dass Baumfalken bei Baumaßnahmen oft abwanderten und später zurückkehrten. Außerdem sei es fragwürdig, dass die Gutachter offenbar nicht einmal die unmittelbare Nestumgebung als kollisionsgefährdet einstuften.

Insgesamt habe die Untere und die Höhere Naturschutzbehörde eine deutlich abweichende Beurteilung. Daher habe eigene, auf Daten und Fakten basierende Beurteilung und Bewertung vorgenommen werden müssen, die Folgendes ergebe:

Das Gelände sei für Greifvögel, speziell Thermikgleiter, aufgrund der Topographie hoch attraktiv. Es sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung, des vorhandenen Restgrünlandes und anderer Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlenden Grünlandes, täusche.

Je ein besetzter Horst mit Bruterfolg habe für den Baumfalken und den Wespenbussard nachgewiesen werden können. Speziell die kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke kämen im Gebiet als stabile Brutvögel vor. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus der Zusammenschau aller Daten. Die sicher gefundenen und die höchst wahrscheinlichen Brutplätze lägen im Nahbereich von Anlagen des Windparks. Trotz eindeutiger Revieranzeigen der Aktivitäten habe beim Rotmilan zwar kein Horst nachgewiesen werden können. Aufgrund der eindeutigen Indizien werde jedoch von einem Rotmilan-Traditionsrevier ausgegangen. Es bestehe auch der begründete Verdacht eines Schwarzmilanhorstes am östlichen Rand des Tales der ... in etwa östlich von ....

Die von den ... Bürgern gelieferten ergänzenden Hinweise und Daten seien hinreichend substantiiert und daher beachtlich. Sie entsprächen in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses. Hingegen hätten die Gutachter der Klägerin nicht, wie in einer Kartieranleitung des LfU empfohlen, vormittags und nachmittags mit in etwa gleicher Intensität kartiert. Die Beobachtungen hätten sich daher nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen richten können. Einige wichtige Beobachtungen vor Ort seien damit wohl durch das zeitliche Raster gefallen.

Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Daten der Bürger und der von der Klägerin beauftragten Gutachter zu erhalten, sei bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ein Korrekturfaktor von 3,0 anzusetzen. Da umgekehrt bei den Bürgern die nötige Erfahrung und Routine mit Flugbeobachtungen begrenzt vorausgesetzt werden könne, werde bei deren Daten ein Abschlag von 20% angenommen. So ergäben sich für den Rotmilan insgesamt ca. 250 Durchflüge pro Jahr bezogen auf alle im Untersuchungsraum geplanten Windenergieanlagen.

Bezüglich der vorhandenen Nahrungshabitate sei festzustellen, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern dass diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien. Dies lasse ein diffuses Muster von Flugbewegungen über das gesamte Gebiet erwarten. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine etc. würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt.

Aus den Daten der ... Bürger ergebe sich ferner, dass hinsichtlich des Rotmilans Territorialflüge, Revierflüge, Balzflüge und Nahrungseintragungsflüge im Nahbereich (1.000 m um die Anlagen) nachgewiesen seien. Nach fachlichen Erkenntnissen sei von einer Brut auszugehen. Für den Wespenbussard bestehe ein starker Verdacht, dass sich neben dem gefundenen Horst ein weiteres Revier im Nordbereich des Waldes befinde.

Lege man diese Erkenntnisse einer Bewertung nach dem Windkrafterlass zugrunde, ergebe sich, dass bei Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke ein Revierzentrum jeweils im 1 km-Umkreis vorliege. Aus dem Windkrafterlass ergebe sich die Regelvermutung, dass bei Unterschreitung dieses Abstands die Artenschutzanforderungen nicht gewahrt seien, es sei denn es werde nachgewiesen, dass die Flugaktivitäten in diesem Radius so seien, dass die Vögel mit den Windenergieanlagen nicht in Kontakt kämen. Da bei allen drei Arten davon auszugehen sei, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Bereiche der Windenergieanlagen gebe, sei diese Vermutung nicht widerlegt.

Gesichert sei, sowohl nach den Daten der Bürger als auch den Daten der Gutachter der Klägerin, dass alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden. Ferner bestünden mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei Wespenbussard-Reviere, nämlich der 2014 im Süden gefundene sowie eines im Nordwesten des Untersuchungsraumes. Sicher bestehe auch ein Rotmilanrevier. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Dieses Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen. Der Baumfalke habe seinen Nestplatz an einer markanten randlichen Waldstruktur, die seinen Nistplatzansprüchen in optimaler Weise entspreche. Der Bau der unmittelbar dort gelegenen Windenergieanlage bedeute den Verlust bzw. die Entwertung dieses Nisthabitates bzw. eine permanente Tötungsgefahr durch den Rotorkontakt. Für den Rot- und Schwarzmilan stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimalen Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum dar.

Betrachte man überdies das Kollisions- und Tötungsrisiko mittels eines konservativen Ansatzes, sei bei mehr als 15 Durchflügen pro Jahr bzw. einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer im Risikobereich von mehr als 30 Minuten pro Jahr eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos gegeben. Ziehe man die Daten der Gutachter der Klägerin und der ... Bürger, letztere mit einem Korrekturfaktor von 0,20, heran, ergebe sich, dass diese Schwelle des bezüglich des Wespenbussards bei allen drei Anlagen, bezüglich des Rotmilans und des Baumfalkens bei zwei Anlagen und bezüglich zusätzlich des Schwarzmilans bei einer Anlage erfüllt sei. Daher sei im Ergebnis keine Anlage genehmigungsfähig.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. April 2015 legte die Klägerin zwei weitere Unterlagen vor: Die „Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen Artenschutzfachlichen Prüfung (saP) für den geplanten Windpark ...“ vom 24. April 2015 sowie eine „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde, Landratsamt ...“ vom 7. April 2015. Hierin werde nachvollziehbar dargelegt, dass die seitens des Beklagten geltend gemachten Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht durchgreifen würden.

In der Unterlage zur Vollständigkeitsprüfung der saP wurde gegen das Argument des Beklagten, die Beobachtungstage seien nach regelmäßigem Muster und nicht nach Aktivitätsphase gruppiert worden, eingewendet, es seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan lokalisiert worden, an denen eine Aktivitätsphase hätte festgemacht werden können. Im Rahmen der dreijährigen Untersuchung seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan im Umkreis von 1 km um die Standorte der Windenergieanlagen nachgewiesen worden. Nur die Kenntnis eines Horststandort aber, der als Brutplatz dient oder gedient habe, könne als mögliche Grundlage für die Anwendung von Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass herangezogen werden.

Die Frage der Aufenthaltswahrscheinlichkeit einer Vogelart lasse sich nur mit einer zeitlichen Bezugsgröße ermitteln. Der Beklagte habe selbst festgestellt, dass eine solche Größe mit der Beobachtungsdauer von 54 Stunden pro Beobachtungspunkt vorliege. Bei den Daten der ... Bürger liege eine solche Gesamtbeobachtungsdauer nicht vor. Überdies sei die vom Beklagten vorgenommene Auflistung der durchschnittlichen Beobachtungen pro Kartiertag und der durchschnittlichen Zahl der Durchflüge pro Kartiertag, um daraus den Anteil der Durchflüge an den Beobachtungen in Prozent zu errechnen, weder aus mathematischer noch aus ökologischer Sicht der zu berücksichtigenden Arten geeignet, eine zeitliche und/oder räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu ermitteln. Vielmehr hätte der Beklagte prüfen müssen, welchen Zeitanteil der Dauerkartiertage der ... Bürger die Nutzung des möglichen Kollisionsbereichs im Verhältnis zur Nutzung der anderen nicht kollisionsgefährdeten Bereiche einnehme. Die Feststellung des Beklagten, dass eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos vorliege, entbehre somit jeglicher Grundlage.

Bezüglich des Baumfalken sei festzustellen, dass dieser im engeren Umfeld des geplanten Windenergiestandortes (Abstand geringer als 1.000 m) brüte. Für den Baumfalken sei jedoch aufgrund seiner hervorragenden sehphysiologischen Eigenschaften ein Kollisionsrisiko so gut wie auszuschließen, auch wenn hierzu sehr vereinzelt Nachweise vorlägen. Als Vermeidungsmaßnahme komme die Anlage von künstlichen Nisthilfen in Betracht, wenn gleichzeitig die Horste aus dem näheren Umfeld des Planungsraums entfernt würden. Hinzutreten könne eine Ausnahmeregelung nach § 45 BNatSchG.

Der Wespenbussard brüte innerhalb des 1.000 m-Radius um die Windenergieanlage. Die saP vermittle eventuell den Eindruck, dass der Wespenbussard fast ausschließlich den Planungsraum als Nahrungs- und Flughabitat nutze. Dieser Eindruck sei gegebenenfalls zu entkräften, andernfalls komme ein Ausnahmeantrag gemäß § 45 BNatSchG in Betracht.

Die Unterlage „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ setzte sich ausführlich mit deren Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 auseinander. Zusammengefasst ergebe sich folgendes: Die Einschätzung des Beklagten, das Gelände sei für Greifvögel hoch attraktiv bzw. ein günstiger Lebensraum, beruhe auf rein theoretischen Betrachtungen. Die vom Beklagten genannten Eigenschaften seien ganz typisch für das gesamte schwäbische und das angrenzende oberbayerische Hügelland. Es handle sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der ... im Westen sowie das ... im Nordosten würden vom Beklagten dagegen nicht betrachtet.

Bezüglich des Rotmilans erkenne der Beklagte an, dass im Juni und Juli 2013 und 2014 nur sehr wenige Exemplare im Planungsgebiet hätten beobachtet werden können. Dies sei ein deutliches Indiz, dass das Untersuchungsgebiet in dieser Zeit keine ausreichende Nahrung biete und dass sich im Planungsgebiet kein Brutrevier befinde. Der Beklagte habe entgegen einer Gesamtwürdigung der saP ein eigenes Gutachten erstellt, mit einer sehr zweifelhaften, nicht wissenschaftlich belegten Methode Jahresdurchflugszahlen berechnet und habe einen eigenen Schwellenwert für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko festgelegt, der nicht begründet sei. Ohne Rechtfertigung verwerfe der Beklagte eine nachvollziehbare und gerichtlich überprüfte Methode zur Bewertung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos (Urteil des VG Würzburg). Stattdessen berechne der Beklagte mit einer eigenen, nicht nachvollziehbaren Methode das Tötungsrisiko, so dass bereits ein beobachteter Überflug eines einzelnen Rotmilans über einer Windenergieanlage ausreiche, um ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszulösen.

Entgegen der Kritik des Beklagten sei die Raumnutzungsanalyse entsprechend dem Bayerischen Windkrafterlass vollumfänglich durchgeführt worden. Die Beobachtungszeiten, die geforderten Aktivitätsphasen und die entsprechenden Tageszeiten und Witterungsbedingungen seien uneingeschränkt beachtet worden. Die vom Beklagten zitierte Kartieranleitung des Landesamts für Umwelt beziehe sich auf die Methoden für Revierkartierungen und Populationserfassungen und unterscheide sich damit grundsätzlich von den Raumnutzungsanalysen nach dem Windkrafterlass.

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten die Daten der ... Bürger selbst ausgewertet. Danach ergebe sich, dass nicht nachweisbar sei, wann die Videodateien tatsächlich erstellt worden seien. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verortung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Eine exakte Auswertung in Bezug auf Durchflüge, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, sei deshalb nicht möglich.

Die Aussage des Beklagten, im Gebiet sollten speziell Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke als stabile Brutvögel vorkommen, sei durch Daten keinesfalls untermauert. Belegbar seien nur ein Brutplatz des Baumfalken in den Jahren 2013 und 2014 sowie der Brutplatz eines Wespenbussards im Jahr 2014, dessen Raumnutzung allerding im Wesentlichen außerhalb des Planungsgebiets liege. Trotz intensiver Nachsuche sei weder 2013 noch 2014 der Nachweis einer Rotmilanbrut bzw. eines Horstes gelungen.

Unzutreffend sei auch die Abgrenzung der Brut- und Nahrungsreviere. Die Raumnutzungsanalyse und die Beobachtungen der Bürger ließen nur bedingt Schlüsse zu abgrenzbaren Revieren zu. Beim Wespenbussard und Rotmilan sei das Nahrungsrevier nur näherungsweise in Kreisform mit einem willkürlich gewählten Revier im Mittelpunkt abgegrenzt worden. Es werde nicht erläutert, auf welcher Grundlage die Nahrungs- und Brutreviere abgegrenzt worden seien. Wesentliche weitere potentiell geeignete Nahrungshabitate fehlten in der Darstellung des Beklagten. Es werde der Eindruck erweckt, dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Dem gefundenen Wespenbussardhorst habe der Beklagte schon selbst kein Nahrungsrevier im Planungsgebiet zugeordnet. Zu Unrecht seien dem Baumfalkenhorst nur weit entfernte Nahrungshabitate zugeordnet worden, um Überflüge der Standorte zwischen Horst und Nahrungshabitaten zu belegen.

Bezüglich der Berechnung des Kollisionsrisikos sei die Annahme des Beklagten nicht belegt, dass bei 15 Jahresdurchflügen von einer definitiven Richtschnur für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszugehen sei. Der Beklagte habe nicht anhand der Beobachtungstage auf das ganze Jahr hochrechnen dürfen. So seien die Beobachtungen bei günstigen Witterung- und Tageszeiten durchgeführt worden. Bei schlechtem Wetter sowie in den frühen Morgen- und Abendstunden fänden deutlich weniger Flugbewegungen statt. Es seien nicht die tatsächlichen Beobachtungszeiten einbezogen worden, sondern es seien, unabhängig davon wie lange und mit wieviel Personen die ... Bürger beobachtet hätten, ganze Tage hochgerechnet worden.

Der Beklagte habe die durchschnittlichen Jahres-Anwesenheitszeiten der einzelnen Arten für die Berechnung der Jahresdurchflugwerte deutlich zu hoch angesetzt. Die vom Beklagten verwendeten Korrekturfaktoren seien nicht nachvollziehbar und würden von ihm selbst nicht einheitlich verwendet.

Der Beklagte habe die Daten der ... Bürger unkritisch verwendet, ohne deren fachliche Eignung zu hinterfragen. Die Flugbewegungen seien nicht exakt den Anlagenstandorten zuzuordnen, die Karteneintragungen seien häufig falsch oder sehr ungenau vorgenommen worden. Schließlich habe der Beklagte im Widerspruch zum Windkrafterlass den Baumfalken und den Wespenbussard als störungsempfindliche Arten eingestuft.

Bezüglich des Baumfalkenhorsts sei überdies zu bemerken, dass der betreffende Waldbereich aus forstwirtschaftlichen Gründen zwischenzeitlich geerntet worden sei. Der Horstbaum sei nicht mehr vorhanden.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 lehnte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin ab. Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Der Tatbestand des Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei bei Verwirklichung des Vorhabens erfüllt. Das Tötungsrisiko sei für Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht. Dies ergebe sich aus den Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 und deren aktueller Stellungnahme vom 17. Juni 2015.

Diese aktuelle Stellungnahme führte im Wesentlichen aus: Die Unterlagen der ... Bürger seien als Tatsachennachweis in die Wertung der Unteren Naturschutzbehörde mit eingeflossen und stünden berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen. Ihre Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) von der Naturschutzbehörde einer angemessenen, sorgfältigen Stichprobenprüfung unterzogen worden. Dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können.

Die Gutachter der Klägerin hätten die Prüfbereiche außerhalb des 1-km-Bereichs nicht bearbeitet. Es handele sich jedenfalls um deutlich mehr als nur vereinzelte Durchflüge kollisionsgefährdeter Arten durch den Gefahrenbereich der Anlagenstandorte. In Ermangelung einer anerkannten Methode zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos habe sich die Untere Naturschutzbehörde diese im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative selbst erarbeitet. Da die ... Bürger häufiger nachmittags, die von der Klägerin beauftragten Gutachter jedoch überwiegend vormittags beobachtet hätten, habe sich durch die Daten der Bürger ein etwas anderes Bild ergeben. Die Beobachtungen der ... Bürger seien daher wesentlich ergänzende Fachdaten.

Auch wenn die landschaftliche Ausstattung und die Geländemorphologie einschließlich der vorhandenen Strukturen für große Teile der gesamten Aindlinger Terrassentreppe zuträfen, sei festzuhalten, dass für den Rotmilan relevante Strukturelemente jedenfalls vorhanden seien. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten hauptsächlich am Vormittag beobachtet, daher fehlten Ganztagsbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase. Bezüglich der Daten der ... Bürger sei sich die Untere Naturschutzbehörde bewusst, dass Unsicherheiten unvermeidlich seien. Daher sei ein Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt gehalten worden. Dass der Rotmilan bevorzugt das Tal der ..., das ... und das ... nutzen würde, sei eine nicht belegte Vermutung. Jedenfalls besiedelten Rotmilane nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen. Bezüglich des Wespenbussards sei der Horst mit Jungenaufzucht eindeutig belegt. Es sei erstaunlich, dass die Gutachter der Klägerin diesen nicht gefunden hätten bzw. versuchten, diesen als unbenutzt darzustellen. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass weiter nördlich von diesem Horst ein zweites Revier liege. Der von der Naturschutzbehörde bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter vorgenommene Zuschlag spiegle einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung wider. Dies sei für die notwendige vergleichende Betrachtung angezeigt gewesen. Der Behauptung, da kein für den Rotmilan typischer Horst gefunden worden sei, liege kein Rotmilanrevier vor, müsse widersprochen werden. Wie der nicht entdeckte Wespenbussardhorst beweise, sei die Horstsuche ganz offensichtlich mangelhaft gewesen. Auch sei die Horstsuche nur über ausgesuchte Teilbereiche des Untersuchungsgebiets erstreckt worden, eine flächendeckende Horstsuche sei aber nicht erfolgt.

Wenn die Naturschutzbehörde das vermutete Revierbereich dargestellt worden, sei dies nicht so zu verstehen, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Es sei lediglich ein Bereich abgegrenzt worden, in dem sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte. Bezüglich der Beseitigung des Baumes, in dem sich der Horst des Baumfalken befunden habe, sei davon auszugehen, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage, z. B. ein altes Krähennest, nutzen werde. Damit sei weiterhin ein bestehender Baumfalkenbrutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen.

Die Hochrechnung auf ganze Tage sei sowohl bei den Gutachtern der Klägerin als auch bei den Bürgern erfolgt. Diese seien also gleichbehandelt worden.

Die Zahl von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage ergebe sich daraus, dass dann jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gemäß dem Windenergieerlass gesprochen werden könne. Dieser Wert sei jedenfalls nicht willkürlich, da der Windkrafterlass keine Konkretisierung enthalte. Wenn von Durchflug gesprochen werde, sei dies mit der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich gleichzusetzen.

Es sei unzutreffend, dass die Untere Naturschutzbehörde die Daten der ... Bürger unkritisch und ohne Überprüfung übernommen habe. Der umfangreiche Datenpool der ... Bürger sei als ergänzende Unterlage, nicht jedoch anstelle der Kartierdaten der von der Klägerin beauftragten Gutachter verwendet worden.

Auch wenn Horststandorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne, sei es fachlich vertretbar, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden.

Im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom 18. Juni 2015 beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2015,

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin eine Genehmigung gem. § 4 BImSchG zur Errichtung und Betrieb von 3 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern auf den Grundstücken Fl.Nrn. ..., ... der Gemarkung ... (Windpark ...) gemäß ihrem Antrag vom 5. April 2012 zu erteilen.

In der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 beantragte die Klägerin hilfsweise,

unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 18. Juni 2015 erneut den Antrag der Klägerin vom 5. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden.

Beklagter und Beigeladene beantragten in der mündlichen Verhandlung,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung noch einen Anspruch darauf, dass ihr Genehmigungsantrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschieden wird. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, weil ein Versagungsgrund i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorliegt. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsgebot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Artenschutzrechtliche Verbote i. S. d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 3 und 6).

Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es u. a. verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dieser Tatbestand erfüllt, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 - juris Rn. 219). Umgekehrt wird gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht verstoßen, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung jedenfalls aufgrund von Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich verbleibt, der mit einem Vorhaben in Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, das einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Genehmigungsbehörde bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch insoweit seine Rechtsprechung für Planfeststellungsverfahren auf die Genehmigung von Windenergieanlagen übertragen (grundlegend BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 14). Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative - worauf im vorliegenden Verfahren besonders hinzuweisen ist - sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Hiervon geht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 43 [bestätigt durch BVerwG, B.v. 16.9.2014 - 4 B 48/14 - juris]; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - juris Rn. 22 ff.; BayVGH, B.v. 27.5.2015 - 22 CS 15.485 - juris Rn. 21).

Die behördliche Einschätzungsprärogative hat zur Folge, dass die Annahmen der Genehmigungsbehörde einer nur eingeschränkten Kontrolle zugänglich sind. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 65). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 16). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich allerdings nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz vorschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 19).

Für die Genehmigung von Windkraftanlagen in Bayern ist zudem - auch für das gerichtliche Verfahren - der sog. „Windkrafterlass“ (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen; Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) vom 20. Dezember 2011 zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei dem Windkrafterlass um ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, von dem auch angesichts der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden darf (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 18.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 44).

Nach diesen Maßstäben erweisen sich die beantragten Windenergieanlagen wegen Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots als nicht genehmigungsfähig.

Der Beklagte hat die Ablehnung des Genehmigungsantrags (Bescheid vom 18.6.2015) damit begründet, dass das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht würde. Er hat auf die entsprechenden Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 sowie auf deren - auf die Einwendungen der Klägerin abgegebene - Stellungnahme vom 17.Juni 2015 Bezug genommen. Die Untere Naturschutzbehörde ist zu dem Ergebnis gelangt (Stellungnahme vom 23.12.2014, S. 27), dass in Bezug auf die Windenergieanlage 1 (d. h. die am weitesten westlich gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Wespenbussard, in Bezug auf die Windenergieanlage 2 (d. h. die „mittlere“ der drei Anlagen) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Baumfalken und den Wespenbussard und in Bezug auf die Windenergieanlage 3 (d. h. die am östlichsten gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Schwarzmilan, den Wespenbussard und den Baumfalken jeweils signifikant erhöht ist. Diese Beurteilung des Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Bei sämtlichen vier vom Beklagten aufgeführten Vogelarten kommt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsrisiko nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Betracht, weil es sich um besonders kollisionsgefährdete Arten handelt. Diese Annahme ist von der Einschätzungsprärogative des Beklagten gedeckt und deshalb für die Prüfung zugrunde zu legen. Die Klägerin zieht dies zwar in mehrfacher Hinsicht in Zweifel. So soll eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr in Bezug auf den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen sein (Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung - Nachtrag 2014, S. 31). Bezüglich des Baumfalken sei ein „vergleichsweise geringes Kollisionsrisiko plausibel“ (a. a. O., S. 42). Der Baumfalke werde nach einem Leitfaden der Europäischen Kommission nicht als kollisionsgefährdet eingestuft (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 4). Ein Kollisionsrisiko mit Windenergieanlagen sei für Baumfalken wegen dessen hervorragender sehphysiologischer Eigenschaften so gut wie auszuschließen (Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark St. vom 24.4.2015, S. 4). Auch der Wespenbussard werde von der Europäischen Kommission sowie der Länderarbeitsgemeinschaft der Deutschen Vogelschutzwarten nicht als kollisionsgefährdet gelistet (a. a. O., S. 10).

Dass hingegen die Einstufung der genannten Vogelarten als kollisionsgefährdet naturschutzfachlich nicht vertretbar ist, wird von der Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Der Beklagte konnte und musste sich vielmehr entscheidend auf die fachlichen Aussagen des Windkrafterlasses (S. 41 i. V. m. dessen Anlage 2) stützen (so in Bezug auf eine unterschiedliche Beurteilung der besonderen Kollisionsgefährdung des Schwarzstorches BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Die Beurteilung des Beklagten in Bezug auf die Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots ist auch nicht deshalb rechtlich fehlerhaft, weil er neben den (nicht: an Stelle der) von der Klägerin vorgelegten naturschutzfachlichen Unterlagen auch die ihm von Seiten der ... Bürger übermittelten Unterlagen, insbesondere deren Beobachtungen, einbezogen hat.

Die Pflicht des Antragstellers, die notwendigen Unterlagen für die Genehmigung beizubringen, berührt nicht die Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG). Im Rahmen dieser Pflicht steht die Auswahl der Beweismittel im Ermessen der Behörde (Art. 26 Abs. 1 BayVwVfG), das durch Verwaltungsvorschriften ausgefüllt werden kann (Jarras, BImSchG, § 10 Rn. 44). Nach dem Windkrafterlass (S. 41) sind ergänzende Hinweise auf Vorkommen u. a. der in Anlage 2 Spalte 1 als kollisionsgefährdet aufgeführten Vogelarten im Verfahren, z. B. durch fachkundige Dritte, nur, aber eben dann beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Zwar betrifft diese Aussage nur das „generelle“ bzw. das „ob“ des Vorkommens der Arten. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bei der konkreten Prüfung der Verbotstatbestände gemäß dem Windkrafterlass (d. h. bei der Frage des „wo“ und des „wie häufig“ der Vorkommen) Hinweise und Beobachtungen Dritter außer Acht bleiben müssten. Substantiierte Einwendungen betreffend die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen oder Einwendungen, die über diese Unterlagen hinaus gehen, können bzw. - je nach Maß der Substantiierung müssen - in Erfüllung der Amtsermittlungspflicht von der Behörde mitberücksichtigt werden. Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote eingreifen, setzt nämlich eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im fraglichen Bereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2008 - 9 VR 9/07 - juris Rn. 31). Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Behörde dabei nicht auf Unterlagen Dritter zurückgreifen dürfte. Vielmehr kann die Außerachtlassung solchen Materials rechtlich fehlerhaft sein, denn die Behörde überschreitet den Rahmen der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative unter anderem dann, wenn ihre Ermittlungstiefe nicht ausreichend ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 20).

Angesichts dessen sind die Vorgaben in Anlage 6 zum Windkrafterlass („Hinweise zur Erfassungsmethode Vögel“) nicht in dem Sinne abschließend, dass, selbst wenn diese eingehalten wurden, Unterlagen und Materialien Dritter von der Behörde nicht mit in die Beurteilung einbezogen dürften. Jedenfalls ist bei Vorliegen substantiierten Materials Dritter der Anwendungsbereich für eine fachlich begründete Abweichung vom Windkrafterlass eröffnet.

Davon abgesehen ist der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass auch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen über das Vorkommen geschützter Vogelarten und deren Flugbewegungen nicht vollständig mit dem Windkrafterlass in Einklang stehen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass bei der Klägerin offenkundig einige wichtige Beobachtungen durch das zeitliche Raster gefallen seien, weil sich die Beobachtungen nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen gerichtet hätten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Der Beklagte hat diese Aussage dahingehend präzisiert, dass Ganztagesbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase fehlten, so dass fachlich kaum beurteilt werden könne, wie repräsentativ die hauptsächlich aus den Vormittagsstunden stammenden Daten tatsächlich seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat den Ausgangspunkt dieser Überlegungen in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage gestellt. Die von ihr beauftragten Gutachter haben vielmehr selbst angegeben, dass der Großteil ihrer Beobachtungen vormittags ab 9.00 Uhr, in geringeren Maße nachmittags ab 12.00 Uhr stattgefunden hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18).

Zwar enthält Anlage 6 zum Windkrafterlass über die Verteilung der Beobachtungsdauer - neben der allgemeinen Vorgabe von „etwa drei Stunden pro Tag“ - keine näheren Angaben. Allerdings müssen sich die Beobachtungszeiten - wie vom Beklagten gefordert - nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der entsprechenden Arten richten (warmes Wetter, gute Thermik-/Flugbedingungen; Windkrafterlass, S. 46). Lagen die Beobachtungszeiten nach eigenen Angaben der von der Klägerin beauftragten Gutachter schwerpunktmäßig am Vormittag ab 9.00 Uhr, konnte der Beklagte davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen das vom Windkrafterlass vorausgesetzte repräsentative Bild an Flugbewegungen nicht vollständig zeichnen konnten.

Im vorliegenden Fall spricht für die Verwendung des von den Bürgern vorgelegten Materials zudem maßgeblich, dass die Unterlagen der Bürger jedenfalls begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlagsensibler Arten lieferten, so dass nach den ausdrücklichen Vorgaben des Windkrafterlasses weitergehende Kartierungen vor Ort, wie sie im Auftrag der Klägerin im Laufe des Jahres 2014 durchgeführt wurden, erforderlich waren (S. 41 des Windkrafterlasses). Diese Untersuchungen haben deutlich andere Ergebnisse gezeigt als die ursprünglich von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (deutlich mehr Beobachtungen beim Rotmilan; Beobachtungen bezüglich der drei anderen vom Beklagten genannten Vogelarten; Horste eines Baumfalken sowie - mittlerweile unstreitig - eines Wespenbussards). Hat aber erst das von den Bürgern übermittelte Material dazu geführt, dass überhaupt die erforderlichen (weiteren) Untersuchungen durchgeführt wurden, so wäre es kaum nachvollziehbar gewesen, wenn der Beklagte dieses Material bei seiner Entscheidung über den Genehmigungsantrag ausgeblendet hätte.

Die Art und Weise, wie der Beklagte mit dem Material der Bürger umgegangen ist, ist vertretbar und bewegt sich damit im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative.

Der Beklagte hat erkannt, dass er die Unterlagen der Bürger nicht ohne weiteres zugrunde legen konnte. Er hat die Daten „auf Stichhaltigkeit und Aussagekraft geprüft“, „mit dem Ergebnis, dass sie so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar“ waren, „dass sie in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden konnten“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Die Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) einer Stichprobenprüfung unterzogen worden, dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können. Die Echtheit und Nachweisbarkeit der Daten sei dem Beklagten versichert worden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). „Von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen“ sei auszugehen „aufgrund der sehr hohen Qualität der Dokumentationen“. „Die ergänzenden Hinweise und Daten“ seien „hinreichend substantiiert und daher beachtlich“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Die Unterlagen der ... Bürger stünden „berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen“. Die Naturschutzbehörden seien einvernehmlich zum Ergebnis gelangt, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, um sie für die fachliche Beurteilung mitzuverwenden. Da die Beobachter mit der Umgebung vertraut gewesen seien und v.a. aufgrund der bereits 2013 durchgeführten Erfassung geübt gewesen seien, sei die Eintragung der Flugbewegung in die Karte parallel zur unterstützenden Videoaufzeichnung als glaubhaft zu werten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). Soweit der Beklagte auch ausgeführt hat, dass das Material der Bürger „in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses“ entspricht (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11), ist dies offensichtlich nicht so zu verstehen, als habe mit den Unterlagen der Bürger ein der Anlage 6 zum Windkrafterlass gleichwertiges Erfassungssystem zugrunde gelegen. Denn der Beklagte spricht unmittelbar zuvor ausdrücklich von einer „abweichenden Vorgehensweise“.

Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Darlegungen des Beklagten zu zweifeln. Zwar hat die Klägerin wiederholt, auch in der mündlichen Verhandlung, geltend gemacht, bei einer Prüfung des gesamten Materials der Bürger hätten sich zahlreiche Videoaufzeichnungen als fragwürdig herausgestellt. Der Beklagte habe sich daher nicht auf eine stichprobenartige Überprüfung beschränken dürfen. Es sei nicht nachweisbar, wann die (Video-) Dateien tatsächlich erstellt wurden. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verordnung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Insgesamt sei daher eine exakte Auswertung in Bezug auf „Durchflüge“, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, nicht möglich („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 2).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es zunächst Sache des Beklagten war, im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative festzulegen, wie er mit derartigem Material Dritter umgeht, um anschließend Schlussfolgerungen für seine naturschutzfachliche Beurteilung zu ziehen. Denn die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich, wie ausgeführt, bereits auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten. Der Beklagte hat substantiiert dargelegt, wie er mit den Daten der Bürger umgegangen ist und warum er sie für plausibel hält. Dass er die Grenze des Vertretbaren überschritten hätte, ist dabei nicht erkennbar.

Entscheidend ist allerdings, dass der Beklagte bei seiner naturschutzfachlichen Beurteilung nicht ausschließlich auf das Material der Bürger zurückgegriffen hat. Der Beklagte hat vielmehr kontinuierlich deutlich gemacht, dass er die Daten der Bürger neben insbesondere den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen herangezogen hat. Dies ergibt sich bereits aus der Auflistung „Sachverhaltsermittlungen - vorliegende Unterlagen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Zum Material der Bürger hat der Beklagte dementsprechend in der Folge ausgeführt, dass es „in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden“ konnte (a. a. O.), dass bestehende „Erkenntnislücken (…) durch die nachstehenden Beobachtungen ergänzt“ werden könnten (a. a. O., S. 11), dass durch die Daten der Bürger „Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der Gutachter der Klägerin ergeben würde“ (a. a. O., S. 26), sowie dass die „Videoaufzeichnungen mit räumlichen Bezug“ „ein geeignetes Mittel zur Dokumentation“ seien und „wertvolle ergänzende Beurteilungsunterlagen liefern“ könnten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Der Beklagte hat insbesondere auch ausgeführt, sich „bewusst“ zu sein, „dass die ... Bürger keine geschulten Freilandkartierer sind, somit Unsicherheiten unvermeidlich sind (insbesondere bei der schwierigen Abschätzung der Flughöhen)“. Daher habe er „einen Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt“ gehalten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3 und Sitzungsprotokoll, S. 9).

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter räumen selbst ein, dass die Daten der ... Bürger wichtige Ergänzungen böten und nichts gegen eine ergänzende Verwendung spreche („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, Seite 18). Sie gestehen jedenfalls zu, dass die ... Bürger die Art des Rotmilans zu 95%, die Art des Schwarzmilans zu 96% und die Art des Westenbussards zu 74% richtig bestimmt hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 9).

Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der Vortrag der Klägerin letztlich auf den Einwand, der Beklagte habe den Unterlagen der ... Bürger keine allzu hohe Bedeutung zumessen dürfen, weil der Substantiierungsgrad niedriger als vom Beklagten angenommen liege. Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprävokative des Beklagten jedoch nicht dargetan. Zwar mag es sein, dass eine vollständige Auswertung des Materials der Bürger noch verlässlichere Auskünfte gegeben hätte. Dass die vom Beklagten vorgenommene stichprobenartige Auswertung und die darauf beruhende Einschätzung, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, jedoch ein unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel darstellen würde oder auch die Ermittlungstiefe nicht ausgereicht hätte, ist nicht ersichtlich, jedenfalls dann nicht, wenn sich der Beklagte - wie hier - der Unsicherheiten des Materials bewusst ist und mit einem gewissen Sicherheitsabschlag arbeitet.

Der Beklagte konnte demnach in nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass weder die Unterlagen der Bürger noch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen für sich allein genommen eine ausreichende Prüfung der artenschutzrechtliche Verbotstatbestände ermöglichten. Normative Vorgaben oder Standards, wie in einem solchen Fall die Prognose zu erfolgen hat, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, sind nicht erkennbar und wurden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere der Windkrafterlass enthält für eine solche Situation keine Vorgaben. Es galt daher der Grundsatz, dass sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten im Planungsraum mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben lassen und maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls abhängen (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 59). Damit konnte der Beklagte im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative sowohl die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen als auch die Beobachtungen der Bürger heranziehen und seine Schlüsse aus den jeweils nicht vollständig aussagekräftigen Daten ziehen. Der Beklagte hat sich dafür entschieden, im Wesentlichen auf die von der Klägerin vorgelegte Raumnutzungsanalyse abzustellen, diese jedoch im Hinblick auf die Unterlagen der Bürger im Zuge einer vergleichenden Betrachtung zu korrigieren (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Dass damit der Rahmen des Vertretbaren verlassen worden wäre, ist nicht erkennbar.

Auch die konkrete Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch den Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative.

Im Rahmen der Beurteilung hat der Beklagte eine Bewertung nach dem Windkrafterlass vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15 ff.). Schon das Ergebnis dieser Bewertung stellt eine tragfähige Grundlage für die Ablehnung der Genehmigungsanträge dar.

Im Windkrafterlass sind Bereiche angegeben, die innerhalb derer zu prüfen sind, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind (vgl. Windkrafterlass, S. 42 und Anlage 2, S. 58). Dabei besteht ein „engerer“ Prüfbereich, der die empfohlenen Abstände von Windenergieanlagen zu Brutplätzen beschreibt, sowie ein „weiterer“ Prüfbereich, in dem zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.

Nur für den Fall, dass beide Abstände für die jeweilige Art überschritten werden, ist - gleichsam von vornherein - davon auszugehen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungs-/Verletzungsrisiko besteht (Windkrafterlass, S. 42). Dies ist hier nicht der Fall.

Vielmehr ist der Beklagte davon ausgegangen, dass alle streitgegenständlichen Windenergieanlagen innerhalb des 1 km-Bereichs um das Zentrum eines Rotmilan-Reviers liegen. Ferner lägen sämtliche drei Windenergieanlagen im 1 km-Umgriff um einen Baumfalken-Horst. Die östlichste sowie die „mittlere“ der drei Windenergieanlagen lägen ferner im 1 km-Bereich um das vermutete Zentrum eines Wespenbussard-Reviers (vgl. Übersicht in der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dieser Ausgangspunkt ist fachlich jedenfalls vertretbar und damit rechtlich nicht zu beanstanden.

Bezüglich des Rotmilans ist der Beklagte sicher, dass ein Revier bestehe. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Zu schließen sei dies aus den Feststellungen der Bürger 2013 und des Herrn ... 2013. Das Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16 und 17). Demgegenüber geht die Klägerin davon aus, dass im Jahr 2014 im streitgegenständlichen Bereich kein Horst bzw. keine Brut eines Rotmilans vorgelegen habe (vgl. u. a. Sitzungsprotokoll, S. 7). Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten nicht aufgezeigt. Insbesondere bedurfte es nicht des zwingenden Nachweises, dass und wo ein Rotmilanhorst vorhanden ist. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es, wenn allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Arten zuließen, nicht zu beanstanden ist, wenn die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und dem Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen, ebenso wie sonstige Analogieschlüsse, der plausiblen naturschutzfachlichen begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - juris Rn. 63). Demnach unterfällt die Frage, ob innerhalb des nach dem Windkrafterlass maßgeblichen Prüfbereichs ein (besetzter) Horst vorhanden ist, der behördlichen Einschätzungsprärogative, weil es sich um eine Frage der Erfassung des Bestands der geschützten Arten handelt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 26 ff zu einem Schwarzstorchhorst).

Mit diesen Maßstäben steht die Einschätzung des Beklagten im Einklang. Der Beklagte hat sich unter anderem darauf gestützt, dass sich im Betrachtungsraum zahlreiche Mäusebussard-Horste befänden, die vom Rotmilan häufig benutzt würden. Bei der Sichtung des Materials der Bürger hätten sich in zwei Fällen eindeutige Hinweise für Territorialverhalten bzw. Revierverhalten von gefilmten Rotmilanen identifizieren lassen. Ein nicht gefundener Horst belege daher nicht, dass es auch kein Rotmilan-Revier gebe (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Wichtiger sei, das mutmaßliche Revierzentrum zu eruieren als den Horst verbindlich zu suchen (Sitzungsprotokoll, S. 6). Der Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass selbst erfahrene Vogelkundler immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 6). Dem hält zwar die Klägerin entgegen, dass es kein Rotmilan-Revier gebe und die beobachteten Flüge gelegentliche Nahrungsflüge von weiter entfernt brütenden Vögeln seien. Sie begründet dies unter anderem damit, dass zwischen dem 22. Mai und dem 31. Juli 2014 kaum Rotmilane hätten beobachtet werden können. Trotz eines verdächtigen Verhaltens Mitte Mai (zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am 15. und 18. Mai 2014) sei es nicht zu einer festen Reviergründung und einem Brutversuch gekommen, da ansonsten häufigere Beobachtungen gelungen wären (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4 und „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Der Beklagte ist dem jedoch mit dem Argument entgegengetreten, wenn es sich um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, was aufgrund der Geländesituation, der Topografie und des Wald-Offenland-Mosaik-Charakters nachvollziehbar sei, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüteten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4). In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde ausgeführt, dass ein bettelnder Jungvogel bzw. eine Beuteübergabe festgestellt worden seien. Eine Beuteübergabe komme nur vor, wenn in der Nähe ein Horst existiere (Sitzungsprotokoll S. 6). Dass am 15. und 18. Mai 2014 jeweils zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am westlichen Rand des Planungsgebietes über dem ‚ beobachtet worden seien, räumt auch die Klägerin ein. U. a. seien die Tiere im Wald gelandet bzw. sei am Waldrand auf einem Baum sitzend gefilmt worden. Dies deute auf ein Brutrevier hin („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Aus diesen Beobachtungen und Feststellungen ziehen zwar der Beklagte und die Klägerin unterschiedliche Schlüsse. Eine derartige unterschiedliche Bewertung stellt jedoch keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative dar, sondern ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Der Beklagte hat auch klargestellt, dass seine kartographische Darstellung des vermuteten Revierbereichs nicht so zu verstehen sei, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Aufgrund der verschiedenen vorliegenden Indizien sei vielmehr ein Bereich abgegrenzt worden, innerhalb dessen sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). Der Beklagte hat es als fachlich vertretbar bezeichnet, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden, wenn zwar Standorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne (a. a. O., S. 8). Liegt eine - ohnehin schwer erreichbare - Gewissheit über das „ob“ und das „wo“ eines Horstes nicht vor, lassen aber im Rahmen der Einschätzungsprärogative zu würdigende Indizien Rückschlüsse auf das Vorhandensein eines Horstes zu, ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden.

In Bezug auf das vom Beklagten angenommene Wespenbussard-Revier, dessen Zentrum sich nordwestlich der drei streitgegenständlichen Windenergieanlagen befinden soll, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Der Beklagte konnte also auch insoweit aufgrund der herangezogenen Unterlagen und weiterer Indizien davon ausgehen, dass sich - neben dem südlich gelegenen, zwischenzeitlich unstreitigen Wespenbussardhorst bei ... - ein zweiter Horst in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen befindet. Diese Annahme erscheint umso plausibler, als bei den Flugbewegungen eine „Lücke“ zwischen dem unstreitig vorhandenen Horst im Süden und den - ebenso unstreitigen - Flugaktivitäten in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen besteht. Eine andere schlüssige Erklärung als das Vorhandensein eines weiteren Horstes für diese Flugbewegungen ist auch von der Klägerin nicht geliefert worden (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 5).

In Bezug auf den Baumfalken gilt Folgendes: Unstreitig wurde ein Horst in unmittelbarer Nähe zur östlichsten Windenergieanlage festgestellt. Aus dem Umstand, dass dieser Horst aufgrund der Beseitigung des entsprechenden Baumes bzw. weiterer Bäume im Nahbereich nicht mehr vorhanden ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Insbesondere ist ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nunmehr nicht definitiv ausgeschlossen. Der Beklagte hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er gehe aufgrund der relativ hohen Reviertreue der Art davon aus, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage (altes Krähennest etc.) nützen werde, somit ein weiterhin bestehender Baumfalken-Brutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen sei (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). In ähnlicher Weise hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der Baumfalke alte Nester von Krähen oder Elstern nutze, aber reviertreu bleibe. Zwar hat er auch angegeben, dass die bisherige Situation mit der Fällung des Nistbaumes und weiterer Bäume in der Umgebung zerstört worden sei (Sitzungsprotokoll, S. 4). Gleichwohl ist - gerade nach der mehrfach vom Beklagten betonten Reviertreue des Baumfalken - nicht ausgeschlossen, dass der Baumfalke einen Horst im maßgeblichen 1 km-Bereich der streitgegenständlichen Windenergieanlagen besetzen wird. Hiergegen spricht bereits die Mitteilung der Klägerin, dass in nicht allzu weiter Entfernung des bisherigen Standorts ein - wenn auch einzelner - männlicher Baumfalke gesichtet wurde (Sitzungsprotokoll, S. 4). Damit aber ist nicht widerlegt, dass der Baumfalke im Sinne des Windkrafterlasses „am geplanten Standort vorkommt“. Daher wären nunmehr nach den Vorgaben des Windkrafterlasses in Bezug auf den Baumfalken (erneut) weitergehende Kartierungen vor Ort erforderlich (Windkrafterlass, S. 41). Derartige Nachkartierungen im Hinblick auf die neue Situation hat die Klägerin nicht durchgeführt. Da die Klägerin demzufolge die nach dem Windkrafterlass notwendigen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat, kann nicht angenommen werden, dass nunmehr der Abstand zu einem Baumfalkenhorst über den in Anlage 2, Spalten 2 und 3 des Windkrafterlasses genannten Entfernungen liegen würde, so dass das Tötungsrisiko nicht signifikant erhöht wäre (Windkrafterlass, S. 42).

Überdies hat der Beklagte eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bei den insoweit in Rede stehenden beiden östlichen Windenergieanlagen nicht ausschließlich auf eine Betroffenheit des Baumfalkens gestützt, sondern dies auch für weitere Arten angenommen. Selbst wenn also nunmehr in Bezug auf den Baumfalken nicht mehr von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen wäre, wären diese Windenergieanlagen wegen einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos bezüglich weiterer Vogelgarten nicht genehmigungsfähig.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos abzustellen ist.

Die Unterschreitung des „engeren“ 1 km-Prüfabstands in Bezug auf Rotmilan und Wespenbussard (letztere für die beiden westlich gelegenen Windenergieanlagen) führt zwar noch nicht gleichsam im Sinne einer Automatik dazu, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Dies stellt auch der Windkrafterlass (S. 42) klar. Der Windkrafterlass führt allerdings weiter aus, dass, wenn die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezüglich der Individuen der genannten Arten in dem in Anlage 2, Spalte 2 angegebenen („engeren“) Prüfbereich nicht ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder selten überflogen wird, in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist (Windkrafterlass, S. 42). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Aussage aufgegriffen und daraus geschlossen, dass es bei der Unterschreitung des Mindestabstands der Windenergieanlage zum Brutvorkommen darauf ankommt, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014. 879 - juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - juris Rn. 50). Ob damit in rechtlicher Hinsicht - wie wohl vom Beklagten angenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15) - eine „Vermutung“ besteht, dass bei Unterschreitung dieses Mindestabstands grundsätzlich von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist, wenn nicht ausnahmsweise eine Meidung oder ein seltenes Überliegen der Windenergieanlage festzustellen ist, kann offenbleiben. In Richtung einer solchen Vermutung gehen Aussagen in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach es „naturschutzfachlich vertretbar“ sei, für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1.000 m betrage, es sei denn, es lägen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 26.10.2011 - 2 L 6/09 - NuR 2012, 196 - juris Rn. 77; bestätigt durch BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 23).

Jedenfalls im vorliegenden Fall hat die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit nicht ergeben, dass die geplanten Windenergieanlagen im Sinne der zitierten Aussage der Rechtsprechung und des Windkrafterlasses gemieden oder selten überflogen werden. Der Beklagte hat seine Feststellungen dahingehend zusammengefasst, dass sich bei der Raumnutzung nach den Daten der Bürger und den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ein sehr ähnliches Bild ergebe, wonach alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dies ergibt sich anschaulich auch aus den vom Beklagten in seine Stellungnahme aufgenommenen Kartierungen von Flugbewegungen des Rotmilans, des Baumfalken und des Wespenbussards (a. a. O., S. 24 f.).

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin vermögen keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten aufzuzeigen. Die Klägerin stellt insbesondere maßgeblich darauf ab, dass sowohl absolut als auch relativ zur von ihren Gutachtern abgeleisteten Gesamtbeobachtungsdauer zu wenig Flugbewegungen im „Risikobereich“ über den geplanten Anlagenstandorten stattgefunden hätten. Als „Risikobereich“ wird dabei ein Durchmesser von ca. 250 m um den geplanten Anlagenstandort sowie eine Flughöhe zwischen 80 m und 200 m angenommen (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 3 ff.). Eine derart scharfe Abgrenzung eines „Risikobereichs“ kann allerdings dem Windkrafterlass nicht entnommen werden. Die maßgeblichen „Prüfbereiche“ umfassen, wie ausgeführt, einen „engeren“ (Abstand zu Horsten) und einen „weiteren“ (Nahrungshabitate) Bereich und beziehen sich damit auf deutlich „gröbere“ Bereiche. Dies ergibt sich auch aus den im Windkrafterlass (Seite 43 f.) genannten „Beispielen für Prüfbereiche“. So geht der Windkrafterlasses etwa davon aus, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auch dann vorliegt, wenn das Brutvorkommen außerhalb des „engeren“ Prüfbereichs liegt, der Flugkorridor zu Nahrungshabitaten aber durch diesen engeren Prüfbereich führt.

Die Klägerin beruft sich offenbar bei der Definition des „Risikobereichs“ auf Aussagen in Anlage 6 des Windkrafterlasses, wonach die Erfassung der Flugbewegungen u. a. Aufschluss über die Dauer von Flugbewegungen „im Umkreis der Anlagen“ und den Anteil der Flugdauer „in Rotorhöhe“ geben sollen. Es sei die Zeitdauer zu stoppen, die sich ein Vogel in den Höhenstufen „über den Rotorblättern“ oder „unter bzw. im Bereich der Rotoren“ aufhalte. Als Ergebnis der Untersuchungen erhalte man Karten mit den Flugbewegungen der verschiedenen Arten „je Höhenstufe“. Je weniger die geplanten Anlagen „in der relevanten Höhe“ überflogen würden, umso geringer sei das Kollisionsrisiko (Anlage 6 zum Windkrafterlass, S. 65).

Der Windkrafterlass mag vergleichsweise detailliert regeln, wie Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten zu erfassen sind. Hinsichtlich der Bewertung dieser Beobachtungen enthält der Windkrafterlass, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, kaum bzw. nur sehr vage Angaben. Im Kern verlangt der Windkrafterlasses eine Prognose, wenn er insbesondere von einer „Abschätzung“ der „Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlage“, bzw. von „höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten“ spricht (Windkrafterlass, S. 41 f.; Anlage 6, S. 64). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine Prognose erforderlich ist, die naturschutzfachlich vertretbar ist und von der der Behörde insofern zustehenden Einschätzungsprärogative gedeckt ist. Hingegen lässt sich nicht abstrakt oder prozentual angeben, wann eine Erhöhung des Tötungsrisikos als „signifikant“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezeichnet werden kann (BayVGH, U.v. 20.11.2012 - 22 A 10. 40041 - juris Rn. 77 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274.; den Begriff Prognose verwendend auch BayVGH, B.v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 47).

Dass die Prognose des Beklagten vorliegend unvertretbar ist, ist nicht erkennbar. Insbesondere dem Windkrafterlass lässt sich nicht entnehmen, dass es ausschließlich auf die von der Klägerin maßgeblich zugrunde gelegten absoluten Flüge in einem „Risikobereich“ sowie das Verhältnis zur Gesamtbeobachtungsdauer ankommen soll. Vielmehr halten die Klägerin bzw. die von ihr beauftragten Gutachter ihre „Herangehensweise, ein erhöhtes Tötungsrisiko über die prozentuale Beobachtungszeitraum im Risikobereich abzuleiten“ für „durchaus nachvollziehbar und praktikabel“ („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Ob diese von der Klägerin bzw. ihren Gutachtern entwickelte Bewertungsmethode vertretbar ist, braucht nicht entschieden zu werden, denn schon nach dem Vortrag der Klägerin selbst ist nicht erkennbar, dass dies die einzige Möglichkeit zur Bewertung des Tötungsrisikos wäre und andere Methoden nicht vertretbar sind. Der von der Klägerin befürworteten Herangehensweise lässt sich allerdings entgegenhalten, dass sich die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nach der genannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht in Prozentanteilen ausdrücken lässt. Daher kann sich die Klägerin auch nicht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 29.3.2011 - W 4 K 10.371) berufen, der die von der ihr beauftragten Gutachter „grundsätzliche Bedeutung“ zumessen („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Abgesehen davon, dass es - wie ausgeführt - gerade nicht möglich ist, für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos einen Prozentwert anzugeben, hat das Verwaltungsgericht Würzburg in dieser Entscheidung nicht rechtssatzartig bzw. grundsätzlich entschieden, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos erst auszugehen ist, wenn die Aufenthaltsdauer der betreffenden Art im Gefahrenbereich einen Anteil von 10% der Beobachtungszeit übersteigt. Vielmehr hat sich auch das Verwaltungsgericht Würzburg auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gestützt, wonach es auf das konkrete Gefährdungspotenzial im Einzelfall ankommt. Überdies liegt der Entscheidung ein mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Dort hatte die Behörde einen Vorbescheid zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage aus Sicht des Gerichts zu Unrecht aufgehoben, weil die Behörde lediglich „pauschale Bedenken aus naturschutzfachlicher Sicht“ geltend gemacht hatte. Um eine solche Konstellation handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch ersichtlich nicht, wie die vom Beklagten vorgenommene ausführliche Bewertung des im Verfahren seitens der Klägerin und der Bürger vorgebrachten Materials zeigt.

Dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch sonst nicht entnehmen, dass die Annahme des Beklagten, alle drei geplanten Windenergieanlagen würden regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen, unvertretbar wäre. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter haben bei eigener Auswertung des Materials der Bürger beim Rotmilan ca. 120 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe, beim Schwarzmilan ca. 49 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe und beim Wespenbussard 17 Aufnahmen in Gefahrenhöhe ermittelt („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde vom 7.4.2015, S. 9). Zwar betonen die Gutachter der Klägerin auch insoweit, es sei nur der ungefähre Flugbereich zu erkennen; damit sei nicht eindeutig erkennbar, ob Anlagenstandorte überflogen worden sind. Dem ist jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass die Frage der Bewertung der Gefahren, die die geschützten Arten ausgesetzt sein werden, der Einschätzungsprärogative des Beklagten unterfällt. Zudem erlaubt der Windkrafterlass, wie die bereits zitierten Aussagen und Beispiele zeigen (Windkrafterlass, S. 42 ff.), grundsätzlich auch eine Beurteilung an Hand eines deutlich „gröberen“ Rasters. Selbst wenn nur auf die ermittelten Flugbewegungen im Gefahrenbereich abgestellt wird, unterfällt die Prognose, ob sich aus diesen Werten eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos ableiten lässt, der Einschätzungsprärogative des Beklagten. Dessen Annahmen erscheinen gerade auch bei den von der Klägerin ermittelten Zahlen zum Rotmilan vertretbar, selbst wenn berücksichtigt wird, dass sich diese Werte nicht allein auf die hier streitgegenständlichen Anlagen, sondern auch auf die drei geplanten Anlagen des Verfahrens Au 4 K 14.795 beziehen.

Nach allem konnte der Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass angesichts erhöhter Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im „engeren“ Prüfbereich in Bezug auf den Rotmilan und den Wespenbussard von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Bereits diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und würde daher zur Abweisung der Klage führen.

Auch in Bezug auf den Prüfbereich für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate (Anlage 2, Spalte 3 zum Windkrafterlass) hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht.

Der Beklagte hat die Geeignetheit des näheren Umfelds um die streitgegenständlichen Windenergieanlagen als Nahrungshabitat wiederholt begründet. So seien an „manchen, großenteils südexponierten Randzonen“ Übergangsbereiche (Saumzonen) vorhanden. Diese begründeten eine erhöhte Artenvielfalt. Insbesondere sei hier das Futterangebot an Insekten, Mäusen etc. lukrativ, wodurch bevorzugte Nahrungsflüge am Waldrandbereich, z. B. durch den Rotmilan, erklärbar würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 2). Das Gelände sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung und des v.a. in Ost-West-Richtung an den Waldrandzonen vorhandenen Restgrünlandes und anderer für Nahrungssuche relevanter Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlendes Grünlandes, täusche (a. a. O., S. 8). Die Verteilung der Einzelhabitate (Wiesen, Grasbereiche) sei relativ homogen innerhalb des Gesamtgebiets. Das Muster zeige eine hohe Zahl meist kleiner Habitatstrukturen bzw. Flächen. Es gebe also keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen, sondern diese seien kleinräumig über das Gebiet verteilt. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine, würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt. Dies werde insgesamt durch die Flugdarstellungen der Beobachter/Gutachter bestätigt (a. a. O., S. 12 f.). Aufgrund der kleinteiligen Wald-Offenland-Verteilung, mit einer Vielzahl meist kleinflächiger Strukturen mit Nahrungshabitatfunktion für Arten wie Rot- und Schwarzmilan (Saumzonen an Ranken und Waldrändern, Wiesen, Futtergrasflächen, Abbaustellen) und der bewegten Geländemorphologie stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimaler Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum für die beiden Milanarten dar. V.a. der Rotmilan fliege Waldränder bevorzugt ab, zumindest teilweise sei das anhand der gefundenen Raumnutzung nachvollziehbar (a. a. O., S. 17).

Die Klägerin hält dem im Wesentlichen entgegen, der Beklagte „überhöhe“ die Geeignetheit der Nahrungshabitate; sie würden vom Beklagten als viel besser dargestellt als sie tatsächlichen seien. Zudem werde der Eindruck erweckt, als handle es sich gerade beim Planungsgebiet der Windenergieanlagen um ein besonders großes, geschlossenes Nahrungshabitat, und dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Richtig sei demgegenüber, dass es sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse handele, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Der Beklagte habe die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ... im Westen sowie das ...-/... im Nordosten nicht betrachtet und Schlussfolgerungen verfälscht.

Diese Einwendungen lassen keine Überschreitung der behördlichen Einschätzungsprärogative erkennen.

Der Beklagte ist selbst davon ausgegangen, dass es sich, gerade in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan, nicht um einen optimalen Lebensraum handelt (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 17). Allerdings hat er den Einwendungen der Klägerin entgegengehalten, dass nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume vom Rotmilan besiedelt würden. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Dass dies naturschutzfachlich nicht jedenfalls vertretbar sein sollte, ist nicht ersichtlich. In Bezug auf die von der Klägerin wiederholt angeführten potenziellen (besseren) Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ..., im ...- und im ... hat der Beklagte sich derart eingelassen, dass es sich insoweit nur um eine nicht belegte Vermutung handele. Fachlich vertretbar sei es, dass auch größere Grünlandgebiete nur an wenigen Tagen der Mahd bevorzugt genutzt würden. Ansonsten unterscheide sich die Nutzung nicht von der sonstiger Offenlandbereiche wie beispielsweise von Feldern, weil - ebenso wie höher aufgewachsene Feldfrüchte - auch höher aufgewachsene Gräser den Blick auf die dort lebenden Kleinsäuger versperrten. Die Nahrungssuche konzentriere sich daher außerhalb der Mahd auf die Nutzung von Saum- bzw. Grenzstrukturen, die Kleinsäugern wenig Schutz böten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat nichts dargelegt, weshalb es sich bei dem Areal um die geplanten Windenergieanlagen nicht jedenfalls, wie vom Beklagten selbst zugrunde gelegt, um ein zumindest geeignetes Nahrungshabitat handeln sollte.

Es liegt auch keine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb der in Anlage 2, Spalte 2 des Windkrafterlasses („engerer“ Prüfbereich) genannten Abstände vor, so dass in der Regel nicht von erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windenergieanlagen auszugehen wäre (vgl. Windkrafterlass, S. 42). Zum einen liegen etliche vom Beklagten aufgeführte Einzelflächen, die als Nahrungshabitat für Rotmilan, Wespenbussard und Schwarzmilan relevant seien, nicht außerhalb, sondern innerhalb des „engeren“ Prüfbereichs. Ansonsten führt der Beklagte zwar aus, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 12). Jedoch folgert der Beklagte gerade aus der Wald-Offenland-Verteilung und der „diffusen“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebiets, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Windenergieanlagen-Bereiche gebe, und dass es in erhöhtem Maße zu Waldrandflügen und Gebietsquerungen kommen werde (a. a. O., S. 15). Nach diesen Feststellungen und Einschätzungen liegt gerade keine „großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate“ vor, die im Sinne des Windkrafterlasses nur „zufällige“ bzw. „gelegentliche“ Aufenthalte im Bereich der Windenergieanlagen erwarten ließe. Vielmehr hat der Beklagte mit diesen Darlegungen im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative hinreichend plausibel dargetan, dass die von ihm zugrunde gelegten Nahrungshabitate durchaus eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses darstellten, die auch regelmäßig (insbesondere über die Windenergieanlagen) angeflogen würden. Den Einwendungen der Klägerin, es gebe deutlich besser geeignete Nahrungshabitate, ist der Beklagte, wie ausgeführt, in jedenfalls vertretbarer Weise entgegengetreten. Damit hat der Beklagte ausreichend dargetan, dass es sich bei dem von ihm betrachteten Nahrungshabitaten um einen „Hot Spot“ handelt (zu diesem Begriff BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 52)

Überdies belegen auch Angaben der Klägerin in nicht unerheblichem Umfang die Vertretbarkeit der Annahmen des Beklagten. So erkennt auch die Klägerin in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan an, dass das Untersuchungsgebiet von Brutvögeln aus dem Umfeld des Untersuchungsgebiets auf Nahrungsflügen durchflogen wird. Bezüglich des Rotmilans nennen die von der Klägerin beauftragten Gutachter ausdrücklich einen Horststandort, der sich ca. 4 km vom Untersuchungsgebiet entfernt befindet. Ein weiteres Rotmilanrevier sei ca. 2 km vom Untersuchungsgebiet entfernt festgestellt worden, jedoch ohne Horstnachweis (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 7). Beide Standorte liegen innerhalb des „weiteren“ und damit auch für die vorliegenden Anlagen noch maßgeblichen Prüfbereichs nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses. Selbst das ursprünglich von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung hatte zum Rotmilan ausgeführt (S. 22), dass dieser in einem Radius von 1.000 m um das Vorhaben als „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der nähere Umgebung“ vorkäme. In Bezug auf den Wespenbussard geht auch die Klägerin davon aus, dass im Untersuchungsgebiet grundsätzlich geeignete Wälder und Waldsäume mit Vorkommen von Wespenbussardnestern vorhanden sind (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 9).

Nach allem hat der Beklagte auch wegen regelmäßig durch kollisionsgefährdete Vogelarten aufgesuchter Nahrungshabitate in vertretbarer Weise eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos angenommen. Auch diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und führt daher zur Abweisung der Klage.

Auf die vom Beklagten vorgenommene „Betrachtung des Kollisions- und Tötungsrisikos“ (Abschnitt VI der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 19 ff.) und die Frage, ob die dort von ihm verwendeten Grundlagen, Methoden und Formeln durchweg von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt sind, kommt es demnach nicht mehr entscheidend an.

Der Beklagte hat sich angesichts des Fehlens einer „wissenschaftlich anerkannten und fachlich verbindlichen Erheblichkeitsschwelle zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos (…) ein eigenes Bewertungsschema entworfen“ und „verbale Betrachtungen des Winderlasses in konkrete Zahlen übersetzt“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5 f.). Er hat dazu die Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter und der ... Bürger bezüglich „Durchflügen“ - wobei „Durchflug“ die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich bedeutet (a. a. O., S. 6) - auf die laut Fachliteratur durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der einzelnen Vogelarten hochgerechnet. Dies geschah mittels eines Faktors, der sich aus der Division dieser durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der Arten durch die Zahl der jeweiligen Beobachtungstage ergab. Dabei wurden bei den Beobachtungen der Bürger ein Abschlag von 20% vorgenommen „um mögliche bzw. wahrscheinliche Fehleinschätzung in der Vertikaleinstufung zu berücksichtigen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11; Sitzungsprotokoll, S. 9). Bei den Beobachtungen des Rotmilans hat der Beklagte die Beobachtungszahlen der von der Klägerin beauftragten Gutachter mit 3,0 multipliziert, um „einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung“ auszugleichen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4).

Ab einem Wert von 15 Durchflügen je Anlage ist der Beklagte von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos ausgegangen.

Ob dieses Vorgehen des Beklagten vollständig von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt ist, wäre dann zweifelhaft, wenn es gleichsam als mathematische Formel zur Berechnung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos interpretiert würde. Zwar hat der Beklagte zu einigen von der Klägerin geltend gemachten Mängeln näheres ausgeführt bzw. Korrekturen vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6 f.). Ebenso mag es zwar vertretbar sein, bei der Beurteilung, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, auf Durchflüge durch den Gefahrenbereich einer Windenergieanlage abzustellen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 20 und Sitzungsprotokoll, S. 10). Fragen wirft allerdings die Annahme auf, dass bei 15 Durchflügen im Gefahrenbereich je Windkraftanlage die Grenze zur „signifikanten“ Erhöhung des Tötungsrisikos überschritten sein soll. Dass in der Genehmigungspraxis ein Bedürfnis nach einem „festen“ Grenzwert besteht, mag verständlich sein. Weder aus dem Windkrafterlass ergibt sich jedoch ein solcher fester Wert, noch sind vom Beklagten diesbezüglich andere Unterlagen angeführt worden. Ähnliches gilt für die vom Beklagten vorgenommenen Korrekturabschläge von 20% bei den Beobachtungen der Bürger und den Korrekturfaktor von 3,0 bei den Rotmilan-Beobachtungen der von der Klägerin beauftragter Gutachter. Trotz zwischenzeitlich näherer Angaben des Beklagten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4) ist nicht hinreichend deutlich geworden, weshalb gerade ein Korrekturfaktor von 3,0 angesetzt worden ist. Gleiches gilt für den 20%-Abschlag, zumal die Klägerin geltend gemacht hat, dass die von ihren Gutachtern vorgenommene Auswertung des Videomaterials der Bürger eine deutlich geringere Anzahl an Risikoflügen als 80% ergeben hat, so dass ein größerer Abschlag als 20% anzusetzen gewesen wäre (vgl. „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17).

Bei einer Gesamtbetrachtung der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde wird jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Beklagten weder um eine derartige mathematische Berechnung des „signifikant“ erhöhten Tötungsrisikos gegangen ist, noch, dass er ausschließlich auf eine solche Berechnung zurückgegriffen hat.

Der Beklagte stand vor der Aufgabe, auf Grundlage der für ihn, wie ausgeführt, maßgeblichen, aber mit unterschiedlicher Methodik erstellten Erkenntnisquellen eine Prognose hinsichtlich der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu treffen. Der Beklagte hat sich in dieser weder im Windkrafterlass noch sonst geregelten Situation dafür entschieden, keine für jede Erkenntnisquelle getrennte Prognose anzustellen, sondern dafür, diese beiden Quellen in Beziehung zueinander zu setzen, ferner näherungsweise eine vergleichbare Datengrundlage zu entwickeln und darauf seine Prognose zu stützen. Dieses Vorgehen erscheint nachvollziehbar, jedenfalls aber ist es vertretbar. Überdies hat dieses Vorgehen nicht zu einer Ersetzung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch eigene Zahlen des Beklagten geführt. Der Beklagte hat vielmehr mehrfach deutlich gemacht, dass die Daten der Bürger ergänzende Beurteilungsunterlagen geliefert haben (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3), so dass im Ergebnis Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ergeben würde (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 26).

Wie ausgeführt, spricht auch aus Sicht der Klägerin nichts gegen eine ergänzende Verwendung der Daten der Bürger („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18). In welcher Form der Beklagte diese Daten hätte verwenden sollen, wird allerdings auch von der Klägerin nicht aufgezeigt. Insbesondere lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, auf welche andere Art und Weise der Beklagte in zumindest einigermaßen belastbarer oder vertretbarer Art und Weise die Daten der Bürger und die von ihr vorgelegten Unterlagen derart zueinander in Beziehung setzen hätte sollen, dass er darauf eine Beurteilung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos hätte stützen können.

Zwar mag ein Wert von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage, wie ausgeführt, als Grenze für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos in seiner Absolutheit fragwürdig sein. Die Kammer stellt daher insoweit ausdrücklich klar, dass aus der Abweisung der vorliegenden Klage nicht geschlossen werden kann, sie habe diesen Wert als rechtlich verbindlich für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos akzeptiert. Gleichwohl hat der Beklagte insoweit mit noch ausreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben, dass es ihm dabei vor allem um die Feststellung ging, in einem solchen Fall könne jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gesprochen werden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6), bzw. „dass insgesamt mehr als nur vereinzelte Durchflüge stattgefunden haben bzw. zu erwarten sind“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Dass die Annahme des Beklagten jedenfalls im Ergebnis nicht unvertretbar ist, zeigen etwa die Hochrechnungen, die die von der Klägerin beauftragten Gutachter in Bezug auf die Gesamt-Anwesenheitsdauer des Rotmilans vorgenommen haben („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17). Zwar sind diese Zahlen nicht dem jeweiligen Standort bei Windenergieanlage konkret zugerechnet und erfassen auch die Windenergieanlagen aus dem Verfahren Au 4 K 14.795. Gleichwohl erscheint - nicht zuletzt aufgrund der Anordnung der Anlagen - die Annahme des Beklagten vertretbar, dass prognostisch von mehr als nur vereinzelten Durchflügen auszugehen ist.

Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass es dem Beklagten auch darum ging, die bisherige Einschätzung der von der Klägerin beauftragten Gutachter (dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliege) zu widerlegen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27). Dass diese Widerlegung dem Beklagten nicht gelungen ist, lässt sich trotz der Beanstandungen durch die Klägerin nicht annehmen.

Nach allem ist die zusammenfassende Beurteilung des Beklagten vertretbar und damit nicht zu beanstanden, dass „aufgrund der Lebensraumeignung - als Nahrungsraum und/oder Nisthabitat - und des vorgefundenen Brutbestandes, in Verbindung mit der festgestellten Raumnutzung der vier kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke und Wespenbussard (…) durch die drei geplanten Anlagen jeweils für mindestens eine kollisionsgefährdete Art das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und damit von einem Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist daher auszugehen.

2. Die Klage hat auch im Hilfsantrag (Neuverbescheidung) keinen Erfolg.

Da es sich bei der Genehmigungsentscheidung nach § 6 Abs. 1 BImSchG um eine gebundene Entscheidung handelt und die Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (bzw. das Entgegenstehen naturschutzfachlicher Belange gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) einen Versagungsgrund darstellt, ist die Ablehnung des Genehmigungsantrags durch den Beklagten zu Recht erfolgt, so dass ein Anspruch auf Neuverbescheidung gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht in Betracht kommt.

Ein Anspruch auf Neuverbescheidung ergibt sich auch nicht aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, dass bei der Prüfung des Tötungstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Maßnahmen, mittels derer Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zu mindest minimiert werden soll, in die Betrachtung einzubeziehen sind (vgl. nur BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Derartige Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahmen wurden weder von der Klägerin in konkreter Weise aufgezeigt, noch sind sie sonst ersichtlich.

Es ist nicht Sache der Genehmigungsbehörde, ohne nähere, konkrete Angaben des Antragstellers zu entscheiden, ob mittels Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verletzung des Tötungsverbots abgewendet werden kann. Die Entwicklung eines entsprechenden Vermeidungs- und Ausgleichskonzepts ist vielmehr Sache des Antragstellers (vgl. OVG NRW, U.v. 20.11.2012 - 8 A 252/10 - NuR 2013, 146 - juris Rn. 121), wobei in diesem Zusammenhang etwa auch die Verfügungsbefugnis über hierfür benötigte Grundstücke nachzuweisen wäre. Diese Obliegenheit des Antragstellers gilt im vorliegenden Verfahren umso mehr, als sich die Klägerin im Prozess durchweg darauf berufen hat, das Vorhaben sei bereits aufgrund der von ihr ursprünglich vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig.

Zwar zeigt das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (Nachtrag 2014, S. 11) abstrakt Meidungs- und Minimierungsmaßnahmen auf. Eine derartige, ohne erkennbaren Bezug zu den konkret beantragten Anlagen erstellte Auflistung ist jedoch nicht ausreichend. Im Übrigen nennt das Gutachten bei den einzelnen untersuchten Vogelarten von dieser Auflistung in Bezug auf Wespenbussard, Rotmilan und Schwarzmilan lediglich als „unterstützende konfliktvermeidende Maßnahme“ die „Markierung der Rotorblätter in rot-weiß“. Hierzu führt jedoch eine von der Klägerin selbst vorgelegte Unterlage („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark ...“ vom 24.4.2015, S. 8) aus, dass der Nachweis der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme noch ausstehe. Ob dies zu einer Attraktionswirkung oder Scheuchwirkung führe sei bisher offen. Aufgrund der vorliegenden Kollisionsopfer sei davon auszugehen, dass insbesondere Greifvögel sich nicht durch drehende Rotoren abhalten ließen, einen Luftraum zu nutzen. Damit stellt diese Maßnahme schon nach dem Vorbringen der Klägerin selbst keine geeignete Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahme dar.

In Bezug auf den Baumfalken wird in dem Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (S. 38) als Vermeidungs-/Minderungsmaßnahme die Etablierung von drei Ersatzhorsten im Bereich des ...- bzw. ... vorgeschlagen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahme im Sinne der zitierten Rechtsprechung. Eine Vermeidungs-/bzw. Minimierungsmaßnahme kann nicht darin bestehen, schlicht die Ursache für die Verletzung des Tötungsverbots, d. h. den fraglichen Horst, zu entfernen. Zudem ist es nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören. Es liegt auf der Hand, dass der Verstoß gegen ein Zugriffsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) nicht durch den Verstoß gegen einen anderen Verbotstatbestand aufgewogen werden kann. Dementsprechend geht die Klägerin offenbar selbst davon aus („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung“ vom 24.4.2015, S. 5), dass für diese Maßnahme eine Ausnahmeregelung nach § 45 (offenbar Abs. 7) BNatSchG erforderlich wäre. Dass Voraussetzungen für eine solche Ausnahme erfüllt wären, hat jedoch die Klägerin auch nicht ansatzweise dargetan, insbesondere auch nicht, ob die nach dem Windkrafterlass (S. 48) hierfür zugrunde liegenden Maßstäbe erfüllt wären.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Klägerin als unterliegender Partei aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, inwieweit zur Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Beobachtungen und Unterlagen Dritter zusätzlich zu Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass verwendet werden können, grundsätzliche Bedeutung hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 663.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Je Windenergieanlage war ein Streitwert von 221.000,00 EUR anzusetzen, da die Herstellungskosten jeweils bei 2.210.000,00 EUR liegen (Bl. 58 der Antragsunterlagen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 4 K 13.567

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 2. Juli 2015

4. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1021

Hauptpunkte:

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen (abgelehnt); Kollisionsgefährdete Vogelarten (Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Baumfalke); Signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos; Behördliche Einschätzungsprärogative; Heranziehung von umfangreichen Beobachtungen von Bürgern zusätzlich zu vom Betreiber vorgelegten Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass; Annahme von Horsten bzw. Revierzentren aufgrund von Indizien; Folge einer Unterschreitung des „engeren“ Prüfbereichs nach dem Windkrafterlass; Geeignetheit von Nahrungshabitaten nach Maßgabe des Windkrafterlasses; Keine „Berechnung“ des Tötungsrisikos an Hand einer „Formel“; Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahmen vom Betreiber konkret aufzuzeigen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

beigeladen: ...

bevollmächtigt: ...

wegen Vollzugs des Bundesimmissionsgesetzes (Windpark ...)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015

am 2. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen.

Mit Antrag vom 5. April 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 (Nabenhöhe: 138,38 m; Rotordurchmesser: 82 m; Gesamthöhe: 179,38 m) auf den Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ...

Den Antragsunterlagen war ein Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung beigefügt. Darin wurde ausgeführt, dass zu den prüfungsrelevanten Vogelarten im Radius von rund 200 m, 500 m und 1.000 m um das Vorhaben u. a. der Rotmilan gehöre. Dieser wurde mit dem Status „N“ gekennzeichnet, d. h. „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der näheren Umgebung“. Erhebungen hätten keinen Brutplatz des Rotmilans ergeben, weder im engeren Untersuchungsgebiet (1 km-Umgriff), noch bei den weiteren Waldgebieten bzw. Gehölzen in der näheren Umgebung. Dagegen werde stark ein Revierzentrum weiter im Nordosten wegen wiesenreicher Talgründe vermutet (Mindestentfernung rund 3 km). Das Gebiet befinde sich noch innerhalb des 6 km-Prüfkorridors hinsichtlich wichtiger Nahrungshabitate. Zwar träten auch im Gebiet westlich ... gelegentlich jagende Milane auf, doch stehe die pessimale Qualität der dortigen Agrarlandschaft in keinem Verhältnis zu dem genannten Gebiet weiter nordöstlich. Der Vorhabensbereich liege randlich dieses Territoriums. Ein regelmäßiges Aufsuchen von Feldfluren bei den geplanten Windkraftanlagen könne daher keinesfalls bestätigt werden und sei auch nicht zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit einer Kollision sei letztlich sehr gering einzuschätzen und in jedem Fall nicht signifikant.

Als für die Prüfung auszuschließen wurden u. a. der Wespenbussard und der Schwarzmilan bezeichnet. Bezüglich des Wespenbussards gebe es keinerlei Hinweise auf ein Territorium im Vorhabensbereich. Der Schwarzmilan sei auf Gewässergebiete angewiesen, letztlich sei also der Vorhabensbereich ohne Bedeutung für die Art. Ein gelegentliches Erscheinen im weiteren Umfeld sei möglich. Bezüglich des Baumfalken wurde festgestellt, dass im Jahr 2010 keine Bestätigung eines Vorkommens im näheren Umgriff des Vorhabens erfolgt sei. Nach amtlichen Angaben lägen die nächsten Brutvorkommen in ca. 6 bis 10 km Entfernung.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2012 teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, dass der Antrag ihrer Auffassung nach noch nicht vollständig sei und damit noch nicht abschließend beurteilt werden könne. Damit hätten auch die Fristen des BauGB zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens noch nicht zu laufen begonnen. Hilfsweise werde die Zurückstellung der Vorhaben nach § 15 Abs. 3 BauGB beantragt, da sie dem Inhalt des laufenden Verfahrens für die Änderung des Flächennutzungsplanes (Festlegung von Konzentrationsflächen für Windkraft) widersprächen.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 7. März 2013 stellte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin längstens für ein Jahr ab Zustellung gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB zurück.

Am 22. April 2013 ließ die Klägerin die vorliegende Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben.

Zur Begründung wurde zunächst ausgeführt: Die Klage sei gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig. Die Frist zur Entscheidung über einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag betrage im vereinfachten Verfahren gemäß § 10 Abs. 6a BImSchG längstens 3 Monate. Nunmehr stelle der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Basis eines mehr als 10 Monate alten Antrags der Beigeladenen zurück.

Die Klage sei auch begründet, da die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung habe. Die Antragsunterlagen seien vollständig und ausreichend.

Auf den ferner von der Klägerin gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellte das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 2. August 2013 (Au 4 S 13.909) die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage gegen den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 wieder her. Mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 (22 CS 13.1760) wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg zurück.

Mit Bescheid vom 7. März 2014 hob der Beklagte den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 auf. Nach insoweit erfolgter Teilerledigungserklärungen aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. April 2014 von dem vorliegenden Verfahren das Verfahren betreffend den Zurückstellungsbescheid abgetrennt, dieses unter dem Aktenzeichen Au 4 K 14.511 fortgesetzt und sogleich eingestellt.

Bereits mit Schriftsatz vom 14. März 2014 hatte die Klägerin im Hinblick auf die Aufhebung des Zurückstellungsbescheids nur noch beantragt, den Beklagten zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu verpflichten.

Hinsichtlich dieses Verpflichtungsantrags hatte der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. März 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die erhobene Untätigkeitsklage sei derzeit unzulässig, da ein sachlicher Grund bestehe, nicht über den Antrag der Klägerin zu entscheiden. Der Beklagte habe die Klägerin bereits zwei Mal auf die Notwendigkeit einer Ergänzung der artenschutzrechtlichen Prüfung hingewiesen. Zwischenzeitlich sei im Genehmigungsverfahren bezüglich drei Windenergieanlagen bei ... von Einwendern sehr umfangreiches und fundiertes Material vorgelegt worden. Dieses deute auf ein erheblich intensiveres Artenvorkommen, vor allem des Rotmilans und des Steinadlers, im direkten Umfeld des geplanten Baufeldes hin. Daher werde das Vorhaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht genehmigungsfähig gehalten. Es bestehe die Möglichkeit, die Genehmigungsbehörde mit einem ergänzenden Gutachten davon zu überzeugen, dass keine artenschutzrechtlichen Versagungsgründe vorlägen.

Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. April 2014, die artenschutzrechtlichen Fragen seien durch die von ihr vorgelegten Gutachten abschließend geklärt. Der Beklagte nehme nunmehr ungeprüfte Behauptungen einer Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen zum Anlass, weitere Unterlagen zur artenschutzrechtlichen Situation zu verlangen, obwohl die Datengrundlage und die Schlussfolgerungen der Bürgerinitiative fachlich als fragwürdig einzuschätzen seien. Gleichwohl habe sich die Klägerin entschieden, ein ergänzendes artenschutzrechtliches Gutachten in Auftrag zu geben, um das Verfahren nicht weiter zu verzögern.

Im Einverständnis aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2014 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2014 bat die Klägerin darum, das Verfahren wieder aufzunehmen und legte folgende Unterlagen vor: Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, Nachtrag 2014; Landschaftspflegerischer Begleitplan - Nachtrag; Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten; Ergebnisprotokoll Horstkontrolle.

Das Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) - Nachtrag 2014 führte in Bezug auf den Rotmilan Folgendes aus: Die Behauptung Ortsansässiger, aufgrund ihrer Beobachtungen seien im weiteren Umgriff der Anlagen zwei sichere und zwei mögliche Revierzentren vorhanden, sei angesichts des engen Beieinanderliegens der vermeintlichen Horststandorte (einmal rund 2 km, ansonsten höchstens ca. 1 km) mehr als fraglich. Zudem hätten die Ortsansässigen bei ihren Beobachtungen in dem relativ kleinen Landschaftsausschnitt im Falle mehrerer Paare wiederholt drei bis vier Milane sichten müssen. Es sei aus Sicht der Gutachter derzeit völlig unklar, wo sich ein Rotmilanhorst befinden solle. Das Untersuchungsgebiet werde offenbar lediglich von nahrungssuchenden Individuen beflogen, wobei die Landschaft aufgrund der intensiven Ackernutzung für den Rotmilan kein Optimalhabitat darstelle. Die betreffende Fortpflanzungsstätte könne durchaus weiter entfernt sein. Im Nahbereich der drei geplanten Windkraftanlagen seien 2014 bei insgesamt fast 60 Kontrollstunden nur sechs Flüge erfasst worden, wobei sich sogar nur zwei auf die eigentliche Risikozone bezögen. Die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich habe bei maximal rund 10 Minuten gelegen und damit deutlich unter 0,5% im Verhältnis zur gesamten Beobachtungszeit. Insofern sei ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko zu verneinen. Im Übrigen sei nach Studien eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr für den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde in dem Nachtrag zur saP ausgeführt: Hinweise auf einen Horststandort innerhalb des Prüfbereichs gebe es nicht. Ähnlich wie beim Rotmilan werde das Untersuchungsgebiet vom Schwarzmilan zwar auf Nahrungsflügen von Brutvögeln aus dem Umfeld durchflogen. Das Areal sei jedoch angesichts der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung nicht als günstiges oder gar optimales Habitat zu bewerten. Bevorzugte Gebiete seien offenbar das Tal der ... im Westen sowie die das ...- bzw. ... im Nordosten mit einem vergleichsweise hohen Grünlandanteil. Bei den Raumnutzungskontrollen 2014 seien insgesamt 30 Flugbewegungen registriert worden (an 12 der 21 Beobachtungstage), davon 13 in der Höhenstufe 80 bis 200 m. Nur vier dieser Aktivitäten erfolgten innerhalb eines Korridors von 250 m um die drei beantragten Anlagen. Damit liege - ähnlich wie beim Rotmilan - eine sehr geringe Aktivitätsdichte im Planungsbereich vor.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt, 2013 sei von Ortsansässigen ein besetzter Horst im Rodungsbereich für das Fundament bzw. die Kranstellfläche einer der Windenergieanlagen entdeckt worden. Auch 2014 sei dieses Nest wieder von einem Baumfalkenpaar genutzt worden. Die weitere Verfügbarkeit sei aber ungewiss, weil sich der Horst in einem Wirtschaftswald mit einem Bestand im hiebreifen Alter befinde. Außerdem sei die betreffende Fichtengruppe windwurfgefährdet. Generell unterliege die Lage von Revierzentren bei Baumfalken einer höheren Dynamik.

Überdies zeige sich, dass der Baumfalke im näheren Umgriff der drei Windenergieanlagen nicht regelmäßig jage. Dazu sei das Gebiet zu stark ausgeräumt. Hingegen könnten als nächst gelegene wichtige Nahrungshabitate der gesamte wiesenreiche Talraum der ..., das südlich gelegene Tal des ... sowie die Siedlungen ... und ... mit nahem Umfeld hervorgehoben werden. Bei den Untersuchungen 2014 sei der Baumfalke ab dem 17. April an jedem Beobachtungstag zu sehen gewesen. Für das gesamte untersuchte Gebiet hätten sich 35 Flugbewegungen ergeben. Lediglich drei von ihnen seien in der potenziell kritischen Höhe von 80 bis 200 m erfolgt. In Anbetracht der sehr geringen Flugbewegungen in kollisionsrelevanter Höhe, der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des jetzigen Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld erscheine die Realisierung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar. Überdies müsse beim Baumfalken generell mit einem vergleichsweise geringen Kollisionsrisiko ausgegangen werden, weil die von Windenergieanlagen ausgehenden Verwirbelungen eine erfolgreiche Beutejagd schwierig machten.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Ein aktueller Brutplatz habe nicht gefunden werden können. Lediglich beim südlich gelegenen ... in einer Entfernung von mindestens 1,6 km zu dem Vorhaben sei ein offenbar unbenutzter Horst entdeckt worden, jedoch sei unter anderem wegen fehlender Flugnachweise im nahen Umfeld nicht davon auszugehen, dass der Horst 2014 genutzt worden sei. Im gesamten Beobachtungsgebiet seien ab Mai 2014 insgesamt 31 Flugbewegungen an elf der 21 Termine festzustellen gewesen. Im potenziellen Gefahrenbereich von 250 m um die Windenergieanlagen sowie in einer Höhe von 80 bis 200 m seien an fünf dieser elf Tage Feststellungen zu verzeichnen gewesen. Die Aufenthaltsdauer habe - bereits deutlich nach oben gerundet - zusammen höchstens 30 Minuten betragen. Dies entspreche im Verhältnis zur gesamten Kontrollzeit einem Anteil von 0,8%. Nach einer Entscheidung des VG Würzburg werde die Signifikanzschwelle erst bei einem Anteil der Beobachtungszeit im Gefahrenbereich von 10% der Gesamtkontrolldauer erreicht.

In der Unterlage „Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten“ vom 13. Oktober 2014 wurde ausgeführt: Die Analyse sei von vier Beobachtungspunkten sowie zusätzlich durch „mobile Beobachtungen“ durchgeführt worden. Die Beobachtungspunkte 1 bis 3 seien mit der Unteren und der Höheren Naturschutzbehörde abgestimmt gewesen. Von diesen Beobachtungspunkten seien die Anlagenstandorte komplett oder jedenfalls im Risikobereich (Höhe ab 80 m) erfassbar gewesen. Zwischen dem 20. März und dem 20. August 2014 seien insgesamt 21 Beobachtungsgänge durchgeführt worden. Insgesamt seien 178,5 Stunden Beobachtungszeiten geleistet worden. Die nach dem Windkrafterlass geforderten Erfassungszeiten von mindestens 54 Stunden je Anlagenstandort seien bei weitem übererfüllt worden. Beobachtungen in einem Durchmesser von ca. 250 m um einen geplanten Anlagenstandort seien als relevante Flugbewegungen über dem Anlagenstandort gewertet worden.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt: Zwar sei unmittelbar am Standort der Windenergieanlagen ein besetzter Horst mit Jungvögeln vorhanden. Jedoch sei in Anbetracht der geringen Flugbewegungen im Risikobereich der geplanten Anlagenstandorte (nur drei Flüge über 80 m Höhe), der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld die Durchführung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar.

In Bezug auf den Rotmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (drei Standorte ohne Überflüge, drei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit zwei Überflügen) beobachtet worden seien, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Hinweise auf einen Horststandort im 1 km-Radius vorhanden seien, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (vier Standorte ohne Überflüge, zwei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit drei bzw. vier Überflügen) beobachtet wurden, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Horststandort im 1 km-Radius vorhanden sei, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Zwar gehöre er nach dem Windkrafterlass zu den kollisionsgefährdeten Arten. Die allgemeine Kollisionsgefährdung des Wespenbussards durch Windenergieanlagen sei aber nicht abschließend geklärt. Die Mehrzahl der Flugbeobachtungen sei außerhalb des Risikobereichs (zwischen 80 und 200 m) gelegen. Innerhalb des Risikobereichs seien die einzelnen Standorte zwischen null und sechsmal überflogen worden. Die summierten Überflugzeiten im Risikobereich je Anlagenstandort lägen zwischen 5 und 12 Minuten, dies entspreche einer Überflugrate von 0,3 bis 0,5% bezogen auf die Gesamtbeobachtungszeit. Die Gesamtüberflugszeit aller Standorte liege bei 53 Minuten bzw. 2,1% der gesamten Beobachtungszeit. Die Flüge über 80 m seien hauptsächlich bei Windstille bzw. schwachem Wind (Thermik) stattgefunden. Der Hauptteil der Balz-/Reviermarkungsflüge des Wespenbussards finde zwischen Mitte Juli und Mitte August statt. Ob sich die Art bereits dauerhaft im Untersuchungsgebiet als Brutvogel etabliert habe, sei nicht bekannt, da es beim Wespenbussard zu jährlich wechselnden Brutplätzen kommen könne. Daher sei nicht grundsätzlich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Ein Brutnachweis aus dem Untersuchungsgebiet liege nicht vor.

Die Unterlage „Ergebnisprotokoll Horstkontrolle vom 9. September 2014“ wies aus, dass eine Begehung gemeinsam mit einem Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde und einem Vertreter der von der Klägerin beauftragten Gutachter stattgefunden hatte. Bei ..., ca. 1 km südlich der Planungskulisse, sei ein Horst gefunden worden, in dem nach Angaben von ... Bürgern eine Brut des Wespenbussards 2014 stattgefunden haben solle. Jedoch habe der Horst einen, zumindest 2014, nicht besetzten Eindruck gemacht. Unter anderem sei er bei der Überprüfung völlig durchnässt gewesen. Es lasse sich nicht abschließend beurteilen, ob es sich dabei tatsächlich um einen Brutplatz des Wespenbussards handle. Jedoch erscheine es eher plausibel, dass der Nistplatz nur sporadisch als Wechselhorst vom Wespenbussard genutzt worden sei.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2015 legte der Beklagte eine naturschutzfachliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 vor. Daraus ergebe sich, dass sämtliche Windenergieanlagen nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter und kollisionsgefährdeter Arten geplant seien, so dass das Tötungsrisiko für besonders geschützte Arten signifikant erhöht sei. Daher sei die Klägerin mit Schreiben vom 7. Januar 2015 zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört worden.

Aus der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 ergab sich im Wesentlichen Folgendes: Sämtliche von der Klägerin - insbesondere also auch die nachgereichten - Unterlagen seien berücksichtigt worden. Hinsichtlich der von der Klägerin veranlassten Beobachtungen sei festzustellen, dass dies zwar zeitmäßig den Anforderungen des Windkrafterlasses genüge, jedoch seien die Beobachtungstage nach regelmäßigem Muster verteilt (einmal je Woche) und nicht je Aktivitätsphase gruppiert worden. Ferner seien die filmisch und kartografisch dokumentierten Beobachtungen von ... Bürgern aus den Jahren 2013 und 2014 berücksichtigt worden (für das Jahr 2014: insgesamt 1.018 Videofilme mit einer Gesamtdauer von 25 Stunden und 44 Minuten). Deren Hauptaugenmerk sei auf den Rotmilan gerichtet gewesen. Die Daten der ... Bürgern seien so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar gewesen, dass sie als ergänzende Daten hätten einbezogen werden können. Ferner hätten Beobachtungen und fachliche Einschätzungen durch Herrn ... vorgelegen.

Die Annahme in der von der Klägerin vorgelegten Raumnutzungsanalyse, dass der Rotmilan dauerhaft häufiger hätte zu beobachten sein müssen, wenn er hier ein Brutrevier hätte, erscheine plausibel, sei aber nicht zwingend. Wenn es sich hier - was nachvollziehbar sei - um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten. Nach den Filmen der Bürger aus dem Jahr 2014 sei eindeutig ein besetzter Wespenbussard-Horst mit Jungen belegbar.

Die Annahme, die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich müsse bei 10% der Beobachtungszeit liegen, sei zurückzuweisen. Dieser Wert könne unter normalen Umständen kaum erreicht werden (denkbar allenfalls im Nahbereich einer künstlichen Futterquelle, z. B. Deponie), ansonsten nur in Ausnahmefällen (frisch gemähte Wiese), dann jedoch nicht als Durchschnittswert. Es sei auch falsch, bei diffus über den Raum verteilten Nahrungsgebieten stets eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos zu verneinen. Bezüglich des Rotmilans sei nicht entscheidungsrelevant, ob ein oder vier Reviere vorlägen. Unzweifelhaft liege aufgrund eindeutiger Indizien wenigstens ein Brutplatz vor. Falsch sei auch die Annahme, dass wegen der Raumansprüche keine zwei Brutplätze gleichzeitig existieren könnten. Dies sei im fraglichen Raum ohne weiteres möglich. Die Aussage, ein Rotmilan-Brutplatz habe nicht übersehen werden können, sei sehr gewagt. Selbst erfahrene Vogelkundler würden immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht. Bezüglich des Baumfalken sei den Aussagen zum Gutachter der Klägerin zu widersprechen, dass es zu keiner Schädigung der Brutstätte komme. Der engere bisherige Nestraum werde dadurch geschädigt, dass das Bestandsensemble der Bäume völlig verändert werde. Die Gutachter führten selbst aus, dass Baumfalken bei Baumaßnahmen oft abwanderten und später zurückkehrten. Außerdem sei es fragwürdig, dass die Gutachter offenbar nicht einmal die unmittelbare Nestumgebung als kollisionsgefährdet einstuften.

Insgesamt habe die Untere und die Höhere Naturschutzbehörde eine deutlich abweichende Beurteilung. Daher habe eigene, auf Daten und Fakten basierende Beurteilung und Bewertung vorgenommen werden müssen, die Folgendes ergebe:

Das Gelände sei für Greifvögel, speziell Thermikgleiter, aufgrund der Topographie hoch attraktiv. Es sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung, des vorhandenen Restgrünlandes und anderer Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlenden Grünlandes, täusche.

Je ein besetzter Horst mit Bruterfolg habe für den Baumfalken und den Wespenbussard nachgewiesen werden können. Speziell die kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke kämen im Gebiet als stabile Brutvögel vor. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus der Zusammenschau aller Daten. Die sicher gefundenen und die höchst wahrscheinlichen Brutplätze lägen im Nahbereich von Anlagen des Windparks. Trotz eindeutiger Revieranzeigen der Aktivitäten habe beim Rotmilan zwar kein Horst nachgewiesen werden können. Aufgrund der eindeutigen Indizien werde jedoch von einem Rotmilan-Traditionsrevier ausgegangen. Es bestehe auch der begründete Verdacht eines Schwarzmilanhorstes am östlichen Rand des Tales der ... in etwa östlich von ....

Die von den ... Bürgern gelieferten ergänzenden Hinweise und Daten seien hinreichend substantiiert und daher beachtlich. Sie entsprächen in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses. Hingegen hätten die Gutachter der Klägerin nicht, wie in einer Kartieranleitung des LfU empfohlen, vormittags und nachmittags mit in etwa gleicher Intensität kartiert. Die Beobachtungen hätten sich daher nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen richten können. Einige wichtige Beobachtungen vor Ort seien damit wohl durch das zeitliche Raster gefallen.

Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Daten der Bürger und der von der Klägerin beauftragten Gutachter zu erhalten, sei bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ein Korrekturfaktor von 3,0 anzusetzen. Da umgekehrt bei den Bürgern die nötige Erfahrung und Routine mit Flugbeobachtungen begrenzt vorausgesetzt werden könne, werde bei deren Daten ein Abschlag von 20% angenommen. So ergäben sich für den Rotmilan insgesamt ca. 250 Durchflüge pro Jahr bezogen auf alle im Untersuchungsraum geplanten Windenergieanlagen.

Bezüglich der vorhandenen Nahrungshabitate sei festzustellen, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern dass diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien. Dies lasse ein diffuses Muster von Flugbewegungen über das gesamte Gebiet erwarten. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine etc. würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt.

Aus den Daten der ... Bürger ergebe sich ferner, dass hinsichtlich des Rotmilans Territorialflüge, Revierflüge, Balzflüge und Nahrungseintragungsflüge im Nahbereich (1.000 m um die Anlagen) nachgewiesen seien. Nach fachlichen Erkenntnissen sei von einer Brut auszugehen. Für den Wespenbussard bestehe ein starker Verdacht, dass sich neben dem gefundenen Horst ein weiteres Revier im Nordbereich des Waldes befinde.

Lege man diese Erkenntnisse einer Bewertung nach dem Windkrafterlass zugrunde, ergebe sich, dass bei Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke ein Revierzentrum jeweils im 1 km-Umkreis vorliege. Aus dem Windkrafterlass ergebe sich die Regelvermutung, dass bei Unterschreitung dieses Abstands die Artenschutzanforderungen nicht gewahrt seien, es sei denn es werde nachgewiesen, dass die Flugaktivitäten in diesem Radius so seien, dass die Vögel mit den Windenergieanlagen nicht in Kontakt kämen. Da bei allen drei Arten davon auszugehen sei, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Bereiche der Windenergieanlagen gebe, sei diese Vermutung nicht widerlegt.

Gesichert sei, sowohl nach den Daten der Bürger als auch den Daten der Gutachter der Klägerin, dass alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden. Ferner bestünden mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei Wespenbussard-Reviere, nämlich der 2014 im Süden gefundene sowie eines im Nordwesten des Untersuchungsraumes. Sicher bestehe auch ein Rotmilanrevier. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Dieses Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen. Der Baumfalke habe seinen Nestplatz an einer markanten randlichen Waldstruktur, die seinen Nistplatzansprüchen in optimaler Weise entspreche. Der Bau der unmittelbar dort gelegenen Windenergieanlage bedeute den Verlust bzw. die Entwertung dieses Nisthabitates bzw. eine permanente Tötungsgefahr durch den Rotorkontakt. Für den Rot- und Schwarzmilan stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimalen Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum dar.

Betrachte man überdies das Kollisions- und Tötungsrisiko mittels eines konservativen Ansatzes, sei bei mehr als 15 Durchflügen pro Jahr bzw. einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer im Risikobereich von mehr als 30 Minuten pro Jahr eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos gegeben. Ziehe man die Daten der Gutachter der Klägerin und der ... Bürger, letztere mit einem Korrekturfaktor von 0,20, heran, ergebe sich, dass diese Schwelle des bezüglich des Wespenbussards bei allen drei Anlagen, bezüglich des Rotmilans und des Baumfalkens bei zwei Anlagen und bezüglich zusätzlich des Schwarzmilans bei einer Anlage erfüllt sei. Daher sei im Ergebnis keine Anlage genehmigungsfähig.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. April 2015 legte die Klägerin zwei weitere Unterlagen vor: Die „Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen Artenschutzfachlichen Prüfung (saP) für den geplanten Windpark ...“ vom 24. April 2015 sowie eine „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde, Landratsamt ...“ vom 7. April 2015. Hierin werde nachvollziehbar dargelegt, dass die seitens des Beklagten geltend gemachten Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht durchgreifen würden.

In der Unterlage zur Vollständigkeitsprüfung der saP wurde gegen das Argument des Beklagten, die Beobachtungstage seien nach regelmäßigem Muster und nicht nach Aktivitätsphase gruppiert worden, eingewendet, es seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan lokalisiert worden, an denen eine Aktivitätsphase hätte festgemacht werden können. Im Rahmen der dreijährigen Untersuchung seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan im Umkreis von 1 km um die Standorte der Windenergieanlagen nachgewiesen worden. Nur die Kenntnis eines Horststandort aber, der als Brutplatz dient oder gedient habe, könne als mögliche Grundlage für die Anwendung von Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass herangezogen werden.

Die Frage der Aufenthaltswahrscheinlichkeit einer Vogelart lasse sich nur mit einer zeitlichen Bezugsgröße ermitteln. Der Beklagte habe selbst festgestellt, dass eine solche Größe mit der Beobachtungsdauer von 54 Stunden pro Beobachtungspunkt vorliege. Bei den Daten der ... Bürger liege eine solche Gesamtbeobachtungsdauer nicht vor. Überdies sei die vom Beklagten vorgenommene Auflistung der durchschnittlichen Beobachtungen pro Kartiertag und der durchschnittlichen Zahl der Durchflüge pro Kartiertag, um daraus den Anteil der Durchflüge an den Beobachtungen in Prozent zu errechnen, weder aus mathematischer noch aus ökologischer Sicht der zu berücksichtigenden Arten geeignet, eine zeitliche und/oder räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu ermitteln. Vielmehr hätte der Beklagte prüfen müssen, welchen Zeitanteil der Dauerkartiertage der ... Bürger die Nutzung des möglichen Kollisionsbereichs im Verhältnis zur Nutzung der anderen nicht kollisionsgefährdeten Bereiche einnehme. Die Feststellung des Beklagten, dass eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos vorliege, entbehre somit jeglicher Grundlage.

Bezüglich des Baumfalken sei festzustellen, dass dieser im engeren Umfeld des geplanten Windenergiestandortes (Abstand geringer als 1.000 m) brüte. Für den Baumfalken sei jedoch aufgrund seiner hervorragenden sehphysiologischen Eigenschaften ein Kollisionsrisiko so gut wie auszuschließen, auch wenn hierzu sehr vereinzelt Nachweise vorlägen. Als Vermeidungsmaßnahme komme die Anlage von künstlichen Nisthilfen in Betracht, wenn gleichzeitig die Horste aus dem näheren Umfeld des Planungsraums entfernt würden. Hinzutreten könne eine Ausnahmeregelung nach § 45 BNatSchG.

Der Wespenbussard brüte innerhalb des 1.000 m-Radius um die Windenergieanlage. Die saP vermittle eventuell den Eindruck, dass der Wespenbussard fast ausschließlich den Planungsraum als Nahrungs- und Flughabitat nutze. Dieser Eindruck sei gegebenenfalls zu entkräften, andernfalls komme ein Ausnahmeantrag gemäß § 45 BNatSchG in Betracht.

Die Unterlage „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ setzte sich ausführlich mit deren Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 auseinander. Zusammengefasst ergebe sich folgendes: Die Einschätzung des Beklagten, das Gelände sei für Greifvögel hoch attraktiv bzw. ein günstiger Lebensraum, beruhe auf rein theoretischen Betrachtungen. Die vom Beklagten genannten Eigenschaften seien ganz typisch für das gesamte schwäbische und das angrenzende oberbayerische Hügelland. Es handle sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der ... im Westen sowie das ... im Nordosten würden vom Beklagten dagegen nicht betrachtet.

Bezüglich des Rotmilans erkenne der Beklagte an, dass im Juni und Juli 2013 und 2014 nur sehr wenige Exemplare im Planungsgebiet hätten beobachtet werden können. Dies sei ein deutliches Indiz, dass das Untersuchungsgebiet in dieser Zeit keine ausreichende Nahrung biete und dass sich im Planungsgebiet kein Brutrevier befinde. Der Beklagte habe entgegen einer Gesamtwürdigung der saP ein eigenes Gutachten erstellt, mit einer sehr zweifelhaften, nicht wissenschaftlich belegten Methode Jahresdurchflugszahlen berechnet und habe einen eigenen Schwellenwert für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko festgelegt, der nicht begründet sei. Ohne Rechtfertigung verwerfe der Beklagte eine nachvollziehbare und gerichtlich überprüfte Methode zur Bewertung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos (Urteil des VG Würzburg). Stattdessen berechne der Beklagte mit einer eigenen, nicht nachvollziehbaren Methode das Tötungsrisiko, so dass bereits ein beobachteter Überflug eines einzelnen Rotmilans über einer Windenergieanlage ausreiche, um ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszulösen.

Entgegen der Kritik des Beklagten sei die Raumnutzungsanalyse entsprechend dem Bayerischen Windkrafterlass vollumfänglich durchgeführt worden. Die Beobachtungszeiten, die geforderten Aktivitätsphasen und die entsprechenden Tageszeiten und Witterungsbedingungen seien uneingeschränkt beachtet worden. Die vom Beklagten zitierte Kartieranleitung des Landesamts für Umwelt beziehe sich auf die Methoden für Revierkartierungen und Populationserfassungen und unterscheide sich damit grundsätzlich von den Raumnutzungsanalysen nach dem Windkrafterlass.

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten die Daten der ... Bürger selbst ausgewertet. Danach ergebe sich, dass nicht nachweisbar sei, wann die Videodateien tatsächlich erstellt worden seien. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verortung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Eine exakte Auswertung in Bezug auf Durchflüge, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, sei deshalb nicht möglich.

Die Aussage des Beklagten, im Gebiet sollten speziell Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke als stabile Brutvögel vorkommen, sei durch Daten keinesfalls untermauert. Belegbar seien nur ein Brutplatz des Baumfalken in den Jahren 2013 und 2014 sowie der Brutplatz eines Wespenbussards im Jahr 2014, dessen Raumnutzung allerding im Wesentlichen außerhalb des Planungsgebiets liege. Trotz intensiver Nachsuche sei weder 2013 noch 2014 der Nachweis einer Rotmilanbrut bzw. eines Horstes gelungen.

Unzutreffend sei auch die Abgrenzung der Brut- und Nahrungsreviere. Die Raumnutzungsanalyse und die Beobachtungen der Bürger ließen nur bedingt Schlüsse zu abgrenzbaren Revieren zu. Beim Wespenbussard und Rotmilan sei das Nahrungsrevier nur näherungsweise in Kreisform mit einem willkürlich gewählten Revier im Mittelpunkt abgegrenzt worden. Es werde nicht erläutert, auf welcher Grundlage die Nahrungs- und Brutreviere abgegrenzt worden seien. Wesentliche weitere potentiell geeignete Nahrungshabitate fehlten in der Darstellung des Beklagten. Es werde der Eindruck erweckt, dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Dem gefundenen Wespenbussardhorst habe der Beklagte schon selbst kein Nahrungsrevier im Planungsgebiet zugeordnet. Zu Unrecht seien dem Baumfalkenhorst nur weit entfernte Nahrungshabitate zugeordnet worden, um Überflüge der Standorte zwischen Horst und Nahrungshabitaten zu belegen.

Bezüglich der Berechnung des Kollisionsrisikos sei die Annahme des Beklagten nicht belegt, dass bei 15 Jahresdurchflügen von einer definitiven Richtschnur für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszugehen sei. Der Beklagte habe nicht anhand der Beobachtungstage auf das ganze Jahr hochrechnen dürfen. So seien die Beobachtungen bei günstigen Witterung- und Tageszeiten durchgeführt worden. Bei schlechtem Wetter sowie in den frühen Morgen- und Abendstunden fänden deutlich weniger Flugbewegungen statt. Es seien nicht die tatsächlichen Beobachtungszeiten einbezogen worden, sondern es seien, unabhängig davon wie lange und mit wieviel Personen die ... Bürger beobachtet hätten, ganze Tage hochgerechnet worden.

Der Beklagte habe die durchschnittlichen Jahres-Anwesenheitszeiten der einzelnen Arten für die Berechnung der Jahresdurchflugwerte deutlich zu hoch angesetzt. Die vom Beklagten verwendeten Korrekturfaktoren seien nicht nachvollziehbar und würden von ihm selbst nicht einheitlich verwendet.

Der Beklagte habe die Daten der ... Bürger unkritisch verwendet, ohne deren fachliche Eignung zu hinterfragen. Die Flugbewegungen seien nicht exakt den Anlagenstandorten zuzuordnen, die Karteneintragungen seien häufig falsch oder sehr ungenau vorgenommen worden. Schließlich habe der Beklagte im Widerspruch zum Windkrafterlass den Baumfalken und den Wespenbussard als störungsempfindliche Arten eingestuft.

Bezüglich des Baumfalkenhorsts sei überdies zu bemerken, dass der betreffende Waldbereich aus forstwirtschaftlichen Gründen zwischenzeitlich geerntet worden sei. Der Horstbaum sei nicht mehr vorhanden.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 lehnte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin ab. Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Der Tatbestand des Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei bei Verwirklichung des Vorhabens erfüllt. Das Tötungsrisiko sei für Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht. Dies ergebe sich aus den Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 und deren aktueller Stellungnahme vom 17. Juni 2015.

Diese aktuelle Stellungnahme führte im Wesentlichen aus: Die Unterlagen der ... Bürger seien als Tatsachennachweis in die Wertung der Unteren Naturschutzbehörde mit eingeflossen und stünden berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen. Ihre Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) von der Naturschutzbehörde einer angemessenen, sorgfältigen Stichprobenprüfung unterzogen worden. Dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können.

Die Gutachter der Klägerin hätten die Prüfbereiche außerhalb des 1-km-Bereichs nicht bearbeitet. Es handele sich jedenfalls um deutlich mehr als nur vereinzelte Durchflüge kollisionsgefährdeter Arten durch den Gefahrenbereich der Anlagenstandorte. In Ermangelung einer anerkannten Methode zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos habe sich die Untere Naturschutzbehörde diese im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative selbst erarbeitet. Da die ... Bürger häufiger nachmittags, die von der Klägerin beauftragten Gutachter jedoch überwiegend vormittags beobachtet hätten, habe sich durch die Daten der Bürger ein etwas anderes Bild ergeben. Die Beobachtungen der ... Bürger seien daher wesentlich ergänzende Fachdaten.

Auch wenn die landschaftliche Ausstattung und die Geländemorphologie einschließlich der vorhandenen Strukturen für große Teile der gesamten Aindlinger Terrassentreppe zuträfen, sei festzuhalten, dass für den Rotmilan relevante Strukturelemente jedenfalls vorhanden seien. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten hauptsächlich am Vormittag beobachtet, daher fehlten Ganztagsbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase. Bezüglich der Daten der ... Bürger sei sich die Untere Naturschutzbehörde bewusst, dass Unsicherheiten unvermeidlich seien. Daher sei ein Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt gehalten worden. Dass der Rotmilan bevorzugt das Tal der ..., das ... und das ... nutzen würde, sei eine nicht belegte Vermutung. Jedenfalls besiedelten Rotmilane nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen. Bezüglich des Wespenbussards sei der Horst mit Jungenaufzucht eindeutig belegt. Es sei erstaunlich, dass die Gutachter der Klägerin diesen nicht gefunden hätten bzw. versuchten, diesen als unbenutzt darzustellen. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass weiter nördlich von diesem Horst ein zweites Revier liege. Der von der Naturschutzbehörde bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter vorgenommene Zuschlag spiegle einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung wider. Dies sei für die notwendige vergleichende Betrachtung angezeigt gewesen. Der Behauptung, da kein für den Rotmilan typischer Horst gefunden worden sei, liege kein Rotmilanrevier vor, müsse widersprochen werden. Wie der nicht entdeckte Wespenbussardhorst beweise, sei die Horstsuche ganz offensichtlich mangelhaft gewesen. Auch sei die Horstsuche nur über ausgesuchte Teilbereiche des Untersuchungsgebiets erstreckt worden, eine flächendeckende Horstsuche sei aber nicht erfolgt.

Wenn die Naturschutzbehörde das vermutete Revierbereich dargestellt worden, sei dies nicht so zu verstehen, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Es sei lediglich ein Bereich abgegrenzt worden, in dem sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte. Bezüglich der Beseitigung des Baumes, in dem sich der Horst des Baumfalken befunden habe, sei davon auszugehen, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage, z. B. ein altes Krähennest, nutzen werde. Damit sei weiterhin ein bestehender Baumfalkenbrutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen.

Die Hochrechnung auf ganze Tage sei sowohl bei den Gutachtern der Klägerin als auch bei den Bürgern erfolgt. Diese seien also gleichbehandelt worden.

Die Zahl von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage ergebe sich daraus, dass dann jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gemäß dem Windenergieerlass gesprochen werden könne. Dieser Wert sei jedenfalls nicht willkürlich, da der Windkrafterlass keine Konkretisierung enthalte. Wenn von Durchflug gesprochen werde, sei dies mit der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich gleichzusetzen.

Es sei unzutreffend, dass die Untere Naturschutzbehörde die Daten der ... Bürger unkritisch und ohne Überprüfung übernommen habe. Der umfangreiche Datenpool der ... Bürger sei als ergänzende Unterlage, nicht jedoch anstelle der Kartierdaten der von der Klägerin beauftragten Gutachter verwendet worden.

Auch wenn Horststandorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne, sei es fachlich vertretbar, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden.

Im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom 18. Juni 2015 beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2015,

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin eine Genehmigung gem. § 4 BImSchG zur Errichtung und Betrieb von 3 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern auf den Grundstücken Fl.Nrn. ..., ... der Gemarkung ... (Windpark ...) gemäß ihrem Antrag vom 5. April 2012 zu erteilen.

In der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 beantragte die Klägerin hilfsweise,

unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 18. Juni 2015 erneut den Antrag der Klägerin vom 5. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden.

Beklagter und Beigeladene beantragten in der mündlichen Verhandlung,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung noch einen Anspruch darauf, dass ihr Genehmigungsantrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschieden wird. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, weil ein Versagungsgrund i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorliegt. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsgebot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Artenschutzrechtliche Verbote i. S. d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 3 und 6).

Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es u. a. verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dieser Tatbestand erfüllt, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 - juris Rn. 219). Umgekehrt wird gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht verstoßen, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung jedenfalls aufgrund von Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich verbleibt, der mit einem Vorhaben in Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, das einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Genehmigungsbehörde bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch insoweit seine Rechtsprechung für Planfeststellungsverfahren auf die Genehmigung von Windenergieanlagen übertragen (grundlegend BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 14). Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative - worauf im vorliegenden Verfahren besonders hinzuweisen ist - sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Hiervon geht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 43 [bestätigt durch BVerwG, B.v. 16.9.2014 - 4 B 48/14 - juris]; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - juris Rn. 22 ff.; BayVGH, B.v. 27.5.2015 - 22 CS 15.485 - juris Rn. 21).

Die behördliche Einschätzungsprärogative hat zur Folge, dass die Annahmen der Genehmigungsbehörde einer nur eingeschränkten Kontrolle zugänglich sind. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 65). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 16). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich allerdings nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz vorschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 19).

Für die Genehmigung von Windkraftanlagen in Bayern ist zudem - auch für das gerichtliche Verfahren - der sog. „Windkrafterlass“ (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen; Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) vom 20. Dezember 2011 zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei dem Windkrafterlass um ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, von dem auch angesichts der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden darf (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 18.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 44).

Nach diesen Maßstäben erweisen sich die beantragten Windenergieanlagen wegen Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots als nicht genehmigungsfähig.

Der Beklagte hat die Ablehnung des Genehmigungsantrags (Bescheid vom 18.6.2015) damit begründet, dass das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht würde. Er hat auf die entsprechenden Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 sowie auf deren - auf die Einwendungen der Klägerin abgegebene - Stellungnahme vom 17.Juni 2015 Bezug genommen. Die Untere Naturschutzbehörde ist zu dem Ergebnis gelangt (Stellungnahme vom 23.12.2014, S. 27), dass in Bezug auf die Windenergieanlage 1 (d. h. die am weitesten westlich gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Wespenbussard, in Bezug auf die Windenergieanlage 2 (d. h. die „mittlere“ der drei Anlagen) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Baumfalken und den Wespenbussard und in Bezug auf die Windenergieanlage 3 (d. h. die am östlichsten gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Schwarzmilan, den Wespenbussard und den Baumfalken jeweils signifikant erhöht ist. Diese Beurteilung des Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Bei sämtlichen vier vom Beklagten aufgeführten Vogelarten kommt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsrisiko nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Betracht, weil es sich um besonders kollisionsgefährdete Arten handelt. Diese Annahme ist von der Einschätzungsprärogative des Beklagten gedeckt und deshalb für die Prüfung zugrunde zu legen. Die Klägerin zieht dies zwar in mehrfacher Hinsicht in Zweifel. So soll eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr in Bezug auf den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen sein (Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung - Nachtrag 2014, S. 31). Bezüglich des Baumfalken sei ein „vergleichsweise geringes Kollisionsrisiko plausibel“ (a. a. O., S. 42). Der Baumfalke werde nach einem Leitfaden der Europäischen Kommission nicht als kollisionsgefährdet eingestuft (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 4). Ein Kollisionsrisiko mit Windenergieanlagen sei für Baumfalken wegen dessen hervorragender sehphysiologischer Eigenschaften so gut wie auszuschließen (Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark St. vom 24.4.2015, S. 4). Auch der Wespenbussard werde von der Europäischen Kommission sowie der Länderarbeitsgemeinschaft der Deutschen Vogelschutzwarten nicht als kollisionsgefährdet gelistet (a. a. O., S. 10).

Dass hingegen die Einstufung der genannten Vogelarten als kollisionsgefährdet naturschutzfachlich nicht vertretbar ist, wird von der Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Der Beklagte konnte und musste sich vielmehr entscheidend auf die fachlichen Aussagen des Windkrafterlasses (S. 41 i. V. m. dessen Anlage 2) stützen (so in Bezug auf eine unterschiedliche Beurteilung der besonderen Kollisionsgefährdung des Schwarzstorches BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Die Beurteilung des Beklagten in Bezug auf die Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots ist auch nicht deshalb rechtlich fehlerhaft, weil er neben den (nicht: an Stelle der) von der Klägerin vorgelegten naturschutzfachlichen Unterlagen auch die ihm von Seiten der ... Bürger übermittelten Unterlagen, insbesondere deren Beobachtungen, einbezogen hat.

Die Pflicht des Antragstellers, die notwendigen Unterlagen für die Genehmigung beizubringen, berührt nicht die Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG). Im Rahmen dieser Pflicht steht die Auswahl der Beweismittel im Ermessen der Behörde (Art. 26 Abs. 1 BayVwVfG), das durch Verwaltungsvorschriften ausgefüllt werden kann (Jarras, BImSchG, § 10 Rn. 44). Nach dem Windkrafterlass (S. 41) sind ergänzende Hinweise auf Vorkommen u. a. der in Anlage 2 Spalte 1 als kollisionsgefährdet aufgeführten Vogelarten im Verfahren, z. B. durch fachkundige Dritte, nur, aber eben dann beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Zwar betrifft diese Aussage nur das „generelle“ bzw. das „ob“ des Vorkommens der Arten. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bei der konkreten Prüfung der Verbotstatbestände gemäß dem Windkrafterlass (d. h. bei der Frage des „wo“ und des „wie häufig“ der Vorkommen) Hinweise und Beobachtungen Dritter außer Acht bleiben müssten. Substantiierte Einwendungen betreffend die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen oder Einwendungen, die über diese Unterlagen hinaus gehen, können bzw. - je nach Maß der Substantiierung müssen - in Erfüllung der Amtsermittlungspflicht von der Behörde mitberücksichtigt werden. Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote eingreifen, setzt nämlich eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im fraglichen Bereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2008 - 9 VR 9/07 - juris Rn. 31). Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Behörde dabei nicht auf Unterlagen Dritter zurückgreifen dürfte. Vielmehr kann die Außerachtlassung solchen Materials rechtlich fehlerhaft sein, denn die Behörde überschreitet den Rahmen der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative unter anderem dann, wenn ihre Ermittlungstiefe nicht ausreichend ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 20).

Angesichts dessen sind die Vorgaben in Anlage 6 zum Windkrafterlass („Hinweise zur Erfassungsmethode Vögel“) nicht in dem Sinne abschließend, dass, selbst wenn diese eingehalten wurden, Unterlagen und Materialien Dritter von der Behörde nicht mit in die Beurteilung einbezogen dürften. Jedenfalls ist bei Vorliegen substantiierten Materials Dritter der Anwendungsbereich für eine fachlich begründete Abweichung vom Windkrafterlass eröffnet.

Davon abgesehen ist der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass auch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen über das Vorkommen geschützter Vogelarten und deren Flugbewegungen nicht vollständig mit dem Windkrafterlass in Einklang stehen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass bei der Klägerin offenkundig einige wichtige Beobachtungen durch das zeitliche Raster gefallen seien, weil sich die Beobachtungen nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen gerichtet hätten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Der Beklagte hat diese Aussage dahingehend präzisiert, dass Ganztagesbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase fehlten, so dass fachlich kaum beurteilt werden könne, wie repräsentativ die hauptsächlich aus den Vormittagsstunden stammenden Daten tatsächlich seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat den Ausgangspunkt dieser Überlegungen in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage gestellt. Die von ihr beauftragten Gutachter haben vielmehr selbst angegeben, dass der Großteil ihrer Beobachtungen vormittags ab 9.00 Uhr, in geringeren Maße nachmittags ab 12.00 Uhr stattgefunden hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18).

Zwar enthält Anlage 6 zum Windkrafterlass über die Verteilung der Beobachtungsdauer - neben der allgemeinen Vorgabe von „etwa drei Stunden pro Tag“ - keine näheren Angaben. Allerdings müssen sich die Beobachtungszeiten - wie vom Beklagten gefordert - nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der entsprechenden Arten richten (warmes Wetter, gute Thermik-/Flugbedingungen; Windkrafterlass, S. 46). Lagen die Beobachtungszeiten nach eigenen Angaben der von der Klägerin beauftragten Gutachter schwerpunktmäßig am Vormittag ab 9.00 Uhr, konnte der Beklagte davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen das vom Windkrafterlass vorausgesetzte repräsentative Bild an Flugbewegungen nicht vollständig zeichnen konnten.

Im vorliegenden Fall spricht für die Verwendung des von den Bürgern vorgelegten Materials zudem maßgeblich, dass die Unterlagen der Bürger jedenfalls begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlagsensibler Arten lieferten, so dass nach den ausdrücklichen Vorgaben des Windkrafterlasses weitergehende Kartierungen vor Ort, wie sie im Auftrag der Klägerin im Laufe des Jahres 2014 durchgeführt wurden, erforderlich waren (S. 41 des Windkrafterlasses). Diese Untersuchungen haben deutlich andere Ergebnisse gezeigt als die ursprünglich von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (deutlich mehr Beobachtungen beim Rotmilan; Beobachtungen bezüglich der drei anderen vom Beklagten genannten Vogelarten; Horste eines Baumfalken sowie - mittlerweile unstreitig - eines Wespenbussards). Hat aber erst das von den Bürgern übermittelte Material dazu geführt, dass überhaupt die erforderlichen (weiteren) Untersuchungen durchgeführt wurden, so wäre es kaum nachvollziehbar gewesen, wenn der Beklagte dieses Material bei seiner Entscheidung über den Genehmigungsantrag ausgeblendet hätte.

Die Art und Weise, wie der Beklagte mit dem Material der Bürger umgegangen ist, ist vertretbar und bewegt sich damit im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative.

Der Beklagte hat erkannt, dass er die Unterlagen der Bürger nicht ohne weiteres zugrunde legen konnte. Er hat die Daten „auf Stichhaltigkeit und Aussagekraft geprüft“, „mit dem Ergebnis, dass sie so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar“ waren, „dass sie in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden konnten“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Die Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) einer Stichprobenprüfung unterzogen worden, dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können. Die Echtheit und Nachweisbarkeit der Daten sei dem Beklagten versichert worden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). „Von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen“ sei auszugehen „aufgrund der sehr hohen Qualität der Dokumentationen“. „Die ergänzenden Hinweise und Daten“ seien „hinreichend substantiiert und daher beachtlich“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Die Unterlagen der ... Bürger stünden „berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen“. Die Naturschutzbehörden seien einvernehmlich zum Ergebnis gelangt, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, um sie für die fachliche Beurteilung mitzuverwenden. Da die Beobachter mit der Umgebung vertraut gewesen seien und v.a. aufgrund der bereits 2013 durchgeführten Erfassung geübt gewesen seien, sei die Eintragung der Flugbewegung in die Karte parallel zur unterstützenden Videoaufzeichnung als glaubhaft zu werten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). Soweit der Beklagte auch ausgeführt hat, dass das Material der Bürger „in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses“ entspricht (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11), ist dies offensichtlich nicht so zu verstehen, als habe mit den Unterlagen der Bürger ein der Anlage 6 zum Windkrafterlass gleichwertiges Erfassungssystem zugrunde gelegen. Denn der Beklagte spricht unmittelbar zuvor ausdrücklich von einer „abweichenden Vorgehensweise“.

Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Darlegungen des Beklagten zu zweifeln. Zwar hat die Klägerin wiederholt, auch in der mündlichen Verhandlung, geltend gemacht, bei einer Prüfung des gesamten Materials der Bürger hätten sich zahlreiche Videoaufzeichnungen als fragwürdig herausgestellt. Der Beklagte habe sich daher nicht auf eine stichprobenartige Überprüfung beschränken dürfen. Es sei nicht nachweisbar, wann die (Video-) Dateien tatsächlich erstellt wurden. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verordnung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Insgesamt sei daher eine exakte Auswertung in Bezug auf „Durchflüge“, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, nicht möglich („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 2).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es zunächst Sache des Beklagten war, im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative festzulegen, wie er mit derartigem Material Dritter umgeht, um anschließend Schlussfolgerungen für seine naturschutzfachliche Beurteilung zu ziehen. Denn die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich, wie ausgeführt, bereits auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten. Der Beklagte hat substantiiert dargelegt, wie er mit den Daten der Bürger umgegangen ist und warum er sie für plausibel hält. Dass er die Grenze des Vertretbaren überschritten hätte, ist dabei nicht erkennbar.

Entscheidend ist allerdings, dass der Beklagte bei seiner naturschutzfachlichen Beurteilung nicht ausschließlich auf das Material der Bürger zurückgegriffen hat. Der Beklagte hat vielmehr kontinuierlich deutlich gemacht, dass er die Daten der Bürger neben insbesondere den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen herangezogen hat. Dies ergibt sich bereits aus der Auflistung „Sachverhaltsermittlungen - vorliegende Unterlagen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Zum Material der Bürger hat der Beklagte dementsprechend in der Folge ausgeführt, dass es „in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden“ konnte (a. a. O.), dass bestehende „Erkenntnislücken (…) durch die nachstehenden Beobachtungen ergänzt“ werden könnten (a. a. O., S. 11), dass durch die Daten der Bürger „Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der Gutachter der Klägerin ergeben würde“ (a. a. O., S. 26), sowie dass die „Videoaufzeichnungen mit räumlichen Bezug“ „ein geeignetes Mittel zur Dokumentation“ seien und „wertvolle ergänzende Beurteilungsunterlagen liefern“ könnten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Der Beklagte hat insbesondere auch ausgeführt, sich „bewusst“ zu sein, „dass die ... Bürger keine geschulten Freilandkartierer sind, somit Unsicherheiten unvermeidlich sind (insbesondere bei der schwierigen Abschätzung der Flughöhen)“. Daher habe er „einen Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt“ gehalten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3 und Sitzungsprotokoll, S. 9).

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter räumen selbst ein, dass die Daten der ... Bürger wichtige Ergänzungen böten und nichts gegen eine ergänzende Verwendung spreche („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, Seite 18). Sie gestehen jedenfalls zu, dass die ... Bürger die Art des Rotmilans zu 95%, die Art des Schwarzmilans zu 96% und die Art des Westenbussards zu 74% richtig bestimmt hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 9).

Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der Vortrag der Klägerin letztlich auf den Einwand, der Beklagte habe den Unterlagen der ... Bürger keine allzu hohe Bedeutung zumessen dürfen, weil der Substantiierungsgrad niedriger als vom Beklagten angenommen liege. Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprävokative des Beklagten jedoch nicht dargetan. Zwar mag es sein, dass eine vollständige Auswertung des Materials der Bürger noch verlässlichere Auskünfte gegeben hätte. Dass die vom Beklagten vorgenommene stichprobenartige Auswertung und die darauf beruhende Einschätzung, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, jedoch ein unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel darstellen würde oder auch die Ermittlungstiefe nicht ausgereicht hätte, ist nicht ersichtlich, jedenfalls dann nicht, wenn sich der Beklagte - wie hier - der Unsicherheiten des Materials bewusst ist und mit einem gewissen Sicherheitsabschlag arbeitet.

Der Beklagte konnte demnach in nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass weder die Unterlagen der Bürger noch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen für sich allein genommen eine ausreichende Prüfung der artenschutzrechtliche Verbotstatbestände ermöglichten. Normative Vorgaben oder Standards, wie in einem solchen Fall die Prognose zu erfolgen hat, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, sind nicht erkennbar und wurden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere der Windkrafterlass enthält für eine solche Situation keine Vorgaben. Es galt daher der Grundsatz, dass sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten im Planungsraum mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben lassen und maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls abhängen (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 59). Damit konnte der Beklagte im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative sowohl die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen als auch die Beobachtungen der Bürger heranziehen und seine Schlüsse aus den jeweils nicht vollständig aussagekräftigen Daten ziehen. Der Beklagte hat sich dafür entschieden, im Wesentlichen auf die von der Klägerin vorgelegte Raumnutzungsanalyse abzustellen, diese jedoch im Hinblick auf die Unterlagen der Bürger im Zuge einer vergleichenden Betrachtung zu korrigieren (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Dass damit der Rahmen des Vertretbaren verlassen worden wäre, ist nicht erkennbar.

Auch die konkrete Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch den Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative.

Im Rahmen der Beurteilung hat der Beklagte eine Bewertung nach dem Windkrafterlass vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15 ff.). Schon das Ergebnis dieser Bewertung stellt eine tragfähige Grundlage für die Ablehnung der Genehmigungsanträge dar.

Im Windkrafterlass sind Bereiche angegeben, die innerhalb derer zu prüfen sind, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind (vgl. Windkrafterlass, S. 42 und Anlage 2, S. 58). Dabei besteht ein „engerer“ Prüfbereich, der die empfohlenen Abstände von Windenergieanlagen zu Brutplätzen beschreibt, sowie ein „weiterer“ Prüfbereich, in dem zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.

Nur für den Fall, dass beide Abstände für die jeweilige Art überschritten werden, ist - gleichsam von vornherein - davon auszugehen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungs-/Verletzungsrisiko besteht (Windkrafterlass, S. 42). Dies ist hier nicht der Fall.

Vielmehr ist der Beklagte davon ausgegangen, dass alle streitgegenständlichen Windenergieanlagen innerhalb des 1 km-Bereichs um das Zentrum eines Rotmilan-Reviers liegen. Ferner lägen sämtliche drei Windenergieanlagen im 1 km-Umgriff um einen Baumfalken-Horst. Die östlichste sowie die „mittlere“ der drei Windenergieanlagen lägen ferner im 1 km-Bereich um das vermutete Zentrum eines Wespenbussard-Reviers (vgl. Übersicht in der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dieser Ausgangspunkt ist fachlich jedenfalls vertretbar und damit rechtlich nicht zu beanstanden.

Bezüglich des Rotmilans ist der Beklagte sicher, dass ein Revier bestehe. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Zu schließen sei dies aus den Feststellungen der Bürger 2013 und des Herrn ... 2013. Das Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16 und 17). Demgegenüber geht die Klägerin davon aus, dass im Jahr 2014 im streitgegenständlichen Bereich kein Horst bzw. keine Brut eines Rotmilans vorgelegen habe (vgl. u. a. Sitzungsprotokoll, S. 7). Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten nicht aufgezeigt. Insbesondere bedurfte es nicht des zwingenden Nachweises, dass und wo ein Rotmilanhorst vorhanden ist. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es, wenn allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Arten zuließen, nicht zu beanstanden ist, wenn die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und dem Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen, ebenso wie sonstige Analogieschlüsse, der plausiblen naturschutzfachlichen begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - juris Rn. 63). Demnach unterfällt die Frage, ob innerhalb des nach dem Windkrafterlass maßgeblichen Prüfbereichs ein (besetzter) Horst vorhanden ist, der behördlichen Einschätzungsprärogative, weil es sich um eine Frage der Erfassung des Bestands der geschützten Arten handelt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 26 ff zu einem Schwarzstorchhorst).

Mit diesen Maßstäben steht die Einschätzung des Beklagten im Einklang. Der Beklagte hat sich unter anderem darauf gestützt, dass sich im Betrachtungsraum zahlreiche Mäusebussard-Horste befänden, die vom Rotmilan häufig benutzt würden. Bei der Sichtung des Materials der Bürger hätten sich in zwei Fällen eindeutige Hinweise für Territorialverhalten bzw. Revierverhalten von gefilmten Rotmilanen identifizieren lassen. Ein nicht gefundener Horst belege daher nicht, dass es auch kein Rotmilan-Revier gebe (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Wichtiger sei, das mutmaßliche Revierzentrum zu eruieren als den Horst verbindlich zu suchen (Sitzungsprotokoll, S. 6). Der Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass selbst erfahrene Vogelkundler immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 6). Dem hält zwar die Klägerin entgegen, dass es kein Rotmilan-Revier gebe und die beobachteten Flüge gelegentliche Nahrungsflüge von weiter entfernt brütenden Vögeln seien. Sie begründet dies unter anderem damit, dass zwischen dem 22. Mai und dem 31. Juli 2014 kaum Rotmilane hätten beobachtet werden können. Trotz eines verdächtigen Verhaltens Mitte Mai (zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am 15. und 18. Mai 2014) sei es nicht zu einer festen Reviergründung und einem Brutversuch gekommen, da ansonsten häufigere Beobachtungen gelungen wären (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4 und „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Der Beklagte ist dem jedoch mit dem Argument entgegengetreten, wenn es sich um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, was aufgrund der Geländesituation, der Topografie und des Wald-Offenland-Mosaik-Charakters nachvollziehbar sei, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüteten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4). In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde ausgeführt, dass ein bettelnder Jungvogel bzw. eine Beuteübergabe festgestellt worden seien. Eine Beuteübergabe komme nur vor, wenn in der Nähe ein Horst existiere (Sitzungsprotokoll S. 6). Dass am 15. und 18. Mai 2014 jeweils zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am westlichen Rand des Planungsgebietes über dem ‚ beobachtet worden seien, räumt auch die Klägerin ein. U. a. seien die Tiere im Wald gelandet bzw. sei am Waldrand auf einem Baum sitzend gefilmt worden. Dies deute auf ein Brutrevier hin („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Aus diesen Beobachtungen und Feststellungen ziehen zwar der Beklagte und die Klägerin unterschiedliche Schlüsse. Eine derartige unterschiedliche Bewertung stellt jedoch keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative dar, sondern ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Der Beklagte hat auch klargestellt, dass seine kartographische Darstellung des vermuteten Revierbereichs nicht so zu verstehen sei, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Aufgrund der verschiedenen vorliegenden Indizien sei vielmehr ein Bereich abgegrenzt worden, innerhalb dessen sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). Der Beklagte hat es als fachlich vertretbar bezeichnet, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden, wenn zwar Standorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne (a. a. O., S. 8). Liegt eine - ohnehin schwer erreichbare - Gewissheit über das „ob“ und das „wo“ eines Horstes nicht vor, lassen aber im Rahmen der Einschätzungsprärogative zu würdigende Indizien Rückschlüsse auf das Vorhandensein eines Horstes zu, ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden.

In Bezug auf das vom Beklagten angenommene Wespenbussard-Revier, dessen Zentrum sich nordwestlich der drei streitgegenständlichen Windenergieanlagen befinden soll, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Der Beklagte konnte also auch insoweit aufgrund der herangezogenen Unterlagen und weiterer Indizien davon ausgehen, dass sich - neben dem südlich gelegenen, zwischenzeitlich unstreitigen Wespenbussardhorst bei ... - ein zweiter Horst in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen befindet. Diese Annahme erscheint umso plausibler, als bei den Flugbewegungen eine „Lücke“ zwischen dem unstreitig vorhandenen Horst im Süden und den - ebenso unstreitigen - Flugaktivitäten in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen besteht. Eine andere schlüssige Erklärung als das Vorhandensein eines weiteren Horstes für diese Flugbewegungen ist auch von der Klägerin nicht geliefert worden (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 5).

In Bezug auf den Baumfalken gilt Folgendes: Unstreitig wurde ein Horst in unmittelbarer Nähe zur östlichsten Windenergieanlage festgestellt. Aus dem Umstand, dass dieser Horst aufgrund der Beseitigung des entsprechenden Baumes bzw. weiterer Bäume im Nahbereich nicht mehr vorhanden ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Insbesondere ist ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nunmehr nicht definitiv ausgeschlossen. Der Beklagte hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er gehe aufgrund der relativ hohen Reviertreue der Art davon aus, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage (altes Krähennest etc.) nützen werde, somit ein weiterhin bestehender Baumfalken-Brutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen sei (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). In ähnlicher Weise hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der Baumfalke alte Nester von Krähen oder Elstern nutze, aber reviertreu bleibe. Zwar hat er auch angegeben, dass die bisherige Situation mit der Fällung des Nistbaumes und weiterer Bäume in der Umgebung zerstört worden sei (Sitzungsprotokoll, S. 4). Gleichwohl ist - gerade nach der mehrfach vom Beklagten betonten Reviertreue des Baumfalken - nicht ausgeschlossen, dass der Baumfalke einen Horst im maßgeblichen 1 km-Bereich der streitgegenständlichen Windenergieanlagen besetzen wird. Hiergegen spricht bereits die Mitteilung der Klägerin, dass in nicht allzu weiter Entfernung des bisherigen Standorts ein - wenn auch einzelner - männlicher Baumfalke gesichtet wurde (Sitzungsprotokoll, S. 4). Damit aber ist nicht widerlegt, dass der Baumfalke im Sinne des Windkrafterlasses „am geplanten Standort vorkommt“. Daher wären nunmehr nach den Vorgaben des Windkrafterlasses in Bezug auf den Baumfalken (erneut) weitergehende Kartierungen vor Ort erforderlich (Windkrafterlass, S. 41). Derartige Nachkartierungen im Hinblick auf die neue Situation hat die Klägerin nicht durchgeführt. Da die Klägerin demzufolge die nach dem Windkrafterlass notwendigen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat, kann nicht angenommen werden, dass nunmehr der Abstand zu einem Baumfalkenhorst über den in Anlage 2, Spalten 2 und 3 des Windkrafterlasses genannten Entfernungen liegen würde, so dass das Tötungsrisiko nicht signifikant erhöht wäre (Windkrafterlass, S. 42).

Überdies hat der Beklagte eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bei den insoweit in Rede stehenden beiden östlichen Windenergieanlagen nicht ausschließlich auf eine Betroffenheit des Baumfalkens gestützt, sondern dies auch für weitere Arten angenommen. Selbst wenn also nunmehr in Bezug auf den Baumfalken nicht mehr von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen wäre, wären diese Windenergieanlagen wegen einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos bezüglich weiterer Vogelgarten nicht genehmigungsfähig.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos abzustellen ist.

Die Unterschreitung des „engeren“ 1 km-Prüfabstands in Bezug auf Rotmilan und Wespenbussard (letztere für die beiden westlich gelegenen Windenergieanlagen) führt zwar noch nicht gleichsam im Sinne einer Automatik dazu, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Dies stellt auch der Windkrafterlass (S. 42) klar. Der Windkrafterlass führt allerdings weiter aus, dass, wenn die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezüglich der Individuen der genannten Arten in dem in Anlage 2, Spalte 2 angegebenen („engeren“) Prüfbereich nicht ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder selten überflogen wird, in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist (Windkrafterlass, S. 42). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Aussage aufgegriffen und daraus geschlossen, dass es bei der Unterschreitung des Mindestabstands der Windenergieanlage zum Brutvorkommen darauf ankommt, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014. 879 - juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - juris Rn. 50). Ob damit in rechtlicher Hinsicht - wie wohl vom Beklagten angenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15) - eine „Vermutung“ besteht, dass bei Unterschreitung dieses Mindestabstands grundsätzlich von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist, wenn nicht ausnahmsweise eine Meidung oder ein seltenes Überliegen der Windenergieanlage festzustellen ist, kann offenbleiben. In Richtung einer solchen Vermutung gehen Aussagen in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach es „naturschutzfachlich vertretbar“ sei, für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1.000 m betrage, es sei denn, es lägen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 26.10.2011 - 2 L 6/09 - NuR 2012, 196 - juris Rn. 77; bestätigt durch BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 23).

Jedenfalls im vorliegenden Fall hat die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit nicht ergeben, dass die geplanten Windenergieanlagen im Sinne der zitierten Aussage der Rechtsprechung und des Windkrafterlasses gemieden oder selten überflogen werden. Der Beklagte hat seine Feststellungen dahingehend zusammengefasst, dass sich bei der Raumnutzung nach den Daten der Bürger und den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ein sehr ähnliches Bild ergebe, wonach alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dies ergibt sich anschaulich auch aus den vom Beklagten in seine Stellungnahme aufgenommenen Kartierungen von Flugbewegungen des Rotmilans, des Baumfalken und des Wespenbussards (a. a. O., S. 24 f.).

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin vermögen keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten aufzuzeigen. Die Klägerin stellt insbesondere maßgeblich darauf ab, dass sowohl absolut als auch relativ zur von ihren Gutachtern abgeleisteten Gesamtbeobachtungsdauer zu wenig Flugbewegungen im „Risikobereich“ über den geplanten Anlagenstandorten stattgefunden hätten. Als „Risikobereich“ wird dabei ein Durchmesser von ca. 250 m um den geplanten Anlagenstandort sowie eine Flughöhe zwischen 80 m und 200 m angenommen (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 3 ff.). Eine derart scharfe Abgrenzung eines „Risikobereichs“ kann allerdings dem Windkrafterlass nicht entnommen werden. Die maßgeblichen „Prüfbereiche“ umfassen, wie ausgeführt, einen „engeren“ (Abstand zu Horsten) und einen „weiteren“ (Nahrungshabitate) Bereich und beziehen sich damit auf deutlich „gröbere“ Bereiche. Dies ergibt sich auch aus den im Windkrafterlass (Seite 43 f.) genannten „Beispielen für Prüfbereiche“. So geht der Windkrafterlasses etwa davon aus, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auch dann vorliegt, wenn das Brutvorkommen außerhalb des „engeren“ Prüfbereichs liegt, der Flugkorridor zu Nahrungshabitaten aber durch diesen engeren Prüfbereich führt.

Die Klägerin beruft sich offenbar bei der Definition des „Risikobereichs“ auf Aussagen in Anlage 6 des Windkrafterlasses, wonach die Erfassung der Flugbewegungen u. a. Aufschluss über die Dauer von Flugbewegungen „im Umkreis der Anlagen“ und den Anteil der Flugdauer „in Rotorhöhe“ geben sollen. Es sei die Zeitdauer zu stoppen, die sich ein Vogel in den Höhenstufen „über den Rotorblättern“ oder „unter bzw. im Bereich der Rotoren“ aufhalte. Als Ergebnis der Untersuchungen erhalte man Karten mit den Flugbewegungen der verschiedenen Arten „je Höhenstufe“. Je weniger die geplanten Anlagen „in der relevanten Höhe“ überflogen würden, umso geringer sei das Kollisionsrisiko (Anlage 6 zum Windkrafterlass, S. 65).

Der Windkrafterlass mag vergleichsweise detailliert regeln, wie Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten zu erfassen sind. Hinsichtlich der Bewertung dieser Beobachtungen enthält der Windkrafterlass, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, kaum bzw. nur sehr vage Angaben. Im Kern verlangt der Windkrafterlasses eine Prognose, wenn er insbesondere von einer „Abschätzung“ der „Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlage“, bzw. von „höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten“ spricht (Windkrafterlass, S. 41 f.; Anlage 6, S. 64). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine Prognose erforderlich ist, die naturschutzfachlich vertretbar ist und von der der Behörde insofern zustehenden Einschätzungsprärogative gedeckt ist. Hingegen lässt sich nicht abstrakt oder prozentual angeben, wann eine Erhöhung des Tötungsrisikos als „signifikant“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezeichnet werden kann (BayVGH, U.v. 20.11.2012 - 22 A 10. 40041 - juris Rn. 77 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274.; den Begriff Prognose verwendend auch BayVGH, B.v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 47).

Dass die Prognose des Beklagten vorliegend unvertretbar ist, ist nicht erkennbar. Insbesondere dem Windkrafterlass lässt sich nicht entnehmen, dass es ausschließlich auf die von der Klägerin maßgeblich zugrunde gelegten absoluten Flüge in einem „Risikobereich“ sowie das Verhältnis zur Gesamtbeobachtungsdauer ankommen soll. Vielmehr halten die Klägerin bzw. die von ihr beauftragten Gutachter ihre „Herangehensweise, ein erhöhtes Tötungsrisiko über die prozentuale Beobachtungszeitraum im Risikobereich abzuleiten“ für „durchaus nachvollziehbar und praktikabel“ („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Ob diese von der Klägerin bzw. ihren Gutachtern entwickelte Bewertungsmethode vertretbar ist, braucht nicht entschieden zu werden, denn schon nach dem Vortrag der Klägerin selbst ist nicht erkennbar, dass dies die einzige Möglichkeit zur Bewertung des Tötungsrisikos wäre und andere Methoden nicht vertretbar sind. Der von der Klägerin befürworteten Herangehensweise lässt sich allerdings entgegenhalten, dass sich die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nach der genannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht in Prozentanteilen ausdrücken lässt. Daher kann sich die Klägerin auch nicht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 29.3.2011 - W 4 K 10.371) berufen, der die von der ihr beauftragten Gutachter „grundsätzliche Bedeutung“ zumessen („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Abgesehen davon, dass es - wie ausgeführt - gerade nicht möglich ist, für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos einen Prozentwert anzugeben, hat das Verwaltungsgericht Würzburg in dieser Entscheidung nicht rechtssatzartig bzw. grundsätzlich entschieden, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos erst auszugehen ist, wenn die Aufenthaltsdauer der betreffenden Art im Gefahrenbereich einen Anteil von 10% der Beobachtungszeit übersteigt. Vielmehr hat sich auch das Verwaltungsgericht Würzburg auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gestützt, wonach es auf das konkrete Gefährdungspotenzial im Einzelfall ankommt. Überdies liegt der Entscheidung ein mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Dort hatte die Behörde einen Vorbescheid zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage aus Sicht des Gerichts zu Unrecht aufgehoben, weil die Behörde lediglich „pauschale Bedenken aus naturschutzfachlicher Sicht“ geltend gemacht hatte. Um eine solche Konstellation handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch ersichtlich nicht, wie die vom Beklagten vorgenommene ausführliche Bewertung des im Verfahren seitens der Klägerin und der Bürger vorgebrachten Materials zeigt.

Dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch sonst nicht entnehmen, dass die Annahme des Beklagten, alle drei geplanten Windenergieanlagen würden regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen, unvertretbar wäre. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter haben bei eigener Auswertung des Materials der Bürger beim Rotmilan ca. 120 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe, beim Schwarzmilan ca. 49 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe und beim Wespenbussard 17 Aufnahmen in Gefahrenhöhe ermittelt („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde vom 7.4.2015, S. 9). Zwar betonen die Gutachter der Klägerin auch insoweit, es sei nur der ungefähre Flugbereich zu erkennen; damit sei nicht eindeutig erkennbar, ob Anlagenstandorte überflogen worden sind. Dem ist jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass die Frage der Bewertung der Gefahren, die die geschützten Arten ausgesetzt sein werden, der Einschätzungsprärogative des Beklagten unterfällt. Zudem erlaubt der Windkrafterlass, wie die bereits zitierten Aussagen und Beispiele zeigen (Windkrafterlass, S. 42 ff.), grundsätzlich auch eine Beurteilung an Hand eines deutlich „gröberen“ Rasters. Selbst wenn nur auf die ermittelten Flugbewegungen im Gefahrenbereich abgestellt wird, unterfällt die Prognose, ob sich aus diesen Werten eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos ableiten lässt, der Einschätzungsprärogative des Beklagten. Dessen Annahmen erscheinen gerade auch bei den von der Klägerin ermittelten Zahlen zum Rotmilan vertretbar, selbst wenn berücksichtigt wird, dass sich diese Werte nicht allein auf die hier streitgegenständlichen Anlagen, sondern auch auf die drei geplanten Anlagen des Verfahrens Au 4 K 14.795 beziehen.

Nach allem konnte der Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass angesichts erhöhter Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im „engeren“ Prüfbereich in Bezug auf den Rotmilan und den Wespenbussard von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Bereits diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und würde daher zur Abweisung der Klage führen.

Auch in Bezug auf den Prüfbereich für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate (Anlage 2, Spalte 3 zum Windkrafterlass) hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht.

Der Beklagte hat die Geeignetheit des näheren Umfelds um die streitgegenständlichen Windenergieanlagen als Nahrungshabitat wiederholt begründet. So seien an „manchen, großenteils südexponierten Randzonen“ Übergangsbereiche (Saumzonen) vorhanden. Diese begründeten eine erhöhte Artenvielfalt. Insbesondere sei hier das Futterangebot an Insekten, Mäusen etc. lukrativ, wodurch bevorzugte Nahrungsflüge am Waldrandbereich, z. B. durch den Rotmilan, erklärbar würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 2). Das Gelände sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung und des v.a. in Ost-West-Richtung an den Waldrandzonen vorhandenen Restgrünlandes und anderer für Nahrungssuche relevanter Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlendes Grünlandes, täusche (a. a. O., S. 8). Die Verteilung der Einzelhabitate (Wiesen, Grasbereiche) sei relativ homogen innerhalb des Gesamtgebiets. Das Muster zeige eine hohe Zahl meist kleiner Habitatstrukturen bzw. Flächen. Es gebe also keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen, sondern diese seien kleinräumig über das Gebiet verteilt. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine, würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt. Dies werde insgesamt durch die Flugdarstellungen der Beobachter/Gutachter bestätigt (a. a. O., S. 12 f.). Aufgrund der kleinteiligen Wald-Offenland-Verteilung, mit einer Vielzahl meist kleinflächiger Strukturen mit Nahrungshabitatfunktion für Arten wie Rot- und Schwarzmilan (Saumzonen an Ranken und Waldrändern, Wiesen, Futtergrasflächen, Abbaustellen) und der bewegten Geländemorphologie stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimaler Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum für die beiden Milanarten dar. V.a. der Rotmilan fliege Waldränder bevorzugt ab, zumindest teilweise sei das anhand der gefundenen Raumnutzung nachvollziehbar (a. a. O., S. 17).

Die Klägerin hält dem im Wesentlichen entgegen, der Beklagte „überhöhe“ die Geeignetheit der Nahrungshabitate; sie würden vom Beklagten als viel besser dargestellt als sie tatsächlichen seien. Zudem werde der Eindruck erweckt, als handle es sich gerade beim Planungsgebiet der Windenergieanlagen um ein besonders großes, geschlossenes Nahrungshabitat, und dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Richtig sei demgegenüber, dass es sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse handele, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Der Beklagte habe die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ... im Westen sowie das ...-/... im Nordosten nicht betrachtet und Schlussfolgerungen verfälscht.

Diese Einwendungen lassen keine Überschreitung der behördlichen Einschätzungsprärogative erkennen.

Der Beklagte ist selbst davon ausgegangen, dass es sich, gerade in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan, nicht um einen optimalen Lebensraum handelt (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 17). Allerdings hat er den Einwendungen der Klägerin entgegengehalten, dass nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume vom Rotmilan besiedelt würden. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Dass dies naturschutzfachlich nicht jedenfalls vertretbar sein sollte, ist nicht ersichtlich. In Bezug auf die von der Klägerin wiederholt angeführten potenziellen (besseren) Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ..., im ...- und im ... hat der Beklagte sich derart eingelassen, dass es sich insoweit nur um eine nicht belegte Vermutung handele. Fachlich vertretbar sei es, dass auch größere Grünlandgebiete nur an wenigen Tagen der Mahd bevorzugt genutzt würden. Ansonsten unterscheide sich die Nutzung nicht von der sonstiger Offenlandbereiche wie beispielsweise von Feldern, weil - ebenso wie höher aufgewachsene Feldfrüchte - auch höher aufgewachsene Gräser den Blick auf die dort lebenden Kleinsäuger versperrten. Die Nahrungssuche konzentriere sich daher außerhalb der Mahd auf die Nutzung von Saum- bzw. Grenzstrukturen, die Kleinsäugern wenig Schutz böten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat nichts dargelegt, weshalb es sich bei dem Areal um die geplanten Windenergieanlagen nicht jedenfalls, wie vom Beklagten selbst zugrunde gelegt, um ein zumindest geeignetes Nahrungshabitat handeln sollte.

Es liegt auch keine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb der in Anlage 2, Spalte 2 des Windkrafterlasses („engerer“ Prüfbereich) genannten Abstände vor, so dass in der Regel nicht von erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windenergieanlagen auszugehen wäre (vgl. Windkrafterlass, S. 42). Zum einen liegen etliche vom Beklagten aufgeführte Einzelflächen, die als Nahrungshabitat für Rotmilan, Wespenbussard und Schwarzmilan relevant seien, nicht außerhalb, sondern innerhalb des „engeren“ Prüfbereichs. Ansonsten führt der Beklagte zwar aus, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 12). Jedoch folgert der Beklagte gerade aus der Wald-Offenland-Verteilung und der „diffusen“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebiets, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Windenergieanlagen-Bereiche gebe, und dass es in erhöhtem Maße zu Waldrandflügen und Gebietsquerungen kommen werde (a. a. O., S. 15). Nach diesen Feststellungen und Einschätzungen liegt gerade keine „großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate“ vor, die im Sinne des Windkrafterlasses nur „zufällige“ bzw. „gelegentliche“ Aufenthalte im Bereich der Windenergieanlagen erwarten ließe. Vielmehr hat der Beklagte mit diesen Darlegungen im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative hinreichend plausibel dargetan, dass die von ihm zugrunde gelegten Nahrungshabitate durchaus eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses darstellten, die auch regelmäßig (insbesondere über die Windenergieanlagen) angeflogen würden. Den Einwendungen der Klägerin, es gebe deutlich besser geeignete Nahrungshabitate, ist der Beklagte, wie ausgeführt, in jedenfalls vertretbarer Weise entgegengetreten. Damit hat der Beklagte ausreichend dargetan, dass es sich bei dem von ihm betrachteten Nahrungshabitaten um einen „Hot Spot“ handelt (zu diesem Begriff BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 52)

Überdies belegen auch Angaben der Klägerin in nicht unerheblichem Umfang die Vertretbarkeit der Annahmen des Beklagten. So erkennt auch die Klägerin in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan an, dass das Untersuchungsgebiet von Brutvögeln aus dem Umfeld des Untersuchungsgebiets auf Nahrungsflügen durchflogen wird. Bezüglich des Rotmilans nennen die von der Klägerin beauftragten Gutachter ausdrücklich einen Horststandort, der sich ca. 4 km vom Untersuchungsgebiet entfernt befindet. Ein weiteres Rotmilanrevier sei ca. 2 km vom Untersuchungsgebiet entfernt festgestellt worden, jedoch ohne Horstnachweis (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 7). Beide Standorte liegen innerhalb des „weiteren“ und damit auch für die vorliegenden Anlagen noch maßgeblichen Prüfbereichs nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses. Selbst das ursprünglich von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung hatte zum Rotmilan ausgeführt (S. 22), dass dieser in einem Radius von 1.000 m um das Vorhaben als „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der nähere Umgebung“ vorkäme. In Bezug auf den Wespenbussard geht auch die Klägerin davon aus, dass im Untersuchungsgebiet grundsätzlich geeignete Wälder und Waldsäume mit Vorkommen von Wespenbussardnestern vorhanden sind (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 9).

Nach allem hat der Beklagte auch wegen regelmäßig durch kollisionsgefährdete Vogelarten aufgesuchter Nahrungshabitate in vertretbarer Weise eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos angenommen. Auch diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und führt daher zur Abweisung der Klage.

Auf die vom Beklagten vorgenommene „Betrachtung des Kollisions- und Tötungsrisikos“ (Abschnitt VI der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 19 ff.) und die Frage, ob die dort von ihm verwendeten Grundlagen, Methoden und Formeln durchweg von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt sind, kommt es demnach nicht mehr entscheidend an.

Der Beklagte hat sich angesichts des Fehlens einer „wissenschaftlich anerkannten und fachlich verbindlichen Erheblichkeitsschwelle zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos (…) ein eigenes Bewertungsschema entworfen“ und „verbale Betrachtungen des Winderlasses in konkrete Zahlen übersetzt“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5 f.). Er hat dazu die Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter und der ... Bürger bezüglich „Durchflügen“ - wobei „Durchflug“ die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich bedeutet (a. a. O., S. 6) - auf die laut Fachliteratur durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der einzelnen Vogelarten hochgerechnet. Dies geschah mittels eines Faktors, der sich aus der Division dieser durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der Arten durch die Zahl der jeweiligen Beobachtungstage ergab. Dabei wurden bei den Beobachtungen der Bürger ein Abschlag von 20% vorgenommen „um mögliche bzw. wahrscheinliche Fehleinschätzung in der Vertikaleinstufung zu berücksichtigen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11; Sitzungsprotokoll, S. 9). Bei den Beobachtungen des Rotmilans hat der Beklagte die Beobachtungszahlen der von der Klägerin beauftragten Gutachter mit 3,0 multipliziert, um „einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung“ auszugleichen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4).

Ab einem Wert von 15 Durchflügen je Anlage ist der Beklagte von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos ausgegangen.

Ob dieses Vorgehen des Beklagten vollständig von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt ist, wäre dann zweifelhaft, wenn es gleichsam als mathematische Formel zur Berechnung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos interpretiert würde. Zwar hat der Beklagte zu einigen von der Klägerin geltend gemachten Mängeln näheres ausgeführt bzw. Korrekturen vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6 f.). Ebenso mag es zwar vertretbar sein, bei der Beurteilung, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, auf Durchflüge durch den Gefahrenbereich einer Windenergieanlage abzustellen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 20 und Sitzungsprotokoll, S. 10). Fragen wirft allerdings die Annahme auf, dass bei 15 Durchflügen im Gefahrenbereich je Windkraftanlage die Grenze zur „signifikanten“ Erhöhung des Tötungsrisikos überschritten sein soll. Dass in der Genehmigungspraxis ein Bedürfnis nach einem „festen“ Grenzwert besteht, mag verständlich sein. Weder aus dem Windkrafterlass ergibt sich jedoch ein solcher fester Wert, noch sind vom Beklagten diesbezüglich andere Unterlagen angeführt worden. Ähnliches gilt für die vom Beklagten vorgenommenen Korrekturabschläge von 20% bei den Beobachtungen der Bürger und den Korrekturfaktor von 3,0 bei den Rotmilan-Beobachtungen der von der Klägerin beauftragter Gutachter. Trotz zwischenzeitlich näherer Angaben des Beklagten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4) ist nicht hinreichend deutlich geworden, weshalb gerade ein Korrekturfaktor von 3,0 angesetzt worden ist. Gleiches gilt für den 20%-Abschlag, zumal die Klägerin geltend gemacht hat, dass die von ihren Gutachtern vorgenommene Auswertung des Videomaterials der Bürger eine deutlich geringere Anzahl an Risikoflügen als 80% ergeben hat, so dass ein größerer Abschlag als 20% anzusetzen gewesen wäre (vgl. „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17).

Bei einer Gesamtbetrachtung der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde wird jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Beklagten weder um eine derartige mathematische Berechnung des „signifikant“ erhöhten Tötungsrisikos gegangen ist, noch, dass er ausschließlich auf eine solche Berechnung zurückgegriffen hat.

Der Beklagte stand vor der Aufgabe, auf Grundlage der für ihn, wie ausgeführt, maßgeblichen, aber mit unterschiedlicher Methodik erstellten Erkenntnisquellen eine Prognose hinsichtlich der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu treffen. Der Beklagte hat sich in dieser weder im Windkrafterlass noch sonst geregelten Situation dafür entschieden, keine für jede Erkenntnisquelle getrennte Prognose anzustellen, sondern dafür, diese beiden Quellen in Beziehung zueinander zu setzen, ferner näherungsweise eine vergleichbare Datengrundlage zu entwickeln und darauf seine Prognose zu stützen. Dieses Vorgehen erscheint nachvollziehbar, jedenfalls aber ist es vertretbar. Überdies hat dieses Vorgehen nicht zu einer Ersetzung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch eigene Zahlen des Beklagten geführt. Der Beklagte hat vielmehr mehrfach deutlich gemacht, dass die Daten der Bürger ergänzende Beurteilungsunterlagen geliefert haben (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3), so dass im Ergebnis Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ergeben würde (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 26).

Wie ausgeführt, spricht auch aus Sicht der Klägerin nichts gegen eine ergänzende Verwendung der Daten der Bürger („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18). In welcher Form der Beklagte diese Daten hätte verwenden sollen, wird allerdings auch von der Klägerin nicht aufgezeigt. Insbesondere lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, auf welche andere Art und Weise der Beklagte in zumindest einigermaßen belastbarer oder vertretbarer Art und Weise die Daten der Bürger und die von ihr vorgelegten Unterlagen derart zueinander in Beziehung setzen hätte sollen, dass er darauf eine Beurteilung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos hätte stützen können.

Zwar mag ein Wert von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage, wie ausgeführt, als Grenze für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos in seiner Absolutheit fragwürdig sein. Die Kammer stellt daher insoweit ausdrücklich klar, dass aus der Abweisung der vorliegenden Klage nicht geschlossen werden kann, sie habe diesen Wert als rechtlich verbindlich für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos akzeptiert. Gleichwohl hat der Beklagte insoweit mit noch ausreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben, dass es ihm dabei vor allem um die Feststellung ging, in einem solchen Fall könne jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gesprochen werden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6), bzw. „dass insgesamt mehr als nur vereinzelte Durchflüge stattgefunden haben bzw. zu erwarten sind“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Dass die Annahme des Beklagten jedenfalls im Ergebnis nicht unvertretbar ist, zeigen etwa die Hochrechnungen, die die von der Klägerin beauftragten Gutachter in Bezug auf die Gesamt-Anwesenheitsdauer des Rotmilans vorgenommen haben („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17). Zwar sind diese Zahlen nicht dem jeweiligen Standort bei Windenergieanlage konkret zugerechnet und erfassen auch die Windenergieanlagen aus dem Verfahren Au 4 K 14.795. Gleichwohl erscheint - nicht zuletzt aufgrund der Anordnung der Anlagen - die Annahme des Beklagten vertretbar, dass prognostisch von mehr als nur vereinzelten Durchflügen auszugehen ist.

Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass es dem Beklagten auch darum ging, die bisherige Einschätzung der von der Klägerin beauftragten Gutachter (dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliege) zu widerlegen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27). Dass diese Widerlegung dem Beklagten nicht gelungen ist, lässt sich trotz der Beanstandungen durch die Klägerin nicht annehmen.

Nach allem ist die zusammenfassende Beurteilung des Beklagten vertretbar und damit nicht zu beanstanden, dass „aufgrund der Lebensraumeignung - als Nahrungsraum und/oder Nisthabitat - und des vorgefundenen Brutbestandes, in Verbindung mit der festgestellten Raumnutzung der vier kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke und Wespenbussard (…) durch die drei geplanten Anlagen jeweils für mindestens eine kollisionsgefährdete Art das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und damit von einem Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist daher auszugehen.

2. Die Klage hat auch im Hilfsantrag (Neuverbescheidung) keinen Erfolg.

Da es sich bei der Genehmigungsentscheidung nach § 6 Abs. 1 BImSchG um eine gebundene Entscheidung handelt und die Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (bzw. das Entgegenstehen naturschutzfachlicher Belange gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) einen Versagungsgrund darstellt, ist die Ablehnung des Genehmigungsantrags durch den Beklagten zu Recht erfolgt, so dass ein Anspruch auf Neuverbescheidung gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht in Betracht kommt.

Ein Anspruch auf Neuverbescheidung ergibt sich auch nicht aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, dass bei der Prüfung des Tötungstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Maßnahmen, mittels derer Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zu mindest minimiert werden soll, in die Betrachtung einzubeziehen sind (vgl. nur BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Derartige Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahmen wurden weder von der Klägerin in konkreter Weise aufgezeigt, noch sind sie sonst ersichtlich.

Es ist nicht Sache der Genehmigungsbehörde, ohne nähere, konkrete Angaben des Antragstellers zu entscheiden, ob mittels Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verletzung des Tötungsverbots abgewendet werden kann. Die Entwicklung eines entsprechenden Vermeidungs- und Ausgleichskonzepts ist vielmehr Sache des Antragstellers (vgl. OVG NRW, U.v. 20.11.2012 - 8 A 252/10 - NuR 2013, 146 - juris Rn. 121), wobei in diesem Zusammenhang etwa auch die Verfügungsbefugnis über hierfür benötigte Grundstücke nachzuweisen wäre. Diese Obliegenheit des Antragstellers gilt im vorliegenden Verfahren umso mehr, als sich die Klägerin im Prozess durchweg darauf berufen hat, das Vorhaben sei bereits aufgrund der von ihr ursprünglich vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig.

Zwar zeigt das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (Nachtrag 2014, S. 11) abstrakt Meidungs- und Minimierungsmaßnahmen auf. Eine derartige, ohne erkennbaren Bezug zu den konkret beantragten Anlagen erstellte Auflistung ist jedoch nicht ausreichend. Im Übrigen nennt das Gutachten bei den einzelnen untersuchten Vogelarten von dieser Auflistung in Bezug auf Wespenbussard, Rotmilan und Schwarzmilan lediglich als „unterstützende konfliktvermeidende Maßnahme“ die „Markierung der Rotorblätter in rot-weiß“. Hierzu führt jedoch eine von der Klägerin selbst vorgelegte Unterlage („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark ...“ vom 24.4.2015, S. 8) aus, dass der Nachweis der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme noch ausstehe. Ob dies zu einer Attraktionswirkung oder Scheuchwirkung führe sei bisher offen. Aufgrund der vorliegenden Kollisionsopfer sei davon auszugehen, dass insbesondere Greifvögel sich nicht durch drehende Rotoren abhalten ließen, einen Luftraum zu nutzen. Damit stellt diese Maßnahme schon nach dem Vorbringen der Klägerin selbst keine geeignete Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahme dar.

In Bezug auf den Baumfalken wird in dem Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (S. 38) als Vermeidungs-/Minderungsmaßnahme die Etablierung von drei Ersatzhorsten im Bereich des ...- bzw. ... vorgeschlagen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahme im Sinne der zitierten Rechtsprechung. Eine Vermeidungs-/bzw. Minimierungsmaßnahme kann nicht darin bestehen, schlicht die Ursache für die Verletzung des Tötungsverbots, d. h. den fraglichen Horst, zu entfernen. Zudem ist es nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören. Es liegt auf der Hand, dass der Verstoß gegen ein Zugriffsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) nicht durch den Verstoß gegen einen anderen Verbotstatbestand aufgewogen werden kann. Dementsprechend geht die Klägerin offenbar selbst davon aus („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung“ vom 24.4.2015, S. 5), dass für diese Maßnahme eine Ausnahmeregelung nach § 45 (offenbar Abs. 7) BNatSchG erforderlich wäre. Dass Voraussetzungen für eine solche Ausnahme erfüllt wären, hat jedoch die Klägerin auch nicht ansatzweise dargetan, insbesondere auch nicht, ob die nach dem Windkrafterlass (S. 48) hierfür zugrunde liegenden Maßstäbe erfüllt wären.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Klägerin als unterliegender Partei aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, inwieweit zur Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Beobachtungen und Unterlagen Dritter zusätzlich zu Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass verwendet werden können, grundsätzliche Bedeutung hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 663.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Je Windenergieanlage war ein Streitwert von 221.000,00 EUR anzusetzen, da die Herstellungskosten jeweils bei 2.210.000,00 EUR liegen (Bl. 58 der Antragsunterlagen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Tenor

I.

Die Verwaltungsstreitsachen 22 ZB 14.1079 und 22 ZB 14.1080 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

III.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird bis zur Verbindung der beiden Verfahren auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1079 und auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1080, danach auf insgesamt 2,8 Millionen Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin beabsichtigt die Errichtung eines Windparks mit neun Windkraftanlagen (ab hier: WKA) und begehrt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windkraftanlagen (WKA 1, 2 und 9) sowie die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für sechs Windkraftanlagen (WKA 3 bis 8). Erstere sind Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1179, während letztere Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1180 sind. Vorbescheidsfrage ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit der WKA 3 bis 8, mit Ausnahme der Vereinbarkeit mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2011 beantragte die Klägerin zunächst die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für neun Windkraftanlagen auf den Grundstücken FlNrn. 255 (WKA 1), 112 (WKA 2), 248 (WKA 3), 200 (WKA 4), 209 (WKA 5), 206 (WKA 6), 147 (WKA 7), jeweils Gemarkung M., und FlNrn. 382 (WKA 8) sowie 358 (WKA 9), jeweils Gemarkung M.. Geplant sind eine Nabenhöhe von 140 m, ein Rotordurchmesser von 99,8 m und eine Gesamthöhe von ca. 190 m. Die Standorte liegen ca. 6 km südöstlich des Stadtgebiets der Beklagten. Im näheren Umkreis liegen kleinere Ortsteile bzw. größere Siedlungen der Nachbargemeinden.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 21. Februar 2012 die bezüglich der WKA 3 bis 8 gestellten Genehmigungsanträge nicht mehr aufrecht erhalten. Es solle im Wege eines Vorbescheids darüber entschieden werden, dass bei diesen Vorhaben sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und aus aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten erfüllt werden und dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften einschließlich der Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb dieser Anlagen nicht entgegenstehen, und zwar mit Ausnahme der artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Bezüglich der WKA 1, der WKA 2 sowie der WKA 9 hielt die Klägerin an ihrem Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung fest. Hilfsweise wurde auch diesbezüglich ein Antrag auf immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid gestellt, der im Klageverfahren nicht weiter verfolgt worden ist.

Mit Bescheid vom 27. März 2012 lehnte die Beklagte die gestellten Anträge umfassend ab. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, der Betrieb jeder der neun Windkraftanlagen sei nicht mit den bestehenden naturschutzrechtlichen Regelungen vereinbar, da Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 3 BNatSchG erfüllt würden. Dies gelte insbesondere bezüglich des Schwarzstorchs. Einer Genehmigung stehe für alle neun WKA die Ablehnung des Luftamts ... entgegen. Die Deutsche Flugsicherung habe diesem mitgeteilt, dass von militärischer Seite dringend empfohlen werde, der Errichtung der neun WKA nicht zuzustimmen. Die Wehrbereichsverwaltung Süd habe mitgeteilt, die US-Streitkräfte hätten vorgebracht, dass sie nach Erstellung der neun WKA die Flughöhen für ihre Luftfahrzeuge in dem betroffenen Gebiet aus Flugsicherheitsgründen anheben müssten. Dies hätten sie abgelehnt. Das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr habe deren Ablehnungsgründe anerkannt und die WKA 1 bis 9 abgelehnt.

Die Klägerin erhob Klagen zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg. Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteilen vom 13. Januar 2014 als unbegründet ab. Den strittigen Vorhaben stünden Belange der Verteidigung (der militärischen Flugsicherung) und Belange des Naturschutzes (Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot im Hinblick auf den Schwarzstorch) entgegen. Artenschutzrecht stehe als unüberwindliches Genehmigungshindernis auch der Erteilung eines Vorbescheids entgegen, obwohl die Klägerin Artenschutzrecht insofern ausgeklammert habe.

Die Klägerin hat in allen Fällen die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Verbindung der Verwaltungsstreitsachen beruht auf § 93 VwGO.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hervortreten (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Da die angefochtenen Urteile auf zwei selbstständig tragende Abweisungsgründe gestützt sind (Entgegenstehen von Belangen der Verteidigung einerseits und artenschutzrechtliches Tötungsverbot in Bezug auf den Schwarzstorch andererseits), kommt es darauf an, dass Zulassungsgründe hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe mit Erfolg dargelegt sind (vgl. z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m. w. N.). Die Darlegungen der Klägerin müssten also hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe die Zulassung der Berufung rechtfertigen. Dies ist der Klägerin jedoch im Hinblick auf keinen der vom Verwaltungsgericht angeführten Abweisungsgründe gelungen.

1. Die Klägerin hat bezüglich des Entgegenstehens von Belangen der Verteidigung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten dargelegt.

a) Die Klägerin macht geltend, dass die Zustimmung der Luftfahrtbehörden nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG als erteilt gelte, wenn sie nicht binnen zweier Monate nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werde. Diese Zustimmungsfiktion sei unwiderruflich und für die Genehmigungsbehörde verbindlich. Ein solcher Fall sei hier gegeben.

Das Verwaltungsgericht steht demgegenüber auf dem Standpunkt, dass es nicht sein könne, dass die Genehmigungsbehörde nach Eintritt der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG diesbezüglich keine Prüfungskompetenz mehr habe und bei Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen müsse, und dies angesichts der hohen Schutzgüter, die im Bereich der Luftsicherheit inmitten stünden. Letztlich bedeutet dies, dass im Interesse des Rechtsgüterschutzes nicht beide rechtlichen Annahmen gleichzeitig zutreffen können, die einer Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG und die einer diesbezüglich fehlenden Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde. Das Verwaltungsgericht weist insofern auf die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hin. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese zwar nicht widerrufen oder zurückgenommen werden, aber die Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde bleibt bestehen (BVerwG, U. v. 12.12.1996 - 4 C 24/95 -NVwZ 1997, 900).

Die Klägerin hat sich mit dieser beachtlichen Argumentation nicht hinreichend auseinandergesetzt und nicht dargelegt, wie der erforderliche Rechtsgüterschutz unter Zugrundelegung ihrer rechtlichen Annahmen sichergestellt werden könnte. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als auch dem von der Klägerin selbst angeführten Urteil des Rheinland-Pfälzischen Oberverwaltungsgerichts zu entnehmen ist, dass auch die Zustimmung der Luftfahrtbehörde nach § 14 Abs. 1 LuftVG im Streitfall einer gerichtlichen Inzidentprüfung zugänglich sein muss, falls ein Flugplatzbetreiber die Genehmigung einer gerichtlichen Kontrolle zuführt. Das Oberverwaltungsgericht verweist insofern zutreffend auf den Rechtscharakter der Zustimmung als Verwaltungsinternum, das weder vom Windkraftanlagenbetreiber noch vom Flugplatzbetreiber selbstständig angefochten werden kann (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 16.1.2006 - 8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844/845).

b) Die Klägerin stellt nicht in Frage, dass Belange der Verteidigung der Genehmigung einer Windkraftanlage entgegenstehen können und dass insofern ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum der Bundeswehr besteht. Die Klägerin wirft insofern lediglich die Frage auf, ob Belange der Verteidigung und ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum auch im Hinblick auf einen militärischen Flugplatz der US-Truppen in Deutschland geltend gemacht werden können. Eine hinreichende Darlegung von Zulassungsgründen ist im bloßen Aufwerfen einer Frage allerdings nicht zu sehen; der Vortrag eines schlüssigen Gegenarguments ist insofern erforderlich. „Darlegen“ bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr, als lediglich eine nicht näher spezifizierte Behauptung aufzustellen; es meint ein „Erläutern“, „Erklären“ oder ein „näher auf etwas Eingehen“ (vgl. BVerwG, B. v. 2.10.1961 - VIII B 78.61 - BVerwGE 13, 90/91; B. v. 9.3.1993 - 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825).

Die Klägerin macht geltend, dass hier für die Sicherheit des Luftverkehrs keine konkreten Gefahren bestünden, wie sie in § 14 Abs. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 LuftVG vorausgesetzt würden. Zwar dürfe bei einer Behinderung der An- und Abflugwege der auf dem Flughafen landenden und startenden Luftfahrzeuge die luftfahrtbehördliche Zustimmung verweigert werden, um unfallträchtige, die Allgemeinheit bedrohende Ausweichmanöver zu vermeiden. Im Hinblick auf die Privilegierung der Windkraftanlagen seien den Flughafenbetreibern aber auch weniger optimale bzw. risikoreichere Ausweichmöglichkeiten zuzumuten. Dies habe das Verwaltungsgericht nicht beachtet.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, im Bereich der Flugstrecken müsse nach den Vorgaben der militärischen Flugsicherung Hindernisfreiheit bestehen. Die Flugzeuge müssten sich mindestens 300 m über dem höchsten Hindernis bewegen; ein Instrumentenflugverfahren müsse so eingerichtet werden, dass ein Flugzeug in sicherem Abstand das Hindernis überfliegen könne. Für den Piloten seien die Anflugverfahren verbindliche Vorgaben. Nach den Stellungnahmen im Gerichtsverfahren sei bei der Realisierung der Windkraftanlagen die notwendige Hindernisfreiheit für die genannten Anflugverfahren in dem erforderlichen Abstand nicht mehr gegeben. Das Luftamt ... habe zuletzt mit Schreiben vom 6. März 2012 die luftfahrtbehördliche Zustimmung unter Berufung auf die gutachtliche Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung GmbH vom 27. Februar 2012 verweigert. Grundlage hierfür seien eine Neubewertung der Sachlage durch die US-Streitkräfte und das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr gewesen. Die Erläuterungen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 hätten die Richtigkeit dieser Neubewertung bestätigt.

Diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts wird durch den Vortrag der Klägerin nicht in Frage gestellt. Vor allem muss in diesem Zusammenhang der verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum der Bundeswehr beachtet werden. Danach obliegt es der Bundeswehr im Rahmen ihres verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums, das Gefährdungspotential einer Windkraftanlage für einen Militärflugplatz zu beurteilen. Die Gefahrenprognose ist nur dann rechtsfehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist (BVerwG, B. v. 5.9.2006 - 4 B 58/06 - Rn. 8). Dazu hat die Klägerin nichts Greifbares vorgetragen. Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (U. v. 16.1.2006 -8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844) und des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (U. v. 30.9.2009 -1 KO 89/07 - ThürVBl 2010, 104) befassen sich mit der Nutzung von Segelflugplätzen und sind daher für die Beurteilung von Militärflugplätzen unter Beachtung des verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums nicht einschlägig. Hinzukommt, dass bei Militärflugplätzen Flugbetrieb auch unter schlechten Sichtbedingungen (Nacht, Schlechtwetter) möglich sein muss.

c) Die Klägerin macht geltend, dass die durch ihr Vorhaben beeinträchtigten Flugverfahren unabhängig von ihrem Vorhaben angepasst werden müssten. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 vor dem Verwaltungsgericht (vgl. S. 5 der Niederschrift) habe der vom Beigeladenen beigezogene Oberstleutnant S. erläutert, dass eine Umstellung des Anflugverfahrens erfolgen müsse und werde. Das Verfahren werde aller Voraussicht nach noch im Jahr 2014 umgestellt. Mit Änderung des Verfahrens könne dem Vorhaben der Klägerin zugestimmt werden. Auf die Bauhöhe bezogen gebe es dann keine Probleme mehr.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass nicht verbindlich feststehe, ob und wann das Flugverfahren so geändert werde, dass die geplanten Windkraftanlagen keine problematischen Hindernisse mehr darstellen würden. Die Festlegung von Flugverfahren erfolge grundsätzlich gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c Sätze 1 und 2 LuftVG durch Rechtsverordnung. Die Verwaltungszuständigkeiten aufgrund des Luftverkehrsgesetzes würden gemäß § 30 Abs. 2 LuftVG für den Dienstbereich der Bundeswehr und, soweit völkerrechtliche Verträge nicht entgegenstünden, der stationierten Truppen durch Dienststellen der Bundeswehr nach den Bestimmungen des Bundesministeriums der Verteidigung wahrgenommen. Die Flugverfahren würden einen aufwendigen Entwicklungs-, Berechnungs- und Genehmigungsprozess durchlaufen. Sie seien nicht beliebig gestaltungsfähig. Nach einem aufwendigen Verfahren unter Berücksichtigung vieler Aspekte werde das Verfahren schließlich genehmigt, in Kraft gesetzt und gemäß international gültigen Standards publiziert. Ob das beabsichtigte Verordnungsänderungsverfahren tatsächlich ergeben werde, dass das bestehende Flugverfahren so geändert werde, dass die strittigen Windkraftanlagen der Klägerin künftig zugelassen werden könnten, sei trotz der positiven Aussagen des Vertreters der Luftwaffe in der mündlichen Verhandlung derzeit offen und von nicht abschätzbaren Prämissen und Planungsvorgängen abhängig.

Die Klägerin teilt diese Einschätzung nicht. Damit legt sie aber keinen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichlichen Urteils dar. Sie legt insbesondere nicht dar, dass das Verwaltungsgericht damit die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung überschritten hätte. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, kommt eine Zulassung der Berufung folglich nur dann in Betracht, wenn die Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 und 104 - Rn. 11 m. w. N.). Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hat die Klägerin nicht aufgezeigt; sie sind auch nicht erkennbar. Überdies hat das Luftamt ... unter dem 20. August 2014 mitgeteilt, die bisher begutachteten flugbetrieblichen Verfahren zum Militärflugplatz Grafenwöhr seien nach wie vor gültig (vgl. Schriftsatz des Beigeladenen vom 10.9.2014). Die Sach- und Rechtslage hat sich also auch nach der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts nicht geändert.

2. Abgesehen davon hat die Klägerin auch hinsichtlich des Verstosses gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) in Bezug auf den Schwarzstorch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten vorgetragen.

a) Die Klägerin macht geltend, beim Schwarzstorch handle es sich um keine Tierart, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken der strittigen Windkraftanlagen betroffen sei. Der sehr scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch weiche Windkraftanlagen aus. Kollisionen kämen dementsprechend kaum vor. Bis heute werde in der zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg von mehr als 500 Brutpaaren in Deutschland lediglich ein Schlagopfer geführt.

Das Verwaltungsgericht ist diesbezüglich zu dem Schluss gelangt, dass nicht im Sinne ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse feststehe, dass der Schwarzstorch nicht zu den kollisionsgefährdeten Vogelarten zähle. Es hat sich dabei auf den sog. Bayerischen Windkrafterlass (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2011) gestützt, der in seiner Anlage 2 nach wie vor davon ausgeht, dass der Schwarzstorch zu den gefährdeten Vogelarten zählt. Das Verwaltungsgericht hat auf Totfunde in Frankreich und insbesondere in Spanien und ungeklärte Altvogelverluste während der Aufzuchtzeit in Deutschland hingewiesen. Eine ausgesprochene Meidung der Windparks sei nicht immer beobachtet worden. Das Verwaltungsgericht hat die Einschätzung des Schwarzstorchs als kollisionsgefährdet durch den Bayerischen Windkrafterlass auch vor dem Hintergrund der geringen Anzahl der Brutpaare in Deutschland für gerechtfertigt gehalten.

Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag nicht die Grundlage entzogen. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 18. Juni 2014 (22 B 13.1358, Rn. 46 f.) den Schwarzstorch nicht als eine Tierart angesehen, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen betroffen ist. Dass das artenschutzrechtliche Tötungsverbot deshalb nicht verletzt sein könne, hat der Verwaltungsgerichtshof daraus aber nicht gefolgert. Dem genannten Urteil zufolge spricht zwar manches dafür, dass der scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch Windkraftanlagen ausweicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus aber nicht die von der Klägerin für richtig gehaltene Konsequenz gezogen, dass insofern das artenschutzrechtliche Tötungsverbot beim Betrieb von Windkraftanlagen nicht verletzt sein kann, sondern auf die erforderliche Ermittlungstiefe abgestellt. Er hat in dem genannten Urteil weitere behördliche Ermittlungen in Bezug auf die konkreten örtlichen Verhältnisse für erforderlich gehalten. Die Ausführungen der Klägerin geben keinen Anlass, von dieser Betrachtungsweise abzugehen. Zum einen ist ein ungewöhnlich starkes Betroffensein von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen nicht zwingend erforderlich. Ein solches Postulat kann insbesondere nicht aus dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2011 (9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149/163 - Rn. 99) abgeleitet werden. Diese Formulierung wird dort nicht gebraucht. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat es im Beschluss vom 21. März 2013 (2 N 154.12 - NuR 2013, 507/512) zwar im Hinblick auf das artspezifische Verhalten des Schwarzstorchs bei summarischer Prüfung als naturschutzfachlich vertretbar angesehen, dass die Genehmigungsbehörde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verneint. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch die gegenteilige Einschätzung naturschutzfachlich vertretbar sein kann. Eine solche gegenteilige naturschutzfachliche Einschätzung kann sich im vorliegenden Fall entscheidend auf die fachlichen Aussagen in Anlage 2 des sog. Bayerischen Windkrafterlasses stützen. Dort ist der Schwarzstorch ausdrücklich als kollisionsgefährdete Vogelart erwähnt. Diese Aussage ist bisher nicht aufgehoben oder modifiziert worden (entgegen ThürOVG, U. v. 14.10.2009 - 1 KO 372/06 - NuR 2010, 368/370). Den in diesem Windkrafterlass enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu (U. v. 18.6.2014 -22 B 13.1358 - Rn. 45). Dies ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit geboten. Hiervon darf nicht ohne triftigen fachlichen Grund abgewichen werden. Einen solchen hat die Klägerin angesichts der vom Verwaltungsgericht festgestellten Beobachtungen nicht dargelegt. Dass manche Beobachtungen für ein Ausweichverhalten des Schwarzstorchs sprechen, andere Beobachtungen aber eher nicht, ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BVerwG, U. v. 27.5.2013 - 4 C 1.12 -NVwZ 2013, 1411).

b) Die Klägerin macht weiter geltend, dass weder vor noch nach dem Bescheidserlass belastbar und nachvollziehbar dargelegt worden sei, dass innerhalb des 3 km-Radius um die strittigen Windkraftanlagen (Prüfbereich nach Anlage 2 des Bayerischen Windkrafterlasses) ein besetzter Schwarzstorchhorst vorhanden sei.

Das Verwaltungsgericht hat im Anschluss an die Genehmigungsbehörde festgestellt, dass alle streitgegenständlichen Windkraftanlagen in einem Radius von deutlich unter 3 km um den früheren Horst im Bereich des sog. Zimmet und um den nun bekannt gewordenen Horst östlich der geplanten Windkraftanlage 3 lägen. Die am weitesten entfernt liegende Windkraftanlage 9 liege nur ca. 1,7 bis 1,8 km von dem Horst entfernt, der in den Jahren 2012 und 2013 besetzt gewesen sei.

Die Klägerin vermochte diese Ausführungen in ihrem Zulassungsantrag nicht in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass sich die behördliche Einschätzungsprärogative auch auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten bezieht. Es gibt zwar rechtliche Grenzen, etwa in Bezug auf die erforderliche Ermittlungstiefe oder in Bezug auf die Methodik (BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274/297, Rn. 67). Die Klägerin hat in ihren Zulassungsanträgen aber nicht aufgezeigt, dass die rechtlichen Grenzen dieser Einschätzungsprärogative überschritten worden sind.

c) Soweit die Klägerin ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auch innerhalb des Mindestabstands von 3000 m um die strittigen Windkraftanlagen in Frage gestellt hat, ergeben sich hieraus ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Zum einen hat das Verwaltungsgericht durchaus anerkannt, dass auch bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen noch eine Einzelfallbeurteilung erforderlich ist. Bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen kommt es darauf an, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windkraftanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 -Rn. 50, unter Bezugnahme auf S. 42 des Bayerischen Windkrafterlasses). Das angefochtene Urteil steht dazu nicht im Widerspruch. Das Verwaltungsgericht hat in den angefochtenen Urteilen darauf hingewiesen, dass die Flugkorridore zu potentiellen Nahrungshabitaten auch durch die strittigen Windkraftanlagen betroffen seien.

Die Klägerin hat insofern zwar die Behauptung aufgestellt, dass die streitgegenständlichen Windkraftanlagen einen Flugkorridor für den Schwarzstorch zulassen würden. Sie hat aber nicht dargelegt, dass die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative zum gleichen Ergebnis hätte kommen müssen.

Die Klägerin hat ferner auf die Vorbelastung durch eine südlich der strittigen Windkraftanlagen verlaufende Hochspannungsfreileitung hingewiesen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Gefahren durch die strittigen Windkraftanlagen in deutlich größerer Höhe als die Gefahren durch die Hochspannungsfreileitung hervorgerufen werden würden; daher könne eine signifikante Risikoerhöhung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen werden. Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an dieser Betrachtungsweise rechtsfehlerhaft sein sollte.

Die Klägerin hat schließlich geltend gemacht, dass im Untersuchungsgebiet nur sehr wenige Flugbewegungen durch Schwarzstörche hätten festgestellt werden können, wie ihr Fachbeistand Dipl.biol. B. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 erklärt habe.

Die diesbezügliche Aussage des Fachbeistands der Klägerin lautet gemäß Seite 8 der Verhandlungsniederschrift: „Im südlichen Bereich der geplanten Windkraftanlagen sind bei ca. 170 Beobachtungsstunden nur sechs Flugbewegungen von den Altvögeln und drei nach dem Ausfliegen des Familienverbands registriert worden…. Die festgestellten sechs Flugbewegungen im Süden sind daher sehr wenig. Es hätten nach unserer Einschätzung ca. 165 Flugbewegungen im Gesamtbereich stattfinden können, d. h. bezogen auf unsere Beobachtungszeiten. Wir gehen daher davon aus, dass die Flugbewegungen woanders stattgefunden haben, d. h. im nördlichen oder östlichen Bereich, der nicht einsehbar war“.

Diese Aussagen stellen die von der Genehmigungsbehörde getroffene und vom Verwaltungsgericht gebilligte Gefahrenprognose nicht in Frage. Sie betreffen nämlich nur einen Teilbereich des strittigen Windparks, nämlich den südlichen. Die Beklagte weist insofern aber zu Recht darauf hin, dass sich das Brutgeschehen nach 2012 weiter nach Norden verlagert hatte.

d) Die Klägerin macht weiter geltend, es hätten von ihr vorgeschlagene Minderungs- und Vermeidungsmaßnahmen zum Zwecke der Verminderung des Tötungsrisikos unter die Signifikanzschwelle ergriffen werden können.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die Errichtung von künstlichen Brutstätten mehrere 1000 m vom natürlichen Brutplatz entfernt als aussichtslos gelte. Die Verbesserung des Fischangebots in Fließgewässern oder Bachausleitungen sei ebenfalls nicht erfolgversprechend. Außerdem könnten solche Maßnahmen dem Anlagenbetreiber nicht vorgeschrieben werden.

Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an diesen Erwägungen rechtsfehlerhaft sein könnte.

e) Die Klägerin macht schließlich geltend, die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen müsse als Ausnahmegrund im Sinn von § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, räumlich als zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses, angesehen werden. Es gehe um eine nachhaltige Energieversorgung durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien.

Das Verwaltungsgericht hat insofern auf den beantragten Standort abgestellt und dazu ausgeführt, dass derartige Gründe für den beantragten Standort nicht ersichtlich seien; auch sei das wirtschaftliche Interesse der Klägerin hierfür nicht ausreichend.

Die Klägerin hat weder dargelegt, warum diese von Pauschalierungen absehende standortbezogene Betrachtungsweise rechtswidrig sein sollte, noch aufgezeigt, weshalb das typischerweise vorhandene wirtschaftliche Interesse der Klägerin schlechthin ein zwingendes öffentliches Interesse darstellen sollte. Die Bezugnahme auf Seite 48 des Bayerischen Windkrafterlasses genügt insofern nicht, weil auch dort eine standortbezogene Betrachtungsweise befürwortet wird.

3. Besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) können entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht abgeleitet werden, weil die Rechtsprechung gerade aufgrund der Existenz dieser Unsicherheiten und in der Reichweite dieser Unsicherheiten bereits eine naturschutzfachliche Einschätzungprärogative anerkannt hat. Auf etwaige rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Widerruf oder der Rücknahme der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion kommt es nicht an, weil entscheidend die Erwägung des Verwaltungsgerichts ist, dass die Genehmigungsbehörde im Bereich der Luftsicherheit nicht sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen darf. Besondere rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Flugverfahren, die nach dem Vortrag der Klägerin mit Sicherheit zeitnah angepasst werden, können schon deshalb nicht bestehen, weil nach der von der Klägerin nicht erfolgreich angegriffenen Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts diesbezüglich keine verlässlichen Aussagen möglich sind. Die im Zusammenhang mit den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten sind aufgrund der Anerkennung einer naturschutzbehördlichen Einschätzungsprärogative nicht mehr entscheidungserheblich. Desgleichen sind Unsicherheiten über künftige Änderungen der Sachlage nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht entscheidungserheblich, weil es bei der Entscheidung über Verpflichtungsklagen auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ankommt.

4. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt angesichts der Darlegungen der Klägerin nicht in Betracht, weil die von ihr bezeichnete Frage der Widerruflichkeit oder Rücknehmbarkeit der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nicht entscheidungserheblich ist. Entscheidungserheblich ist vielmehr die Aussage des Verwaltungsgerichts, dass die Genehmigungsbehörde nicht sehenden Auges im Bereich der Luftsicherheit fehlerhaft entscheiden darf. Widerruflichkeit und Rücknehmbarkeit der Zustimmungsfiktion sind nicht der einzige Weg, um dieses Ziel zu erreichen.

5. Die Klägerin vermag auch keine Abweichung von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) darzulegen. Das Verwaltungsgericht ist von der bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB gerade nicht abgewichen, hat sie gerade nicht in Frage gestellt, sondern hat aus ihr lediglich nicht dieselben Schlüsse wie die Klägerin gezogen. Es hat die Übertragbarkeit des bezeichneten Urteils auf § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG verneint.

6. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Die Würdigung der Aussagen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowie der Aussagen des Fachbeistands Dipl.biol. B. kann nicht als überraschend in dem Sinne angesehen werden, dass ein kundiger Prozessbeteiligter mit derartigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts in den angefochtenen Urteilen nicht hätte rechnen müssen. Die Aussagen von Oberstleutnant S. wurden vom Verwaltungsgericht naheliegender Weise in einen rechtlichen Zusammenhang mit den Problemen eines Verordnungsänderungsverfahrens gestellt und dadurch relativiert. Die Aussagen von Dipl.biol. B. wurden vom Verwaltungsgericht erwartungsgemäß in einen Zusammenhang mit anderen vorliegenden naturschutzfachlichen Aussagen gestellt. Das Verwaltungsgericht hat zwar wohl seine Schlussfolgerungen aus den ihm vorliegenden Stellungnahmen mit den Beteiligten nicht im Einzelnen erörtert. Dies war aber auch nicht erforderlich, zumal diese Würdigung letztlich erst in der abschließenden Beratung vorgenommen werden kann (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 138 Rn. 148 m. w. N.).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte wie Vorinstanz.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 4 K 13.567

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 2. Juli 2015

4. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1021

Hauptpunkte:

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen (abgelehnt); Kollisionsgefährdete Vogelarten (Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Baumfalke); Signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos; Behördliche Einschätzungsprärogative; Heranziehung von umfangreichen Beobachtungen von Bürgern zusätzlich zu vom Betreiber vorgelegten Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass; Annahme von Horsten bzw. Revierzentren aufgrund von Indizien; Folge einer Unterschreitung des „engeren“ Prüfbereichs nach dem Windkrafterlass; Geeignetheit von Nahrungshabitaten nach Maßgabe des Windkrafterlasses; Keine „Berechnung“ des Tötungsrisikos an Hand einer „Formel“; Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahmen vom Betreiber konkret aufzuzeigen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

beigeladen: ...

bevollmächtigt: ...

wegen Vollzugs des Bundesimmissionsgesetzes (Windpark ...)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015

am 2. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen.

Mit Antrag vom 5. April 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 (Nabenhöhe: 138,38 m; Rotordurchmesser: 82 m; Gesamthöhe: 179,38 m) auf den Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ...

Den Antragsunterlagen war ein Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung beigefügt. Darin wurde ausgeführt, dass zu den prüfungsrelevanten Vogelarten im Radius von rund 200 m, 500 m und 1.000 m um das Vorhaben u. a. der Rotmilan gehöre. Dieser wurde mit dem Status „N“ gekennzeichnet, d. h. „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der näheren Umgebung“. Erhebungen hätten keinen Brutplatz des Rotmilans ergeben, weder im engeren Untersuchungsgebiet (1 km-Umgriff), noch bei den weiteren Waldgebieten bzw. Gehölzen in der näheren Umgebung. Dagegen werde stark ein Revierzentrum weiter im Nordosten wegen wiesenreicher Talgründe vermutet (Mindestentfernung rund 3 km). Das Gebiet befinde sich noch innerhalb des 6 km-Prüfkorridors hinsichtlich wichtiger Nahrungshabitate. Zwar träten auch im Gebiet westlich ... gelegentlich jagende Milane auf, doch stehe die pessimale Qualität der dortigen Agrarlandschaft in keinem Verhältnis zu dem genannten Gebiet weiter nordöstlich. Der Vorhabensbereich liege randlich dieses Territoriums. Ein regelmäßiges Aufsuchen von Feldfluren bei den geplanten Windkraftanlagen könne daher keinesfalls bestätigt werden und sei auch nicht zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit einer Kollision sei letztlich sehr gering einzuschätzen und in jedem Fall nicht signifikant.

Als für die Prüfung auszuschließen wurden u. a. der Wespenbussard und der Schwarzmilan bezeichnet. Bezüglich des Wespenbussards gebe es keinerlei Hinweise auf ein Territorium im Vorhabensbereich. Der Schwarzmilan sei auf Gewässergebiete angewiesen, letztlich sei also der Vorhabensbereich ohne Bedeutung für die Art. Ein gelegentliches Erscheinen im weiteren Umfeld sei möglich. Bezüglich des Baumfalken wurde festgestellt, dass im Jahr 2010 keine Bestätigung eines Vorkommens im näheren Umgriff des Vorhabens erfolgt sei. Nach amtlichen Angaben lägen die nächsten Brutvorkommen in ca. 6 bis 10 km Entfernung.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2012 teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, dass der Antrag ihrer Auffassung nach noch nicht vollständig sei und damit noch nicht abschließend beurteilt werden könne. Damit hätten auch die Fristen des BauGB zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens noch nicht zu laufen begonnen. Hilfsweise werde die Zurückstellung der Vorhaben nach § 15 Abs. 3 BauGB beantragt, da sie dem Inhalt des laufenden Verfahrens für die Änderung des Flächennutzungsplanes (Festlegung von Konzentrationsflächen für Windkraft) widersprächen.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 7. März 2013 stellte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin längstens für ein Jahr ab Zustellung gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB zurück.

Am 22. April 2013 ließ die Klägerin die vorliegende Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben.

Zur Begründung wurde zunächst ausgeführt: Die Klage sei gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig. Die Frist zur Entscheidung über einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag betrage im vereinfachten Verfahren gemäß § 10 Abs. 6a BImSchG längstens 3 Monate. Nunmehr stelle der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Basis eines mehr als 10 Monate alten Antrags der Beigeladenen zurück.

Die Klage sei auch begründet, da die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung habe. Die Antragsunterlagen seien vollständig und ausreichend.

Auf den ferner von der Klägerin gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellte das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 2. August 2013 (Au 4 S 13.909) die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage gegen den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 wieder her. Mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 (22 CS 13.1760) wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg zurück.

Mit Bescheid vom 7. März 2014 hob der Beklagte den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 auf. Nach insoweit erfolgter Teilerledigungserklärungen aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. April 2014 von dem vorliegenden Verfahren das Verfahren betreffend den Zurückstellungsbescheid abgetrennt, dieses unter dem Aktenzeichen Au 4 K 14.511 fortgesetzt und sogleich eingestellt.

Bereits mit Schriftsatz vom 14. März 2014 hatte die Klägerin im Hinblick auf die Aufhebung des Zurückstellungsbescheids nur noch beantragt, den Beklagten zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu verpflichten.

Hinsichtlich dieses Verpflichtungsantrags hatte der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. März 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die erhobene Untätigkeitsklage sei derzeit unzulässig, da ein sachlicher Grund bestehe, nicht über den Antrag der Klägerin zu entscheiden. Der Beklagte habe die Klägerin bereits zwei Mal auf die Notwendigkeit einer Ergänzung der artenschutzrechtlichen Prüfung hingewiesen. Zwischenzeitlich sei im Genehmigungsverfahren bezüglich drei Windenergieanlagen bei ... von Einwendern sehr umfangreiches und fundiertes Material vorgelegt worden. Dieses deute auf ein erheblich intensiveres Artenvorkommen, vor allem des Rotmilans und des Steinadlers, im direkten Umfeld des geplanten Baufeldes hin. Daher werde das Vorhaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht genehmigungsfähig gehalten. Es bestehe die Möglichkeit, die Genehmigungsbehörde mit einem ergänzenden Gutachten davon zu überzeugen, dass keine artenschutzrechtlichen Versagungsgründe vorlägen.

Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. April 2014, die artenschutzrechtlichen Fragen seien durch die von ihr vorgelegten Gutachten abschließend geklärt. Der Beklagte nehme nunmehr ungeprüfte Behauptungen einer Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen zum Anlass, weitere Unterlagen zur artenschutzrechtlichen Situation zu verlangen, obwohl die Datengrundlage und die Schlussfolgerungen der Bürgerinitiative fachlich als fragwürdig einzuschätzen seien. Gleichwohl habe sich die Klägerin entschieden, ein ergänzendes artenschutzrechtliches Gutachten in Auftrag zu geben, um das Verfahren nicht weiter zu verzögern.

Im Einverständnis aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2014 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2014 bat die Klägerin darum, das Verfahren wieder aufzunehmen und legte folgende Unterlagen vor: Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, Nachtrag 2014; Landschaftspflegerischer Begleitplan - Nachtrag; Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten; Ergebnisprotokoll Horstkontrolle.

Das Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) - Nachtrag 2014 führte in Bezug auf den Rotmilan Folgendes aus: Die Behauptung Ortsansässiger, aufgrund ihrer Beobachtungen seien im weiteren Umgriff der Anlagen zwei sichere und zwei mögliche Revierzentren vorhanden, sei angesichts des engen Beieinanderliegens der vermeintlichen Horststandorte (einmal rund 2 km, ansonsten höchstens ca. 1 km) mehr als fraglich. Zudem hätten die Ortsansässigen bei ihren Beobachtungen in dem relativ kleinen Landschaftsausschnitt im Falle mehrerer Paare wiederholt drei bis vier Milane sichten müssen. Es sei aus Sicht der Gutachter derzeit völlig unklar, wo sich ein Rotmilanhorst befinden solle. Das Untersuchungsgebiet werde offenbar lediglich von nahrungssuchenden Individuen beflogen, wobei die Landschaft aufgrund der intensiven Ackernutzung für den Rotmilan kein Optimalhabitat darstelle. Die betreffende Fortpflanzungsstätte könne durchaus weiter entfernt sein. Im Nahbereich der drei geplanten Windkraftanlagen seien 2014 bei insgesamt fast 60 Kontrollstunden nur sechs Flüge erfasst worden, wobei sich sogar nur zwei auf die eigentliche Risikozone bezögen. Die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich habe bei maximal rund 10 Minuten gelegen und damit deutlich unter 0,5% im Verhältnis zur gesamten Beobachtungszeit. Insofern sei ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko zu verneinen. Im Übrigen sei nach Studien eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr für den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde in dem Nachtrag zur saP ausgeführt: Hinweise auf einen Horststandort innerhalb des Prüfbereichs gebe es nicht. Ähnlich wie beim Rotmilan werde das Untersuchungsgebiet vom Schwarzmilan zwar auf Nahrungsflügen von Brutvögeln aus dem Umfeld durchflogen. Das Areal sei jedoch angesichts der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung nicht als günstiges oder gar optimales Habitat zu bewerten. Bevorzugte Gebiete seien offenbar das Tal der ... im Westen sowie die das ...- bzw. ... im Nordosten mit einem vergleichsweise hohen Grünlandanteil. Bei den Raumnutzungskontrollen 2014 seien insgesamt 30 Flugbewegungen registriert worden (an 12 der 21 Beobachtungstage), davon 13 in der Höhenstufe 80 bis 200 m. Nur vier dieser Aktivitäten erfolgten innerhalb eines Korridors von 250 m um die drei beantragten Anlagen. Damit liege - ähnlich wie beim Rotmilan - eine sehr geringe Aktivitätsdichte im Planungsbereich vor.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt, 2013 sei von Ortsansässigen ein besetzter Horst im Rodungsbereich für das Fundament bzw. die Kranstellfläche einer der Windenergieanlagen entdeckt worden. Auch 2014 sei dieses Nest wieder von einem Baumfalkenpaar genutzt worden. Die weitere Verfügbarkeit sei aber ungewiss, weil sich der Horst in einem Wirtschaftswald mit einem Bestand im hiebreifen Alter befinde. Außerdem sei die betreffende Fichtengruppe windwurfgefährdet. Generell unterliege die Lage von Revierzentren bei Baumfalken einer höheren Dynamik.

Überdies zeige sich, dass der Baumfalke im näheren Umgriff der drei Windenergieanlagen nicht regelmäßig jage. Dazu sei das Gebiet zu stark ausgeräumt. Hingegen könnten als nächst gelegene wichtige Nahrungshabitate der gesamte wiesenreiche Talraum der ..., das südlich gelegene Tal des ... sowie die Siedlungen ... und ... mit nahem Umfeld hervorgehoben werden. Bei den Untersuchungen 2014 sei der Baumfalke ab dem 17. April an jedem Beobachtungstag zu sehen gewesen. Für das gesamte untersuchte Gebiet hätten sich 35 Flugbewegungen ergeben. Lediglich drei von ihnen seien in der potenziell kritischen Höhe von 80 bis 200 m erfolgt. In Anbetracht der sehr geringen Flugbewegungen in kollisionsrelevanter Höhe, der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des jetzigen Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld erscheine die Realisierung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar. Überdies müsse beim Baumfalken generell mit einem vergleichsweise geringen Kollisionsrisiko ausgegangen werden, weil die von Windenergieanlagen ausgehenden Verwirbelungen eine erfolgreiche Beutejagd schwierig machten.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Ein aktueller Brutplatz habe nicht gefunden werden können. Lediglich beim südlich gelegenen ... in einer Entfernung von mindestens 1,6 km zu dem Vorhaben sei ein offenbar unbenutzter Horst entdeckt worden, jedoch sei unter anderem wegen fehlender Flugnachweise im nahen Umfeld nicht davon auszugehen, dass der Horst 2014 genutzt worden sei. Im gesamten Beobachtungsgebiet seien ab Mai 2014 insgesamt 31 Flugbewegungen an elf der 21 Termine festzustellen gewesen. Im potenziellen Gefahrenbereich von 250 m um die Windenergieanlagen sowie in einer Höhe von 80 bis 200 m seien an fünf dieser elf Tage Feststellungen zu verzeichnen gewesen. Die Aufenthaltsdauer habe - bereits deutlich nach oben gerundet - zusammen höchstens 30 Minuten betragen. Dies entspreche im Verhältnis zur gesamten Kontrollzeit einem Anteil von 0,8%. Nach einer Entscheidung des VG Würzburg werde die Signifikanzschwelle erst bei einem Anteil der Beobachtungszeit im Gefahrenbereich von 10% der Gesamtkontrolldauer erreicht.

In der Unterlage „Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten“ vom 13. Oktober 2014 wurde ausgeführt: Die Analyse sei von vier Beobachtungspunkten sowie zusätzlich durch „mobile Beobachtungen“ durchgeführt worden. Die Beobachtungspunkte 1 bis 3 seien mit der Unteren und der Höheren Naturschutzbehörde abgestimmt gewesen. Von diesen Beobachtungspunkten seien die Anlagenstandorte komplett oder jedenfalls im Risikobereich (Höhe ab 80 m) erfassbar gewesen. Zwischen dem 20. März und dem 20. August 2014 seien insgesamt 21 Beobachtungsgänge durchgeführt worden. Insgesamt seien 178,5 Stunden Beobachtungszeiten geleistet worden. Die nach dem Windkrafterlass geforderten Erfassungszeiten von mindestens 54 Stunden je Anlagenstandort seien bei weitem übererfüllt worden. Beobachtungen in einem Durchmesser von ca. 250 m um einen geplanten Anlagenstandort seien als relevante Flugbewegungen über dem Anlagenstandort gewertet worden.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt: Zwar sei unmittelbar am Standort der Windenergieanlagen ein besetzter Horst mit Jungvögeln vorhanden. Jedoch sei in Anbetracht der geringen Flugbewegungen im Risikobereich der geplanten Anlagenstandorte (nur drei Flüge über 80 m Höhe), der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld die Durchführung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar.

In Bezug auf den Rotmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (drei Standorte ohne Überflüge, drei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit zwei Überflügen) beobachtet worden seien, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Hinweise auf einen Horststandort im 1 km-Radius vorhanden seien, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (vier Standorte ohne Überflüge, zwei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit drei bzw. vier Überflügen) beobachtet wurden, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Horststandort im 1 km-Radius vorhanden sei, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Zwar gehöre er nach dem Windkrafterlass zu den kollisionsgefährdeten Arten. Die allgemeine Kollisionsgefährdung des Wespenbussards durch Windenergieanlagen sei aber nicht abschließend geklärt. Die Mehrzahl der Flugbeobachtungen sei außerhalb des Risikobereichs (zwischen 80 und 200 m) gelegen. Innerhalb des Risikobereichs seien die einzelnen Standorte zwischen null und sechsmal überflogen worden. Die summierten Überflugzeiten im Risikobereich je Anlagenstandort lägen zwischen 5 und 12 Minuten, dies entspreche einer Überflugrate von 0,3 bis 0,5% bezogen auf die Gesamtbeobachtungszeit. Die Gesamtüberflugszeit aller Standorte liege bei 53 Minuten bzw. 2,1% der gesamten Beobachtungszeit. Die Flüge über 80 m seien hauptsächlich bei Windstille bzw. schwachem Wind (Thermik) stattgefunden. Der Hauptteil der Balz-/Reviermarkungsflüge des Wespenbussards finde zwischen Mitte Juli und Mitte August statt. Ob sich die Art bereits dauerhaft im Untersuchungsgebiet als Brutvogel etabliert habe, sei nicht bekannt, da es beim Wespenbussard zu jährlich wechselnden Brutplätzen kommen könne. Daher sei nicht grundsätzlich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Ein Brutnachweis aus dem Untersuchungsgebiet liege nicht vor.

Die Unterlage „Ergebnisprotokoll Horstkontrolle vom 9. September 2014“ wies aus, dass eine Begehung gemeinsam mit einem Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde und einem Vertreter der von der Klägerin beauftragten Gutachter stattgefunden hatte. Bei ..., ca. 1 km südlich der Planungskulisse, sei ein Horst gefunden worden, in dem nach Angaben von ... Bürgern eine Brut des Wespenbussards 2014 stattgefunden haben solle. Jedoch habe der Horst einen, zumindest 2014, nicht besetzten Eindruck gemacht. Unter anderem sei er bei der Überprüfung völlig durchnässt gewesen. Es lasse sich nicht abschließend beurteilen, ob es sich dabei tatsächlich um einen Brutplatz des Wespenbussards handle. Jedoch erscheine es eher plausibel, dass der Nistplatz nur sporadisch als Wechselhorst vom Wespenbussard genutzt worden sei.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2015 legte der Beklagte eine naturschutzfachliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 vor. Daraus ergebe sich, dass sämtliche Windenergieanlagen nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter und kollisionsgefährdeter Arten geplant seien, so dass das Tötungsrisiko für besonders geschützte Arten signifikant erhöht sei. Daher sei die Klägerin mit Schreiben vom 7. Januar 2015 zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört worden.

Aus der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 ergab sich im Wesentlichen Folgendes: Sämtliche von der Klägerin - insbesondere also auch die nachgereichten - Unterlagen seien berücksichtigt worden. Hinsichtlich der von der Klägerin veranlassten Beobachtungen sei festzustellen, dass dies zwar zeitmäßig den Anforderungen des Windkrafterlasses genüge, jedoch seien die Beobachtungstage nach regelmäßigem Muster verteilt (einmal je Woche) und nicht je Aktivitätsphase gruppiert worden. Ferner seien die filmisch und kartografisch dokumentierten Beobachtungen von ... Bürgern aus den Jahren 2013 und 2014 berücksichtigt worden (für das Jahr 2014: insgesamt 1.018 Videofilme mit einer Gesamtdauer von 25 Stunden und 44 Minuten). Deren Hauptaugenmerk sei auf den Rotmilan gerichtet gewesen. Die Daten der ... Bürgern seien so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar gewesen, dass sie als ergänzende Daten hätten einbezogen werden können. Ferner hätten Beobachtungen und fachliche Einschätzungen durch Herrn ... vorgelegen.

Die Annahme in der von der Klägerin vorgelegten Raumnutzungsanalyse, dass der Rotmilan dauerhaft häufiger hätte zu beobachten sein müssen, wenn er hier ein Brutrevier hätte, erscheine plausibel, sei aber nicht zwingend. Wenn es sich hier - was nachvollziehbar sei - um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten. Nach den Filmen der Bürger aus dem Jahr 2014 sei eindeutig ein besetzter Wespenbussard-Horst mit Jungen belegbar.

Die Annahme, die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich müsse bei 10% der Beobachtungszeit liegen, sei zurückzuweisen. Dieser Wert könne unter normalen Umständen kaum erreicht werden (denkbar allenfalls im Nahbereich einer künstlichen Futterquelle, z. B. Deponie), ansonsten nur in Ausnahmefällen (frisch gemähte Wiese), dann jedoch nicht als Durchschnittswert. Es sei auch falsch, bei diffus über den Raum verteilten Nahrungsgebieten stets eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos zu verneinen. Bezüglich des Rotmilans sei nicht entscheidungsrelevant, ob ein oder vier Reviere vorlägen. Unzweifelhaft liege aufgrund eindeutiger Indizien wenigstens ein Brutplatz vor. Falsch sei auch die Annahme, dass wegen der Raumansprüche keine zwei Brutplätze gleichzeitig existieren könnten. Dies sei im fraglichen Raum ohne weiteres möglich. Die Aussage, ein Rotmilan-Brutplatz habe nicht übersehen werden können, sei sehr gewagt. Selbst erfahrene Vogelkundler würden immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht. Bezüglich des Baumfalken sei den Aussagen zum Gutachter der Klägerin zu widersprechen, dass es zu keiner Schädigung der Brutstätte komme. Der engere bisherige Nestraum werde dadurch geschädigt, dass das Bestandsensemble der Bäume völlig verändert werde. Die Gutachter führten selbst aus, dass Baumfalken bei Baumaßnahmen oft abwanderten und später zurückkehrten. Außerdem sei es fragwürdig, dass die Gutachter offenbar nicht einmal die unmittelbare Nestumgebung als kollisionsgefährdet einstuften.

Insgesamt habe die Untere und die Höhere Naturschutzbehörde eine deutlich abweichende Beurteilung. Daher habe eigene, auf Daten und Fakten basierende Beurteilung und Bewertung vorgenommen werden müssen, die Folgendes ergebe:

Das Gelände sei für Greifvögel, speziell Thermikgleiter, aufgrund der Topographie hoch attraktiv. Es sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung, des vorhandenen Restgrünlandes und anderer Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlenden Grünlandes, täusche.

Je ein besetzter Horst mit Bruterfolg habe für den Baumfalken und den Wespenbussard nachgewiesen werden können. Speziell die kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke kämen im Gebiet als stabile Brutvögel vor. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus der Zusammenschau aller Daten. Die sicher gefundenen und die höchst wahrscheinlichen Brutplätze lägen im Nahbereich von Anlagen des Windparks. Trotz eindeutiger Revieranzeigen der Aktivitäten habe beim Rotmilan zwar kein Horst nachgewiesen werden können. Aufgrund der eindeutigen Indizien werde jedoch von einem Rotmilan-Traditionsrevier ausgegangen. Es bestehe auch der begründete Verdacht eines Schwarzmilanhorstes am östlichen Rand des Tales der ... in etwa östlich von ....

Die von den ... Bürgern gelieferten ergänzenden Hinweise und Daten seien hinreichend substantiiert und daher beachtlich. Sie entsprächen in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses. Hingegen hätten die Gutachter der Klägerin nicht, wie in einer Kartieranleitung des LfU empfohlen, vormittags und nachmittags mit in etwa gleicher Intensität kartiert. Die Beobachtungen hätten sich daher nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen richten können. Einige wichtige Beobachtungen vor Ort seien damit wohl durch das zeitliche Raster gefallen.

Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Daten der Bürger und der von der Klägerin beauftragten Gutachter zu erhalten, sei bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ein Korrekturfaktor von 3,0 anzusetzen. Da umgekehrt bei den Bürgern die nötige Erfahrung und Routine mit Flugbeobachtungen begrenzt vorausgesetzt werden könne, werde bei deren Daten ein Abschlag von 20% angenommen. So ergäben sich für den Rotmilan insgesamt ca. 250 Durchflüge pro Jahr bezogen auf alle im Untersuchungsraum geplanten Windenergieanlagen.

Bezüglich der vorhandenen Nahrungshabitate sei festzustellen, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern dass diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien. Dies lasse ein diffuses Muster von Flugbewegungen über das gesamte Gebiet erwarten. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine etc. würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt.

Aus den Daten der ... Bürger ergebe sich ferner, dass hinsichtlich des Rotmilans Territorialflüge, Revierflüge, Balzflüge und Nahrungseintragungsflüge im Nahbereich (1.000 m um die Anlagen) nachgewiesen seien. Nach fachlichen Erkenntnissen sei von einer Brut auszugehen. Für den Wespenbussard bestehe ein starker Verdacht, dass sich neben dem gefundenen Horst ein weiteres Revier im Nordbereich des Waldes befinde.

Lege man diese Erkenntnisse einer Bewertung nach dem Windkrafterlass zugrunde, ergebe sich, dass bei Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke ein Revierzentrum jeweils im 1 km-Umkreis vorliege. Aus dem Windkrafterlass ergebe sich die Regelvermutung, dass bei Unterschreitung dieses Abstands die Artenschutzanforderungen nicht gewahrt seien, es sei denn es werde nachgewiesen, dass die Flugaktivitäten in diesem Radius so seien, dass die Vögel mit den Windenergieanlagen nicht in Kontakt kämen. Da bei allen drei Arten davon auszugehen sei, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Bereiche der Windenergieanlagen gebe, sei diese Vermutung nicht widerlegt.

Gesichert sei, sowohl nach den Daten der Bürger als auch den Daten der Gutachter der Klägerin, dass alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden. Ferner bestünden mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei Wespenbussard-Reviere, nämlich der 2014 im Süden gefundene sowie eines im Nordwesten des Untersuchungsraumes. Sicher bestehe auch ein Rotmilanrevier. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Dieses Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen. Der Baumfalke habe seinen Nestplatz an einer markanten randlichen Waldstruktur, die seinen Nistplatzansprüchen in optimaler Weise entspreche. Der Bau der unmittelbar dort gelegenen Windenergieanlage bedeute den Verlust bzw. die Entwertung dieses Nisthabitates bzw. eine permanente Tötungsgefahr durch den Rotorkontakt. Für den Rot- und Schwarzmilan stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimalen Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum dar.

Betrachte man überdies das Kollisions- und Tötungsrisiko mittels eines konservativen Ansatzes, sei bei mehr als 15 Durchflügen pro Jahr bzw. einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer im Risikobereich von mehr als 30 Minuten pro Jahr eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos gegeben. Ziehe man die Daten der Gutachter der Klägerin und der ... Bürger, letztere mit einem Korrekturfaktor von 0,20, heran, ergebe sich, dass diese Schwelle des bezüglich des Wespenbussards bei allen drei Anlagen, bezüglich des Rotmilans und des Baumfalkens bei zwei Anlagen und bezüglich zusätzlich des Schwarzmilans bei einer Anlage erfüllt sei. Daher sei im Ergebnis keine Anlage genehmigungsfähig.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. April 2015 legte die Klägerin zwei weitere Unterlagen vor: Die „Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen Artenschutzfachlichen Prüfung (saP) für den geplanten Windpark ...“ vom 24. April 2015 sowie eine „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde, Landratsamt ...“ vom 7. April 2015. Hierin werde nachvollziehbar dargelegt, dass die seitens des Beklagten geltend gemachten Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht durchgreifen würden.

In der Unterlage zur Vollständigkeitsprüfung der saP wurde gegen das Argument des Beklagten, die Beobachtungstage seien nach regelmäßigem Muster und nicht nach Aktivitätsphase gruppiert worden, eingewendet, es seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan lokalisiert worden, an denen eine Aktivitätsphase hätte festgemacht werden können. Im Rahmen der dreijährigen Untersuchung seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan im Umkreis von 1 km um die Standorte der Windenergieanlagen nachgewiesen worden. Nur die Kenntnis eines Horststandort aber, der als Brutplatz dient oder gedient habe, könne als mögliche Grundlage für die Anwendung von Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass herangezogen werden.

Die Frage der Aufenthaltswahrscheinlichkeit einer Vogelart lasse sich nur mit einer zeitlichen Bezugsgröße ermitteln. Der Beklagte habe selbst festgestellt, dass eine solche Größe mit der Beobachtungsdauer von 54 Stunden pro Beobachtungspunkt vorliege. Bei den Daten der ... Bürger liege eine solche Gesamtbeobachtungsdauer nicht vor. Überdies sei die vom Beklagten vorgenommene Auflistung der durchschnittlichen Beobachtungen pro Kartiertag und der durchschnittlichen Zahl der Durchflüge pro Kartiertag, um daraus den Anteil der Durchflüge an den Beobachtungen in Prozent zu errechnen, weder aus mathematischer noch aus ökologischer Sicht der zu berücksichtigenden Arten geeignet, eine zeitliche und/oder räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu ermitteln. Vielmehr hätte der Beklagte prüfen müssen, welchen Zeitanteil der Dauerkartiertage der ... Bürger die Nutzung des möglichen Kollisionsbereichs im Verhältnis zur Nutzung der anderen nicht kollisionsgefährdeten Bereiche einnehme. Die Feststellung des Beklagten, dass eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos vorliege, entbehre somit jeglicher Grundlage.

Bezüglich des Baumfalken sei festzustellen, dass dieser im engeren Umfeld des geplanten Windenergiestandortes (Abstand geringer als 1.000 m) brüte. Für den Baumfalken sei jedoch aufgrund seiner hervorragenden sehphysiologischen Eigenschaften ein Kollisionsrisiko so gut wie auszuschließen, auch wenn hierzu sehr vereinzelt Nachweise vorlägen. Als Vermeidungsmaßnahme komme die Anlage von künstlichen Nisthilfen in Betracht, wenn gleichzeitig die Horste aus dem näheren Umfeld des Planungsraums entfernt würden. Hinzutreten könne eine Ausnahmeregelung nach § 45 BNatSchG.

Der Wespenbussard brüte innerhalb des 1.000 m-Radius um die Windenergieanlage. Die saP vermittle eventuell den Eindruck, dass der Wespenbussard fast ausschließlich den Planungsraum als Nahrungs- und Flughabitat nutze. Dieser Eindruck sei gegebenenfalls zu entkräften, andernfalls komme ein Ausnahmeantrag gemäß § 45 BNatSchG in Betracht.

Die Unterlage „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ setzte sich ausführlich mit deren Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 auseinander. Zusammengefasst ergebe sich folgendes: Die Einschätzung des Beklagten, das Gelände sei für Greifvögel hoch attraktiv bzw. ein günstiger Lebensraum, beruhe auf rein theoretischen Betrachtungen. Die vom Beklagten genannten Eigenschaften seien ganz typisch für das gesamte schwäbische und das angrenzende oberbayerische Hügelland. Es handle sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der ... im Westen sowie das ... im Nordosten würden vom Beklagten dagegen nicht betrachtet.

Bezüglich des Rotmilans erkenne der Beklagte an, dass im Juni und Juli 2013 und 2014 nur sehr wenige Exemplare im Planungsgebiet hätten beobachtet werden können. Dies sei ein deutliches Indiz, dass das Untersuchungsgebiet in dieser Zeit keine ausreichende Nahrung biete und dass sich im Planungsgebiet kein Brutrevier befinde. Der Beklagte habe entgegen einer Gesamtwürdigung der saP ein eigenes Gutachten erstellt, mit einer sehr zweifelhaften, nicht wissenschaftlich belegten Methode Jahresdurchflugszahlen berechnet und habe einen eigenen Schwellenwert für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko festgelegt, der nicht begründet sei. Ohne Rechtfertigung verwerfe der Beklagte eine nachvollziehbare und gerichtlich überprüfte Methode zur Bewertung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos (Urteil des VG Würzburg). Stattdessen berechne der Beklagte mit einer eigenen, nicht nachvollziehbaren Methode das Tötungsrisiko, so dass bereits ein beobachteter Überflug eines einzelnen Rotmilans über einer Windenergieanlage ausreiche, um ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszulösen.

Entgegen der Kritik des Beklagten sei die Raumnutzungsanalyse entsprechend dem Bayerischen Windkrafterlass vollumfänglich durchgeführt worden. Die Beobachtungszeiten, die geforderten Aktivitätsphasen und die entsprechenden Tageszeiten und Witterungsbedingungen seien uneingeschränkt beachtet worden. Die vom Beklagten zitierte Kartieranleitung des Landesamts für Umwelt beziehe sich auf die Methoden für Revierkartierungen und Populationserfassungen und unterscheide sich damit grundsätzlich von den Raumnutzungsanalysen nach dem Windkrafterlass.

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten die Daten der ... Bürger selbst ausgewertet. Danach ergebe sich, dass nicht nachweisbar sei, wann die Videodateien tatsächlich erstellt worden seien. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verortung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Eine exakte Auswertung in Bezug auf Durchflüge, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, sei deshalb nicht möglich.

Die Aussage des Beklagten, im Gebiet sollten speziell Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke als stabile Brutvögel vorkommen, sei durch Daten keinesfalls untermauert. Belegbar seien nur ein Brutplatz des Baumfalken in den Jahren 2013 und 2014 sowie der Brutplatz eines Wespenbussards im Jahr 2014, dessen Raumnutzung allerding im Wesentlichen außerhalb des Planungsgebiets liege. Trotz intensiver Nachsuche sei weder 2013 noch 2014 der Nachweis einer Rotmilanbrut bzw. eines Horstes gelungen.

Unzutreffend sei auch die Abgrenzung der Brut- und Nahrungsreviere. Die Raumnutzungsanalyse und die Beobachtungen der Bürger ließen nur bedingt Schlüsse zu abgrenzbaren Revieren zu. Beim Wespenbussard und Rotmilan sei das Nahrungsrevier nur näherungsweise in Kreisform mit einem willkürlich gewählten Revier im Mittelpunkt abgegrenzt worden. Es werde nicht erläutert, auf welcher Grundlage die Nahrungs- und Brutreviere abgegrenzt worden seien. Wesentliche weitere potentiell geeignete Nahrungshabitate fehlten in der Darstellung des Beklagten. Es werde der Eindruck erweckt, dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Dem gefundenen Wespenbussardhorst habe der Beklagte schon selbst kein Nahrungsrevier im Planungsgebiet zugeordnet. Zu Unrecht seien dem Baumfalkenhorst nur weit entfernte Nahrungshabitate zugeordnet worden, um Überflüge der Standorte zwischen Horst und Nahrungshabitaten zu belegen.

Bezüglich der Berechnung des Kollisionsrisikos sei die Annahme des Beklagten nicht belegt, dass bei 15 Jahresdurchflügen von einer definitiven Richtschnur für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszugehen sei. Der Beklagte habe nicht anhand der Beobachtungstage auf das ganze Jahr hochrechnen dürfen. So seien die Beobachtungen bei günstigen Witterung- und Tageszeiten durchgeführt worden. Bei schlechtem Wetter sowie in den frühen Morgen- und Abendstunden fänden deutlich weniger Flugbewegungen statt. Es seien nicht die tatsächlichen Beobachtungszeiten einbezogen worden, sondern es seien, unabhängig davon wie lange und mit wieviel Personen die ... Bürger beobachtet hätten, ganze Tage hochgerechnet worden.

Der Beklagte habe die durchschnittlichen Jahres-Anwesenheitszeiten der einzelnen Arten für die Berechnung der Jahresdurchflugwerte deutlich zu hoch angesetzt. Die vom Beklagten verwendeten Korrekturfaktoren seien nicht nachvollziehbar und würden von ihm selbst nicht einheitlich verwendet.

Der Beklagte habe die Daten der ... Bürger unkritisch verwendet, ohne deren fachliche Eignung zu hinterfragen. Die Flugbewegungen seien nicht exakt den Anlagenstandorten zuzuordnen, die Karteneintragungen seien häufig falsch oder sehr ungenau vorgenommen worden. Schließlich habe der Beklagte im Widerspruch zum Windkrafterlass den Baumfalken und den Wespenbussard als störungsempfindliche Arten eingestuft.

Bezüglich des Baumfalkenhorsts sei überdies zu bemerken, dass der betreffende Waldbereich aus forstwirtschaftlichen Gründen zwischenzeitlich geerntet worden sei. Der Horstbaum sei nicht mehr vorhanden.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 lehnte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin ab. Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Der Tatbestand des Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei bei Verwirklichung des Vorhabens erfüllt. Das Tötungsrisiko sei für Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht. Dies ergebe sich aus den Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 und deren aktueller Stellungnahme vom 17. Juni 2015.

Diese aktuelle Stellungnahme führte im Wesentlichen aus: Die Unterlagen der ... Bürger seien als Tatsachennachweis in die Wertung der Unteren Naturschutzbehörde mit eingeflossen und stünden berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen. Ihre Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) von der Naturschutzbehörde einer angemessenen, sorgfältigen Stichprobenprüfung unterzogen worden. Dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können.

Die Gutachter der Klägerin hätten die Prüfbereiche außerhalb des 1-km-Bereichs nicht bearbeitet. Es handele sich jedenfalls um deutlich mehr als nur vereinzelte Durchflüge kollisionsgefährdeter Arten durch den Gefahrenbereich der Anlagenstandorte. In Ermangelung einer anerkannten Methode zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos habe sich die Untere Naturschutzbehörde diese im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative selbst erarbeitet. Da die ... Bürger häufiger nachmittags, die von der Klägerin beauftragten Gutachter jedoch überwiegend vormittags beobachtet hätten, habe sich durch die Daten der Bürger ein etwas anderes Bild ergeben. Die Beobachtungen der ... Bürger seien daher wesentlich ergänzende Fachdaten.

Auch wenn die landschaftliche Ausstattung und die Geländemorphologie einschließlich der vorhandenen Strukturen für große Teile der gesamten Aindlinger Terrassentreppe zuträfen, sei festzuhalten, dass für den Rotmilan relevante Strukturelemente jedenfalls vorhanden seien. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten hauptsächlich am Vormittag beobachtet, daher fehlten Ganztagsbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase. Bezüglich der Daten der ... Bürger sei sich die Untere Naturschutzbehörde bewusst, dass Unsicherheiten unvermeidlich seien. Daher sei ein Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt gehalten worden. Dass der Rotmilan bevorzugt das Tal der ..., das ... und das ... nutzen würde, sei eine nicht belegte Vermutung. Jedenfalls besiedelten Rotmilane nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen. Bezüglich des Wespenbussards sei der Horst mit Jungenaufzucht eindeutig belegt. Es sei erstaunlich, dass die Gutachter der Klägerin diesen nicht gefunden hätten bzw. versuchten, diesen als unbenutzt darzustellen. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass weiter nördlich von diesem Horst ein zweites Revier liege. Der von der Naturschutzbehörde bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter vorgenommene Zuschlag spiegle einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung wider. Dies sei für die notwendige vergleichende Betrachtung angezeigt gewesen. Der Behauptung, da kein für den Rotmilan typischer Horst gefunden worden sei, liege kein Rotmilanrevier vor, müsse widersprochen werden. Wie der nicht entdeckte Wespenbussardhorst beweise, sei die Horstsuche ganz offensichtlich mangelhaft gewesen. Auch sei die Horstsuche nur über ausgesuchte Teilbereiche des Untersuchungsgebiets erstreckt worden, eine flächendeckende Horstsuche sei aber nicht erfolgt.

Wenn die Naturschutzbehörde das vermutete Revierbereich dargestellt worden, sei dies nicht so zu verstehen, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Es sei lediglich ein Bereich abgegrenzt worden, in dem sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte. Bezüglich der Beseitigung des Baumes, in dem sich der Horst des Baumfalken befunden habe, sei davon auszugehen, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage, z. B. ein altes Krähennest, nutzen werde. Damit sei weiterhin ein bestehender Baumfalkenbrutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen.

Die Hochrechnung auf ganze Tage sei sowohl bei den Gutachtern der Klägerin als auch bei den Bürgern erfolgt. Diese seien also gleichbehandelt worden.

Die Zahl von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage ergebe sich daraus, dass dann jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gemäß dem Windenergieerlass gesprochen werden könne. Dieser Wert sei jedenfalls nicht willkürlich, da der Windkrafterlass keine Konkretisierung enthalte. Wenn von Durchflug gesprochen werde, sei dies mit der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich gleichzusetzen.

Es sei unzutreffend, dass die Untere Naturschutzbehörde die Daten der ... Bürger unkritisch und ohne Überprüfung übernommen habe. Der umfangreiche Datenpool der ... Bürger sei als ergänzende Unterlage, nicht jedoch anstelle der Kartierdaten der von der Klägerin beauftragten Gutachter verwendet worden.

Auch wenn Horststandorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne, sei es fachlich vertretbar, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden.

Im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom 18. Juni 2015 beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2015,

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin eine Genehmigung gem. § 4 BImSchG zur Errichtung und Betrieb von 3 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern auf den Grundstücken Fl.Nrn. ..., ... der Gemarkung ... (Windpark ...) gemäß ihrem Antrag vom 5. April 2012 zu erteilen.

In der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 beantragte die Klägerin hilfsweise,

unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 18. Juni 2015 erneut den Antrag der Klägerin vom 5. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden.

Beklagter und Beigeladene beantragten in der mündlichen Verhandlung,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung noch einen Anspruch darauf, dass ihr Genehmigungsantrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschieden wird. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, weil ein Versagungsgrund i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorliegt. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsgebot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Artenschutzrechtliche Verbote i. S. d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 3 und 6).

Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es u. a. verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dieser Tatbestand erfüllt, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 - juris Rn. 219). Umgekehrt wird gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht verstoßen, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung jedenfalls aufgrund von Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich verbleibt, der mit einem Vorhaben in Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, das einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Genehmigungsbehörde bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch insoweit seine Rechtsprechung für Planfeststellungsverfahren auf die Genehmigung von Windenergieanlagen übertragen (grundlegend BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 14). Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative - worauf im vorliegenden Verfahren besonders hinzuweisen ist - sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Hiervon geht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 43 [bestätigt durch BVerwG, B.v. 16.9.2014 - 4 B 48/14 - juris]; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - juris Rn. 22 ff.; BayVGH, B.v. 27.5.2015 - 22 CS 15.485 - juris Rn. 21).

Die behördliche Einschätzungsprärogative hat zur Folge, dass die Annahmen der Genehmigungsbehörde einer nur eingeschränkten Kontrolle zugänglich sind. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 65). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 16). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich allerdings nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz vorschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 19).

Für die Genehmigung von Windkraftanlagen in Bayern ist zudem - auch für das gerichtliche Verfahren - der sog. „Windkrafterlass“ (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen; Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) vom 20. Dezember 2011 zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei dem Windkrafterlass um ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, von dem auch angesichts der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden darf (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 18.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 44).

Nach diesen Maßstäben erweisen sich die beantragten Windenergieanlagen wegen Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots als nicht genehmigungsfähig.

Der Beklagte hat die Ablehnung des Genehmigungsantrags (Bescheid vom 18.6.2015) damit begründet, dass das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht würde. Er hat auf die entsprechenden Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 sowie auf deren - auf die Einwendungen der Klägerin abgegebene - Stellungnahme vom 17.Juni 2015 Bezug genommen. Die Untere Naturschutzbehörde ist zu dem Ergebnis gelangt (Stellungnahme vom 23.12.2014, S. 27), dass in Bezug auf die Windenergieanlage 1 (d. h. die am weitesten westlich gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Wespenbussard, in Bezug auf die Windenergieanlage 2 (d. h. die „mittlere“ der drei Anlagen) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Baumfalken und den Wespenbussard und in Bezug auf die Windenergieanlage 3 (d. h. die am östlichsten gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Schwarzmilan, den Wespenbussard und den Baumfalken jeweils signifikant erhöht ist. Diese Beurteilung des Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Bei sämtlichen vier vom Beklagten aufgeführten Vogelarten kommt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsrisiko nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Betracht, weil es sich um besonders kollisionsgefährdete Arten handelt. Diese Annahme ist von der Einschätzungsprärogative des Beklagten gedeckt und deshalb für die Prüfung zugrunde zu legen. Die Klägerin zieht dies zwar in mehrfacher Hinsicht in Zweifel. So soll eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr in Bezug auf den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen sein (Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung - Nachtrag 2014, S. 31). Bezüglich des Baumfalken sei ein „vergleichsweise geringes Kollisionsrisiko plausibel“ (a. a. O., S. 42). Der Baumfalke werde nach einem Leitfaden der Europäischen Kommission nicht als kollisionsgefährdet eingestuft (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 4). Ein Kollisionsrisiko mit Windenergieanlagen sei für Baumfalken wegen dessen hervorragender sehphysiologischer Eigenschaften so gut wie auszuschließen (Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark St. vom 24.4.2015, S. 4). Auch der Wespenbussard werde von der Europäischen Kommission sowie der Länderarbeitsgemeinschaft der Deutschen Vogelschutzwarten nicht als kollisionsgefährdet gelistet (a. a. O., S. 10).

Dass hingegen die Einstufung der genannten Vogelarten als kollisionsgefährdet naturschutzfachlich nicht vertretbar ist, wird von der Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Der Beklagte konnte und musste sich vielmehr entscheidend auf die fachlichen Aussagen des Windkrafterlasses (S. 41 i. V. m. dessen Anlage 2) stützen (so in Bezug auf eine unterschiedliche Beurteilung der besonderen Kollisionsgefährdung des Schwarzstorches BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Die Beurteilung des Beklagten in Bezug auf die Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots ist auch nicht deshalb rechtlich fehlerhaft, weil er neben den (nicht: an Stelle der) von der Klägerin vorgelegten naturschutzfachlichen Unterlagen auch die ihm von Seiten der ... Bürger übermittelten Unterlagen, insbesondere deren Beobachtungen, einbezogen hat.

Die Pflicht des Antragstellers, die notwendigen Unterlagen für die Genehmigung beizubringen, berührt nicht die Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG). Im Rahmen dieser Pflicht steht die Auswahl der Beweismittel im Ermessen der Behörde (Art. 26 Abs. 1 BayVwVfG), das durch Verwaltungsvorschriften ausgefüllt werden kann (Jarras, BImSchG, § 10 Rn. 44). Nach dem Windkrafterlass (S. 41) sind ergänzende Hinweise auf Vorkommen u. a. der in Anlage 2 Spalte 1 als kollisionsgefährdet aufgeführten Vogelarten im Verfahren, z. B. durch fachkundige Dritte, nur, aber eben dann beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Zwar betrifft diese Aussage nur das „generelle“ bzw. das „ob“ des Vorkommens der Arten. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bei der konkreten Prüfung der Verbotstatbestände gemäß dem Windkrafterlass (d. h. bei der Frage des „wo“ und des „wie häufig“ der Vorkommen) Hinweise und Beobachtungen Dritter außer Acht bleiben müssten. Substantiierte Einwendungen betreffend die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen oder Einwendungen, die über diese Unterlagen hinaus gehen, können bzw. - je nach Maß der Substantiierung müssen - in Erfüllung der Amtsermittlungspflicht von der Behörde mitberücksichtigt werden. Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote eingreifen, setzt nämlich eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im fraglichen Bereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2008 - 9 VR 9/07 - juris Rn. 31). Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Behörde dabei nicht auf Unterlagen Dritter zurückgreifen dürfte. Vielmehr kann die Außerachtlassung solchen Materials rechtlich fehlerhaft sein, denn die Behörde überschreitet den Rahmen der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative unter anderem dann, wenn ihre Ermittlungstiefe nicht ausreichend ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 20).

Angesichts dessen sind die Vorgaben in Anlage 6 zum Windkrafterlass („Hinweise zur Erfassungsmethode Vögel“) nicht in dem Sinne abschließend, dass, selbst wenn diese eingehalten wurden, Unterlagen und Materialien Dritter von der Behörde nicht mit in die Beurteilung einbezogen dürften. Jedenfalls ist bei Vorliegen substantiierten Materials Dritter der Anwendungsbereich für eine fachlich begründete Abweichung vom Windkrafterlass eröffnet.

Davon abgesehen ist der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass auch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen über das Vorkommen geschützter Vogelarten und deren Flugbewegungen nicht vollständig mit dem Windkrafterlass in Einklang stehen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass bei der Klägerin offenkundig einige wichtige Beobachtungen durch das zeitliche Raster gefallen seien, weil sich die Beobachtungen nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen gerichtet hätten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Der Beklagte hat diese Aussage dahingehend präzisiert, dass Ganztagesbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase fehlten, so dass fachlich kaum beurteilt werden könne, wie repräsentativ die hauptsächlich aus den Vormittagsstunden stammenden Daten tatsächlich seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat den Ausgangspunkt dieser Überlegungen in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage gestellt. Die von ihr beauftragten Gutachter haben vielmehr selbst angegeben, dass der Großteil ihrer Beobachtungen vormittags ab 9.00 Uhr, in geringeren Maße nachmittags ab 12.00 Uhr stattgefunden hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18).

Zwar enthält Anlage 6 zum Windkrafterlass über die Verteilung der Beobachtungsdauer - neben der allgemeinen Vorgabe von „etwa drei Stunden pro Tag“ - keine näheren Angaben. Allerdings müssen sich die Beobachtungszeiten - wie vom Beklagten gefordert - nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der entsprechenden Arten richten (warmes Wetter, gute Thermik-/Flugbedingungen; Windkrafterlass, S. 46). Lagen die Beobachtungszeiten nach eigenen Angaben der von der Klägerin beauftragten Gutachter schwerpunktmäßig am Vormittag ab 9.00 Uhr, konnte der Beklagte davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen das vom Windkrafterlass vorausgesetzte repräsentative Bild an Flugbewegungen nicht vollständig zeichnen konnten.

Im vorliegenden Fall spricht für die Verwendung des von den Bürgern vorgelegten Materials zudem maßgeblich, dass die Unterlagen der Bürger jedenfalls begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlagsensibler Arten lieferten, so dass nach den ausdrücklichen Vorgaben des Windkrafterlasses weitergehende Kartierungen vor Ort, wie sie im Auftrag der Klägerin im Laufe des Jahres 2014 durchgeführt wurden, erforderlich waren (S. 41 des Windkrafterlasses). Diese Untersuchungen haben deutlich andere Ergebnisse gezeigt als die ursprünglich von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (deutlich mehr Beobachtungen beim Rotmilan; Beobachtungen bezüglich der drei anderen vom Beklagten genannten Vogelarten; Horste eines Baumfalken sowie - mittlerweile unstreitig - eines Wespenbussards). Hat aber erst das von den Bürgern übermittelte Material dazu geführt, dass überhaupt die erforderlichen (weiteren) Untersuchungen durchgeführt wurden, so wäre es kaum nachvollziehbar gewesen, wenn der Beklagte dieses Material bei seiner Entscheidung über den Genehmigungsantrag ausgeblendet hätte.

Die Art und Weise, wie der Beklagte mit dem Material der Bürger umgegangen ist, ist vertretbar und bewegt sich damit im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative.

Der Beklagte hat erkannt, dass er die Unterlagen der Bürger nicht ohne weiteres zugrunde legen konnte. Er hat die Daten „auf Stichhaltigkeit und Aussagekraft geprüft“, „mit dem Ergebnis, dass sie so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar“ waren, „dass sie in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden konnten“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Die Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) einer Stichprobenprüfung unterzogen worden, dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können. Die Echtheit und Nachweisbarkeit der Daten sei dem Beklagten versichert worden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). „Von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen“ sei auszugehen „aufgrund der sehr hohen Qualität der Dokumentationen“. „Die ergänzenden Hinweise und Daten“ seien „hinreichend substantiiert und daher beachtlich“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Die Unterlagen der ... Bürger stünden „berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen“. Die Naturschutzbehörden seien einvernehmlich zum Ergebnis gelangt, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, um sie für die fachliche Beurteilung mitzuverwenden. Da die Beobachter mit der Umgebung vertraut gewesen seien und v.a. aufgrund der bereits 2013 durchgeführten Erfassung geübt gewesen seien, sei die Eintragung der Flugbewegung in die Karte parallel zur unterstützenden Videoaufzeichnung als glaubhaft zu werten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). Soweit der Beklagte auch ausgeführt hat, dass das Material der Bürger „in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses“ entspricht (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11), ist dies offensichtlich nicht so zu verstehen, als habe mit den Unterlagen der Bürger ein der Anlage 6 zum Windkrafterlass gleichwertiges Erfassungssystem zugrunde gelegen. Denn der Beklagte spricht unmittelbar zuvor ausdrücklich von einer „abweichenden Vorgehensweise“.

Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Darlegungen des Beklagten zu zweifeln. Zwar hat die Klägerin wiederholt, auch in der mündlichen Verhandlung, geltend gemacht, bei einer Prüfung des gesamten Materials der Bürger hätten sich zahlreiche Videoaufzeichnungen als fragwürdig herausgestellt. Der Beklagte habe sich daher nicht auf eine stichprobenartige Überprüfung beschränken dürfen. Es sei nicht nachweisbar, wann die (Video-) Dateien tatsächlich erstellt wurden. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verordnung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Insgesamt sei daher eine exakte Auswertung in Bezug auf „Durchflüge“, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, nicht möglich („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 2).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es zunächst Sache des Beklagten war, im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative festzulegen, wie er mit derartigem Material Dritter umgeht, um anschließend Schlussfolgerungen für seine naturschutzfachliche Beurteilung zu ziehen. Denn die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich, wie ausgeführt, bereits auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten. Der Beklagte hat substantiiert dargelegt, wie er mit den Daten der Bürger umgegangen ist und warum er sie für plausibel hält. Dass er die Grenze des Vertretbaren überschritten hätte, ist dabei nicht erkennbar.

Entscheidend ist allerdings, dass der Beklagte bei seiner naturschutzfachlichen Beurteilung nicht ausschließlich auf das Material der Bürger zurückgegriffen hat. Der Beklagte hat vielmehr kontinuierlich deutlich gemacht, dass er die Daten der Bürger neben insbesondere den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen herangezogen hat. Dies ergibt sich bereits aus der Auflistung „Sachverhaltsermittlungen - vorliegende Unterlagen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Zum Material der Bürger hat der Beklagte dementsprechend in der Folge ausgeführt, dass es „in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden“ konnte (a. a. O.), dass bestehende „Erkenntnislücken (…) durch die nachstehenden Beobachtungen ergänzt“ werden könnten (a. a. O., S. 11), dass durch die Daten der Bürger „Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der Gutachter der Klägerin ergeben würde“ (a. a. O., S. 26), sowie dass die „Videoaufzeichnungen mit räumlichen Bezug“ „ein geeignetes Mittel zur Dokumentation“ seien und „wertvolle ergänzende Beurteilungsunterlagen liefern“ könnten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Der Beklagte hat insbesondere auch ausgeführt, sich „bewusst“ zu sein, „dass die ... Bürger keine geschulten Freilandkartierer sind, somit Unsicherheiten unvermeidlich sind (insbesondere bei der schwierigen Abschätzung der Flughöhen)“. Daher habe er „einen Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt“ gehalten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3 und Sitzungsprotokoll, S. 9).

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter räumen selbst ein, dass die Daten der ... Bürger wichtige Ergänzungen böten und nichts gegen eine ergänzende Verwendung spreche („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, Seite 18). Sie gestehen jedenfalls zu, dass die ... Bürger die Art des Rotmilans zu 95%, die Art des Schwarzmilans zu 96% und die Art des Westenbussards zu 74% richtig bestimmt hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 9).

Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der Vortrag der Klägerin letztlich auf den Einwand, der Beklagte habe den Unterlagen der ... Bürger keine allzu hohe Bedeutung zumessen dürfen, weil der Substantiierungsgrad niedriger als vom Beklagten angenommen liege. Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprävokative des Beklagten jedoch nicht dargetan. Zwar mag es sein, dass eine vollständige Auswertung des Materials der Bürger noch verlässlichere Auskünfte gegeben hätte. Dass die vom Beklagten vorgenommene stichprobenartige Auswertung und die darauf beruhende Einschätzung, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, jedoch ein unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel darstellen würde oder auch die Ermittlungstiefe nicht ausgereicht hätte, ist nicht ersichtlich, jedenfalls dann nicht, wenn sich der Beklagte - wie hier - der Unsicherheiten des Materials bewusst ist und mit einem gewissen Sicherheitsabschlag arbeitet.

Der Beklagte konnte demnach in nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass weder die Unterlagen der Bürger noch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen für sich allein genommen eine ausreichende Prüfung der artenschutzrechtliche Verbotstatbestände ermöglichten. Normative Vorgaben oder Standards, wie in einem solchen Fall die Prognose zu erfolgen hat, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, sind nicht erkennbar und wurden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere der Windkrafterlass enthält für eine solche Situation keine Vorgaben. Es galt daher der Grundsatz, dass sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten im Planungsraum mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben lassen und maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls abhängen (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 59). Damit konnte der Beklagte im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative sowohl die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen als auch die Beobachtungen der Bürger heranziehen und seine Schlüsse aus den jeweils nicht vollständig aussagekräftigen Daten ziehen. Der Beklagte hat sich dafür entschieden, im Wesentlichen auf die von der Klägerin vorgelegte Raumnutzungsanalyse abzustellen, diese jedoch im Hinblick auf die Unterlagen der Bürger im Zuge einer vergleichenden Betrachtung zu korrigieren (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Dass damit der Rahmen des Vertretbaren verlassen worden wäre, ist nicht erkennbar.

Auch die konkrete Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch den Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative.

Im Rahmen der Beurteilung hat der Beklagte eine Bewertung nach dem Windkrafterlass vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15 ff.). Schon das Ergebnis dieser Bewertung stellt eine tragfähige Grundlage für die Ablehnung der Genehmigungsanträge dar.

Im Windkrafterlass sind Bereiche angegeben, die innerhalb derer zu prüfen sind, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind (vgl. Windkrafterlass, S. 42 und Anlage 2, S. 58). Dabei besteht ein „engerer“ Prüfbereich, der die empfohlenen Abstände von Windenergieanlagen zu Brutplätzen beschreibt, sowie ein „weiterer“ Prüfbereich, in dem zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.

Nur für den Fall, dass beide Abstände für die jeweilige Art überschritten werden, ist - gleichsam von vornherein - davon auszugehen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungs-/Verletzungsrisiko besteht (Windkrafterlass, S. 42). Dies ist hier nicht der Fall.

Vielmehr ist der Beklagte davon ausgegangen, dass alle streitgegenständlichen Windenergieanlagen innerhalb des 1 km-Bereichs um das Zentrum eines Rotmilan-Reviers liegen. Ferner lägen sämtliche drei Windenergieanlagen im 1 km-Umgriff um einen Baumfalken-Horst. Die östlichste sowie die „mittlere“ der drei Windenergieanlagen lägen ferner im 1 km-Bereich um das vermutete Zentrum eines Wespenbussard-Reviers (vgl. Übersicht in der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dieser Ausgangspunkt ist fachlich jedenfalls vertretbar und damit rechtlich nicht zu beanstanden.

Bezüglich des Rotmilans ist der Beklagte sicher, dass ein Revier bestehe. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Zu schließen sei dies aus den Feststellungen der Bürger 2013 und des Herrn ... 2013. Das Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16 und 17). Demgegenüber geht die Klägerin davon aus, dass im Jahr 2014 im streitgegenständlichen Bereich kein Horst bzw. keine Brut eines Rotmilans vorgelegen habe (vgl. u. a. Sitzungsprotokoll, S. 7). Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten nicht aufgezeigt. Insbesondere bedurfte es nicht des zwingenden Nachweises, dass und wo ein Rotmilanhorst vorhanden ist. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es, wenn allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Arten zuließen, nicht zu beanstanden ist, wenn die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und dem Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen, ebenso wie sonstige Analogieschlüsse, der plausiblen naturschutzfachlichen begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - juris Rn. 63). Demnach unterfällt die Frage, ob innerhalb des nach dem Windkrafterlass maßgeblichen Prüfbereichs ein (besetzter) Horst vorhanden ist, der behördlichen Einschätzungsprärogative, weil es sich um eine Frage der Erfassung des Bestands der geschützten Arten handelt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 26 ff zu einem Schwarzstorchhorst).

Mit diesen Maßstäben steht die Einschätzung des Beklagten im Einklang. Der Beklagte hat sich unter anderem darauf gestützt, dass sich im Betrachtungsraum zahlreiche Mäusebussard-Horste befänden, die vom Rotmilan häufig benutzt würden. Bei der Sichtung des Materials der Bürger hätten sich in zwei Fällen eindeutige Hinweise für Territorialverhalten bzw. Revierverhalten von gefilmten Rotmilanen identifizieren lassen. Ein nicht gefundener Horst belege daher nicht, dass es auch kein Rotmilan-Revier gebe (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Wichtiger sei, das mutmaßliche Revierzentrum zu eruieren als den Horst verbindlich zu suchen (Sitzungsprotokoll, S. 6). Der Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass selbst erfahrene Vogelkundler immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 6). Dem hält zwar die Klägerin entgegen, dass es kein Rotmilan-Revier gebe und die beobachteten Flüge gelegentliche Nahrungsflüge von weiter entfernt brütenden Vögeln seien. Sie begründet dies unter anderem damit, dass zwischen dem 22. Mai und dem 31. Juli 2014 kaum Rotmilane hätten beobachtet werden können. Trotz eines verdächtigen Verhaltens Mitte Mai (zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am 15. und 18. Mai 2014) sei es nicht zu einer festen Reviergründung und einem Brutversuch gekommen, da ansonsten häufigere Beobachtungen gelungen wären (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4 und „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Der Beklagte ist dem jedoch mit dem Argument entgegengetreten, wenn es sich um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, was aufgrund der Geländesituation, der Topografie und des Wald-Offenland-Mosaik-Charakters nachvollziehbar sei, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüteten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4). In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde ausgeführt, dass ein bettelnder Jungvogel bzw. eine Beuteübergabe festgestellt worden seien. Eine Beuteübergabe komme nur vor, wenn in der Nähe ein Horst existiere (Sitzungsprotokoll S. 6). Dass am 15. und 18. Mai 2014 jeweils zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am westlichen Rand des Planungsgebietes über dem ‚ beobachtet worden seien, räumt auch die Klägerin ein. U. a. seien die Tiere im Wald gelandet bzw. sei am Waldrand auf einem Baum sitzend gefilmt worden. Dies deute auf ein Brutrevier hin („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Aus diesen Beobachtungen und Feststellungen ziehen zwar der Beklagte und die Klägerin unterschiedliche Schlüsse. Eine derartige unterschiedliche Bewertung stellt jedoch keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative dar, sondern ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Der Beklagte hat auch klargestellt, dass seine kartographische Darstellung des vermuteten Revierbereichs nicht so zu verstehen sei, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Aufgrund der verschiedenen vorliegenden Indizien sei vielmehr ein Bereich abgegrenzt worden, innerhalb dessen sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). Der Beklagte hat es als fachlich vertretbar bezeichnet, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden, wenn zwar Standorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne (a. a. O., S. 8). Liegt eine - ohnehin schwer erreichbare - Gewissheit über das „ob“ und das „wo“ eines Horstes nicht vor, lassen aber im Rahmen der Einschätzungsprärogative zu würdigende Indizien Rückschlüsse auf das Vorhandensein eines Horstes zu, ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden.

In Bezug auf das vom Beklagten angenommene Wespenbussard-Revier, dessen Zentrum sich nordwestlich der drei streitgegenständlichen Windenergieanlagen befinden soll, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Der Beklagte konnte also auch insoweit aufgrund der herangezogenen Unterlagen und weiterer Indizien davon ausgehen, dass sich - neben dem südlich gelegenen, zwischenzeitlich unstreitigen Wespenbussardhorst bei ... - ein zweiter Horst in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen befindet. Diese Annahme erscheint umso plausibler, als bei den Flugbewegungen eine „Lücke“ zwischen dem unstreitig vorhandenen Horst im Süden und den - ebenso unstreitigen - Flugaktivitäten in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen besteht. Eine andere schlüssige Erklärung als das Vorhandensein eines weiteren Horstes für diese Flugbewegungen ist auch von der Klägerin nicht geliefert worden (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 5).

In Bezug auf den Baumfalken gilt Folgendes: Unstreitig wurde ein Horst in unmittelbarer Nähe zur östlichsten Windenergieanlage festgestellt. Aus dem Umstand, dass dieser Horst aufgrund der Beseitigung des entsprechenden Baumes bzw. weiterer Bäume im Nahbereich nicht mehr vorhanden ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Insbesondere ist ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nunmehr nicht definitiv ausgeschlossen. Der Beklagte hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er gehe aufgrund der relativ hohen Reviertreue der Art davon aus, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage (altes Krähennest etc.) nützen werde, somit ein weiterhin bestehender Baumfalken-Brutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen sei (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). In ähnlicher Weise hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der Baumfalke alte Nester von Krähen oder Elstern nutze, aber reviertreu bleibe. Zwar hat er auch angegeben, dass die bisherige Situation mit der Fällung des Nistbaumes und weiterer Bäume in der Umgebung zerstört worden sei (Sitzungsprotokoll, S. 4). Gleichwohl ist - gerade nach der mehrfach vom Beklagten betonten Reviertreue des Baumfalken - nicht ausgeschlossen, dass der Baumfalke einen Horst im maßgeblichen 1 km-Bereich der streitgegenständlichen Windenergieanlagen besetzen wird. Hiergegen spricht bereits die Mitteilung der Klägerin, dass in nicht allzu weiter Entfernung des bisherigen Standorts ein - wenn auch einzelner - männlicher Baumfalke gesichtet wurde (Sitzungsprotokoll, S. 4). Damit aber ist nicht widerlegt, dass der Baumfalke im Sinne des Windkrafterlasses „am geplanten Standort vorkommt“. Daher wären nunmehr nach den Vorgaben des Windkrafterlasses in Bezug auf den Baumfalken (erneut) weitergehende Kartierungen vor Ort erforderlich (Windkrafterlass, S. 41). Derartige Nachkartierungen im Hinblick auf die neue Situation hat die Klägerin nicht durchgeführt. Da die Klägerin demzufolge die nach dem Windkrafterlass notwendigen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat, kann nicht angenommen werden, dass nunmehr der Abstand zu einem Baumfalkenhorst über den in Anlage 2, Spalten 2 und 3 des Windkrafterlasses genannten Entfernungen liegen würde, so dass das Tötungsrisiko nicht signifikant erhöht wäre (Windkrafterlass, S. 42).

Überdies hat der Beklagte eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bei den insoweit in Rede stehenden beiden östlichen Windenergieanlagen nicht ausschließlich auf eine Betroffenheit des Baumfalkens gestützt, sondern dies auch für weitere Arten angenommen. Selbst wenn also nunmehr in Bezug auf den Baumfalken nicht mehr von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen wäre, wären diese Windenergieanlagen wegen einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos bezüglich weiterer Vogelgarten nicht genehmigungsfähig.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos abzustellen ist.

Die Unterschreitung des „engeren“ 1 km-Prüfabstands in Bezug auf Rotmilan und Wespenbussard (letztere für die beiden westlich gelegenen Windenergieanlagen) führt zwar noch nicht gleichsam im Sinne einer Automatik dazu, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Dies stellt auch der Windkrafterlass (S. 42) klar. Der Windkrafterlass führt allerdings weiter aus, dass, wenn die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezüglich der Individuen der genannten Arten in dem in Anlage 2, Spalte 2 angegebenen („engeren“) Prüfbereich nicht ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder selten überflogen wird, in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist (Windkrafterlass, S. 42). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Aussage aufgegriffen und daraus geschlossen, dass es bei der Unterschreitung des Mindestabstands der Windenergieanlage zum Brutvorkommen darauf ankommt, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014. 879 - juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - juris Rn. 50). Ob damit in rechtlicher Hinsicht - wie wohl vom Beklagten angenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15) - eine „Vermutung“ besteht, dass bei Unterschreitung dieses Mindestabstands grundsätzlich von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist, wenn nicht ausnahmsweise eine Meidung oder ein seltenes Überliegen der Windenergieanlage festzustellen ist, kann offenbleiben. In Richtung einer solchen Vermutung gehen Aussagen in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach es „naturschutzfachlich vertretbar“ sei, für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1.000 m betrage, es sei denn, es lägen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 26.10.2011 - 2 L 6/09 - NuR 2012, 196 - juris Rn. 77; bestätigt durch BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 23).

Jedenfalls im vorliegenden Fall hat die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit nicht ergeben, dass die geplanten Windenergieanlagen im Sinne der zitierten Aussage der Rechtsprechung und des Windkrafterlasses gemieden oder selten überflogen werden. Der Beklagte hat seine Feststellungen dahingehend zusammengefasst, dass sich bei der Raumnutzung nach den Daten der Bürger und den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ein sehr ähnliches Bild ergebe, wonach alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dies ergibt sich anschaulich auch aus den vom Beklagten in seine Stellungnahme aufgenommenen Kartierungen von Flugbewegungen des Rotmilans, des Baumfalken und des Wespenbussards (a. a. O., S. 24 f.).

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin vermögen keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten aufzuzeigen. Die Klägerin stellt insbesondere maßgeblich darauf ab, dass sowohl absolut als auch relativ zur von ihren Gutachtern abgeleisteten Gesamtbeobachtungsdauer zu wenig Flugbewegungen im „Risikobereich“ über den geplanten Anlagenstandorten stattgefunden hätten. Als „Risikobereich“ wird dabei ein Durchmesser von ca. 250 m um den geplanten Anlagenstandort sowie eine Flughöhe zwischen 80 m und 200 m angenommen (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 3 ff.). Eine derart scharfe Abgrenzung eines „Risikobereichs“ kann allerdings dem Windkrafterlass nicht entnommen werden. Die maßgeblichen „Prüfbereiche“ umfassen, wie ausgeführt, einen „engeren“ (Abstand zu Horsten) und einen „weiteren“ (Nahrungshabitate) Bereich und beziehen sich damit auf deutlich „gröbere“ Bereiche. Dies ergibt sich auch aus den im Windkrafterlass (Seite 43 f.) genannten „Beispielen für Prüfbereiche“. So geht der Windkrafterlasses etwa davon aus, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auch dann vorliegt, wenn das Brutvorkommen außerhalb des „engeren“ Prüfbereichs liegt, der Flugkorridor zu Nahrungshabitaten aber durch diesen engeren Prüfbereich führt.

Die Klägerin beruft sich offenbar bei der Definition des „Risikobereichs“ auf Aussagen in Anlage 6 des Windkrafterlasses, wonach die Erfassung der Flugbewegungen u. a. Aufschluss über die Dauer von Flugbewegungen „im Umkreis der Anlagen“ und den Anteil der Flugdauer „in Rotorhöhe“ geben sollen. Es sei die Zeitdauer zu stoppen, die sich ein Vogel in den Höhenstufen „über den Rotorblättern“ oder „unter bzw. im Bereich der Rotoren“ aufhalte. Als Ergebnis der Untersuchungen erhalte man Karten mit den Flugbewegungen der verschiedenen Arten „je Höhenstufe“. Je weniger die geplanten Anlagen „in der relevanten Höhe“ überflogen würden, umso geringer sei das Kollisionsrisiko (Anlage 6 zum Windkrafterlass, S. 65).

Der Windkrafterlass mag vergleichsweise detailliert regeln, wie Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten zu erfassen sind. Hinsichtlich der Bewertung dieser Beobachtungen enthält der Windkrafterlass, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, kaum bzw. nur sehr vage Angaben. Im Kern verlangt der Windkrafterlasses eine Prognose, wenn er insbesondere von einer „Abschätzung“ der „Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlage“, bzw. von „höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten“ spricht (Windkrafterlass, S. 41 f.; Anlage 6, S. 64). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine Prognose erforderlich ist, die naturschutzfachlich vertretbar ist und von der der Behörde insofern zustehenden Einschätzungsprärogative gedeckt ist. Hingegen lässt sich nicht abstrakt oder prozentual angeben, wann eine Erhöhung des Tötungsrisikos als „signifikant“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezeichnet werden kann (BayVGH, U.v. 20.11.2012 - 22 A 10. 40041 - juris Rn. 77 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274.; den Begriff Prognose verwendend auch BayVGH, B.v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 47).

Dass die Prognose des Beklagten vorliegend unvertretbar ist, ist nicht erkennbar. Insbesondere dem Windkrafterlass lässt sich nicht entnehmen, dass es ausschließlich auf die von der Klägerin maßgeblich zugrunde gelegten absoluten Flüge in einem „Risikobereich“ sowie das Verhältnis zur Gesamtbeobachtungsdauer ankommen soll. Vielmehr halten die Klägerin bzw. die von ihr beauftragten Gutachter ihre „Herangehensweise, ein erhöhtes Tötungsrisiko über die prozentuale Beobachtungszeitraum im Risikobereich abzuleiten“ für „durchaus nachvollziehbar und praktikabel“ („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Ob diese von der Klägerin bzw. ihren Gutachtern entwickelte Bewertungsmethode vertretbar ist, braucht nicht entschieden zu werden, denn schon nach dem Vortrag der Klägerin selbst ist nicht erkennbar, dass dies die einzige Möglichkeit zur Bewertung des Tötungsrisikos wäre und andere Methoden nicht vertretbar sind. Der von der Klägerin befürworteten Herangehensweise lässt sich allerdings entgegenhalten, dass sich die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nach der genannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht in Prozentanteilen ausdrücken lässt. Daher kann sich die Klägerin auch nicht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 29.3.2011 - W 4 K 10.371) berufen, der die von der ihr beauftragten Gutachter „grundsätzliche Bedeutung“ zumessen („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Abgesehen davon, dass es - wie ausgeführt - gerade nicht möglich ist, für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos einen Prozentwert anzugeben, hat das Verwaltungsgericht Würzburg in dieser Entscheidung nicht rechtssatzartig bzw. grundsätzlich entschieden, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos erst auszugehen ist, wenn die Aufenthaltsdauer der betreffenden Art im Gefahrenbereich einen Anteil von 10% der Beobachtungszeit übersteigt. Vielmehr hat sich auch das Verwaltungsgericht Würzburg auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gestützt, wonach es auf das konkrete Gefährdungspotenzial im Einzelfall ankommt. Überdies liegt der Entscheidung ein mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Dort hatte die Behörde einen Vorbescheid zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage aus Sicht des Gerichts zu Unrecht aufgehoben, weil die Behörde lediglich „pauschale Bedenken aus naturschutzfachlicher Sicht“ geltend gemacht hatte. Um eine solche Konstellation handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch ersichtlich nicht, wie die vom Beklagten vorgenommene ausführliche Bewertung des im Verfahren seitens der Klägerin und der Bürger vorgebrachten Materials zeigt.

Dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch sonst nicht entnehmen, dass die Annahme des Beklagten, alle drei geplanten Windenergieanlagen würden regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen, unvertretbar wäre. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter haben bei eigener Auswertung des Materials der Bürger beim Rotmilan ca. 120 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe, beim Schwarzmilan ca. 49 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe und beim Wespenbussard 17 Aufnahmen in Gefahrenhöhe ermittelt („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde vom 7.4.2015, S. 9). Zwar betonen die Gutachter der Klägerin auch insoweit, es sei nur der ungefähre Flugbereich zu erkennen; damit sei nicht eindeutig erkennbar, ob Anlagenstandorte überflogen worden sind. Dem ist jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass die Frage der Bewertung der Gefahren, die die geschützten Arten ausgesetzt sein werden, der Einschätzungsprärogative des Beklagten unterfällt. Zudem erlaubt der Windkrafterlass, wie die bereits zitierten Aussagen und Beispiele zeigen (Windkrafterlass, S. 42 ff.), grundsätzlich auch eine Beurteilung an Hand eines deutlich „gröberen“ Rasters. Selbst wenn nur auf die ermittelten Flugbewegungen im Gefahrenbereich abgestellt wird, unterfällt die Prognose, ob sich aus diesen Werten eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos ableiten lässt, der Einschätzungsprärogative des Beklagten. Dessen Annahmen erscheinen gerade auch bei den von der Klägerin ermittelten Zahlen zum Rotmilan vertretbar, selbst wenn berücksichtigt wird, dass sich diese Werte nicht allein auf die hier streitgegenständlichen Anlagen, sondern auch auf die drei geplanten Anlagen des Verfahrens Au 4 K 14.795 beziehen.

Nach allem konnte der Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass angesichts erhöhter Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im „engeren“ Prüfbereich in Bezug auf den Rotmilan und den Wespenbussard von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Bereits diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und würde daher zur Abweisung der Klage führen.

Auch in Bezug auf den Prüfbereich für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate (Anlage 2, Spalte 3 zum Windkrafterlass) hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht.

Der Beklagte hat die Geeignetheit des näheren Umfelds um die streitgegenständlichen Windenergieanlagen als Nahrungshabitat wiederholt begründet. So seien an „manchen, großenteils südexponierten Randzonen“ Übergangsbereiche (Saumzonen) vorhanden. Diese begründeten eine erhöhte Artenvielfalt. Insbesondere sei hier das Futterangebot an Insekten, Mäusen etc. lukrativ, wodurch bevorzugte Nahrungsflüge am Waldrandbereich, z. B. durch den Rotmilan, erklärbar würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 2). Das Gelände sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung und des v.a. in Ost-West-Richtung an den Waldrandzonen vorhandenen Restgrünlandes und anderer für Nahrungssuche relevanter Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlendes Grünlandes, täusche (a. a. O., S. 8). Die Verteilung der Einzelhabitate (Wiesen, Grasbereiche) sei relativ homogen innerhalb des Gesamtgebiets. Das Muster zeige eine hohe Zahl meist kleiner Habitatstrukturen bzw. Flächen. Es gebe also keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen, sondern diese seien kleinräumig über das Gebiet verteilt. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine, würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt. Dies werde insgesamt durch die Flugdarstellungen der Beobachter/Gutachter bestätigt (a. a. O., S. 12 f.). Aufgrund der kleinteiligen Wald-Offenland-Verteilung, mit einer Vielzahl meist kleinflächiger Strukturen mit Nahrungshabitatfunktion für Arten wie Rot- und Schwarzmilan (Saumzonen an Ranken und Waldrändern, Wiesen, Futtergrasflächen, Abbaustellen) und der bewegten Geländemorphologie stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimaler Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum für die beiden Milanarten dar. V.a. der Rotmilan fliege Waldränder bevorzugt ab, zumindest teilweise sei das anhand der gefundenen Raumnutzung nachvollziehbar (a. a. O., S. 17).

Die Klägerin hält dem im Wesentlichen entgegen, der Beklagte „überhöhe“ die Geeignetheit der Nahrungshabitate; sie würden vom Beklagten als viel besser dargestellt als sie tatsächlichen seien. Zudem werde der Eindruck erweckt, als handle es sich gerade beim Planungsgebiet der Windenergieanlagen um ein besonders großes, geschlossenes Nahrungshabitat, und dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Richtig sei demgegenüber, dass es sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse handele, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Der Beklagte habe die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ... im Westen sowie das ...-/... im Nordosten nicht betrachtet und Schlussfolgerungen verfälscht.

Diese Einwendungen lassen keine Überschreitung der behördlichen Einschätzungsprärogative erkennen.

Der Beklagte ist selbst davon ausgegangen, dass es sich, gerade in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan, nicht um einen optimalen Lebensraum handelt (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 17). Allerdings hat er den Einwendungen der Klägerin entgegengehalten, dass nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume vom Rotmilan besiedelt würden. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Dass dies naturschutzfachlich nicht jedenfalls vertretbar sein sollte, ist nicht ersichtlich. In Bezug auf die von der Klägerin wiederholt angeführten potenziellen (besseren) Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ..., im ...- und im ... hat der Beklagte sich derart eingelassen, dass es sich insoweit nur um eine nicht belegte Vermutung handele. Fachlich vertretbar sei es, dass auch größere Grünlandgebiete nur an wenigen Tagen der Mahd bevorzugt genutzt würden. Ansonsten unterscheide sich die Nutzung nicht von der sonstiger Offenlandbereiche wie beispielsweise von Feldern, weil - ebenso wie höher aufgewachsene Feldfrüchte - auch höher aufgewachsene Gräser den Blick auf die dort lebenden Kleinsäuger versperrten. Die Nahrungssuche konzentriere sich daher außerhalb der Mahd auf die Nutzung von Saum- bzw. Grenzstrukturen, die Kleinsäugern wenig Schutz böten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat nichts dargelegt, weshalb es sich bei dem Areal um die geplanten Windenergieanlagen nicht jedenfalls, wie vom Beklagten selbst zugrunde gelegt, um ein zumindest geeignetes Nahrungshabitat handeln sollte.

Es liegt auch keine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb der in Anlage 2, Spalte 2 des Windkrafterlasses („engerer“ Prüfbereich) genannten Abstände vor, so dass in der Regel nicht von erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windenergieanlagen auszugehen wäre (vgl. Windkrafterlass, S. 42). Zum einen liegen etliche vom Beklagten aufgeführte Einzelflächen, die als Nahrungshabitat für Rotmilan, Wespenbussard und Schwarzmilan relevant seien, nicht außerhalb, sondern innerhalb des „engeren“ Prüfbereichs. Ansonsten führt der Beklagte zwar aus, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 12). Jedoch folgert der Beklagte gerade aus der Wald-Offenland-Verteilung und der „diffusen“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebiets, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Windenergieanlagen-Bereiche gebe, und dass es in erhöhtem Maße zu Waldrandflügen und Gebietsquerungen kommen werde (a. a. O., S. 15). Nach diesen Feststellungen und Einschätzungen liegt gerade keine „großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate“ vor, die im Sinne des Windkrafterlasses nur „zufällige“ bzw. „gelegentliche“ Aufenthalte im Bereich der Windenergieanlagen erwarten ließe. Vielmehr hat der Beklagte mit diesen Darlegungen im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative hinreichend plausibel dargetan, dass die von ihm zugrunde gelegten Nahrungshabitate durchaus eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses darstellten, die auch regelmäßig (insbesondere über die Windenergieanlagen) angeflogen würden. Den Einwendungen der Klägerin, es gebe deutlich besser geeignete Nahrungshabitate, ist der Beklagte, wie ausgeführt, in jedenfalls vertretbarer Weise entgegengetreten. Damit hat der Beklagte ausreichend dargetan, dass es sich bei dem von ihm betrachteten Nahrungshabitaten um einen „Hot Spot“ handelt (zu diesem Begriff BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 52)

Überdies belegen auch Angaben der Klägerin in nicht unerheblichem Umfang die Vertretbarkeit der Annahmen des Beklagten. So erkennt auch die Klägerin in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan an, dass das Untersuchungsgebiet von Brutvögeln aus dem Umfeld des Untersuchungsgebiets auf Nahrungsflügen durchflogen wird. Bezüglich des Rotmilans nennen die von der Klägerin beauftragten Gutachter ausdrücklich einen Horststandort, der sich ca. 4 km vom Untersuchungsgebiet entfernt befindet. Ein weiteres Rotmilanrevier sei ca. 2 km vom Untersuchungsgebiet entfernt festgestellt worden, jedoch ohne Horstnachweis (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 7). Beide Standorte liegen innerhalb des „weiteren“ und damit auch für die vorliegenden Anlagen noch maßgeblichen Prüfbereichs nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses. Selbst das ursprünglich von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung hatte zum Rotmilan ausgeführt (S. 22), dass dieser in einem Radius von 1.000 m um das Vorhaben als „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der nähere Umgebung“ vorkäme. In Bezug auf den Wespenbussard geht auch die Klägerin davon aus, dass im Untersuchungsgebiet grundsätzlich geeignete Wälder und Waldsäume mit Vorkommen von Wespenbussardnestern vorhanden sind (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 9).

Nach allem hat der Beklagte auch wegen regelmäßig durch kollisionsgefährdete Vogelarten aufgesuchter Nahrungshabitate in vertretbarer Weise eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos angenommen. Auch diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und führt daher zur Abweisung der Klage.

Auf die vom Beklagten vorgenommene „Betrachtung des Kollisions- und Tötungsrisikos“ (Abschnitt VI der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 19 ff.) und die Frage, ob die dort von ihm verwendeten Grundlagen, Methoden und Formeln durchweg von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt sind, kommt es demnach nicht mehr entscheidend an.

Der Beklagte hat sich angesichts des Fehlens einer „wissenschaftlich anerkannten und fachlich verbindlichen Erheblichkeitsschwelle zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos (…) ein eigenes Bewertungsschema entworfen“ und „verbale Betrachtungen des Winderlasses in konkrete Zahlen übersetzt“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5 f.). Er hat dazu die Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter und der ... Bürger bezüglich „Durchflügen“ - wobei „Durchflug“ die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich bedeutet (a. a. O., S. 6) - auf die laut Fachliteratur durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der einzelnen Vogelarten hochgerechnet. Dies geschah mittels eines Faktors, der sich aus der Division dieser durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der Arten durch die Zahl der jeweiligen Beobachtungstage ergab. Dabei wurden bei den Beobachtungen der Bürger ein Abschlag von 20% vorgenommen „um mögliche bzw. wahrscheinliche Fehleinschätzung in der Vertikaleinstufung zu berücksichtigen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11; Sitzungsprotokoll, S. 9). Bei den Beobachtungen des Rotmilans hat der Beklagte die Beobachtungszahlen der von der Klägerin beauftragten Gutachter mit 3,0 multipliziert, um „einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung“ auszugleichen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4).

Ab einem Wert von 15 Durchflügen je Anlage ist der Beklagte von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos ausgegangen.

Ob dieses Vorgehen des Beklagten vollständig von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt ist, wäre dann zweifelhaft, wenn es gleichsam als mathematische Formel zur Berechnung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos interpretiert würde. Zwar hat der Beklagte zu einigen von der Klägerin geltend gemachten Mängeln näheres ausgeführt bzw. Korrekturen vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6 f.). Ebenso mag es zwar vertretbar sein, bei der Beurteilung, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, auf Durchflüge durch den Gefahrenbereich einer Windenergieanlage abzustellen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 20 und Sitzungsprotokoll, S. 10). Fragen wirft allerdings die Annahme auf, dass bei 15 Durchflügen im Gefahrenbereich je Windkraftanlage die Grenze zur „signifikanten“ Erhöhung des Tötungsrisikos überschritten sein soll. Dass in der Genehmigungspraxis ein Bedürfnis nach einem „festen“ Grenzwert besteht, mag verständlich sein. Weder aus dem Windkrafterlass ergibt sich jedoch ein solcher fester Wert, noch sind vom Beklagten diesbezüglich andere Unterlagen angeführt worden. Ähnliches gilt für die vom Beklagten vorgenommenen Korrekturabschläge von 20% bei den Beobachtungen der Bürger und den Korrekturfaktor von 3,0 bei den Rotmilan-Beobachtungen der von der Klägerin beauftragter Gutachter. Trotz zwischenzeitlich näherer Angaben des Beklagten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4) ist nicht hinreichend deutlich geworden, weshalb gerade ein Korrekturfaktor von 3,0 angesetzt worden ist. Gleiches gilt für den 20%-Abschlag, zumal die Klägerin geltend gemacht hat, dass die von ihren Gutachtern vorgenommene Auswertung des Videomaterials der Bürger eine deutlich geringere Anzahl an Risikoflügen als 80% ergeben hat, so dass ein größerer Abschlag als 20% anzusetzen gewesen wäre (vgl. „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17).

Bei einer Gesamtbetrachtung der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde wird jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Beklagten weder um eine derartige mathematische Berechnung des „signifikant“ erhöhten Tötungsrisikos gegangen ist, noch, dass er ausschließlich auf eine solche Berechnung zurückgegriffen hat.

Der Beklagte stand vor der Aufgabe, auf Grundlage der für ihn, wie ausgeführt, maßgeblichen, aber mit unterschiedlicher Methodik erstellten Erkenntnisquellen eine Prognose hinsichtlich der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu treffen. Der Beklagte hat sich in dieser weder im Windkrafterlass noch sonst geregelten Situation dafür entschieden, keine für jede Erkenntnisquelle getrennte Prognose anzustellen, sondern dafür, diese beiden Quellen in Beziehung zueinander zu setzen, ferner näherungsweise eine vergleichbare Datengrundlage zu entwickeln und darauf seine Prognose zu stützen. Dieses Vorgehen erscheint nachvollziehbar, jedenfalls aber ist es vertretbar. Überdies hat dieses Vorgehen nicht zu einer Ersetzung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch eigene Zahlen des Beklagten geführt. Der Beklagte hat vielmehr mehrfach deutlich gemacht, dass die Daten der Bürger ergänzende Beurteilungsunterlagen geliefert haben (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3), so dass im Ergebnis Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ergeben würde (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 26).

Wie ausgeführt, spricht auch aus Sicht der Klägerin nichts gegen eine ergänzende Verwendung der Daten der Bürger („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18). In welcher Form der Beklagte diese Daten hätte verwenden sollen, wird allerdings auch von der Klägerin nicht aufgezeigt. Insbesondere lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, auf welche andere Art und Weise der Beklagte in zumindest einigermaßen belastbarer oder vertretbarer Art und Weise die Daten der Bürger und die von ihr vorgelegten Unterlagen derart zueinander in Beziehung setzen hätte sollen, dass er darauf eine Beurteilung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos hätte stützen können.

Zwar mag ein Wert von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage, wie ausgeführt, als Grenze für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos in seiner Absolutheit fragwürdig sein. Die Kammer stellt daher insoweit ausdrücklich klar, dass aus der Abweisung der vorliegenden Klage nicht geschlossen werden kann, sie habe diesen Wert als rechtlich verbindlich für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos akzeptiert. Gleichwohl hat der Beklagte insoweit mit noch ausreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben, dass es ihm dabei vor allem um die Feststellung ging, in einem solchen Fall könne jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gesprochen werden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6), bzw. „dass insgesamt mehr als nur vereinzelte Durchflüge stattgefunden haben bzw. zu erwarten sind“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Dass die Annahme des Beklagten jedenfalls im Ergebnis nicht unvertretbar ist, zeigen etwa die Hochrechnungen, die die von der Klägerin beauftragten Gutachter in Bezug auf die Gesamt-Anwesenheitsdauer des Rotmilans vorgenommen haben („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17). Zwar sind diese Zahlen nicht dem jeweiligen Standort bei Windenergieanlage konkret zugerechnet und erfassen auch die Windenergieanlagen aus dem Verfahren Au 4 K 14.795. Gleichwohl erscheint - nicht zuletzt aufgrund der Anordnung der Anlagen - die Annahme des Beklagten vertretbar, dass prognostisch von mehr als nur vereinzelten Durchflügen auszugehen ist.

Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass es dem Beklagten auch darum ging, die bisherige Einschätzung der von der Klägerin beauftragten Gutachter (dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliege) zu widerlegen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27). Dass diese Widerlegung dem Beklagten nicht gelungen ist, lässt sich trotz der Beanstandungen durch die Klägerin nicht annehmen.

Nach allem ist die zusammenfassende Beurteilung des Beklagten vertretbar und damit nicht zu beanstanden, dass „aufgrund der Lebensraumeignung - als Nahrungsraum und/oder Nisthabitat - und des vorgefundenen Brutbestandes, in Verbindung mit der festgestellten Raumnutzung der vier kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke und Wespenbussard (…) durch die drei geplanten Anlagen jeweils für mindestens eine kollisionsgefährdete Art das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und damit von einem Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist daher auszugehen.

2. Die Klage hat auch im Hilfsantrag (Neuverbescheidung) keinen Erfolg.

Da es sich bei der Genehmigungsentscheidung nach § 6 Abs. 1 BImSchG um eine gebundene Entscheidung handelt und die Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (bzw. das Entgegenstehen naturschutzfachlicher Belange gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) einen Versagungsgrund darstellt, ist die Ablehnung des Genehmigungsantrags durch den Beklagten zu Recht erfolgt, so dass ein Anspruch auf Neuverbescheidung gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht in Betracht kommt.

Ein Anspruch auf Neuverbescheidung ergibt sich auch nicht aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, dass bei der Prüfung des Tötungstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Maßnahmen, mittels derer Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zu mindest minimiert werden soll, in die Betrachtung einzubeziehen sind (vgl. nur BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Derartige Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahmen wurden weder von der Klägerin in konkreter Weise aufgezeigt, noch sind sie sonst ersichtlich.

Es ist nicht Sache der Genehmigungsbehörde, ohne nähere, konkrete Angaben des Antragstellers zu entscheiden, ob mittels Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verletzung des Tötungsverbots abgewendet werden kann. Die Entwicklung eines entsprechenden Vermeidungs- und Ausgleichskonzepts ist vielmehr Sache des Antragstellers (vgl. OVG NRW, U.v. 20.11.2012 - 8 A 252/10 - NuR 2013, 146 - juris Rn. 121), wobei in diesem Zusammenhang etwa auch die Verfügungsbefugnis über hierfür benötigte Grundstücke nachzuweisen wäre. Diese Obliegenheit des Antragstellers gilt im vorliegenden Verfahren umso mehr, als sich die Klägerin im Prozess durchweg darauf berufen hat, das Vorhaben sei bereits aufgrund der von ihr ursprünglich vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig.

Zwar zeigt das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (Nachtrag 2014, S. 11) abstrakt Meidungs- und Minimierungsmaßnahmen auf. Eine derartige, ohne erkennbaren Bezug zu den konkret beantragten Anlagen erstellte Auflistung ist jedoch nicht ausreichend. Im Übrigen nennt das Gutachten bei den einzelnen untersuchten Vogelarten von dieser Auflistung in Bezug auf Wespenbussard, Rotmilan und Schwarzmilan lediglich als „unterstützende konfliktvermeidende Maßnahme“ die „Markierung der Rotorblätter in rot-weiß“. Hierzu führt jedoch eine von der Klägerin selbst vorgelegte Unterlage („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark ...“ vom 24.4.2015, S. 8) aus, dass der Nachweis der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme noch ausstehe. Ob dies zu einer Attraktionswirkung oder Scheuchwirkung führe sei bisher offen. Aufgrund der vorliegenden Kollisionsopfer sei davon auszugehen, dass insbesondere Greifvögel sich nicht durch drehende Rotoren abhalten ließen, einen Luftraum zu nutzen. Damit stellt diese Maßnahme schon nach dem Vorbringen der Klägerin selbst keine geeignete Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahme dar.

In Bezug auf den Baumfalken wird in dem Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (S. 38) als Vermeidungs-/Minderungsmaßnahme die Etablierung von drei Ersatzhorsten im Bereich des ...- bzw. ... vorgeschlagen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahme im Sinne der zitierten Rechtsprechung. Eine Vermeidungs-/bzw. Minimierungsmaßnahme kann nicht darin bestehen, schlicht die Ursache für die Verletzung des Tötungsverbots, d. h. den fraglichen Horst, zu entfernen. Zudem ist es nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören. Es liegt auf der Hand, dass der Verstoß gegen ein Zugriffsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) nicht durch den Verstoß gegen einen anderen Verbotstatbestand aufgewogen werden kann. Dementsprechend geht die Klägerin offenbar selbst davon aus („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung“ vom 24.4.2015, S. 5), dass für diese Maßnahme eine Ausnahmeregelung nach § 45 (offenbar Abs. 7) BNatSchG erforderlich wäre. Dass Voraussetzungen für eine solche Ausnahme erfüllt wären, hat jedoch die Klägerin auch nicht ansatzweise dargetan, insbesondere auch nicht, ob die nach dem Windkrafterlass (S. 48) hierfür zugrunde liegenden Maßstäbe erfüllt wären.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Klägerin als unterliegender Partei aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, inwieweit zur Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Beobachtungen und Unterlagen Dritter zusätzlich zu Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass verwendet werden können, grundsätzliche Bedeutung hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 663.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Je Windenergieanlage war ein Streitwert von 221.000,00 EUR anzusetzen, da die Herstellungskosten jeweils bei 2.210.000,00 EUR liegen (Bl. 58 der Antragsunterlagen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Tenor

I.

Die Verwaltungsstreitsachen 22 ZB 14.1079 und 22 ZB 14.1080 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

III.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird bis zur Verbindung der beiden Verfahren auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1079 und auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1080, danach auf insgesamt 2,8 Millionen Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin beabsichtigt die Errichtung eines Windparks mit neun Windkraftanlagen (ab hier: WKA) und begehrt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windkraftanlagen (WKA 1, 2 und 9) sowie die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für sechs Windkraftanlagen (WKA 3 bis 8). Erstere sind Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1179, während letztere Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1180 sind. Vorbescheidsfrage ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit der WKA 3 bis 8, mit Ausnahme der Vereinbarkeit mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2011 beantragte die Klägerin zunächst die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für neun Windkraftanlagen auf den Grundstücken FlNrn. 255 (WKA 1), 112 (WKA 2), 248 (WKA 3), 200 (WKA 4), 209 (WKA 5), 206 (WKA 6), 147 (WKA 7), jeweils Gemarkung M., und FlNrn. 382 (WKA 8) sowie 358 (WKA 9), jeweils Gemarkung M.. Geplant sind eine Nabenhöhe von 140 m, ein Rotordurchmesser von 99,8 m und eine Gesamthöhe von ca. 190 m. Die Standorte liegen ca. 6 km südöstlich des Stadtgebiets der Beklagten. Im näheren Umkreis liegen kleinere Ortsteile bzw. größere Siedlungen der Nachbargemeinden.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 21. Februar 2012 die bezüglich der WKA 3 bis 8 gestellten Genehmigungsanträge nicht mehr aufrecht erhalten. Es solle im Wege eines Vorbescheids darüber entschieden werden, dass bei diesen Vorhaben sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und aus aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten erfüllt werden und dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften einschließlich der Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb dieser Anlagen nicht entgegenstehen, und zwar mit Ausnahme der artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Bezüglich der WKA 1, der WKA 2 sowie der WKA 9 hielt die Klägerin an ihrem Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung fest. Hilfsweise wurde auch diesbezüglich ein Antrag auf immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid gestellt, der im Klageverfahren nicht weiter verfolgt worden ist.

Mit Bescheid vom 27. März 2012 lehnte die Beklagte die gestellten Anträge umfassend ab. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, der Betrieb jeder der neun Windkraftanlagen sei nicht mit den bestehenden naturschutzrechtlichen Regelungen vereinbar, da Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 3 BNatSchG erfüllt würden. Dies gelte insbesondere bezüglich des Schwarzstorchs. Einer Genehmigung stehe für alle neun WKA die Ablehnung des Luftamts ... entgegen. Die Deutsche Flugsicherung habe diesem mitgeteilt, dass von militärischer Seite dringend empfohlen werde, der Errichtung der neun WKA nicht zuzustimmen. Die Wehrbereichsverwaltung Süd habe mitgeteilt, die US-Streitkräfte hätten vorgebracht, dass sie nach Erstellung der neun WKA die Flughöhen für ihre Luftfahrzeuge in dem betroffenen Gebiet aus Flugsicherheitsgründen anheben müssten. Dies hätten sie abgelehnt. Das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr habe deren Ablehnungsgründe anerkannt und die WKA 1 bis 9 abgelehnt.

Die Klägerin erhob Klagen zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg. Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteilen vom 13. Januar 2014 als unbegründet ab. Den strittigen Vorhaben stünden Belange der Verteidigung (der militärischen Flugsicherung) und Belange des Naturschutzes (Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot im Hinblick auf den Schwarzstorch) entgegen. Artenschutzrecht stehe als unüberwindliches Genehmigungshindernis auch der Erteilung eines Vorbescheids entgegen, obwohl die Klägerin Artenschutzrecht insofern ausgeklammert habe.

Die Klägerin hat in allen Fällen die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Verbindung der Verwaltungsstreitsachen beruht auf § 93 VwGO.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hervortreten (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Da die angefochtenen Urteile auf zwei selbstständig tragende Abweisungsgründe gestützt sind (Entgegenstehen von Belangen der Verteidigung einerseits und artenschutzrechtliches Tötungsverbot in Bezug auf den Schwarzstorch andererseits), kommt es darauf an, dass Zulassungsgründe hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe mit Erfolg dargelegt sind (vgl. z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m. w. N.). Die Darlegungen der Klägerin müssten also hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe die Zulassung der Berufung rechtfertigen. Dies ist der Klägerin jedoch im Hinblick auf keinen der vom Verwaltungsgericht angeführten Abweisungsgründe gelungen.

1. Die Klägerin hat bezüglich des Entgegenstehens von Belangen der Verteidigung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten dargelegt.

a) Die Klägerin macht geltend, dass die Zustimmung der Luftfahrtbehörden nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG als erteilt gelte, wenn sie nicht binnen zweier Monate nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werde. Diese Zustimmungsfiktion sei unwiderruflich und für die Genehmigungsbehörde verbindlich. Ein solcher Fall sei hier gegeben.

Das Verwaltungsgericht steht demgegenüber auf dem Standpunkt, dass es nicht sein könne, dass die Genehmigungsbehörde nach Eintritt der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG diesbezüglich keine Prüfungskompetenz mehr habe und bei Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen müsse, und dies angesichts der hohen Schutzgüter, die im Bereich der Luftsicherheit inmitten stünden. Letztlich bedeutet dies, dass im Interesse des Rechtsgüterschutzes nicht beide rechtlichen Annahmen gleichzeitig zutreffen können, die einer Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG und die einer diesbezüglich fehlenden Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde. Das Verwaltungsgericht weist insofern auf die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hin. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese zwar nicht widerrufen oder zurückgenommen werden, aber die Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde bleibt bestehen (BVerwG, U. v. 12.12.1996 - 4 C 24/95 -NVwZ 1997, 900).

Die Klägerin hat sich mit dieser beachtlichen Argumentation nicht hinreichend auseinandergesetzt und nicht dargelegt, wie der erforderliche Rechtsgüterschutz unter Zugrundelegung ihrer rechtlichen Annahmen sichergestellt werden könnte. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als auch dem von der Klägerin selbst angeführten Urteil des Rheinland-Pfälzischen Oberverwaltungsgerichts zu entnehmen ist, dass auch die Zustimmung der Luftfahrtbehörde nach § 14 Abs. 1 LuftVG im Streitfall einer gerichtlichen Inzidentprüfung zugänglich sein muss, falls ein Flugplatzbetreiber die Genehmigung einer gerichtlichen Kontrolle zuführt. Das Oberverwaltungsgericht verweist insofern zutreffend auf den Rechtscharakter der Zustimmung als Verwaltungsinternum, das weder vom Windkraftanlagenbetreiber noch vom Flugplatzbetreiber selbstständig angefochten werden kann (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 16.1.2006 - 8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844/845).

b) Die Klägerin stellt nicht in Frage, dass Belange der Verteidigung der Genehmigung einer Windkraftanlage entgegenstehen können und dass insofern ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum der Bundeswehr besteht. Die Klägerin wirft insofern lediglich die Frage auf, ob Belange der Verteidigung und ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum auch im Hinblick auf einen militärischen Flugplatz der US-Truppen in Deutschland geltend gemacht werden können. Eine hinreichende Darlegung von Zulassungsgründen ist im bloßen Aufwerfen einer Frage allerdings nicht zu sehen; der Vortrag eines schlüssigen Gegenarguments ist insofern erforderlich. „Darlegen“ bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr, als lediglich eine nicht näher spezifizierte Behauptung aufzustellen; es meint ein „Erläutern“, „Erklären“ oder ein „näher auf etwas Eingehen“ (vgl. BVerwG, B. v. 2.10.1961 - VIII B 78.61 - BVerwGE 13, 90/91; B. v. 9.3.1993 - 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825).

Die Klägerin macht geltend, dass hier für die Sicherheit des Luftverkehrs keine konkreten Gefahren bestünden, wie sie in § 14 Abs. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 LuftVG vorausgesetzt würden. Zwar dürfe bei einer Behinderung der An- und Abflugwege der auf dem Flughafen landenden und startenden Luftfahrzeuge die luftfahrtbehördliche Zustimmung verweigert werden, um unfallträchtige, die Allgemeinheit bedrohende Ausweichmanöver zu vermeiden. Im Hinblick auf die Privilegierung der Windkraftanlagen seien den Flughafenbetreibern aber auch weniger optimale bzw. risikoreichere Ausweichmöglichkeiten zuzumuten. Dies habe das Verwaltungsgericht nicht beachtet.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, im Bereich der Flugstrecken müsse nach den Vorgaben der militärischen Flugsicherung Hindernisfreiheit bestehen. Die Flugzeuge müssten sich mindestens 300 m über dem höchsten Hindernis bewegen; ein Instrumentenflugverfahren müsse so eingerichtet werden, dass ein Flugzeug in sicherem Abstand das Hindernis überfliegen könne. Für den Piloten seien die Anflugverfahren verbindliche Vorgaben. Nach den Stellungnahmen im Gerichtsverfahren sei bei der Realisierung der Windkraftanlagen die notwendige Hindernisfreiheit für die genannten Anflugverfahren in dem erforderlichen Abstand nicht mehr gegeben. Das Luftamt ... habe zuletzt mit Schreiben vom 6. März 2012 die luftfahrtbehördliche Zustimmung unter Berufung auf die gutachtliche Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung GmbH vom 27. Februar 2012 verweigert. Grundlage hierfür seien eine Neubewertung der Sachlage durch die US-Streitkräfte und das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr gewesen. Die Erläuterungen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 hätten die Richtigkeit dieser Neubewertung bestätigt.

Diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts wird durch den Vortrag der Klägerin nicht in Frage gestellt. Vor allem muss in diesem Zusammenhang der verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum der Bundeswehr beachtet werden. Danach obliegt es der Bundeswehr im Rahmen ihres verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums, das Gefährdungspotential einer Windkraftanlage für einen Militärflugplatz zu beurteilen. Die Gefahrenprognose ist nur dann rechtsfehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist (BVerwG, B. v. 5.9.2006 - 4 B 58/06 - Rn. 8). Dazu hat die Klägerin nichts Greifbares vorgetragen. Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (U. v. 16.1.2006 -8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844) und des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (U. v. 30.9.2009 -1 KO 89/07 - ThürVBl 2010, 104) befassen sich mit der Nutzung von Segelflugplätzen und sind daher für die Beurteilung von Militärflugplätzen unter Beachtung des verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums nicht einschlägig. Hinzukommt, dass bei Militärflugplätzen Flugbetrieb auch unter schlechten Sichtbedingungen (Nacht, Schlechtwetter) möglich sein muss.

c) Die Klägerin macht geltend, dass die durch ihr Vorhaben beeinträchtigten Flugverfahren unabhängig von ihrem Vorhaben angepasst werden müssten. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 vor dem Verwaltungsgericht (vgl. S. 5 der Niederschrift) habe der vom Beigeladenen beigezogene Oberstleutnant S. erläutert, dass eine Umstellung des Anflugverfahrens erfolgen müsse und werde. Das Verfahren werde aller Voraussicht nach noch im Jahr 2014 umgestellt. Mit Änderung des Verfahrens könne dem Vorhaben der Klägerin zugestimmt werden. Auf die Bauhöhe bezogen gebe es dann keine Probleme mehr.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass nicht verbindlich feststehe, ob und wann das Flugverfahren so geändert werde, dass die geplanten Windkraftanlagen keine problematischen Hindernisse mehr darstellen würden. Die Festlegung von Flugverfahren erfolge grundsätzlich gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c Sätze 1 und 2 LuftVG durch Rechtsverordnung. Die Verwaltungszuständigkeiten aufgrund des Luftverkehrsgesetzes würden gemäß § 30 Abs. 2 LuftVG für den Dienstbereich der Bundeswehr und, soweit völkerrechtliche Verträge nicht entgegenstünden, der stationierten Truppen durch Dienststellen der Bundeswehr nach den Bestimmungen des Bundesministeriums der Verteidigung wahrgenommen. Die Flugverfahren würden einen aufwendigen Entwicklungs-, Berechnungs- und Genehmigungsprozess durchlaufen. Sie seien nicht beliebig gestaltungsfähig. Nach einem aufwendigen Verfahren unter Berücksichtigung vieler Aspekte werde das Verfahren schließlich genehmigt, in Kraft gesetzt und gemäß international gültigen Standards publiziert. Ob das beabsichtigte Verordnungsänderungsverfahren tatsächlich ergeben werde, dass das bestehende Flugverfahren so geändert werde, dass die strittigen Windkraftanlagen der Klägerin künftig zugelassen werden könnten, sei trotz der positiven Aussagen des Vertreters der Luftwaffe in der mündlichen Verhandlung derzeit offen und von nicht abschätzbaren Prämissen und Planungsvorgängen abhängig.

Die Klägerin teilt diese Einschätzung nicht. Damit legt sie aber keinen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichlichen Urteils dar. Sie legt insbesondere nicht dar, dass das Verwaltungsgericht damit die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung überschritten hätte. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, kommt eine Zulassung der Berufung folglich nur dann in Betracht, wenn die Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 und 104 - Rn. 11 m. w. N.). Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hat die Klägerin nicht aufgezeigt; sie sind auch nicht erkennbar. Überdies hat das Luftamt ... unter dem 20. August 2014 mitgeteilt, die bisher begutachteten flugbetrieblichen Verfahren zum Militärflugplatz Grafenwöhr seien nach wie vor gültig (vgl. Schriftsatz des Beigeladenen vom 10.9.2014). Die Sach- und Rechtslage hat sich also auch nach der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts nicht geändert.

2. Abgesehen davon hat die Klägerin auch hinsichtlich des Verstosses gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) in Bezug auf den Schwarzstorch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten vorgetragen.

a) Die Klägerin macht geltend, beim Schwarzstorch handle es sich um keine Tierart, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken der strittigen Windkraftanlagen betroffen sei. Der sehr scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch weiche Windkraftanlagen aus. Kollisionen kämen dementsprechend kaum vor. Bis heute werde in der zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg von mehr als 500 Brutpaaren in Deutschland lediglich ein Schlagopfer geführt.

Das Verwaltungsgericht ist diesbezüglich zu dem Schluss gelangt, dass nicht im Sinne ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse feststehe, dass der Schwarzstorch nicht zu den kollisionsgefährdeten Vogelarten zähle. Es hat sich dabei auf den sog. Bayerischen Windkrafterlass (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2011) gestützt, der in seiner Anlage 2 nach wie vor davon ausgeht, dass der Schwarzstorch zu den gefährdeten Vogelarten zählt. Das Verwaltungsgericht hat auf Totfunde in Frankreich und insbesondere in Spanien und ungeklärte Altvogelverluste während der Aufzuchtzeit in Deutschland hingewiesen. Eine ausgesprochene Meidung der Windparks sei nicht immer beobachtet worden. Das Verwaltungsgericht hat die Einschätzung des Schwarzstorchs als kollisionsgefährdet durch den Bayerischen Windkrafterlass auch vor dem Hintergrund der geringen Anzahl der Brutpaare in Deutschland für gerechtfertigt gehalten.

Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag nicht die Grundlage entzogen. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 18. Juni 2014 (22 B 13.1358, Rn. 46 f.) den Schwarzstorch nicht als eine Tierart angesehen, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen betroffen ist. Dass das artenschutzrechtliche Tötungsverbot deshalb nicht verletzt sein könne, hat der Verwaltungsgerichtshof daraus aber nicht gefolgert. Dem genannten Urteil zufolge spricht zwar manches dafür, dass der scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch Windkraftanlagen ausweicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus aber nicht die von der Klägerin für richtig gehaltene Konsequenz gezogen, dass insofern das artenschutzrechtliche Tötungsverbot beim Betrieb von Windkraftanlagen nicht verletzt sein kann, sondern auf die erforderliche Ermittlungstiefe abgestellt. Er hat in dem genannten Urteil weitere behördliche Ermittlungen in Bezug auf die konkreten örtlichen Verhältnisse für erforderlich gehalten. Die Ausführungen der Klägerin geben keinen Anlass, von dieser Betrachtungsweise abzugehen. Zum einen ist ein ungewöhnlich starkes Betroffensein von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen nicht zwingend erforderlich. Ein solches Postulat kann insbesondere nicht aus dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2011 (9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149/163 - Rn. 99) abgeleitet werden. Diese Formulierung wird dort nicht gebraucht. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat es im Beschluss vom 21. März 2013 (2 N 154.12 - NuR 2013, 507/512) zwar im Hinblick auf das artspezifische Verhalten des Schwarzstorchs bei summarischer Prüfung als naturschutzfachlich vertretbar angesehen, dass die Genehmigungsbehörde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verneint. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch die gegenteilige Einschätzung naturschutzfachlich vertretbar sein kann. Eine solche gegenteilige naturschutzfachliche Einschätzung kann sich im vorliegenden Fall entscheidend auf die fachlichen Aussagen in Anlage 2 des sog. Bayerischen Windkrafterlasses stützen. Dort ist der Schwarzstorch ausdrücklich als kollisionsgefährdete Vogelart erwähnt. Diese Aussage ist bisher nicht aufgehoben oder modifiziert worden (entgegen ThürOVG, U. v. 14.10.2009 - 1 KO 372/06 - NuR 2010, 368/370). Den in diesem Windkrafterlass enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu (U. v. 18.6.2014 -22 B 13.1358 - Rn. 45). Dies ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit geboten. Hiervon darf nicht ohne triftigen fachlichen Grund abgewichen werden. Einen solchen hat die Klägerin angesichts der vom Verwaltungsgericht festgestellten Beobachtungen nicht dargelegt. Dass manche Beobachtungen für ein Ausweichverhalten des Schwarzstorchs sprechen, andere Beobachtungen aber eher nicht, ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BVerwG, U. v. 27.5.2013 - 4 C 1.12 -NVwZ 2013, 1411).

b) Die Klägerin macht weiter geltend, dass weder vor noch nach dem Bescheidserlass belastbar und nachvollziehbar dargelegt worden sei, dass innerhalb des 3 km-Radius um die strittigen Windkraftanlagen (Prüfbereich nach Anlage 2 des Bayerischen Windkrafterlasses) ein besetzter Schwarzstorchhorst vorhanden sei.

Das Verwaltungsgericht hat im Anschluss an die Genehmigungsbehörde festgestellt, dass alle streitgegenständlichen Windkraftanlagen in einem Radius von deutlich unter 3 km um den früheren Horst im Bereich des sog. Zimmet und um den nun bekannt gewordenen Horst östlich der geplanten Windkraftanlage 3 lägen. Die am weitesten entfernt liegende Windkraftanlage 9 liege nur ca. 1,7 bis 1,8 km von dem Horst entfernt, der in den Jahren 2012 und 2013 besetzt gewesen sei.

Die Klägerin vermochte diese Ausführungen in ihrem Zulassungsantrag nicht in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass sich die behördliche Einschätzungsprärogative auch auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten bezieht. Es gibt zwar rechtliche Grenzen, etwa in Bezug auf die erforderliche Ermittlungstiefe oder in Bezug auf die Methodik (BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274/297, Rn. 67). Die Klägerin hat in ihren Zulassungsanträgen aber nicht aufgezeigt, dass die rechtlichen Grenzen dieser Einschätzungsprärogative überschritten worden sind.

c) Soweit die Klägerin ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auch innerhalb des Mindestabstands von 3000 m um die strittigen Windkraftanlagen in Frage gestellt hat, ergeben sich hieraus ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Zum einen hat das Verwaltungsgericht durchaus anerkannt, dass auch bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen noch eine Einzelfallbeurteilung erforderlich ist. Bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen kommt es darauf an, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windkraftanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 -Rn. 50, unter Bezugnahme auf S. 42 des Bayerischen Windkrafterlasses). Das angefochtene Urteil steht dazu nicht im Widerspruch. Das Verwaltungsgericht hat in den angefochtenen Urteilen darauf hingewiesen, dass die Flugkorridore zu potentiellen Nahrungshabitaten auch durch die strittigen Windkraftanlagen betroffen seien.

Die Klägerin hat insofern zwar die Behauptung aufgestellt, dass die streitgegenständlichen Windkraftanlagen einen Flugkorridor für den Schwarzstorch zulassen würden. Sie hat aber nicht dargelegt, dass die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative zum gleichen Ergebnis hätte kommen müssen.

Die Klägerin hat ferner auf die Vorbelastung durch eine südlich der strittigen Windkraftanlagen verlaufende Hochspannungsfreileitung hingewiesen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Gefahren durch die strittigen Windkraftanlagen in deutlich größerer Höhe als die Gefahren durch die Hochspannungsfreileitung hervorgerufen werden würden; daher könne eine signifikante Risikoerhöhung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen werden. Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an dieser Betrachtungsweise rechtsfehlerhaft sein sollte.

Die Klägerin hat schließlich geltend gemacht, dass im Untersuchungsgebiet nur sehr wenige Flugbewegungen durch Schwarzstörche hätten festgestellt werden können, wie ihr Fachbeistand Dipl.biol. B. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 erklärt habe.

Die diesbezügliche Aussage des Fachbeistands der Klägerin lautet gemäß Seite 8 der Verhandlungsniederschrift: „Im südlichen Bereich der geplanten Windkraftanlagen sind bei ca. 170 Beobachtungsstunden nur sechs Flugbewegungen von den Altvögeln und drei nach dem Ausfliegen des Familienverbands registriert worden…. Die festgestellten sechs Flugbewegungen im Süden sind daher sehr wenig. Es hätten nach unserer Einschätzung ca. 165 Flugbewegungen im Gesamtbereich stattfinden können, d. h. bezogen auf unsere Beobachtungszeiten. Wir gehen daher davon aus, dass die Flugbewegungen woanders stattgefunden haben, d. h. im nördlichen oder östlichen Bereich, der nicht einsehbar war“.

Diese Aussagen stellen die von der Genehmigungsbehörde getroffene und vom Verwaltungsgericht gebilligte Gefahrenprognose nicht in Frage. Sie betreffen nämlich nur einen Teilbereich des strittigen Windparks, nämlich den südlichen. Die Beklagte weist insofern aber zu Recht darauf hin, dass sich das Brutgeschehen nach 2012 weiter nach Norden verlagert hatte.

d) Die Klägerin macht weiter geltend, es hätten von ihr vorgeschlagene Minderungs- und Vermeidungsmaßnahmen zum Zwecke der Verminderung des Tötungsrisikos unter die Signifikanzschwelle ergriffen werden können.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die Errichtung von künstlichen Brutstätten mehrere 1000 m vom natürlichen Brutplatz entfernt als aussichtslos gelte. Die Verbesserung des Fischangebots in Fließgewässern oder Bachausleitungen sei ebenfalls nicht erfolgversprechend. Außerdem könnten solche Maßnahmen dem Anlagenbetreiber nicht vorgeschrieben werden.

Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an diesen Erwägungen rechtsfehlerhaft sein könnte.

e) Die Klägerin macht schließlich geltend, die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen müsse als Ausnahmegrund im Sinn von § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, räumlich als zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses, angesehen werden. Es gehe um eine nachhaltige Energieversorgung durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien.

Das Verwaltungsgericht hat insofern auf den beantragten Standort abgestellt und dazu ausgeführt, dass derartige Gründe für den beantragten Standort nicht ersichtlich seien; auch sei das wirtschaftliche Interesse der Klägerin hierfür nicht ausreichend.

Die Klägerin hat weder dargelegt, warum diese von Pauschalierungen absehende standortbezogene Betrachtungsweise rechtswidrig sein sollte, noch aufgezeigt, weshalb das typischerweise vorhandene wirtschaftliche Interesse der Klägerin schlechthin ein zwingendes öffentliches Interesse darstellen sollte. Die Bezugnahme auf Seite 48 des Bayerischen Windkrafterlasses genügt insofern nicht, weil auch dort eine standortbezogene Betrachtungsweise befürwortet wird.

3. Besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) können entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht abgeleitet werden, weil die Rechtsprechung gerade aufgrund der Existenz dieser Unsicherheiten und in der Reichweite dieser Unsicherheiten bereits eine naturschutzfachliche Einschätzungprärogative anerkannt hat. Auf etwaige rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Widerruf oder der Rücknahme der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion kommt es nicht an, weil entscheidend die Erwägung des Verwaltungsgerichts ist, dass die Genehmigungsbehörde im Bereich der Luftsicherheit nicht sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen darf. Besondere rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Flugverfahren, die nach dem Vortrag der Klägerin mit Sicherheit zeitnah angepasst werden, können schon deshalb nicht bestehen, weil nach der von der Klägerin nicht erfolgreich angegriffenen Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts diesbezüglich keine verlässlichen Aussagen möglich sind. Die im Zusammenhang mit den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten sind aufgrund der Anerkennung einer naturschutzbehördlichen Einschätzungsprärogative nicht mehr entscheidungserheblich. Desgleichen sind Unsicherheiten über künftige Änderungen der Sachlage nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht entscheidungserheblich, weil es bei der Entscheidung über Verpflichtungsklagen auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ankommt.

4. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt angesichts der Darlegungen der Klägerin nicht in Betracht, weil die von ihr bezeichnete Frage der Widerruflichkeit oder Rücknehmbarkeit der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nicht entscheidungserheblich ist. Entscheidungserheblich ist vielmehr die Aussage des Verwaltungsgerichts, dass die Genehmigungsbehörde nicht sehenden Auges im Bereich der Luftsicherheit fehlerhaft entscheiden darf. Widerruflichkeit und Rücknehmbarkeit der Zustimmungsfiktion sind nicht der einzige Weg, um dieses Ziel zu erreichen.

5. Die Klägerin vermag auch keine Abweichung von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) darzulegen. Das Verwaltungsgericht ist von der bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB gerade nicht abgewichen, hat sie gerade nicht in Frage gestellt, sondern hat aus ihr lediglich nicht dieselben Schlüsse wie die Klägerin gezogen. Es hat die Übertragbarkeit des bezeichneten Urteils auf § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG verneint.

6. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Die Würdigung der Aussagen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowie der Aussagen des Fachbeistands Dipl.biol. B. kann nicht als überraschend in dem Sinne angesehen werden, dass ein kundiger Prozessbeteiligter mit derartigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts in den angefochtenen Urteilen nicht hätte rechnen müssen. Die Aussagen von Oberstleutnant S. wurden vom Verwaltungsgericht naheliegender Weise in einen rechtlichen Zusammenhang mit den Problemen eines Verordnungsänderungsverfahrens gestellt und dadurch relativiert. Die Aussagen von Dipl.biol. B. wurden vom Verwaltungsgericht erwartungsgemäß in einen Zusammenhang mit anderen vorliegenden naturschutzfachlichen Aussagen gestellt. Das Verwaltungsgericht hat zwar wohl seine Schlussfolgerungen aus den ihm vorliegenden Stellungnahmen mit den Beteiligten nicht im Einzelnen erörtert. Dies war aber auch nicht erforderlich, zumal diese Würdigung letztlich erst in der abschließenden Beratung vorgenommen werden kann (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 138 Rn. 148 m. w. N.).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte wie Vorinstanz.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 4 K 13.567

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 2. Juli 2015

4. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1021

Hauptpunkte:

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen (abgelehnt); Kollisionsgefährdete Vogelarten (Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Baumfalke); Signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos; Behördliche Einschätzungsprärogative; Heranziehung von umfangreichen Beobachtungen von Bürgern zusätzlich zu vom Betreiber vorgelegten Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass; Annahme von Horsten bzw. Revierzentren aufgrund von Indizien; Folge einer Unterschreitung des „engeren“ Prüfbereichs nach dem Windkrafterlass; Geeignetheit von Nahrungshabitaten nach Maßgabe des Windkrafterlasses; Keine „Berechnung“ des Tötungsrisikos an Hand einer „Formel“; Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahmen vom Betreiber konkret aufzuzeigen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

beigeladen: ...

bevollmächtigt: ...

wegen Vollzugs des Bundesimmissionsgesetzes (Windpark ...)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015

am 2. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen.

Mit Antrag vom 5. April 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 (Nabenhöhe: 138,38 m; Rotordurchmesser: 82 m; Gesamthöhe: 179,38 m) auf den Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ...

Den Antragsunterlagen war ein Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung beigefügt. Darin wurde ausgeführt, dass zu den prüfungsrelevanten Vogelarten im Radius von rund 200 m, 500 m und 1.000 m um das Vorhaben u. a. der Rotmilan gehöre. Dieser wurde mit dem Status „N“ gekennzeichnet, d. h. „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der näheren Umgebung“. Erhebungen hätten keinen Brutplatz des Rotmilans ergeben, weder im engeren Untersuchungsgebiet (1 km-Umgriff), noch bei den weiteren Waldgebieten bzw. Gehölzen in der näheren Umgebung. Dagegen werde stark ein Revierzentrum weiter im Nordosten wegen wiesenreicher Talgründe vermutet (Mindestentfernung rund 3 km). Das Gebiet befinde sich noch innerhalb des 6 km-Prüfkorridors hinsichtlich wichtiger Nahrungshabitate. Zwar träten auch im Gebiet westlich ... gelegentlich jagende Milane auf, doch stehe die pessimale Qualität der dortigen Agrarlandschaft in keinem Verhältnis zu dem genannten Gebiet weiter nordöstlich. Der Vorhabensbereich liege randlich dieses Territoriums. Ein regelmäßiges Aufsuchen von Feldfluren bei den geplanten Windkraftanlagen könne daher keinesfalls bestätigt werden und sei auch nicht zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit einer Kollision sei letztlich sehr gering einzuschätzen und in jedem Fall nicht signifikant.

Als für die Prüfung auszuschließen wurden u. a. der Wespenbussard und der Schwarzmilan bezeichnet. Bezüglich des Wespenbussards gebe es keinerlei Hinweise auf ein Territorium im Vorhabensbereich. Der Schwarzmilan sei auf Gewässergebiete angewiesen, letztlich sei also der Vorhabensbereich ohne Bedeutung für die Art. Ein gelegentliches Erscheinen im weiteren Umfeld sei möglich. Bezüglich des Baumfalken wurde festgestellt, dass im Jahr 2010 keine Bestätigung eines Vorkommens im näheren Umgriff des Vorhabens erfolgt sei. Nach amtlichen Angaben lägen die nächsten Brutvorkommen in ca. 6 bis 10 km Entfernung.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2012 teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, dass der Antrag ihrer Auffassung nach noch nicht vollständig sei und damit noch nicht abschließend beurteilt werden könne. Damit hätten auch die Fristen des BauGB zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens noch nicht zu laufen begonnen. Hilfsweise werde die Zurückstellung der Vorhaben nach § 15 Abs. 3 BauGB beantragt, da sie dem Inhalt des laufenden Verfahrens für die Änderung des Flächennutzungsplanes (Festlegung von Konzentrationsflächen für Windkraft) widersprächen.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 7. März 2013 stellte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin längstens für ein Jahr ab Zustellung gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB zurück.

Am 22. April 2013 ließ die Klägerin die vorliegende Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben.

Zur Begründung wurde zunächst ausgeführt: Die Klage sei gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig. Die Frist zur Entscheidung über einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag betrage im vereinfachten Verfahren gemäß § 10 Abs. 6a BImSchG längstens 3 Monate. Nunmehr stelle der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Basis eines mehr als 10 Monate alten Antrags der Beigeladenen zurück.

Die Klage sei auch begründet, da die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung habe. Die Antragsunterlagen seien vollständig und ausreichend.

Auf den ferner von der Klägerin gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellte das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 2. August 2013 (Au 4 S 13.909) die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage gegen den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 wieder her. Mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 (22 CS 13.1760) wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg zurück.

Mit Bescheid vom 7. März 2014 hob der Beklagte den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 auf. Nach insoweit erfolgter Teilerledigungserklärungen aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. April 2014 von dem vorliegenden Verfahren das Verfahren betreffend den Zurückstellungsbescheid abgetrennt, dieses unter dem Aktenzeichen Au 4 K 14.511 fortgesetzt und sogleich eingestellt.

Bereits mit Schriftsatz vom 14. März 2014 hatte die Klägerin im Hinblick auf die Aufhebung des Zurückstellungsbescheids nur noch beantragt, den Beklagten zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu verpflichten.

Hinsichtlich dieses Verpflichtungsantrags hatte der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. März 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die erhobene Untätigkeitsklage sei derzeit unzulässig, da ein sachlicher Grund bestehe, nicht über den Antrag der Klägerin zu entscheiden. Der Beklagte habe die Klägerin bereits zwei Mal auf die Notwendigkeit einer Ergänzung der artenschutzrechtlichen Prüfung hingewiesen. Zwischenzeitlich sei im Genehmigungsverfahren bezüglich drei Windenergieanlagen bei ... von Einwendern sehr umfangreiches und fundiertes Material vorgelegt worden. Dieses deute auf ein erheblich intensiveres Artenvorkommen, vor allem des Rotmilans und des Steinadlers, im direkten Umfeld des geplanten Baufeldes hin. Daher werde das Vorhaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht genehmigungsfähig gehalten. Es bestehe die Möglichkeit, die Genehmigungsbehörde mit einem ergänzenden Gutachten davon zu überzeugen, dass keine artenschutzrechtlichen Versagungsgründe vorlägen.

Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. April 2014, die artenschutzrechtlichen Fragen seien durch die von ihr vorgelegten Gutachten abschließend geklärt. Der Beklagte nehme nunmehr ungeprüfte Behauptungen einer Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen zum Anlass, weitere Unterlagen zur artenschutzrechtlichen Situation zu verlangen, obwohl die Datengrundlage und die Schlussfolgerungen der Bürgerinitiative fachlich als fragwürdig einzuschätzen seien. Gleichwohl habe sich die Klägerin entschieden, ein ergänzendes artenschutzrechtliches Gutachten in Auftrag zu geben, um das Verfahren nicht weiter zu verzögern.

Im Einverständnis aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2014 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2014 bat die Klägerin darum, das Verfahren wieder aufzunehmen und legte folgende Unterlagen vor: Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, Nachtrag 2014; Landschaftspflegerischer Begleitplan - Nachtrag; Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten; Ergebnisprotokoll Horstkontrolle.

Das Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) - Nachtrag 2014 führte in Bezug auf den Rotmilan Folgendes aus: Die Behauptung Ortsansässiger, aufgrund ihrer Beobachtungen seien im weiteren Umgriff der Anlagen zwei sichere und zwei mögliche Revierzentren vorhanden, sei angesichts des engen Beieinanderliegens der vermeintlichen Horststandorte (einmal rund 2 km, ansonsten höchstens ca. 1 km) mehr als fraglich. Zudem hätten die Ortsansässigen bei ihren Beobachtungen in dem relativ kleinen Landschaftsausschnitt im Falle mehrerer Paare wiederholt drei bis vier Milane sichten müssen. Es sei aus Sicht der Gutachter derzeit völlig unklar, wo sich ein Rotmilanhorst befinden solle. Das Untersuchungsgebiet werde offenbar lediglich von nahrungssuchenden Individuen beflogen, wobei die Landschaft aufgrund der intensiven Ackernutzung für den Rotmilan kein Optimalhabitat darstelle. Die betreffende Fortpflanzungsstätte könne durchaus weiter entfernt sein. Im Nahbereich der drei geplanten Windkraftanlagen seien 2014 bei insgesamt fast 60 Kontrollstunden nur sechs Flüge erfasst worden, wobei sich sogar nur zwei auf die eigentliche Risikozone bezögen. Die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich habe bei maximal rund 10 Minuten gelegen und damit deutlich unter 0,5% im Verhältnis zur gesamten Beobachtungszeit. Insofern sei ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko zu verneinen. Im Übrigen sei nach Studien eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr für den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde in dem Nachtrag zur saP ausgeführt: Hinweise auf einen Horststandort innerhalb des Prüfbereichs gebe es nicht. Ähnlich wie beim Rotmilan werde das Untersuchungsgebiet vom Schwarzmilan zwar auf Nahrungsflügen von Brutvögeln aus dem Umfeld durchflogen. Das Areal sei jedoch angesichts der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung nicht als günstiges oder gar optimales Habitat zu bewerten. Bevorzugte Gebiete seien offenbar das Tal der ... im Westen sowie die das ...- bzw. ... im Nordosten mit einem vergleichsweise hohen Grünlandanteil. Bei den Raumnutzungskontrollen 2014 seien insgesamt 30 Flugbewegungen registriert worden (an 12 der 21 Beobachtungstage), davon 13 in der Höhenstufe 80 bis 200 m. Nur vier dieser Aktivitäten erfolgten innerhalb eines Korridors von 250 m um die drei beantragten Anlagen. Damit liege - ähnlich wie beim Rotmilan - eine sehr geringe Aktivitätsdichte im Planungsbereich vor.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt, 2013 sei von Ortsansässigen ein besetzter Horst im Rodungsbereich für das Fundament bzw. die Kranstellfläche einer der Windenergieanlagen entdeckt worden. Auch 2014 sei dieses Nest wieder von einem Baumfalkenpaar genutzt worden. Die weitere Verfügbarkeit sei aber ungewiss, weil sich der Horst in einem Wirtschaftswald mit einem Bestand im hiebreifen Alter befinde. Außerdem sei die betreffende Fichtengruppe windwurfgefährdet. Generell unterliege die Lage von Revierzentren bei Baumfalken einer höheren Dynamik.

Überdies zeige sich, dass der Baumfalke im näheren Umgriff der drei Windenergieanlagen nicht regelmäßig jage. Dazu sei das Gebiet zu stark ausgeräumt. Hingegen könnten als nächst gelegene wichtige Nahrungshabitate der gesamte wiesenreiche Talraum der ..., das südlich gelegene Tal des ... sowie die Siedlungen ... und ... mit nahem Umfeld hervorgehoben werden. Bei den Untersuchungen 2014 sei der Baumfalke ab dem 17. April an jedem Beobachtungstag zu sehen gewesen. Für das gesamte untersuchte Gebiet hätten sich 35 Flugbewegungen ergeben. Lediglich drei von ihnen seien in der potenziell kritischen Höhe von 80 bis 200 m erfolgt. In Anbetracht der sehr geringen Flugbewegungen in kollisionsrelevanter Höhe, der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des jetzigen Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld erscheine die Realisierung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar. Überdies müsse beim Baumfalken generell mit einem vergleichsweise geringen Kollisionsrisiko ausgegangen werden, weil die von Windenergieanlagen ausgehenden Verwirbelungen eine erfolgreiche Beutejagd schwierig machten.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Ein aktueller Brutplatz habe nicht gefunden werden können. Lediglich beim südlich gelegenen ... in einer Entfernung von mindestens 1,6 km zu dem Vorhaben sei ein offenbar unbenutzter Horst entdeckt worden, jedoch sei unter anderem wegen fehlender Flugnachweise im nahen Umfeld nicht davon auszugehen, dass der Horst 2014 genutzt worden sei. Im gesamten Beobachtungsgebiet seien ab Mai 2014 insgesamt 31 Flugbewegungen an elf der 21 Termine festzustellen gewesen. Im potenziellen Gefahrenbereich von 250 m um die Windenergieanlagen sowie in einer Höhe von 80 bis 200 m seien an fünf dieser elf Tage Feststellungen zu verzeichnen gewesen. Die Aufenthaltsdauer habe - bereits deutlich nach oben gerundet - zusammen höchstens 30 Minuten betragen. Dies entspreche im Verhältnis zur gesamten Kontrollzeit einem Anteil von 0,8%. Nach einer Entscheidung des VG Würzburg werde die Signifikanzschwelle erst bei einem Anteil der Beobachtungszeit im Gefahrenbereich von 10% der Gesamtkontrolldauer erreicht.

In der Unterlage „Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten“ vom 13. Oktober 2014 wurde ausgeführt: Die Analyse sei von vier Beobachtungspunkten sowie zusätzlich durch „mobile Beobachtungen“ durchgeführt worden. Die Beobachtungspunkte 1 bis 3 seien mit der Unteren und der Höheren Naturschutzbehörde abgestimmt gewesen. Von diesen Beobachtungspunkten seien die Anlagenstandorte komplett oder jedenfalls im Risikobereich (Höhe ab 80 m) erfassbar gewesen. Zwischen dem 20. März und dem 20. August 2014 seien insgesamt 21 Beobachtungsgänge durchgeführt worden. Insgesamt seien 178,5 Stunden Beobachtungszeiten geleistet worden. Die nach dem Windkrafterlass geforderten Erfassungszeiten von mindestens 54 Stunden je Anlagenstandort seien bei weitem übererfüllt worden. Beobachtungen in einem Durchmesser von ca. 250 m um einen geplanten Anlagenstandort seien als relevante Flugbewegungen über dem Anlagenstandort gewertet worden.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt: Zwar sei unmittelbar am Standort der Windenergieanlagen ein besetzter Horst mit Jungvögeln vorhanden. Jedoch sei in Anbetracht der geringen Flugbewegungen im Risikobereich der geplanten Anlagenstandorte (nur drei Flüge über 80 m Höhe), der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld die Durchführung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar.

In Bezug auf den Rotmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (drei Standorte ohne Überflüge, drei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit zwei Überflügen) beobachtet worden seien, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Hinweise auf einen Horststandort im 1 km-Radius vorhanden seien, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (vier Standorte ohne Überflüge, zwei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit drei bzw. vier Überflügen) beobachtet wurden, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Horststandort im 1 km-Radius vorhanden sei, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Zwar gehöre er nach dem Windkrafterlass zu den kollisionsgefährdeten Arten. Die allgemeine Kollisionsgefährdung des Wespenbussards durch Windenergieanlagen sei aber nicht abschließend geklärt. Die Mehrzahl der Flugbeobachtungen sei außerhalb des Risikobereichs (zwischen 80 und 200 m) gelegen. Innerhalb des Risikobereichs seien die einzelnen Standorte zwischen null und sechsmal überflogen worden. Die summierten Überflugzeiten im Risikobereich je Anlagenstandort lägen zwischen 5 und 12 Minuten, dies entspreche einer Überflugrate von 0,3 bis 0,5% bezogen auf die Gesamtbeobachtungszeit. Die Gesamtüberflugszeit aller Standorte liege bei 53 Minuten bzw. 2,1% der gesamten Beobachtungszeit. Die Flüge über 80 m seien hauptsächlich bei Windstille bzw. schwachem Wind (Thermik) stattgefunden. Der Hauptteil der Balz-/Reviermarkungsflüge des Wespenbussards finde zwischen Mitte Juli und Mitte August statt. Ob sich die Art bereits dauerhaft im Untersuchungsgebiet als Brutvogel etabliert habe, sei nicht bekannt, da es beim Wespenbussard zu jährlich wechselnden Brutplätzen kommen könne. Daher sei nicht grundsätzlich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Ein Brutnachweis aus dem Untersuchungsgebiet liege nicht vor.

Die Unterlage „Ergebnisprotokoll Horstkontrolle vom 9. September 2014“ wies aus, dass eine Begehung gemeinsam mit einem Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde und einem Vertreter der von der Klägerin beauftragten Gutachter stattgefunden hatte. Bei ..., ca. 1 km südlich der Planungskulisse, sei ein Horst gefunden worden, in dem nach Angaben von ... Bürgern eine Brut des Wespenbussards 2014 stattgefunden haben solle. Jedoch habe der Horst einen, zumindest 2014, nicht besetzten Eindruck gemacht. Unter anderem sei er bei der Überprüfung völlig durchnässt gewesen. Es lasse sich nicht abschließend beurteilen, ob es sich dabei tatsächlich um einen Brutplatz des Wespenbussards handle. Jedoch erscheine es eher plausibel, dass der Nistplatz nur sporadisch als Wechselhorst vom Wespenbussard genutzt worden sei.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2015 legte der Beklagte eine naturschutzfachliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 vor. Daraus ergebe sich, dass sämtliche Windenergieanlagen nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter und kollisionsgefährdeter Arten geplant seien, so dass das Tötungsrisiko für besonders geschützte Arten signifikant erhöht sei. Daher sei die Klägerin mit Schreiben vom 7. Januar 2015 zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört worden.

Aus der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 ergab sich im Wesentlichen Folgendes: Sämtliche von der Klägerin - insbesondere also auch die nachgereichten - Unterlagen seien berücksichtigt worden. Hinsichtlich der von der Klägerin veranlassten Beobachtungen sei festzustellen, dass dies zwar zeitmäßig den Anforderungen des Windkrafterlasses genüge, jedoch seien die Beobachtungstage nach regelmäßigem Muster verteilt (einmal je Woche) und nicht je Aktivitätsphase gruppiert worden. Ferner seien die filmisch und kartografisch dokumentierten Beobachtungen von ... Bürgern aus den Jahren 2013 und 2014 berücksichtigt worden (für das Jahr 2014: insgesamt 1.018 Videofilme mit einer Gesamtdauer von 25 Stunden und 44 Minuten). Deren Hauptaugenmerk sei auf den Rotmilan gerichtet gewesen. Die Daten der ... Bürgern seien so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar gewesen, dass sie als ergänzende Daten hätten einbezogen werden können. Ferner hätten Beobachtungen und fachliche Einschätzungen durch Herrn ... vorgelegen.

Die Annahme in der von der Klägerin vorgelegten Raumnutzungsanalyse, dass der Rotmilan dauerhaft häufiger hätte zu beobachten sein müssen, wenn er hier ein Brutrevier hätte, erscheine plausibel, sei aber nicht zwingend. Wenn es sich hier - was nachvollziehbar sei - um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten. Nach den Filmen der Bürger aus dem Jahr 2014 sei eindeutig ein besetzter Wespenbussard-Horst mit Jungen belegbar.

Die Annahme, die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich müsse bei 10% der Beobachtungszeit liegen, sei zurückzuweisen. Dieser Wert könne unter normalen Umständen kaum erreicht werden (denkbar allenfalls im Nahbereich einer künstlichen Futterquelle, z. B. Deponie), ansonsten nur in Ausnahmefällen (frisch gemähte Wiese), dann jedoch nicht als Durchschnittswert. Es sei auch falsch, bei diffus über den Raum verteilten Nahrungsgebieten stets eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos zu verneinen. Bezüglich des Rotmilans sei nicht entscheidungsrelevant, ob ein oder vier Reviere vorlägen. Unzweifelhaft liege aufgrund eindeutiger Indizien wenigstens ein Brutplatz vor. Falsch sei auch die Annahme, dass wegen der Raumansprüche keine zwei Brutplätze gleichzeitig existieren könnten. Dies sei im fraglichen Raum ohne weiteres möglich. Die Aussage, ein Rotmilan-Brutplatz habe nicht übersehen werden können, sei sehr gewagt. Selbst erfahrene Vogelkundler würden immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht. Bezüglich des Baumfalken sei den Aussagen zum Gutachter der Klägerin zu widersprechen, dass es zu keiner Schädigung der Brutstätte komme. Der engere bisherige Nestraum werde dadurch geschädigt, dass das Bestandsensemble der Bäume völlig verändert werde. Die Gutachter führten selbst aus, dass Baumfalken bei Baumaßnahmen oft abwanderten und später zurückkehrten. Außerdem sei es fragwürdig, dass die Gutachter offenbar nicht einmal die unmittelbare Nestumgebung als kollisionsgefährdet einstuften.

Insgesamt habe die Untere und die Höhere Naturschutzbehörde eine deutlich abweichende Beurteilung. Daher habe eigene, auf Daten und Fakten basierende Beurteilung und Bewertung vorgenommen werden müssen, die Folgendes ergebe:

Das Gelände sei für Greifvögel, speziell Thermikgleiter, aufgrund der Topographie hoch attraktiv. Es sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung, des vorhandenen Restgrünlandes und anderer Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlenden Grünlandes, täusche.

Je ein besetzter Horst mit Bruterfolg habe für den Baumfalken und den Wespenbussard nachgewiesen werden können. Speziell die kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke kämen im Gebiet als stabile Brutvögel vor. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus der Zusammenschau aller Daten. Die sicher gefundenen und die höchst wahrscheinlichen Brutplätze lägen im Nahbereich von Anlagen des Windparks. Trotz eindeutiger Revieranzeigen der Aktivitäten habe beim Rotmilan zwar kein Horst nachgewiesen werden können. Aufgrund der eindeutigen Indizien werde jedoch von einem Rotmilan-Traditionsrevier ausgegangen. Es bestehe auch der begründete Verdacht eines Schwarzmilanhorstes am östlichen Rand des Tales der ... in etwa östlich von ....

Die von den ... Bürgern gelieferten ergänzenden Hinweise und Daten seien hinreichend substantiiert und daher beachtlich. Sie entsprächen in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses. Hingegen hätten die Gutachter der Klägerin nicht, wie in einer Kartieranleitung des LfU empfohlen, vormittags und nachmittags mit in etwa gleicher Intensität kartiert. Die Beobachtungen hätten sich daher nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen richten können. Einige wichtige Beobachtungen vor Ort seien damit wohl durch das zeitliche Raster gefallen.

Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Daten der Bürger und der von der Klägerin beauftragten Gutachter zu erhalten, sei bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ein Korrekturfaktor von 3,0 anzusetzen. Da umgekehrt bei den Bürgern die nötige Erfahrung und Routine mit Flugbeobachtungen begrenzt vorausgesetzt werden könne, werde bei deren Daten ein Abschlag von 20% angenommen. So ergäben sich für den Rotmilan insgesamt ca. 250 Durchflüge pro Jahr bezogen auf alle im Untersuchungsraum geplanten Windenergieanlagen.

Bezüglich der vorhandenen Nahrungshabitate sei festzustellen, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern dass diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien. Dies lasse ein diffuses Muster von Flugbewegungen über das gesamte Gebiet erwarten. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine etc. würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt.

Aus den Daten der ... Bürger ergebe sich ferner, dass hinsichtlich des Rotmilans Territorialflüge, Revierflüge, Balzflüge und Nahrungseintragungsflüge im Nahbereich (1.000 m um die Anlagen) nachgewiesen seien. Nach fachlichen Erkenntnissen sei von einer Brut auszugehen. Für den Wespenbussard bestehe ein starker Verdacht, dass sich neben dem gefundenen Horst ein weiteres Revier im Nordbereich des Waldes befinde.

Lege man diese Erkenntnisse einer Bewertung nach dem Windkrafterlass zugrunde, ergebe sich, dass bei Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke ein Revierzentrum jeweils im 1 km-Umkreis vorliege. Aus dem Windkrafterlass ergebe sich die Regelvermutung, dass bei Unterschreitung dieses Abstands die Artenschutzanforderungen nicht gewahrt seien, es sei denn es werde nachgewiesen, dass die Flugaktivitäten in diesem Radius so seien, dass die Vögel mit den Windenergieanlagen nicht in Kontakt kämen. Da bei allen drei Arten davon auszugehen sei, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Bereiche der Windenergieanlagen gebe, sei diese Vermutung nicht widerlegt.

Gesichert sei, sowohl nach den Daten der Bürger als auch den Daten der Gutachter der Klägerin, dass alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden. Ferner bestünden mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei Wespenbussard-Reviere, nämlich der 2014 im Süden gefundene sowie eines im Nordwesten des Untersuchungsraumes. Sicher bestehe auch ein Rotmilanrevier. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Dieses Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen. Der Baumfalke habe seinen Nestplatz an einer markanten randlichen Waldstruktur, die seinen Nistplatzansprüchen in optimaler Weise entspreche. Der Bau der unmittelbar dort gelegenen Windenergieanlage bedeute den Verlust bzw. die Entwertung dieses Nisthabitates bzw. eine permanente Tötungsgefahr durch den Rotorkontakt. Für den Rot- und Schwarzmilan stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimalen Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum dar.

Betrachte man überdies das Kollisions- und Tötungsrisiko mittels eines konservativen Ansatzes, sei bei mehr als 15 Durchflügen pro Jahr bzw. einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer im Risikobereich von mehr als 30 Minuten pro Jahr eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos gegeben. Ziehe man die Daten der Gutachter der Klägerin und der ... Bürger, letztere mit einem Korrekturfaktor von 0,20, heran, ergebe sich, dass diese Schwelle des bezüglich des Wespenbussards bei allen drei Anlagen, bezüglich des Rotmilans und des Baumfalkens bei zwei Anlagen und bezüglich zusätzlich des Schwarzmilans bei einer Anlage erfüllt sei. Daher sei im Ergebnis keine Anlage genehmigungsfähig.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. April 2015 legte die Klägerin zwei weitere Unterlagen vor: Die „Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen Artenschutzfachlichen Prüfung (saP) für den geplanten Windpark ...“ vom 24. April 2015 sowie eine „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde, Landratsamt ...“ vom 7. April 2015. Hierin werde nachvollziehbar dargelegt, dass die seitens des Beklagten geltend gemachten Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht durchgreifen würden.

In der Unterlage zur Vollständigkeitsprüfung der saP wurde gegen das Argument des Beklagten, die Beobachtungstage seien nach regelmäßigem Muster und nicht nach Aktivitätsphase gruppiert worden, eingewendet, es seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan lokalisiert worden, an denen eine Aktivitätsphase hätte festgemacht werden können. Im Rahmen der dreijährigen Untersuchung seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan im Umkreis von 1 km um die Standorte der Windenergieanlagen nachgewiesen worden. Nur die Kenntnis eines Horststandort aber, der als Brutplatz dient oder gedient habe, könne als mögliche Grundlage für die Anwendung von Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass herangezogen werden.

Die Frage der Aufenthaltswahrscheinlichkeit einer Vogelart lasse sich nur mit einer zeitlichen Bezugsgröße ermitteln. Der Beklagte habe selbst festgestellt, dass eine solche Größe mit der Beobachtungsdauer von 54 Stunden pro Beobachtungspunkt vorliege. Bei den Daten der ... Bürger liege eine solche Gesamtbeobachtungsdauer nicht vor. Überdies sei die vom Beklagten vorgenommene Auflistung der durchschnittlichen Beobachtungen pro Kartiertag und der durchschnittlichen Zahl der Durchflüge pro Kartiertag, um daraus den Anteil der Durchflüge an den Beobachtungen in Prozent zu errechnen, weder aus mathematischer noch aus ökologischer Sicht der zu berücksichtigenden Arten geeignet, eine zeitliche und/oder räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu ermitteln. Vielmehr hätte der Beklagte prüfen müssen, welchen Zeitanteil der Dauerkartiertage der ... Bürger die Nutzung des möglichen Kollisionsbereichs im Verhältnis zur Nutzung der anderen nicht kollisionsgefährdeten Bereiche einnehme. Die Feststellung des Beklagten, dass eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos vorliege, entbehre somit jeglicher Grundlage.

Bezüglich des Baumfalken sei festzustellen, dass dieser im engeren Umfeld des geplanten Windenergiestandortes (Abstand geringer als 1.000 m) brüte. Für den Baumfalken sei jedoch aufgrund seiner hervorragenden sehphysiologischen Eigenschaften ein Kollisionsrisiko so gut wie auszuschließen, auch wenn hierzu sehr vereinzelt Nachweise vorlägen. Als Vermeidungsmaßnahme komme die Anlage von künstlichen Nisthilfen in Betracht, wenn gleichzeitig die Horste aus dem näheren Umfeld des Planungsraums entfernt würden. Hinzutreten könne eine Ausnahmeregelung nach § 45 BNatSchG.

Der Wespenbussard brüte innerhalb des 1.000 m-Radius um die Windenergieanlage. Die saP vermittle eventuell den Eindruck, dass der Wespenbussard fast ausschließlich den Planungsraum als Nahrungs- und Flughabitat nutze. Dieser Eindruck sei gegebenenfalls zu entkräften, andernfalls komme ein Ausnahmeantrag gemäß § 45 BNatSchG in Betracht.

Die Unterlage „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ setzte sich ausführlich mit deren Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 auseinander. Zusammengefasst ergebe sich folgendes: Die Einschätzung des Beklagten, das Gelände sei für Greifvögel hoch attraktiv bzw. ein günstiger Lebensraum, beruhe auf rein theoretischen Betrachtungen. Die vom Beklagten genannten Eigenschaften seien ganz typisch für das gesamte schwäbische und das angrenzende oberbayerische Hügelland. Es handle sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der ... im Westen sowie das ... im Nordosten würden vom Beklagten dagegen nicht betrachtet.

Bezüglich des Rotmilans erkenne der Beklagte an, dass im Juni und Juli 2013 und 2014 nur sehr wenige Exemplare im Planungsgebiet hätten beobachtet werden können. Dies sei ein deutliches Indiz, dass das Untersuchungsgebiet in dieser Zeit keine ausreichende Nahrung biete und dass sich im Planungsgebiet kein Brutrevier befinde. Der Beklagte habe entgegen einer Gesamtwürdigung der saP ein eigenes Gutachten erstellt, mit einer sehr zweifelhaften, nicht wissenschaftlich belegten Methode Jahresdurchflugszahlen berechnet und habe einen eigenen Schwellenwert für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko festgelegt, der nicht begründet sei. Ohne Rechtfertigung verwerfe der Beklagte eine nachvollziehbare und gerichtlich überprüfte Methode zur Bewertung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos (Urteil des VG Würzburg). Stattdessen berechne der Beklagte mit einer eigenen, nicht nachvollziehbaren Methode das Tötungsrisiko, so dass bereits ein beobachteter Überflug eines einzelnen Rotmilans über einer Windenergieanlage ausreiche, um ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszulösen.

Entgegen der Kritik des Beklagten sei die Raumnutzungsanalyse entsprechend dem Bayerischen Windkrafterlass vollumfänglich durchgeführt worden. Die Beobachtungszeiten, die geforderten Aktivitätsphasen und die entsprechenden Tageszeiten und Witterungsbedingungen seien uneingeschränkt beachtet worden. Die vom Beklagten zitierte Kartieranleitung des Landesamts für Umwelt beziehe sich auf die Methoden für Revierkartierungen und Populationserfassungen und unterscheide sich damit grundsätzlich von den Raumnutzungsanalysen nach dem Windkrafterlass.

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten die Daten der ... Bürger selbst ausgewertet. Danach ergebe sich, dass nicht nachweisbar sei, wann die Videodateien tatsächlich erstellt worden seien. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verortung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Eine exakte Auswertung in Bezug auf Durchflüge, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, sei deshalb nicht möglich.

Die Aussage des Beklagten, im Gebiet sollten speziell Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke als stabile Brutvögel vorkommen, sei durch Daten keinesfalls untermauert. Belegbar seien nur ein Brutplatz des Baumfalken in den Jahren 2013 und 2014 sowie der Brutplatz eines Wespenbussards im Jahr 2014, dessen Raumnutzung allerding im Wesentlichen außerhalb des Planungsgebiets liege. Trotz intensiver Nachsuche sei weder 2013 noch 2014 der Nachweis einer Rotmilanbrut bzw. eines Horstes gelungen.

Unzutreffend sei auch die Abgrenzung der Brut- und Nahrungsreviere. Die Raumnutzungsanalyse und die Beobachtungen der Bürger ließen nur bedingt Schlüsse zu abgrenzbaren Revieren zu. Beim Wespenbussard und Rotmilan sei das Nahrungsrevier nur näherungsweise in Kreisform mit einem willkürlich gewählten Revier im Mittelpunkt abgegrenzt worden. Es werde nicht erläutert, auf welcher Grundlage die Nahrungs- und Brutreviere abgegrenzt worden seien. Wesentliche weitere potentiell geeignete Nahrungshabitate fehlten in der Darstellung des Beklagten. Es werde der Eindruck erweckt, dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Dem gefundenen Wespenbussardhorst habe der Beklagte schon selbst kein Nahrungsrevier im Planungsgebiet zugeordnet. Zu Unrecht seien dem Baumfalkenhorst nur weit entfernte Nahrungshabitate zugeordnet worden, um Überflüge der Standorte zwischen Horst und Nahrungshabitaten zu belegen.

Bezüglich der Berechnung des Kollisionsrisikos sei die Annahme des Beklagten nicht belegt, dass bei 15 Jahresdurchflügen von einer definitiven Richtschnur für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszugehen sei. Der Beklagte habe nicht anhand der Beobachtungstage auf das ganze Jahr hochrechnen dürfen. So seien die Beobachtungen bei günstigen Witterung- und Tageszeiten durchgeführt worden. Bei schlechtem Wetter sowie in den frühen Morgen- und Abendstunden fänden deutlich weniger Flugbewegungen statt. Es seien nicht die tatsächlichen Beobachtungszeiten einbezogen worden, sondern es seien, unabhängig davon wie lange und mit wieviel Personen die ... Bürger beobachtet hätten, ganze Tage hochgerechnet worden.

Der Beklagte habe die durchschnittlichen Jahres-Anwesenheitszeiten der einzelnen Arten für die Berechnung der Jahresdurchflugwerte deutlich zu hoch angesetzt. Die vom Beklagten verwendeten Korrekturfaktoren seien nicht nachvollziehbar und würden von ihm selbst nicht einheitlich verwendet.

Der Beklagte habe die Daten der ... Bürger unkritisch verwendet, ohne deren fachliche Eignung zu hinterfragen. Die Flugbewegungen seien nicht exakt den Anlagenstandorten zuzuordnen, die Karteneintragungen seien häufig falsch oder sehr ungenau vorgenommen worden. Schließlich habe der Beklagte im Widerspruch zum Windkrafterlass den Baumfalken und den Wespenbussard als störungsempfindliche Arten eingestuft.

Bezüglich des Baumfalkenhorsts sei überdies zu bemerken, dass der betreffende Waldbereich aus forstwirtschaftlichen Gründen zwischenzeitlich geerntet worden sei. Der Horstbaum sei nicht mehr vorhanden.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 lehnte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin ab. Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Der Tatbestand des Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei bei Verwirklichung des Vorhabens erfüllt. Das Tötungsrisiko sei für Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht. Dies ergebe sich aus den Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 und deren aktueller Stellungnahme vom 17. Juni 2015.

Diese aktuelle Stellungnahme führte im Wesentlichen aus: Die Unterlagen der ... Bürger seien als Tatsachennachweis in die Wertung der Unteren Naturschutzbehörde mit eingeflossen und stünden berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen. Ihre Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) von der Naturschutzbehörde einer angemessenen, sorgfältigen Stichprobenprüfung unterzogen worden. Dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können.

Die Gutachter der Klägerin hätten die Prüfbereiche außerhalb des 1-km-Bereichs nicht bearbeitet. Es handele sich jedenfalls um deutlich mehr als nur vereinzelte Durchflüge kollisionsgefährdeter Arten durch den Gefahrenbereich der Anlagenstandorte. In Ermangelung einer anerkannten Methode zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos habe sich die Untere Naturschutzbehörde diese im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative selbst erarbeitet. Da die ... Bürger häufiger nachmittags, die von der Klägerin beauftragten Gutachter jedoch überwiegend vormittags beobachtet hätten, habe sich durch die Daten der Bürger ein etwas anderes Bild ergeben. Die Beobachtungen der ... Bürger seien daher wesentlich ergänzende Fachdaten.

Auch wenn die landschaftliche Ausstattung und die Geländemorphologie einschließlich der vorhandenen Strukturen für große Teile der gesamten Aindlinger Terrassentreppe zuträfen, sei festzuhalten, dass für den Rotmilan relevante Strukturelemente jedenfalls vorhanden seien. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten hauptsächlich am Vormittag beobachtet, daher fehlten Ganztagsbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase. Bezüglich der Daten der ... Bürger sei sich die Untere Naturschutzbehörde bewusst, dass Unsicherheiten unvermeidlich seien. Daher sei ein Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt gehalten worden. Dass der Rotmilan bevorzugt das Tal der ..., das ... und das ... nutzen würde, sei eine nicht belegte Vermutung. Jedenfalls besiedelten Rotmilane nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen. Bezüglich des Wespenbussards sei der Horst mit Jungenaufzucht eindeutig belegt. Es sei erstaunlich, dass die Gutachter der Klägerin diesen nicht gefunden hätten bzw. versuchten, diesen als unbenutzt darzustellen. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass weiter nördlich von diesem Horst ein zweites Revier liege. Der von der Naturschutzbehörde bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter vorgenommene Zuschlag spiegle einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung wider. Dies sei für die notwendige vergleichende Betrachtung angezeigt gewesen. Der Behauptung, da kein für den Rotmilan typischer Horst gefunden worden sei, liege kein Rotmilanrevier vor, müsse widersprochen werden. Wie der nicht entdeckte Wespenbussardhorst beweise, sei die Horstsuche ganz offensichtlich mangelhaft gewesen. Auch sei die Horstsuche nur über ausgesuchte Teilbereiche des Untersuchungsgebiets erstreckt worden, eine flächendeckende Horstsuche sei aber nicht erfolgt.

Wenn die Naturschutzbehörde das vermutete Revierbereich dargestellt worden, sei dies nicht so zu verstehen, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Es sei lediglich ein Bereich abgegrenzt worden, in dem sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte. Bezüglich der Beseitigung des Baumes, in dem sich der Horst des Baumfalken befunden habe, sei davon auszugehen, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage, z. B. ein altes Krähennest, nutzen werde. Damit sei weiterhin ein bestehender Baumfalkenbrutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen.

Die Hochrechnung auf ganze Tage sei sowohl bei den Gutachtern der Klägerin als auch bei den Bürgern erfolgt. Diese seien also gleichbehandelt worden.

Die Zahl von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage ergebe sich daraus, dass dann jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gemäß dem Windenergieerlass gesprochen werden könne. Dieser Wert sei jedenfalls nicht willkürlich, da der Windkrafterlass keine Konkretisierung enthalte. Wenn von Durchflug gesprochen werde, sei dies mit der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich gleichzusetzen.

Es sei unzutreffend, dass die Untere Naturschutzbehörde die Daten der ... Bürger unkritisch und ohne Überprüfung übernommen habe. Der umfangreiche Datenpool der ... Bürger sei als ergänzende Unterlage, nicht jedoch anstelle der Kartierdaten der von der Klägerin beauftragten Gutachter verwendet worden.

Auch wenn Horststandorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne, sei es fachlich vertretbar, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden.

Im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom 18. Juni 2015 beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2015,

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin eine Genehmigung gem. § 4 BImSchG zur Errichtung und Betrieb von 3 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern auf den Grundstücken Fl.Nrn. ..., ... der Gemarkung ... (Windpark ...) gemäß ihrem Antrag vom 5. April 2012 zu erteilen.

In der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 beantragte die Klägerin hilfsweise,

unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 18. Juni 2015 erneut den Antrag der Klägerin vom 5. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden.

Beklagter und Beigeladene beantragten in der mündlichen Verhandlung,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung noch einen Anspruch darauf, dass ihr Genehmigungsantrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschieden wird. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, weil ein Versagungsgrund i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorliegt. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsgebot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Artenschutzrechtliche Verbote i. S. d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 3 und 6).

Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es u. a. verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dieser Tatbestand erfüllt, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 - juris Rn. 219). Umgekehrt wird gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht verstoßen, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung jedenfalls aufgrund von Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich verbleibt, der mit einem Vorhaben in Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, das einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Genehmigungsbehörde bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch insoweit seine Rechtsprechung für Planfeststellungsverfahren auf die Genehmigung von Windenergieanlagen übertragen (grundlegend BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 14). Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative - worauf im vorliegenden Verfahren besonders hinzuweisen ist - sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Hiervon geht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 43 [bestätigt durch BVerwG, B.v. 16.9.2014 - 4 B 48/14 - juris]; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - juris Rn. 22 ff.; BayVGH, B.v. 27.5.2015 - 22 CS 15.485 - juris Rn. 21).

Die behördliche Einschätzungsprärogative hat zur Folge, dass die Annahmen der Genehmigungsbehörde einer nur eingeschränkten Kontrolle zugänglich sind. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 65). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 16). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich allerdings nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz vorschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 19).

Für die Genehmigung von Windkraftanlagen in Bayern ist zudem - auch für das gerichtliche Verfahren - der sog. „Windkrafterlass“ (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen; Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) vom 20. Dezember 2011 zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei dem Windkrafterlass um ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, von dem auch angesichts der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden darf (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 18.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 44).

Nach diesen Maßstäben erweisen sich die beantragten Windenergieanlagen wegen Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots als nicht genehmigungsfähig.

Der Beklagte hat die Ablehnung des Genehmigungsantrags (Bescheid vom 18.6.2015) damit begründet, dass das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht würde. Er hat auf die entsprechenden Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 sowie auf deren - auf die Einwendungen der Klägerin abgegebene - Stellungnahme vom 17.Juni 2015 Bezug genommen. Die Untere Naturschutzbehörde ist zu dem Ergebnis gelangt (Stellungnahme vom 23.12.2014, S. 27), dass in Bezug auf die Windenergieanlage 1 (d. h. die am weitesten westlich gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Wespenbussard, in Bezug auf die Windenergieanlage 2 (d. h. die „mittlere“ der drei Anlagen) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Baumfalken und den Wespenbussard und in Bezug auf die Windenergieanlage 3 (d. h. die am östlichsten gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Schwarzmilan, den Wespenbussard und den Baumfalken jeweils signifikant erhöht ist. Diese Beurteilung des Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Bei sämtlichen vier vom Beklagten aufgeführten Vogelarten kommt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsrisiko nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Betracht, weil es sich um besonders kollisionsgefährdete Arten handelt. Diese Annahme ist von der Einschätzungsprärogative des Beklagten gedeckt und deshalb für die Prüfung zugrunde zu legen. Die Klägerin zieht dies zwar in mehrfacher Hinsicht in Zweifel. So soll eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr in Bezug auf den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen sein (Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung - Nachtrag 2014, S. 31). Bezüglich des Baumfalken sei ein „vergleichsweise geringes Kollisionsrisiko plausibel“ (a. a. O., S. 42). Der Baumfalke werde nach einem Leitfaden der Europäischen Kommission nicht als kollisionsgefährdet eingestuft (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 4). Ein Kollisionsrisiko mit Windenergieanlagen sei für Baumfalken wegen dessen hervorragender sehphysiologischer Eigenschaften so gut wie auszuschließen (Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark St. vom 24.4.2015, S. 4). Auch der Wespenbussard werde von der Europäischen Kommission sowie der Länderarbeitsgemeinschaft der Deutschen Vogelschutzwarten nicht als kollisionsgefährdet gelistet (a. a. O., S. 10).

Dass hingegen die Einstufung der genannten Vogelarten als kollisionsgefährdet naturschutzfachlich nicht vertretbar ist, wird von der Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Der Beklagte konnte und musste sich vielmehr entscheidend auf die fachlichen Aussagen des Windkrafterlasses (S. 41 i. V. m. dessen Anlage 2) stützen (so in Bezug auf eine unterschiedliche Beurteilung der besonderen Kollisionsgefährdung des Schwarzstorches BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Die Beurteilung des Beklagten in Bezug auf die Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots ist auch nicht deshalb rechtlich fehlerhaft, weil er neben den (nicht: an Stelle der) von der Klägerin vorgelegten naturschutzfachlichen Unterlagen auch die ihm von Seiten der ... Bürger übermittelten Unterlagen, insbesondere deren Beobachtungen, einbezogen hat.

Die Pflicht des Antragstellers, die notwendigen Unterlagen für die Genehmigung beizubringen, berührt nicht die Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG). Im Rahmen dieser Pflicht steht die Auswahl der Beweismittel im Ermessen der Behörde (Art. 26 Abs. 1 BayVwVfG), das durch Verwaltungsvorschriften ausgefüllt werden kann (Jarras, BImSchG, § 10 Rn. 44). Nach dem Windkrafterlass (S. 41) sind ergänzende Hinweise auf Vorkommen u. a. der in Anlage 2 Spalte 1 als kollisionsgefährdet aufgeführten Vogelarten im Verfahren, z. B. durch fachkundige Dritte, nur, aber eben dann beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Zwar betrifft diese Aussage nur das „generelle“ bzw. das „ob“ des Vorkommens der Arten. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bei der konkreten Prüfung der Verbotstatbestände gemäß dem Windkrafterlass (d. h. bei der Frage des „wo“ und des „wie häufig“ der Vorkommen) Hinweise und Beobachtungen Dritter außer Acht bleiben müssten. Substantiierte Einwendungen betreffend die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen oder Einwendungen, die über diese Unterlagen hinaus gehen, können bzw. - je nach Maß der Substantiierung müssen - in Erfüllung der Amtsermittlungspflicht von der Behörde mitberücksichtigt werden. Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote eingreifen, setzt nämlich eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im fraglichen Bereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2008 - 9 VR 9/07 - juris Rn. 31). Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Behörde dabei nicht auf Unterlagen Dritter zurückgreifen dürfte. Vielmehr kann die Außerachtlassung solchen Materials rechtlich fehlerhaft sein, denn die Behörde überschreitet den Rahmen der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative unter anderem dann, wenn ihre Ermittlungstiefe nicht ausreichend ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 20).

Angesichts dessen sind die Vorgaben in Anlage 6 zum Windkrafterlass („Hinweise zur Erfassungsmethode Vögel“) nicht in dem Sinne abschließend, dass, selbst wenn diese eingehalten wurden, Unterlagen und Materialien Dritter von der Behörde nicht mit in die Beurteilung einbezogen dürften. Jedenfalls ist bei Vorliegen substantiierten Materials Dritter der Anwendungsbereich für eine fachlich begründete Abweichung vom Windkrafterlass eröffnet.

Davon abgesehen ist der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass auch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen über das Vorkommen geschützter Vogelarten und deren Flugbewegungen nicht vollständig mit dem Windkrafterlass in Einklang stehen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass bei der Klägerin offenkundig einige wichtige Beobachtungen durch das zeitliche Raster gefallen seien, weil sich die Beobachtungen nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen gerichtet hätten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Der Beklagte hat diese Aussage dahingehend präzisiert, dass Ganztagesbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase fehlten, so dass fachlich kaum beurteilt werden könne, wie repräsentativ die hauptsächlich aus den Vormittagsstunden stammenden Daten tatsächlich seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat den Ausgangspunkt dieser Überlegungen in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage gestellt. Die von ihr beauftragten Gutachter haben vielmehr selbst angegeben, dass der Großteil ihrer Beobachtungen vormittags ab 9.00 Uhr, in geringeren Maße nachmittags ab 12.00 Uhr stattgefunden hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18).

Zwar enthält Anlage 6 zum Windkrafterlass über die Verteilung der Beobachtungsdauer - neben der allgemeinen Vorgabe von „etwa drei Stunden pro Tag“ - keine näheren Angaben. Allerdings müssen sich die Beobachtungszeiten - wie vom Beklagten gefordert - nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der entsprechenden Arten richten (warmes Wetter, gute Thermik-/Flugbedingungen; Windkrafterlass, S. 46). Lagen die Beobachtungszeiten nach eigenen Angaben der von der Klägerin beauftragten Gutachter schwerpunktmäßig am Vormittag ab 9.00 Uhr, konnte der Beklagte davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen das vom Windkrafterlass vorausgesetzte repräsentative Bild an Flugbewegungen nicht vollständig zeichnen konnten.

Im vorliegenden Fall spricht für die Verwendung des von den Bürgern vorgelegten Materials zudem maßgeblich, dass die Unterlagen der Bürger jedenfalls begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlagsensibler Arten lieferten, so dass nach den ausdrücklichen Vorgaben des Windkrafterlasses weitergehende Kartierungen vor Ort, wie sie im Auftrag der Klägerin im Laufe des Jahres 2014 durchgeführt wurden, erforderlich waren (S. 41 des Windkrafterlasses). Diese Untersuchungen haben deutlich andere Ergebnisse gezeigt als die ursprünglich von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (deutlich mehr Beobachtungen beim Rotmilan; Beobachtungen bezüglich der drei anderen vom Beklagten genannten Vogelarten; Horste eines Baumfalken sowie - mittlerweile unstreitig - eines Wespenbussards). Hat aber erst das von den Bürgern übermittelte Material dazu geführt, dass überhaupt die erforderlichen (weiteren) Untersuchungen durchgeführt wurden, so wäre es kaum nachvollziehbar gewesen, wenn der Beklagte dieses Material bei seiner Entscheidung über den Genehmigungsantrag ausgeblendet hätte.

Die Art und Weise, wie der Beklagte mit dem Material der Bürger umgegangen ist, ist vertretbar und bewegt sich damit im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative.

Der Beklagte hat erkannt, dass er die Unterlagen der Bürger nicht ohne weiteres zugrunde legen konnte. Er hat die Daten „auf Stichhaltigkeit und Aussagekraft geprüft“, „mit dem Ergebnis, dass sie so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar“ waren, „dass sie in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden konnten“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Die Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) einer Stichprobenprüfung unterzogen worden, dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können. Die Echtheit und Nachweisbarkeit der Daten sei dem Beklagten versichert worden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). „Von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen“ sei auszugehen „aufgrund der sehr hohen Qualität der Dokumentationen“. „Die ergänzenden Hinweise und Daten“ seien „hinreichend substantiiert und daher beachtlich“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Die Unterlagen der ... Bürger stünden „berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen“. Die Naturschutzbehörden seien einvernehmlich zum Ergebnis gelangt, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, um sie für die fachliche Beurteilung mitzuverwenden. Da die Beobachter mit der Umgebung vertraut gewesen seien und v.a. aufgrund der bereits 2013 durchgeführten Erfassung geübt gewesen seien, sei die Eintragung der Flugbewegung in die Karte parallel zur unterstützenden Videoaufzeichnung als glaubhaft zu werten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). Soweit der Beklagte auch ausgeführt hat, dass das Material der Bürger „in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses“ entspricht (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11), ist dies offensichtlich nicht so zu verstehen, als habe mit den Unterlagen der Bürger ein der Anlage 6 zum Windkrafterlass gleichwertiges Erfassungssystem zugrunde gelegen. Denn der Beklagte spricht unmittelbar zuvor ausdrücklich von einer „abweichenden Vorgehensweise“.

Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Darlegungen des Beklagten zu zweifeln. Zwar hat die Klägerin wiederholt, auch in der mündlichen Verhandlung, geltend gemacht, bei einer Prüfung des gesamten Materials der Bürger hätten sich zahlreiche Videoaufzeichnungen als fragwürdig herausgestellt. Der Beklagte habe sich daher nicht auf eine stichprobenartige Überprüfung beschränken dürfen. Es sei nicht nachweisbar, wann die (Video-) Dateien tatsächlich erstellt wurden. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verordnung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Insgesamt sei daher eine exakte Auswertung in Bezug auf „Durchflüge“, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, nicht möglich („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 2).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es zunächst Sache des Beklagten war, im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative festzulegen, wie er mit derartigem Material Dritter umgeht, um anschließend Schlussfolgerungen für seine naturschutzfachliche Beurteilung zu ziehen. Denn die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich, wie ausgeführt, bereits auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten. Der Beklagte hat substantiiert dargelegt, wie er mit den Daten der Bürger umgegangen ist und warum er sie für plausibel hält. Dass er die Grenze des Vertretbaren überschritten hätte, ist dabei nicht erkennbar.

Entscheidend ist allerdings, dass der Beklagte bei seiner naturschutzfachlichen Beurteilung nicht ausschließlich auf das Material der Bürger zurückgegriffen hat. Der Beklagte hat vielmehr kontinuierlich deutlich gemacht, dass er die Daten der Bürger neben insbesondere den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen herangezogen hat. Dies ergibt sich bereits aus der Auflistung „Sachverhaltsermittlungen - vorliegende Unterlagen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Zum Material der Bürger hat der Beklagte dementsprechend in der Folge ausgeführt, dass es „in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden“ konnte (a. a. O.), dass bestehende „Erkenntnislücken (…) durch die nachstehenden Beobachtungen ergänzt“ werden könnten (a. a. O., S. 11), dass durch die Daten der Bürger „Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der Gutachter der Klägerin ergeben würde“ (a. a. O., S. 26), sowie dass die „Videoaufzeichnungen mit räumlichen Bezug“ „ein geeignetes Mittel zur Dokumentation“ seien und „wertvolle ergänzende Beurteilungsunterlagen liefern“ könnten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Der Beklagte hat insbesondere auch ausgeführt, sich „bewusst“ zu sein, „dass die ... Bürger keine geschulten Freilandkartierer sind, somit Unsicherheiten unvermeidlich sind (insbesondere bei der schwierigen Abschätzung der Flughöhen)“. Daher habe er „einen Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt“ gehalten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3 und Sitzungsprotokoll, S. 9).

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter räumen selbst ein, dass die Daten der ... Bürger wichtige Ergänzungen böten und nichts gegen eine ergänzende Verwendung spreche („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, Seite 18). Sie gestehen jedenfalls zu, dass die ... Bürger die Art des Rotmilans zu 95%, die Art des Schwarzmilans zu 96% und die Art des Westenbussards zu 74% richtig bestimmt hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 9).

Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der Vortrag der Klägerin letztlich auf den Einwand, der Beklagte habe den Unterlagen der ... Bürger keine allzu hohe Bedeutung zumessen dürfen, weil der Substantiierungsgrad niedriger als vom Beklagten angenommen liege. Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprävokative des Beklagten jedoch nicht dargetan. Zwar mag es sein, dass eine vollständige Auswertung des Materials der Bürger noch verlässlichere Auskünfte gegeben hätte. Dass die vom Beklagten vorgenommene stichprobenartige Auswertung und die darauf beruhende Einschätzung, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, jedoch ein unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel darstellen würde oder auch die Ermittlungstiefe nicht ausgereicht hätte, ist nicht ersichtlich, jedenfalls dann nicht, wenn sich der Beklagte - wie hier - der Unsicherheiten des Materials bewusst ist und mit einem gewissen Sicherheitsabschlag arbeitet.

Der Beklagte konnte demnach in nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass weder die Unterlagen der Bürger noch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen für sich allein genommen eine ausreichende Prüfung der artenschutzrechtliche Verbotstatbestände ermöglichten. Normative Vorgaben oder Standards, wie in einem solchen Fall die Prognose zu erfolgen hat, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, sind nicht erkennbar und wurden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere der Windkrafterlass enthält für eine solche Situation keine Vorgaben. Es galt daher der Grundsatz, dass sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten im Planungsraum mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben lassen und maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls abhängen (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 59). Damit konnte der Beklagte im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative sowohl die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen als auch die Beobachtungen der Bürger heranziehen und seine Schlüsse aus den jeweils nicht vollständig aussagekräftigen Daten ziehen. Der Beklagte hat sich dafür entschieden, im Wesentlichen auf die von der Klägerin vorgelegte Raumnutzungsanalyse abzustellen, diese jedoch im Hinblick auf die Unterlagen der Bürger im Zuge einer vergleichenden Betrachtung zu korrigieren (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Dass damit der Rahmen des Vertretbaren verlassen worden wäre, ist nicht erkennbar.

Auch die konkrete Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch den Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative.

Im Rahmen der Beurteilung hat der Beklagte eine Bewertung nach dem Windkrafterlass vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15 ff.). Schon das Ergebnis dieser Bewertung stellt eine tragfähige Grundlage für die Ablehnung der Genehmigungsanträge dar.

Im Windkrafterlass sind Bereiche angegeben, die innerhalb derer zu prüfen sind, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind (vgl. Windkrafterlass, S. 42 und Anlage 2, S. 58). Dabei besteht ein „engerer“ Prüfbereich, der die empfohlenen Abstände von Windenergieanlagen zu Brutplätzen beschreibt, sowie ein „weiterer“ Prüfbereich, in dem zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.

Nur für den Fall, dass beide Abstände für die jeweilige Art überschritten werden, ist - gleichsam von vornherein - davon auszugehen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungs-/Verletzungsrisiko besteht (Windkrafterlass, S. 42). Dies ist hier nicht der Fall.

Vielmehr ist der Beklagte davon ausgegangen, dass alle streitgegenständlichen Windenergieanlagen innerhalb des 1 km-Bereichs um das Zentrum eines Rotmilan-Reviers liegen. Ferner lägen sämtliche drei Windenergieanlagen im 1 km-Umgriff um einen Baumfalken-Horst. Die östlichste sowie die „mittlere“ der drei Windenergieanlagen lägen ferner im 1 km-Bereich um das vermutete Zentrum eines Wespenbussard-Reviers (vgl. Übersicht in der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dieser Ausgangspunkt ist fachlich jedenfalls vertretbar und damit rechtlich nicht zu beanstanden.

Bezüglich des Rotmilans ist der Beklagte sicher, dass ein Revier bestehe. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Zu schließen sei dies aus den Feststellungen der Bürger 2013 und des Herrn ... 2013. Das Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16 und 17). Demgegenüber geht die Klägerin davon aus, dass im Jahr 2014 im streitgegenständlichen Bereich kein Horst bzw. keine Brut eines Rotmilans vorgelegen habe (vgl. u. a. Sitzungsprotokoll, S. 7). Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten nicht aufgezeigt. Insbesondere bedurfte es nicht des zwingenden Nachweises, dass und wo ein Rotmilanhorst vorhanden ist. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es, wenn allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Arten zuließen, nicht zu beanstanden ist, wenn die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und dem Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen, ebenso wie sonstige Analogieschlüsse, der plausiblen naturschutzfachlichen begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - juris Rn. 63). Demnach unterfällt die Frage, ob innerhalb des nach dem Windkrafterlass maßgeblichen Prüfbereichs ein (besetzter) Horst vorhanden ist, der behördlichen Einschätzungsprärogative, weil es sich um eine Frage der Erfassung des Bestands der geschützten Arten handelt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 26 ff zu einem Schwarzstorchhorst).

Mit diesen Maßstäben steht die Einschätzung des Beklagten im Einklang. Der Beklagte hat sich unter anderem darauf gestützt, dass sich im Betrachtungsraum zahlreiche Mäusebussard-Horste befänden, die vom Rotmilan häufig benutzt würden. Bei der Sichtung des Materials der Bürger hätten sich in zwei Fällen eindeutige Hinweise für Territorialverhalten bzw. Revierverhalten von gefilmten Rotmilanen identifizieren lassen. Ein nicht gefundener Horst belege daher nicht, dass es auch kein Rotmilan-Revier gebe (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Wichtiger sei, das mutmaßliche Revierzentrum zu eruieren als den Horst verbindlich zu suchen (Sitzungsprotokoll, S. 6). Der Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass selbst erfahrene Vogelkundler immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 6). Dem hält zwar die Klägerin entgegen, dass es kein Rotmilan-Revier gebe und die beobachteten Flüge gelegentliche Nahrungsflüge von weiter entfernt brütenden Vögeln seien. Sie begründet dies unter anderem damit, dass zwischen dem 22. Mai und dem 31. Juli 2014 kaum Rotmilane hätten beobachtet werden können. Trotz eines verdächtigen Verhaltens Mitte Mai (zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am 15. und 18. Mai 2014) sei es nicht zu einer festen Reviergründung und einem Brutversuch gekommen, da ansonsten häufigere Beobachtungen gelungen wären (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4 und „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Der Beklagte ist dem jedoch mit dem Argument entgegengetreten, wenn es sich um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, was aufgrund der Geländesituation, der Topografie und des Wald-Offenland-Mosaik-Charakters nachvollziehbar sei, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüteten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4). In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde ausgeführt, dass ein bettelnder Jungvogel bzw. eine Beuteübergabe festgestellt worden seien. Eine Beuteübergabe komme nur vor, wenn in der Nähe ein Horst existiere (Sitzungsprotokoll S. 6). Dass am 15. und 18. Mai 2014 jeweils zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am westlichen Rand des Planungsgebietes über dem ‚ beobachtet worden seien, räumt auch die Klägerin ein. U. a. seien die Tiere im Wald gelandet bzw. sei am Waldrand auf einem Baum sitzend gefilmt worden. Dies deute auf ein Brutrevier hin („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Aus diesen Beobachtungen und Feststellungen ziehen zwar der Beklagte und die Klägerin unterschiedliche Schlüsse. Eine derartige unterschiedliche Bewertung stellt jedoch keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative dar, sondern ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Der Beklagte hat auch klargestellt, dass seine kartographische Darstellung des vermuteten Revierbereichs nicht so zu verstehen sei, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Aufgrund der verschiedenen vorliegenden Indizien sei vielmehr ein Bereich abgegrenzt worden, innerhalb dessen sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). Der Beklagte hat es als fachlich vertretbar bezeichnet, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden, wenn zwar Standorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne (a. a. O., S. 8). Liegt eine - ohnehin schwer erreichbare - Gewissheit über das „ob“ und das „wo“ eines Horstes nicht vor, lassen aber im Rahmen der Einschätzungsprärogative zu würdigende Indizien Rückschlüsse auf das Vorhandensein eines Horstes zu, ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden.

In Bezug auf das vom Beklagten angenommene Wespenbussard-Revier, dessen Zentrum sich nordwestlich der drei streitgegenständlichen Windenergieanlagen befinden soll, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Der Beklagte konnte also auch insoweit aufgrund der herangezogenen Unterlagen und weiterer Indizien davon ausgehen, dass sich - neben dem südlich gelegenen, zwischenzeitlich unstreitigen Wespenbussardhorst bei ... - ein zweiter Horst in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen befindet. Diese Annahme erscheint umso plausibler, als bei den Flugbewegungen eine „Lücke“ zwischen dem unstreitig vorhandenen Horst im Süden und den - ebenso unstreitigen - Flugaktivitäten in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen besteht. Eine andere schlüssige Erklärung als das Vorhandensein eines weiteren Horstes für diese Flugbewegungen ist auch von der Klägerin nicht geliefert worden (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 5).

In Bezug auf den Baumfalken gilt Folgendes: Unstreitig wurde ein Horst in unmittelbarer Nähe zur östlichsten Windenergieanlage festgestellt. Aus dem Umstand, dass dieser Horst aufgrund der Beseitigung des entsprechenden Baumes bzw. weiterer Bäume im Nahbereich nicht mehr vorhanden ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Insbesondere ist ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nunmehr nicht definitiv ausgeschlossen. Der Beklagte hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er gehe aufgrund der relativ hohen Reviertreue der Art davon aus, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage (altes Krähennest etc.) nützen werde, somit ein weiterhin bestehender Baumfalken-Brutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen sei (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). In ähnlicher Weise hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der Baumfalke alte Nester von Krähen oder Elstern nutze, aber reviertreu bleibe. Zwar hat er auch angegeben, dass die bisherige Situation mit der Fällung des Nistbaumes und weiterer Bäume in der Umgebung zerstört worden sei (Sitzungsprotokoll, S. 4). Gleichwohl ist - gerade nach der mehrfach vom Beklagten betonten Reviertreue des Baumfalken - nicht ausgeschlossen, dass der Baumfalke einen Horst im maßgeblichen 1 km-Bereich der streitgegenständlichen Windenergieanlagen besetzen wird. Hiergegen spricht bereits die Mitteilung der Klägerin, dass in nicht allzu weiter Entfernung des bisherigen Standorts ein - wenn auch einzelner - männlicher Baumfalke gesichtet wurde (Sitzungsprotokoll, S. 4). Damit aber ist nicht widerlegt, dass der Baumfalke im Sinne des Windkrafterlasses „am geplanten Standort vorkommt“. Daher wären nunmehr nach den Vorgaben des Windkrafterlasses in Bezug auf den Baumfalken (erneut) weitergehende Kartierungen vor Ort erforderlich (Windkrafterlass, S. 41). Derartige Nachkartierungen im Hinblick auf die neue Situation hat die Klägerin nicht durchgeführt. Da die Klägerin demzufolge die nach dem Windkrafterlass notwendigen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat, kann nicht angenommen werden, dass nunmehr der Abstand zu einem Baumfalkenhorst über den in Anlage 2, Spalten 2 und 3 des Windkrafterlasses genannten Entfernungen liegen würde, so dass das Tötungsrisiko nicht signifikant erhöht wäre (Windkrafterlass, S. 42).

Überdies hat der Beklagte eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bei den insoweit in Rede stehenden beiden östlichen Windenergieanlagen nicht ausschließlich auf eine Betroffenheit des Baumfalkens gestützt, sondern dies auch für weitere Arten angenommen. Selbst wenn also nunmehr in Bezug auf den Baumfalken nicht mehr von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen wäre, wären diese Windenergieanlagen wegen einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos bezüglich weiterer Vogelgarten nicht genehmigungsfähig.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos abzustellen ist.

Die Unterschreitung des „engeren“ 1 km-Prüfabstands in Bezug auf Rotmilan und Wespenbussard (letztere für die beiden westlich gelegenen Windenergieanlagen) führt zwar noch nicht gleichsam im Sinne einer Automatik dazu, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Dies stellt auch der Windkrafterlass (S. 42) klar. Der Windkrafterlass führt allerdings weiter aus, dass, wenn die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezüglich der Individuen der genannten Arten in dem in Anlage 2, Spalte 2 angegebenen („engeren“) Prüfbereich nicht ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder selten überflogen wird, in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist (Windkrafterlass, S. 42). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Aussage aufgegriffen und daraus geschlossen, dass es bei der Unterschreitung des Mindestabstands der Windenergieanlage zum Brutvorkommen darauf ankommt, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014. 879 - juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - juris Rn. 50). Ob damit in rechtlicher Hinsicht - wie wohl vom Beklagten angenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15) - eine „Vermutung“ besteht, dass bei Unterschreitung dieses Mindestabstands grundsätzlich von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist, wenn nicht ausnahmsweise eine Meidung oder ein seltenes Überliegen der Windenergieanlage festzustellen ist, kann offenbleiben. In Richtung einer solchen Vermutung gehen Aussagen in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach es „naturschutzfachlich vertretbar“ sei, für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1.000 m betrage, es sei denn, es lägen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 26.10.2011 - 2 L 6/09 - NuR 2012, 196 - juris Rn. 77; bestätigt durch BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 23).

Jedenfalls im vorliegenden Fall hat die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit nicht ergeben, dass die geplanten Windenergieanlagen im Sinne der zitierten Aussage der Rechtsprechung und des Windkrafterlasses gemieden oder selten überflogen werden. Der Beklagte hat seine Feststellungen dahingehend zusammengefasst, dass sich bei der Raumnutzung nach den Daten der Bürger und den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ein sehr ähnliches Bild ergebe, wonach alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dies ergibt sich anschaulich auch aus den vom Beklagten in seine Stellungnahme aufgenommenen Kartierungen von Flugbewegungen des Rotmilans, des Baumfalken und des Wespenbussards (a. a. O., S. 24 f.).

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin vermögen keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten aufzuzeigen. Die Klägerin stellt insbesondere maßgeblich darauf ab, dass sowohl absolut als auch relativ zur von ihren Gutachtern abgeleisteten Gesamtbeobachtungsdauer zu wenig Flugbewegungen im „Risikobereich“ über den geplanten Anlagenstandorten stattgefunden hätten. Als „Risikobereich“ wird dabei ein Durchmesser von ca. 250 m um den geplanten Anlagenstandort sowie eine Flughöhe zwischen 80 m und 200 m angenommen (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 3 ff.). Eine derart scharfe Abgrenzung eines „Risikobereichs“ kann allerdings dem Windkrafterlass nicht entnommen werden. Die maßgeblichen „Prüfbereiche“ umfassen, wie ausgeführt, einen „engeren“ (Abstand zu Horsten) und einen „weiteren“ (Nahrungshabitate) Bereich und beziehen sich damit auf deutlich „gröbere“ Bereiche. Dies ergibt sich auch aus den im Windkrafterlass (Seite 43 f.) genannten „Beispielen für Prüfbereiche“. So geht der Windkrafterlasses etwa davon aus, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auch dann vorliegt, wenn das Brutvorkommen außerhalb des „engeren“ Prüfbereichs liegt, der Flugkorridor zu Nahrungshabitaten aber durch diesen engeren Prüfbereich führt.

Die Klägerin beruft sich offenbar bei der Definition des „Risikobereichs“ auf Aussagen in Anlage 6 des Windkrafterlasses, wonach die Erfassung der Flugbewegungen u. a. Aufschluss über die Dauer von Flugbewegungen „im Umkreis der Anlagen“ und den Anteil der Flugdauer „in Rotorhöhe“ geben sollen. Es sei die Zeitdauer zu stoppen, die sich ein Vogel in den Höhenstufen „über den Rotorblättern“ oder „unter bzw. im Bereich der Rotoren“ aufhalte. Als Ergebnis der Untersuchungen erhalte man Karten mit den Flugbewegungen der verschiedenen Arten „je Höhenstufe“. Je weniger die geplanten Anlagen „in der relevanten Höhe“ überflogen würden, umso geringer sei das Kollisionsrisiko (Anlage 6 zum Windkrafterlass, S. 65).

Der Windkrafterlass mag vergleichsweise detailliert regeln, wie Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten zu erfassen sind. Hinsichtlich der Bewertung dieser Beobachtungen enthält der Windkrafterlass, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, kaum bzw. nur sehr vage Angaben. Im Kern verlangt der Windkrafterlasses eine Prognose, wenn er insbesondere von einer „Abschätzung“ der „Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlage“, bzw. von „höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten“ spricht (Windkrafterlass, S. 41 f.; Anlage 6, S. 64). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine Prognose erforderlich ist, die naturschutzfachlich vertretbar ist und von der der Behörde insofern zustehenden Einschätzungsprärogative gedeckt ist. Hingegen lässt sich nicht abstrakt oder prozentual angeben, wann eine Erhöhung des Tötungsrisikos als „signifikant“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezeichnet werden kann (BayVGH, U.v. 20.11.2012 - 22 A 10. 40041 - juris Rn. 77 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274.; den Begriff Prognose verwendend auch BayVGH, B.v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 47).

Dass die Prognose des Beklagten vorliegend unvertretbar ist, ist nicht erkennbar. Insbesondere dem Windkrafterlass lässt sich nicht entnehmen, dass es ausschließlich auf die von der Klägerin maßgeblich zugrunde gelegten absoluten Flüge in einem „Risikobereich“ sowie das Verhältnis zur Gesamtbeobachtungsdauer ankommen soll. Vielmehr halten die Klägerin bzw. die von ihr beauftragten Gutachter ihre „Herangehensweise, ein erhöhtes Tötungsrisiko über die prozentuale Beobachtungszeitraum im Risikobereich abzuleiten“ für „durchaus nachvollziehbar und praktikabel“ („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Ob diese von der Klägerin bzw. ihren Gutachtern entwickelte Bewertungsmethode vertretbar ist, braucht nicht entschieden zu werden, denn schon nach dem Vortrag der Klägerin selbst ist nicht erkennbar, dass dies die einzige Möglichkeit zur Bewertung des Tötungsrisikos wäre und andere Methoden nicht vertretbar sind. Der von der Klägerin befürworteten Herangehensweise lässt sich allerdings entgegenhalten, dass sich die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nach der genannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht in Prozentanteilen ausdrücken lässt. Daher kann sich die Klägerin auch nicht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 29.3.2011 - W 4 K 10.371) berufen, der die von der ihr beauftragten Gutachter „grundsätzliche Bedeutung“ zumessen („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Abgesehen davon, dass es - wie ausgeführt - gerade nicht möglich ist, für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos einen Prozentwert anzugeben, hat das Verwaltungsgericht Würzburg in dieser Entscheidung nicht rechtssatzartig bzw. grundsätzlich entschieden, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos erst auszugehen ist, wenn die Aufenthaltsdauer der betreffenden Art im Gefahrenbereich einen Anteil von 10% der Beobachtungszeit übersteigt. Vielmehr hat sich auch das Verwaltungsgericht Würzburg auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gestützt, wonach es auf das konkrete Gefährdungspotenzial im Einzelfall ankommt. Überdies liegt der Entscheidung ein mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Dort hatte die Behörde einen Vorbescheid zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage aus Sicht des Gerichts zu Unrecht aufgehoben, weil die Behörde lediglich „pauschale Bedenken aus naturschutzfachlicher Sicht“ geltend gemacht hatte. Um eine solche Konstellation handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch ersichtlich nicht, wie die vom Beklagten vorgenommene ausführliche Bewertung des im Verfahren seitens der Klägerin und der Bürger vorgebrachten Materials zeigt.

Dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch sonst nicht entnehmen, dass die Annahme des Beklagten, alle drei geplanten Windenergieanlagen würden regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen, unvertretbar wäre. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter haben bei eigener Auswertung des Materials der Bürger beim Rotmilan ca. 120 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe, beim Schwarzmilan ca. 49 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe und beim Wespenbussard 17 Aufnahmen in Gefahrenhöhe ermittelt („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde vom 7.4.2015, S. 9). Zwar betonen die Gutachter der Klägerin auch insoweit, es sei nur der ungefähre Flugbereich zu erkennen; damit sei nicht eindeutig erkennbar, ob Anlagenstandorte überflogen worden sind. Dem ist jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass die Frage der Bewertung der Gefahren, die die geschützten Arten ausgesetzt sein werden, der Einschätzungsprärogative des Beklagten unterfällt. Zudem erlaubt der Windkrafterlass, wie die bereits zitierten Aussagen und Beispiele zeigen (Windkrafterlass, S. 42 ff.), grundsätzlich auch eine Beurteilung an Hand eines deutlich „gröberen“ Rasters. Selbst wenn nur auf die ermittelten Flugbewegungen im Gefahrenbereich abgestellt wird, unterfällt die Prognose, ob sich aus diesen Werten eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos ableiten lässt, der Einschätzungsprärogative des Beklagten. Dessen Annahmen erscheinen gerade auch bei den von der Klägerin ermittelten Zahlen zum Rotmilan vertretbar, selbst wenn berücksichtigt wird, dass sich diese Werte nicht allein auf die hier streitgegenständlichen Anlagen, sondern auch auf die drei geplanten Anlagen des Verfahrens Au 4 K 14.795 beziehen.

Nach allem konnte der Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass angesichts erhöhter Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im „engeren“ Prüfbereich in Bezug auf den Rotmilan und den Wespenbussard von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Bereits diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und würde daher zur Abweisung der Klage führen.

Auch in Bezug auf den Prüfbereich für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate (Anlage 2, Spalte 3 zum Windkrafterlass) hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht.

Der Beklagte hat die Geeignetheit des näheren Umfelds um die streitgegenständlichen Windenergieanlagen als Nahrungshabitat wiederholt begründet. So seien an „manchen, großenteils südexponierten Randzonen“ Übergangsbereiche (Saumzonen) vorhanden. Diese begründeten eine erhöhte Artenvielfalt. Insbesondere sei hier das Futterangebot an Insekten, Mäusen etc. lukrativ, wodurch bevorzugte Nahrungsflüge am Waldrandbereich, z. B. durch den Rotmilan, erklärbar würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 2). Das Gelände sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung und des v.a. in Ost-West-Richtung an den Waldrandzonen vorhandenen Restgrünlandes und anderer für Nahrungssuche relevanter Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlendes Grünlandes, täusche (a. a. O., S. 8). Die Verteilung der Einzelhabitate (Wiesen, Grasbereiche) sei relativ homogen innerhalb des Gesamtgebiets. Das Muster zeige eine hohe Zahl meist kleiner Habitatstrukturen bzw. Flächen. Es gebe also keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen, sondern diese seien kleinräumig über das Gebiet verteilt. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine, würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt. Dies werde insgesamt durch die Flugdarstellungen der Beobachter/Gutachter bestätigt (a. a. O., S. 12 f.). Aufgrund der kleinteiligen Wald-Offenland-Verteilung, mit einer Vielzahl meist kleinflächiger Strukturen mit Nahrungshabitatfunktion für Arten wie Rot- und Schwarzmilan (Saumzonen an Ranken und Waldrändern, Wiesen, Futtergrasflächen, Abbaustellen) und der bewegten Geländemorphologie stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimaler Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum für die beiden Milanarten dar. V.a. der Rotmilan fliege Waldränder bevorzugt ab, zumindest teilweise sei das anhand der gefundenen Raumnutzung nachvollziehbar (a. a. O., S. 17).

Die Klägerin hält dem im Wesentlichen entgegen, der Beklagte „überhöhe“ die Geeignetheit der Nahrungshabitate; sie würden vom Beklagten als viel besser dargestellt als sie tatsächlichen seien. Zudem werde der Eindruck erweckt, als handle es sich gerade beim Planungsgebiet der Windenergieanlagen um ein besonders großes, geschlossenes Nahrungshabitat, und dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Richtig sei demgegenüber, dass es sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse handele, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Der Beklagte habe die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ... im Westen sowie das ...-/... im Nordosten nicht betrachtet und Schlussfolgerungen verfälscht.

Diese Einwendungen lassen keine Überschreitung der behördlichen Einschätzungsprärogative erkennen.

Der Beklagte ist selbst davon ausgegangen, dass es sich, gerade in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan, nicht um einen optimalen Lebensraum handelt (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 17). Allerdings hat er den Einwendungen der Klägerin entgegengehalten, dass nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume vom Rotmilan besiedelt würden. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Dass dies naturschutzfachlich nicht jedenfalls vertretbar sein sollte, ist nicht ersichtlich. In Bezug auf die von der Klägerin wiederholt angeführten potenziellen (besseren) Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ..., im ...- und im ... hat der Beklagte sich derart eingelassen, dass es sich insoweit nur um eine nicht belegte Vermutung handele. Fachlich vertretbar sei es, dass auch größere Grünlandgebiete nur an wenigen Tagen der Mahd bevorzugt genutzt würden. Ansonsten unterscheide sich die Nutzung nicht von der sonstiger Offenlandbereiche wie beispielsweise von Feldern, weil - ebenso wie höher aufgewachsene Feldfrüchte - auch höher aufgewachsene Gräser den Blick auf die dort lebenden Kleinsäuger versperrten. Die Nahrungssuche konzentriere sich daher außerhalb der Mahd auf die Nutzung von Saum- bzw. Grenzstrukturen, die Kleinsäugern wenig Schutz böten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat nichts dargelegt, weshalb es sich bei dem Areal um die geplanten Windenergieanlagen nicht jedenfalls, wie vom Beklagten selbst zugrunde gelegt, um ein zumindest geeignetes Nahrungshabitat handeln sollte.

Es liegt auch keine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb der in Anlage 2, Spalte 2 des Windkrafterlasses („engerer“ Prüfbereich) genannten Abstände vor, so dass in der Regel nicht von erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windenergieanlagen auszugehen wäre (vgl. Windkrafterlass, S. 42). Zum einen liegen etliche vom Beklagten aufgeführte Einzelflächen, die als Nahrungshabitat für Rotmilan, Wespenbussard und Schwarzmilan relevant seien, nicht außerhalb, sondern innerhalb des „engeren“ Prüfbereichs. Ansonsten führt der Beklagte zwar aus, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 12). Jedoch folgert der Beklagte gerade aus der Wald-Offenland-Verteilung und der „diffusen“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebiets, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Windenergieanlagen-Bereiche gebe, und dass es in erhöhtem Maße zu Waldrandflügen und Gebietsquerungen kommen werde (a. a. O., S. 15). Nach diesen Feststellungen und Einschätzungen liegt gerade keine „großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate“ vor, die im Sinne des Windkrafterlasses nur „zufällige“ bzw. „gelegentliche“ Aufenthalte im Bereich der Windenergieanlagen erwarten ließe. Vielmehr hat der Beklagte mit diesen Darlegungen im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative hinreichend plausibel dargetan, dass die von ihm zugrunde gelegten Nahrungshabitate durchaus eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses darstellten, die auch regelmäßig (insbesondere über die Windenergieanlagen) angeflogen würden. Den Einwendungen der Klägerin, es gebe deutlich besser geeignete Nahrungshabitate, ist der Beklagte, wie ausgeführt, in jedenfalls vertretbarer Weise entgegengetreten. Damit hat der Beklagte ausreichend dargetan, dass es sich bei dem von ihm betrachteten Nahrungshabitaten um einen „Hot Spot“ handelt (zu diesem Begriff BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 52)

Überdies belegen auch Angaben der Klägerin in nicht unerheblichem Umfang die Vertretbarkeit der Annahmen des Beklagten. So erkennt auch die Klägerin in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan an, dass das Untersuchungsgebiet von Brutvögeln aus dem Umfeld des Untersuchungsgebiets auf Nahrungsflügen durchflogen wird. Bezüglich des Rotmilans nennen die von der Klägerin beauftragten Gutachter ausdrücklich einen Horststandort, der sich ca. 4 km vom Untersuchungsgebiet entfernt befindet. Ein weiteres Rotmilanrevier sei ca. 2 km vom Untersuchungsgebiet entfernt festgestellt worden, jedoch ohne Horstnachweis (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 7). Beide Standorte liegen innerhalb des „weiteren“ und damit auch für die vorliegenden Anlagen noch maßgeblichen Prüfbereichs nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses. Selbst das ursprünglich von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung hatte zum Rotmilan ausgeführt (S. 22), dass dieser in einem Radius von 1.000 m um das Vorhaben als „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der nähere Umgebung“ vorkäme. In Bezug auf den Wespenbussard geht auch die Klägerin davon aus, dass im Untersuchungsgebiet grundsätzlich geeignete Wälder und Waldsäume mit Vorkommen von Wespenbussardnestern vorhanden sind (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 9).

Nach allem hat der Beklagte auch wegen regelmäßig durch kollisionsgefährdete Vogelarten aufgesuchter Nahrungshabitate in vertretbarer Weise eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos angenommen. Auch diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und führt daher zur Abweisung der Klage.

Auf die vom Beklagten vorgenommene „Betrachtung des Kollisions- und Tötungsrisikos“ (Abschnitt VI der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 19 ff.) und die Frage, ob die dort von ihm verwendeten Grundlagen, Methoden und Formeln durchweg von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt sind, kommt es demnach nicht mehr entscheidend an.

Der Beklagte hat sich angesichts des Fehlens einer „wissenschaftlich anerkannten und fachlich verbindlichen Erheblichkeitsschwelle zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos (…) ein eigenes Bewertungsschema entworfen“ und „verbale Betrachtungen des Winderlasses in konkrete Zahlen übersetzt“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5 f.). Er hat dazu die Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter und der ... Bürger bezüglich „Durchflügen“ - wobei „Durchflug“ die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich bedeutet (a. a. O., S. 6) - auf die laut Fachliteratur durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der einzelnen Vogelarten hochgerechnet. Dies geschah mittels eines Faktors, der sich aus der Division dieser durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der Arten durch die Zahl der jeweiligen Beobachtungstage ergab. Dabei wurden bei den Beobachtungen der Bürger ein Abschlag von 20% vorgenommen „um mögliche bzw. wahrscheinliche Fehleinschätzung in der Vertikaleinstufung zu berücksichtigen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11; Sitzungsprotokoll, S. 9). Bei den Beobachtungen des Rotmilans hat der Beklagte die Beobachtungszahlen der von der Klägerin beauftragten Gutachter mit 3,0 multipliziert, um „einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung“ auszugleichen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4).

Ab einem Wert von 15 Durchflügen je Anlage ist der Beklagte von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos ausgegangen.

Ob dieses Vorgehen des Beklagten vollständig von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt ist, wäre dann zweifelhaft, wenn es gleichsam als mathematische Formel zur Berechnung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos interpretiert würde. Zwar hat der Beklagte zu einigen von der Klägerin geltend gemachten Mängeln näheres ausgeführt bzw. Korrekturen vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6 f.). Ebenso mag es zwar vertretbar sein, bei der Beurteilung, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, auf Durchflüge durch den Gefahrenbereich einer Windenergieanlage abzustellen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 20 und Sitzungsprotokoll, S. 10). Fragen wirft allerdings die Annahme auf, dass bei 15 Durchflügen im Gefahrenbereich je Windkraftanlage die Grenze zur „signifikanten“ Erhöhung des Tötungsrisikos überschritten sein soll. Dass in der Genehmigungspraxis ein Bedürfnis nach einem „festen“ Grenzwert besteht, mag verständlich sein. Weder aus dem Windkrafterlass ergibt sich jedoch ein solcher fester Wert, noch sind vom Beklagten diesbezüglich andere Unterlagen angeführt worden. Ähnliches gilt für die vom Beklagten vorgenommenen Korrekturabschläge von 20% bei den Beobachtungen der Bürger und den Korrekturfaktor von 3,0 bei den Rotmilan-Beobachtungen der von der Klägerin beauftragter Gutachter. Trotz zwischenzeitlich näherer Angaben des Beklagten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4) ist nicht hinreichend deutlich geworden, weshalb gerade ein Korrekturfaktor von 3,0 angesetzt worden ist. Gleiches gilt für den 20%-Abschlag, zumal die Klägerin geltend gemacht hat, dass die von ihren Gutachtern vorgenommene Auswertung des Videomaterials der Bürger eine deutlich geringere Anzahl an Risikoflügen als 80% ergeben hat, so dass ein größerer Abschlag als 20% anzusetzen gewesen wäre (vgl. „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17).

Bei einer Gesamtbetrachtung der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde wird jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Beklagten weder um eine derartige mathematische Berechnung des „signifikant“ erhöhten Tötungsrisikos gegangen ist, noch, dass er ausschließlich auf eine solche Berechnung zurückgegriffen hat.

Der Beklagte stand vor der Aufgabe, auf Grundlage der für ihn, wie ausgeführt, maßgeblichen, aber mit unterschiedlicher Methodik erstellten Erkenntnisquellen eine Prognose hinsichtlich der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu treffen. Der Beklagte hat sich in dieser weder im Windkrafterlass noch sonst geregelten Situation dafür entschieden, keine für jede Erkenntnisquelle getrennte Prognose anzustellen, sondern dafür, diese beiden Quellen in Beziehung zueinander zu setzen, ferner näherungsweise eine vergleichbare Datengrundlage zu entwickeln und darauf seine Prognose zu stützen. Dieses Vorgehen erscheint nachvollziehbar, jedenfalls aber ist es vertretbar. Überdies hat dieses Vorgehen nicht zu einer Ersetzung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch eigene Zahlen des Beklagten geführt. Der Beklagte hat vielmehr mehrfach deutlich gemacht, dass die Daten der Bürger ergänzende Beurteilungsunterlagen geliefert haben (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3), so dass im Ergebnis Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ergeben würde (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 26).

Wie ausgeführt, spricht auch aus Sicht der Klägerin nichts gegen eine ergänzende Verwendung der Daten der Bürger („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18). In welcher Form der Beklagte diese Daten hätte verwenden sollen, wird allerdings auch von der Klägerin nicht aufgezeigt. Insbesondere lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, auf welche andere Art und Weise der Beklagte in zumindest einigermaßen belastbarer oder vertretbarer Art und Weise die Daten der Bürger und die von ihr vorgelegten Unterlagen derart zueinander in Beziehung setzen hätte sollen, dass er darauf eine Beurteilung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos hätte stützen können.

Zwar mag ein Wert von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage, wie ausgeführt, als Grenze für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos in seiner Absolutheit fragwürdig sein. Die Kammer stellt daher insoweit ausdrücklich klar, dass aus der Abweisung der vorliegenden Klage nicht geschlossen werden kann, sie habe diesen Wert als rechtlich verbindlich für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos akzeptiert. Gleichwohl hat der Beklagte insoweit mit noch ausreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben, dass es ihm dabei vor allem um die Feststellung ging, in einem solchen Fall könne jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gesprochen werden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6), bzw. „dass insgesamt mehr als nur vereinzelte Durchflüge stattgefunden haben bzw. zu erwarten sind“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Dass die Annahme des Beklagten jedenfalls im Ergebnis nicht unvertretbar ist, zeigen etwa die Hochrechnungen, die die von der Klägerin beauftragten Gutachter in Bezug auf die Gesamt-Anwesenheitsdauer des Rotmilans vorgenommen haben („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17). Zwar sind diese Zahlen nicht dem jeweiligen Standort bei Windenergieanlage konkret zugerechnet und erfassen auch die Windenergieanlagen aus dem Verfahren Au 4 K 14.795. Gleichwohl erscheint - nicht zuletzt aufgrund der Anordnung der Anlagen - die Annahme des Beklagten vertretbar, dass prognostisch von mehr als nur vereinzelten Durchflügen auszugehen ist.

Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass es dem Beklagten auch darum ging, die bisherige Einschätzung der von der Klägerin beauftragten Gutachter (dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliege) zu widerlegen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27). Dass diese Widerlegung dem Beklagten nicht gelungen ist, lässt sich trotz der Beanstandungen durch die Klägerin nicht annehmen.

Nach allem ist die zusammenfassende Beurteilung des Beklagten vertretbar und damit nicht zu beanstanden, dass „aufgrund der Lebensraumeignung - als Nahrungsraum und/oder Nisthabitat - und des vorgefundenen Brutbestandes, in Verbindung mit der festgestellten Raumnutzung der vier kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke und Wespenbussard (…) durch die drei geplanten Anlagen jeweils für mindestens eine kollisionsgefährdete Art das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und damit von einem Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist daher auszugehen.

2. Die Klage hat auch im Hilfsantrag (Neuverbescheidung) keinen Erfolg.

Da es sich bei der Genehmigungsentscheidung nach § 6 Abs. 1 BImSchG um eine gebundene Entscheidung handelt und die Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (bzw. das Entgegenstehen naturschutzfachlicher Belange gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) einen Versagungsgrund darstellt, ist die Ablehnung des Genehmigungsantrags durch den Beklagten zu Recht erfolgt, so dass ein Anspruch auf Neuverbescheidung gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht in Betracht kommt.

Ein Anspruch auf Neuverbescheidung ergibt sich auch nicht aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, dass bei der Prüfung des Tötungstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Maßnahmen, mittels derer Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zu mindest minimiert werden soll, in die Betrachtung einzubeziehen sind (vgl. nur BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Derartige Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahmen wurden weder von der Klägerin in konkreter Weise aufgezeigt, noch sind sie sonst ersichtlich.

Es ist nicht Sache der Genehmigungsbehörde, ohne nähere, konkrete Angaben des Antragstellers zu entscheiden, ob mittels Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verletzung des Tötungsverbots abgewendet werden kann. Die Entwicklung eines entsprechenden Vermeidungs- und Ausgleichskonzepts ist vielmehr Sache des Antragstellers (vgl. OVG NRW, U.v. 20.11.2012 - 8 A 252/10 - NuR 2013, 146 - juris Rn. 121), wobei in diesem Zusammenhang etwa auch die Verfügungsbefugnis über hierfür benötigte Grundstücke nachzuweisen wäre. Diese Obliegenheit des Antragstellers gilt im vorliegenden Verfahren umso mehr, als sich die Klägerin im Prozess durchweg darauf berufen hat, das Vorhaben sei bereits aufgrund der von ihr ursprünglich vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig.

Zwar zeigt das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (Nachtrag 2014, S. 11) abstrakt Meidungs- und Minimierungsmaßnahmen auf. Eine derartige, ohne erkennbaren Bezug zu den konkret beantragten Anlagen erstellte Auflistung ist jedoch nicht ausreichend. Im Übrigen nennt das Gutachten bei den einzelnen untersuchten Vogelarten von dieser Auflistung in Bezug auf Wespenbussard, Rotmilan und Schwarzmilan lediglich als „unterstützende konfliktvermeidende Maßnahme“ die „Markierung der Rotorblätter in rot-weiß“. Hierzu führt jedoch eine von der Klägerin selbst vorgelegte Unterlage („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark ...“ vom 24.4.2015, S. 8) aus, dass der Nachweis der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme noch ausstehe. Ob dies zu einer Attraktionswirkung oder Scheuchwirkung führe sei bisher offen. Aufgrund der vorliegenden Kollisionsopfer sei davon auszugehen, dass insbesondere Greifvögel sich nicht durch drehende Rotoren abhalten ließen, einen Luftraum zu nutzen. Damit stellt diese Maßnahme schon nach dem Vorbringen der Klägerin selbst keine geeignete Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahme dar.

In Bezug auf den Baumfalken wird in dem Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (S. 38) als Vermeidungs-/Minderungsmaßnahme die Etablierung von drei Ersatzhorsten im Bereich des ...- bzw. ... vorgeschlagen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahme im Sinne der zitierten Rechtsprechung. Eine Vermeidungs-/bzw. Minimierungsmaßnahme kann nicht darin bestehen, schlicht die Ursache für die Verletzung des Tötungsverbots, d. h. den fraglichen Horst, zu entfernen. Zudem ist es nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören. Es liegt auf der Hand, dass der Verstoß gegen ein Zugriffsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) nicht durch den Verstoß gegen einen anderen Verbotstatbestand aufgewogen werden kann. Dementsprechend geht die Klägerin offenbar selbst davon aus („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung“ vom 24.4.2015, S. 5), dass für diese Maßnahme eine Ausnahmeregelung nach § 45 (offenbar Abs. 7) BNatSchG erforderlich wäre. Dass Voraussetzungen für eine solche Ausnahme erfüllt wären, hat jedoch die Klägerin auch nicht ansatzweise dargetan, insbesondere auch nicht, ob die nach dem Windkrafterlass (S. 48) hierfür zugrunde liegenden Maßstäbe erfüllt wären.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Klägerin als unterliegender Partei aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, inwieweit zur Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Beobachtungen und Unterlagen Dritter zusätzlich zu Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass verwendet werden können, grundsätzliche Bedeutung hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 663.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Je Windenergieanlage war ein Streitwert von 221.000,00 EUR anzusetzen, da die Herstellungskosten jeweils bei 2.210.000,00 EUR liegen (Bl. 58 der Antragsunterlagen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Tenor

I.

Die Verwaltungsstreitsachen 22 ZB 14.1079 und 22 ZB 14.1080 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

III.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird bis zur Verbindung der beiden Verfahren auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1079 und auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1080, danach auf insgesamt 2,8 Millionen Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin beabsichtigt die Errichtung eines Windparks mit neun Windkraftanlagen (ab hier: WKA) und begehrt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windkraftanlagen (WKA 1, 2 und 9) sowie die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für sechs Windkraftanlagen (WKA 3 bis 8). Erstere sind Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1179, während letztere Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1180 sind. Vorbescheidsfrage ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit der WKA 3 bis 8, mit Ausnahme der Vereinbarkeit mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2011 beantragte die Klägerin zunächst die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für neun Windkraftanlagen auf den Grundstücken FlNrn. 255 (WKA 1), 112 (WKA 2), 248 (WKA 3), 200 (WKA 4), 209 (WKA 5), 206 (WKA 6), 147 (WKA 7), jeweils Gemarkung M., und FlNrn. 382 (WKA 8) sowie 358 (WKA 9), jeweils Gemarkung M.. Geplant sind eine Nabenhöhe von 140 m, ein Rotordurchmesser von 99,8 m und eine Gesamthöhe von ca. 190 m. Die Standorte liegen ca. 6 km südöstlich des Stadtgebiets der Beklagten. Im näheren Umkreis liegen kleinere Ortsteile bzw. größere Siedlungen der Nachbargemeinden.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 21. Februar 2012 die bezüglich der WKA 3 bis 8 gestellten Genehmigungsanträge nicht mehr aufrecht erhalten. Es solle im Wege eines Vorbescheids darüber entschieden werden, dass bei diesen Vorhaben sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und aus aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten erfüllt werden und dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften einschließlich der Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb dieser Anlagen nicht entgegenstehen, und zwar mit Ausnahme der artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Bezüglich der WKA 1, der WKA 2 sowie der WKA 9 hielt die Klägerin an ihrem Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung fest. Hilfsweise wurde auch diesbezüglich ein Antrag auf immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid gestellt, der im Klageverfahren nicht weiter verfolgt worden ist.

Mit Bescheid vom 27. März 2012 lehnte die Beklagte die gestellten Anträge umfassend ab. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, der Betrieb jeder der neun Windkraftanlagen sei nicht mit den bestehenden naturschutzrechtlichen Regelungen vereinbar, da Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 3 BNatSchG erfüllt würden. Dies gelte insbesondere bezüglich des Schwarzstorchs. Einer Genehmigung stehe für alle neun WKA die Ablehnung des Luftamts ... entgegen. Die Deutsche Flugsicherung habe diesem mitgeteilt, dass von militärischer Seite dringend empfohlen werde, der Errichtung der neun WKA nicht zuzustimmen. Die Wehrbereichsverwaltung Süd habe mitgeteilt, die US-Streitkräfte hätten vorgebracht, dass sie nach Erstellung der neun WKA die Flughöhen für ihre Luftfahrzeuge in dem betroffenen Gebiet aus Flugsicherheitsgründen anheben müssten. Dies hätten sie abgelehnt. Das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr habe deren Ablehnungsgründe anerkannt und die WKA 1 bis 9 abgelehnt.

Die Klägerin erhob Klagen zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg. Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteilen vom 13. Januar 2014 als unbegründet ab. Den strittigen Vorhaben stünden Belange der Verteidigung (der militärischen Flugsicherung) und Belange des Naturschutzes (Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot im Hinblick auf den Schwarzstorch) entgegen. Artenschutzrecht stehe als unüberwindliches Genehmigungshindernis auch der Erteilung eines Vorbescheids entgegen, obwohl die Klägerin Artenschutzrecht insofern ausgeklammert habe.

Die Klägerin hat in allen Fällen die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Verbindung der Verwaltungsstreitsachen beruht auf § 93 VwGO.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hervortreten (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Da die angefochtenen Urteile auf zwei selbstständig tragende Abweisungsgründe gestützt sind (Entgegenstehen von Belangen der Verteidigung einerseits und artenschutzrechtliches Tötungsverbot in Bezug auf den Schwarzstorch andererseits), kommt es darauf an, dass Zulassungsgründe hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe mit Erfolg dargelegt sind (vgl. z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m. w. N.). Die Darlegungen der Klägerin müssten also hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe die Zulassung der Berufung rechtfertigen. Dies ist der Klägerin jedoch im Hinblick auf keinen der vom Verwaltungsgericht angeführten Abweisungsgründe gelungen.

1. Die Klägerin hat bezüglich des Entgegenstehens von Belangen der Verteidigung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten dargelegt.

a) Die Klägerin macht geltend, dass die Zustimmung der Luftfahrtbehörden nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG als erteilt gelte, wenn sie nicht binnen zweier Monate nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werde. Diese Zustimmungsfiktion sei unwiderruflich und für die Genehmigungsbehörde verbindlich. Ein solcher Fall sei hier gegeben.

Das Verwaltungsgericht steht demgegenüber auf dem Standpunkt, dass es nicht sein könne, dass die Genehmigungsbehörde nach Eintritt der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG diesbezüglich keine Prüfungskompetenz mehr habe und bei Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen müsse, und dies angesichts der hohen Schutzgüter, die im Bereich der Luftsicherheit inmitten stünden. Letztlich bedeutet dies, dass im Interesse des Rechtsgüterschutzes nicht beide rechtlichen Annahmen gleichzeitig zutreffen können, die einer Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG und die einer diesbezüglich fehlenden Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde. Das Verwaltungsgericht weist insofern auf die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hin. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese zwar nicht widerrufen oder zurückgenommen werden, aber die Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde bleibt bestehen (BVerwG, U. v. 12.12.1996 - 4 C 24/95 -NVwZ 1997, 900).

Die Klägerin hat sich mit dieser beachtlichen Argumentation nicht hinreichend auseinandergesetzt und nicht dargelegt, wie der erforderliche Rechtsgüterschutz unter Zugrundelegung ihrer rechtlichen Annahmen sichergestellt werden könnte. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als auch dem von der Klägerin selbst angeführten Urteil des Rheinland-Pfälzischen Oberverwaltungsgerichts zu entnehmen ist, dass auch die Zustimmung der Luftfahrtbehörde nach § 14 Abs. 1 LuftVG im Streitfall einer gerichtlichen Inzidentprüfung zugänglich sein muss, falls ein Flugplatzbetreiber die Genehmigung einer gerichtlichen Kontrolle zuführt. Das Oberverwaltungsgericht verweist insofern zutreffend auf den Rechtscharakter der Zustimmung als Verwaltungsinternum, das weder vom Windkraftanlagenbetreiber noch vom Flugplatzbetreiber selbstständig angefochten werden kann (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 16.1.2006 - 8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844/845).

b) Die Klägerin stellt nicht in Frage, dass Belange der Verteidigung der Genehmigung einer Windkraftanlage entgegenstehen können und dass insofern ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum der Bundeswehr besteht. Die Klägerin wirft insofern lediglich die Frage auf, ob Belange der Verteidigung und ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum auch im Hinblick auf einen militärischen Flugplatz der US-Truppen in Deutschland geltend gemacht werden können. Eine hinreichende Darlegung von Zulassungsgründen ist im bloßen Aufwerfen einer Frage allerdings nicht zu sehen; der Vortrag eines schlüssigen Gegenarguments ist insofern erforderlich. „Darlegen“ bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr, als lediglich eine nicht näher spezifizierte Behauptung aufzustellen; es meint ein „Erläutern“, „Erklären“ oder ein „näher auf etwas Eingehen“ (vgl. BVerwG, B. v. 2.10.1961 - VIII B 78.61 - BVerwGE 13, 90/91; B. v. 9.3.1993 - 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825).

Die Klägerin macht geltend, dass hier für die Sicherheit des Luftverkehrs keine konkreten Gefahren bestünden, wie sie in § 14 Abs. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 LuftVG vorausgesetzt würden. Zwar dürfe bei einer Behinderung der An- und Abflugwege der auf dem Flughafen landenden und startenden Luftfahrzeuge die luftfahrtbehördliche Zustimmung verweigert werden, um unfallträchtige, die Allgemeinheit bedrohende Ausweichmanöver zu vermeiden. Im Hinblick auf die Privilegierung der Windkraftanlagen seien den Flughafenbetreibern aber auch weniger optimale bzw. risikoreichere Ausweichmöglichkeiten zuzumuten. Dies habe das Verwaltungsgericht nicht beachtet.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, im Bereich der Flugstrecken müsse nach den Vorgaben der militärischen Flugsicherung Hindernisfreiheit bestehen. Die Flugzeuge müssten sich mindestens 300 m über dem höchsten Hindernis bewegen; ein Instrumentenflugverfahren müsse so eingerichtet werden, dass ein Flugzeug in sicherem Abstand das Hindernis überfliegen könne. Für den Piloten seien die Anflugverfahren verbindliche Vorgaben. Nach den Stellungnahmen im Gerichtsverfahren sei bei der Realisierung der Windkraftanlagen die notwendige Hindernisfreiheit für die genannten Anflugverfahren in dem erforderlichen Abstand nicht mehr gegeben. Das Luftamt ... habe zuletzt mit Schreiben vom 6. März 2012 die luftfahrtbehördliche Zustimmung unter Berufung auf die gutachtliche Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung GmbH vom 27. Februar 2012 verweigert. Grundlage hierfür seien eine Neubewertung der Sachlage durch die US-Streitkräfte und das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr gewesen. Die Erläuterungen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 hätten die Richtigkeit dieser Neubewertung bestätigt.

Diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts wird durch den Vortrag der Klägerin nicht in Frage gestellt. Vor allem muss in diesem Zusammenhang der verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum der Bundeswehr beachtet werden. Danach obliegt es der Bundeswehr im Rahmen ihres verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums, das Gefährdungspotential einer Windkraftanlage für einen Militärflugplatz zu beurteilen. Die Gefahrenprognose ist nur dann rechtsfehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist (BVerwG, B. v. 5.9.2006 - 4 B 58/06 - Rn. 8). Dazu hat die Klägerin nichts Greifbares vorgetragen. Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (U. v. 16.1.2006 -8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844) und des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (U. v. 30.9.2009 -1 KO 89/07 - ThürVBl 2010, 104) befassen sich mit der Nutzung von Segelflugplätzen und sind daher für die Beurteilung von Militärflugplätzen unter Beachtung des verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums nicht einschlägig. Hinzukommt, dass bei Militärflugplätzen Flugbetrieb auch unter schlechten Sichtbedingungen (Nacht, Schlechtwetter) möglich sein muss.

c) Die Klägerin macht geltend, dass die durch ihr Vorhaben beeinträchtigten Flugverfahren unabhängig von ihrem Vorhaben angepasst werden müssten. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 vor dem Verwaltungsgericht (vgl. S. 5 der Niederschrift) habe der vom Beigeladenen beigezogene Oberstleutnant S. erläutert, dass eine Umstellung des Anflugverfahrens erfolgen müsse und werde. Das Verfahren werde aller Voraussicht nach noch im Jahr 2014 umgestellt. Mit Änderung des Verfahrens könne dem Vorhaben der Klägerin zugestimmt werden. Auf die Bauhöhe bezogen gebe es dann keine Probleme mehr.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass nicht verbindlich feststehe, ob und wann das Flugverfahren so geändert werde, dass die geplanten Windkraftanlagen keine problematischen Hindernisse mehr darstellen würden. Die Festlegung von Flugverfahren erfolge grundsätzlich gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c Sätze 1 und 2 LuftVG durch Rechtsverordnung. Die Verwaltungszuständigkeiten aufgrund des Luftverkehrsgesetzes würden gemäß § 30 Abs. 2 LuftVG für den Dienstbereich der Bundeswehr und, soweit völkerrechtliche Verträge nicht entgegenstünden, der stationierten Truppen durch Dienststellen der Bundeswehr nach den Bestimmungen des Bundesministeriums der Verteidigung wahrgenommen. Die Flugverfahren würden einen aufwendigen Entwicklungs-, Berechnungs- und Genehmigungsprozess durchlaufen. Sie seien nicht beliebig gestaltungsfähig. Nach einem aufwendigen Verfahren unter Berücksichtigung vieler Aspekte werde das Verfahren schließlich genehmigt, in Kraft gesetzt und gemäß international gültigen Standards publiziert. Ob das beabsichtigte Verordnungsänderungsverfahren tatsächlich ergeben werde, dass das bestehende Flugverfahren so geändert werde, dass die strittigen Windkraftanlagen der Klägerin künftig zugelassen werden könnten, sei trotz der positiven Aussagen des Vertreters der Luftwaffe in der mündlichen Verhandlung derzeit offen und von nicht abschätzbaren Prämissen und Planungsvorgängen abhängig.

Die Klägerin teilt diese Einschätzung nicht. Damit legt sie aber keinen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichlichen Urteils dar. Sie legt insbesondere nicht dar, dass das Verwaltungsgericht damit die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung überschritten hätte. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, kommt eine Zulassung der Berufung folglich nur dann in Betracht, wenn die Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 und 104 - Rn. 11 m. w. N.). Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hat die Klägerin nicht aufgezeigt; sie sind auch nicht erkennbar. Überdies hat das Luftamt ... unter dem 20. August 2014 mitgeteilt, die bisher begutachteten flugbetrieblichen Verfahren zum Militärflugplatz Grafenwöhr seien nach wie vor gültig (vgl. Schriftsatz des Beigeladenen vom 10.9.2014). Die Sach- und Rechtslage hat sich also auch nach der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts nicht geändert.

2. Abgesehen davon hat die Klägerin auch hinsichtlich des Verstosses gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) in Bezug auf den Schwarzstorch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten vorgetragen.

a) Die Klägerin macht geltend, beim Schwarzstorch handle es sich um keine Tierart, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken der strittigen Windkraftanlagen betroffen sei. Der sehr scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch weiche Windkraftanlagen aus. Kollisionen kämen dementsprechend kaum vor. Bis heute werde in der zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg von mehr als 500 Brutpaaren in Deutschland lediglich ein Schlagopfer geführt.

Das Verwaltungsgericht ist diesbezüglich zu dem Schluss gelangt, dass nicht im Sinne ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse feststehe, dass der Schwarzstorch nicht zu den kollisionsgefährdeten Vogelarten zähle. Es hat sich dabei auf den sog. Bayerischen Windkrafterlass (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2011) gestützt, der in seiner Anlage 2 nach wie vor davon ausgeht, dass der Schwarzstorch zu den gefährdeten Vogelarten zählt. Das Verwaltungsgericht hat auf Totfunde in Frankreich und insbesondere in Spanien und ungeklärte Altvogelverluste während der Aufzuchtzeit in Deutschland hingewiesen. Eine ausgesprochene Meidung der Windparks sei nicht immer beobachtet worden. Das Verwaltungsgericht hat die Einschätzung des Schwarzstorchs als kollisionsgefährdet durch den Bayerischen Windkrafterlass auch vor dem Hintergrund der geringen Anzahl der Brutpaare in Deutschland für gerechtfertigt gehalten.

Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag nicht die Grundlage entzogen. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 18. Juni 2014 (22 B 13.1358, Rn. 46 f.) den Schwarzstorch nicht als eine Tierart angesehen, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen betroffen ist. Dass das artenschutzrechtliche Tötungsverbot deshalb nicht verletzt sein könne, hat der Verwaltungsgerichtshof daraus aber nicht gefolgert. Dem genannten Urteil zufolge spricht zwar manches dafür, dass der scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch Windkraftanlagen ausweicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus aber nicht die von der Klägerin für richtig gehaltene Konsequenz gezogen, dass insofern das artenschutzrechtliche Tötungsverbot beim Betrieb von Windkraftanlagen nicht verletzt sein kann, sondern auf die erforderliche Ermittlungstiefe abgestellt. Er hat in dem genannten Urteil weitere behördliche Ermittlungen in Bezug auf die konkreten örtlichen Verhältnisse für erforderlich gehalten. Die Ausführungen der Klägerin geben keinen Anlass, von dieser Betrachtungsweise abzugehen. Zum einen ist ein ungewöhnlich starkes Betroffensein von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen nicht zwingend erforderlich. Ein solches Postulat kann insbesondere nicht aus dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2011 (9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149/163 - Rn. 99) abgeleitet werden. Diese Formulierung wird dort nicht gebraucht. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat es im Beschluss vom 21. März 2013 (2 N 154.12 - NuR 2013, 507/512) zwar im Hinblick auf das artspezifische Verhalten des Schwarzstorchs bei summarischer Prüfung als naturschutzfachlich vertretbar angesehen, dass die Genehmigungsbehörde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verneint. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch die gegenteilige Einschätzung naturschutzfachlich vertretbar sein kann. Eine solche gegenteilige naturschutzfachliche Einschätzung kann sich im vorliegenden Fall entscheidend auf die fachlichen Aussagen in Anlage 2 des sog. Bayerischen Windkrafterlasses stützen. Dort ist der Schwarzstorch ausdrücklich als kollisionsgefährdete Vogelart erwähnt. Diese Aussage ist bisher nicht aufgehoben oder modifiziert worden (entgegen ThürOVG, U. v. 14.10.2009 - 1 KO 372/06 - NuR 2010, 368/370). Den in diesem Windkrafterlass enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu (U. v. 18.6.2014 -22 B 13.1358 - Rn. 45). Dies ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit geboten. Hiervon darf nicht ohne triftigen fachlichen Grund abgewichen werden. Einen solchen hat die Klägerin angesichts der vom Verwaltungsgericht festgestellten Beobachtungen nicht dargelegt. Dass manche Beobachtungen für ein Ausweichverhalten des Schwarzstorchs sprechen, andere Beobachtungen aber eher nicht, ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BVerwG, U. v. 27.5.2013 - 4 C 1.12 -NVwZ 2013, 1411).

b) Die Klägerin macht weiter geltend, dass weder vor noch nach dem Bescheidserlass belastbar und nachvollziehbar dargelegt worden sei, dass innerhalb des 3 km-Radius um die strittigen Windkraftanlagen (Prüfbereich nach Anlage 2 des Bayerischen Windkrafterlasses) ein besetzter Schwarzstorchhorst vorhanden sei.

Das Verwaltungsgericht hat im Anschluss an die Genehmigungsbehörde festgestellt, dass alle streitgegenständlichen Windkraftanlagen in einem Radius von deutlich unter 3 km um den früheren Horst im Bereich des sog. Zimmet und um den nun bekannt gewordenen Horst östlich der geplanten Windkraftanlage 3 lägen. Die am weitesten entfernt liegende Windkraftanlage 9 liege nur ca. 1,7 bis 1,8 km von dem Horst entfernt, der in den Jahren 2012 und 2013 besetzt gewesen sei.

Die Klägerin vermochte diese Ausführungen in ihrem Zulassungsantrag nicht in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass sich die behördliche Einschätzungsprärogative auch auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten bezieht. Es gibt zwar rechtliche Grenzen, etwa in Bezug auf die erforderliche Ermittlungstiefe oder in Bezug auf die Methodik (BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274/297, Rn. 67). Die Klägerin hat in ihren Zulassungsanträgen aber nicht aufgezeigt, dass die rechtlichen Grenzen dieser Einschätzungsprärogative überschritten worden sind.

c) Soweit die Klägerin ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auch innerhalb des Mindestabstands von 3000 m um die strittigen Windkraftanlagen in Frage gestellt hat, ergeben sich hieraus ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Zum einen hat das Verwaltungsgericht durchaus anerkannt, dass auch bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen noch eine Einzelfallbeurteilung erforderlich ist. Bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen kommt es darauf an, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windkraftanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 -Rn. 50, unter Bezugnahme auf S. 42 des Bayerischen Windkrafterlasses). Das angefochtene Urteil steht dazu nicht im Widerspruch. Das Verwaltungsgericht hat in den angefochtenen Urteilen darauf hingewiesen, dass die Flugkorridore zu potentiellen Nahrungshabitaten auch durch die strittigen Windkraftanlagen betroffen seien.

Die Klägerin hat insofern zwar die Behauptung aufgestellt, dass die streitgegenständlichen Windkraftanlagen einen Flugkorridor für den Schwarzstorch zulassen würden. Sie hat aber nicht dargelegt, dass die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative zum gleichen Ergebnis hätte kommen müssen.

Die Klägerin hat ferner auf die Vorbelastung durch eine südlich der strittigen Windkraftanlagen verlaufende Hochspannungsfreileitung hingewiesen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Gefahren durch die strittigen Windkraftanlagen in deutlich größerer Höhe als die Gefahren durch die Hochspannungsfreileitung hervorgerufen werden würden; daher könne eine signifikante Risikoerhöhung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen werden. Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an dieser Betrachtungsweise rechtsfehlerhaft sein sollte.

Die Klägerin hat schließlich geltend gemacht, dass im Untersuchungsgebiet nur sehr wenige Flugbewegungen durch Schwarzstörche hätten festgestellt werden können, wie ihr Fachbeistand Dipl.biol. B. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 erklärt habe.

Die diesbezügliche Aussage des Fachbeistands der Klägerin lautet gemäß Seite 8 der Verhandlungsniederschrift: „Im südlichen Bereich der geplanten Windkraftanlagen sind bei ca. 170 Beobachtungsstunden nur sechs Flugbewegungen von den Altvögeln und drei nach dem Ausfliegen des Familienverbands registriert worden…. Die festgestellten sechs Flugbewegungen im Süden sind daher sehr wenig. Es hätten nach unserer Einschätzung ca. 165 Flugbewegungen im Gesamtbereich stattfinden können, d. h. bezogen auf unsere Beobachtungszeiten. Wir gehen daher davon aus, dass die Flugbewegungen woanders stattgefunden haben, d. h. im nördlichen oder östlichen Bereich, der nicht einsehbar war“.

Diese Aussagen stellen die von der Genehmigungsbehörde getroffene und vom Verwaltungsgericht gebilligte Gefahrenprognose nicht in Frage. Sie betreffen nämlich nur einen Teilbereich des strittigen Windparks, nämlich den südlichen. Die Beklagte weist insofern aber zu Recht darauf hin, dass sich das Brutgeschehen nach 2012 weiter nach Norden verlagert hatte.

d) Die Klägerin macht weiter geltend, es hätten von ihr vorgeschlagene Minderungs- und Vermeidungsmaßnahmen zum Zwecke der Verminderung des Tötungsrisikos unter die Signifikanzschwelle ergriffen werden können.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die Errichtung von künstlichen Brutstätten mehrere 1000 m vom natürlichen Brutplatz entfernt als aussichtslos gelte. Die Verbesserung des Fischangebots in Fließgewässern oder Bachausleitungen sei ebenfalls nicht erfolgversprechend. Außerdem könnten solche Maßnahmen dem Anlagenbetreiber nicht vorgeschrieben werden.

Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an diesen Erwägungen rechtsfehlerhaft sein könnte.

e) Die Klägerin macht schließlich geltend, die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen müsse als Ausnahmegrund im Sinn von § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, räumlich als zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses, angesehen werden. Es gehe um eine nachhaltige Energieversorgung durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien.

Das Verwaltungsgericht hat insofern auf den beantragten Standort abgestellt und dazu ausgeführt, dass derartige Gründe für den beantragten Standort nicht ersichtlich seien; auch sei das wirtschaftliche Interesse der Klägerin hierfür nicht ausreichend.

Die Klägerin hat weder dargelegt, warum diese von Pauschalierungen absehende standortbezogene Betrachtungsweise rechtswidrig sein sollte, noch aufgezeigt, weshalb das typischerweise vorhandene wirtschaftliche Interesse der Klägerin schlechthin ein zwingendes öffentliches Interesse darstellen sollte. Die Bezugnahme auf Seite 48 des Bayerischen Windkrafterlasses genügt insofern nicht, weil auch dort eine standortbezogene Betrachtungsweise befürwortet wird.

3. Besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) können entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht abgeleitet werden, weil die Rechtsprechung gerade aufgrund der Existenz dieser Unsicherheiten und in der Reichweite dieser Unsicherheiten bereits eine naturschutzfachliche Einschätzungprärogative anerkannt hat. Auf etwaige rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Widerruf oder der Rücknahme der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion kommt es nicht an, weil entscheidend die Erwägung des Verwaltungsgerichts ist, dass die Genehmigungsbehörde im Bereich der Luftsicherheit nicht sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen darf. Besondere rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Flugverfahren, die nach dem Vortrag der Klägerin mit Sicherheit zeitnah angepasst werden, können schon deshalb nicht bestehen, weil nach der von der Klägerin nicht erfolgreich angegriffenen Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts diesbezüglich keine verlässlichen Aussagen möglich sind. Die im Zusammenhang mit den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten sind aufgrund der Anerkennung einer naturschutzbehördlichen Einschätzungsprärogative nicht mehr entscheidungserheblich. Desgleichen sind Unsicherheiten über künftige Änderungen der Sachlage nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht entscheidungserheblich, weil es bei der Entscheidung über Verpflichtungsklagen auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ankommt.

4. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt angesichts der Darlegungen der Klägerin nicht in Betracht, weil die von ihr bezeichnete Frage der Widerruflichkeit oder Rücknehmbarkeit der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nicht entscheidungserheblich ist. Entscheidungserheblich ist vielmehr die Aussage des Verwaltungsgerichts, dass die Genehmigungsbehörde nicht sehenden Auges im Bereich der Luftsicherheit fehlerhaft entscheiden darf. Widerruflichkeit und Rücknehmbarkeit der Zustimmungsfiktion sind nicht der einzige Weg, um dieses Ziel zu erreichen.

5. Die Klägerin vermag auch keine Abweichung von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) darzulegen. Das Verwaltungsgericht ist von der bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB gerade nicht abgewichen, hat sie gerade nicht in Frage gestellt, sondern hat aus ihr lediglich nicht dieselben Schlüsse wie die Klägerin gezogen. Es hat die Übertragbarkeit des bezeichneten Urteils auf § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG verneint.

6. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Die Würdigung der Aussagen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowie der Aussagen des Fachbeistands Dipl.biol. B. kann nicht als überraschend in dem Sinne angesehen werden, dass ein kundiger Prozessbeteiligter mit derartigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts in den angefochtenen Urteilen nicht hätte rechnen müssen. Die Aussagen von Oberstleutnant S. wurden vom Verwaltungsgericht naheliegender Weise in einen rechtlichen Zusammenhang mit den Problemen eines Verordnungsänderungsverfahrens gestellt und dadurch relativiert. Die Aussagen von Dipl.biol. B. wurden vom Verwaltungsgericht erwartungsgemäß in einen Zusammenhang mit anderen vorliegenden naturschutzfachlichen Aussagen gestellt. Das Verwaltungsgericht hat zwar wohl seine Schlussfolgerungen aus den ihm vorliegenden Stellungnahmen mit den Beteiligten nicht im Einzelnen erörtert. Dies war aber auch nicht erforderlich, zumal diese Würdigung letztlich erst in der abschließenden Beratung vorgenommen werden kann (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 138 Rn. 148 m. w. N.).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte wie Vorinstanz.

Tenor

I. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen wird abgelehnt.

II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Ergänzungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beigeladene darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 30. Juni 2014 wurde dem Beigeladenen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 zugestellt. Die Kostenentscheidung in Nr. III des Urteilstenors lautet: „Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin die Hälfte, der Beklagte und der Beigeladene je ein Viertel.“ Die Begründung für die Kostenentscheidung lautet: „Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO“. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. September 2014 -4 B 48.14 - kostenpflichtig zurückgewiesen.

Am 27. Oktober 2016 beantragte der Beigeladene beim Verwaltungsgerichtshof, das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - dahingehend zu ergänzen, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen anteilig entsprechend Nr. III des Urteilstenors von der Klägerin zu erstatten sind. „Hilfsweise“ beantragte der Beigeladene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Beigeladenen sei erst im Rahmen der Kostenfestsetzung durch Schreiben des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Oktober 2016 mitgeteilt worden, dass das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - keinen Ausspruch über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen enthalte. Hilfsweise solle statt der Ergänzung des Urteils eine Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit des Urteils vorgenommen werden.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag des Beigeladenen auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat keinen Erfolg.

Eine - wie hier geltend gemacht - unvollständige Kostenentscheidung kann nach § 120 Abs. 1 VwGO nur auf Antrag ergänzt werden. Eine Ergänzung von Amts wegen kommt angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes nicht in Betracht.

Der Antrag des Beigeladenen ist unzulässig, weil verfristet. Der Antrag ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes fristgebunden (§ 120 Abs. 2 VwGO). Er muss binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils gestellt werden, die hier am 30. Juni 2014 stattfand (vgl. zur Fristgebundenheit des Antrags nach § 120 VwGO auch BVerwG, B.v. 28.6.1993 - 7 B 143/92 - NVwZ-RR 1994, 236 und B.v. 2.6.1999 - 4 B 30/99 -NVwZ-RR 1999, 694). Der Beigeladene hat den Antrag mehr als zwei Jahre zu spät, nämlich erst am 27. Oktober 2016, gestellt.

Der Beigeladene hat auch keine Tatsachen dargelegt, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 Abs. 1 VwGO) rechtfertigen könnten. Die gesetzliche Zweiwochenfrist mag kurz erscheinen. Der Bundesgesetzgeber betrachtet es aber als eine Obliegenheit der Beteiligten, die ihnen zugestellte gerichtliche Entscheidung innerhalb einer kurzen Frist darauf zu überprüfen, ob die Kostenfolge darin ganz oder zum Teil übergangen ist (Kilian in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 120 Rn. 15, 17, 18). Dieser Obliegenheit ist der anwaltlich vertretene Beigeladene im vorliegenden Fall nicht gerecht geworden. Auf Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum kann sich ein Rechtsanwalt, dessen Verschulden dem Verschulden des Beteiligten gleich steht (§ 85 Abs. 2 ZPO), nur in seltenen Ausnahmefällen berufen (vgl. dazu Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 60 Rn. 86 m.w.N.). Dazu hat der Beigeladene keine Tatsachen vorgetragen.

Der vom Beigeladenen „hilfsweise“ angeführte Weg der Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 118 VwGO) scheidet hier aus. Offenbar ist eine etwaige Unrichtigkeit nur dann, wenn sie sich als solche aus dem Urteil unmittelbar selbst, mindestens aber aus Vorgängen beim Erlass, ergibt. Die Unrichtigkeit muss in irgendeiner Weise nach außen treten (Kilian in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 118 Rn. 7 m.w.N.). Es muss ein Hinweis zu finden sein, dass der betreffende Gegenstand zwar richtig beraten und beschlossen, aber falsch in das Urteil aufgenommen wurde. Daran fehlt es hier bei der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Entscheidungsgründe des Urteils sagen dazu nichts aus. Zudem sind Unrichtigkeiten, denen ein wertender Charakter eigen ist, nicht offenbar (Kilian a.a.O. Rn. 8). Dies wäre hier die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit an Hand des Maßstabs der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO. Ein Fall des § 158 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor, weil die Ergänzbarkeit des Urteils in Rede steht (Rennert in Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 120 Rn. 9).

Tenor

I. Die Verfahren 22 CS 15.686, 22 CS 15.687, 22 CS 15.688, 22 CS 15.689, 22 CS 15.690, 22 CS 15.691 und 22 CS 15.952 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. März 2015 (Az. W 4 S 15.161, -.159, -.156, -.158, -.160, -.155) und der Beschluss vom 15. April 2015 (Az. W 4 S 15.286) werden geändert.

Die Anträge der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklagen werden abgelehnt.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten beider Beigeladenen tragen jeweils als Gesamtschuldner die Antragsteller zu 1 und 2 zu 1/4, die Antragsteller zu 5 und 6 zu 1/4, die Antragsteller zu 3 und 4 zu 1/2.

IV. Unter Änderung von Nr. III der angefochtenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert in den erstinstanzlichen Verfahren W 4 S 15.155, -.156, -.158, -.159, -.160, und -.161 auf jeweils 3.750 €, im Verfahren W 4 S 15.286 auf 7.500 € und für die verbundenen Verfahren im Beschwerdeverfahren auf insgesamt 30.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragsteller wenden sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für Windkraftanlagen. Als „Bürgerwindpark S... Wald" wurden insgesamt zehn Windkraftanlagen genehmigt, von denen sieben Anlagen Gegenstand verschiedener Verfahren beim Verwaltungsgericht waren wie folgt (die angegebene Entfernung bezieht sich jeweils auf die Koordinaten der - im vorläufigen Rechtsschutzantrag und im dementsprechenden Beschluss des Verwaltungsgerichts genannten - „bekämpften“ Windkraftanlage und des Wohnhausmittelpunkts):

AZ des VGH AZ des VG Lfd. Nr. der Ast. im Rubrum Grundst. der Ast., FlNr. in Gemark. K..., Adresse, Entfern. WKA-Nr., FlNr. des Baugrundst., Gemark.
22 CS 15.686 W 4 S 15.161 1) und 2) FlNr. 122/6 B...: zu WKA 10: 2.176 m zu WKA 9: 2.165 m. Nr. 10 (FlNr. 1459, K...)
22 CS 15.690 W 4 S 15.160 1) und 2) Nr. 9 (FlNr. 4273, H...)
22 CS 15.687 W 4 S 15.159 3) und 4) FlNr. 226/1; A... (Wohnadr.); R...: zu WKA 8: 1.495 m zu WKA 7: 1.434 m zu WKA 4: 1.619 m; FlNr. 226; A...: zu WKA 8: 1.472 m zu WKA 7: 1.416 m zu WKA 4: 1.623 m. Nr. 8 (FlNr. 4272, H...)
22 CS 15.689 W 4 S 15.158 3) und 4) Nr. 7 (FlNr. 1473, K...)
22 CS 15.952 W 4 S 15.286 3) und 4) Nr. 4 (FlNr. 3767, H...)
22 CS 15.688 W 4 S 15.156 5) und 6) FlNr. 224/3 A..., ...: zu WKA 6: 1.343 m zu WKA 5: 1.463 m. Nr. 6 (FlNr. 1472, K...)
22 CS 15.691 W 4 S 15.155 5) und 6) Nr. 5 (FlNr. 99, S...)

Die Antragsteller zu 5 und 6 sind nach ihrem Vortrag zudem Miteigentümer der erschlossenen Baugrundstücke FlNrn. 224/2 und 224/5, die westlich bzw. südlich an ihr Wohngrundstück FlNr. 224/3 angrenzen und etwa 15 m bis 30 m näher als dieses an den Windkraftanlagen liegen. Von den Windkraftanlagen Nrn. 4 bis 10 ist Anlage Nr. 6 diejenige mit dem geringsten Abstand zu jedem der streitgegenständlichen betroffenen Grundstücke; von diesen wiederum hat das Grundstück FlNr. 226 (A... 19) die geringste Entfernung zur nächstgelegenen Windkraftanlage (nämlich 1.294 m zur Anlage Nr. 6, die indes nicht von den Antragstellern zu 3 und 4 „bekämpft“ wird, sondern von den Antragstellern zu 5 und 6, deren Anwesen aber von der Anlage Nr. 6 weiter weg sind als die Anwesen der Antragsteller zu 3 und 4).

Die vorliegend nicht streitgegenständlichen drei Windkraftanlagen sollen auf den Grundstücken FINrn. 116 und 104 der Gemarkung S... sowie FINr. 3766 der Gemarkung H... gebaut werden.

Ursprünglich vorgesehen waren Windkraftanlagen des Typs Vestas V 112-3.0 MW mit einer Nabenhöhe von jeweils 140 m, einer Nennleistung von 3.000 kW, einem Rotorradius von 56 m und einer Gesamthöhe von 196 m. Nach einer allgemeinen Umweltverträglichkeitsvorprüfung (vom 25.8.2013) mit dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nachfolgend: UVP) erforderlich sei, nach Durchführung dieser UVP und u.a. einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (vom 13.8.2013) genehmigte das Landratsamt H... diese Windkraftanlagen im förmlichen Genehmigungsverfahren nach § 10 BlmSchG mit Bescheid vom 28. Februar 2014 gegenüber der Beigeladenen zu 1. Gegen die Genehmigung erhoben die Antragsteller jeweils Anfechtungsklage.

Nach einer Umplanung des Windparks genehmigte auf Antrag der Beigeladenen zu 1 das Landratsamt im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BlmSchG nach einer erneuten allgemeinen Vorprüfung mit dem Ergebnis, dass keine weitere UVP erforderlich sei, mit Bescheid vom 18. Juli 2014 nach § 16 BlmSchG die Änderung des Anlagentyps auf - nunmehr - den Typ Nordex N 117-2.4 MW, der zugleich eine andere Nabenhöhe (141 m) und einen anderen Rotorradius (58,5 m) und damit eine andere Gesamthöhe (199 m) hat. Nach dem Vortrag der Antragsteller gegenüber dem Verwaltungsgericht (Schriftsatz vom 28.2.2015) sei auch die Turmbauweise der jeweiligen Anlagen geändert (nunmehr: Hybridturm aus Beton bis zur Höhe von 91 m, dann aus Stahlrohr; zuvor: Turm ganz aus Stahlrohr). Bezüglich einer während des Änderungsverfahrens der Unteren Naturschutzbehörde mitgeteilten Uhu-Sichtung im Bereich der Anlagenstandorte führte das Landratsamt im Bescheid aus, aus naturschutzfachlicher Sicht ändere sich hierdurch die Situation gegenüber der genehmigten Planung nicht grundsätzlich. Ein Brutnachweis in der Beeinträchtigungszone liege weiterhin nicht vor. Zwar sei möglich, dass der Uhu die gerodete Fläche auch als Nahrungshabitat mit nutze. Dieser Bereich sei aber sicher nicht der Schwerpunkt seiner Nahrungshabitate. Insofern werde aus naturschutzfachlicher Sicht davon ausgegangen, dass weiterhin kein signifikant höheres Kollisionsrisiko für den Uhu bestehe. Unabhängig davon sei dem Betreiber in der Änderungsgenehmigung empfohlen worden, seinen in die Planung eingebundenen Biologen zu verständigen, um ggf. entstehende Auswirkungen vorab beurteilen zu können.

Unter Nr. VI des Bescheids vom 18. Juli 2014 ordnete das Landratsamt zudem die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 28. Februar 2014 „in der Fassung dieser Änderungsgenehmigung“ vom 18. Juli 2014 an. Auch gegen den Bescheid vom 18. Juli 2014 erhoben die Antragsteller jeweils Klage.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 25. August 2014 strich das Landratsamt auf Antrag der Beigeladenen zu 1 (vom 19.8.2014) den unter Nr. V des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 enthaltenen allgemeinen Auflagenvorbehalt ersatzlos. Mit Schreiben jeweils vom 29. August 2014 zeigten beide Beigeladenen dem Landratsamt übereinstimmend an, dass die Beigeladene zu 2 „die Rechtsstellung als Genehmigungsinhaberin“ der Genehmigungen vom 28. Februar 2014, 18. Juli 2014 und 25. August 2014 und alle mit diesen Genehmigungen zusammenhängenden Rechte und Pflichten von der Beigeladenen zu 1 übernommen habe; im Beschwerdeverfahren haben die Beigeladenen auf Nachfrage des Verwaltungsgerichtshofs erklärt, die Beigeladene zu 1 existiere weiterhin und habe an der Aufrechterhaltung der angegriffenen Genehmigungen jedenfalls ein wirtschaftliches Interesse.

2. Die Antragsteller haben vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg – jeweils in Bezug auf die in der obigen Tabelle ihnen zugeordneten Windkraftanlagen – beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen erhobenen Anfechtungsklagen wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat den Anträgen mit Beschlüssen vom 27. März 2015 (W 4 S 15.161, -.159, -.156, -.158, -.160, und -.155) bzw. vom 15. April 2015 (W 4 S 15.286) stattgegeben.

3. Der Antragsgegner und die Beigeladenen gemeinsam haben hiergegen Beschwerde eingelegt und jeweils beantragt,

unter Änderung der entgegenstehenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Die Beigeladenen haben hinsichtlich der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2015 im jeweiligen Verfahren außerdem beantragt,

die Rechtswidrigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 27. März 2015 in der Fassung vom 27. März 2015 festzustellen.

Sie machen geltend, diese Beschlüsse seien wegen des Fehlens einer Begründung entgegen § 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO rechtsfehlerhaft. Dies sei im berechtigten Interesse der Beigeladenen festzustellen, weil zu befürchten sei, dass das Verwaltungsgericht künftig wieder unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG auf diese Weise verfahre.

Die Antragsteller haben jeweils beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, da das Verwaltungsgericht richtig entschieden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten der verbundenen Verfahren und die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die statthaften und zulässigen Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen sind begründet. Die geltend gemachten Beschwerdegründe erfordern eine Änderung der angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschlüsse. Diese erweisen sich nach summarischer Prüfung im Beschwerdeverfahren auch nicht aus andern, von den Antragstellern geltend gemachten Gründen als gerechtfertigt. Sie sind demzufolge zu ändern; die Anträge der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen sind abzulehnen. Dass die Anfechtungsklagen der Antragsteller im Hauptsacheverfahren voraussichtlich abzuweisen sein werden, unterliegt trotz tatsächlicher Unklarheiten und noch nicht abschließend geklärter Rechtsfragen jedenfalls keinen ernstlichen Zweifeln; vielmehr überwiegen im Rahmen einer Gesamtabwägung die Interessen der Beigeladenen die Interessen der Antragsteller (§ 4a Abs. 3 und 4 UmwRG).

Die Anträge der Antragsteller richten sich entgegen der Ansicht der Beigeladenen nicht nur auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklagen gegen die Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014, sondern auch ihrer Anfechtungsklagen gegen die Ausgangsgenehmigung vom 28. Februar 2014; das Verwaltungsgericht ist insofern nicht unter Verstoß gegen § 88 VwGO über die Anträge hinausgegangen. Zwar beziehen sich die – von einem Rechtsanwalt gestellten – Anträge der Formulierung nach nur auf die sofortige Vollziehung der Änderungsgenehmigung. Gleichwohl ist in der Gesamtschau zweifelsfrei das Rechtsschutzziel der Antragsteller erkennbar, nicht nur den Vollzug der Änderungsgenehmigung, sondern auch den der Ausgangsgenehmigung vorläufig zu hemmen. Dass sich die Begründung des vorläufigen Rechtsschutzantrags schwerpunktmäßig mit dem Änderungsbescheid befasst, liegt ersichtlich daran, dass erst mit diesem Bescheid – auch in Bezug auf die Ausgangsgenehmigung – die sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Zudem haben die Antragsteller im Antragsschriftsatz vom 28. Februar 2015 auf die gegen die Ausgangsgenehmigung erhobenen Anfechtungsklagen verwiesen, die Klagebegründung beigefügt und in ihren Antragsbegründungen mehrfach – erneut – auch die Fehlerhaftigkeit der vor Erteilung der Ausgangsgenehmigung durchgeführten UVP sowie des Genehmigungsverfahrens insgesamt geltend gemacht.

1. Soweit die Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren eine nach ihrer Ansicht unzureichende oder fehlerhafte Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung bemängelt haben, ist dem das Verwaltungsgericht nicht gefolgt und hat unter Nr. II.2.1 der angegriffenen Beschlüsse (vom 27.3.2015 bzw. 15.4.2015) ausgeführt, die vom Landratsamt im angegriffenen Bescheid vom 18. Juli 2014 gegebene Begründung für den Sofortvollzug genüge deren gesetzlichem Zweck und der formellen Begründungspflicht. Mit dieser Thematik brauchten sich die Beigeladenen in ihrer Beschwerde nicht zu befassen. Die Antragsteller ihrerseits haben nichts vorgetragen, was die rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichts als fehlerhaft erscheinen lassen könnte. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich keine Bedenken.

2. Für die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Interessenabwägung ist zunächst zu bedenken, dass die Verletzung materieller subjektiver Rechte der Antragsteller aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder aus § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB unwahrscheinlich ist.

Wehrfähige Rechte Dritter aus § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG werden nicht durch jede unangenehme Einwirkung einer Anlage verletzt. Vielmehr besteht ein Abwehrrecht gegen „schädliche Umwelteinwirkungen“ nach der gesetzlichen Definition in § 3 Abs. 1 BImSchG erst dann, wenn die Immissionen „erheblich“, nämlich „nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen“ herbeizuführen. Die Antragsteller haben in jedem der sieben Verfahren andere Grundstücke und andere Windkraftanlagen streitgegenständlich gemacht; die geringste streitgegenständliche Entfernung beträgt 1.343 m; selbst die Entfernung der Windkraftanlage Nr. 6 zum Grundstück FlNr. 224/3, dessen Eigentümer aber nur Klage in Bezug auf drei andere einzelne Windkraftanlagen erhoben haben, ist nur wenig geringer (1.294 m). Angesichts der bestehenden Distanzen zwischen den betroffenen Anwesen und dem Windpark ist eine etwaige Beeinträchtigung sowohl in Bezug auf Schall (einschließlich tieffrequentem Schall) als auch auf Lichtreflexionen, Eiswurf und Eisfall (jedenfalls) nicht erheblich und auch eine – nach dem Rücksichtnahmegebot nicht hinzunehmende – „optisch bedrängende Wirkung“ nicht anzunehmen.

2.1. Dies gilt zunächst für die von den Antragstellern befürchteten Lärmimmissionen. Soweit erkennbar können die für die Tagzeit maßgeblichen Immissionsrichtwerte unproblematisch eingehalten werden. Die Einhaltung der maßgeblichen nächtlichen Immissionsrichtwerte hat das Landratsamt mit Nebenbestimmungen im Änderungsbescheid vom 18. Juli 2014 vorgeschrieben (Nrn. IV.1.1.1 bis IV.1.1.3) und diesen Anordnungen ausdrücklich unter Nr. II.47 des Bescheids die Prognose im behördlicherseits eingeholten Gutachten der TÜV Süd Industrie Service GmbH, Regensburg, (nachfolgend: „TÜV Süd“) vom 30. Juni 2014 zu Grunde gelegt. Dieser Prognose zufolge ist selbst am Immissionsort „A... 30“ in K..., der den Windkraftanlagen näher liegt als jedes der Anwesen der Antragsteller, in der Nacht nur ein Beurteilungspegel von 39,5 dB(A) zu erwarten, während der für allgemeine Wohngebiete maßgebliche nächtliche Immissionsrichtwert 40 dB(A) beträgt. Zum Schutz der Nachbarschaft ungenügend (mit der Folge der Rechtswidrigkeit der Genehmigung) wären die Nebenbestimmungen in Nrn. IV.1.1.1 bis IV.1.1.3 des angefochtenen Bescheids nur dann, wenn diese Nebenbestimmungen nicht einhaltbar oder ihre Einhaltung nicht überwachbar wären. Davon kann aber trotz der zahlreichen Einwände, die die Antragsteller gegen die Richtigkeit der Prognose erheben, nicht ausgegangen werden; gegebenenfalls obliegt es dem Betreiber der Windkraftanlagen, im Fall berechtigter Beschwerden über nächtliche Lärmbelästigungen durch die Windkraftanlagen Abhilfe z.B. durch eine zeitweise Abschaltung einzelner Anlagen zu schaffen.

2.2. In Bezug auf tieffrequenten Schall und Infraschall hat das Landratsamt in der die ursprünglich geplanten, nur unwesentlich anderen Windkraftanlagen betreffenden Ausgangsgenehmigung vom 28. Februar 2014 zu Recht die Einwände der Antragsteller als unberechtigt erachtet (Nr. II.4.2 Buchst. a, S. 35, 41 und 48). Seine Ausführungen stehen im Einklang mit der Einschätzung im Bayerischen Windkrafterlass (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20.12.2011), wonach davon ausgegangen werden kann, dass ab einem Abstand von 250 m zu einer Windkraftanlage in der Regel keine erheblichen Belästigungen durch Infraschall mehr zu erwarten sind und dass bei Abständen von mehr als 500 m regelmäßig die Windkraftanlage nur einen Bruchteil des in der Umgebung messbaren Infraschalls erzeugt (Windkrafterlass Nr. 8.2.8, S. 22). Dem Bericht der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg – LUBW – zufolge („Tieffrequente Geräusche und Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen, Zwischenbericht über Ergebnisse des Messprojekts 2013-2014“, Stand Dezember 2014, S. 10 und 36 – „Zwischenbericht 2014“ – im Internet unter http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf) war bei bisher vier Messungen zu beobachten, dass sich beim Einschalten einer untersuchten Windkraftanlage der im Abstand von 700 m gemessene Infraschallpegel nicht mehr nennenswert erhöht, sondern der Infraschall im Wesentlichen vom Wind erzeugt wird, aber nicht vom Betrieb der Windenergieanlage. Die LUWB in diesem Zwischenbericht 2014 wie auch das Bayerische Landesamt für Umwelt – LfU – in seiner Internetpublikation „Windenergieanlagen – beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit?“ (aktualisierte Neufassung vom November 2014 –

http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf) verweisen in diesem Zusammenhang auch auf den öffentlich zugänglichen Bericht über Messungen an einem Wohnhaus, das ungefähr 600 m von einem Windpark mit 14 Windkraftanlagen entfernt steht (Büro „K...“, Schalltechnischer Bericht Nr. 27257-1.006 vom 26.5.2010 über die Ermittlung und Beurteilung der anlagenbezogenen Geräuschimmissionen der Windenergieanlagen im Windpark Hohen Pritz, http://www.lung.mv-regierung.de/dateien/infraschall.pdf - nachfolgend: „Bericht K...“). Diese erbrachten u.a. das Ergebnis, dass zwischen den Betriebszuständen „WEA an“ und dem Hintergrundgeräusch kein nennenswerter Unterschied zu erkennen war (Bericht K..., Nr. 5 auf S. 11, Nr. 7.4 auf S. 33, Nr. 7.5 auf S. 34). Bei der Messung waren zwei unmittelbar benachbarte Windkraftanlagen zeitweise abgeschaltet, die übrigen, ab einer Entfernung von 500 m stehenden Anlagen dagegen ständig in Betrieb (Bericht K..., Nr. 6.1 auf S. 16). Ferner verweist die LUBW auf Messungen in Australien an Windfarmen, denen zufolge die Infraschall-Expositionen, die in der Nähe von Windfarmen in Wohnhäusern gemessen wurden, dem Bereich entsprachen, der in vergleichbaren Regionen ohne Windkraftanlagen ermittelt wurde (LUBW, Zwischenbericht 2014, S. 36). Der Einwand der Antragsteller im Schriftsatz vom 20. Mai 2015, wonach der Nachtragsbericht (Nr. MS-1307-129-BY-de) des „TÜV-Süd“ sich mit dem Thema „tieffrequenter Schall" nicht ausreichend auseinandersetze und insbesondere die diesbezüglichen Änderungen der DIN 45680 nicht beachte, die den aktuellen „Stand der Technik“ wiedergebe, ist nicht geeignet, die Bewertung des Landratsamts in Frage zu stellen. Zum Einen liegt die geänderte DIN 45680 – nach einem wieder zurückgezogenen Entwurf vom August 2011 – weiterhin nur in einer Entwurfsfassung vom September 2013 vor. Nach Nr. 7.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.5 des Anhangs zur TA Lärm der Anlage ist daher weiterhin für die Ermittlung und Bewertung tieffrequenter Geräusche auf die Hinweise der DIN 45680, Ausgabe März 1997, und die im dazugehörenden Beiblatt 1 genannten Anhaltswerte zurückzugreifen, bei deren Einhaltung schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu erwarten sind. Zum Andern haben die Anwesen der Antragsteller vom geplanten Windpark mindestens die doppelte Entfernung derjenigen Distanz, die nach den bisherigen fachlichen Einschätzungen als ausreichend zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen durch tieffrequenten Schall angesehen wird, so dass die Annahme fern liegt, bei Zugrundelegung der geänderten DIN 45680 in der Fassung des Entwurfs vom September 2013 könne sich das Ergebnis maßgeblich zugunsten der Antragsteller ändern.

Auch Anhaltspunkte dafür, dass die nunmehr geplanten, mit dem Änderungsbescheid vom 18. Juli 2014 genehmigten Anlagen aufgrund ihres um ca. 4 % größeren Rotorradius, der um ca. 2 % größeren Gesamthöhe, der veränderten Bauweise des Turms und der geringeren Leistung eine andere als die auf die ursprünglich geplanten Anlagen bezogene Beurteilung erforderten, bestehen nicht.

2.3. Soweit die Antragsteller die Richtigkeit der Berechnungen im Gutachten des TÜV Süd vom 30. Juni 2014 anzweifeln und in diesem Zusammenhang bemängeln, dass gemäß Nr. IV.1.5 des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 (anders als noch im Ausgangsbescheid vom 28.2.2014) der Einsatz einer Abschalteinrichtung für Schattenwurf-Immissionen nicht mehr gefordert werde, ist ihre Argumentation nicht stichhaltig. Die fachliche Einschätzung des TÜV Süd, derzufolge der Schattenwurf der mit dem Änderungsbescheid genehmigten Windkraftanlagen weniger stark ist als die von den ursprünglich geplanten Anlagen verursachte Verschattung, lässt sich durchaus mit einer veränderten Blattgeometrie erklären. Ein zwangsläufiger Zusammenhang zwischen (einerseits) einem größeren Rotordurchmesser und einer größeren Gesamthöhe der Windkraftanlagen sowie (andererseits) der Blattgeometrie dahingehend, dass deren „Verbesserungen“ (im Sinn einer Verringerung des Schattenwurfs) durch „Verschlechterungen“ auf der anderen Seite kompensiert würden, besteht entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht. Zudem lassen die Antragsteller außer Acht, dass – nach den von ihnen nicht angegriffenen Ausführungen unter Nr. 4.1.2 des Änderungsbescheids – die Berechnung des Gutachters im Sinn einer „worst-case-Analyse“ von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgeht, die aber in der Realität – z.B. wegen Regens oder dichter Wolkendecke – nicht erreicht werden wird.

2.4. Sonstige Gefahren im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Eiswurf für die Anwesen der Antragsteller können angesichts der vorliegend gegebenen Entfernungen zu den Windkraftanlagen (1.300 m und mehr) ausgeschlossen werden, wenn die Anlagen – wie durch Nr. IV.1.4 des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 vorgeschrieben – mit technischen Einrichtungen ausgestattet werden, die Eisansatz an den Rotorblättern erkennen und dann den Rotorstillstand oder Trudelbetrieb herbeiführen, und diese Ausstattung vor der Inbetriebnahme dem Landratsamt nachgewiesen wird.

2.5. Eine „optisch bedrängende“ Wirkung, die gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen könnte, kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs bei summarischer Prüfung schon nach den von den Antragstellern selbst vorgelegten Visualisierungen nicht angenommen werden. Der hiernach gewonnene Eindruck bestätigt die – auch vom Verwaltungsgerichtshof angewandte (BayVGH, B.v. 1.12.2014 – 22 ZB 14.1594 – BayVBl 2015, 306) – Faustregel, wonach bei einem Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage von mindestens der dreifachen Gesamthöhe der Anlage diese Anlage regelmäßig nicht „optisch bedrängend“ auf die Wohnnutzung wirkt. Vorliegend betragen die Abstände mindestens das Sechsfache, bei den meisten Anwesen mehr als das Siebenfache und z.T. mehr als das Zehnfache. Der Anblick einer mehrere Kilometer langen „Kette“ von zehn Windkraftanlagen über dem Horizont bzw. einem bewaldeten oder auch freien Höhenzug mag (möglicherweise sogar durch die subjektive Einstellung gegenüber Windkraftanlagen beeinflusst) als unschön empfunden werden. Von einer „bedrängenden Wirkung“ kann aber vorliegend offensichtlich nicht die Rede sein.

2.6. Auf einen von den Antragstellern im Schriftsatz vom 20. Mai 2015 (S. 50) geltend gemachten Verstoß gegen das Gebot, Vorhaben von erheblicher überörtlicher Raumbedeutsamkeit vor der Entscheidung über ihre Zulässigkeit in einem Raumordnungsverfahren auf ihre Raumverträglichkeit zu überprüfen (Art. 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BayLPlG), könnten sich die Antragsteller nicht berufen. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayLPlG ist nicht drittschützend; ein abgrenzbarer Kreis zu schützender Dritter kann der Vorschrift nicht entnommen werden.

3. Für die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Interessenabwägung ist weiter bedeutsam, dass zwar bei Erteilung der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen (vom 28.2.2014 und vom 18.7.2014) verfahrensrechtliche Vorschriften des UVPG verletzt worden sein könnten, dass dies aber entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht überwiegend wahrscheinlich ist, und dass eventuelle Verstöße nicht unbedingt zu einem Aufhebungsanspruch führen (insbesondere weil derartige Verstöße vorliegend keine Beteiligungs- oder Informationsrechte der Antragsteller nach dem UVPG betreffen würden).

Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass die Antragsteller sich auf § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG berufen könnten, unabhängig davon, ob die das Verwaltungsverfahren abschließende immissionsschutzrechtliche Genehmigung selbst den Antragstellern zustehende subjektiv-öffentliche Rechte materieller Art verletzt. Dem kann im Ergebnis wohl nicht gefolgt werden. Denn entscheidungserhebliche Fehler der vor dem Erlass des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vermag der Verwaltungsgerichtshof nach summarischer Prüfung nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen; dasselbe gilt hinsichtlich der hier wohl ebenfalls zu berücksichtigenden vorausgegangenen UVP.

3.1. Ob eine UVP überhaupt durchgeführt werden muss, richtet sich nach §§ 3b bis 3f UVPG (vgl. § 3a Satz 1 UVPG). Besteht – wie dies vorliegend der Fall ist – die gesetzliche Pflicht zur Durchführung einer UVP nicht schon (ohne nähere Prüfung) aufgrund der Art, Größe oder Leistung eines Vorhabens (§ 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Anlage 1 Spalte 1 zum UVPG), ist aber für das Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen (Anlage 1 Spalte 2), so muss die zuständige Behörde „aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien“ ermitteln, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären, und – bejahendenfalls – eine UVP durchführen (§ 3c Satz 1 UVPG).

Ob eine allgemeine Vorprüfung rechtsfehlerhaft gewesen ist, bestimmt sich in tatsächlicher Hinsicht nach dem Kenntnisstand der zuständigen Behörde bis zum Abschluss der Prüfung (vgl. BayVGH, B.v. 27.5.2015 – 22 CS 15.485 – Rn. 17; BVerwG, U.v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 – NuR 2012, 403/405).

3.2. Vorliegend kann die von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG geregelte Fallgestaltung einer (möglicherweise) aufgrund fehlerhafter allgemeiner Vorprüfung unterlassenen UVP nur den Gegenstand der Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 betreffen, da vor der Ausgangsgenehmigung für deren Gegenstand eine UVP nicht unterblieben ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG), sondern durchgeführt wurde.

Ein Neugenehmigungsverfahren einer anderen Anlage (anstelle des vorliegend durchgeführten Änderungsverfahrens nach § 16 BImSchG) und ein neues Vorhaben anstelle eines geänderten Vorhabens im Sinn von § 3e Abs. 1 UVPG bzw. § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV, das aus denselben Gründen wie das mit dem Ausgangsbescheid vom 28. Februar 2014 genehmigte Vorhaben auch eine neue UVP erfordert hätte, waren nach Änderung des Anlagentyps wohl nicht erforderlich. Wenn eine genehmigte Anlage in ihrem Kernbestand, in ihrem Charakter grundlegend geändert wird, liegt eine Neuerrichtung einer Anlage vor. Wenn hingegen eine Anlage ersetzt wird und die neue Anlage quantitative oder qualitative Veränderungen gegenüber der genehmigten Anlage aufweist, die die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen, liegt eine (wesentliche) Änderung und keine Neuerrichtung vor. Diese Bewertung kann aus dem nicht unmittelbar anwendbaren § 16 Abs. 5 BImSchG abgeleitet werden (BayVGH, U.v. 23.11.2006 – 22 BV 06.2223 – NVwZ-RR 2007, 382/385). Eine Änderung des Anlagentyps betrifft also zumindest nicht in jedem Fall den „Kernbereich des genehmigten Gegenstands“ und somit die Grundlage der ursprünglich erteilten Genehmigung. Von ganz besonderem Gewicht für etwaige Umwelt- und Nachbarschaftsbeeinträchtigungen sind der Standort, der Umfang der Anlage (hier: Zahl der einzelnen Windkraftanlagen) und der Abstand zu Schutzgütern. Ebenso sind die Art der hervorgerufenen Umwelteinwirkungen und die Art und Weise ihrer Verursachung von Bedeutung. Bleiben diese Parameter unverändert, so kann auch bei einem Wechsel zum Modell eines andern Herstellers, verbunden mit einer Änderung des Rotorradius um gut 4 % (von 56 m auf 58,5 m), der Gesamthöhe um ca. 2 % (von 196 m auf 199 m) und einer Verringerung der Leistung (von 3.000 kW auf 2.400 kW) nicht von derartig erheblichen Änderungen ausgegangen werden, die es erfordern würden, alle mit einer Neugenehmigung verbundenen Verfahrensschritte erneut zu unternehmen.

Der Vergleich der durch die Änderung (möglicherweise) ausgelösten nachteiligen Umweltauswirkungen mit dem bereits genehmigten Zustand ist demnach auch Maßstab für die Frage, ob wegen einer geplanten Änderung eine UVP vorzunehmen ist. § 1 Abs. 3 der 9. BlmSchV bestimmt insoweit, dass vor einer Änderungsgenehmigung einer Anlage nach Anlage 1 (zum UVPG) eine UVP durchzuführen ist, wenn die für eine UVP-pflichtige Anlage in der Anlage 1 angegebenen Größen- oder Leistungswerte durch eine Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden (dies ist vorliegend nicht der Fall) oder wenn die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BlmSchV genannten Schutzgüter haben kann. Dass dies nicht der Fall ist, hat das Landratsamt in der angefochtenen Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 unter Nrn. II.2.2 und II.3 dargelegt. Die dieser Beurteilung zu Grunde liegende allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls des Landratsamts ist unter dem Datum 16. Juli 2014 in den Behördenakten dokumentiert (Bl. 133/134). Sie stimmt insbesondere – was die vom Verwaltungsgericht in den Mittelpunkt seiner Argumentation gerückte Gefährdung der geschützten Vogelart Uhu angeht - inhaltlich überein mit der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 16. Juli 2014. Sie kommt nachvollziehbar im Sinn von § 3a Satz 4 UVPG zu dem Ergebnis, dass die zu genehmigenden Änderungen der Anlage – im Vergleich zu der bereits am 28. Februar 2014 genehmigten Ausführung des Windparks – keine erheblichen Auswirkungen auf die genannten Schutzgüter haben wird; etwaige Auswirkungen der Änderung lägen zumindest deutlich unter der Erheblichkeitsschwelle des § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV. Dies erscheint so unproblematisch, dass es an dieser Stelle hierzu keiner vertiefenden Erwägungen mehr bedarf (vgl. dazu unten 3.4).

3.3. Die zwischen dem 28. Februar 2014 und dem 18. Juli 2014 und später gewonnenen bzw. dem Landratsamt mitgeteilten weiteren Erkenntnisse über das Vorkommen gefährdeter Tierarten im streitgegenständlichen Gebiet, insbesondere des Uhus, sind keine Auswirkungen der Vorhabensänderung und daher grundsätzlich in diesem Zusammenhang nicht entscheidungserheblich. Es handelt sich um Auswirkungen, die bereits dem ursprünglichen Vorhaben zuzurechnen waren. Diese Auswirkungen sind im vorliegenden Fall bereits nach Maßgabe des UVPG im Rahmen einer UVP ermittelt und bewertet worden. Die Behörde kann die dabei gewonnenen Erkenntnisse bei der Vorprüfung des geplanten Änderungs- oder Erweiterungsvorhabens als Vergleichsgrundlage heranziehen, ohne insoweit in eine erneute Prüfung eintreten zu müssen (Sangenstedt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Loseblattsammlung, 43. EL Sept. 2004, § 3e UVPG Rn. 27). Sangenstedt (a.a.O.) schränkt dies allerdings dahingehend ein, dass dies dann anders sei, wenn die Ergebnisse erkennbar überholt oder aus sonstigen Gründen unzutreffend seien (welche Folgen sich in einem solchen Fall hieraus ergeben, führt der Kommentar indes nicht aus). Es erscheint zwar aus Bestandsschutzgründen zweifelhaft, dass eine völlige Neubewertung der Erkenntnisse aus einer früheren UVP (insbesondere dann, wenn sie rechtsfehlerfrei durchgeführt und nur hinsichtlich ihres Ergebnisses durch späteren Wissenszuwachs infrage gestellt worden ist) in jedem Fall dann geboten ist, wenn die Anlagenänderung selbst keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BlmSchV genannten Schutzgüter haben kann. Der Verwaltungsgerichtshof zieht allerdings im vorliegenden Fall zugunsten der Antragsteller in Betracht, dass eine kritische Prüfung der Ergebnisse einer früheren, für das „Ausgangsvorhaben“ durchgeführten UVP dann geboten sein kann, wenn – wie im vorliegenden Fall – die aufgrund der UVP erteilte Genehmigung des Ausgangsvorhabens (vorliegend die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 28.2.2014) von denselben Rechtsmittelführern angefochten und damit noch nicht bestandskräftig ist und das Vorhaben – aufgrund der angeordneten sofortigen Vollziehung der Genehmigung in rechtlich zulässiger Weise – erst zu einem geringen Teil „ins Werk gesetzt“ ist. Erwägungen im Hinblick auf einen etwaigen Bestandsschutz und Vertrauensschutz stehen in einem solchen Fall einer Berücksichtigung des Überholtseins der Erkenntnisse aus einer früheren UVP weniger entgegen als im Fall einer nach fehlerfreier UVP vor Jahren unanfechtbar genehmigten und seitdem betriebenen Anlage.

3.4. Auch bei Notwendigkeit einer Prüfung, ob die bisherigen Erkenntnisse, die bei der Durchführung der UVP gewonnen worden sind, überholt oder sonst unzutreffend waren, ergibt sich vorliegend nicht, dass die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls am 16. Juli 2014 rechtsfehlerhaft war.

Soweit die Antragsteller dem Landratsamt entgegenhalten, es habe Hinweise auf Uhuvorkommen (das Hören von Uhu-Rufen – sog. „Verhöre“ – sowie Horst- und Jungtierfunde) nach dem 16. Juli 2014 nicht berücksichtigt, können derartige Erkenntnisse von vornherein nicht zur Fehlerhaftigkeit der allgemeinen Vorprüfung führen, weil sie nach dem maßgeblichen Stichtag (16.7.2014) durch das Landratsamt erlangt worden sind. Wie oben ausgeführt, kommt es insofern auf den Kenntnisstand der zuständigen Behörde beim Abschluss der Prüfung an. In diesem Zeitpunkt muss die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ihre verfahrenssteuernde Wirkung entfalten. Nicht entscheidungserheblich ist daher der Nachweis einer zweiten Uhubrut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 5, die nach eigenem Vortrag der Antragsteller erst Ende Juli 2014 festgestellt wurde und deren Nachweise der Unteren Naturschutzbehörde „seit Ende Juli / Anfang August 2014“ vorlagen (Schriftsatz vom 20.5.2015 zum Verfahren 22 CS 15.952, S. 28 unten und S. 29 oben unter 3). Diese Uhubrut in der Nähe der ungefähr in der Mitte der „Windkraftanlagen-Kette“ stehenden Anlage Nr. 5 könnte zwar unter Umständen, wie sich aus der E-Mail-Korrespondenz vom August zwischen der Regierung von Unterfranken und dem Landratsamt ergibt – den Bestand der erteilten, aber noch nicht bestandskräftigen Genehmigung in ihrer derzeitigen Fassung in Frage stellen und – soweit erforderlich und verhältnismäßig zur Vermeidung einer Gefährdung des öffentlichen Interesses – deren Widerruf oder Teilwiderruf nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG oder eine Anordnung nach § 3 Abs. 2 BNatSchG rechtfertigen. Sie wurde aber – wie oben ausgeführt – von Bürgern erst im Ende Juli 2014 festgestellt und dem Landratsamt gemeldet, als die allgemeine Vorprüfung vor der Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 schon durchgeführt war und diese Genehmigung schon erteilt war.

Im Übrigen ergeben sich die rechtlichen Anforderungen an die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls aus § 3e Abs. 1 Nr. 2, § 3c Satz 1 und 3 UVPG und § 1 Abs. 3 der 9. BlmSchV. Sonach hat die Behörde – wie sich schon aus dem Wortlaut des § 3c Satz 1 UVPG „nach Einschätzung der zuständigen Behörde“ ergibt – einen Beurteilungsspielraum. Dieser ist gerichtlich nur begrenzt überprüfbar. Die im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung zu treffende Entscheidung, ob das Vorhaben eine UVP erfordert, ist eine wertende Beurteilung, die von Prognoseelementen geprägt ist. Eine solche kann durch das Verwaltungsgericht nicht ersetzt werden (vgl. § 3a Satz 4 UVPG; hierzu OVG NRW, U.v. 3.12.2008 – 8 D 19/07.AK - juris Rn. 72 m.w.N.). Die Prüfung des Verwaltungsgerichts muss sich deshalb darauf beschränken, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, ob sie vom richtigen Verständnis der anzuwendenden Gesetzesbegriffe ausgegangen ist, ob sie den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt, ob sie sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten hat und ob sie schließlich das Willkürverbot nicht verletzt hat (std. Rspr. des BVerwG, zusammenfassend U.v. 16.5.2007 – 3 C 8.06 – BVerwGE 129, 27). Derselbe Maßstab ergibt sich auch aus § 3a Satz 4 UVPG i.V.m. § 3c UVPG; die allgemeine Vorprüfung muss in diesem Sinn „nachvollziehbar“ sein (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2006 – 4 C 16/04 – juris; OVG NW, U.v. 3.12.2008 – 8 D 19/07.AK - juris).

Vorliegend waren bereits bei der Durchführung der UVP vor Erlass des Genehmigungsbescheids vom 28. Februar 2014 zahlreiche Hinweise auf ein Uhu-Vorkommen in dem bewaldeten Höhenzug, auf dem die zehn Windkraftanlagen errichtet werden sollen („S... Wald“), dem Landratsamt bekannt (Nutzung durch den Uhu zum Brüten und zur Aufzucht der Jungen oder als Nahrungshabitat oder als Gebiet, das auf dem Flug zu Nahrungshabitaten durchquert wird). Dies ergibt sich aus der zusammenfassenden Darstellung dieser Hinweise in einer von den Antragstellern vorgelegten E-Mail der Regierung von Unterfranken vom 1. Oktober 2014 (nach Erlass der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen), welche insoweit auszugsweise den Inhalt der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung referiert, und aus der Nr. 4.3.6 des „Fachberichts Faunistische Karten“ zur im Auftrag des Anlagenbetreibers erstellten speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) des Büros für F... – BFU – (Dipl.-Biologe T...) vom 13.8.2013. Demnach hat schon im Jahr 2009 die LBV-Kreisgruppe im Rahmen eines Brutmonitorings eine aufgegebene Brut nordwestlich von Wülflingen dokumentiert; im Jahr 2010 – allerdings nicht mehr in den Jahren 2011 und 2012 – wurde dort ein balzendes Paar verhört. Die von den Antragstellern zusammen mit dem Schriftsatz vom 17. Dezember 2013 dem Landratsamt vorgelegte „Vogelsichtungskarte“ (vom 7.10.2012) enthält Eintragungen zu Uhusichtungen in dem fraglichen Gebiet. Am 9. März 2013 sei Herrn T... eine Uhusichtung an der Sandgrube/Reuthspitze gemeldet worden; am 2. November 2013 habe ein anderer Bürger bei der Jagd im Windkraftvorbehaltsgebiet WK 88 (in dem die streitgegenständlichen Windkraftanlagen stehen sollen) einen ausgewachsenen Uhu gesichtet. Während der Planung des Vorbehaltsgebiets WK 88 hat die Regierung von Unterfranken in einer Stellungnahme vom 13. oder 17. Februar 2012 auf die besondere Empfindlichkeit des Gebiets (es sei zu 5 % Ausschlussgebiet und zu 95 % sensibles Gebiet, dort kämen Uhu und andere geschützte Tiere – insb. Schwarzstorch und die Fledermausart „Kleiner Abendsegler“ – vor) hingewiesen. Der angehörte Naturschutzbeirat des Landkreises hat in seiner Sitzung vom 17. Oktober 2013 das Projekt (Festsetzung des WK 88) strikt abgelehnt. Die Untere Naturschutzbehörde (Herr L...) äußerte sich zur Regionalplanfortschreibung und zum geplanten Vorbehaltsgebiet WK 88 – bezüglich der Gefährdung von Uhus – zunächst dahingehend, dass der Uhu in dem fraglichen Gebiet schon gesichtet und eine Uhubrut zwar nicht in diesem Gebiet selbst, aber eine Uhubrut mit flüggen Jungtieren im angrenzenden Wässernachtal im Jahr 2010 nachgewiesen worden sei, und dass aus artenschutzrechtlicher Sicht von der Überplanung bzw. Ausweisung als Vorbehaltsfläche dringend abgeraten werde, weil ein erhöhtes Tötungsrisiko für schlagempfindliche Vogelarten und Fledermäuse bestehe. Insoweit ist allerdings hinzuzufügen, dass die letztgenannte Schlussfolgerung - erhöhtes Tötungsrisiko – von derselben Behörde unter dem 12.6.2012 dahingehend revidiert wurde, dass aufgrund einer zwischenzeitlich im Februar/März 2012 erfolgten flächigen Horstkartierung das Gebiet zwar nach wie vor als sensibles Gebiet einzuschätzen sei, die aktuellen Kartierungen aber nicht den Schluss zuließen, dass eine Errichtung von Windenergieanlagen in diesem Bereich unmöglich erscheine; es gebe derzeit keine Brutnachweise, die eine Ausweisung des Gebietes als Vorbehaltsgebiet ausschlössen. Auf einer dem Schriftsatz vom 24. Februar 2013 ans Landratsamt beigefügten Karte und tabellarischer Aufstellung sind insgesamt 18 akustische Wahrnehmungen des Uhus im streitgegenständlichen Gebiet durch ansässige Jäger im Zeitraum Dezember 2012 bis Mitte Februar 2013 dokumentiert. Im Mai 2013 wurde eine Uhubrut im streitgegenständlichen Gebiet (WK 88) im Norden des Windparks – östlich der nördlichsten Windkraftanlage Nr. 10 – nachgewiesen. Dies wurde dem Landratsamt im Rahmen der UVP bekannt und von ihr auch (wenngleich nicht mit dem von den Antragstellern für richtig gehaltenen Ergebnis) gewürdigt.

Soweit die Antragsteller – und das Verwaltungsgericht – dem Landratsamt einen Fehler der allgemeinen Vorprüfung bei der Bewertung der vorangegangenen UVP dergestalt vorwerfen, dass deren Prüfungen und die Untersuchung potentiell gefährdeter Tierarten (insbesondere des Uhus) unzureichend und vor allem nicht nach den Vorgaben des Windkrafterlasses unternommen worden seien, ist diese Argumentation doch mit einigen Fragezeichen zu versehen und könnte zudem nicht die von den Antragstellern gewünschte Rechtsfolge auslösen.

Insofern zeigt § 6 Abs. 2 Satz 1 UVPG, dass Inhalt und Umfang der entscheidungserheblichen Unterlagen, die zu Beginn der UVP vom Vorhabensträger vorzulegen sind, sich nach den Rechtsvorschriften richten, die für die Zulassung des Vorhabens maßgeblich sind. Für die Zwecke der UVP muss der entscheidungserhebliche Sachverhalt also vollständig ermittelt sein (Gassner, UVPG, 1. Aufl. 2006, § 6 Rn. 7-11)).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – Rn. 45 und B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 und -.1080 – GewArch 2015, 90, juris Rn. 25) kommt zudem den im Windkrafterlass enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu. Ihre Beachtung beim Vollzug des Artenschutzrechts, insbesondere des § 44 Abs. 1 BNatSchG, ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit geboten. Von ihnen darf nicht ohne triftigen fachlichen Grund abgewichen werden.

Insoweit bemängeln die Antragsteller insbesondere, dass vorliegend die detaillierten Vorgaben unter Nr. 9.4 des Windkrafterlasses missachtet worden seien; insoweit räumte auch der Verfasser des „Zwischenberichts zu den Ergebnissen Kartierung im Umfeld des geplanten Windparks im WK-Vorbehaltsgebiet 88“ vom Juni 2012 (Dipl.-Biologe T...) unter Nr. 4.1 auf S. 5 des Zwischenberichts ein, dass eine detaillierte Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten [von Vögeln], die der Windkrafterlass empfiehlt, bisher nicht umfassend durchgeführt worden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass das Landratsamt bei der Durchführung der UVP (und im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren) die ihm bekannt gewordenen Hinweise auf eine Gefährdung des Uhus weitgehend gemäß den Vorgaben des Windkrafterlasses behandelt hat. Die im Mai 2013 festgestellte Brut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 10 befand sich – unter den Beteiligten unbestritten - außerhalb des für den Uhu geltenden „1000-m-Prüfbereichs“ nach Anlage 2 Spalte 1 des Windkrafterlasses, so dass eine Prüfung, ob durch die geplanten Windkraftanlagen Verbotstatbestände erfüllt würden, nur nach den Grundsätzen, die bezüglich des für den Uhu maßgeblichen 6000 m-Prüfbereichs gelten, geboten war (die Uhubrut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 5 wurde – wie oben ausgeführt – erst nach den maßgeblichen Zeitpunkten bekannt).

Was die Lage der entdeckten Uhubrut bei der Windkraftanlage Nr. 10 im 6000 m-Prüfbereich angeht, so bemängeln die Antragsteller, dass der Gutachter insoweit die Einschätzung abgegeben habe, der dort brütende Uhu sei auch auf dem Flug zu Nahrungshabitaten nicht gefährdet, weil diese „großräumig und diffus verteilt“ seien (im Sinn der Ausführungen auf S. 42 des Windkrafterlasses) und daher nicht zu erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windkraftanlagen führen dürften (Dipl.-Biologe T..., Nr. 2.3. auf S. 54 der naturschutzfachlichen Angaben zur saP vom 13.8.2013). Die Aussage des Gutachters in dieser unter Nr. 2.3 angestellten Prognose zur Einhaltbarkeit des Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist – entgegen der Ansicht der Antragsteller – wohl nicht so zu verstehen, dass alle potentiellen Jagdhabitate des Uhus im 6-km-Umkreis um den Brutplatz östlich und südöstlich liegen würden; diese Aussage bezieht sich vielmehr nur auf die Offenlandbereiche entlang der genannten drei Fließgewässer (Riedbach, Nassach, Main), wogegen der Gutachter anschließend auch die – nicht östlich und südöstlich, sondern westlich und südwestlich gelegenen – Hangwälder und Wiesengründe des Wässernachtals und weitere westlich und südwestlich befindliche Nahrungshabitate genannt hat. Um von dem – östlich der Windkraftanlage Nr. 10 gelegenen – Brutplatz aus die noch weiter östlich liegenden Gewässer Riedbach und Nassach zu erreichen, überquert ein Vogel tatsächlich normalerweise nicht die ungefähr in Nord-Süd-Richtung verlaufende „Kette“ aus den zehn Windkraftanlagen; insofern ist dem Gutachter keine Verkennung der Tatsachengrundlagen zu unterstellen. Bezüglich der Auen des weiter im Süden etwa in West-Ost-Richtung verlaufenden Mains ist dies allerdings ebenso erklärungsbedürftig wie die – nicht näher begründete – Feststellung, dass es keine Konzentration von Nahrungshabitaten in Bereichen gebe, die nur nach Durch- oder Überfliegen der Windkraftanlagen-Standorte zu erreichen seien. Dies gilt vor allem hinsichtlich der möglichen Jagdhabitate im Wässernachtal, das seit einer im Jahr 2010 erwiesenen Uhubrut und bis heute unverändert als bekanntermaßen besonders „sensibel“ in Bezug auf Uhus angesehen werden muss (wie verschiedene fachliche Stellungnahmen in den Behördenakten belegen). In der Konsequenz der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs läge es zwar, hier grundsätzlich weitere Ermittlungen nach Anlage 6 zum Windkrafterlass zu fordern. Insofern wäre es geboten gewesen, dass sich der Antragsgegner dieser Mühe unterzogen hätte. Allerdings kann aus triftigen naturschutzfachlichen Gründen hiervon abgewichen werden, für die der Verwaltungsgerichtshof hier Anhaltspunkte sieht. Dies liegt auch daran, dass nach naturschutzfachlicher Aussage ein Uhu regelmäßig nicht höher als 80 m fliegt und deshalb von den Rotoren der vorliegend streitgegenständlichen Anlagen (bei einer Nabenhöhe 141 m und einem Rotorradius von 58,5 m) normalerweise nicht erfasst werden kann, sodass die Tatsachengrundlage für eine Prognose der Einhaltbarkeit des Tötungsverbots im Sinn eines Ausschlusses eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos bereits jetzt ausreicht. Die Antragsteller ziehen dies zwar in Zweifel. Zu bedenken ist aber, dass hierzu eine Aussage des zuständigen Mitarbeiters der Staatlichen Vogelschutzwarte Garmisch-Partenkirchen (Herr K...) vorliegt, die dem Landesamt für Umweltschutz (LfU) als der obersten Landesfachbehörde für Vogelschutz untersteht. Darüber hinaus handelt es sich bei Herrn K... um einen auch als gerichtlicher Sachverständiger tätigen ausgewiesenen Fachmann (vgl. Verfahren 22 B 13.1358, U.v. 18.6.2014). Dass seine Aussagen nur mündlich erfolgt sind, macht sie nicht fehlerhaft, erhöht allerdings die Gefahr von Missverständnissen.

Zu berücksichtigen ist bei alledem, dass die Antragsteller hier letztlich Ermittlungsfehler im Detailbereich bei der Durchführung der UVP geltend machen. Dies steht ihnen zwar frei. Es ist aber doch fraglich, ob derartige Fehler zu einer Verletzung ihrer subjektiven Rechte führen können. Ihre eigenen materiellrechtlichen Belange sind durch etwaige Ermittlungsdefizite nicht tangiert, diese betreffen nur das eindeutig nicht drittschützende Artenschutzrecht. Ihre verfahrensrechtlichen Gewährleistungen im Rahmen der UVP waren ebenfalls nicht tangiert. Der Europäische Gerichtshof verlangt insofern vor allem eine Berücksichtigung des Grades der Schwere des geltend gemachten Fehlers und die Prüfung, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen hat, die geschaffen wurden, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen (U.v. 7.11.2013 – Rs. C 72/12 – BayVBl 2014, 400/402 Rn. 54 – „Gemeinde Altrip“); um einen Fehler dieser Art handelt es sich im vorliegenden Fall wohl nicht. In diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof zudem ausdrücklich nicht dazu Stellung genommen, ob von Individualklägern geltend gemachte Verfahrensfehler bei der UVP auf nicht drittschützenden Rechtsgebieten ohne Beeinträchtigung einer materiellrechtlichen Rechtsposition zu Aufhebungsansprüchen führen (vgl. EuGH, U.v. 7.11.2013 - C-72/12 – a.a.O. Rn. 55). Insofern kann bisher nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass nach der Ansicht des Europäischen Gerichtshofs auf das Erfordernis einer Verletzung materieller subjektiver Rechte des Individualklägers verzichtet werden könnte. Eine Rechtsschutzlücke für besonders geschützte Arten kann wegen des Instituts der Umweltverbandsklage nicht entstehen.

3.2.5. Auch in Bezug auf andere Tierarten (insbesondere den Schwarzstorch und Fledermäuse) sind nach summarischer Prüfung keine rechtserheblichen Fehler der allgemeinen Vorprüfung zu erkennen, die eine andere Entscheidung gebieten würden.

4. Soweit die Antragsteller Verfahrensfehler der allgemeinen Vorprüfung und/oder der UVP darin sehen, dass die hiermit befassten Bediensteten wegen der wirtschaftlichen und persönlichen Verflechtungen zwischen der Genehmigungsbehörde, den eingeschalteten Gutachtern bzw. Fachkräften und den Windkraftanlagenbetreibergesellschaften nicht unparteilich hätten agieren können, können sie damit nicht durchdringen. Die Rechtsordnung kennt eine – von den Antragstellern geltend gemachte – "institutionelle Befangenheit" einer Behörde nicht (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 20 Rn. 9 ff.). Vielmehr regeln die §§ 20 und 21 VwVfG (bzw. das entsprechende Landesrecht) nur den Ausschluss und die persönliche Befangenheit von (einzelnen) Mitarbeitern. Dass eine Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit auch "in eigenen Angelegenheiten" entscheidet, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Der Schutz der subjektiven Rechte eines betroffenen Bürgers ist durch die von der Rechtsordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe sichergestellt. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch für Ermessensentscheidungen und Planungsentscheidungen und erst recht bei gebundenen Entscheidungen wie im vorliegenden Fall (BVerwG, B.v. 31.3.2006 – 8 B 2/066 - Buchholz 316 § 20 VwVfG Nr. 9, m.w.N.). Zwar sind einerseits die Vorbehalte der Antragsteller angesichts der vorliegenden besonderen Konstellation verständlich. Andererseits ist es legitim, dass sich ein Landkreis auch in Form privatrechtlicher juristischer Personen wirtschaftlich betätigt. Dass dieselbe Person (Landrat) sowohl Amtsleiter der staatlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde und der Unteren Naturschutzbehörde (Landratsamt) wie auch des Verwaltungsorgans des Landkreises ist (gleichfalls Landratsamt), ist in der in Bayern gesetzlich geregelten Doppelnatur des Landratsamts begründet (vgl. Art. 37 Abs. 1 LKrO). Wenn der Amtsleiter auf eine zügige Bearbeitung eines Genehmigungsverfahrens hinwirkt, dann ist dies für sich genommen nicht rechtswidrig oder auch nur „verdächtig“, sondern entspricht den gesetzlichen Vorgaben (vgl. Art. 10 Satz 2 BayVwVfG und § 10 Abs. 6a BImSchG). Die von den Antragstellern angeführten Verhaltensweisen und Tatsachen sind keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Besorgnis der Befangenheit einer der betroffenen handelnden Personen (Art. 21 BayVwVfG) oder für deren Ausschluss nach Art. 20 Abs. 1 BayVwVfG.

5. Bei der Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen ist schließlich zu bedenken, dass die Antragsteller durch den Weiterbau und den Betrieb der strittigen Anlagen nur wenig beeinträchtigt werden, wogegen den Beigeladenen durch den Baustopp erhebliche Verluste entstehen.

6. Soweit die Beigeladenen die Feststellung begehren, dass der – zunächst ohne Begründung bekanntgegebene – Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2015 eben wegen des Fehlens einer Begründung rechtsfehlerhaft gewesen sei, kommt eine solche Feststellung schon deshalb nicht in Betracht, weil der von den Beigeladenen geltend gemachte Fehler kein Rechtsverhältnis zwischen Beteiligten des Rechtsstreits (vgl. § 43 Abs. 1 VwGO) betrifft, sondern die vom Gericht zu beachtenden verwaltungsprozessualen Anforderungen an den formalen Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Den Antragstellern zu 1 und 2 bzw. zu 3 und 4 bzw. zu 5 und 6 gehören nach Aktenlage die als betroffen geltend gemachten Anwesen gemeinsam, so dass ihre Kostenhaftung als Gesamtschuldner sachgerecht ist. Alle drei „Antragstellergruppen“ haben beim Verwaltungsgericht ursprünglich jeweils ein Verfahren angestrengt, das sich gegen jeweils zwei Windkraftanlagen richtete; die Antragsteller zu 3 und 4 haben allerdings danach noch in einem separaten Verfahren gegen eine dritte Windkraftanlage Rechtsschutz begehrt. Das Verwaltungsgericht hat die anhängig gemachten vorläufigen Rechtsschutzanträge in sieben einzelne Verfahren (7 Windkraftanlagen) getrennt. Es handelte sich erstinstanzlich somit um vier separate Verfahren, von denen jeweils eines von den Antragstellern zu 1 und 2 bzw. den Antragstellern zu 5 und 6, die beiden weiteren aber von den Antragstellern zu 3 und 4 geführt wurden. Alle Verfahren sind hinsichtlich ihrer Bedeutung gleichwertig, auf die Zahl der bekämpften Windkraftanlagen kommt es nicht an (siehe sogleich zum Streitwert). Der auf die Antragsteller zu 3 und 4 entfallende Anteil an der Kostenmasse aller Verfahren ist daher mit 50%, der Anteil, der auf die aus den Antragstellern zu 1 und 2 sowie zu 5 und 6 bestehenden Rechtsgemeinschaften trifft, mit jeweils 25% anzusetzen.

Die Streitwertfestsetzung und die diesbezügliche Änderung der angefochtenen Beschlüsse beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 2.2.2 und 19.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013. Das Verwaltungsgericht ist zunächst – wie sich zwar nicht aus der Begründung der Streitwertentscheidung, aber aus der anteiligen Berechnung der festgesetzten Streitwerte ergibt – zutreffend vom Streitwert 15.000 € für die Drittanfechtungsklage gegen Windkraftanlagen ausgegangen. Die Zahl der bekämpften Windkraftanlagen ist hierbei grundsätzlich ohne Belang, weil die Störwirkung von Windkraftanlagen sehr verschieden und nicht ohne weiteres in Zahlen danach bemessen werden kann, wieviele Anlagen angegriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2015 – 22 C 15.984). Das Verwaltungsgericht hat aber alle sieben insgesamt bekämpften Windkraftanlagen als Einheit betrachtet und dabei außer Acht gelassen, dass drei verschiedene Rechtsgemeinschaften (nämlich die Antragsteller zu 1 und 2 bzw. zu 3 und 4 bzw. zu 5 und 6) jeweils mit ihren Anträgen ein eigenes Rechtsschutzziel verfolgt haben. Insoweit sind die drei zunächst anhängig gemachten Verfahren nicht als Rechtsschutzgesuch einer Rechtsgemeinschaft zu werten, sondern deren Streitwerte zu addieren (Streitwertkatalog Nr. 1.1.3). Zudem erscheint die Pauschalierung des Streitwerts ohne Rücksicht auf die Zahl der Windkraftanlagen auch in dem Fall nicht angebracht, dass – wie vorliegend die Antragsteller zu 3 und 4 – die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für einen Windpark zunächst nur in Bezug auf zwei der einzelnen Windkraftanlagen angreifen und danach ein separates vorläufiges Rechtsschutzverfahren wegen einer weiteren Anlage anhängig machen. Mit einem solchen Vorgehen haben sie zu erkennen gegeben, dass sie – über die zunächst bekämpften zwei Windkraftanlagen hinaus (für die nach dem obigen Ansatz im Klageverfahren ein Streitwert von 15.000 € angemessen wäre) – der weiteren Anlage eine zusätzliche Störwirkung beimessen.

Tatbestand

1

Der Kläger, eine im Freistaat Sachsen anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich mit seiner Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion Chemnitz vom 24. Februar 2010 für den Bau der Ortsumgehung Freiberg im Zuge der Bundesstraßen B 101 (Aue-Berlin) und B 173 (Bamberg-Dresden). Die ca. 13,4 km lange Neubaustrecke soll von der Bestandsstrecke der B 101 im Nordwesten von Freiberg westlich um die Ortslage der Stadt bis zur B 173 Richtung Chemnitz geführt werden; von dort aus verläuft die Trasse südlich des Stadtgebiets, wo die B 101 in Richtung Brand-Erbisdorf abzweigt, und östlich des Stadtgebiets bis zur Bestandsstrecke der B 173 in Richtung Dresden. Westlich von Freiberg quert die Trasse den Hospitalwald, der zahlreichen Fledermausarten als Lebensraum dient; sie wird dort etwa zur Hälfte in westlicher Parallellage zur Bahnstrecke Dresden-Werdau (Sachsenmagistrale) geführt. Südlich der Stadt verläuft sie weitgehend abgesetzt von Wohn- und Gewerbegebieten in Tieflage durch Offenland. In diesem Bereich reicht sie bis zu 150 m an das aus mehreren Teilgebieten bestehende FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" heran. Südöstlich der Stadt wird die Trasse am Rand dort vorhandener Bergwerkshalden geführt, die einen besonderen Verbreitungsschwerpunkt der Zauneidechse darstellen. Anschließend quert sie mit einer Brücke von 356 m lichter Weite und ca. 30 m lichter Höhe das Tal der Freiberger Mulde und das bandartig dem Lauf der Mulde folgende FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal". Neben dem Bau der Ortsumgehung umfasst das Vorhaben im Anschluss an die Knotenpunkte den Ausbau bzw. die Verlegung von Teilstücken mehrerer städtischer Straßen.

2

Das Vorhaben ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als zweistreifige Bundesstraße in der Kategorie des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen. Die Ortsumgehung soll die Leistungsfähigkeit der beiden Bundesstraßen erhöhen, die Ortslage Freiberg von Durchgangsverkehr entlasten und weiträumigen Verkehr von und zu den Gewerbegebieten der Stadt aufnehmen.

3

Nach Einleitung des Planfeststellungsverfahrens im Dezember 2005 lag der Plan zur allgemeinen Einsichtnahme aus. Die Auslegung war vorher unter Hinweis auf die Möglichkeit, bis zu zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist Einwendungen zu erheben, und die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen ortsüblich bekannt gemacht worden.

4

Mit fristgerecht eingereichtem Einwendungsschreiben vom 4. Dezember 2008 wandte sich der Kläger gegen die vorgesehene Trassenführung. Die Vorzugsvariante führe zu zahlreichen aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht hinnehmbaren Konfliktpunkten. Dies gelte für den Hospitalwald, den Freiberger Stadtwald, den Bereich zwischen den Knotenpunkten 3 und 4, Biotopverbundstrukturen südwestlich der Gaststätte "Letzter 3er", den Querungsbereich der Bahnstrecke Dresden-Werdau und einen benachbarten Hangwald, ein Feuerwerktestgelände mit angrenzenden Brachflächen und den Talraum der Freiberger Mulde. Der Kläger machte nähere Ausführungen dazu, welche Tierarten in diesen Konfliktbereichen von Beeinträchtigungen bedroht seien, und unterbreitete gemeinsam mit der Grünen Liga einen Trassenvorschlag, wonach die Straße westlich von Freiberg teils in Anlehnung an die Ortslage, teils innerorts verlaufen soll und im Bereich der Muldetalquerung ein Ausbau der Bestandsstrecke vorgesehen ist.

5

Weiterhin rügte der Kläger in seinem Einwendungsschreiben die Unvereinbarkeit der Planung mit den Vorgaben des Artenschutzrechts. Der Hospitalwald, der Biberteich und das Freiberger Muldetal stellten einen überregional bedeutsamen Lebensraum für Fledermäuse dar, wobei sich der Schwerpunkt des Vorkommens im Hospitalwald befinde. Mit der Realisierung des Vorhabens würden in einem breiten Korridor Leitlinien zerstört, Flugrouten dauerhaft zerschnitten und Kollisionen mit Fahrzeugen provoziert. Außerdem sei mit starken Schadstoffbelastungen sowie akustischen und visuellen Störungen zu rechnen. Diese Beeinträchtigungen verwirklichten artenschutzrechtliche Verbotstatbestände. Der Erfolg der vorgesehenen CEF-Maßnahmen sei sehr unsicher. Unter vergleichbaren Defiziten leide die artenschutzrechtliche Prüfung der Auswirkungen auf Schlingnatter und Zauneidechse. Zudem sei es versäumt worden, die Verbotstatbestände individuenbezogen zu prüfen. Ob die vorgesehenen artspezifischen Maßnahmen, insbesondere die Umsiedlung der Reptilien in Ersatzlebensräume, Erfolg haben würden, sei nicht kalkulierbar. Die Ersatzlebensräume lägen überdies so nahe an der Trasse, dass mit verkehrsbedingter Tötung der Tiere zu rechnen sei.

6

Unzureichend sei darüber hinaus die Beurteilung der FFH-Verträglichkeit des Vorhabens. Für das Bachneunauge und die Westgroppe seien die projektbedingten Beeinträchtigungen nicht geprüft worden, obgleich die Freiberger Mulde und der Kleinwaltersdorfer Bach im Einwirkungsbereich der Trasse alle Voraussetzungen für ein Habitat dieser Fischarten erfüllten. Durch die Einleitung der schadstoff- und salzhaltigen Straßenabwässer werde die Qualität der fraglichen Gewässerabschnitte verschlechtert, ohne dass geklärt sei, wie sich das auf den Erhaltungszustand der Fischpopulationen auswirke. Die Beeinträchtigung von Nahrungshabitaten der Mopsfledermaus und des Großen Mausohrs im Freiberger Muldetal sei fehlerhaft beurteilt worden. Die ebenfalls zum FFH-Gebiet gehörenden Kreuzermarkteiche seien in der Verträglichkeitsprüfung zu Unrecht als bloße Entwicklungsfläche des Lebensraumtyps 3150 eingestuft und die zu erwartenden Beeinträchtigungen dementsprechend fehlgewichtet worden. Bezogen auf das FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" sei neben Trennwirkungen im Lebensraum des Kammmolches zu berücksichtigen, dass die im Einschnitt geführte Ortsumgehung zur Grundwasserabsenkung und damit zu negativen Auswirkungen auf das Hydroregime der Bergwerksteiche und des an den Mittelteich angrenzenden Flachmoorkomplexes führen könne.

7

Ferner sei das Ausgleichskonzept des landschaftspflegerischen Begleitplans ungeeignet. Der Kompensationsbedarf für die Lebensraumverluste im Hospitalwald sei zu niedrig angesetzt worden. Auch weitere Elemente der landschaftspflegerischen Begleitplanung wie die Maßnahmen für Zauneidechse und Schlingnatter seien unzureichend.

8

Zu Planänderungen, die der Vorhabenträger mit zwei Tekturen in das Verfahren einbrachte, nahm der Kläger fristgerecht Stellung.

9

Mit Beschluss vom 24. Februar 2010 stellte die Landesdirektion Chemnitz den Plan für das Vorhaben fest. Dem Planfeststellungsbeschluss sind Bestimmungen zum Schutz der Natur beigefügt, die u.a. ein Monitoring für die Auswirkungen des Vorhabens auf Fledermäuse und Zauneidechsen sowie die Wirksamkeit insoweit vorgesehener Schutzmaßnahmen anordnen und für den Fall festgestellter Schutzdefizite weitere konfliktmindernde Maßnahmen vorbehalten. Außerdem wurde dem Vorhabenträger eine Wirksamkeitskontrolle für die planfestgestellten CEF-Maßnahmen und die Schadensbegrenzungsmaßnahmen zugunsten des FFH-Gebiets "Oberes Freiberger Muldetal" unter Vorbehalt ergänzender Maßnahmen aufgegeben.

10

Zur Trassenwahl führte der Planfeststellungsbeschluss im Wesentlichen aus: Die planfestgestellte Trasse sei aus der Variante 3 der Vorplanung hervorgegangen. Gegenstand der damaligen Untersuchung seien neben dieser Variante die westlich von Kleinwaltersdorf verlaufende Variante 1, die den Hospitalwald westlich umfahrende Variante 2, die den Wald östlich umfahrende, aber Wohnbereiche von Freiberg tangierende Variante 4, die nördlich und östlich um Freiberg herumführende Variante 5 sowie die Untervarianten 6 und 7 mit einem von der Variante 3 abweichenden Verlauf im Südosten von Freiberg gewesen. Zwar sei bezogen auf die Belange von Natur und Landschaft die Variante 4 gegenüber allen anderen Varianten vorzugswürdig. Sie erfülle die Verkehrsfunktion einer Ortsumgehung wegen ihrer Führung durch bebautes Gebiet aber nur unzureichend und sei der Variante 3 auch unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und des Immissionsschutzes unterlegen. Angesichts dessen habe Letzterer der Vorrang eingeräumt werden dürfen. Die übrigen Varianten fielen bei einer Gesamtschau der Bewertungskriterien gegenüber der Variante 3 noch weiter ab. Ähnliches wie für die Variante 4 gelte für den Trassenvorschlag des Klägers und der Grünen Liga; mit diesem Vorschlag könnten die verkehrsplanerischen Zielstellungen in einem der Netzfunktion des Vorhabens entsprechenden Ausbaustandard überdies auch im Teilabschnitt östlich von Freiberg nicht verwirklicht werden. Im Zuge der Prüfungen für eine Optimierung der Variante 3 habe sich gezeigt, dass die Untervariante B mit einem Trassenverlauf westlich der Sachsenmagistrale der Variante A mit einem Verlauf östlich dieser Bahnstrecke u.a. aus verkehrstechnischen Erwägungen und im Hinblick auf den Immissionsschutz überlegen sei, ohne dass diesen Vorteilen vergleichbar gewichtige Nachteile unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes gegenüberständen.

11

Die Einwendungen des Klägers wies der Planfeststellungsbeschluss zurück: Die Kritik an der artenschutzrechtlichen Beurteilung greife nicht durch. Unter Berücksichtigung der vorgesehenen Schutz- und Kompensationsmaßnahmen würden für keine der geschützten Arten artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirklicht. Ebenso wenig komme es zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Oberes Freiberger Muldetal". Für das FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" sei schon die Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele zu verneinen. Das planfestgestellte Ausgleichskonzept sei in sich schlüssig.

12

Zur Begründung seiner fristgerecht erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er sei mit seinen Einwänden gegen die Planung nicht präkludiert. Angesichts der rechtlichen Ausgestaltung der Verbändebeteiligung seien an die Substantiierung von Stellungnahmen der Naturschutzvereinigungen nur geringe Anforderungen zu stellen. Denen habe er genügt. Der Planfeststellungsbeschluss unterliege schon deshalb rechtlichen Bedenken, weil die Planfeststellung namentlich im Bereich des Knotenpunkts 5 Maßnahmen am nachgeordneten Straßennetz einschließe, die nicht in die Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde fielen. Außerdem sei der Beschluss mit dem Habitatschutzrecht unvereinbar. Für das FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" habe die Planfeststellungsbehörde zu Unrecht eine Verträglichkeitsprüfung für verzichtbar gehalten. Erhebliche Beeinträchtigungen durch das Vorhaben seien weder für die Bergwerksteiche und das an den Mittelteich anschließende Moor noch für den Kammmolch und den Kleinen Wasserfrosch auszuschließen. Für das FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal" werde die durchgeführte Verträglichkeitsprüfung den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht. Sie weise schwere Defizite schon bei der Bestandserfassung und -bewertung auf; insbesondere seien mehrere geschützte Lebensräume und Arten im Einwirkungsbereich der Trasse nicht erfasst oder fehlerhaft bewertet worden. Defizitär seien auch die Ermittlung und die Bewertung vorhabenbedingter Einwirkungen auf die dem Gebietsschutz unterfallenden Lebensräume und Arten. Generell sei zu beanstanden, dass der für die Verträglichkeitsprüfung geltende Beurteilungsmaßstab, wonach jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen die Erheblichkeitsschwelle überschreite, verkannt worden sei.

13

Weiterhin missachte der Planfeststellungsbeschluss die Vorgaben des Artenschutzrechts. Das Vorhaben verwirkliche insbesondere bezogen auf zahlreiche Fledermaus- und Vogelarten, die Zauneidechse und die Schlingnatter den Tötungstatbestand und den Tatbestand der Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Für Vögel kämen Verstöße gegen das Störungsverbot hinzu. Geplante Schutz- und Kompensationsmaßnahmen könnten an dieser Beurteilung nichts ändern; teilweise verstießen sie sogar selbst gegen artenschutzrechtliche Verbote. Ferner werde der Planfeststellungsbeschluss den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nicht gerecht. Die Planfeststellungsbehörde habe es versäumt, bestehende Vermeidungspotenziale auszuschöpfen, indem sie im Hospitalwald der Untervariante B den Vorzug vor der ökologisch vorteilhafteren Untervariante A gegeben habe. Auch in anderer Hinsicht seien vorhandene Möglichkeiten zur Vermeidung von Beeinträchtigungen nicht genutzt worden. Ebenso weise die landschaftspflegerische Begleitplanung Kompensationsdefizite auf. Schließlich leide die Alternativenprüfung an Abwägungsmängeln, die vor allem die Trassenabschnitte westlich von Freiberg und im Bereich der Muldetalquerung beträfen.

14

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 24. Februar 2010 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Planänderungen bzw. -ergänzungen aufzuheben,

hilfsweise,

festzustellen, dass dieser Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist,

äußerst hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, weitere Maßnahmen zur Vermeidung und zum vorgezogenen Ausgleich von Beeinträchtigungen geschützter Fortpflanzungs- und Ruhestätten betroffener Tierarten des Anhangs IV FFH-Richtlinie sowie europäischer Vogelarten und weitere Maßnahmen zur Vermeidung und zum Ausgleich und/oder Ersatz unvermeidbarer Beeinträchtigungen des Naturhaushalts unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts festzusetzen.

15

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

16

Er hält weite Teile des Vorbringens des Klägers für präkludiert, tritt diesem Vorbringen aber auch in der Sache entgegen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Planfeststellungsbeschluss in der Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen verstößt gegen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes und des Sächsischen Naturschutzgesetzes und damit gegen Vorschriften, deren Verletzung der Kläger als anerkannte Naturschutzvereinigung gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BNatSchG 2010 rügen kann. Diese Mängel rechtfertigen zwar nicht die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Beschlusses, wohl aber die mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit.

18

A. Mit einem Teil seiner zahlreichen Einwendungen ist der Kläger gemäß § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG präkludiert. Die formellen Voraussetzungen des Einwendungsausschlusses liegen vor. Im ursprünglichen Anhörungsverfahren ist der Kläger mit ortsüblicher Bekanntmachung auf die Möglichkeit, fristgerecht Einwendungen zu erheben, und die Rechtsfolge verspäteter Einwendungen hingewiesen worden. Die materiellen Präklusionsvoraussetzungen sind gleichfalls erfüllt, weil der Kläger die betreffenden Einwendungen in seiner Stellungnahme vom 4. Dezember 2008 teils gar nicht, teils ohne die nötige Substantiierung geltend gemacht hat.

19

1. Einwendungen sind sachliches, auf die Verhinderung oder Modifizierung des Planvorhabens abzielendes Gegenvorbringen (Urteil vom 17. Juli 1980 - BVerwG 7 C 101.78 - BVerwGE 60, 297 <300>). Welche Anforderungen an ihre Substantiierung zu stellen sind, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf die unterschiedlichen Funktionen der Betroffenen- und der Verbändebeteiligung für Einwendungen Privater und solche von Verbänden differenzierend bestimmt. Während die Anhörung Planbetroffener diesen Gelegenheit bieten soll, ihre individuellen Betroffenheiten zu artikulieren, dient die Beteiligung der Naturschutzvereinigungen der Mobilisierung naturschutzfachlichen Sachverstandes. Mit der Präklusionsregelung sollen die Vereinigungen angehalten werden, bereits im Verwaltungsverfahren ihre Sachkunde einzubringen; zugleich soll der von der Verwaltungsentscheidung Begünstigte vor einem überraschenden Prozessvortrag geschützt werden (Urteile vom 27. Februar 2003 - BVerwG 4 A 59.01 - BVerwGE 118, 15 <17 f.> und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 27 f.; Beschluss vom 23. November 2007 - BVerwG 9 B 38.07 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 7 Rn. 31).

20

Ausgehend von dieser doppelten Zielrichtung der für Naturschutzvereinigungen maßgeblichen Beteiligungs- und Präklusionsregelungen muss eine solche Vereinigung in ihren Einwendungen zumindest Angaben dazu machen, welches Schutzgut durch ein Vorhaben betroffen wird und welche Beeinträchtigungen ihm drohen. Auch die räumliche Zuordnung eines Vorkommens oder einer Beeinträchtigung ist zu spezifizieren, wenn sie sich nicht ohne Weiteres von selbst versteht. Je umfangreicher und intensiver die vom Vorhabenträger bereits geleistete Begutachtung und fachliche Bewertung in den Planunterlagen ausgearbeitet ist, umso intensiver muss auch die Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material ausfallen. Dabei geht es allerdings nicht um die zutreffende rechtliche Einordnung nach Landes-, Bundes- oder europäischem Recht. Erforderlich ist aber eine kritische Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten (Urteil vom 22. Januar 2004 a.a.O.; Beschlüsse vom 12. April 2005 - BVerwG 9 VR 41.04 - juris Rn. 31 § 5 verkpbg nr. 16> und vom 23. November 2007 a.a.O.).

21

Diese zur Präklusionsregelung des § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 entwickelten Grundsätze sind auf die spezialgesetzliche Neuregelung des § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG, der ebenso wie die Regelungen über die Beteiligung von Naturschutzvereinigungen im fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren durch Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl I S. 2833) in das Bundesfernstraßengesetz eingefügt worden ist, uneingeschränkt übertragbar. Die mit der Neuregelung intendierte Gleichbehandlung der Verbände mit Planbetroffenen im Rahmen des Beteiligungsverfahrens (vgl. die Gesetzesbegründung, BTDrucks 16/54 S. 32 f.) ändert nichts an der spezifischen Funktion der Verbändebeteiligung und der daran anknüpfenden Präklusion. Es geht weiterhin darum, die Sachkunde der Naturschutzvereinigungen schon in das Verwaltungsverfahren mit einzubeziehen und durch die Präklusion verspäteter Einwendungen zugleich Rechtssicherheit für den von der Verwaltungsentscheidung Begünstigten zu schaffen. Die veränderten Beteiligungsmodalitäten erschweren die rechtzeitige Abgabe der Stellungnahmen auch nicht in einer Weise, dass die Vereinigungen den vorgenannten, auf die Funktion der Beteiligung ausgerichteten Substantiierungsanforderungen nicht mehr gerecht werden könnten.

22

Zwar stellt es eine Verfahrenserschwernis dar, dass die Vereinigungen von der Möglichkeit, sich durch Einsichtnahme in die Planunterlagen über das Vorhaben zu informieren, nicht mehr durch individuelle Benachrichtigung, sondern gemäß § 17a Nr. 2 FStrG nur noch durch ortsübliche Bekanntmachung in den planungsbetroffenen Gemeinden unterrichtet werden müssen. Von den Vereinigungen, die ausweislich der gesetzlichen Anerkennungsvoraussetzungen nach Mitgliederkreis und eigener Leistungsfähigkeit die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bieten müssen (vgl. § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz), kann aber erwartet werden, dass sie auch bei dieser Bekanntmachungsform über ihre regionalen oder örtlichen Untergliederungen sicherstellen, die immerhin einmonatige Auslegungsfrist zur Sichtung und Auswertung der Planunterlagen effektiv ausschöpfen zu können. Insoweit ist die Routine, die sich bei dieser zu den typischen Vereinsaufgaben zählenden Tätigkeit einstellt, ebenso in Rechnung zu stellen, wie die Möglichkeit, sich Kopien der Planunterlagen fertigen zu lassen; die dafür anfallenden Kosten (im Streitfall knapp 400 €) halten sich in einem auch für eine ehrenamtlich arbeitende Organisation verkraftbaren Rahmen. Dass die Planunterlagen den Verbänden nicht zur Auswertung übersandt werden, sondern nur bei den Gemeindeverwaltungen eingesehen werden können, bedeutet ebenfalls keine Verfahrenshürde, die eine Absenkung der Substantiierungsanforderungen rechtfertigt; auf die früher häufig praktizierte Übersendung der Planunterlagen bestand schon vor der Rechtsänderung kein Rechtsanspruch (vgl. Beschluss vom 5. Oktober 1993 - BVerwG 4 A 9.93 - Buchholz 406.401 § 29 BNatSchG Nr. 3 S. 13). Die Einwendungsfrist von zwei Wochen (§ 17a Nr. 3 FStrG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG, der bis zum 4. Juni 2010 galt, § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG) ist für sich genommen zwar knapp, mit Blick auf die großzügigere Frist zur Einsichtnahme aber noch ausreichend bemessen, um eine den genannten Substantiierungsanforderungen entsprechende Stellungnahme zu ermöglichen. Insoweit ist daran zu erinnern, dass enteignend betroffene Private, die sich die Möglichkeit einer gerichtlichen Vollprüfung erhalten wollen, zwar einerseits geringeren Substantiierungsanforderungen unterliegen, andererseits aber mit ihren Einwendungen innerhalb der gleichen Frist ein weit größeres Spektrum von Problempunkten abzudecken haben als die auf naturschutzfachliche Einwendungen beschränkten Vereinigungen.

23

2. Es besteht kein Anlass zu vernünftigen Zweifeln, dass die Präklusionsregelung des § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG in der den vorstehend umrissenen Grundsätzen folgenden Anwendung mit Art. 10a Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl EG Nr. L 175 S. 40, geändert durch Richtlinie 2003/35/EG des Rates vom 26. Mai 2003, ABl L 156/17 (UVP-Richtlinie) vereinbar ist; eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV erübrigt sich deshalb.

24

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995 S. I-4599 Rn. 12 und vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000 S. I-3201 Rn. 31) darf das nationale Verfahrens- und Prozessrecht den Zugang zu Gericht für die Geltendmachung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht ungünstiger ausgestalten als für Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Äquivalenzprinzip), und es darf die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsprinzip). Da § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG auf Rügen, die ausschließlich der Beurteilung nach innerstaatlichem Recht unterliegen, gleichfalls uneingeschränkt Anwendung findet, ist dem Äquivalenzprinzip Genüge getan. Ebenso ist das Effektivitätsprinzip gewahrt. Das Rechtsinstitut der Einwendungspräklusion führt weder als solches noch in der Ausgestaltung durch § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG und dessen konkreter Anwendung durch den Senat zu einer übermäßigen Erschwerung des nach Art. 10a Abs. 1 UVP-Richtlinie verbürgten Rechts auf Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren für Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben, bei denen - wie hier - eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist und zudem unionsrechtlich veranlasste Vorschriften des Naturschutzrechts zu beachten sind.

25

Der Gerichtshof hat zwar noch nicht zur Zulässigkeit nationaler Präklusionsvorschriften Stellung genommen. In seiner Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen dem Effektivitätsprinzip grundsätzlich genügt, da sie ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit ist (Urteil vom 16. Mai 2000 a.a.O. Rn. 33). Diese Aussage kann ohne Weiteres auf das nationale Rechtsinstitut der Einwendungspräklusion übertragen werden. Es dient - wie bereits ausgeführt - der Rechtssicherheit, insbesondere dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Dass der Einwendungsausschluss im Unterschied zu Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Rechtsbehelfen bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts eintritt, ist ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser vorgezogene Rechtsschutz, der den gerichtlichen Rechtsschutz nicht ersetzt, sondern nur ergänzt, liegt im wohlverstandenen Interesse der einwendungsberechtigten Naturschutzvereinigungen; denn sie können durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme als Sachwalter der Natur wahren, bevor eine Art von planerischer Verfestigung des Vorhabens eingetreten ist (Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 107; Beschlüsse vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - Buchholz 406.254 URG Nr. 1 Rn. 7 und vom 14. September 2010 - BVerwG 7 B 15.10 - NVwZ 2011, 364 Rn. 8 ff.).

26

Wie das Rechtsinstitut der Einwendungspräklusion als solches stellt auch die Ausgestaltung dieses Instituts durch § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG einen effektiven Zugang zu Gericht im Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie nicht in Frage. Der Einwendungsausschluss setzt - wie ausgeführt - Erkundigungs- und Äußerungsfristen, die als angemessen anzusehen sind, sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraus. Deshalb wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit gerechtfertigt erschwert. Ebenso wenig begegnen die bei der Anwendung der Präklusionsregelung zugrunde gelegten Anforderungen des Senats an die Substantiierungslast der einwendungsberechtigten Vereinigung unionsrechtlichen Bedenken; sie sind - wie ebenfalls bereits ausgeführt wurde - durch Gründe der Rechtssicherheit gerechtfertigt und verlangen der Vereinigung nichts ab, was sie überfordern und damit zu einer übermäßigen Zugangshürde führen würde.

27

3. Ausgehend von den unter A.1. dargestellten Substantiierungsanforderungen ist der Kläger mit zahlreichen Einwendungen ausgeschlossen.

28

a) Keiner sachlichen Prüfung bedarf zunächst seine Rüge, der Beklagte habe mit der Planfeststellung des Knotenpunkts 5 und der damit im Zusammenhang stehenden Änderungen des nachgelagerten Straßennetzes sowie anderer an die Trasse der Umgehungsstraße anschließender Planungsteile seine sachliche Zuständigkeit überschritten. Zuständigkeitsrügen unterliegen als solche zwar nicht dem Einwendungsausschluss. Der Kläger muss sich aber entgegenhalten lassen, dass er im Anhörungsverfahren keine Beeinträchtigung von Naturgütern eingewendet hat, die mit der im Klageverfahren behaupteten Überschreitung der sachlichen Zuständigkeit durch die Planfeststellungsbehörde in ursächlichem Zusammenhang steht.

29

aa) Dass der Kläger erstmals im Klageverfahren gerügt hat, die Planfeststellungsbehörde sei namentlich für die Planung des Knotens 5 einschließlich der daran anschließenden Vorhabenteile sachlich unzuständig, ist für sich genommen unschädlich. Die Rüge mangelnder sachlicher Zuständigkeit fällt nämlich nicht unter den Begriff der Einwendungen, die gemäß § 17a Nr. 7 FStrG präkludiert werden können. Als sachliches Gegenvorbringen und damit als Einwendung ist nur ein solcher Vortrag zu verstehen, mit dem der Einwender zum Ausdruck bringt, bestimmte Beeinträchtigungen von Rechten oder Belangen nicht hinnehmen zu wollen. Um dies darzutun, bedarf es keiner Ausführungen zur Nichtbeachtung von Bestimmungen, die wie die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde den formell-rechtlichen Rahmen der Planfeststellung abstecken. Verstöße gegen Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit können deshalb im Klageverfahren unabhängig davon gerügt werden, ob sich der Kläger schon im Anhörungsverfahren darauf berufen hat (so bereits OVG Münster, Urteil vom 2. September 2009 - 11 D 33/08.AK - DVBl 2009, 1587 <1588>; OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. Januar 2006 - 7 ME 288/04 - NVwZ-RR 2006, 378 <380>).

30

bb) Präkludiert ist der Kläger aber mit dem Vortrag, die Vorhabenteile, für die er die sachliche Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde in Frage stellt, führten zu Beeinträchtigungen von Naturgütern. Selbst wenn die Zuständigkeitsregelungen auch dem Schutz von Natur und Landschaft zu dienen bestimmt sein sollten (so die Rechtsprechung verschiedener Instanzgerichte; vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 5. März 2008 - 7 Ms 114/07 - NuR 2008, 265 <268>; VG Oldenburg, Urteil vom 19. Juni 2008 - 5 A 4956/06 - NuR 2008, 887; VG Koblenz, Urteil vom 23. August 2010 - 4 K 225/10.KO - NuR 2010, 812 <816>; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. November 2010 - 17 K 1926/09 - NuR 2011, 376 <381>; OVG Koblenz, Urteil vom 7. April 2011 - 1 A 11088/10 - DVBl 2011, 764 <766>), können Zuständigkeitsmängel die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nur berühren, wenn und soweit die kompetenzwidrig in die Planfeststellung einbezogenen Maßnahmen am nachgelagerten Straßennetz materielle Schutzgüter der Natur oder das Landschaftsbild beeinträchtigen. Ebenso wie ein behaupteter Verstoß gegen objektiv-rechtliche Vorschriften der Anfechtungsklage eines durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses Betroffenen nur zum Erfolg verhelfen kann, falls dieser Verstoß kausal gerade für die Eigentumsinanspruchnahme ist (Urteile vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <382> und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 24), kann eine Verbandsklage, in der eine Naturschutzvereinigung als Sachwalter der Natur Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege geltend macht, nur Erfolg haben, falls der behauptete objektiv-rechtliche Verstoß - hier gegen Zuständigkeitsregelungen - sich auf die genannten Schutzgüter nachteilig ausgewirkt haben kann. Die Geltendmachung diesbezüglicher Beeinträchtigungen stellt tatsächliches Gegenvorbringen dar und unterliegt daher im Falle verspäteter Einwendungen der Präklusion nach § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG.

31

Auf die Rüge des Klägers trifft dies zu. Er hat in seinem Einwendungsschreiben vom 4. Dezember 2008 nicht einmal ansatzweise Beeinträchtigungen von Naturgütern geltend gemacht, die auf die Planungsteile zurückgehen, für die er die sachliche Zuständigkeit des Beklagten in Zweifel zieht.

32

b) Mit seinen Einwendungen, im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal" seien im Einwirkungsbereich der Trasse vorhandene Flächen der im Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7) - FFH-Richtlinie (FFH-RL) - aufgeführten Lebensraumtypen 6430, 8230 bzw. 8220 und 91E0* (einschließlich einer diesem Lebensraumtyp zugehörigen Entwicklungsfläche) nicht bzw. unzureichend erfasst worden und darüber hinaus hätte die in Anhang II der Richtlinie aufgeführte Falterart "Spanische Flagge" in die Ermittlungen einbezogen werden müssen, ist der Kläger gleichfalls ausgeschlossen. In seinem Einwendungsschreiben vom 4. Dezember 2008 sind Defizite in dieser Hinsicht nicht einmal pauschal thematisiert worden. Der dortige Vortrag, es komme im Bereich der geplanten Muldetalbrücke zu weiterer Zerschneidung und zusätzlicher Verbauung des Talraums sowie zu zusätzlicher Belastung des Gesamtraums, lässt ebenso wenig einen inhaltlichen Bezug zu Mängeln der Bestandserfassung erkennen wie die ganz allgemein gehaltene Behauptung einer Verletzung der für das Gebiet geltenden Erhaltungsziele 2 bis 5. Nicht oder unzureichend erfasste Lebensräume und Arten werden mit Ausnahme der Anhang-II-Arten Bachneunauge und Westgroppe weder benannt noch umschrieben. Die Einwendung konnte daher keine Anstoßwirkung entfalten, die Bestandserfassung nachzubessern.

33

Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die mit seiner Klage behaupteten Defizite der Bestandserfassung seien aus der Verträglichkeitsprüfung und den sonstigen Planunterlagen nicht erkennbar gewesen, sondern erst nach Auswertung des nicht zu den Unterlagen gehörenden Managementplans für das FFH-Gebiet und aufgrund eigener Untersuchungen zutage getreten. Der Erläuterungsbericht der Verträglichkeitsprüfung gab Auskunft über die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets, die zum Gegenstand dieser Ziele gemachten Vorkommen von Lebensraumtypen und Arten in dem Gebiet sowie Art und Zahl der durchgeführten eigenen Ermittlungen. Mit Rücksicht auf die gesetzlich vorausgesetzte Fachkunde der Naturschutzvereinigungen konnte vom Kläger erwartet werden, auf der Grundlage dieser Informationen die Ermittlungsergebnisse der Verträglichkeitsprüfung kritisch zu hinterfragen und einzuschätzen, ob nach den naturräumlichen Gegebenheiten außer mit den festgestellten mit weiteren Vorkommen geschützter Lebensraumtypen und Arten zu rechnen sei. Selbst wenn der Verträglichkeitsprüfung die nunmehr behaupteten Defizite der Bestandserfassung nicht konkret zu entnehmen waren, oblag es dem Kläger deshalb, zumindest in allgemeiner Form auf die Möglichkeit solcher Vorkommen hinzuweisen, wenn er sich die Befugnis erhalten wollte, im Klageverfahren Mängel der Bestandserfassung geltend zu machen. Ohne einen solchen Hinweis, der - allgemein gefasst - den Kläger nicht überforderte, musste für die Planfeststellungsbehörde und den Vorhabenträger der Eindruck entstehen, in dieser Hinsicht sei nichts weiter zu veranlassen und werde die fachliche Beurteilungsgrundlage nicht mehr in Frage gestellt werden. Gründe der Rechtssicherheit und Beständigkeit der Verwaltungsentscheidung rechtfertigen unter diesen Umständen den Einwendungsausschluss.

34

c) Ausgeschlossen ist der Kläger weiterhin mit mehreren Einwendungen, die die Erfassung und naturschutzfachliche Bewertung von Einwirkungen auf Lebensraumtypen und Arten im FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal" betreffen.

35

Das gilt zunächst für die Rügen, die Verträglichkeitsprüfung habe die Einwirkungen auf erfasste Flächen der Lebensraumtypen 4030 und 8230 unzureichend ermittelt. Die Verträglichkeitsprüfung hatte sich mit solchen Einwirkungen differenziert nach anlage-, bau- und betriebsbedingten Beeinträchtigungen auseinandergesetzt. Namentlich war sie auf die Schadstoffbelastung der betreffenden Flächen unter Angabe ihrer Größe, ihrer Entfernung vom Einwirkungsort sowie von Annahmen zur Empfindlichkeit der Lebensraumtypen und zur Wirkintensität der Immissionen eingegangen. In Anbetracht dessen war der pauschale Hinweis des Klägers, vorhabenbedingte Schadstoffimmissionen beeinträchtigten im Bereich der Muldequerung FFH-rechtlich geschützte Lebensraumtypen, nicht geeignet, dem Beklagten aufzuzeigen, in welcher Richtung seine Ermittlungen nachgebessert werden sollten.

36

An der Präklusion der Einwendung zum Lebensraumtyp 8230 ändert nichts, dass das festgestellte Vorkommen dieses Lebensraumtyps in der Verträglichkeitsprüfung möglicherweise falsch, nämlich in geringerer Entfernung von der geplanten Brücke als den örtlichen Gegebenheiten entsprechend lokalisiert worden ist. Eine zu geringe Abstandsangabe gab dem Kläger erst recht Anlass, eine sorgfältige Ermittlung der Einwirkungen anzumahnen.

37

Präkludiert ist auch die Einwendung, die bauzeitliche Inanspruchnahme einer Teilfläche des Lebensraumtyps 3260 durch Befahren des Uferstreifens der Freiberger Mulde mit schwerem Gerät und Einbringen von Schadstoffen ins Wasser sei fehlerhaft beurteilt worden. Im Einwendungsschreiben vom 4. Dezember 2008 findet sich nichts hierzu, obwohl die Verträglichkeitsprüfung diese baubedingten Beeinträchtigungen benannt und bewertet hatte.

38

Ebenso greift der Einwendungsausschluss ein, soweit der Kläger rügt, in der Verträglichkeitsprüfung seien betriebsbedingte Einwirkungen auf Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Mopsfledermaus durch Lärm- und Lichtreize nicht quantifizierend ermittelt worden. Substantiierter Vortrag, der dem entspräche, findet sich in seinem Einwendungsschreiben nicht. Beeinträchtigungen durch Lärm- und Lichtreize sind dort nur allgemein ohne Bezugnahme zu bestimmten habitatrechtlich geschützten Arten angesprochen (S. 10 f.). In den speziell auf das Große Mausohr und die Mopsfledermaus als Gegenstände von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets gerichteten Ausführungen hat sich das Schreiben hingegen nur mit Trennwirkungen und Schadstoffeinträgen befasst und im Übrigen gegen die Wertung der in der Verträglichkeitsprüfung thematisierten Beeinträchtigungen als unerheblich gewandt (S. 19). Gerade weil beide Arten in dem Schreiben als Schutzobjekte des FFH-Gebiets besonders angesprochen wurden und dabei die Ermittlung der Einwirkungen nur hinsichtlich der Trennwirkungen und Schadstoffeinträge gerügt wurde, gab der allgemeine Hinweis auf Beeinträchtigungen des Talraums mit Lärm- und Lichtreizen keinen hinreichend deutlichen Anstoß, diesen Einwirkungen für das Große Mausohr und die Mopsfledermaus näher nachzugehen.

39

Präklusionshindernden Vortrag enthält das Einwendungsschreiben ferner nicht, soweit der Kläger im Klageverfahren rügt, es sei nicht untersucht worden, ob die zugunsten von Schlingnatter und Zauneidechse vorgesehene CEF-Maßnahme 18, die mit einem kleinen Flächenanteil im FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal" verwirklicht werden soll, dieses Gebiet beeinträchtige. Das Thema wird in dem Schreiben nicht einmal ansatzweise erwähnt, obgleich sich der artenschutzrechtliche Fachbeitrag damit befasst und solche Beeinträchtigungen ausgeschlossen hat (Unterlage 12.4 S. 49).

40

d) Darüber hinaus ist der Kläger präkludiert, soweit er namentlich unter dem Aspekt des Artenschutzes bedeutsame Beeinträchtigungen von Vögeln geltend macht.

41

aa) Seiner im Klageverfahren erhobenen Rüge, für zahlreiche im Hospitalwald, im Bereich Biberteich/Münzbachtal und im Bereich der Halden mit Ruderalfluren und Pionierwald zwischen Bau-km 9+550 und 10+700 vorkommende Vogelarten werde es bedingt durch den Verkehr auf der geplanten Umgehungsstraße zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko kommen, entspricht kein genügend substantiierter Vortrag im Einwendungsschreiben.

42

Mit dem allgemeinen Hinweis, die Straße werde das gesamte Waldgebiet zwischen der B 173 und dem Ortsteil Friedeburg u.a. durch Schaffung von Kollisionsgefahren als Lebensraum für die einheimische Fauna entwerten, und der weiteren Bemerkung, dass zu den massiv beeinträchtigten Lebensgemeinschaften des Waldes auch Vögel gehörten (S. 8 des Schreibens), wird zwar das Risiko verkehrsbedingter Tötung von Vögeln im Hospitalwald vage angesprochen. Für das gebotene Maß an Substantiierung ist aber zu berücksichtigen, dass der ausgelegte artenschutzrechtliche Fachbeitrag sich mit den Voraussetzungen für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko von Vögeln näher befasst und dazu ausgeführt hat, mit regelmäßigen Verlusten durch Kollisionen sei nur in Sondersituationen, z.B. in ausgeprägten Wechselbereichen zu rechnen (Planunterlage 12.6 S. A 2); aus den Prüfblättern zu einzelnen Arten ergibt sich, dass solche Sondersituationen verneint worden sind. Unter diesen Umständen konnte vom Kläger erwartet werden, dass er sich mit der Frage der Signifikanz auseinandersetzte und darlegte, aufgrund welcher Umstände er ein entsprechend gesteigertes Tötungsrisiko für einzelne Arten im Hospitalwald als gegeben erachtete. Daran fehlt es.

43

Für das Münzbachtal und das Gebiet um den Biberteich geht das Einwendungsschreiben auf Kollisionsrisiken überhaupt nicht ein.

44

Dem Gebiet der Halden mit Ruderalfluren und Pionierwaldgesellschaften zwischen Bau-km 9+550 und 10+700 lassen sich von den Ausführungen im Einwendungsschreiben zur Avifauna allenfalls diejenigen zum "Feuerwerktestgelände einschließlich der angrenzenden Bracheflächen" (S. 10) zuordnen. In dem Schreiben heißt es zu diesen Flächen als Lebensraum von Vögeln lapidar, deren Zerschneidung beeinträchtige "u.a. die Vorkommen nachfolgender Arten: ...". Zur Frage, welche beeinträchtigenden Konsequenzen die Zerschneidung für die jeweilige Art hat, findet sich nichts. Auch das ist zu wenig, um ein gesteigertes Tötungsrisiko geltend zu machen.

45

Die mit der Klage thematisierte Tötung von Jungvögeln des Fichtenkreuzschnabels während der Brutphase durch die Baufeldräumung findet im Einwendungsschreiben keinerlei Erwähnung.

46

bb) Ausgeschlossen sind weiterhin die Einwendungen zur vorhabenbedingten Störung von Vögeln. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag hat sich mit Störwirkungen auf die Avifauna detailliert und artspezifisch differenzierend auseinandergesetzt. In Anbetracht dessen konnte vom Kläger eine vertiefte Stellungnahme zur Störungsproblematik erwartet werden. Dem wird das Einwendungsschreiben nicht gerecht. Über eine pauschale Geltendmachung nachteiliger Einwirkungen auf Vögel geht das Schreiben nur punktuell hinaus. Zum einen erwähnt es Licht-, Lärm- und Schadstoffimmissionen als Gründe für eine Beeinträchtigung des Hospitalwaldes als Lebensraum u.a. von Vögeln (S. 8). Zum zweiten beruft es sich als Beleg dafür, dass im Umfeld des Knotenpunkts 3 Störungen in einen ökologischen Schwerpunktbereich hineingetragen würden, auf nicht näher bezeichnete Untersuchungen, wonach Flächen seitlich von Verkehrstrassen als Lebensraum für Vögel ungeeignet seien (S. 8 f.). Zum dritten findet sich in dem Schreiben die Aussage, in der Nachbarschaft der Kreuzermarkteiche würden Lebensräume von Pirol, Neuntöter, Braunkehlchen, Wiesenpieper, Rebhuhn und Wachtel u.a. Lärmeinwirkungen und visuellen Störungen unterliegen (S. 20). Damit sind Störungen nur für drei räumlich begrenzte Bereiche, die nicht die im Klageverfahren angesprochenen weiten Offenlandbereiche im Süden und Südosten von Freiberg umfassen, und auch insoweit ohne jegliche Befassung mit den Verhaltensweisen einzelner Arten geltend gemacht. Da der Fachbeitrag den Störungstatbestand Vogelart für Vogelart abgehandelt hat, reichen diese knappen Bemerkungen selbst für die im Schreiben erwähnten Teilgebiete nicht aus. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil das Schreiben sich mit den in den Prüfblättern des Fachbeitrags enthaltenen Aussagen zu Ausweichmöglichkeiten in benachbarte Gebiete nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt hat, obgleich der Fachbeitrag daraus die Unerheblichkeit von Störungen der Tiere ableitet.

47

Soweit das Einwendungsschreiben darüber hinaus von einer Verbindungsstraße verursachte Licht-, Lärm- und Schadstoffimmissionen für die Vogelarten Braunkehlchen, Wiesenpieper, Neuntöter und Eisvogel im Umkreis des Tümpels am "Letzten 3er" erwähnt, ist der Kläger darauf in seiner Klagebegründung nicht zurückgekommen.

48

cc) Gleichermaßen fehlt es an einem hinreichend substantiierten Vortrag des Klägers im Anhörungsverfahren, soweit er mit seiner Klage geltend macht, Fortpflanzungs- und Ruhestätten zahlreicher Vogelarten würden durch das Vorhaben zerstört oder beschädigt. Ausdrücklich hat er in seinem Einwendungsschreiben Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Vögeln überhaupt nicht erwähnt. Vielmehr enthält das Schreiben lediglich einige spärliche Hinweise auf Verschlechterungen der Habitatbedingungen von Vögeln. Die Aussage, es komme u.a. durch Flächenverluste im Hospitalwald zu einer Zerstörung oder massiven Beeinträchtigung des Lebensraums von Vögeln (S. 8), spezifiziert die betroffenen Lebensstätten - zumal artbezogen - ebenso wenig wie die bereits erwähnte, auf den Knotenpunkt 3 bezogene Äußerung, Flächen im Abstand von 100 m seitlich von Verkehrstrassen seien als Lebensraum von Vögeln ungeeignet (S. 8 f.). Auch die Bemerkungen, zwischen den Knotenpunkten 3 und 4 ergäben sich durch Verringerung des notwendigen Pufferraums zum Wald und Senkung der ökologischen Wertigkeit des Waldes erhebliche Auswirkungen auf Vogelarten, die im Waldsaum und Offenland heimisch sind (S. 9), und im Bereich des schon erwähnten Feuerwerktestgeländes würden Bracheflächen zerschnitten, was im Einzelnen bezeichnete Vogelarten beeinträchtige (S. 10), sind zu unspezifisch, um einen konkreten Bezug zu Fortpflanzungs- und Ruhestätten aufzuzeigen. Angesichts der eingehenden Ausführungen in den Prüfblättern des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags zum artenschutzrechtlichen Zerstörungs- und Beschädigungstatbestand war dies zu wenig, um gegenüber dem Beklagten einen Bedarf für weitere Ermittlungen oder abweichende fachliche Wertungen aufzuzeigen und dem Kläger damit die Rüge verbotswidriger Beeinträchtigungen von Fortpflanzungs- und Ruhestätten offenzuhalten.

49

dd) Mit der Beurteilung der Einwendungen des Klägers zu Vögeln als präkludiert geht der Senat nicht über die von ihm generell gestellten Anforderungen an die Substantiierung von Verbändeeinwendungen (vgl. oben A.1.) hinaus; vielmehr ergibt sich diese Beurteilung als Konsequenz aus dem Grundsatz, dass eine Einwendung sich umso intensiver mit dem vorhandenen Material auseinandersetzen muss, je umfangreicher und eingehender die vom Vorhabenträger bereits vorgenommene Begutachtung in den ausgelegten Planunterlagen ausgearbeitet ist. Deshalb besteht kein Anlass, der Anregung des Klägers zu folgen und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorzulegen, ob "Art. 10a UVP-RL i.V.m. Art. 4 Abs. 3 EUV so zu verstehen (ist), dass es einem Mitgliedstaat gestattet ist, materielle Präklusionsregelungen zu treffen, die eine anerkannte Umweltvereinigung, die sich am Verwaltungsverfahren mit Sachvortrag beteiligt und dabei die Beeinträchtigung europäischer Vogelarten unter Angabe der Artnamen angesprochen hat, daran hindern, im gerichtlichen Verfahren eine Verletzung der Art. 5 und 9 der Vogelschutzrichtlinie geltend zu machen". Ohnehin liegt es auf der Hand, dass die - im Einwendungsschreiben des Klägers nicht einmal konsequent durchgehaltene - Angabe der Artnamen betroffener Vögel für sich genommen nicht ausreicht, die jeweilige konkrete Beeinträchtigung hinreichend bestimmt zu bezeichnen, geschweige denn zu verdeutlichen, in welcher Hinsicht weiterer Ermittlungs- und Bewertungsbedarf gesehen wird.

50

e) Ausgeschlossen ist der Kläger ferner mit seinen Einwendungen zu Erfassungsdefiziten für holzbewohnende Käfer, Libellen und Wildbienen sowie zu artenschutzrechtliche Zugriffsverbote verwirklichenden Beeinträchtigungen von Blindschleiche, Waldameise, Ringelnatter, Grasfrosch und Erdkröte. Sein Einwendungsschreiben enthält keinen Sachvortrag, der diese Beanstandungen thematisiert.

51

f) Die materiellen Präklusionsvoraussetzungen liegen schließlich auch für einen Teil der vom Kläger im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung erhobenen Einwendungen vor.

52

Seine im Klageverfahren erhobene Rüge, im Bereich der planfestgestellten Trasse gebe es ungenutzte Potentiale, Kollisionsrisiken durch wirksame Überflughilfen, "Pessimierung" der Straßenränder, dichte Abpflanzungen usw. zu mindern, ist unter dem Präklusionsaspekt differenzierend zu beurteilen. Eine ausdrückliche Entsprechung findet sie im Einwendungsschreiben des Klägers nicht. Sinngemäß beinhaltet seine darin geübte Kritik an den vom Beklagten zugunsten von Fledermäusen und Zauneidechsen vorgesehenen Maßnahmen zur Vermeidung oder Minderung eines Tötungsrisikos aber zugleich die Forderung, nach wirkungsvolleren Maßnahmealternativen zu suchen. Insoweit kann dem Kläger mithin kein Einwendungsausschluss entgegengehalten werden. Gleiches gilt auch für seine im Klageverfahren erhobene Forderung, die Untervariante A statt der planfestgestellten Untervariante B als Vermeidungsmaßnahme zu ergreifen, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf die Frage ankommt, ob insoweit überhaupt eine Vermeidungsmaßnahme im Rechtssinne oder allein eine nach dem Abwägungsgebot zu beurteilende Trassenalternative in Rede steht; denn mit seiner Ablehnung der planfestgestellten Trasse hat der Kläger im Anhörungsverfahren zum Ausdruck gebracht, es müsse nach Alternativtrassen gesucht werden. Bezogen auf andere Tierarten enthält das Einwendungsschreiben hingegen keine Ausführungen, die wenigstens sinngemäß ungenutzte Vermeidungspotentiale geltend machen.

53

Differenziert werden muss auch bei der präklusionsrechtlichen Beurteilung der Einwendungen, die sich auf Ausgleichsdefizite beziehen. Die im Klageverfahren erhobene Rüge unzureichenden Ausgleichs für Beeinträchtigungen avifaunistischer Lebensräume ist nicht durch präklusionshindernden Vortrag im Anhörungsverfahren vorbereitet worden. Der Kläger hat in seinem Einwendungsschreiben nur allgemein auf Störungen faunistischer Lebensräume auf einer Länge von 13 km hingewiesen, die durch das planfestgestellte Durchlasskonzept und den Rückbau eines kurzen Straßenstücks nicht ausgeglichen würden (S. 23 f.). Dieser Hinweis war zu pauschal, um dem Beklagten Anlass zu geben, seine sehr viel umfangreicheren Maßnahmen zur Kompensation von Beeinträchtigungen avifaunistischer Lebensräume, die im landschaftspflegerischen Begleitplan detailliert dargestellt sind (vgl. die Übersicht auf S. 213 des LBP - Textteils, Planunterlage 12.0), auf Defizite hin zu untersuchen. Demgegenüber muss sich der Kläger keinen Einwendungsausschluss entgegenhalten lassen, soweit er Kompensationsmaßnahmen für Zauneidechse und Schlingnatter als unzureichend rügt. Im Einwendungsschreiben hat er speziell an diesen Maßnahmen bereits Kritik geübt und geltend gemacht, es handele sich um "Biotopbasteleien". Angesichts der Menge des zu bewältigenden Stoffes reichte das aus.

54

B. Der nicht präkludierte Vortrag des Klägers umfasst neben unberechtigten Einwänden auch solche Rügen, die auf Mängel bei der Behandlung des Habitatschutzes, des Artenschutzes, der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und der fachplanerischen Abwägung der Naturschutzbelange führen. Diese Mängel rechtfertigen nicht die Aufhebung, sondern nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben.

55

1. Den besonderen Anforderungen an den Schutz von FFH-Gebieten trägt der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Planänderungen bzw. -ergänzungen nicht vollständig Rechnung. Die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Oberes Freiberger Muldetal" ist nicht frei von Fehlern. Demgegenüber gibt die Beurteilung im Hinblick auf das FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" keinen Anlass zu Beanstandungen.

56

a) Die im Planfeststellungsbeschluss zum erstgenannten FFH-Gebiet vorgenommene Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens verstößt gegen § 22b des Sächsischen Naturschutzgesetzes - SächsNatSchG - in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juli 2007 (GVBl S. 321), der der Umsetzung von Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH-Richtlinie dient. Nach § 22b Abs. 1 Satz 1 SächsNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung zu überprüfen. Sie dürfen nach Absatz 2 der Vorschrift grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Prüfung ergibt, dass das Projekt zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Sind nach den Ergebnissen der Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen, ist das Projekt vorbehaltlich einer Abweichungsprüfung unzulässig.

57

Für das FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal", das bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses bereits in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung eingetragen war und damit nach Art. 4 Abs. 5 FFH-RL den Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL und der zu seiner Umsetzung erlassenen Vorschriften unterlag, hat der Beklagte eine Verträglichkeitsprüfung durchführen lassen. Diese Prüfung und die an sie anknüpfenden Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses halten gerichtlicher Kontrolle jedoch nicht in jeder Hinsicht stand.

58

aa) Die Verträglichkeitsprüfung rechtfertigt nicht die Beurteilung, die Einwirkungen des Vorhabens auf die im FFH-Gebiet gelegenen Kreuzermarkteiche führten zu keiner erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen.

59

(1) Projekte können ein Gebiet erheblich beeinträchtigen, wenn sie drohen, die für das Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - Rs. C-127/02 - Slg. 2004 S. I-7405 Rn. 48). Maßgebliches Kriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 43). Dass keine erheblichen Beeinträchtigungen auftreten, muss gewiss sein. Nur wenn insoweit keine vernünftigen Zweifel bestehen, darf die Verträglichkeitsprüfung mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 a.a.O. Rn. 59 und 61; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 41).

60

Zu den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Oberes Freiberger Muldetal", die mangels eines bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Verordnungswege festgelegten Schutzzwecks der Gebietsmeldung zu entnehmen waren (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 75), gehört die Bewahrung bzw., wenn aktuell nicht gewährleistet, die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands des Lebensraumtyps 3150 "Eutrophe Stillgewässer". Als fehlerhaft erweist sich die in der Verträglichkeitsprüfung vorgenommene Bewertung, die Kreuzermarkteiche seien nicht als Ausprägung, sondern als bloße Entwicklungsfläche dieses Lebensraumtyps einzustufen und könnten deshalb nur einen verminderten Schutz beanspruchen. Damit hat sich der Beklagte die Möglichkeit verstellt, die mit dem Vorhaben verbundenen Mehrbelastungen der Gewässer durch Einträge von Luftschadstoffen zutreffend auf ihre Vereinbarkeit mit dem einschlägigen Erhaltungsziel zu beurteilen.

61

Die vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) herausgegebenen "Allgemeinen Erläuterungen zu den Kartier- und Bewertungsschlüsseln für Lebensraumtypen des Anhangs I der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-RL)" vom Februar 2009, die nach Angaben des Beklagten bei der Bestandserfassung und -bewertung in Sachsen verwendet werden, definieren Entwicklungsflächen von Lebensraumtypen als "Flächen, die noch nicht den Anforderungen an einen Lebensraumtyp entsprechen, die jedoch in vergleichsweise geringer Zeit und mit vergleichsweise geringem Aufwand in einen Lebensraumtyp überführt werden können oder sich voraussichtlich selbst in einen solchen entwickeln werden". Mit der Qualifizierung der Kreuzermarkteiche als Entwicklungsfläche des Lebensraumtyps 3150 bringt die Verträglichkeitsprüfung demgemäß zum Ausdruck, die Teiche stellten lediglich eine Vorstufe dieses Lebensraumtyps dar, ohne dessen typprägenden Eigenschaften bereits voll zu genügen.

62

Die in der Verträglichkeitsprüfung zu den Kreuzermarkteichen getroffenen naturschutzfachlichen Feststellungen widersprechen indes dem Terminus der Entwicklungsfläche; die vorgenommene Qualifizierung erweist sich mithin trotz der für die Bestandserfassung und -bewertung bestehenden behördlichen Einschätzungsprärogative (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 75) als fehlerhaft. Die Verträglichkeitsprüfung bezeichnet die Teiche als "gute Ausprägung" des Lebensraumtyps (S. 39). Sie wiesen "eine hohe Artenvielfalt mit Vorkommen charakteristischer und lebensraumtypischer Arten ... bei gleichzeitig hohem Strukturreichtum" auf. Die Funktionen des Lebensraumtyps würden durch die Nutzung und eine Vernetzung der Teiche untereinander bzw. zur Freiberger Mulde gewährleistet; Mindestarealgrößen würden nicht unterschritten (S. 48). Die gleichwohl erfolgte Einstufung als bloße Entwicklungsfläche wird mit dem Umstand gerechtfertigt, dass fehlende Pufferzonen aufgrund der umgebenden landwirtschaftlichen Nutzung mit ihren Nährstoff- und Pestizideinträgen zu einer Instabilität des Lebensraums führten.

63

Diese Begründung ist rechtsfehlerhaft. Erfüllt ein Lebensraum die prägenden Merkmale eines geschützten Typs, so ist er diesem zuzuordnen, auch wenn sein Bestand durch äußere Einflüsse gefährdet wird. Gefährdungen sind geradezu typisch für Lebensräume, die wegen ihrer besonderen Bedrohung durch äußere Einflüsse dem speziellen Gebietsschutz der FFH-Richtlinie unterstellt worden sind. Konkrete Gefährdungen können Anlass zu Maßnahmen geben, die das Umfeld der geschützten Lebensräume so umgestalten, dass den Gefährdungen Einhalt geboten wird. Mit ihnen lässt sich aber nicht rechtfertigen, einen erklärtermaßen typgerecht ausgebildeten Lebensraum zur vermindert schutzwürdigen Entwicklungsfläche zu erklären.

64

Dieser Mangel der Bestandsbewertung wirkt auf der Ebene der Beurteilung projektbedingter Beeinträchtigungen der Teiche fort. Die Verträglichkeitsprüfung führt dazu aus, dass der südöstlichste Teich im Einwirkungsbereich der geplanten Straße liege, verneint jedoch trotz der ausdrücklich hervorgehobenen hohen Empfindlichkeit des Gewässers gegenüber zusätzlichen Schad- und Nährstoffeinträgen eine erhebliche Beeinträchtigung, weil es nur als Entwicklungsfläche eingestuft sei (S. 48). Der Annahme eines fortwirkenden Fehlers steht nicht entgegen, dass neben den Erwägungen der Verträglichkeitsprüfung zur verminderten Schutzwürdigkeit von Entwicklungsflächen Überlegungen stehen, die auf die Entfernung des betroffenen Teichs von der geplanten Straße abstellen. Die Verträglichkeitsprüfung führt hierzu aus, die Erheblichkeitsschwelle für - allein in Betracht zu ziehende - Schadstoffeinträge über den Luftpfad sei entfernungsabhängig zu bestimmen. Ab einer Entfernung von 200 m sei die projektbedingte Belastung nicht mehr von der Grundbelastung zu unterscheiden; eine geringe Belastung sei bis 50 m Entfernung vom Emissionsort anzunehmen. Als Erheblichkeitsschwelle werde daher eine zusätzliche Belastung durch Luftschadstoffe festgelegt, die sich über die Unterschreitung dieses Mindestabstands zur Trasse ergebe. Da die Fläche jedoch nur als Entwicklungsfläche und nicht als tatsächliche Lebensraumfläche eingestuft sei, seien erhebliche Beeinträchtigungen nicht festzustellen. Diese wenig stringente Argumentation lässt sich sinnvollerweise nur so verstehen, dass die beiden Begründungselemente der minderen Schutzwürdigkeit von Entwicklungsflächen und des Entfernungsaspekts miteinander verknüpft werden. Weil es sich bei den Teichen nur um eine Entwicklungsfläche handeln soll, wird als maßgebliche Schwelle relevanter Zusatzbelastung die Unterschreitung eines Abstands von nur 50 m bestimmt.

65

Selbst wenn aber die beiden in der Verträglichkeitsprüfung verwendeten Begründungselemente selbständig nebeneinander stehen sollten und als Relevanzschwelle für die Zusatzbelastung die Unterschreitung eines Abstands von 50 m auch für den voll ausgebildeten Lebensraum angesetzt worden sein sollte, fehlt es nicht an einem entscheidungserheblichen Mangel. Die Verträglichkeitsprüfung bleibt nämlich jede naturschutzfachliche Erklärung dafür schuldig, warum eine Zusatzbelastung jenseits der 50-m-Marke trotz der festgestellten grundlastbedingt hohen Empfindlichkeit des Lebensraums gegenüber zusätzlichen Stoffeinträgen unerheblich sein sollte. Weder die Grundbelastung noch die Zusatzbelastung ist quantifiziert worden. Damit bleibt zugleich offen, in welchem Verhältnis beide zueinander stehen. Die Ausführungen in der Verträglichkeitsprüfung zur Instabilität des Lebensraums der Kreuzermarkteiche deuten darauf hin, dass nach der im Rahmen der Prüfung vorgenommenen Abschätzung schon die Grundbelastung zu Beeinträchtigungen der Teiche führt, die dem Erhaltungsziel zuwiderlaufen. Unter diesen Umständen wäre grundsätzlich jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar, weil sie die schon mit der Grundbelastung verbundenen Schadeffekte verstärkte (Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 91 m.w.N.). Angesichts dessen wären Irrelevanzschwellen wie der vom Beklagten angenommene Abstandswert mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne Weiteres zu vereinbaren und bedürften besonderer, naturschutzfachlich fundierter Rechtfertigung (Urteil vom 14. April 2010 a.a.O. Rn. 92). Eine solche Rechtfertigung liefert die Verträglichkeitsprüfung für einen 50-m-Abstand nicht ansatzweise.

66

An einem entscheidungserheblichen Mangel fehlt es nicht etwa deshalb, weil die Planung im Bereich der Kreuzermarkteiche nur den Ausbau der B 173 mit geringfügigen Änderungen von Lage und Höhe der Straße vorsieht. Der Kläger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der zu den Planunterlagen zählenden verkehrstechnischen Untersuchung vom 6. Februar 2009 die Verkehrsbelastung der Straße im betreffenden Bereich im Planfall 2020+ um 2 500 Kfz/24 h über dem für den Nullfall 2020+ ermittelten Vergleichswert von 12 500 Kfz/24 h liegen wird. Das lässt den Schluss zu, dass die Schadstoffeinträge in den geschützten Lebensraum gegenüber der Vorbelastung durch die Bestandsstrecke der B 173 deutlich ansteigen werden.

67

(2) Die Fehlerhaftigkeit der Verträglichkeitsprüfung infiziert auch die planerische Abwägung (§ 17 Satz 2 FStrG). Es lässt sich nämlich nicht ausschließen, dass die Planfeststellungsbehörde aufgrund des Ergebnisses einer ordnungsgemäßen Verträglichkeitsprüfung eine veränderte Feintrassierung auf Höhe der Kreuzermarkteiche angeordnet hätte, um durch ein Wegrücken der Trasse eine Zunahme der Schadstoffbelastung der Teiche gegenüber dem Nullfall zu vermeiden.

68

(3) Die aufgezeigten Fehler nötigen nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Es genügt, ihn für rechtswidrig und nichtvollziehbar zu erklären. Die in § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG getroffene Fehlerfolgenregelung findet nicht nur auf den Abwägungsmangel, sondern - entsprechend - auch auf Verstöße gegen Vorschriften strikten Rechts Anwendung, die wie der hier festgestellte habitatschutzrechtliche Mangel der Abwägung Schranken setzen (vgl. Urteil vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <268>). Beide Fehler sind nicht von solcher Art, dass die Planung von vornherein als Ganzes in Frage gestellt erscheint. Vielmehr liegt es nahe, dass sie durch Neubewertung, ggf. nach vorheriger Nachermittlung, behoben werden können, ohne das Planungskonzept in seinen Grundzügen anzutasten.

69

bb) Im Übrigen sind entscheidungserhebliche Mängel der Verträglichkeitsprüfung nicht feststellbar.

70

(1) Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es keiner weiteren Ermittlungen zum Vorkommen der in Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführten, von den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets umfassten Fischarten Bachneunauge und Westgroppe in denjenigen Bereichen der Freiberger Mulde und des Kleinwaltersdorfer Bachs, auf die das Projekt einwirkt. Die Verträglichkeitsprüfung hat, ohne eigene Erhebungen durchzuführen, eine Betroffenheit dieser Arten im Einwirkungsbereich des Projekts verneint, weil sie in der Freiberger Mulde lediglich ca. 500 m flussaufwärts und mehr als 5 km flussabwärts vorkämen. Diese Entfernungsangaben sind ausweislich des landschaftspflegerischen Begleitplans dem Managementplan für das FFH-Gebiet entnommen, für den Befischungsprotokolle ausgewertet worden sind. Dieses Vorgehen genügte den habitatschutzrechtlichen Anforderungen, obwohl die ausgewerteten Protokolle keine lückenlose Beprobung dokumentieren. Nach den Erläuterungen im Managementplan sind nämlich auch Gewässerstrecken, die zwischen den Nachweisorten liegen, als Habitate von Bachneunauge und Westgroppe bewertet worden, soweit aufgrund der Gewässerstruktur und -qualität auch in diesen Bereichen geeignete Habitatbedingungen für die jeweilige Art bestehen (S. 69). Damit liegen der Bestandserfassung konservative Annahmen zugrunde, die eigene zusätzliche Untersuchungen im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung erübrigten. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der landschaftspflegerische Begleitplan das Vorhandensein von Bachneunaugen und Westgroppen im Untersuchungsgebiet nicht völlig ausschließt. Nach den hierzu von der für den landschaftspflegerischen Begleitplan verantwortlichen Projektleiterin in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen trägt diese Aussage lediglich dem Umstand Rechnung, dass Fische durch die Strömung der Mulde von ihren flussaufwärts gelegenen Habitaten in den Querungsbereich der Trasse abgetrieben werden können, ohne dort jedoch dauerhaft geeignete Habitatbedingungen vorzufinden.

71

Unabhängig davon scheidet eine defizitäre Bestandserfassung beider Fischarten aus zwei weiteren Gründen aus. Zum einen hat der Planfeststellungsbeschluss hilfsweise deren Vorkommen in den Einwirkungsbereichen der Trasse als wahr unterstellt und auf dieser Grundlage die Verträglichkeit des Vorhabens beurteilt (S. 249). Zum anderen wird dem Bachneunauge und der Westgroppe als charakteristischen Arten des ebenfalls zum Gegenstand der Beurteilung gemachten Lebensraumtyps 3260 "Fließgewässer mit Unterwasservegetation" der diesem ohnehin - unabhängig vom Vorkommen der Fische - geschuldete Schutz zuteil; dass dieser Schutz wegen besonderer Anforderungen der beiden Fischarten etwa an die Reinheit des Wassers nicht ausreichte, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

72

(2) Der Kläger hat erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, ein Vergleich der im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung gefertigten Karten mit denen des nicht zu den ausgelegten Planunterlagen gehörenden Managementplans und einer vom Beklagten im Klageverfahren vorgelegten Karte zeige Diskrepanzen der erfassten Flächen des habitatrechtlich geschützten Lebensraumtyps 3260 "Fließgewässer mit Unterwasservegetation", die auf eine der Verträglichkeitsbeurteilung zugrunde gelegte fehlerhafte Bestandserfassung dieses Lebensraumtyps hindeuteten. Dieser Einwand, den der Kläger im Anhörungsverfahren noch nicht erheben konnte, führt nicht auf einen entscheidungserheblichen Mangel der Verträglichkeitsprüfung.

73

Die vom Kläger angeführten Kartenausschnitte mögen für seine Behauptung sprechen, in der Verträglichkeitsprüfung sei ein ca. 7 m breiter Geländestreifen auf der Ostseite der Freiberger Mulde nicht miterfasst worden, den der Managementplan als Fläche des Lebensraumtyps 3260 ausweise. Dies kann jedoch das Ergebnis der Verträglichkeitsbeurteilung nicht in Frage stellen, weil im planfestgestellten Lageplan Bl.-Nr. 15 der Unterlage 7.1 Baufeldgrenzen festgelegt sind, die eine Nutzung des betreffenden Bereichs ausschließen. Ausweislich der Nebenbestimmung A.III.9.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses in Verbindung mit Maßnahme S 2 des landschaftspflegerischen Begleitplans sind Abweichungen nur in besonders begründeten Ausnahmefällen und nach Maßgabe der CEF-Maßnahme 11 in enger Abstimmung mit der Umweltbaubegleitung zulässig; dabei sind Schutzvorkehrungen in Gestalt bodendruckmindernder Platten usw. zu ergreifen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen des Lebensraums kommen könnte, die einen günstigen Erhaltungszustand mehr als nur vorübergehend stören (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 43 und 48), ist auszuschließen.

74

Bezogen auf das westliche Flussufer weichen die Bestandsangaben des Managementplans und der Verträglichkeitsprüfung zum Lebensraumtyp 3260 auch nach Darstellung des Klägers nicht voneinander ab. Sollte der vom Kläger zum Vergleich herangezogenen, im Klageverfahren von Beklagtenseite vorgelegten Karte eine größere Ausdehnung des geschützten Lebensraums zu entnehmen sein, stellt das die Richtigkeit der übereinstimmenden Angaben der Verträglichkeitsprüfung und des Managementplans schon deshalb nicht in Frage, weil der Beklagte diese Karte zur Erläuterung anderer Sachangaben gefertigt und vorgelegt hat, ohne damit den Anspruch zu verbinden, der Lebensraum 3260 werde in ihr lagegenau wiedergegeben.

75

(3) Zu Chlorideinträgen in die dem Lebensraumtyp 3260 zuzurechnenden Gewässer Freiberger Mulde und Kleinwaltersdorfer Bach macht der Kläger - vorbereitet durch Vortrag in seinem Einwendungsschreiben - geltend, die Belastungen seien sowohl unzureichend ermittelt als auch fehlerhaft bewertet worden. Insoweit ist es ihm jedoch nicht gelungen, entscheidungserhebliche Mängel aufzuzeigen.

76

Die zu erwartenden Chloridbelastungen beider Gewässer gehen über das ermittelte Maß nicht hinaus; im Fall des Kleinwaltersdorfer Bachs bleiben sie sogar deutlich dahinter zurück. Neben der projektbedingten Einleitung von chloridbelastetem Straßenoberflächenwasser über Regenrückhaltebecken hat die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Berechnung auch die Chlorid-Grundbelastung beider Gewässer berücksichtigt. Dass insoweit auf Werte aus dem Jahr 2004 zurückgegriffen worden ist, die das damalige Landesamt für Umwelt und Geologie (LfUG) dem Beklagten übermittelt hatte, ist nicht zu beanstanden. Ausweislich der in der Verträglichkeitsprüfung dokumentierten Berechnung (Tabelle 11 und 12) handelte es sich nicht nur um Durchschnitts-, sondern auch um Maximalwerte, so dass eine entsprechend differenzierende Risikoberechnung durchgeführt werden konnte. Soweit der Kläger rügt, es seien bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses aktuellere Werte aus dem Jahr 2008 abrufbar gewesen, stellt das die Vereinbarkeit der durchgeführten Berechnung mit den habitatrechtlichen Vorgaben trotz des Erfordernisses, die Verträglichkeitsprüfung auf die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zu stützen (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 62 m.w.N.), nicht in Frage. Wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts erläutert hat, ist die Chlorid-Grundbelastung in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Dem hat der Kläger nicht substantiiert widersprochen. Infolgedessen führen die Werte aus dem Jahr 2004 nicht zu einer Unter-, sondern eher zu einer Überschätzung der Grundbelastung.

77

Bezogen auf den Kleinwaltersdorfer Bach sind zwei zusätzliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, aufgrund deren die Zusatzbelastung dieses Gewässers sogar deutlich geringer als in der Verträglichkeitsprüfung errechnet zu veranschlagen ist. Erstens ersetzt die Umgehungsstraße in dem Abschnitt, in dem das Straßenoberflächenwasser in den Kleinwaltersdorfer Bach geleitet wird, die zu einem bloßen Wirtschaftsweg zurückzubauende Bestandsstrecke der B 101, so dass deren Anteil an der Grundbelastung dem Eintrag von Seiten der Umgehungsstraße gegenzurechnen ist. Zweitens ist die Art der Entwässerung im betreffenden Bereich durch die 1. Tektur dergestalt geändert worden, dass an die Stelle der Direkteinleitung aus dem Regenrückhaltebecken in die Vorflut eine Versickerung des Wassers in einem Abstand von 230 m zum Kleinwaltersdorfer Bach getreten ist. Auch ohne eine quantifizierende Ermittlung der Auswirkungen dieser in der Berechnung ausgeklammerten Umstände liegt es auf der Hand, dass die errechnete Zusatzbelastung dadurch stark vermindert wird, wenn nicht sogar völlig wegfällt.

78

Die Beurteilung der ermittelten Werte als verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets begegnet gleichfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Den errechneten Gesamtbelastungswerten für die Freiberger Mulde von 65,94 mg/l (bei einem Maximalwert der Grundbelastung von 62 mg/l) bzw. 19,54 mg/l (bei einem Durchschnittswert der Grundbelastung von 15,6 mg/l) und für den Kleinwaltersdorfer Bach von 108,41 mg/l (bei einem Maximalwert der Grundbelastung von 50 mg/l) bzw. 87,51 mg/l (bei einem Durchschnittswert der Grundbelastung von 30,1 mg/l) haben die Verträglichkeitsprüfung und - ihr folgend - der Planfeststellungsbeschluss eine Erheblichkeitsschwelle von 200 mg/l gegenübergestellt und daraus den Schluss gezogen, die Chloridbelastung sei unerheblich. Der Beklagte betont, dieser auf eine Studie aus dem Jahr 1993 zurückgehende Wert sei sehr konservativ angesetzt, wie sich daraus ergebe, dass nach der in Sachsen im Zeitpunkt der Planfeststellung geltenden Erlasslage ein Wert von 500 mg/l als maßgeblich angesehen worden sei, während erst ein Erlass vom 24. Januar 2011 einen Orientierungswert von 200 mg Chlorid pro Liter als Bezugsgröße eingeführt habe. Ausweislich des letztgenannten Erlasses entspricht dieser Orientierungswert einer Empfehlung der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) vom 7. März 2007 zur Bestimmung des Übergangs von einem mäßigen in einen guten Zustand der physikalisch-chemischen Komponenten in deutschen Fließgewässern. Der Kläger beruft sich demgegenüber auf einen Beurteilungswert von 100 mg/l als Stand bester wissenschaftlicher Erkenntnis, der einer Empfehlung des Landesumweltamtes Brandenburg ("Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in Natura 2000-Gebiete", Stand November 2008) entstammt. Der Vollzugshilfe ist zu entnehmen, dass es sich um einen auf die FFH-Verträglichkeitsprüfung zugeschnittenen Wert handelt, der einer Zielvorgabe der LAWA aus dem Jahr 1998 zum Schutz aquatischer Lebensgemeinschaften entspricht.

79

Letztlich kann offenbleiben, welcher dieser Werte zum Schutz des Lebensraumtyps 3260 und seiner charakteristischen Arten anzuwenden ist. Für die Freiberger Mulde gilt dies schon deshalb, weil die errechnete Chloridgesamtbelastung selbst hinter einem Orientierungswert von 100 mg/l weit zurückbleibt. Für den Kleinwaltersdorfer Bach geht die errechnete Gesamtbelastung unter Zugrundelegung von Maximalwerten der Grundbelastung zwar über diesen Orientierungswert um ca. 8,5 mg/l hinaus. Berücksichtigt man, dass von der Gesamtbelastung ca. 58 mg/l auf die Zusatzbelastung entfallen, diese jedoch wegen der gegenzurechnenden Chloridfracht der B 101-Bestandsstrecke und der nachträglichen Umstellung des Straßenwasserabflusses auf eine Versickerungslösung weit niedriger liegen wird, so ergibt auch die Beurteilung der Chlorideinträge in den Kleinwaltersdorfer Bach anhand des Orientierungswertes der Vollzugshilfe deren Unbedenklichkeit.

80

Soweit der Kläger zusätzlich auf Untersuchungen in Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt verweist, die selbst für Chloridkonzentrationen ab 50 mg/l nachteilige Auswirkungen auf in Fließgewässern vorkommende Arten nahelegten, rechtfertigt das keine abweichende Beurteilung. Zum einen relativiert der Kläger die Aussagekraft dieser Untersuchungen selbst, indem er sich auf den Orientierungswert der Vollzugshilfe des Landesumweltamtes Brandenburg als Standard der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse beruft. Zum anderen ist sein Vortrag unsubstantiiert, da nicht angegeben wird, welches Beurteilungsverfahren die genannten Untersuchungen der Ermittlung bedenklicher Schadstoffkonzentrationen zugrunde gelegt haben; insbesondere bleibt völlig offen, ob der angeführte Wert von 50 mg/l sich auf durchschnittliche oder maximale Chloridkonzentrationen beziehen soll.

81

Ohne Erfolg wendet der Kläger ferner ein, bei der Beurteilung der Chloridbelastung müsse der beabsichtigte Ausbau der B 101 im nördlichen Anschluss an das planfestgestellte Vorhaben berücksichtigt werden, der zu weiteren Belastungen des Kleinwaltersdorfer Bachs mit Chlorid führen werde. Zwar ergibt sich aus § 3 Abs. 1 SächsNatSchG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG 2002, dass die Verträglichkeitsprüfung Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele eines FFH-Gebiets einzubeziehen hat, die sich durch ein Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten ergeben können. Dazu müssen die Auswirkungen der anderen Pläne oder Projekte und damit das Ausmaß der Summationswirkung aber verlässlich absehbar sein. Das ist grundsätzlich erst dann der Fall, wenn die hierfür erforderliche Zulassung erteilt ist (Urteil vom 21. Mai 2008 - BVerwG 9 A 68.07 - Buchholz 406.400 § 34 BNatSchG 2002 Nr. 1 Rn. 21). Ob die gebotene Gewissheit von Summationswirkungen in Ausnahmefällen schon während eines laufenden Zulassungsverfahrens für das weitere Projekt gewonnen werden kann, braucht nicht entschieden zu werden; an dieser Gewissheit fehlt es jedenfalls dann, wenn - wie hier - bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses für das weitere Projekt ein Zulassungsverfahren noch nicht einmal eingeleitet worden ist.

82

Soweit der Kläger ferner einwendet, die Verträglichkeitsprüfung sei defizitär, weil neben Chlorideinträgen nicht auch Sulfateinträge in den Lebensraum 3260 geprüft worden seien, kann dem gleichfalls nicht gefolgt werden. Der Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, aufgrund veränderter Kraftstoffzusammensetzung spiele der Straßenverkehr heute keine Rolle mehr für die Sulfatbelastung von Gewässern. Dem hat der Kläger keine Argumente entgegenzusetzen vermocht.

83

(4) Der Kläger rügt über die vorstehend behandelten Einwände gegen die Beurteilung konkreter einzelner Beeinträchtigungen hinaus, der Beklagte habe generell den rechtlich gebotenen Maßstab für die Beurteilung von Beeinträchtigungen als erheblich verfehlt, indem er nicht jede, sondern nur eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen als unvertretbar bewertet habe. Ein Rechtsfehler ist unter diesem Gesichtspunkt zu verneinen.

84

Allerdings findet sich sowohl im Planfeststellungsbeschluss und den Schriftsätzen des Beklagten als auch - vereinzelt - in der Verträglichkeitsprüfung die Formulierung, es fehle an einer "erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele". Dem Kläger ist zuzugeben, dass diese Wendung von dem rechtlich gebotenen Maßstab abweicht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts ist grundsätzlich jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - Rs. C-127/02 - Slg. 2004 S. I-7405 Rn. 48; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 41). Art. 6 Abs. 3 FFH-RL hebt ebenso wie die zu seiner Umsetzung ergangene Vorschrift des § 22b Abs. 1 SächsNatSchG für die Verträglichkeitsprüfung auf die Verträglichkeit des Plans oder Projekts mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen ab. Pläne oder Projekte können im Sinne von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und der Umsetzungsregelungen des deutschen Naturschutzrechts das Gebiet erheblich beeinträchtigen, wenn sie drohen, die Erhaltungsziele zu gefährden. Eine qualifizierende Intensität der Beeinträchtigung der Erhaltungsziele ist mithin nicht erforderlich.

85

Die Ausführungen in der Verträglichkeitsprüfung zeigen aber, dass es sich bei der vom Kläger kritisierten Wendung nur um eine unbedachte Wortwahl handelt, dagegen in der Sache darauf abgestellt worden ist, ob die Einwirkungen den Erhaltungszielen überhaupt zuwiderlaufen. So hat die Verträglichkeitsprüfung in der Beschreibung der verwendeten Bewertungsmethode deutlich herausgearbeitet, dass eine Beeinträchtigung erheblich ist, "wenn eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes eines Lebensraums oder einer Art anzunehmen ist" (S. 47). Das besagt in Anbetracht der Definition des Erhaltungsziels in § 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2002 nichts anderes, als dass ein Erhaltungsziel beeinträchtigt sein muss. Dieser Maßstab ist in der Verträglichkeitsprüfung auch der Beurteilung konkreter Beeinträchtigungen zugrunde gelegt worden. So heißt es etwa zum Lebensraumtyp 3260, Flächenverluste seien "grundsätzlich als erheblicher Eingriff zu werten, da diese den formulierten Erhaltungszielen entgegenlaufen" (S. 50). Da der Planfeststellungsbeschluss den Wertungen der Verträglichkeitsprüfung folgt, ist auch für ihn die Annahme gerechtfertigt, dass es sich bei der beanstandeten Wendung der "erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele" nicht um eine Verkennung des rechtlich gebotenen Maßstabs, sondern nur um eine missverständliche Ausdrucksweise handelt.

86

b) Der Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" steht mit den Vorschriften des Habitatschutzrechts in Einklang.

87

Da auch dieses Gebiet bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung eingetragen war, unterlag es den Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL und der in § 22b SächsNatSchG getroffenen Umsetzungsregelung. Gleichwohl war eine Verträglichkeitsprüfung für das Vorhaben entbehrlich. Wie sich aus der einschränkenden Formulierung in Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL und der durch § 3 Abs. 1 SächsNatSchG in Bezug genommenen Projektdefinition des § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG 2002 ergibt, bedarf es einer solchen Prüfung nur für Vorhaben, die ein Gebiet "erheblich beeinträchtigen könnten" bzw. dazu "geeignet sind". Das lässt den Schluss zu, dass der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung eine Vorprüfung oder Erheblichkeitseinschätzung vorgeschaltet ist. Sie beschränkt sich auf die Frage, ob nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen besteht (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 40 und 60). Zu untersuchen ist, ob anhand objektiver Umstände ausgeschlossen werden kann, dass das Projekt das Gebiet erheblich beeinträchtigt (vgl. EuGH, Urteil vom 7. September 2004 a.a.O. Rn. 49). Nach diesen Grundsätzen war eine Verträglichkeitsprüfung entbehrlich.

88

aa) Vorhabenbedingte Beeinträchtigungen des Hydroregimes der den Erhaltungszielen des Gebiets unterfallenden Bergwerksteiche (Lebensraumtyp 3150 "Eutrophe Stillgewässer") einschließlich des an den Mittelteich anschließenden Flachmoores (Lebensraumtyp 7140 "Übergangs- und Schwingrasenmoore") durften ohne vorherige Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ausgeschlossen werden.

89

(1) Dass die im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführte Vorprüfung die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die geplante Führung der Umgehungsstraße in einem bis zu 7 m tiefen Einschnitt Fernwirkungen auf das Hydroregime der Teiche haben kann, überhaupt nicht in den Blick genommen hat, verstößt nicht schon für sich genommen gegen Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, § 22b Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 SächsNatSchG, § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG 2002. Diese Vorschriften verlangen nicht, dass eine Vorprüfung formalisiert durchgeführt wird, sondern regeln nur die Voraussetzungen, unter denen eine Verträglichkeitsprüfung geboten ist. Fehlen diese Voraussetzungen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, weil eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebiets ohne vertiefte Prüfung ausgeschlossen werden kann, so stellt der Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung unabhängig davon, auf welche Weise die Planfeststellungsbehörde sich diese Gewissheit verschafft hat, keinen Rechtsfehler dar.

90

(2) Die Auffassung der Planfeststellungsbehörde, nachteilige Auswirkungen auf das Hydroregime der Teiche und des Moores ließen sich den Umständen nach ausschließen, begegnet auch in der Sache keinen durchgreifenden Bedenken. Der Planfeststellungsbeschluss stützt sich für diese Beurteilung auf die im Vergleich zur Entfernung der Teiche von der Trasse (über 400 m) geringe Reichweite der anhand von Grundwassermessstellen und Pumpversuchen ermittelten Grundwasserabsenkung (bis zu 15 m), auf den Umstand, dass Grundwasser nur in zwei von zahlreichen Bohrungen zur Baugrunderkundung angetroffen worden ist, sowie auf das Vorhandensein einer Oberflächenwasserscheide, die die Trasse mit Ausnahme der Südrampe des Knotens 4 von den Teichen trennt. Diese Überlegungen lassen freilich nicht ohne Weiteres den Schluss zu, ein Risiko weitreichender Grundwasserabsenkungen sei praktisch ausgeschlossen. Der Kläger hat nämlich nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Grundwasserfließrichtung nicht mit der Fließrichtung des Oberflächenwassers übereinstimmen muss und dass zudem im Bereich geologischer und bergbaubedingter Klüfte und Störungen, mit denen im betreffenden Raum unstreitig zu rechnen ist, sehr weitreichende Grundwasserabsenkungen denkbar sind. Mit dem vom Beklagten vorgelegten Bericht eines Ingenieurbüros vom Juni 2011 und den ergänzenden Angaben des bearbeitenden Geologen in der mündlichen Verhandlung liegen jedoch hinreichende Erkenntnisse vor, die solche Einwirkungen ausschließen. Diese Erläuterungen dürfen bei der gerichtlichen Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses berücksichtigt werden, da sie lediglich die der behördlichen Beurteilung zugrundeliegende Informationsbasis verdeutlichen und nicht Ergebnisse einer nachgeschalteten Untersuchung in der Art einer Verträglichkeitsprüfung wiedergeben.

91

Ein schädigender Kausalverlauf, wie ihn der Kläger befürchtet, würde voraussetzen, dass die Teiche oder ihre Zuflüsse mit dem störungsbetroffenen Kluftgrundwasserleiter in Verbindung stehen. Eine derartige Verbindung scheidet nach den überzeugenden schriftlichen und mündlichen Erläuterungen des vorerwähnten Geologen aus. Ihnen zufolge handelt es sich bei dem von der Trasse durchschnittenen Gebiet um einen geologisch eingehend untersuchten Raum. Aus zahlreichen Bohrungen sowohl im Verlauf der Trasse als auch südlich davon sei bekannt, dass dort an der Geländeoberfläche Verwitterungsschichten des Gneises als Porengrundwasserleiter anstehen, die nach unten eine sehr geringe Wasserdurchlässigkeit aufweisen. Erst unterhalb dieser abdichtend wirkenden Schichten befinde sich angewitterter Fels als Kluftgrundwasserleiter. Die Mächtigkeit der Verwitterungsschichten betrage den Bohrergebnissen zufolge durchweg mehrere Meter, wobei in Senken eine größere, in Kuppenlagen eine geringere Mächtigkeit zu verzeichnen sei. Da die Entstehung der Verwitterungsschichten durch Prozesse gesteuert worden sei, die von der Geländeoberfläche ihren Ausgang genommen hätten, sei die Annahme eines in etwa geländeparallelen Schichtenverlaufs gerechtfertigt.

92

Die dargestellten Erkenntnisse über Mächtigkeit, Konsistenz und Verlauf der Verwitterungsschichten tragen die von dem Geologen in der mündlichen Verhandlung bekräftigte Schlussfolgerung, der im FFH-Gebiet gelegene Mittelteich und der zu seiner Wasserversorgung über einen Zufluss beitragende gebietsexterne Großteich ständen mit dem Kluftgrundwasserleiter nicht in Verbindung. Besonders augenfällig ist das für den Mittelteich. Mit einer Tiefe von nur 1,5 m muss er zwangsläufig in die lehmigen, eine Verbindung zum Kluftgrundwasser versperrenden Verwitterungsschichten eingebettet sein. Dass diese deutlich tiefer in den Untergrund hinabreichen, belegt namentlich der wenige Meter nördlich des Mittelteichs gelegene Schacht F der Wasserfassungsanlage des Johannisbades. Nach Angaben des dazu in der mündlichen Verhandlung befragten Geologen reicht dieser Schacht bis in eine Tiefe von ca. 4 m unter Geländeoberkante hinab und verbleibt dennoch in den Verwitterungsschichten, aus denen das Wasser gefördert wird. Gleiche Verhältnisse bestehen für das angrenzende Moor. Der Großteich weist zwar eine Wassertiefe von 2,9 m auf. Im Hinblick auf den der Geländeneigung entsprechenden Schichtenverlauf muss aber auch für ihn davon ausgegangen werden, dass die Verwitterungsschichten unter ihm durchlaufen. Unter diesen Umständen durfte die Planfeststellungsbehörde auch ohne gezielte Untersuchungen durch eine auf den Schutz der Lebensraumtypen 3150 und 7140 ausgerichtete Verträglichkeitsprüfung vorhabenbedingte Risiken für das Hydroregime der geschützten Lebensräume als ausgeschlossen erachten.

93

bb) Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Beklagte den Erhaltungszielen des Gebiets zuwiderlaufende Trennwirkungen für den Kammmolch ohne Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung verneint hat. Auch wenn davon auszugehen sein sollte, dass gebietsexterne Wanderbeziehungen habitatrechtlich geschützter Arten nicht nur zwischen verschiedenen FFH-Gebieten und -Teilgebieten (vgl. dazu Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 36 und vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 33), sondern auch zwischen gebietsinternen und -externen Habitaten geschützt sein können, bedurfte die Frage relevanter Trennwirkungen keiner weitergehenden naturschutzfachlichen Untersuchungen.

94

Der Beurteilung des Beklagten, erhebliche Beeinträchtigungen seien unter diesem Aspekt auszuschließen, liegt der Vorprüfung zufolge die Erwägung zugrunde, die Sommerlebensräume der von den Erhaltungszielen des Gebiets umfassten Kammmolchpopulation befänden sich überwiegend in unmittelbarer Nähe zu den gebietszugehörigen Laichgewässern, während der Bereich nördlich der Trasse wegen großer Entfernung von den Laichgewässern und unzureichender Habitatqualitäten kaum Bedeutung für die Population habe. Gegen diese Einschätzung ist nichts zu erinnern. Der mögliche Aktionsradius des Kammmolchs reicht zwar über die Trasse hinaus. Da es sich bei dem Bereich nördlich der Trasse weitgehend um ausgeräumte, ackerbaulich genutzte Flächen handelt, die den Habitatansprüchen der Art wenig gerecht werden, leuchtet es aber ein, dass Wanderbeziehungen nach Norden nur ganz schwach ausgeprägt sein können. Überdies ist zu berücksichtigen, dass der im landschaftspflegerischen Begleitplan angesprochene Wanderkorridor vom Quarzitbruch Ölmühlenweg über den Goldbach nach Norden, auf den sich der Kläger bezieht, wegen eines geplanten Bachdurchlasses unter der Umgehungsstraße weiterhin offen bleibt. Unter diesen Umständen war auch ohne Verträglichkeitsprüfung der Schluss gerechtfertigt, die Stabilität der Kammmolchpopulation im FFH-Gebiet werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.

95

Ebenso wenig war für den Kleinen Wasserfrosch als charakteristische Art des Lebensraumtyps 3150 eine Verträglichkeitsprüfung veranlasst. Ein Vorkommen dieser Amphibienart konnte in dem Teil des FFH-Gebiets, in dem der Kläger es vermutet, ausweislich der Managementplanung letztmalig 1998 bestätigt werden. Nimmt man hinzu, dass der Kleine Wasserfrosch nach den nicht bestrittenen Angaben des Beklagten ebenfalls vorzugsweise Landhabitate in unmittelbarer Umgebung der Laichgewässer aufsucht und überdies der Goldbach als potentieller Wanderkorridor nutzbar bleibt, durften Trennwirkungen, die für den Erhaltungszustand der Art eine Rolle spielen könnten, ohne Weiteres ausgeschlossen werden.

96

2. Der Planfeststellungsbeschluss weist entscheidungserhebliche artenschutzrechtliche Mängel auf, die sich auf die Prüfung des Tötungsverbots für verschiedene Fledermausarten und die Zauneidechse sowie des Zerstörungsverbots für Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermausarten beziehen. Diese Mängel infizieren zugleich die behördliche Beurteilung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und die fachplanerische Abwägung. Rechtsfolge der Verstöße ist nicht die Aufhebung, sondern nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses.

97

a) Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot hat der Planfeststellungsbeschluss unter verschiedenen Gesichtspunkten geprüft. Durchgreifenden Bedenken begegnet diese zutreffend am Maßstab des § 42 BNatSchG in der Fassung von Art. 1 Nr. 7 des Änderungsgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) - BNatSchG 2007 - vorgenommene Prüfung nur, soweit der Planfeststellungsbeschluss ein signifikant erhöhtes Risiko für die im Hospitalwald lebenden Fledermäuse, im Querungsbereich der Bahnstrecke Freiberg-Nossen durch Kollisionen mit Kraftfahrzeugen auf der Umgehungsstraße zu Tode zu kommen, und ein ebenfalls signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko für Zauneidechsen auf den Straßenflächen seitlich der durch die Ausgleichsmaßnahme A 5 entstehenden Habitate verneint hat.

98

aa) Auf der Grundlage der durchgeführten Ermittlungen kann dem Vorhaben nicht bescheinigt werden, dass Tötungsrisiken für Fledermäuse im genannten Querungsbereich der Bahnstrecke Freiberg-Nossen mit dem planfestgestellten Schutzkonzept in einer dem Tötungsverbot, der Eingriffsregelung und dem Abwägungsgebot gerecht werdenden Weise bewältigt werden.

99

(1) § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2007 verbietet es, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten, zu denen sämtliche hier betroffenen Fledermausarten zählen, zu töten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfasst das Tötungsverbot verkehrsbedingte Tierverluste infolge von Straßenbaumaßnahmen allein dann, wenn sich das Kollisionsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten in signifikanter Weise erhöht (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 91). Umstände, die für die Beurteilung der Signifikanz eine Rolle spielen, sind insbesondere artspezifische Verhaltensweisen, häufige Frequentierung des durchschnittenen Raums und die Wirksamkeit vorgesehener Schutzmaßnahmen. Für die fachliche Beurteilung ist der Planfeststellungsbehörde eine Einschätzungsprärogative eingeräumt (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 65 ff.). Selbst unter Beachtung der damit verbundenen Einschränkungen gerichtlicher Kontrolle tragen die den Planunterlagen zu entnehmenden tatsächlichen Feststellungen nicht die Beurteilung, das planfestgestellte Schutzkonzept sei geeignet, eine gesteigerte Gefährdungssituation für die querenden Fledermäuse auszuschließen.

100

Auf der Grundlage der durchgeführten Untersuchungen ist die Planfeststellungsbehörde zu dem Ergebnis gelangt, bei der kaum noch von Schienenverkehr genutzten Bahnstrecke Freiberg-Nossen handele es sich um eine stark frequentierte Flugroute, die von zahlreichen Fledermausarten genutzt werde. Ohne Schutzmaßnahmen sei im Bereich der geplanten Überführung der Ortsumgehung über diese Bahnstrecke für die dort fliegenden Fledermäuse von einem signifikant erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen. Dagegen ist nichts zu erinnern; wie dem Gericht aus zahlreichen Verfahren bekannt ist, entspricht es dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnis, dass Fledermäuse in häufig frequentierten Flugkorridoren und Querungsbereichen ohne Schutzvorkehrungen einem deutlich erhöhten Risiko verkehrsbedingter Tötung unterliegen. Dennoch hat die Planfeststellungsbehörde einen Verstoß gegen das Tötungsverbot verneint, weil das planfestgestellte Schutzkonzept ein gesteigertes Tötungsrisiko ausschließe. Diese Beurteilung erweist sich als mängelbehaftet.

101

Die besonderen örtlichen Verhältnisse, denen das Schutzkonzept Rechnung tragen muss, sind dadurch geprägt, dass im Querungsbereich nach Verwirklichung des Vorhabens drei Verkehrswege in unterschiedlicher Höhenlage verlaufen: die Bahnstrecke Freiberg-Nossen in einem Einschnitt, die quer dazu verlaufende Bahnstrecke Dresden-Werdau (Sachsenmagistrale) in leichter Höhenlage und die in etwa parallel dazu geführte Ortsumgehung noch mehrere Meter höher. Das darauf ausgerichtete Schutzkonzept umfasst den geplanten Durchlass für die Bahnstrecke Freiberg-Nossen unter der Ortsumgehung mit einer lichten Weite von 10 m, einer lichten Höhe von 7,75 m und einer Länge von 16,25 m, der zu dem bereits vorhandenen Durchlass unter der Sachsenmagistrale hinzutritt, 4 m hohe Kollisionsschutzwände auf der Überführung, die seitlich jeweils 30 m weiter geführt werden, und Leitpflanzungen. Die getroffenen Feststellungen zum Flugverhalten der Fledermäuse und die Erwägungen zu dessen Beeinflussung durch die geplanten Vorkehrungen reichen nicht aus, um die Wirksamkeit dieses Konzepts verlässlich zu beurteilen.

102

Kollisionsschutzwände als Querungshilfen für Fledermäuse werden in Fachkreisen sehr skeptisch bewertet. Das FGSV-Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ - Stand März 2008, S. 61) erwähnt Wände als Leitstrukturen, die Fledermäuse zu Querungsmöglichkeiten hinleiten können, aber nicht als Überflughilfen. Der vom Sächsischen Ministerium für Wirtschaft und Arbeit herausgegebene Leitfaden für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen "Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse" (Entwurf, Stand Dezember 2008, S. 93 ff.) führt aus, systematische Untersuchungen zur Eignung als Überflughilfen lägen für Kollisionsschutzwände bislang nicht vor. Er äußert die Vermutung, dass derartige Einrichtungen wegen der Neigung der Tiere, hinter der Wand ihre Flughöhe zu mindern, nur bei geringen Trassenbreiten (z.B. eingleisige Bahnstrecken und schmale Straßen) eine Funktion als Überflughilfe wahrnehmen könnten; im Rahmen einer Expertenbefragung sei die Wirksamkeit von Kollisionsschutzzäunen für viele Arten als nicht oder nur bedingt gegeben eingestuft worden. Legt man diese naturschutzfachlichen Einschätzungen zugrunde, so muss angenommen werden, dass die vorgesehenen Schutzwände zwar die Funktion einer Leiteinrichtung in Richtung auf den Durchlass erfüllen werden, für die Fledermäuse, die entlang der Bahnstrecke Freiberg-Nossen die Sachsenmagistrale und die Umgehungsstraße nicht unter-, sondern überfliegen, hingegen nur geringen Schutz bieten. Als tragende Säule eines Konzepts, das den Schutz der Fledermäuse beim Queren der Trasse gewährleisten soll, sind die Wände demnach ungeeignet.

103

Der Beklagte hat sich mit diesen fachlichen Einschätzungen nicht in einer Weise auseinandergesetzt, die eine günstigere Beurteilung von Kollisionsschutzwänden als Querungshilfen vertretbar erscheinen lässt. Weder der Planfeststellungsbeschluss noch der artenschutzrechtliche Fachbeitrag und der landschaftspflegerische Begleitplan gehen darauf überhaupt ein. In der mündlichen Verhandlung hat der Bearbeiter des Fachbeitrags lediglich pauschal auf positive Erfahrungen mit derartigen Wänden an der Ortsumgehung Stollberg der B 180 verwiesen, ohne die Vergleichbarkeit der dortigen örtlichen Verhältnisse und des dort entwickelten Schutzkonzepts zu verdeutlichen. Studien, die Kollisionsschutzwände als prinzipiell geeignete Querungshilfen beurteilen, hat der Beklagte nicht benennen können.

104

Unter diesen Umständen könnte die behördliche Beurteilung der Wirksamkeit des Schutzkonzepts nur dann Bestand haben, wenn Untersuchungen durchgeführt worden wären, die den Schluss zuließen, die Funktion einer Querungshilfe werde für die den Flugkorridor nutzenden Fledermausarten im Wesentlichen schon von dem Durchlass unter der Straße erfüllt, während die Schutzwände nur eine flankierende Vorkehrung darstellten. Erhebungen dazu fehlen jedoch. In den Untersuchungen zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag hat der Vorhabenträger ermittelt, dass die auf der Bahnstrecke Freiberg-Nossen erfassten Fledermäuse die Sachsenmagistrale teils unter-, teils überfliegen. Feststellungen zur Zahl der Unter- und Überflüge sind ebenso wenig getroffen worden wie zu den Anteilen der verschiedenen Arten an den Unter- und Überflügen. Ebenso fehlen Feststellungen zum artspezifischen Flugverhalten, aus denen abgeleitet werden könnte, ob und inwieweit die verschiedenen Arten die hintereinander geschalteten Durchlässe annehmen oder in die Höhe ausweichen werden. Ohne eingehende Erkundungen hierzu lässt sich nicht verlässlich einschätzen, welche Bedeutung den Durchlässen einerseits und den Schutzwänden andererseits als Querungshilfen beizumessen ist. Angesichts der ungenügend belegten Eignung von Kollisionsschutzwänden für diese Funktion ist es ohne solche Feststellungen nicht möglich, die Tragfähigkeit des Schutzkonzepts ausreichend zu beurteilen.

105

Das im Planfeststellungsbeschluss unter A.III.9.1.5 und 9.3.3 angeordnete Monitoring, das u.a. die Wirksamkeit des in Rede stehenden Schutzkonzepts zum Gegenstand hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Ein Monitoring kann dazu dienen, aufgrund einer fachgerecht vorgenommenen Risikobewertung Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die sich aus nicht behebbaren naturschutzfachlichen Erkenntnislücken ergeben, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es stellt hingegen kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn - wie hier - offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Eignungsmängeln eines Schutzkonzepts wirkungsvoll begegnet werden soll.

106

Dem aufgezeigten Mangel fehlt nicht die Entscheidungserheblichkeit. Eine objektive Ausnahmelage im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 BNatSchG 2007, die seine Erheblichkeit ausschließen würde (vgl. Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 565 und vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 48), lässt sich nicht feststellen. Voraussetzung dafür wäre nach Satz 2 das Fehlen einer zumutbaren Alternative. Bisher sind jedoch keine Feststellungen getroffen worden, die es rechtfertigen würden, eine solche Alternative auszuschließen. Als geeignete Überflughilfe kommt z.B. eine Einhausung der Umgehungsstraße im Querungsbereich in Betracht. Ob sie nur unter unzumutbarem Kostenaufwand realisiert werden könnte oder mit anderen unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre, vermag das Gericht ohne entsprechende Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde nicht zu beurteilen.

107

(2) Die Ermittlungs- und Bewertungsdefizite der artenschutzrechtlichen Prüfung wirken fort auf die Behandlung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und die planerische Abwägung.

108

Die aufgrund dieser Defizite bestehende Ungewissheit über die Wirksamkeit des planfestgestellten Schutzkonzepts bedeutet zugleich, dass nicht beurteilt werden kann, ob die Planung in diesem Punkt dem Vermeidungsgebot des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SächsNatSchG (§ 19 Abs. 1 BNatSchG 2002) entspricht. Sollte das Konzept ein unzureichendes Mittel zum Ausschluss eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos sein, ein solches Risiko sich aber mit anderen verhältnismäßigen Maßnahmen ausschließen lassen, so hat die Maßnahme nicht alle zu Gebote stehenden Mittel zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der betroffenen Naturgüter ausgeschöpft. Dass die Realisierbarkeit anderer zumutbarer Vermeidungsmaßnahmen offen ist, ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen zum Fehlen einer objektiven Ausnahmelage.

109

Der hier beanstandete Mangel der artenschutzrechtlichen Prüfung schlägt auch auf die Behandlung des Kompensationsgebots gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SächsNatSchG (§ 19 Abs. 2 BNatSchG 2002) durch. Sollten geeignete Maßnahmen zur Vermeidung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos weder in Gestalt des planfestgestellten Schutzkonzepts noch auf andere Weise zur Verfügung stehen, bedeutet dies zugleich, dass das Vorhaben zu einer zu kompensierenden, aber tatsächlich nicht kompensierten Beeinträchtigung führt.

110

Infiziert wird ferner die planerische Abwägung. Die Planfeststellungsbehörde hat für die Abwägung zwischen den verschiedenen westlich von Freiberg in Betracht gezogenen Trassenalternativen den Belangen des Natur- und speziell des Artenschutzes wegen der besonderen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des dortigen Naturraums großes Gewicht beigemessen. Ihre Entscheidung, dennoch der Variante 3 den Vorzug vor anderen Varianten zu geben, hat sie maßgeblich auch auf die Erwägung gestützt, trotz der mit dieser Variante verbundenen Durchschneidung des Hospitalwaldes sei das Vorhaben mit den Vorgaben des Artenschutzes vereinbar. Da diese Annahme auf einer fehlerhaften Beurteilung beruht, kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass bei ordnungsgemäßer artenschutzrechtlicher Prüfung sich auch das Ergebnis der Trassenwahl geändert hätte.

111

(3) Die festgestellten Mängel rechtfertigen nicht die Aufhebung, sondern nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Die erforderlichen zusätzlichen Ermittlungen und Bewertungen können in einem ergänzenden Verfahren nachgeholt werden, um so die Grundlage für eine Bestätigung oder Veränderung des Schutzkonzepts und ggf. für die Erteilung einer Ausnahme vom Tötungsverbot nebst Anordnung dann notwendig werdender Kompensationsmaßnahmen und eine erneute Abwägung zu gewinnen.

112

bb) Die Planfeststellungsbehörde hat nicht verkannt, dass die Trasse im Hospitalwald auch abseits der Bahnstrecke Freiberg-Nossen stark von Fledermäusen genutzte Bereiche quert. Da die Tiere in ihren dortigen Jagdhabitaten unstrukturiert fliegen, tritt das Risiko verkehrsbedingter Kollisionen nicht so konzentriert wie im Bereich von Flugrouten auf, geht aber dennoch über ein "Normalmaß" deutlich hinaus (vgl. S. 66 des bereits erwähnten Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen). Diesem Risiko begegnet der festgestellte Plan mit der CEF-Maßnahme 9, die einen Verzicht auf trassenbegleitende Gehölzpflanzungen im Nahbereich der Straße und auf Aufforstung bzw. Waldrandgestaltung in näher bezeichneten konfliktträchtigen Streckenabschnitten vorsieht. Hierdurch soll ausweislich der Angaben im landschaftspflegerischen Begleitplan und dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag sowie der ergänzenden Ausführungen der naturschutzfachlichen Sachbeistände des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erreicht werden, dass der Trassenraum seitlich der Umgehungsstraße von den Fledermäusen weder als Leitstruktur noch als Jagdhabitat genutzt wird. Der Senat hat aufgrund der Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass dieses Schutzkonzept naturschutzfachlich vertretbar ist. Bleiben die Randbereiche der Straße frei von Aufwuchs, so erscheint es plausibel, dass sie ihre Eignung als Jagdhabitat einbüßen und die Tiere auf Abstand zur eigentlichen Straßenfläche gehalten werden. Dies gilt umso mehr, als der prognostizierte starke Verkehr auf der Straße wegen seiner Störwirkungen die Attraktivität der Randbereiche als Jagdhabitat oder Flugroute zusätzlich mindert. Bezeichnenderweise haben die Bestandserhebungen ergeben, dass die hoch mit Bahnverkehr belastete Sachsenmagistrale im Gegensatz zur kaum befahrenen Bahnstrecke Freiberg-Nossen nicht gehäuft von Fledermäusen frequentiert wird. Eine dauerhafte Funktionsfähigkeit des Schutzkonzepts wird jedenfalls durch die klarstellende Protokollerklärung des Beklagten gesichert, wonach die CEF-Maßnahme 9 auch die Freihaltung des Trassennahbereichs von sich natürlich entwickelndem Aufwuchs umfasst. Unter diesen Umständen hält sich der Beklagte mit seiner Beurteilung, auch ohne die vom Kläger geforderten - angesichts der Dammlage der Straße ohnehin kaum realisierbaren - Grünbrücken seien die Fledermäuse in den fraglichen Bereichen des Hospitalwaldes keinem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt, im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative.

113

cc) Dem Kläger kann nicht gefolgt werden, soweit er geltend macht, an den Überführungen der Ortsumgehung über die Kleinschirmaer Straße, das Münzbachtal und die Freiberger Mulde bestehe für Fledermäuse ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko, das durch die vorgesehenen Schutzgeländer nicht bewältigt werde. Die fledermauskundlichen Untersuchungen haben ergeben, dass die betreffenden Bereiche deutlich schwächer von Fledermäusen frequentiert werden als die Bahnstrecke Freiberg-Nossen. Außerdem sind zwei weitere Gesichtspunkte für die Risikobewertung zu berücksichtigen. Zum einen sind die Durchlässe unter den Brücken mit Ausnahme derjenigen über die Kleinschirmaer Straße wesentlich größer als der für die Bahnstrecke Freiberg-Nossen geplante Durchlass und zum anderen ist die jeweilige örtliche Situation nicht wie an der Bahnstrecke Freiberg-Nossen durch zwei die Flugroute querende Verkehrswege auf unterschiedlichen Höhen geprägt. Beide Umstände lassen ein Kollisionsrisiko deutlich niedriger erscheinen. Angesichts dessen erweist sich die Einschätzung des Beklagten als vertretbar, selbst unabhängig von den an den Brückenrändern vorgesehenen Schutzgeländern fehle es an einem signifikant erhöhten Kollisionsrisiko für Fledermäuse. Dass die Geländer einen gewissen zusätzlichen Schutz bieten, hat der Beklagte im Übrigen plausibel mit dem Hinweis erläutert, dass sie nicht von Fledermäusen durchflogen werden können und trotz ihrer geringen Brüstungshöhe die Tiere zu einem bogenförmigen Überflug nötigen, soweit diese die Brücken nicht schon in Straßenhöhe anfliegen, sondern erst kurz vor der Querung in steilem Winkel an Höhe gewinnen.

114

dd) Als fehlerhaft erweist sich die artenschutzrechtliche Beurteilung hinsichtlich der Ausgleichsmaßnahme A 5, die dazu dient, Habitatverluste der Zauneidechse durch Schaffung neuer Habitatflächen zu kompensieren. Dies führt wiederum zugleich zu Beanstandungen der Behandlung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung.

115

(1) Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist aufgrund der Maßnahme A 5 für Zauneidechsen mit einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko zu rechnen, wodurch der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2007 erfüllt wird. Die Maßnahme sieht vor, südexponierte steile Straßenböschungen an der Ortsumgehung und der Hüttenstraße zauneidechsengerecht herzurichten. Im unteren Böschungsbereich sollen offene, besonnte Stellen und unverfugte Steinmauern geschaffen werden, die den Habitatansprüchen der Art entgegenkommen; der obere, zur Straße hin gelegene Teil soll stärkeren, extensiv gepflegten Bewuchs aufweisen. Dies soll nach den schriftsätzlichen Ausführungen des Beklagten bewirken, dass die Tiere, deren Aktionsradius sehr klein sei, im unteren Böschungsbereich verweilen und abgehalten werden, die Straße aufzusuchen. Der Kläger hält dem entgegen, die Tiere, die Distanzen bis zu 4 km zurücklegen könnten, benötigten neben besonnten Flächen auch schattige, vor Sonneneinstrahlung geschützte Bereiche und würden deshalb die Böschung insgesamt als Lebensraum nutzen. In den Abendstunden empfänden sie erfahrungsgemäß den Straßenraum wegen der Restwärme des Straßenbelags als attraktiven Aufenthaltsort und kämen dort gehäuft zu Schaden.

116

Die Erörterung der Ausgleichsmaßnahme A 5 in der mündlichen Verhandlung hat ergeben, dass die fachliche Argumentation des Beklagten nicht tragfähig ist. Der mit der planerischen Ausgestaltung der Maßnahme betraute Sachbeistand des Beklagten hat einräumen müssen, dass die Eidechsen sich durch extensiven Bewuchs des schmalen oberen Böschungsstreifens letztlich nicht von der Straße fernhalten lassen und dort einem besonderen Tötungsrisiko unterliegen. Diese Folge sei erkannt, aber unter Abwägung von Nutzen und Schaden der Maßnahme in Kauf genommen worden, weil nach den an anderer Stelle gesammelten Erfahrungen auf derartigen Straßenböschungen trotz Tierverlusten stabile Vorkommen der Art entständen. Das mag zutreffen, lässt aber den individuenbezogen gefassten Tötungstatbestand nicht entfallen.

117

Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot scheidet auch nicht nach § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 aus. Diese Regelung gelangt hier schon deshalb nicht zur Anwendung, weil nach den obigen Ausführungen unter B.2.a.aa.(2) die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung ungewiss ist. § 42 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG 2007 bestimmt, dass die privilegierenden Regelungen der nachfolgenden Sätze nur auf nach § 19 BNatSchG 2002 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft anwendbar sind. Als Eingriff in diesem Sinne ist nicht die konkrete Beeinträchtigung - hier die Tötung von Zauneidechsen in der Nachbarschaft des Ausgleichshabitats -, sondern nach dem eindeutigen, zwischen Eingriff und Beeinträchtigungen unterscheidenden Wortlaut der Legaldefinition des § 18 Abs. 1 BNatSchG 2002 die Veränderung der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen als Ganzes zu verstehen. Im Fall eines auf Grundflächen zugreifenden Planvorhabens ist danach dieses Vorhaben selbst, nicht jede seiner einzelnen Einwirkungen auf den Naturhaushalt als Eingriff zu qualifizieren. Das hat zur Konsequenz, dass Gegenstand der Zulässigkeitsbeurteilung das Vorhaben und nicht die einzelne Beeinträchtigung ist; führt das Vorhaben in bestimmter Hinsicht zu Beeinträchtigungen, die den Vorgaben der Eingriffsregelung widersprechen, so ist der Eingriff unzulässig mit der Folge, dass auch anderen von ihm ausgehenden Beeinträchtigungen die Privilegierung des § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 verwehrt bleibt.

118

Für dieses Verständnis sprechen neben dem Gesetzeswortlaut auch die in § 42 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG 2007 erfolgte Gleichstellung zulässiger Bauvorhaben im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG 2007 mit zulässigen Eingriffen sowie die Regelung des § 19 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 2002, die den Eingriff als möglichen Gegenstand eines Zulassungsakts voraussetzt. Vor allem aber trägt diese Auslegung dem vom Gesetzgeber verfolgten Regelungszweck Rechnung. § 42 Abs. 5 BNatSchG 2007 ist - neben Absatz 4 - an die Stelle des § 43 Abs. 4 BNatSchG 2002 getreten, der nach § 19 BNatSchG 2002 zugelassene Eingriffe prinzipiell umfassend von den Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 freistellte. Zur Wahrung der Vereinbarkeit mit Unionsrecht hat die Neuregelung zwar die Privilegierung deutlich eingeschränkt. Auch sie ist jedoch Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, Maßnahmen zu privilegieren, für die vor Realisierung eine Prüfung und Bewältigung ihres naturschutzbezogenen Konfliktpotentials nach Maßgabe der Eingriffsregelung erwartet werden kann (vgl. Lau, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2011, § 44 Rn. 36; zum alten Recht bereits Urteil vom 11. Januar 2001 - BVerwG 4 C 6.00 - BVerwGE 112, 321 <327 f.>). Eine solche Maßnahme kann nicht die einzelne Beeinträchtigung, sondern nur das beeinträchtigende Planvorhaben sein.

119

Aber auch unabhängig davon könnte auf § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2007 nicht zurückgegriffen werden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift mögen erfüllt sein, doch ist das unerheblich, weil Art. 12 Abs. 1 Buchst. a FFH-RL keine dem § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2007 entsprechende Begrenzung des Tötungsverbots enthält. Anders als das deutsche Recht schränkt die unionsrechtliche Norm allerdings das Tötungsverbot auf absichtliche Tötungen ein. Darauf kommt es hier indes nicht an, da vorliegend auch das Absichtlichkeits-Merkmal zu bejahen ist. Absichtliches Handeln setzt den Nachweis voraus, dass der Handelnde die Tötung gewollt oder zumindest in Kauf genommen hat (EuGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - Rs. C-221/04 - Slg. 2006 S. I-4515 Rn. 71). In Anbetracht der von Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen muss von einer Inkaufnahme eines durch die Maßnahme A 5 für die Zauneidechsen signifikant erhöhten Tötungsrisikos ausgegangen werden.

120

Dem aufgezeigten Mangel fehlt nicht die Entscheidungserheblichkeit. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 BNatSchG 2007 eine Ausnahme hätte erteilt werden können, lassen sich nicht abschließend beurteilen. Es ist nämlich offen, ob zumutbare Alternativen zur Ausgleichsmaßnahme A 5 vorhanden sind. Da diese Maßnahme einen Baustein im Kompensationskonzept des Beklagten bildet, müsste eine alternative Kompensationsmaßnahme in gleichem Maße wie sie zur Kompensation fortfallender Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Zauneidechsen geeignet sein, ohne zugleich die mit ihr verbundenen Risiken zu schaffen. Ob Flächen zur Verfügung stehen oder beschafft werden können, auf denen sich ein diesen Anforderungen entsprechendes Ausgleichs- oder Ersatzhabitat anlegen lässt, kann ohne vorgängige behördliche Untersuchungen nicht beurteilt werden.

121

(2) Der vorbezeichnete Mangel schlägt durch auf die Beurteilung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem naturschutzrechtlichen Vermeidungsgebot. Gibt es zumutbare Alternativmaßnahmen, mit denen sich ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko für die Zauneidechse vermeiden lässt, so wird das Vorhaben diesem Gebot nicht gerecht.

122

Ein ergänzendes Verfahren eröffnet auch insoweit die Möglichkeit zur Fehlerheilung durch Nachermittlung und Nachbesserung oder Neubewertung unter Einschluss der Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahme.

123

ee) Dass die Planfeststellungsbehörde für die Schlingnatter ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko infolge der Ausgleichsmaßnahme A 5 verneint hat, begegnet dagegen keinen durchgreifenden Bedenken. Der einzige Fund eines Exemplars dieser Art im Zuge der durchgeführten Bestandserfassung ist in beträchtlicher Entfernung zur Ausgleichsfläche erfolgt; angesichts dessen musste nicht angenommen werden, Schlingnattern würden sich künftig gehäuft auf der Ausgleichsfläche aufhalten und unterlägen bei ihrer Jagd nach Zauneidechsen im angrenzenden Straßenraum einem signifikant gesteigerten Tötungsrisiko.

124

ff) Ebenso wenig ist die naturschutzfachliche Einschätzung der Behörde zu beanstanden, die CEF-Maßnahme 18 falle nicht unter den Tötungstatbestand. Diese Maßnahme richtet sich darauf, zur Kompensation verkehrsbedingter Lebensraumverluste von Zauneidechse und Schlingnatter schon bisher partiell zumindest von der Zauneidechse genutzte, aber u.a. wegen Aufforstungen und zunehmender Verbuschung nur eingeschränkt ihren Habitatansprüchen genügende Flächen durch Anlage typischer Habitatelemente aufzuwerten und so zugleich zusätzlichen Lebensraum zu schaffen. Der Gefahr, dass beim stellenweise geplanten Abschieben von Oberboden zur Herstellung von Rohbodenstandorten Individuen der beiden Arten getötet werden, begegnet der Planfeststellungsbeschluss in der durch Protokollerklärungen während der mündlichen Verhandlung ergänzten Fassung mit der CEF-Maßnahme 11, die eine Umweltbaubegleitung vorsieht; Bereiche, in denen nach den dortigen Habitatbedingungen mit Eidechsen oder Schlingnattern zu rechnen ist, sind durch Festlegung entsprechender Bautabuzonen und Baufeldbegrenzungen von solchen Arbeiten auszunehmen. Sachgründe, warum trotz dieser Schutzvorkehrungen Tiere zu Schaden kommen werden, hat der Kläger nicht zu benennen vermocht.

125

Soweit der Kläger hinsichtlich der CEF-Maßnahme 18 außerdem ein signifikant erhöhtes Risiko der Tiere, im Straßenraum zu Tode zu kommen, geltend macht, hat die gegenteilige naturschutzfachliche Einschätzung des Beklagten Bestand. Die Lage der Maßnahmeflächen zur Straße ist nicht mit derjenigen der Ausgleichsflächen A 5 zu vergleichen. Während letztere unmittelbar an Straßen grenzen, sind erstere - mit Ausnahme einer geringfügigen Verbindung zu einer Teilfläche der Ausgleichsmaßnahme A 5 - durch Flächen, die nicht aufgewertet werden sollen, von den benachbarten Straßen getrennt. Warum diese trennenden Flächen nach ihrer Beschaffenheit nicht als Puffer dienen, sondern im Gegenteil den Tieren einen Anreiz bieten sollten, sie zu durchstreifen und mehr als nur gelegentlich auf die Straße zu gelangen, hat der Kläger nicht ansatzweise dargetan. Angesichts dessen besteht kein Anlass, dem Beweisbegehren des Klägers entsprechend Sachverständigenbeweis zu diesbezüglichen Risiken zu erheben.

126

gg) Die geplante Baufeldfreimachung erfüllt den Tötungstatbestand trotz der CEF-Maßnahme 14, die eine Umsiedlung von Zauneidechsen aus dem geplanten Baufeld in Ausgleichshabitate vorsieht, und der durch Planergänzung in der mündlichen Verhandlung für diese Habitate angeordneten Hälterungsmaßnahmen. Dass die Planfeststellungsbehörde dies verkannt hat, ist jedoch wegen Vorliegens einer objektiven Ausnahmelage kein entscheidungserheblicher Fehler.

127

Die Beurteilung, die CEF-Maßnahme 14 stelle sicher, dass die Baufeldräumung nicht den Tötungstatbestand verwirkliche, ist zu beanstanden. Die Zauneidechsen sollen auf Flächen von insgesamt mehreren Hektar ergriffen werden. Selbst wenn die Fangaktionen in den frühen Morgenstunden durchgeführt werden, in denen die Eidechsen wegen niedriger Temperaturen noch nicht über ihre volle Reaktionsfähigkeit und Beweglichkeit verfügen, erscheint es ausgeschlossen, der Tiere auf einer Gesamtfläche dieser Größenordnung mit habitattypischen Versteckmöglichkeiten in Gestrüpp, Erdlöchern usw. auch nur annähernd vollständig habhaft zu werden. Das hat letztlich auch der mit der Planung der Maßnahme betreute Sachbeistand des Beklagten eingeräumt, indem er in der mündlichen Verhandlung geäußert hat, es lasse sich eine "relativ hohe Fangquote" erzielen. Verbleibt demnach ein nicht ganz geringer Teil der Zauneidechsen auf dem vorgesehenen Baufeld, so lässt das den Schluss zu, dass zumindest einzelne Tiere im Zuge der während der Wintermonate durchzuführenden Baufeldfreimachung durch den Einsatz schweren Geräts in Erdspalten usw. erdrückt werden. Daran vermag auch die Umweltbaubegleitung nichts zu ändern; denn anders als bei der Schaffung von Rohbodenstandorten im Zuge der CEF-Maßnahme 18 muss der Oberboden im Baufeld nicht nur selektiv in unbedenklichen Bereichen, sondern flächendeckend abgeschoben werden. Dass Tierverluste in Rechnung zu stellen sind, entspricht im Übrigen auch der Einschätzung des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags (Planunterlage 12.6 S. 178: "... können Individuenverluste weitgehend verhindert werden"). In Anbetracht der individuenbezogenen Ausgestaltung des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2007 hat die Planfeststellungsbehörde den Tatbestand in dieser Hinsicht somit zu Unrecht verneint.

128

Darüber hinaus ist mit Rücksicht auf die Standorttreue der Zauneidechse davon auszugehen, dass ein Teil der im Zuge der CEF-Maßnahme 14 eingesammelten und im Ausgleichshabitat ausgesetzten Tiere in ihre angestammten Habitate zurückwandert und dort den Bauarbeiten mit schwerem Gerät zum Opfer fällt. Die Hälterungsmaßnahmen, die der Planfeststellungsbeschluss in seiner durch entsprechende Protokollerklärungen des Beklagten ergänzten Fassung angeordnet hat, sind zwar unstreitig geeignet, die Zahl der auf diese Weise zu Tode kommenden Tiere stark zu vermindern. Nach übereinstimmender Einschätzung der naturschutzfachlichen Sachbeistände der Beteiligten lässt sich aber auch mit einem Schutzzaun nicht verhindern, dass ein wenn auch geringer Teil der Tiere in ihre Ausgangshabitate zurückkehrt und dort von der Baufeldräumung betroffen ist.

129

Obgleich der Planfeststellungsbeschluss den Tötungstatbestand demnach zu Unrecht verneint hat, fehlt es an einem entscheidungserheblichen Mangel. Nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 hätte nämlich in dieser Hinsicht eine Ausnahme vom Tötungsverbot erteilt werden können. Zur Begründung wird auf die weiter unten folgenden Ausführungen unter B.2.c.bb. verwiesen, die neben den hier in Rede stehenden weitere Beeinträchtigungen berücksichtigen, die artenschutzrechtliche Tatbestände verwirklichen; da eine abschließende Prüfung der Ausnahmevoraussetzungen eine Gesamtschau verbotswidriger Beeinträchtigungen erfordert, kann sie nicht je gesondert für einzelne Beeinträchtigungen vorgenommen werden.

130

b) Der Senat lässt offen, ob die planfestgestellte CEF-Maßnahme 14, die das Einsammeln und Verbringen der Zauneidechsen in Ausgleichshabitate vorsieht, den Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2007 in der Variante des Fangverbots erfüllt. Im Schrifttum wird unterschiedlich beurteilt, ob das Fangen wild lebender Tiere im Sinne dieser Vorschrift neben dem Entzug der Bewegungsfreiheit als solchem eine gewisse Dauer des Entzugs voraussetzt (vgl. Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2010, § 39 Rn. 7 und § 44 Rn. 15; Lau, a.a.O. § 39 Rn. 4 und § 44 Rn. 8; Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, Band 2, Loseblatt Stand August 2008, § 42 Rn. 15). Der Schutzzweck der Norm mag dafür sprechen, einen kurzzeitigen Freiheitsentzug, z.B. bei der Beringung von Vögeln, als Bagatelle aus dem Fangtatbestand auszuklammern. Im Hinblick auf den Wortlaut sowohl der deutschen Regelung als auch des Art. 12 Abs. 1 Buchst. a FFH-RL, die beide keine Einschränkung auf Fanghandlungen von gewisser Dauer oder gar auf Dauer zum Ausdruck bringen, sowie den uneinheitlichen Meinungsstand wäre ein solches Auslegungsergebnis jedoch nicht jedem Zweifel entzogen und könnte deshalb nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

131

Letztlich kann die Frage, ob die mit der CEF-Maßnahme 14 verbundenen Handlungen trotz der Absicht, die Tiere in den Ersatzhabitaten alsbald wieder auszusetzen, den Fangtatbestand erfüllen, dahingestellt bleiben. Auch insoweit besteht nämlich, wie unter B.2.c.bb. auszuführen sein wird, eine objektive Ausnahmelage.

132

c) Bezogen auf Quartierverluste von Fledermäusen sowie Zauneidechsen und Schlingnattern verstößt die artenschutzrechtliche Beurteilung gegen das Zerstörungsverbot (§ 42 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 bis 3 BNatSchG 2007). Für die beiden letztgenannten Arten ist dieser Verstoß wegen Vorliegens einer objektiven Ausnahmelage jedoch nicht entscheidungserheblich.

133

aa) Der Planfeststellungsbeschluss geht für Fledermäuse selbst davon aus, dass die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Nr. 3 letzte Alternative BNatSchG 2007 vorliegen, wonach es verboten ist, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten zu zerstören. Die Beurteilung, dies treffe nur auf Höhlen- und Spaltenquartiere, nicht dagegen auf Wochenstubenquartiere zu, hält der Überprüfung stand.

134

Die im Hospitalwald durchgeführten Untersuchungen haben zwar keine Nachweise aktuell genutzter Höhlen- und Spaltenquartiere im Baufeld ergeben. Das Vorhandensein solcher Quartiere ist aber als wahr unterstellt worden, weil in den im Trassenbereich stehenden Bäumen Höhlen und Spalten ermittelt worden sind, die diese Funktion erfüllen können. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Im Zuge der Baufeldräumung gehen diese Quartiere verloren.

135

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die weitere Annahme der Planfeststellungsbehörde, über die genannten Quartiere hinaus fielen nicht auch Fortpflanzungsstätten in Gestalt von Wochenstubenquartieren weg. Dass derartige Quartiere im Umfeld des Hospitalwaldes vorhanden sind, nehmen Kläger und Beklagter übereinstimmend an. Die vom Kläger angegriffene Einschätzung des Beklagten, sie würden nicht im Rechtssinne zerstört, erweist sich als tragfähig. Die Trasse entfaltet zwar Trennwirkungen im Aktionsraum der Fledermäuse. Bei den umfangreichen Untersuchungen des Vorhabenträgers haben sich aber keine Anhaltspunkte ergeben, dass dadurch die Zugänglichkeit von Wochenstubenquartieren oder ihre Funktionsfähigkeit infrage gestellt würde. Das Verständnis des Klägers, wonach die Zerschneidung von Jagdhabitaten zugleich die Wochenstubenquartiere der dort jagenden Fledermauskolonien schädigt, würde den Zerstörungstatbestand völlig entgrenzen und ist daher abzulehnen. Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL gebietet keine andere Sichtweise. Auch er vermittelt nach seinem eindeutigen Wortlaut keinen allgemeinen Lebensstättenschutz, sondern beschränkt sich darauf, die näher bezeichneten, für die Erhaltung der Art als besonders wichtig angesehenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu sichern.

136

Während die artenschutzrechtliche Prüfung demzufolge den Vorgaben des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 insoweit entspricht, wird sie § 42 Abs. 5 BNatSchG 2007 nicht gerecht. Sie hat die Auffassung zugrunde gelegt, die Zerstörung der Höhlen- und Spaltenquartiere sei zusätzlich an den Regelungen der Sätze 2 und 3 dieser Vorschrift zu messen, nach denen der Zerstörungstatbestand entfalle. Dem kann nicht gefolgt werden, da sich - wie oben ausgeführt - nicht feststellen lässt, dass das Vorhaben einen nach § 19 BNatSchG 2002 zulässigen Eingriff darstellt.

137

Dieser Mangel ist entscheidungserheblich. Von einer objektiven Ausnahmelage kann nicht ausgegangen werden. Es lässt sich nicht verlässlich ausschließen, dass eine zumutbare Alternative im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 gegeben ist. Maßnahmen, mit denen sich die Zerstörung der Fledermausquartiere unter Beibehaltung der planfestgestellten Trasse vermeiden ließe, sind zwar nicht ersichtlich. Die getroffenen Feststellungen reichen aber nicht aus, um auch eine zumutbare Trassenalternative zu verneinen. Eine solche setzt voraus, dass sich habitat- oder artenschutzrechtliche Schutzvorschriften ihr gegenüber nicht als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie gegenüber der planfestgestellten Trasse und dass sie keine anderweitigen Nachteile aufweist, die außer Verhältnis zu dem mit ihr erzielbaren Gewinn für Natur und Landschaft stehen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 119 m.w.N.). Bislang fehlen hinreichende Feststellungen, um diese Voraussetzungen sicher beurteilen zu können. Da der Beklagte das Vorhaben für artenschutzrechtlich unbedenklich gehalten hat, sind keine aussagekräftigen Untersuchungen zu der Frage durchgeführt worden, ob die in Betracht gezogenen Alternativen zur planfestgestellten Querung des Hospitalwaldes artenschutzrechtliche Verstöße vermeiden. Ebenso fehlen ausreichende Feststellungen, um die naturschutzexternen Nachteile der Alternativtrassen westlich von Freiberg in Relation zu dem mit ihnen ggf. erzielbaren Gewinn für die betroffenen Naturgüter zu setzen. Eine hierauf bezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung muss die mit der jeweiligen Alternativtrasse vermeidbaren artenschutzrechtlichen Verstöße insgesamt in den Blick nehmen. Dafür aber mangelt es an der notwendigen tatsächlichen Grundlage, solange die Wirksamkeit des Fledermausschutzkonzepts für den Querungsbereich der Bahnstrecke Freiberg-Nossen ungeklärt ist.

138

Der Verstoß gegen das Zerstörungsverbot rechtfertigt nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Wie oben unter B.2.a.aa.(3) und dd.(2) ausgeführt, erscheint es möglich, die im Hinblick auf das Tötungsverbot und - im Zusammenhang damit - die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung bestehenden Fehler zu heilen, sei es, dass auf der Grundlage einer Nachermittlung und Nachbesserung oder Neubewertung ein Verstoß gegen das Tötungsverbot und das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot verneint werden kann, sei es, dass nach einer die artenschutzrechtlichen Gegebenheiten zutreffend berücksichtigenden Prüfung eine Ausnahme vom Tötungsverbot unter Nachbesserung des Kompensationskonzepts erteilt wird. Aufbauend auf diesen in einem ergänzenden Verfahren durchzuführenden Prüfschritten kommt auch eine Fehlerheilung hinsichtlich des Zerstörungsverbots für Höhlen- und Spaltenquartiere der Fledermäuse in Betracht. Mit der Behebung von Verstößen gegen die Eingriffsregelung entfiele nämlich zugleich die Sperrwirkung des § 42 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG 2007, so dass die an die Zulässigkeit des Eingriffs anknüpfenden privilegierenden Regelungen des § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 für die Prüfung des Zerstörungstatbestands zu berücksichtigen wären.

139

§ 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 würde dann die Verwirklichung des Zerstörungstatbestands ausschließen. Die Höhlenbaumkartierung hat zahlreiche als Fledermausquartiere geeignete Höhlen im Umfeld der Trasse festgestellt. In Anbetracht der Waldstruktur liegt es nahe, dass als Tagesquartiere nutzbare Baumspalten hinter abstehenden Borken ebenfalls in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Damit wäre der bereits im Planfeststellungsbeschluss gezogene Schluss vertretbar, die ökologische Funktion der eingriffsbetroffenen Fledermausquartiere werde im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt, zumal im Vorfeld der Baufeldräumung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme zusätzlich Fledermausflachkästen in den verbleibenden Waldflächen westlich der Trasse angebracht werden sollen.

140

Entgegen der Auffassung des Klägers wäre die Anwendung des § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 mit Art. 12 und 16 FFH-RL vereinbar, weil es nicht zu einer Zerstörung oder Beschädigung der Ruhestätten im unionsrechtlichen Sinne kommt. Mit Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - (BVerwGE 133, 239 Rn. 69 f.) hat der Senat ausgeführt, dass bei einer den Sinn und Zweck der FFH-Richtlinie beachtenden, von der Europäischen Kommission ausdrücklich empfohlenen Auslegung die Gesamtheit mehrerer im Dienst einer Funktion stehenden Plätze, sofern diese im räumlichen Zusammenhang einen Verbund bilden, die durch Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL geschützte Lebensstätte darstellt. Dieses Verständnis ist dem Umstand geschuldet, dass es sich bei der Abgrenzung der Lebensstätte im konkreten Fall um eine in erster Linie naturschutzfachliche Frage handelt, die je nach den Verhaltensweisen der verschiedenen Arten unterschiedlich beantwortet werden kann. Für die in Rede stehenden Höhlen- und Spaltenquartiere ist in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen, dass sie einen Lebensstättenverbund bilden. Der Kläger hat dies selbst betont, indem er darauf hingewiesen hat, die Höhlen und Spalten würden tageweise wechselnd genutzt. Die Tiere sind demnach nicht auf ein bestimmtes Quartier angewiesen, sondern darauf, dass eines von vielen zum Verbund gehörenden Quartieren ihnen zur Nutzung offen steht. Bietet der Quartierverbund auch ohne die der Trasse weichenden Bäume die notwendigen Quartiere, so ist der unionsrechtliche Zerstörungstatbestand nicht verwirklicht.

141

Der Vortrag des Klägers gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Zwar trifft es zu, dass § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 einen engeren Lebensstättenbegriff zugrunde legt, der nicht den Verbund, sondern dessen einzelne Bestandteile als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte begreift. Durch die tatbestandliche Ergänzung in § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007, der auf den Erhalt der Funktion abstellt, wird aber für "Verbundfälle" die Kongruenz mit der unionsrechtlichen Regelung hergestellt. Das reicht aus. Unionsrechtliche Richtlinien lassen dem nationalen Gesetzgeber Spielräume für die Umsetzung; diese sind gewahrt, wenn - wie in den "Verbundfällen" - der unionsrechtlich verbürgte Schutzstandard durch die mitgliedstaatliche Regelung gesichert wird.

142

bb) Bezogen auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Zauneidechsen und Schlingnattern hat der Planfeststellungsbeschluss den Zerstörungstatbestand zu Unrecht verneint. Jedoch kommt es darauf für die Entscheidung nicht an, weil eine objektive Ausnahmelage gegeben ist.

143

Für die Zauneidechse ist unstreitig, dass in mehreren Teilgebieten, darunter namentlich den Halden östlich von Freiberg, Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Zuge der Baufeldräumung zerstört werden. Für die Schlingnatter sind dem Vorhabenträger bei seinen Bestandserhebungen für einen Großteil der in Betracht kommenden Habitatflächen zwar keine positiven Nachweise gelungen; auf der Grundlage seiner insoweit vorgenommenen Wahrunterstellungen ist jedoch ebenfalls für die im Reptiliengutachten und im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag bezeichneten Teilflächen vom Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten auszugehen.

144

§ 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 kann einen Verstoß gegen das Zerstörungsverbot nicht ausschließen. Unabhängig davon, ob das vorgesehene neue Habitat zu allen Teilflächen, auf denen geschützte Lebensstätten verloren gehen, in dem von § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2007 vorausgesetzten räumlichen Zusammenhang steht, folgt dies wiederum schon daraus, dass mangels eines zulässigen Eingriffs (§ 42 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG 2007) die einschränkenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 gar nicht zur Anwendung kommen. Da die Planfeststellungsbehörde dies verkannt hat, ist ihre Beurteilung fehlerhaft.

145

Es besteht indessen eine objektive Ausnahmelage, die zur Unerheblichkeit des Fehlers führt.

146

Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG 2007 können die nach Landesrecht zuständigen Behörden im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten des § 42 BNatSchG 2007 aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art zulassen. Darüber hinaus erfordert eine Ausnahme nach Satz 2, dass zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert; weitergehende Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL sind zu beachten. Hängt die artenschutzrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens von Ausnahmen für mehrere Beeinträchtigungen ab, die dieselbe Art betreffen, so sind die Ausnahmevoraussetzungen in einer Gesamtschau der artenschutzwidrigen Beeinträchtigungen zu prüfen, weil sich nur so das für den Ausnahmegrund zu berücksichtigende Gewicht der Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Populationen sachgerecht erfassen lassen. Deshalb sind in die Ausnahmeprüfung die dem Tötungsverbot zuwiderlaufende Baufeldfreimachung und die möglicherweise dem Fangverbot widersprechende CEF-Maßnahme 14 einzubeziehen. Auch bei einer solchen Gesamtbetrachtung liegen die Ausnahmevoraussetzungen vor.

147

Das Planvorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen, die Abweichungen von den Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG 2007 rechtfertigen. Voraussetzung dieses Ausnahmegrundes ist nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Es reicht vielmehr ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln aus (vgl. Urteile vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 153 und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 55).

148

Diesen Anforderungen ist Genüge getan. Die tatbestandlichen Handlungen sind nur von begrenztem Gewicht. Für das Einfangen der Tiere, um sie vor Tötung oder Schädigung zu bewahren, liegt das auf der Hand. Da im Zuge der Fangaktion bei fachgerechter Durchführung voraussichtlich nur ein relativ kleiner Anteil der Tiere übersehen und damit einem Tötungsrisiko ausgesetzt wird und durch die vorgesehenen Schutzzäune zumindest der ganz überwiegende Teil der im Ausgleichshabitat ausgesetzten Tiere an einer Rückwanderung in ihre angestammten, von der Baufeldräumung betroffenen Lebensräume gehindert wird, gilt Ähnliches für die zu erwartenden Tötungen. Schwerer wiegt zwar der großflächige Verlust von Flächen, welche den Tieren als Fortpflanzungs- und Ruhestätten dienen. Das Gewicht dieses Verlustes wird jedoch dadurch relativiert, dass Ausgleichshabitate in großem Umfang geschaffen bzw. durch Aufwertungsmaßnahmen in ihrer Aufnahmekapazität gestärkt werden. Das Konzept der CEF-Maßnahme 18 erscheint schlüssig. Dass die betreffenden Flächen schon bisher Zauneidechsen als Lebensraum dienen, macht deutlich, dass sie die grundlegenden Habitatbedingungen erfüllen. Ihre Eignung ist zwar in der Vergangenheit durch Aufforstungsmaßnahmen und zunehmende Verbuschung in weiten Teilen stark gemindert worden, aber dem kann durch einfache, verlässlich wirkende Maßnahmen gegengesteuert werden. Es ist deshalb plausibel, dass zum einen eine hohe Aufwertungskapazität besteht und zum anderen die Umgestaltung ihre Wirkung nicht verfehlt. Für die grundsätzliche Eignung der Maßnahme spricht auch der vom Kläger vorgelegte Endbericht über ein FuE-Vorhaben im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz "Rahmenbedingungen für die Wirksamkeit von Maßnahmen des Artenschutzes bei Infrastrukturvorhaben". Darin heißt es, die von der Zauneidechse benötigten Strukturen seien mit recht einfachen Mitteln leicht zu schaffen; Berichte über gelungene Maßnahmen zur Aufwertung oder Schaffung von Lebensräumen lägen vor (S. A 174). Im selben Bericht wird die Umsiedlung zwar als eine umstrittene Maßnahme bezeichnet, wobei die Gefahren des Verlustes genetischer Vielfalt und eines Auswanderns der Eidechsen erwähnt werden. Da eine Rückwanderung in die angestammten Habitate durch die im ergänzten Planfeststellungsbeschluss angeordneten Schutzzäune übergangsweise weitgehend eingedämmt wird und andererseits durch die Vernetzung der Ausgleichshabitate mit benachbarten Habitatflächen ein genetischer Austausch auf Dauer möglich sein wird, hat sich die Planfeststellungsbehörde mit ihrer Annahme, die Risiken seien beherrschbar, im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative gehalten. Das gilt umso mehr, als die CEF-Maßnahme 18 durch ein Monitoring begleitet wird, wie es in dem genannten Endbericht speziell für Umsiedlungsmaßnahmen gefordert wird (S. A 177 f.).

149

Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass dem öffentlichen Interesse an der Realisierung des Vorhabens hoher Stellenwert zukommt. Er manifestiert sich in der Aufnahme des Vorhabens in den Fernstraßenbedarfsplan als vordringlicher Bedarf, zeigt sich aber auch an den gravierenden Unzuträglichkeiten der gegenwärtigen Verkehrssituation in Freiberg, die im Planfeststellungsbeschluss eingehend geschildert ist. Dem verkehrlichen Interesse der Allgemeinheit ist deshalb letztlich höheres Gewicht einzuräumen als den betroffenen Belangen des Artenschutzes.

150

Zumutbare Alternativen im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 fehlen. Da Vermeidungsmaßnahmen, mit denen die verbotswidrigen Einwirkungen an Ort und Stelle ausgeschlossen werden könnten, nicht zur Verfügung stehen, kommt als Alternative lediglich eine andere Trassenführung in Betracht. Im Raum südöstlich und östlich von Freiberg, in dem die Zauneidechse und die Schlingnatter betroffen sind, führen neben der planfestgestellten Trasse jedoch auch die in der Variantenuntersuchung alternativ in Betracht gezogene Untervariante 7 und die mit letzterer teilweise übereinstimmende Variante des Klägers und der Grünen Liga über Flächen, die den beiden Arten als Habitate dienen. Trassenalternativen, bei denen die artenschutzrechtlichen Verbote eingehalten würden, scheiden damit aus.

151

Darüber hinaus ist auch die weitere Voraussetzung erfüllt, dass sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtern darf. Anders als für den Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 kommt es für die Erteilung einer Ausnahme nicht speziell auf den Erhaltungszustand des von dem Vorhaben unmittelbar betroffenen lokalen Vorkommens an. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, die auch die anderen Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in den Blick nimmt. Entscheidend ist, ob die Gesamtheit der Populationen in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, als lebensfähiges Element erhalten bleibt. Für die Beurteilung, ob dies zutrifft, ist der Planfeststellungsbehörde ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (Urteil vom 9. Juni 2010 a.a.O. Rn. 60 m.w.N.). Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag hat sich nicht mit den Auswirkungen des Vorhabens auf die Gesamtheit der Populationen von Schlingnatter und Zauneidechse in ihren natürlichen Verbreitungsgebieten, wohl aber mit denen auf die örtlichen Populationen auseinandergesetzt (Planunterlage 12.6 S. 176 und 179). Er ist zu dem Ergebnis gekommen, der Erhaltungszustand beider Arten werde sich im Freiberger Raum nicht verschlechtern, und stützt diese Einschätzung zum einen auf vorhandene Ausweichhabitate und zum anderen auf die vorgesehenen Maßnahmen zur Schaffung bzw. Aufwertung von Ausgleichshabitaten. Diese Überlegungen erweisen sich als tragfähig. Mit der - wie ausgeführt - naturschutzfachlich vertretbar konzipierten CEF-Maßnahme 18 werden große Anstrengungen unternommen, eine Fläche von immerhin ca. 7,1 ha entsprechend den Habitatansprüchen der Schlingnatter und der Zauneidechse aufzuwerten. Die Maßnahme A 5 ist wegen der Straßenrandlage der von ihr betroffenen Flächen zwar rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Die Beurteilung der weiteren Populationsentwicklung durch den Fachbeitrag kann jedoch nicht wesentlich auf der Berücksichtigung dieser Maßnahme beruhen. Dies folgt daraus, dass die Überlegungen zum Erhaltungszustand der lokalen Populationen beider Reptilienarten jeweils auf die Schaffung von Ausweichhabitaten in einer Größenordnung von ca. 7,1 ha abstellen, die schon mit der CEF-Maßnahme 18 erreicht werden. Hat sich der Beklagte demnach mit seiner Beurteilung, der Erhaltungszustand der lokalen Populationen von Schlingnatter und Zauneidechse im Freiburger Raum werde sich nicht verschlechtern, innerhalb seiner Einschätzungsprärogative gehalten, so ist auch ohne von ihm dazu angestellte Erwägungen der Schluss gerechtfertigt, dass es in dem räumlich weiter zu ziehenden Bereich des natürlichen Verbreitungsgebiets ebenfalls nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen beider Arten kommen werde.

152

Art. 16 Abs. 1 FFH-RL ist ebenfalls Genüge getan. Dies gilt auch insoweit, als er verlangt, dass die Populationen der verbotswidrig betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen. Wenngleich der Erhaltungszustand beider Arten ungünstig sein mag, schließt Art. 16 Abs. 1 FFH-RL die Erteilung einer Ausnahme dennoch nicht aus. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - (Slg. 2007 S. I-4713 Rn. 29) kann von den artenschutzrechtlichen Verboten des Art. 12 FFH-RL auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die Abweichung diesen ungünstigen Erhaltungszustand nicht verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann (vgl. dazu Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 141 f.). Dass keine Verschlechterung eintritt, ist bereits ausgeführt worden. Ebenso wenig führt das Vorhaben zu konkreten Hürden für Bemühungen, den Erhaltungszustand beider Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu verbessern.

153

3. Wie bereits im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Artenschutz begründet worden ist, ziehen die beanstandeten Mängel der artenschutzrechtlichen Prüfung Fehler bei der Beurteilung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nach sich.

154

Über diese Fehler hinaus erhebt der Kläger - soweit mit seinen Einwendungen nicht präkludiert - die Rüge, die Planfeststellungsbehörde habe gegen das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot verstoßen, indem sie der planfestgestellten Untervariante B den Vorzug gegenüber der Untervariante A gegeben habe, obgleich Letztere den Hospitalwald weniger durchschneide und weniger mit Immissionen belaste. Die Wahl der Untervariante B ist indes nicht am Vermeidungsgebot, sondern allein am fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebot zu messen. Das Vermeidungsgebot richtet sich nämlich nur auf die Ausgestaltung des Vorhabens an Ort und Stelle. Die seit dem 1. März 2010 geltende Fassung des Bundesnaturschutzgesetzes bringt dies in § 15 Abs. 1 Satz 2 schon durch ihren Wortlaut ("am gleichen Ort") zum Ausdruck. Gleiches galt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber auch schon für den früheren, bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses maßgeblichen Rechtszustand (vgl. bereits Urteil vom 7. März 1997 - BVerwG 4 C 10.96 - BVerwGE 104, 144 <146 ff.>). An dieser Auffassung ist festzuhalten. Nach alter wie nach neuer Fassung des Vermeidungsgebots, das sich ausweislich des Gesetzeswortlauts nicht gegen den Eingriff als solchen, sondern nur gegen mit ihm verbundene Beeinträchtigungen richtet, wird die Trassenwahl allein durch das Abwägungsgebot gesteuert. Dies hat nicht bloß für die Entscheidung zwischen verschiedenen Hauptvarianten, sondern auch für die Auswahl zwischen Untervarianten zu gelten, zumal wenn sie - wie hier - im Trassenverlauf deutlich voneinander abweichen und zu deutlich verschiedenen Betroffenheiten gegenläufiger abwägungserheblicher Belange führen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass über den Ausgleich zwischen den gegenläufigen Belangen unter Berücksichtigung des ihnen nach den konkreten Umständen zukommenden Gewichts entschieden wird. Wendete man das Vermeidungsgebot auf derartige Konstellationen an, so liefe dies darauf hinaus, Naturschutzbelangen einen abstrakten Gewichtungsvorrang zu sichern. Eine solche Intention kommt auch in der vor Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes 2010 geltenden Eingriffsregelung nicht zum Ausdruck.

155

4. Dass die planerische Abwägung von Mängeln der habitat- und artenschutzrechtlichen Beurteilung infiziert wird, hat schon die Kontrolle der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal" (B.1.a.aa.(2)) und des für den Querungsbereich der Bahnstrecke Freiberg-Nossen entwickelten artenschutzrechtlichen Schutzkonzepts (B.2.a.aa.(2)) ergeben. Die darüber hinausgehenden Einwendungen des Klägers gegen die Abwägung greifen nicht durch.

156

a) Bezogen auf den Trassenabschnitt westlich von Freiberg macht der Kläger geltend, die behördliche Entscheidung, der den Hospitalwald querenden Trassenvariante 3 den Vorzug vor der Variante 4 und der mit dieser hier weitgehend übereinstimmenden Vorschlagsvariante der Naturschutzvereinigungen zu geben, lasse eine Fehlgewichtung der Belange des Naturschutzes erkennen. Dem kann - abgesehen von der Fehlbeurteilung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände - nicht gefolgt werden. Die Planfeststellungsbehörde hat durchaus erkannt, dass die mit der planfestgestellten Trasse verbundene Zerschneidung, Verlärmung und Schadstoffbelastung des Hospitalwaldes schwerwiegende, erst auf längere Sicht kompensierbare Beeinträchtigungen darstellen. Dass sie sich dennoch für die Variante 3 entschieden hat, ist nicht erkennbarer Ausdruck einer objektiven Fehlgewichtung dieser Beeinträchtigungen, sondern Ergebnis einer vergleichenden Bewertung der Varianten unter Einbeziehung anderer berührter Belange. Diese Vorzugsentscheidung kann gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sich eine der Alternativtrassen gegenüber der planfestgestellten Trasse eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Lösung erweist und sich deshalb der Planfeststellungsbehörde als vorzugswürdig aufdrängen musste (Beschluss vom 24. April 2009 - BVerwG 9 B 10.09 - NVwZ 2009, 986 Rn. 7 m.w.N.). Das ist zu verneinen. Die Variante 4 und die Vorschlagsvariante der Naturschutzvereinigungen sind der Variante 3 zwar unter dem Blickwinkel des Naturschutzes überlegen, führen aber zu deutlichen Nachteilen für andere Belange. Der Planfeststellungsbeschluss begründet dies detailliert (S. 71 ff.). Hervorzuheben sind die verkehrlichen Nachteile und die Nachteile für die Wohnbevölkerung. Die Variante 4 müsste teilweise durch bebautes Gebiet geführt werden; sie wäre dort mit mindestens vier plangleichen Knotenpunkten verbunden, die ausgebaut und mit Lichtsignalanlagen ausgerüstet werden müssten. Daran würden sich Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit, Verkehrsqualität und Verkehrssicherheit knüpfen mit der Folge, dass die Entlastungswirkung für das Straßennetz in Freiberg deutlich geringer wäre als die der planfestgestellten Variante 3. Die Verkehrsfunktion einer Ortsumgehung könnte dieser Teilabschnitt somit nur eingeschränkt erfüllen. Dass die Führung durch Teile der Ortslage im Vergleich zur Variante 3 mit erheblich höheren Lärm- und Schadstoffbelastungen der Bevölkerung verbunden wäre, versteht sich von selbst; nach Angaben des Planfeststellungsbeschlusses würden in großem Umfang Lärmschutzwände erforderlich. Im Vergleich zwischen den Varianten 3 und 4 geht es somit um den klassischen Konflikt zwischen den Belangen des Menschen und denen der Natur. In diesem Konflikt den Belangen der Natur den Vorrang einzuräumen, musste sich der Behörde nach den konkreten Umständen jedenfalls nicht aufdrängen.

157

Soweit der Kläger überdies als abwägungsfehlerhaft rügt, dass die Planfeststellungsbehörde der Untervariante B trotz der mit ihr verbundenen Nachteile für Naturschutzbelange gegenüber der Untervariante A den Vorzug gegeben habe, kann ihm gleichfalls nicht gefolgt werden. Die vom Kläger aufgelisteten Nachteile der Untervariante B - längere Zerschneidungsstrecke, Separierung größerer Waldflächen vom übrigen Waldbestand, Immissionsbelastung größerer Waldflächen, 1 ha mehr Waldverlust - hat die Planfeststellungsbehörde nicht nur erkannt, sondern als erhebliche Nachteile herausgestellt (PFB S. 95). Sie hat ihnen indes Vorteile unter anderen Naturschutzaspekten - 2 ha geringerer Flächenverbrauch und geringere Beeinträchtigung des Grundwasserdargebotspotenzials -, vor allem aber Vorteile für andere Belange wie das signifikante Abrücken von der Wohnbebauung und die daraus folgende geringere Lärm- und Schadstoffbelastung der Bevölkerung im Freiberger Ortsteil Friedeburg, die fehlende Notwendigkeit der Beseitigung von Kleingärten und zugehörigen Gartenhäusern, trassierungstechnische und wirtschaftliche Vorteile sowie eine verbesserte CO2-Bilanz angeführt (S. 93 ff.). Dass der Planfeststellungsbeschluss diese Gesichtspunkte in der Gesamtschau stärker gewichtet, lässt Abwägungsdisproportionalitäten nicht erkennen.

158

Nur ergänzend merkt der Senat an, dass die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss zur Würdigung der übrigen Trassenvarianten westlich von Freiberg, die die verkehrlichen Nachteile der Variante 4 und der Variante der Naturschutzvereinigungen vermeiden, recht vage bleiben. Da der Kläger in dieser Hinsicht keine Rügen erhoben hat, ist dem hier aber nicht weiter nachzugehen.

159

b) Bezogen auf den Trassenabschnitt zwischen der Hüttenstraße und dem Ausbauende rügt der Kläger als abwägungsfehlerhaft, dass die Planfeststellungsbehörde es versäumt habe, anknüpfend an den Trassenvorschlag der Naturschutzvereinigungen einen bestandsorientierten Ausbau als Alternative zur planfestgestellten Muldequerung vorzusehen. Auch mit diesem Einwand wird kein Abwägungsmangel aufgezeigt.

160

Der Kläger macht selbst nicht geltend, dass der Trassenvorschlag der Naturschutzvereinigungen in der unterbreiteten Form gegenüber der planfestgestellten Trasse im genannten Abschnitt vorzugswürdig sei. Er wirft der Planfeststellungsbehörde vielmehr ein Ermittlungsdefizit vor, weil sie die Möglichkeit eines "bestandsorientierten Ausbaus" nicht untersucht und in die vergleichende Betrachtung einbezogen habe. Dem wäre nur zu folgen, wenn ein solcher Ausbau - obgleich vom Kläger im Anhörungsverfahren nicht gefordert - eine Alternative gewesen wäre, deren Prüfung sich angeboten hätte. Dies ist zu verneinen. Die Bestandsstrecke verläuft auf einer Länge von 500 m in unmittelbarer Nähe der Ortslage Halsbach; sie hat mehrere Verknüpfungen mit dem untergeordneten Straßennetz und dient der Erschließung angrenzender Felder (PFB S. 85). Sie hat Steigungen zu bewältigen, die westlich der Mulde 8 %, östlich des Flusses 10 % betragen. Wie bei diesen topographischen Verhältnissen, in Anbetracht der Ortsnähe von Halsbach und mit Blick auf die von der Straße bisher wahrgenommene Erschließungsfunktion ein bestandsorientierter Ausbau aussehen könnte, der sowohl den Anforderungen des Fernverkehrs als auch den Immissionsbelangen der Wohnbevölkerung entspricht, hat der Kläger nicht ansatzweise dargelegt. Ein "bestandsorientierter Ausbau" stellt deshalb keine sich anbietende Alternative dar, die näher hätte untersucht werden müssen.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 4 K 13.567

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 2. Juli 2015

4. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1021

Hauptpunkte:

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen (abgelehnt); Kollisionsgefährdete Vogelarten (Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Baumfalke); Signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos; Behördliche Einschätzungsprärogative; Heranziehung von umfangreichen Beobachtungen von Bürgern zusätzlich zu vom Betreiber vorgelegten Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass; Annahme von Horsten bzw. Revierzentren aufgrund von Indizien; Folge einer Unterschreitung des „engeren“ Prüfbereichs nach dem Windkrafterlass; Geeignetheit von Nahrungshabitaten nach Maßgabe des Windkrafterlasses; Keine „Berechnung“ des Tötungsrisikos an Hand einer „Formel“; Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahmen vom Betreiber konkret aufzuzeigen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

beigeladen: ...

bevollmächtigt: ...

wegen Vollzugs des Bundesimmissionsgesetzes (Windpark ...)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015

am 2. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen.

Mit Antrag vom 5. April 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 (Nabenhöhe: 138,38 m; Rotordurchmesser: 82 m; Gesamthöhe: 179,38 m) auf den Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ...

Den Antragsunterlagen war ein Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung beigefügt. Darin wurde ausgeführt, dass zu den prüfungsrelevanten Vogelarten im Radius von rund 200 m, 500 m und 1.000 m um das Vorhaben u. a. der Rotmilan gehöre. Dieser wurde mit dem Status „N“ gekennzeichnet, d. h. „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der näheren Umgebung“. Erhebungen hätten keinen Brutplatz des Rotmilans ergeben, weder im engeren Untersuchungsgebiet (1 km-Umgriff), noch bei den weiteren Waldgebieten bzw. Gehölzen in der näheren Umgebung. Dagegen werde stark ein Revierzentrum weiter im Nordosten wegen wiesenreicher Talgründe vermutet (Mindestentfernung rund 3 km). Das Gebiet befinde sich noch innerhalb des 6 km-Prüfkorridors hinsichtlich wichtiger Nahrungshabitate. Zwar träten auch im Gebiet westlich ... gelegentlich jagende Milane auf, doch stehe die pessimale Qualität der dortigen Agrarlandschaft in keinem Verhältnis zu dem genannten Gebiet weiter nordöstlich. Der Vorhabensbereich liege randlich dieses Territoriums. Ein regelmäßiges Aufsuchen von Feldfluren bei den geplanten Windkraftanlagen könne daher keinesfalls bestätigt werden und sei auch nicht zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit einer Kollision sei letztlich sehr gering einzuschätzen und in jedem Fall nicht signifikant.

Als für die Prüfung auszuschließen wurden u. a. der Wespenbussard und der Schwarzmilan bezeichnet. Bezüglich des Wespenbussards gebe es keinerlei Hinweise auf ein Territorium im Vorhabensbereich. Der Schwarzmilan sei auf Gewässergebiete angewiesen, letztlich sei also der Vorhabensbereich ohne Bedeutung für die Art. Ein gelegentliches Erscheinen im weiteren Umfeld sei möglich. Bezüglich des Baumfalken wurde festgestellt, dass im Jahr 2010 keine Bestätigung eines Vorkommens im näheren Umgriff des Vorhabens erfolgt sei. Nach amtlichen Angaben lägen die nächsten Brutvorkommen in ca. 6 bis 10 km Entfernung.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2012 teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, dass der Antrag ihrer Auffassung nach noch nicht vollständig sei und damit noch nicht abschließend beurteilt werden könne. Damit hätten auch die Fristen des BauGB zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens noch nicht zu laufen begonnen. Hilfsweise werde die Zurückstellung der Vorhaben nach § 15 Abs. 3 BauGB beantragt, da sie dem Inhalt des laufenden Verfahrens für die Änderung des Flächennutzungsplanes (Festlegung von Konzentrationsflächen für Windkraft) widersprächen.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 7. März 2013 stellte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin längstens für ein Jahr ab Zustellung gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB zurück.

Am 22. April 2013 ließ die Klägerin die vorliegende Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben.

Zur Begründung wurde zunächst ausgeführt: Die Klage sei gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig. Die Frist zur Entscheidung über einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag betrage im vereinfachten Verfahren gemäß § 10 Abs. 6a BImSchG längstens 3 Monate. Nunmehr stelle der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Basis eines mehr als 10 Monate alten Antrags der Beigeladenen zurück.

Die Klage sei auch begründet, da die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung habe. Die Antragsunterlagen seien vollständig und ausreichend.

Auf den ferner von der Klägerin gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellte das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 2. August 2013 (Au 4 S 13.909) die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage gegen den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 wieder her. Mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 (22 CS 13.1760) wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg zurück.

Mit Bescheid vom 7. März 2014 hob der Beklagte den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 auf. Nach insoweit erfolgter Teilerledigungserklärungen aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. April 2014 von dem vorliegenden Verfahren das Verfahren betreffend den Zurückstellungsbescheid abgetrennt, dieses unter dem Aktenzeichen Au 4 K 14.511 fortgesetzt und sogleich eingestellt.

Bereits mit Schriftsatz vom 14. März 2014 hatte die Klägerin im Hinblick auf die Aufhebung des Zurückstellungsbescheids nur noch beantragt, den Beklagten zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu verpflichten.

Hinsichtlich dieses Verpflichtungsantrags hatte der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. März 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die erhobene Untätigkeitsklage sei derzeit unzulässig, da ein sachlicher Grund bestehe, nicht über den Antrag der Klägerin zu entscheiden. Der Beklagte habe die Klägerin bereits zwei Mal auf die Notwendigkeit einer Ergänzung der artenschutzrechtlichen Prüfung hingewiesen. Zwischenzeitlich sei im Genehmigungsverfahren bezüglich drei Windenergieanlagen bei ... von Einwendern sehr umfangreiches und fundiertes Material vorgelegt worden. Dieses deute auf ein erheblich intensiveres Artenvorkommen, vor allem des Rotmilans und des Steinadlers, im direkten Umfeld des geplanten Baufeldes hin. Daher werde das Vorhaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht genehmigungsfähig gehalten. Es bestehe die Möglichkeit, die Genehmigungsbehörde mit einem ergänzenden Gutachten davon zu überzeugen, dass keine artenschutzrechtlichen Versagungsgründe vorlägen.

Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. April 2014, die artenschutzrechtlichen Fragen seien durch die von ihr vorgelegten Gutachten abschließend geklärt. Der Beklagte nehme nunmehr ungeprüfte Behauptungen einer Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen zum Anlass, weitere Unterlagen zur artenschutzrechtlichen Situation zu verlangen, obwohl die Datengrundlage und die Schlussfolgerungen der Bürgerinitiative fachlich als fragwürdig einzuschätzen seien. Gleichwohl habe sich die Klägerin entschieden, ein ergänzendes artenschutzrechtliches Gutachten in Auftrag zu geben, um das Verfahren nicht weiter zu verzögern.

Im Einverständnis aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2014 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2014 bat die Klägerin darum, das Verfahren wieder aufzunehmen und legte folgende Unterlagen vor: Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, Nachtrag 2014; Landschaftspflegerischer Begleitplan - Nachtrag; Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten; Ergebnisprotokoll Horstkontrolle.

Das Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) - Nachtrag 2014 führte in Bezug auf den Rotmilan Folgendes aus: Die Behauptung Ortsansässiger, aufgrund ihrer Beobachtungen seien im weiteren Umgriff der Anlagen zwei sichere und zwei mögliche Revierzentren vorhanden, sei angesichts des engen Beieinanderliegens der vermeintlichen Horststandorte (einmal rund 2 km, ansonsten höchstens ca. 1 km) mehr als fraglich. Zudem hätten die Ortsansässigen bei ihren Beobachtungen in dem relativ kleinen Landschaftsausschnitt im Falle mehrerer Paare wiederholt drei bis vier Milane sichten müssen. Es sei aus Sicht der Gutachter derzeit völlig unklar, wo sich ein Rotmilanhorst befinden solle. Das Untersuchungsgebiet werde offenbar lediglich von nahrungssuchenden Individuen beflogen, wobei die Landschaft aufgrund der intensiven Ackernutzung für den Rotmilan kein Optimalhabitat darstelle. Die betreffende Fortpflanzungsstätte könne durchaus weiter entfernt sein. Im Nahbereich der drei geplanten Windkraftanlagen seien 2014 bei insgesamt fast 60 Kontrollstunden nur sechs Flüge erfasst worden, wobei sich sogar nur zwei auf die eigentliche Risikozone bezögen. Die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich habe bei maximal rund 10 Minuten gelegen und damit deutlich unter 0,5% im Verhältnis zur gesamten Beobachtungszeit. Insofern sei ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko zu verneinen. Im Übrigen sei nach Studien eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr für den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde in dem Nachtrag zur saP ausgeführt: Hinweise auf einen Horststandort innerhalb des Prüfbereichs gebe es nicht. Ähnlich wie beim Rotmilan werde das Untersuchungsgebiet vom Schwarzmilan zwar auf Nahrungsflügen von Brutvögeln aus dem Umfeld durchflogen. Das Areal sei jedoch angesichts der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung nicht als günstiges oder gar optimales Habitat zu bewerten. Bevorzugte Gebiete seien offenbar das Tal der ... im Westen sowie die das ...- bzw. ... im Nordosten mit einem vergleichsweise hohen Grünlandanteil. Bei den Raumnutzungskontrollen 2014 seien insgesamt 30 Flugbewegungen registriert worden (an 12 der 21 Beobachtungstage), davon 13 in der Höhenstufe 80 bis 200 m. Nur vier dieser Aktivitäten erfolgten innerhalb eines Korridors von 250 m um die drei beantragten Anlagen. Damit liege - ähnlich wie beim Rotmilan - eine sehr geringe Aktivitätsdichte im Planungsbereich vor.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt, 2013 sei von Ortsansässigen ein besetzter Horst im Rodungsbereich für das Fundament bzw. die Kranstellfläche einer der Windenergieanlagen entdeckt worden. Auch 2014 sei dieses Nest wieder von einem Baumfalkenpaar genutzt worden. Die weitere Verfügbarkeit sei aber ungewiss, weil sich der Horst in einem Wirtschaftswald mit einem Bestand im hiebreifen Alter befinde. Außerdem sei die betreffende Fichtengruppe windwurfgefährdet. Generell unterliege die Lage von Revierzentren bei Baumfalken einer höheren Dynamik.

Überdies zeige sich, dass der Baumfalke im näheren Umgriff der drei Windenergieanlagen nicht regelmäßig jage. Dazu sei das Gebiet zu stark ausgeräumt. Hingegen könnten als nächst gelegene wichtige Nahrungshabitate der gesamte wiesenreiche Talraum der ..., das südlich gelegene Tal des ... sowie die Siedlungen ... und ... mit nahem Umfeld hervorgehoben werden. Bei den Untersuchungen 2014 sei der Baumfalke ab dem 17. April an jedem Beobachtungstag zu sehen gewesen. Für das gesamte untersuchte Gebiet hätten sich 35 Flugbewegungen ergeben. Lediglich drei von ihnen seien in der potenziell kritischen Höhe von 80 bis 200 m erfolgt. In Anbetracht der sehr geringen Flugbewegungen in kollisionsrelevanter Höhe, der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des jetzigen Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld erscheine die Realisierung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar. Überdies müsse beim Baumfalken generell mit einem vergleichsweise geringen Kollisionsrisiko ausgegangen werden, weil die von Windenergieanlagen ausgehenden Verwirbelungen eine erfolgreiche Beutejagd schwierig machten.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Ein aktueller Brutplatz habe nicht gefunden werden können. Lediglich beim südlich gelegenen ... in einer Entfernung von mindestens 1,6 km zu dem Vorhaben sei ein offenbar unbenutzter Horst entdeckt worden, jedoch sei unter anderem wegen fehlender Flugnachweise im nahen Umfeld nicht davon auszugehen, dass der Horst 2014 genutzt worden sei. Im gesamten Beobachtungsgebiet seien ab Mai 2014 insgesamt 31 Flugbewegungen an elf der 21 Termine festzustellen gewesen. Im potenziellen Gefahrenbereich von 250 m um die Windenergieanlagen sowie in einer Höhe von 80 bis 200 m seien an fünf dieser elf Tage Feststellungen zu verzeichnen gewesen. Die Aufenthaltsdauer habe - bereits deutlich nach oben gerundet - zusammen höchstens 30 Minuten betragen. Dies entspreche im Verhältnis zur gesamten Kontrollzeit einem Anteil von 0,8%. Nach einer Entscheidung des VG Würzburg werde die Signifikanzschwelle erst bei einem Anteil der Beobachtungszeit im Gefahrenbereich von 10% der Gesamtkontrolldauer erreicht.

In der Unterlage „Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten“ vom 13. Oktober 2014 wurde ausgeführt: Die Analyse sei von vier Beobachtungspunkten sowie zusätzlich durch „mobile Beobachtungen“ durchgeführt worden. Die Beobachtungspunkte 1 bis 3 seien mit der Unteren und der Höheren Naturschutzbehörde abgestimmt gewesen. Von diesen Beobachtungspunkten seien die Anlagenstandorte komplett oder jedenfalls im Risikobereich (Höhe ab 80 m) erfassbar gewesen. Zwischen dem 20. März und dem 20. August 2014 seien insgesamt 21 Beobachtungsgänge durchgeführt worden. Insgesamt seien 178,5 Stunden Beobachtungszeiten geleistet worden. Die nach dem Windkrafterlass geforderten Erfassungszeiten von mindestens 54 Stunden je Anlagenstandort seien bei weitem übererfüllt worden. Beobachtungen in einem Durchmesser von ca. 250 m um einen geplanten Anlagenstandort seien als relevante Flugbewegungen über dem Anlagenstandort gewertet worden.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt: Zwar sei unmittelbar am Standort der Windenergieanlagen ein besetzter Horst mit Jungvögeln vorhanden. Jedoch sei in Anbetracht der geringen Flugbewegungen im Risikobereich der geplanten Anlagenstandorte (nur drei Flüge über 80 m Höhe), der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld die Durchführung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar.

In Bezug auf den Rotmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (drei Standorte ohne Überflüge, drei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit zwei Überflügen) beobachtet worden seien, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Hinweise auf einen Horststandort im 1 km-Radius vorhanden seien, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (vier Standorte ohne Überflüge, zwei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit drei bzw. vier Überflügen) beobachtet wurden, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Horststandort im 1 km-Radius vorhanden sei, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Zwar gehöre er nach dem Windkrafterlass zu den kollisionsgefährdeten Arten. Die allgemeine Kollisionsgefährdung des Wespenbussards durch Windenergieanlagen sei aber nicht abschließend geklärt. Die Mehrzahl der Flugbeobachtungen sei außerhalb des Risikobereichs (zwischen 80 und 200 m) gelegen. Innerhalb des Risikobereichs seien die einzelnen Standorte zwischen null und sechsmal überflogen worden. Die summierten Überflugzeiten im Risikobereich je Anlagenstandort lägen zwischen 5 und 12 Minuten, dies entspreche einer Überflugrate von 0,3 bis 0,5% bezogen auf die Gesamtbeobachtungszeit. Die Gesamtüberflugszeit aller Standorte liege bei 53 Minuten bzw. 2,1% der gesamten Beobachtungszeit. Die Flüge über 80 m seien hauptsächlich bei Windstille bzw. schwachem Wind (Thermik) stattgefunden. Der Hauptteil der Balz-/Reviermarkungsflüge des Wespenbussards finde zwischen Mitte Juli und Mitte August statt. Ob sich die Art bereits dauerhaft im Untersuchungsgebiet als Brutvogel etabliert habe, sei nicht bekannt, da es beim Wespenbussard zu jährlich wechselnden Brutplätzen kommen könne. Daher sei nicht grundsätzlich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Ein Brutnachweis aus dem Untersuchungsgebiet liege nicht vor.

Die Unterlage „Ergebnisprotokoll Horstkontrolle vom 9. September 2014“ wies aus, dass eine Begehung gemeinsam mit einem Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde und einem Vertreter der von der Klägerin beauftragten Gutachter stattgefunden hatte. Bei ..., ca. 1 km südlich der Planungskulisse, sei ein Horst gefunden worden, in dem nach Angaben von ... Bürgern eine Brut des Wespenbussards 2014 stattgefunden haben solle. Jedoch habe der Horst einen, zumindest 2014, nicht besetzten Eindruck gemacht. Unter anderem sei er bei der Überprüfung völlig durchnässt gewesen. Es lasse sich nicht abschließend beurteilen, ob es sich dabei tatsächlich um einen Brutplatz des Wespenbussards handle. Jedoch erscheine es eher plausibel, dass der Nistplatz nur sporadisch als Wechselhorst vom Wespenbussard genutzt worden sei.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2015 legte der Beklagte eine naturschutzfachliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 vor. Daraus ergebe sich, dass sämtliche Windenergieanlagen nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter und kollisionsgefährdeter Arten geplant seien, so dass das Tötungsrisiko für besonders geschützte Arten signifikant erhöht sei. Daher sei die Klägerin mit Schreiben vom 7. Januar 2015 zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört worden.

Aus der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 ergab sich im Wesentlichen Folgendes: Sämtliche von der Klägerin - insbesondere also auch die nachgereichten - Unterlagen seien berücksichtigt worden. Hinsichtlich der von der Klägerin veranlassten Beobachtungen sei festzustellen, dass dies zwar zeitmäßig den Anforderungen des Windkrafterlasses genüge, jedoch seien die Beobachtungstage nach regelmäßigem Muster verteilt (einmal je Woche) und nicht je Aktivitätsphase gruppiert worden. Ferner seien die filmisch und kartografisch dokumentierten Beobachtungen von ... Bürgern aus den Jahren 2013 und 2014 berücksichtigt worden (für das Jahr 2014: insgesamt 1.018 Videofilme mit einer Gesamtdauer von 25 Stunden und 44 Minuten). Deren Hauptaugenmerk sei auf den Rotmilan gerichtet gewesen. Die Daten der ... Bürgern seien so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar gewesen, dass sie als ergänzende Daten hätten einbezogen werden können. Ferner hätten Beobachtungen und fachliche Einschätzungen durch Herrn ... vorgelegen.

Die Annahme in der von der Klägerin vorgelegten Raumnutzungsanalyse, dass der Rotmilan dauerhaft häufiger hätte zu beobachten sein müssen, wenn er hier ein Brutrevier hätte, erscheine plausibel, sei aber nicht zwingend. Wenn es sich hier - was nachvollziehbar sei - um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten. Nach den Filmen der Bürger aus dem Jahr 2014 sei eindeutig ein besetzter Wespenbussard-Horst mit Jungen belegbar.

Die Annahme, die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich müsse bei 10% der Beobachtungszeit liegen, sei zurückzuweisen. Dieser Wert könne unter normalen Umständen kaum erreicht werden (denkbar allenfalls im Nahbereich einer künstlichen Futterquelle, z. B. Deponie), ansonsten nur in Ausnahmefällen (frisch gemähte Wiese), dann jedoch nicht als Durchschnittswert. Es sei auch falsch, bei diffus über den Raum verteilten Nahrungsgebieten stets eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos zu verneinen. Bezüglich des Rotmilans sei nicht entscheidungsrelevant, ob ein oder vier Reviere vorlägen. Unzweifelhaft liege aufgrund eindeutiger Indizien wenigstens ein Brutplatz vor. Falsch sei auch die Annahme, dass wegen der Raumansprüche keine zwei Brutplätze gleichzeitig existieren könnten. Dies sei im fraglichen Raum ohne weiteres möglich. Die Aussage, ein Rotmilan-Brutplatz habe nicht übersehen werden können, sei sehr gewagt. Selbst erfahrene Vogelkundler würden immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht. Bezüglich des Baumfalken sei den Aussagen zum Gutachter der Klägerin zu widersprechen, dass es zu keiner Schädigung der Brutstätte komme. Der engere bisherige Nestraum werde dadurch geschädigt, dass das Bestandsensemble der Bäume völlig verändert werde. Die Gutachter führten selbst aus, dass Baumfalken bei Baumaßnahmen oft abwanderten und später zurückkehrten. Außerdem sei es fragwürdig, dass die Gutachter offenbar nicht einmal die unmittelbare Nestumgebung als kollisionsgefährdet einstuften.

Insgesamt habe die Untere und die Höhere Naturschutzbehörde eine deutlich abweichende Beurteilung. Daher habe eigene, auf Daten und Fakten basierende Beurteilung und Bewertung vorgenommen werden müssen, die Folgendes ergebe:

Das Gelände sei für Greifvögel, speziell Thermikgleiter, aufgrund der Topographie hoch attraktiv. Es sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung, des vorhandenen Restgrünlandes und anderer Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlenden Grünlandes, täusche.

Je ein besetzter Horst mit Bruterfolg habe für den Baumfalken und den Wespenbussard nachgewiesen werden können. Speziell die kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke kämen im Gebiet als stabile Brutvögel vor. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus der Zusammenschau aller Daten. Die sicher gefundenen und die höchst wahrscheinlichen Brutplätze lägen im Nahbereich von Anlagen des Windparks. Trotz eindeutiger Revieranzeigen der Aktivitäten habe beim Rotmilan zwar kein Horst nachgewiesen werden können. Aufgrund der eindeutigen Indizien werde jedoch von einem Rotmilan-Traditionsrevier ausgegangen. Es bestehe auch der begründete Verdacht eines Schwarzmilanhorstes am östlichen Rand des Tales der ... in etwa östlich von ....

Die von den ... Bürgern gelieferten ergänzenden Hinweise und Daten seien hinreichend substantiiert und daher beachtlich. Sie entsprächen in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses. Hingegen hätten die Gutachter der Klägerin nicht, wie in einer Kartieranleitung des LfU empfohlen, vormittags und nachmittags mit in etwa gleicher Intensität kartiert. Die Beobachtungen hätten sich daher nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen richten können. Einige wichtige Beobachtungen vor Ort seien damit wohl durch das zeitliche Raster gefallen.

Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Daten der Bürger und der von der Klägerin beauftragten Gutachter zu erhalten, sei bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ein Korrekturfaktor von 3,0 anzusetzen. Da umgekehrt bei den Bürgern die nötige Erfahrung und Routine mit Flugbeobachtungen begrenzt vorausgesetzt werden könne, werde bei deren Daten ein Abschlag von 20% angenommen. So ergäben sich für den Rotmilan insgesamt ca. 250 Durchflüge pro Jahr bezogen auf alle im Untersuchungsraum geplanten Windenergieanlagen.

Bezüglich der vorhandenen Nahrungshabitate sei festzustellen, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern dass diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien. Dies lasse ein diffuses Muster von Flugbewegungen über das gesamte Gebiet erwarten. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine etc. würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt.

Aus den Daten der ... Bürger ergebe sich ferner, dass hinsichtlich des Rotmilans Territorialflüge, Revierflüge, Balzflüge und Nahrungseintragungsflüge im Nahbereich (1.000 m um die Anlagen) nachgewiesen seien. Nach fachlichen Erkenntnissen sei von einer Brut auszugehen. Für den Wespenbussard bestehe ein starker Verdacht, dass sich neben dem gefundenen Horst ein weiteres Revier im Nordbereich des Waldes befinde.

Lege man diese Erkenntnisse einer Bewertung nach dem Windkrafterlass zugrunde, ergebe sich, dass bei Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke ein Revierzentrum jeweils im 1 km-Umkreis vorliege. Aus dem Windkrafterlass ergebe sich die Regelvermutung, dass bei Unterschreitung dieses Abstands die Artenschutzanforderungen nicht gewahrt seien, es sei denn es werde nachgewiesen, dass die Flugaktivitäten in diesem Radius so seien, dass die Vögel mit den Windenergieanlagen nicht in Kontakt kämen. Da bei allen drei Arten davon auszugehen sei, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Bereiche der Windenergieanlagen gebe, sei diese Vermutung nicht widerlegt.

Gesichert sei, sowohl nach den Daten der Bürger als auch den Daten der Gutachter der Klägerin, dass alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden. Ferner bestünden mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei Wespenbussard-Reviere, nämlich der 2014 im Süden gefundene sowie eines im Nordwesten des Untersuchungsraumes. Sicher bestehe auch ein Rotmilanrevier. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Dieses Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen. Der Baumfalke habe seinen Nestplatz an einer markanten randlichen Waldstruktur, die seinen Nistplatzansprüchen in optimaler Weise entspreche. Der Bau der unmittelbar dort gelegenen Windenergieanlage bedeute den Verlust bzw. die Entwertung dieses Nisthabitates bzw. eine permanente Tötungsgefahr durch den Rotorkontakt. Für den Rot- und Schwarzmilan stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimalen Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum dar.

Betrachte man überdies das Kollisions- und Tötungsrisiko mittels eines konservativen Ansatzes, sei bei mehr als 15 Durchflügen pro Jahr bzw. einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer im Risikobereich von mehr als 30 Minuten pro Jahr eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos gegeben. Ziehe man die Daten der Gutachter der Klägerin und der ... Bürger, letztere mit einem Korrekturfaktor von 0,20, heran, ergebe sich, dass diese Schwelle des bezüglich des Wespenbussards bei allen drei Anlagen, bezüglich des Rotmilans und des Baumfalkens bei zwei Anlagen und bezüglich zusätzlich des Schwarzmilans bei einer Anlage erfüllt sei. Daher sei im Ergebnis keine Anlage genehmigungsfähig.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. April 2015 legte die Klägerin zwei weitere Unterlagen vor: Die „Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen Artenschutzfachlichen Prüfung (saP) für den geplanten Windpark ...“ vom 24. April 2015 sowie eine „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde, Landratsamt ...“ vom 7. April 2015. Hierin werde nachvollziehbar dargelegt, dass die seitens des Beklagten geltend gemachten Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht durchgreifen würden.

In der Unterlage zur Vollständigkeitsprüfung der saP wurde gegen das Argument des Beklagten, die Beobachtungstage seien nach regelmäßigem Muster und nicht nach Aktivitätsphase gruppiert worden, eingewendet, es seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan lokalisiert worden, an denen eine Aktivitätsphase hätte festgemacht werden können. Im Rahmen der dreijährigen Untersuchung seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan im Umkreis von 1 km um die Standorte der Windenergieanlagen nachgewiesen worden. Nur die Kenntnis eines Horststandort aber, der als Brutplatz dient oder gedient habe, könne als mögliche Grundlage für die Anwendung von Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass herangezogen werden.

Die Frage der Aufenthaltswahrscheinlichkeit einer Vogelart lasse sich nur mit einer zeitlichen Bezugsgröße ermitteln. Der Beklagte habe selbst festgestellt, dass eine solche Größe mit der Beobachtungsdauer von 54 Stunden pro Beobachtungspunkt vorliege. Bei den Daten der ... Bürger liege eine solche Gesamtbeobachtungsdauer nicht vor. Überdies sei die vom Beklagten vorgenommene Auflistung der durchschnittlichen Beobachtungen pro Kartiertag und der durchschnittlichen Zahl der Durchflüge pro Kartiertag, um daraus den Anteil der Durchflüge an den Beobachtungen in Prozent zu errechnen, weder aus mathematischer noch aus ökologischer Sicht der zu berücksichtigenden Arten geeignet, eine zeitliche und/oder räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu ermitteln. Vielmehr hätte der Beklagte prüfen müssen, welchen Zeitanteil der Dauerkartiertage der ... Bürger die Nutzung des möglichen Kollisionsbereichs im Verhältnis zur Nutzung der anderen nicht kollisionsgefährdeten Bereiche einnehme. Die Feststellung des Beklagten, dass eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos vorliege, entbehre somit jeglicher Grundlage.

Bezüglich des Baumfalken sei festzustellen, dass dieser im engeren Umfeld des geplanten Windenergiestandortes (Abstand geringer als 1.000 m) brüte. Für den Baumfalken sei jedoch aufgrund seiner hervorragenden sehphysiologischen Eigenschaften ein Kollisionsrisiko so gut wie auszuschließen, auch wenn hierzu sehr vereinzelt Nachweise vorlägen. Als Vermeidungsmaßnahme komme die Anlage von künstlichen Nisthilfen in Betracht, wenn gleichzeitig die Horste aus dem näheren Umfeld des Planungsraums entfernt würden. Hinzutreten könne eine Ausnahmeregelung nach § 45 BNatSchG.

Der Wespenbussard brüte innerhalb des 1.000 m-Radius um die Windenergieanlage. Die saP vermittle eventuell den Eindruck, dass der Wespenbussard fast ausschließlich den Planungsraum als Nahrungs- und Flughabitat nutze. Dieser Eindruck sei gegebenenfalls zu entkräften, andernfalls komme ein Ausnahmeantrag gemäß § 45 BNatSchG in Betracht.

Die Unterlage „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ setzte sich ausführlich mit deren Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 auseinander. Zusammengefasst ergebe sich folgendes: Die Einschätzung des Beklagten, das Gelände sei für Greifvögel hoch attraktiv bzw. ein günstiger Lebensraum, beruhe auf rein theoretischen Betrachtungen. Die vom Beklagten genannten Eigenschaften seien ganz typisch für das gesamte schwäbische und das angrenzende oberbayerische Hügelland. Es handle sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der ... im Westen sowie das ... im Nordosten würden vom Beklagten dagegen nicht betrachtet.

Bezüglich des Rotmilans erkenne der Beklagte an, dass im Juni und Juli 2013 und 2014 nur sehr wenige Exemplare im Planungsgebiet hätten beobachtet werden können. Dies sei ein deutliches Indiz, dass das Untersuchungsgebiet in dieser Zeit keine ausreichende Nahrung biete und dass sich im Planungsgebiet kein Brutrevier befinde. Der Beklagte habe entgegen einer Gesamtwürdigung der saP ein eigenes Gutachten erstellt, mit einer sehr zweifelhaften, nicht wissenschaftlich belegten Methode Jahresdurchflugszahlen berechnet und habe einen eigenen Schwellenwert für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko festgelegt, der nicht begründet sei. Ohne Rechtfertigung verwerfe der Beklagte eine nachvollziehbare und gerichtlich überprüfte Methode zur Bewertung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos (Urteil des VG Würzburg). Stattdessen berechne der Beklagte mit einer eigenen, nicht nachvollziehbaren Methode das Tötungsrisiko, so dass bereits ein beobachteter Überflug eines einzelnen Rotmilans über einer Windenergieanlage ausreiche, um ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszulösen.

Entgegen der Kritik des Beklagten sei die Raumnutzungsanalyse entsprechend dem Bayerischen Windkrafterlass vollumfänglich durchgeführt worden. Die Beobachtungszeiten, die geforderten Aktivitätsphasen und die entsprechenden Tageszeiten und Witterungsbedingungen seien uneingeschränkt beachtet worden. Die vom Beklagten zitierte Kartieranleitung des Landesamts für Umwelt beziehe sich auf die Methoden für Revierkartierungen und Populationserfassungen und unterscheide sich damit grundsätzlich von den Raumnutzungsanalysen nach dem Windkrafterlass.

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten die Daten der ... Bürger selbst ausgewertet. Danach ergebe sich, dass nicht nachweisbar sei, wann die Videodateien tatsächlich erstellt worden seien. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verortung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Eine exakte Auswertung in Bezug auf Durchflüge, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, sei deshalb nicht möglich.

Die Aussage des Beklagten, im Gebiet sollten speziell Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke als stabile Brutvögel vorkommen, sei durch Daten keinesfalls untermauert. Belegbar seien nur ein Brutplatz des Baumfalken in den Jahren 2013 und 2014 sowie der Brutplatz eines Wespenbussards im Jahr 2014, dessen Raumnutzung allerding im Wesentlichen außerhalb des Planungsgebiets liege. Trotz intensiver Nachsuche sei weder 2013 noch 2014 der Nachweis einer Rotmilanbrut bzw. eines Horstes gelungen.

Unzutreffend sei auch die Abgrenzung der Brut- und Nahrungsreviere. Die Raumnutzungsanalyse und die Beobachtungen der Bürger ließen nur bedingt Schlüsse zu abgrenzbaren Revieren zu. Beim Wespenbussard und Rotmilan sei das Nahrungsrevier nur näherungsweise in Kreisform mit einem willkürlich gewählten Revier im Mittelpunkt abgegrenzt worden. Es werde nicht erläutert, auf welcher Grundlage die Nahrungs- und Brutreviere abgegrenzt worden seien. Wesentliche weitere potentiell geeignete Nahrungshabitate fehlten in der Darstellung des Beklagten. Es werde der Eindruck erweckt, dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Dem gefundenen Wespenbussardhorst habe der Beklagte schon selbst kein Nahrungsrevier im Planungsgebiet zugeordnet. Zu Unrecht seien dem Baumfalkenhorst nur weit entfernte Nahrungshabitate zugeordnet worden, um Überflüge der Standorte zwischen Horst und Nahrungshabitaten zu belegen.

Bezüglich der Berechnung des Kollisionsrisikos sei die Annahme des Beklagten nicht belegt, dass bei 15 Jahresdurchflügen von einer definitiven Richtschnur für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszugehen sei. Der Beklagte habe nicht anhand der Beobachtungstage auf das ganze Jahr hochrechnen dürfen. So seien die Beobachtungen bei günstigen Witterung- und Tageszeiten durchgeführt worden. Bei schlechtem Wetter sowie in den frühen Morgen- und Abendstunden fänden deutlich weniger Flugbewegungen statt. Es seien nicht die tatsächlichen Beobachtungszeiten einbezogen worden, sondern es seien, unabhängig davon wie lange und mit wieviel Personen die ... Bürger beobachtet hätten, ganze Tage hochgerechnet worden.

Der Beklagte habe die durchschnittlichen Jahres-Anwesenheitszeiten der einzelnen Arten für die Berechnung der Jahresdurchflugwerte deutlich zu hoch angesetzt. Die vom Beklagten verwendeten Korrekturfaktoren seien nicht nachvollziehbar und würden von ihm selbst nicht einheitlich verwendet.

Der Beklagte habe die Daten der ... Bürger unkritisch verwendet, ohne deren fachliche Eignung zu hinterfragen. Die Flugbewegungen seien nicht exakt den Anlagenstandorten zuzuordnen, die Karteneintragungen seien häufig falsch oder sehr ungenau vorgenommen worden. Schließlich habe der Beklagte im Widerspruch zum Windkrafterlass den Baumfalken und den Wespenbussard als störungsempfindliche Arten eingestuft.

Bezüglich des Baumfalkenhorsts sei überdies zu bemerken, dass der betreffende Waldbereich aus forstwirtschaftlichen Gründen zwischenzeitlich geerntet worden sei. Der Horstbaum sei nicht mehr vorhanden.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 lehnte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin ab. Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Der Tatbestand des Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei bei Verwirklichung des Vorhabens erfüllt. Das Tötungsrisiko sei für Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht. Dies ergebe sich aus den Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 und deren aktueller Stellungnahme vom 17. Juni 2015.

Diese aktuelle Stellungnahme führte im Wesentlichen aus: Die Unterlagen der ... Bürger seien als Tatsachennachweis in die Wertung der Unteren Naturschutzbehörde mit eingeflossen und stünden berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen. Ihre Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) von der Naturschutzbehörde einer angemessenen, sorgfältigen Stichprobenprüfung unterzogen worden. Dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können.

Die Gutachter der Klägerin hätten die Prüfbereiche außerhalb des 1-km-Bereichs nicht bearbeitet. Es handele sich jedenfalls um deutlich mehr als nur vereinzelte Durchflüge kollisionsgefährdeter Arten durch den Gefahrenbereich der Anlagenstandorte. In Ermangelung einer anerkannten Methode zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos habe sich die Untere Naturschutzbehörde diese im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative selbst erarbeitet. Da die ... Bürger häufiger nachmittags, die von der Klägerin beauftragten Gutachter jedoch überwiegend vormittags beobachtet hätten, habe sich durch die Daten der Bürger ein etwas anderes Bild ergeben. Die Beobachtungen der ... Bürger seien daher wesentlich ergänzende Fachdaten.

Auch wenn die landschaftliche Ausstattung und die Geländemorphologie einschließlich der vorhandenen Strukturen für große Teile der gesamten Aindlinger Terrassentreppe zuträfen, sei festzuhalten, dass für den Rotmilan relevante Strukturelemente jedenfalls vorhanden seien. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten hauptsächlich am Vormittag beobachtet, daher fehlten Ganztagsbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase. Bezüglich der Daten der ... Bürger sei sich die Untere Naturschutzbehörde bewusst, dass Unsicherheiten unvermeidlich seien. Daher sei ein Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt gehalten worden. Dass der Rotmilan bevorzugt das Tal der ..., das ... und das ... nutzen würde, sei eine nicht belegte Vermutung. Jedenfalls besiedelten Rotmilane nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen. Bezüglich des Wespenbussards sei der Horst mit Jungenaufzucht eindeutig belegt. Es sei erstaunlich, dass die Gutachter der Klägerin diesen nicht gefunden hätten bzw. versuchten, diesen als unbenutzt darzustellen. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass weiter nördlich von diesem Horst ein zweites Revier liege. Der von der Naturschutzbehörde bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter vorgenommene Zuschlag spiegle einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung wider. Dies sei für die notwendige vergleichende Betrachtung angezeigt gewesen. Der Behauptung, da kein für den Rotmilan typischer Horst gefunden worden sei, liege kein Rotmilanrevier vor, müsse widersprochen werden. Wie der nicht entdeckte Wespenbussardhorst beweise, sei die Horstsuche ganz offensichtlich mangelhaft gewesen. Auch sei die Horstsuche nur über ausgesuchte Teilbereiche des Untersuchungsgebiets erstreckt worden, eine flächendeckende Horstsuche sei aber nicht erfolgt.

Wenn die Naturschutzbehörde das vermutete Revierbereich dargestellt worden, sei dies nicht so zu verstehen, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Es sei lediglich ein Bereich abgegrenzt worden, in dem sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte. Bezüglich der Beseitigung des Baumes, in dem sich der Horst des Baumfalken befunden habe, sei davon auszugehen, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage, z. B. ein altes Krähennest, nutzen werde. Damit sei weiterhin ein bestehender Baumfalkenbrutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen.

Die Hochrechnung auf ganze Tage sei sowohl bei den Gutachtern der Klägerin als auch bei den Bürgern erfolgt. Diese seien also gleichbehandelt worden.

Die Zahl von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage ergebe sich daraus, dass dann jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gemäß dem Windenergieerlass gesprochen werden könne. Dieser Wert sei jedenfalls nicht willkürlich, da der Windkrafterlass keine Konkretisierung enthalte. Wenn von Durchflug gesprochen werde, sei dies mit der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich gleichzusetzen.

Es sei unzutreffend, dass die Untere Naturschutzbehörde die Daten der ... Bürger unkritisch und ohne Überprüfung übernommen habe. Der umfangreiche Datenpool der ... Bürger sei als ergänzende Unterlage, nicht jedoch anstelle der Kartierdaten der von der Klägerin beauftragten Gutachter verwendet worden.

Auch wenn Horststandorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne, sei es fachlich vertretbar, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden.

Im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom 18. Juni 2015 beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2015,

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin eine Genehmigung gem. § 4 BImSchG zur Errichtung und Betrieb von 3 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern auf den Grundstücken Fl.Nrn. ..., ... der Gemarkung ... (Windpark ...) gemäß ihrem Antrag vom 5. April 2012 zu erteilen.

In der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 beantragte die Klägerin hilfsweise,

unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 18. Juni 2015 erneut den Antrag der Klägerin vom 5. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden.

Beklagter und Beigeladene beantragten in der mündlichen Verhandlung,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung noch einen Anspruch darauf, dass ihr Genehmigungsantrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschieden wird. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, weil ein Versagungsgrund i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorliegt. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsgebot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Artenschutzrechtliche Verbote i. S. d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 3 und 6).

Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es u. a. verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dieser Tatbestand erfüllt, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 - juris Rn. 219). Umgekehrt wird gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht verstoßen, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung jedenfalls aufgrund von Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich verbleibt, der mit einem Vorhaben in Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, das einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Genehmigungsbehörde bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch insoweit seine Rechtsprechung für Planfeststellungsverfahren auf die Genehmigung von Windenergieanlagen übertragen (grundlegend BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 14). Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative - worauf im vorliegenden Verfahren besonders hinzuweisen ist - sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Hiervon geht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 43 [bestätigt durch BVerwG, B.v. 16.9.2014 - 4 B 48/14 - juris]; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - juris Rn. 22 ff.; BayVGH, B.v. 27.5.2015 - 22 CS 15.485 - juris Rn. 21).

Die behördliche Einschätzungsprärogative hat zur Folge, dass die Annahmen der Genehmigungsbehörde einer nur eingeschränkten Kontrolle zugänglich sind. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 65). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 16). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich allerdings nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz vorschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 19).

Für die Genehmigung von Windkraftanlagen in Bayern ist zudem - auch für das gerichtliche Verfahren - der sog. „Windkrafterlass“ (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen; Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) vom 20. Dezember 2011 zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei dem Windkrafterlass um ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, von dem auch angesichts der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden darf (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 18.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 44).

Nach diesen Maßstäben erweisen sich die beantragten Windenergieanlagen wegen Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots als nicht genehmigungsfähig.

Der Beklagte hat die Ablehnung des Genehmigungsantrags (Bescheid vom 18.6.2015) damit begründet, dass das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht würde. Er hat auf die entsprechenden Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 sowie auf deren - auf die Einwendungen der Klägerin abgegebene - Stellungnahme vom 17.Juni 2015 Bezug genommen. Die Untere Naturschutzbehörde ist zu dem Ergebnis gelangt (Stellungnahme vom 23.12.2014, S. 27), dass in Bezug auf die Windenergieanlage 1 (d. h. die am weitesten westlich gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Wespenbussard, in Bezug auf die Windenergieanlage 2 (d. h. die „mittlere“ der drei Anlagen) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Baumfalken und den Wespenbussard und in Bezug auf die Windenergieanlage 3 (d. h. die am östlichsten gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Schwarzmilan, den Wespenbussard und den Baumfalken jeweils signifikant erhöht ist. Diese Beurteilung des Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Bei sämtlichen vier vom Beklagten aufgeführten Vogelarten kommt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsrisiko nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Betracht, weil es sich um besonders kollisionsgefährdete Arten handelt. Diese Annahme ist von der Einschätzungsprärogative des Beklagten gedeckt und deshalb für die Prüfung zugrunde zu legen. Die Klägerin zieht dies zwar in mehrfacher Hinsicht in Zweifel. So soll eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr in Bezug auf den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen sein (Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung - Nachtrag 2014, S. 31). Bezüglich des Baumfalken sei ein „vergleichsweise geringes Kollisionsrisiko plausibel“ (a. a. O., S. 42). Der Baumfalke werde nach einem Leitfaden der Europäischen Kommission nicht als kollisionsgefährdet eingestuft (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 4). Ein Kollisionsrisiko mit Windenergieanlagen sei für Baumfalken wegen dessen hervorragender sehphysiologischer Eigenschaften so gut wie auszuschließen (Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark St. vom 24.4.2015, S. 4). Auch der Wespenbussard werde von der Europäischen Kommission sowie der Länderarbeitsgemeinschaft der Deutschen Vogelschutzwarten nicht als kollisionsgefährdet gelistet (a. a. O., S. 10).

Dass hingegen die Einstufung der genannten Vogelarten als kollisionsgefährdet naturschutzfachlich nicht vertretbar ist, wird von der Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Der Beklagte konnte und musste sich vielmehr entscheidend auf die fachlichen Aussagen des Windkrafterlasses (S. 41 i. V. m. dessen Anlage 2) stützen (so in Bezug auf eine unterschiedliche Beurteilung der besonderen Kollisionsgefährdung des Schwarzstorches BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Die Beurteilung des Beklagten in Bezug auf die Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots ist auch nicht deshalb rechtlich fehlerhaft, weil er neben den (nicht: an Stelle der) von der Klägerin vorgelegten naturschutzfachlichen Unterlagen auch die ihm von Seiten der ... Bürger übermittelten Unterlagen, insbesondere deren Beobachtungen, einbezogen hat.

Die Pflicht des Antragstellers, die notwendigen Unterlagen für die Genehmigung beizubringen, berührt nicht die Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG). Im Rahmen dieser Pflicht steht die Auswahl der Beweismittel im Ermessen der Behörde (Art. 26 Abs. 1 BayVwVfG), das durch Verwaltungsvorschriften ausgefüllt werden kann (Jarras, BImSchG, § 10 Rn. 44). Nach dem Windkrafterlass (S. 41) sind ergänzende Hinweise auf Vorkommen u. a. der in Anlage 2 Spalte 1 als kollisionsgefährdet aufgeführten Vogelarten im Verfahren, z. B. durch fachkundige Dritte, nur, aber eben dann beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Zwar betrifft diese Aussage nur das „generelle“ bzw. das „ob“ des Vorkommens der Arten. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bei der konkreten Prüfung der Verbotstatbestände gemäß dem Windkrafterlass (d. h. bei der Frage des „wo“ und des „wie häufig“ der Vorkommen) Hinweise und Beobachtungen Dritter außer Acht bleiben müssten. Substantiierte Einwendungen betreffend die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen oder Einwendungen, die über diese Unterlagen hinaus gehen, können bzw. - je nach Maß der Substantiierung müssen - in Erfüllung der Amtsermittlungspflicht von der Behörde mitberücksichtigt werden. Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote eingreifen, setzt nämlich eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im fraglichen Bereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2008 - 9 VR 9/07 - juris Rn. 31). Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Behörde dabei nicht auf Unterlagen Dritter zurückgreifen dürfte. Vielmehr kann die Außerachtlassung solchen Materials rechtlich fehlerhaft sein, denn die Behörde überschreitet den Rahmen der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative unter anderem dann, wenn ihre Ermittlungstiefe nicht ausreichend ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 20).

Angesichts dessen sind die Vorgaben in Anlage 6 zum Windkrafterlass („Hinweise zur Erfassungsmethode Vögel“) nicht in dem Sinne abschließend, dass, selbst wenn diese eingehalten wurden, Unterlagen und Materialien Dritter von der Behörde nicht mit in die Beurteilung einbezogen dürften. Jedenfalls ist bei Vorliegen substantiierten Materials Dritter der Anwendungsbereich für eine fachlich begründete Abweichung vom Windkrafterlass eröffnet.

Davon abgesehen ist der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass auch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen über das Vorkommen geschützter Vogelarten und deren Flugbewegungen nicht vollständig mit dem Windkrafterlass in Einklang stehen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass bei der Klägerin offenkundig einige wichtige Beobachtungen durch das zeitliche Raster gefallen seien, weil sich die Beobachtungen nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen gerichtet hätten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Der Beklagte hat diese Aussage dahingehend präzisiert, dass Ganztagesbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase fehlten, so dass fachlich kaum beurteilt werden könne, wie repräsentativ die hauptsächlich aus den Vormittagsstunden stammenden Daten tatsächlich seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat den Ausgangspunkt dieser Überlegungen in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage gestellt. Die von ihr beauftragten Gutachter haben vielmehr selbst angegeben, dass der Großteil ihrer Beobachtungen vormittags ab 9.00 Uhr, in geringeren Maße nachmittags ab 12.00 Uhr stattgefunden hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18).

Zwar enthält Anlage 6 zum Windkrafterlass über die Verteilung der Beobachtungsdauer - neben der allgemeinen Vorgabe von „etwa drei Stunden pro Tag“ - keine näheren Angaben. Allerdings müssen sich die Beobachtungszeiten - wie vom Beklagten gefordert - nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der entsprechenden Arten richten (warmes Wetter, gute Thermik-/Flugbedingungen; Windkrafterlass, S. 46). Lagen die Beobachtungszeiten nach eigenen Angaben der von der Klägerin beauftragten Gutachter schwerpunktmäßig am Vormittag ab 9.00 Uhr, konnte der Beklagte davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen das vom Windkrafterlass vorausgesetzte repräsentative Bild an Flugbewegungen nicht vollständig zeichnen konnten.

Im vorliegenden Fall spricht für die Verwendung des von den Bürgern vorgelegten Materials zudem maßgeblich, dass die Unterlagen der Bürger jedenfalls begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlagsensibler Arten lieferten, so dass nach den ausdrücklichen Vorgaben des Windkrafterlasses weitergehende Kartierungen vor Ort, wie sie im Auftrag der Klägerin im Laufe des Jahres 2014 durchgeführt wurden, erforderlich waren (S. 41 des Windkrafterlasses). Diese Untersuchungen haben deutlich andere Ergebnisse gezeigt als die ursprünglich von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (deutlich mehr Beobachtungen beim Rotmilan; Beobachtungen bezüglich der drei anderen vom Beklagten genannten Vogelarten; Horste eines Baumfalken sowie - mittlerweile unstreitig - eines Wespenbussards). Hat aber erst das von den Bürgern übermittelte Material dazu geführt, dass überhaupt die erforderlichen (weiteren) Untersuchungen durchgeführt wurden, so wäre es kaum nachvollziehbar gewesen, wenn der Beklagte dieses Material bei seiner Entscheidung über den Genehmigungsantrag ausgeblendet hätte.

Die Art und Weise, wie der Beklagte mit dem Material der Bürger umgegangen ist, ist vertretbar und bewegt sich damit im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative.

Der Beklagte hat erkannt, dass er die Unterlagen der Bürger nicht ohne weiteres zugrunde legen konnte. Er hat die Daten „auf Stichhaltigkeit und Aussagekraft geprüft“, „mit dem Ergebnis, dass sie so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar“ waren, „dass sie in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden konnten“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Die Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) einer Stichprobenprüfung unterzogen worden, dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können. Die Echtheit und Nachweisbarkeit der Daten sei dem Beklagten versichert worden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). „Von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen“ sei auszugehen „aufgrund der sehr hohen Qualität der Dokumentationen“. „Die ergänzenden Hinweise und Daten“ seien „hinreichend substantiiert und daher beachtlich“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Die Unterlagen der ... Bürger stünden „berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen“. Die Naturschutzbehörden seien einvernehmlich zum Ergebnis gelangt, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, um sie für die fachliche Beurteilung mitzuverwenden. Da die Beobachter mit der Umgebung vertraut gewesen seien und v.a. aufgrund der bereits 2013 durchgeführten Erfassung geübt gewesen seien, sei die Eintragung der Flugbewegung in die Karte parallel zur unterstützenden Videoaufzeichnung als glaubhaft zu werten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). Soweit der Beklagte auch ausgeführt hat, dass das Material der Bürger „in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses“ entspricht (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11), ist dies offensichtlich nicht so zu verstehen, als habe mit den Unterlagen der Bürger ein der Anlage 6 zum Windkrafterlass gleichwertiges Erfassungssystem zugrunde gelegen. Denn der Beklagte spricht unmittelbar zuvor ausdrücklich von einer „abweichenden Vorgehensweise“.

Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Darlegungen des Beklagten zu zweifeln. Zwar hat die Klägerin wiederholt, auch in der mündlichen Verhandlung, geltend gemacht, bei einer Prüfung des gesamten Materials der Bürger hätten sich zahlreiche Videoaufzeichnungen als fragwürdig herausgestellt. Der Beklagte habe sich daher nicht auf eine stichprobenartige Überprüfung beschränken dürfen. Es sei nicht nachweisbar, wann die (Video-) Dateien tatsächlich erstellt wurden. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verordnung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Insgesamt sei daher eine exakte Auswertung in Bezug auf „Durchflüge“, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, nicht möglich („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 2).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es zunächst Sache des Beklagten war, im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative festzulegen, wie er mit derartigem Material Dritter umgeht, um anschließend Schlussfolgerungen für seine naturschutzfachliche Beurteilung zu ziehen. Denn die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich, wie ausgeführt, bereits auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten. Der Beklagte hat substantiiert dargelegt, wie er mit den Daten der Bürger umgegangen ist und warum er sie für plausibel hält. Dass er die Grenze des Vertretbaren überschritten hätte, ist dabei nicht erkennbar.

Entscheidend ist allerdings, dass der Beklagte bei seiner naturschutzfachlichen Beurteilung nicht ausschließlich auf das Material der Bürger zurückgegriffen hat. Der Beklagte hat vielmehr kontinuierlich deutlich gemacht, dass er die Daten der Bürger neben insbesondere den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen herangezogen hat. Dies ergibt sich bereits aus der Auflistung „Sachverhaltsermittlungen - vorliegende Unterlagen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Zum Material der Bürger hat der Beklagte dementsprechend in der Folge ausgeführt, dass es „in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden“ konnte (a. a. O.), dass bestehende „Erkenntnislücken (…) durch die nachstehenden Beobachtungen ergänzt“ werden könnten (a. a. O., S. 11), dass durch die Daten der Bürger „Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der Gutachter der Klägerin ergeben würde“ (a. a. O., S. 26), sowie dass die „Videoaufzeichnungen mit räumlichen Bezug“ „ein geeignetes Mittel zur Dokumentation“ seien und „wertvolle ergänzende Beurteilungsunterlagen liefern“ könnten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Der Beklagte hat insbesondere auch ausgeführt, sich „bewusst“ zu sein, „dass die ... Bürger keine geschulten Freilandkartierer sind, somit Unsicherheiten unvermeidlich sind (insbesondere bei der schwierigen Abschätzung der Flughöhen)“. Daher habe er „einen Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt“ gehalten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3 und Sitzungsprotokoll, S. 9).

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter räumen selbst ein, dass die Daten der ... Bürger wichtige Ergänzungen böten und nichts gegen eine ergänzende Verwendung spreche („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, Seite 18). Sie gestehen jedenfalls zu, dass die ... Bürger die Art des Rotmilans zu 95%, die Art des Schwarzmilans zu 96% und die Art des Westenbussards zu 74% richtig bestimmt hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 9).

Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der Vortrag der Klägerin letztlich auf den Einwand, der Beklagte habe den Unterlagen der ... Bürger keine allzu hohe Bedeutung zumessen dürfen, weil der Substantiierungsgrad niedriger als vom Beklagten angenommen liege. Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprävokative des Beklagten jedoch nicht dargetan. Zwar mag es sein, dass eine vollständige Auswertung des Materials der Bürger noch verlässlichere Auskünfte gegeben hätte. Dass die vom Beklagten vorgenommene stichprobenartige Auswertung und die darauf beruhende Einschätzung, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, jedoch ein unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel darstellen würde oder auch die Ermittlungstiefe nicht ausgereicht hätte, ist nicht ersichtlich, jedenfalls dann nicht, wenn sich der Beklagte - wie hier - der Unsicherheiten des Materials bewusst ist und mit einem gewissen Sicherheitsabschlag arbeitet.

Der Beklagte konnte demnach in nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass weder die Unterlagen der Bürger noch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen für sich allein genommen eine ausreichende Prüfung der artenschutzrechtliche Verbotstatbestände ermöglichten. Normative Vorgaben oder Standards, wie in einem solchen Fall die Prognose zu erfolgen hat, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, sind nicht erkennbar und wurden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere der Windkrafterlass enthält für eine solche Situation keine Vorgaben. Es galt daher der Grundsatz, dass sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten im Planungsraum mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben lassen und maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls abhängen (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 59). Damit konnte der Beklagte im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative sowohl die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen als auch die Beobachtungen der Bürger heranziehen und seine Schlüsse aus den jeweils nicht vollständig aussagekräftigen Daten ziehen. Der Beklagte hat sich dafür entschieden, im Wesentlichen auf die von der Klägerin vorgelegte Raumnutzungsanalyse abzustellen, diese jedoch im Hinblick auf die Unterlagen der Bürger im Zuge einer vergleichenden Betrachtung zu korrigieren (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Dass damit der Rahmen des Vertretbaren verlassen worden wäre, ist nicht erkennbar.

Auch die konkrete Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch den Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative.

Im Rahmen der Beurteilung hat der Beklagte eine Bewertung nach dem Windkrafterlass vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15 ff.). Schon das Ergebnis dieser Bewertung stellt eine tragfähige Grundlage für die Ablehnung der Genehmigungsanträge dar.

Im Windkrafterlass sind Bereiche angegeben, die innerhalb derer zu prüfen sind, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind (vgl. Windkrafterlass, S. 42 und Anlage 2, S. 58). Dabei besteht ein „engerer“ Prüfbereich, der die empfohlenen Abstände von Windenergieanlagen zu Brutplätzen beschreibt, sowie ein „weiterer“ Prüfbereich, in dem zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.

Nur für den Fall, dass beide Abstände für die jeweilige Art überschritten werden, ist - gleichsam von vornherein - davon auszugehen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungs-/Verletzungsrisiko besteht (Windkrafterlass, S. 42). Dies ist hier nicht der Fall.

Vielmehr ist der Beklagte davon ausgegangen, dass alle streitgegenständlichen Windenergieanlagen innerhalb des 1 km-Bereichs um das Zentrum eines Rotmilan-Reviers liegen. Ferner lägen sämtliche drei Windenergieanlagen im 1 km-Umgriff um einen Baumfalken-Horst. Die östlichste sowie die „mittlere“ der drei Windenergieanlagen lägen ferner im 1 km-Bereich um das vermutete Zentrum eines Wespenbussard-Reviers (vgl. Übersicht in der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dieser Ausgangspunkt ist fachlich jedenfalls vertretbar und damit rechtlich nicht zu beanstanden.

Bezüglich des Rotmilans ist der Beklagte sicher, dass ein Revier bestehe. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Zu schließen sei dies aus den Feststellungen der Bürger 2013 und des Herrn ... 2013. Das Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16 und 17). Demgegenüber geht die Klägerin davon aus, dass im Jahr 2014 im streitgegenständlichen Bereich kein Horst bzw. keine Brut eines Rotmilans vorgelegen habe (vgl. u. a. Sitzungsprotokoll, S. 7). Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten nicht aufgezeigt. Insbesondere bedurfte es nicht des zwingenden Nachweises, dass und wo ein Rotmilanhorst vorhanden ist. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es, wenn allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Arten zuließen, nicht zu beanstanden ist, wenn die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und dem Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen, ebenso wie sonstige Analogieschlüsse, der plausiblen naturschutzfachlichen begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - juris Rn. 63). Demnach unterfällt die Frage, ob innerhalb des nach dem Windkrafterlass maßgeblichen Prüfbereichs ein (besetzter) Horst vorhanden ist, der behördlichen Einschätzungsprärogative, weil es sich um eine Frage der Erfassung des Bestands der geschützten Arten handelt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 26 ff zu einem Schwarzstorchhorst).

Mit diesen Maßstäben steht die Einschätzung des Beklagten im Einklang. Der Beklagte hat sich unter anderem darauf gestützt, dass sich im Betrachtungsraum zahlreiche Mäusebussard-Horste befänden, die vom Rotmilan häufig benutzt würden. Bei der Sichtung des Materials der Bürger hätten sich in zwei Fällen eindeutige Hinweise für Territorialverhalten bzw. Revierverhalten von gefilmten Rotmilanen identifizieren lassen. Ein nicht gefundener Horst belege daher nicht, dass es auch kein Rotmilan-Revier gebe (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Wichtiger sei, das mutmaßliche Revierzentrum zu eruieren als den Horst verbindlich zu suchen (Sitzungsprotokoll, S. 6). Der Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass selbst erfahrene Vogelkundler immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 6). Dem hält zwar die Klägerin entgegen, dass es kein Rotmilan-Revier gebe und die beobachteten Flüge gelegentliche Nahrungsflüge von weiter entfernt brütenden Vögeln seien. Sie begründet dies unter anderem damit, dass zwischen dem 22. Mai und dem 31. Juli 2014 kaum Rotmilane hätten beobachtet werden können. Trotz eines verdächtigen Verhaltens Mitte Mai (zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am 15. und 18. Mai 2014) sei es nicht zu einer festen Reviergründung und einem Brutversuch gekommen, da ansonsten häufigere Beobachtungen gelungen wären (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4 und „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Der Beklagte ist dem jedoch mit dem Argument entgegengetreten, wenn es sich um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, was aufgrund der Geländesituation, der Topografie und des Wald-Offenland-Mosaik-Charakters nachvollziehbar sei, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüteten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4). In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde ausgeführt, dass ein bettelnder Jungvogel bzw. eine Beuteübergabe festgestellt worden seien. Eine Beuteübergabe komme nur vor, wenn in der Nähe ein Horst existiere (Sitzungsprotokoll S. 6). Dass am 15. und 18. Mai 2014 jeweils zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am westlichen Rand des Planungsgebietes über dem ‚ beobachtet worden seien, räumt auch die Klägerin ein. U. a. seien die Tiere im Wald gelandet bzw. sei am Waldrand auf einem Baum sitzend gefilmt worden. Dies deute auf ein Brutrevier hin („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Aus diesen Beobachtungen und Feststellungen ziehen zwar der Beklagte und die Klägerin unterschiedliche Schlüsse. Eine derartige unterschiedliche Bewertung stellt jedoch keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative dar, sondern ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Der Beklagte hat auch klargestellt, dass seine kartographische Darstellung des vermuteten Revierbereichs nicht so zu verstehen sei, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Aufgrund der verschiedenen vorliegenden Indizien sei vielmehr ein Bereich abgegrenzt worden, innerhalb dessen sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). Der Beklagte hat es als fachlich vertretbar bezeichnet, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden, wenn zwar Standorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne (a. a. O., S. 8). Liegt eine - ohnehin schwer erreichbare - Gewissheit über das „ob“ und das „wo“ eines Horstes nicht vor, lassen aber im Rahmen der Einschätzungsprärogative zu würdigende Indizien Rückschlüsse auf das Vorhandensein eines Horstes zu, ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden.

In Bezug auf das vom Beklagten angenommene Wespenbussard-Revier, dessen Zentrum sich nordwestlich der drei streitgegenständlichen Windenergieanlagen befinden soll, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Der Beklagte konnte also auch insoweit aufgrund der herangezogenen Unterlagen und weiterer Indizien davon ausgehen, dass sich - neben dem südlich gelegenen, zwischenzeitlich unstreitigen Wespenbussardhorst bei ... - ein zweiter Horst in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen befindet. Diese Annahme erscheint umso plausibler, als bei den Flugbewegungen eine „Lücke“ zwischen dem unstreitig vorhandenen Horst im Süden und den - ebenso unstreitigen - Flugaktivitäten in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen besteht. Eine andere schlüssige Erklärung als das Vorhandensein eines weiteren Horstes für diese Flugbewegungen ist auch von der Klägerin nicht geliefert worden (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 5).

In Bezug auf den Baumfalken gilt Folgendes: Unstreitig wurde ein Horst in unmittelbarer Nähe zur östlichsten Windenergieanlage festgestellt. Aus dem Umstand, dass dieser Horst aufgrund der Beseitigung des entsprechenden Baumes bzw. weiterer Bäume im Nahbereich nicht mehr vorhanden ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Insbesondere ist ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nunmehr nicht definitiv ausgeschlossen. Der Beklagte hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er gehe aufgrund der relativ hohen Reviertreue der Art davon aus, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage (altes Krähennest etc.) nützen werde, somit ein weiterhin bestehender Baumfalken-Brutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen sei (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). In ähnlicher Weise hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der Baumfalke alte Nester von Krähen oder Elstern nutze, aber reviertreu bleibe. Zwar hat er auch angegeben, dass die bisherige Situation mit der Fällung des Nistbaumes und weiterer Bäume in der Umgebung zerstört worden sei (Sitzungsprotokoll, S. 4). Gleichwohl ist - gerade nach der mehrfach vom Beklagten betonten Reviertreue des Baumfalken - nicht ausgeschlossen, dass der Baumfalke einen Horst im maßgeblichen 1 km-Bereich der streitgegenständlichen Windenergieanlagen besetzen wird. Hiergegen spricht bereits die Mitteilung der Klägerin, dass in nicht allzu weiter Entfernung des bisherigen Standorts ein - wenn auch einzelner - männlicher Baumfalke gesichtet wurde (Sitzungsprotokoll, S. 4). Damit aber ist nicht widerlegt, dass der Baumfalke im Sinne des Windkrafterlasses „am geplanten Standort vorkommt“. Daher wären nunmehr nach den Vorgaben des Windkrafterlasses in Bezug auf den Baumfalken (erneut) weitergehende Kartierungen vor Ort erforderlich (Windkrafterlass, S. 41). Derartige Nachkartierungen im Hinblick auf die neue Situation hat die Klägerin nicht durchgeführt. Da die Klägerin demzufolge die nach dem Windkrafterlass notwendigen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat, kann nicht angenommen werden, dass nunmehr der Abstand zu einem Baumfalkenhorst über den in Anlage 2, Spalten 2 und 3 des Windkrafterlasses genannten Entfernungen liegen würde, so dass das Tötungsrisiko nicht signifikant erhöht wäre (Windkrafterlass, S. 42).

Überdies hat der Beklagte eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bei den insoweit in Rede stehenden beiden östlichen Windenergieanlagen nicht ausschließlich auf eine Betroffenheit des Baumfalkens gestützt, sondern dies auch für weitere Arten angenommen. Selbst wenn also nunmehr in Bezug auf den Baumfalken nicht mehr von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen wäre, wären diese Windenergieanlagen wegen einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos bezüglich weiterer Vogelgarten nicht genehmigungsfähig.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos abzustellen ist.

Die Unterschreitung des „engeren“ 1 km-Prüfabstands in Bezug auf Rotmilan und Wespenbussard (letztere für die beiden westlich gelegenen Windenergieanlagen) führt zwar noch nicht gleichsam im Sinne einer Automatik dazu, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Dies stellt auch der Windkrafterlass (S. 42) klar. Der Windkrafterlass führt allerdings weiter aus, dass, wenn die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezüglich der Individuen der genannten Arten in dem in Anlage 2, Spalte 2 angegebenen („engeren“) Prüfbereich nicht ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder selten überflogen wird, in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist (Windkrafterlass, S. 42). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Aussage aufgegriffen und daraus geschlossen, dass es bei der Unterschreitung des Mindestabstands der Windenergieanlage zum Brutvorkommen darauf ankommt, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014. 879 - juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - juris Rn. 50). Ob damit in rechtlicher Hinsicht - wie wohl vom Beklagten angenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15) - eine „Vermutung“ besteht, dass bei Unterschreitung dieses Mindestabstands grundsätzlich von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist, wenn nicht ausnahmsweise eine Meidung oder ein seltenes Überliegen der Windenergieanlage festzustellen ist, kann offenbleiben. In Richtung einer solchen Vermutung gehen Aussagen in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach es „naturschutzfachlich vertretbar“ sei, für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1.000 m betrage, es sei denn, es lägen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 26.10.2011 - 2 L 6/09 - NuR 2012, 196 - juris Rn. 77; bestätigt durch BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 23).

Jedenfalls im vorliegenden Fall hat die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit nicht ergeben, dass die geplanten Windenergieanlagen im Sinne der zitierten Aussage der Rechtsprechung und des Windkrafterlasses gemieden oder selten überflogen werden. Der Beklagte hat seine Feststellungen dahingehend zusammengefasst, dass sich bei der Raumnutzung nach den Daten der Bürger und den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ein sehr ähnliches Bild ergebe, wonach alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dies ergibt sich anschaulich auch aus den vom Beklagten in seine Stellungnahme aufgenommenen Kartierungen von Flugbewegungen des Rotmilans, des Baumfalken und des Wespenbussards (a. a. O., S. 24 f.).

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin vermögen keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten aufzuzeigen. Die Klägerin stellt insbesondere maßgeblich darauf ab, dass sowohl absolut als auch relativ zur von ihren Gutachtern abgeleisteten Gesamtbeobachtungsdauer zu wenig Flugbewegungen im „Risikobereich“ über den geplanten Anlagenstandorten stattgefunden hätten. Als „Risikobereich“ wird dabei ein Durchmesser von ca. 250 m um den geplanten Anlagenstandort sowie eine Flughöhe zwischen 80 m und 200 m angenommen (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 3 ff.). Eine derart scharfe Abgrenzung eines „Risikobereichs“ kann allerdings dem Windkrafterlass nicht entnommen werden. Die maßgeblichen „Prüfbereiche“ umfassen, wie ausgeführt, einen „engeren“ (Abstand zu Horsten) und einen „weiteren“ (Nahrungshabitate) Bereich und beziehen sich damit auf deutlich „gröbere“ Bereiche. Dies ergibt sich auch aus den im Windkrafterlass (Seite 43 f.) genannten „Beispielen für Prüfbereiche“. So geht der Windkrafterlasses etwa davon aus, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auch dann vorliegt, wenn das Brutvorkommen außerhalb des „engeren“ Prüfbereichs liegt, der Flugkorridor zu Nahrungshabitaten aber durch diesen engeren Prüfbereich führt.

Die Klägerin beruft sich offenbar bei der Definition des „Risikobereichs“ auf Aussagen in Anlage 6 des Windkrafterlasses, wonach die Erfassung der Flugbewegungen u. a. Aufschluss über die Dauer von Flugbewegungen „im Umkreis der Anlagen“ und den Anteil der Flugdauer „in Rotorhöhe“ geben sollen. Es sei die Zeitdauer zu stoppen, die sich ein Vogel in den Höhenstufen „über den Rotorblättern“ oder „unter bzw. im Bereich der Rotoren“ aufhalte. Als Ergebnis der Untersuchungen erhalte man Karten mit den Flugbewegungen der verschiedenen Arten „je Höhenstufe“. Je weniger die geplanten Anlagen „in der relevanten Höhe“ überflogen würden, umso geringer sei das Kollisionsrisiko (Anlage 6 zum Windkrafterlass, S. 65).

Der Windkrafterlass mag vergleichsweise detailliert regeln, wie Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten zu erfassen sind. Hinsichtlich der Bewertung dieser Beobachtungen enthält der Windkrafterlass, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, kaum bzw. nur sehr vage Angaben. Im Kern verlangt der Windkrafterlasses eine Prognose, wenn er insbesondere von einer „Abschätzung“ der „Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlage“, bzw. von „höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten“ spricht (Windkrafterlass, S. 41 f.; Anlage 6, S. 64). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine Prognose erforderlich ist, die naturschutzfachlich vertretbar ist und von der der Behörde insofern zustehenden Einschätzungsprärogative gedeckt ist. Hingegen lässt sich nicht abstrakt oder prozentual angeben, wann eine Erhöhung des Tötungsrisikos als „signifikant“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezeichnet werden kann (BayVGH, U.v. 20.11.2012 - 22 A 10. 40041 - juris Rn. 77 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274.; den Begriff Prognose verwendend auch BayVGH, B.v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 47).

Dass die Prognose des Beklagten vorliegend unvertretbar ist, ist nicht erkennbar. Insbesondere dem Windkrafterlass lässt sich nicht entnehmen, dass es ausschließlich auf die von der Klägerin maßgeblich zugrunde gelegten absoluten Flüge in einem „Risikobereich“ sowie das Verhältnis zur Gesamtbeobachtungsdauer ankommen soll. Vielmehr halten die Klägerin bzw. die von ihr beauftragten Gutachter ihre „Herangehensweise, ein erhöhtes Tötungsrisiko über die prozentuale Beobachtungszeitraum im Risikobereich abzuleiten“ für „durchaus nachvollziehbar und praktikabel“ („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Ob diese von der Klägerin bzw. ihren Gutachtern entwickelte Bewertungsmethode vertretbar ist, braucht nicht entschieden zu werden, denn schon nach dem Vortrag der Klägerin selbst ist nicht erkennbar, dass dies die einzige Möglichkeit zur Bewertung des Tötungsrisikos wäre und andere Methoden nicht vertretbar sind. Der von der Klägerin befürworteten Herangehensweise lässt sich allerdings entgegenhalten, dass sich die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nach der genannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht in Prozentanteilen ausdrücken lässt. Daher kann sich die Klägerin auch nicht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 29.3.2011 - W 4 K 10.371) berufen, der die von der ihr beauftragten Gutachter „grundsätzliche Bedeutung“ zumessen („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Abgesehen davon, dass es - wie ausgeführt - gerade nicht möglich ist, für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos einen Prozentwert anzugeben, hat das Verwaltungsgericht Würzburg in dieser Entscheidung nicht rechtssatzartig bzw. grundsätzlich entschieden, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos erst auszugehen ist, wenn die Aufenthaltsdauer der betreffenden Art im Gefahrenbereich einen Anteil von 10% der Beobachtungszeit übersteigt. Vielmehr hat sich auch das Verwaltungsgericht Würzburg auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gestützt, wonach es auf das konkrete Gefährdungspotenzial im Einzelfall ankommt. Überdies liegt der Entscheidung ein mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Dort hatte die Behörde einen Vorbescheid zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage aus Sicht des Gerichts zu Unrecht aufgehoben, weil die Behörde lediglich „pauschale Bedenken aus naturschutzfachlicher Sicht“ geltend gemacht hatte. Um eine solche Konstellation handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch ersichtlich nicht, wie die vom Beklagten vorgenommene ausführliche Bewertung des im Verfahren seitens der Klägerin und der Bürger vorgebrachten Materials zeigt.

Dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch sonst nicht entnehmen, dass die Annahme des Beklagten, alle drei geplanten Windenergieanlagen würden regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen, unvertretbar wäre. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter haben bei eigener Auswertung des Materials der Bürger beim Rotmilan ca. 120 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe, beim Schwarzmilan ca. 49 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe und beim Wespenbussard 17 Aufnahmen in Gefahrenhöhe ermittelt („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde vom 7.4.2015, S. 9). Zwar betonen die Gutachter der Klägerin auch insoweit, es sei nur der ungefähre Flugbereich zu erkennen; damit sei nicht eindeutig erkennbar, ob Anlagenstandorte überflogen worden sind. Dem ist jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass die Frage der Bewertung der Gefahren, die die geschützten Arten ausgesetzt sein werden, der Einschätzungsprärogative des Beklagten unterfällt. Zudem erlaubt der Windkrafterlass, wie die bereits zitierten Aussagen und Beispiele zeigen (Windkrafterlass, S. 42 ff.), grundsätzlich auch eine Beurteilung an Hand eines deutlich „gröberen“ Rasters. Selbst wenn nur auf die ermittelten Flugbewegungen im Gefahrenbereich abgestellt wird, unterfällt die Prognose, ob sich aus diesen Werten eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos ableiten lässt, der Einschätzungsprärogative des Beklagten. Dessen Annahmen erscheinen gerade auch bei den von der Klägerin ermittelten Zahlen zum Rotmilan vertretbar, selbst wenn berücksichtigt wird, dass sich diese Werte nicht allein auf die hier streitgegenständlichen Anlagen, sondern auch auf die drei geplanten Anlagen des Verfahrens Au 4 K 14.795 beziehen.

Nach allem konnte der Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass angesichts erhöhter Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im „engeren“ Prüfbereich in Bezug auf den Rotmilan und den Wespenbussard von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Bereits diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und würde daher zur Abweisung der Klage führen.

Auch in Bezug auf den Prüfbereich für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate (Anlage 2, Spalte 3 zum Windkrafterlass) hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht.

Der Beklagte hat die Geeignetheit des näheren Umfelds um die streitgegenständlichen Windenergieanlagen als Nahrungshabitat wiederholt begründet. So seien an „manchen, großenteils südexponierten Randzonen“ Übergangsbereiche (Saumzonen) vorhanden. Diese begründeten eine erhöhte Artenvielfalt. Insbesondere sei hier das Futterangebot an Insekten, Mäusen etc. lukrativ, wodurch bevorzugte Nahrungsflüge am Waldrandbereich, z. B. durch den Rotmilan, erklärbar würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 2). Das Gelände sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung und des v.a. in Ost-West-Richtung an den Waldrandzonen vorhandenen Restgrünlandes und anderer für Nahrungssuche relevanter Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlendes Grünlandes, täusche (a. a. O., S. 8). Die Verteilung der Einzelhabitate (Wiesen, Grasbereiche) sei relativ homogen innerhalb des Gesamtgebiets. Das Muster zeige eine hohe Zahl meist kleiner Habitatstrukturen bzw. Flächen. Es gebe also keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen, sondern diese seien kleinräumig über das Gebiet verteilt. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine, würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt. Dies werde insgesamt durch die Flugdarstellungen der Beobachter/Gutachter bestätigt (a. a. O., S. 12 f.). Aufgrund der kleinteiligen Wald-Offenland-Verteilung, mit einer Vielzahl meist kleinflächiger Strukturen mit Nahrungshabitatfunktion für Arten wie Rot- und Schwarzmilan (Saumzonen an Ranken und Waldrändern, Wiesen, Futtergrasflächen, Abbaustellen) und der bewegten Geländemorphologie stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimaler Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum für die beiden Milanarten dar. V.a. der Rotmilan fliege Waldränder bevorzugt ab, zumindest teilweise sei das anhand der gefundenen Raumnutzung nachvollziehbar (a. a. O., S. 17).

Die Klägerin hält dem im Wesentlichen entgegen, der Beklagte „überhöhe“ die Geeignetheit der Nahrungshabitate; sie würden vom Beklagten als viel besser dargestellt als sie tatsächlichen seien. Zudem werde der Eindruck erweckt, als handle es sich gerade beim Planungsgebiet der Windenergieanlagen um ein besonders großes, geschlossenes Nahrungshabitat, und dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Richtig sei demgegenüber, dass es sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse handele, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Der Beklagte habe die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ... im Westen sowie das ...-/... im Nordosten nicht betrachtet und Schlussfolgerungen verfälscht.

Diese Einwendungen lassen keine Überschreitung der behördlichen Einschätzungsprärogative erkennen.

Der Beklagte ist selbst davon ausgegangen, dass es sich, gerade in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan, nicht um einen optimalen Lebensraum handelt (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 17). Allerdings hat er den Einwendungen der Klägerin entgegengehalten, dass nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume vom Rotmilan besiedelt würden. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Dass dies naturschutzfachlich nicht jedenfalls vertretbar sein sollte, ist nicht ersichtlich. In Bezug auf die von der Klägerin wiederholt angeführten potenziellen (besseren) Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ..., im ...- und im ... hat der Beklagte sich derart eingelassen, dass es sich insoweit nur um eine nicht belegte Vermutung handele. Fachlich vertretbar sei es, dass auch größere Grünlandgebiete nur an wenigen Tagen der Mahd bevorzugt genutzt würden. Ansonsten unterscheide sich die Nutzung nicht von der sonstiger Offenlandbereiche wie beispielsweise von Feldern, weil - ebenso wie höher aufgewachsene Feldfrüchte - auch höher aufgewachsene Gräser den Blick auf die dort lebenden Kleinsäuger versperrten. Die Nahrungssuche konzentriere sich daher außerhalb der Mahd auf die Nutzung von Saum- bzw. Grenzstrukturen, die Kleinsäugern wenig Schutz böten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat nichts dargelegt, weshalb es sich bei dem Areal um die geplanten Windenergieanlagen nicht jedenfalls, wie vom Beklagten selbst zugrunde gelegt, um ein zumindest geeignetes Nahrungshabitat handeln sollte.

Es liegt auch keine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb der in Anlage 2, Spalte 2 des Windkrafterlasses („engerer“ Prüfbereich) genannten Abstände vor, so dass in der Regel nicht von erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windenergieanlagen auszugehen wäre (vgl. Windkrafterlass, S. 42). Zum einen liegen etliche vom Beklagten aufgeführte Einzelflächen, die als Nahrungshabitat für Rotmilan, Wespenbussard und Schwarzmilan relevant seien, nicht außerhalb, sondern innerhalb des „engeren“ Prüfbereichs. Ansonsten führt der Beklagte zwar aus, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 12). Jedoch folgert der Beklagte gerade aus der Wald-Offenland-Verteilung und der „diffusen“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebiets, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Windenergieanlagen-Bereiche gebe, und dass es in erhöhtem Maße zu Waldrandflügen und Gebietsquerungen kommen werde (a. a. O., S. 15). Nach diesen Feststellungen und Einschätzungen liegt gerade keine „großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate“ vor, die im Sinne des Windkrafterlasses nur „zufällige“ bzw. „gelegentliche“ Aufenthalte im Bereich der Windenergieanlagen erwarten ließe. Vielmehr hat der Beklagte mit diesen Darlegungen im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative hinreichend plausibel dargetan, dass die von ihm zugrunde gelegten Nahrungshabitate durchaus eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses darstellten, die auch regelmäßig (insbesondere über die Windenergieanlagen) angeflogen würden. Den Einwendungen der Klägerin, es gebe deutlich besser geeignete Nahrungshabitate, ist der Beklagte, wie ausgeführt, in jedenfalls vertretbarer Weise entgegengetreten. Damit hat der Beklagte ausreichend dargetan, dass es sich bei dem von ihm betrachteten Nahrungshabitaten um einen „Hot Spot“ handelt (zu diesem Begriff BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 52)

Überdies belegen auch Angaben der Klägerin in nicht unerheblichem Umfang die Vertretbarkeit der Annahmen des Beklagten. So erkennt auch die Klägerin in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan an, dass das Untersuchungsgebiet von Brutvögeln aus dem Umfeld des Untersuchungsgebiets auf Nahrungsflügen durchflogen wird. Bezüglich des Rotmilans nennen die von der Klägerin beauftragten Gutachter ausdrücklich einen Horststandort, der sich ca. 4 km vom Untersuchungsgebiet entfernt befindet. Ein weiteres Rotmilanrevier sei ca. 2 km vom Untersuchungsgebiet entfernt festgestellt worden, jedoch ohne Horstnachweis (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 7). Beide Standorte liegen innerhalb des „weiteren“ und damit auch für die vorliegenden Anlagen noch maßgeblichen Prüfbereichs nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses. Selbst das ursprünglich von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung hatte zum Rotmilan ausgeführt (S. 22), dass dieser in einem Radius von 1.000 m um das Vorhaben als „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der nähere Umgebung“ vorkäme. In Bezug auf den Wespenbussard geht auch die Klägerin davon aus, dass im Untersuchungsgebiet grundsätzlich geeignete Wälder und Waldsäume mit Vorkommen von Wespenbussardnestern vorhanden sind (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 9).

Nach allem hat der Beklagte auch wegen regelmäßig durch kollisionsgefährdete Vogelarten aufgesuchter Nahrungshabitate in vertretbarer Weise eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos angenommen. Auch diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und führt daher zur Abweisung der Klage.

Auf die vom Beklagten vorgenommene „Betrachtung des Kollisions- und Tötungsrisikos“ (Abschnitt VI der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 19 ff.) und die Frage, ob die dort von ihm verwendeten Grundlagen, Methoden und Formeln durchweg von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt sind, kommt es demnach nicht mehr entscheidend an.

Der Beklagte hat sich angesichts des Fehlens einer „wissenschaftlich anerkannten und fachlich verbindlichen Erheblichkeitsschwelle zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos (…) ein eigenes Bewertungsschema entworfen“ und „verbale Betrachtungen des Winderlasses in konkrete Zahlen übersetzt“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5 f.). Er hat dazu die Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter und der ... Bürger bezüglich „Durchflügen“ - wobei „Durchflug“ die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich bedeutet (a. a. O., S. 6) - auf die laut Fachliteratur durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der einzelnen Vogelarten hochgerechnet. Dies geschah mittels eines Faktors, der sich aus der Division dieser durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der Arten durch die Zahl der jeweiligen Beobachtungstage ergab. Dabei wurden bei den Beobachtungen der Bürger ein Abschlag von 20% vorgenommen „um mögliche bzw. wahrscheinliche Fehleinschätzung in der Vertikaleinstufung zu berücksichtigen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11; Sitzungsprotokoll, S. 9). Bei den Beobachtungen des Rotmilans hat der Beklagte die Beobachtungszahlen der von der Klägerin beauftragten Gutachter mit 3,0 multipliziert, um „einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung“ auszugleichen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4).

Ab einem Wert von 15 Durchflügen je Anlage ist der Beklagte von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos ausgegangen.

Ob dieses Vorgehen des Beklagten vollständig von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt ist, wäre dann zweifelhaft, wenn es gleichsam als mathematische Formel zur Berechnung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos interpretiert würde. Zwar hat der Beklagte zu einigen von der Klägerin geltend gemachten Mängeln näheres ausgeführt bzw. Korrekturen vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6 f.). Ebenso mag es zwar vertretbar sein, bei der Beurteilung, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, auf Durchflüge durch den Gefahrenbereich einer Windenergieanlage abzustellen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 20 und Sitzungsprotokoll, S. 10). Fragen wirft allerdings die Annahme auf, dass bei 15 Durchflügen im Gefahrenbereich je Windkraftanlage die Grenze zur „signifikanten“ Erhöhung des Tötungsrisikos überschritten sein soll. Dass in der Genehmigungspraxis ein Bedürfnis nach einem „festen“ Grenzwert besteht, mag verständlich sein. Weder aus dem Windkrafterlass ergibt sich jedoch ein solcher fester Wert, noch sind vom Beklagten diesbezüglich andere Unterlagen angeführt worden. Ähnliches gilt für die vom Beklagten vorgenommenen Korrekturabschläge von 20% bei den Beobachtungen der Bürger und den Korrekturfaktor von 3,0 bei den Rotmilan-Beobachtungen der von der Klägerin beauftragter Gutachter. Trotz zwischenzeitlich näherer Angaben des Beklagten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4) ist nicht hinreichend deutlich geworden, weshalb gerade ein Korrekturfaktor von 3,0 angesetzt worden ist. Gleiches gilt für den 20%-Abschlag, zumal die Klägerin geltend gemacht hat, dass die von ihren Gutachtern vorgenommene Auswertung des Videomaterials der Bürger eine deutlich geringere Anzahl an Risikoflügen als 80% ergeben hat, so dass ein größerer Abschlag als 20% anzusetzen gewesen wäre (vgl. „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17).

Bei einer Gesamtbetrachtung der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde wird jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Beklagten weder um eine derartige mathematische Berechnung des „signifikant“ erhöhten Tötungsrisikos gegangen ist, noch, dass er ausschließlich auf eine solche Berechnung zurückgegriffen hat.

Der Beklagte stand vor der Aufgabe, auf Grundlage der für ihn, wie ausgeführt, maßgeblichen, aber mit unterschiedlicher Methodik erstellten Erkenntnisquellen eine Prognose hinsichtlich der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu treffen. Der Beklagte hat sich in dieser weder im Windkrafterlass noch sonst geregelten Situation dafür entschieden, keine für jede Erkenntnisquelle getrennte Prognose anzustellen, sondern dafür, diese beiden Quellen in Beziehung zueinander zu setzen, ferner näherungsweise eine vergleichbare Datengrundlage zu entwickeln und darauf seine Prognose zu stützen. Dieses Vorgehen erscheint nachvollziehbar, jedenfalls aber ist es vertretbar. Überdies hat dieses Vorgehen nicht zu einer Ersetzung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch eigene Zahlen des Beklagten geführt. Der Beklagte hat vielmehr mehrfach deutlich gemacht, dass die Daten der Bürger ergänzende Beurteilungsunterlagen geliefert haben (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3), so dass im Ergebnis Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ergeben würde (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 26).

Wie ausgeführt, spricht auch aus Sicht der Klägerin nichts gegen eine ergänzende Verwendung der Daten der Bürger („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18). In welcher Form der Beklagte diese Daten hätte verwenden sollen, wird allerdings auch von der Klägerin nicht aufgezeigt. Insbesondere lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, auf welche andere Art und Weise der Beklagte in zumindest einigermaßen belastbarer oder vertretbarer Art und Weise die Daten der Bürger und die von ihr vorgelegten Unterlagen derart zueinander in Beziehung setzen hätte sollen, dass er darauf eine Beurteilung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos hätte stützen können.

Zwar mag ein Wert von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage, wie ausgeführt, als Grenze für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos in seiner Absolutheit fragwürdig sein. Die Kammer stellt daher insoweit ausdrücklich klar, dass aus der Abweisung der vorliegenden Klage nicht geschlossen werden kann, sie habe diesen Wert als rechtlich verbindlich für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos akzeptiert. Gleichwohl hat der Beklagte insoweit mit noch ausreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben, dass es ihm dabei vor allem um die Feststellung ging, in einem solchen Fall könne jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gesprochen werden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6), bzw. „dass insgesamt mehr als nur vereinzelte Durchflüge stattgefunden haben bzw. zu erwarten sind“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Dass die Annahme des Beklagten jedenfalls im Ergebnis nicht unvertretbar ist, zeigen etwa die Hochrechnungen, die die von der Klägerin beauftragten Gutachter in Bezug auf die Gesamt-Anwesenheitsdauer des Rotmilans vorgenommen haben („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17). Zwar sind diese Zahlen nicht dem jeweiligen Standort bei Windenergieanlage konkret zugerechnet und erfassen auch die Windenergieanlagen aus dem Verfahren Au 4 K 14.795. Gleichwohl erscheint - nicht zuletzt aufgrund der Anordnung der Anlagen - die Annahme des Beklagten vertretbar, dass prognostisch von mehr als nur vereinzelten Durchflügen auszugehen ist.

Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass es dem Beklagten auch darum ging, die bisherige Einschätzung der von der Klägerin beauftragten Gutachter (dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliege) zu widerlegen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27). Dass diese Widerlegung dem Beklagten nicht gelungen ist, lässt sich trotz der Beanstandungen durch die Klägerin nicht annehmen.

Nach allem ist die zusammenfassende Beurteilung des Beklagten vertretbar und damit nicht zu beanstanden, dass „aufgrund der Lebensraumeignung - als Nahrungsraum und/oder Nisthabitat - und des vorgefundenen Brutbestandes, in Verbindung mit der festgestellten Raumnutzung der vier kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke und Wespenbussard (…) durch die drei geplanten Anlagen jeweils für mindestens eine kollisionsgefährdete Art das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und damit von einem Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist daher auszugehen.

2. Die Klage hat auch im Hilfsantrag (Neuverbescheidung) keinen Erfolg.

Da es sich bei der Genehmigungsentscheidung nach § 6 Abs. 1 BImSchG um eine gebundene Entscheidung handelt und die Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (bzw. das Entgegenstehen naturschutzfachlicher Belange gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) einen Versagungsgrund darstellt, ist die Ablehnung des Genehmigungsantrags durch den Beklagten zu Recht erfolgt, so dass ein Anspruch auf Neuverbescheidung gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht in Betracht kommt.

Ein Anspruch auf Neuverbescheidung ergibt sich auch nicht aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, dass bei der Prüfung des Tötungstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Maßnahmen, mittels derer Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zu mindest minimiert werden soll, in die Betrachtung einzubeziehen sind (vgl. nur BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Derartige Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahmen wurden weder von der Klägerin in konkreter Weise aufgezeigt, noch sind sie sonst ersichtlich.

Es ist nicht Sache der Genehmigungsbehörde, ohne nähere, konkrete Angaben des Antragstellers zu entscheiden, ob mittels Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verletzung des Tötungsverbots abgewendet werden kann. Die Entwicklung eines entsprechenden Vermeidungs- und Ausgleichskonzepts ist vielmehr Sache des Antragstellers (vgl. OVG NRW, U.v. 20.11.2012 - 8 A 252/10 - NuR 2013, 146 - juris Rn. 121), wobei in diesem Zusammenhang etwa auch die Verfügungsbefugnis über hierfür benötigte Grundstücke nachzuweisen wäre. Diese Obliegenheit des Antragstellers gilt im vorliegenden Verfahren umso mehr, als sich die Klägerin im Prozess durchweg darauf berufen hat, das Vorhaben sei bereits aufgrund der von ihr ursprünglich vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig.

Zwar zeigt das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (Nachtrag 2014, S. 11) abstrakt Meidungs- und Minimierungsmaßnahmen auf. Eine derartige, ohne erkennbaren Bezug zu den konkret beantragten Anlagen erstellte Auflistung ist jedoch nicht ausreichend. Im Übrigen nennt das Gutachten bei den einzelnen untersuchten Vogelarten von dieser Auflistung in Bezug auf Wespenbussard, Rotmilan und Schwarzmilan lediglich als „unterstützende konfliktvermeidende Maßnahme“ die „Markierung der Rotorblätter in rot-weiß“. Hierzu führt jedoch eine von der Klägerin selbst vorgelegte Unterlage („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark ...“ vom 24.4.2015, S. 8) aus, dass der Nachweis der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme noch ausstehe. Ob dies zu einer Attraktionswirkung oder Scheuchwirkung führe sei bisher offen. Aufgrund der vorliegenden Kollisionsopfer sei davon auszugehen, dass insbesondere Greifvögel sich nicht durch drehende Rotoren abhalten ließen, einen Luftraum zu nutzen. Damit stellt diese Maßnahme schon nach dem Vorbringen der Klägerin selbst keine geeignete Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahme dar.

In Bezug auf den Baumfalken wird in dem Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (S. 38) als Vermeidungs-/Minderungsmaßnahme die Etablierung von drei Ersatzhorsten im Bereich des ...- bzw. ... vorgeschlagen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahme im Sinne der zitierten Rechtsprechung. Eine Vermeidungs-/bzw. Minimierungsmaßnahme kann nicht darin bestehen, schlicht die Ursache für die Verletzung des Tötungsverbots, d. h. den fraglichen Horst, zu entfernen. Zudem ist es nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören. Es liegt auf der Hand, dass der Verstoß gegen ein Zugriffsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) nicht durch den Verstoß gegen einen anderen Verbotstatbestand aufgewogen werden kann. Dementsprechend geht die Klägerin offenbar selbst davon aus („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung“ vom 24.4.2015, S. 5), dass für diese Maßnahme eine Ausnahmeregelung nach § 45 (offenbar Abs. 7) BNatSchG erforderlich wäre. Dass Voraussetzungen für eine solche Ausnahme erfüllt wären, hat jedoch die Klägerin auch nicht ansatzweise dargetan, insbesondere auch nicht, ob die nach dem Windkrafterlass (S. 48) hierfür zugrunde liegenden Maßstäbe erfüllt wären.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Klägerin als unterliegender Partei aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, inwieweit zur Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Beobachtungen und Unterlagen Dritter zusätzlich zu Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass verwendet werden können, grundsätzliche Bedeutung hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 663.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Je Windenergieanlage war ein Streitwert von 221.000,00 EUR anzusetzen, da die Herstellungskosten jeweils bei 2.210.000,00 EUR liegen (Bl. 58 der Antragsunterlagen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen wird abgelehnt.

II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Ergänzungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beigeladene darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 30. Juni 2014 wurde dem Beigeladenen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 zugestellt. Die Kostenentscheidung in Nr. III des Urteilstenors lautet: „Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin die Hälfte, der Beklagte und der Beigeladene je ein Viertel.“ Die Begründung für die Kostenentscheidung lautet: „Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO“. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. September 2014 -4 B 48.14 - kostenpflichtig zurückgewiesen.

Am 27. Oktober 2016 beantragte der Beigeladene beim Verwaltungsgerichtshof, das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - dahingehend zu ergänzen, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen anteilig entsprechend Nr. III des Urteilstenors von der Klägerin zu erstatten sind. „Hilfsweise“ beantragte der Beigeladene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Beigeladenen sei erst im Rahmen der Kostenfestsetzung durch Schreiben des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Oktober 2016 mitgeteilt worden, dass das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - keinen Ausspruch über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen enthalte. Hilfsweise solle statt der Ergänzung des Urteils eine Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit des Urteils vorgenommen werden.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag des Beigeladenen auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat keinen Erfolg.

Eine - wie hier geltend gemacht - unvollständige Kostenentscheidung kann nach § 120 Abs. 1 VwGO nur auf Antrag ergänzt werden. Eine Ergänzung von Amts wegen kommt angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes nicht in Betracht.

Der Antrag des Beigeladenen ist unzulässig, weil verfristet. Der Antrag ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes fristgebunden (§ 120 Abs. 2 VwGO). Er muss binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils gestellt werden, die hier am 30. Juni 2014 stattfand (vgl. zur Fristgebundenheit des Antrags nach § 120 VwGO auch BVerwG, B.v. 28.6.1993 - 7 B 143/92 - NVwZ-RR 1994, 236 und B.v. 2.6.1999 - 4 B 30/99 -NVwZ-RR 1999, 694). Der Beigeladene hat den Antrag mehr als zwei Jahre zu spät, nämlich erst am 27. Oktober 2016, gestellt.

Der Beigeladene hat auch keine Tatsachen dargelegt, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 Abs. 1 VwGO) rechtfertigen könnten. Die gesetzliche Zweiwochenfrist mag kurz erscheinen. Der Bundesgesetzgeber betrachtet es aber als eine Obliegenheit der Beteiligten, die ihnen zugestellte gerichtliche Entscheidung innerhalb einer kurzen Frist darauf zu überprüfen, ob die Kostenfolge darin ganz oder zum Teil übergangen ist (Kilian in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 120 Rn. 15, 17, 18). Dieser Obliegenheit ist der anwaltlich vertretene Beigeladene im vorliegenden Fall nicht gerecht geworden. Auf Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum kann sich ein Rechtsanwalt, dessen Verschulden dem Verschulden des Beteiligten gleich steht (§ 85 Abs. 2 ZPO), nur in seltenen Ausnahmefällen berufen (vgl. dazu Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 60 Rn. 86 m.w.N.). Dazu hat der Beigeladene keine Tatsachen vorgetragen.

Der vom Beigeladenen „hilfsweise“ angeführte Weg der Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 118 VwGO) scheidet hier aus. Offenbar ist eine etwaige Unrichtigkeit nur dann, wenn sie sich als solche aus dem Urteil unmittelbar selbst, mindestens aber aus Vorgängen beim Erlass, ergibt. Die Unrichtigkeit muss in irgendeiner Weise nach außen treten (Kilian in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 118 Rn. 7 m.w.N.). Es muss ein Hinweis zu finden sein, dass der betreffende Gegenstand zwar richtig beraten und beschlossen, aber falsch in das Urteil aufgenommen wurde. Daran fehlt es hier bei der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Entscheidungsgründe des Urteils sagen dazu nichts aus. Zudem sind Unrichtigkeiten, denen ein wertender Charakter eigen ist, nicht offenbar (Kilian a.a.O. Rn. 8). Dies wäre hier die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit an Hand des Maßstabs der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO. Ein Fall des § 158 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor, weil die Ergänzbarkeit des Urteils in Rede steht (Rennert in Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 120 Rn. 9).

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 4 K 13.567

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 2. Juli 2015

4. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1021

Hauptpunkte:

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen (abgelehnt); Kollisionsgefährdete Vogelarten (Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Baumfalke); Signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos; Behördliche Einschätzungsprärogative; Heranziehung von umfangreichen Beobachtungen von Bürgern zusätzlich zu vom Betreiber vorgelegten Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass; Annahme von Horsten bzw. Revierzentren aufgrund von Indizien; Folge einer Unterschreitung des „engeren“ Prüfbereichs nach dem Windkrafterlass; Geeignetheit von Nahrungshabitaten nach Maßgabe des Windkrafterlasses; Keine „Berechnung“ des Tötungsrisikos an Hand einer „Formel“; Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahmen vom Betreiber konkret aufzuzeigen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

beigeladen: ...

bevollmächtigt: ...

wegen Vollzugs des Bundesimmissionsgesetzes (Windpark ...)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015

am 2. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen.

Mit Antrag vom 5. April 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 (Nabenhöhe: 138,38 m; Rotordurchmesser: 82 m; Gesamthöhe: 179,38 m) auf den Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ...

Den Antragsunterlagen war ein Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung beigefügt. Darin wurde ausgeführt, dass zu den prüfungsrelevanten Vogelarten im Radius von rund 200 m, 500 m und 1.000 m um das Vorhaben u. a. der Rotmilan gehöre. Dieser wurde mit dem Status „N“ gekennzeichnet, d. h. „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der näheren Umgebung“. Erhebungen hätten keinen Brutplatz des Rotmilans ergeben, weder im engeren Untersuchungsgebiet (1 km-Umgriff), noch bei den weiteren Waldgebieten bzw. Gehölzen in der näheren Umgebung. Dagegen werde stark ein Revierzentrum weiter im Nordosten wegen wiesenreicher Talgründe vermutet (Mindestentfernung rund 3 km). Das Gebiet befinde sich noch innerhalb des 6 km-Prüfkorridors hinsichtlich wichtiger Nahrungshabitate. Zwar träten auch im Gebiet westlich ... gelegentlich jagende Milane auf, doch stehe die pessimale Qualität der dortigen Agrarlandschaft in keinem Verhältnis zu dem genannten Gebiet weiter nordöstlich. Der Vorhabensbereich liege randlich dieses Territoriums. Ein regelmäßiges Aufsuchen von Feldfluren bei den geplanten Windkraftanlagen könne daher keinesfalls bestätigt werden und sei auch nicht zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit einer Kollision sei letztlich sehr gering einzuschätzen und in jedem Fall nicht signifikant.

Als für die Prüfung auszuschließen wurden u. a. der Wespenbussard und der Schwarzmilan bezeichnet. Bezüglich des Wespenbussards gebe es keinerlei Hinweise auf ein Territorium im Vorhabensbereich. Der Schwarzmilan sei auf Gewässergebiete angewiesen, letztlich sei also der Vorhabensbereich ohne Bedeutung für die Art. Ein gelegentliches Erscheinen im weiteren Umfeld sei möglich. Bezüglich des Baumfalken wurde festgestellt, dass im Jahr 2010 keine Bestätigung eines Vorkommens im näheren Umgriff des Vorhabens erfolgt sei. Nach amtlichen Angaben lägen die nächsten Brutvorkommen in ca. 6 bis 10 km Entfernung.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2012 teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, dass der Antrag ihrer Auffassung nach noch nicht vollständig sei und damit noch nicht abschließend beurteilt werden könne. Damit hätten auch die Fristen des BauGB zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens noch nicht zu laufen begonnen. Hilfsweise werde die Zurückstellung der Vorhaben nach § 15 Abs. 3 BauGB beantragt, da sie dem Inhalt des laufenden Verfahrens für die Änderung des Flächennutzungsplanes (Festlegung von Konzentrationsflächen für Windkraft) widersprächen.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 7. März 2013 stellte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin längstens für ein Jahr ab Zustellung gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB zurück.

Am 22. April 2013 ließ die Klägerin die vorliegende Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben.

Zur Begründung wurde zunächst ausgeführt: Die Klage sei gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig. Die Frist zur Entscheidung über einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag betrage im vereinfachten Verfahren gemäß § 10 Abs. 6a BImSchG längstens 3 Monate. Nunmehr stelle der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Basis eines mehr als 10 Monate alten Antrags der Beigeladenen zurück.

Die Klage sei auch begründet, da die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung habe. Die Antragsunterlagen seien vollständig und ausreichend.

Auf den ferner von der Klägerin gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellte das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 2. August 2013 (Au 4 S 13.909) die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage gegen den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 wieder her. Mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 (22 CS 13.1760) wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg zurück.

Mit Bescheid vom 7. März 2014 hob der Beklagte den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 auf. Nach insoweit erfolgter Teilerledigungserklärungen aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. April 2014 von dem vorliegenden Verfahren das Verfahren betreffend den Zurückstellungsbescheid abgetrennt, dieses unter dem Aktenzeichen Au 4 K 14.511 fortgesetzt und sogleich eingestellt.

Bereits mit Schriftsatz vom 14. März 2014 hatte die Klägerin im Hinblick auf die Aufhebung des Zurückstellungsbescheids nur noch beantragt, den Beklagten zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu verpflichten.

Hinsichtlich dieses Verpflichtungsantrags hatte der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. März 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die erhobene Untätigkeitsklage sei derzeit unzulässig, da ein sachlicher Grund bestehe, nicht über den Antrag der Klägerin zu entscheiden. Der Beklagte habe die Klägerin bereits zwei Mal auf die Notwendigkeit einer Ergänzung der artenschutzrechtlichen Prüfung hingewiesen. Zwischenzeitlich sei im Genehmigungsverfahren bezüglich drei Windenergieanlagen bei ... von Einwendern sehr umfangreiches und fundiertes Material vorgelegt worden. Dieses deute auf ein erheblich intensiveres Artenvorkommen, vor allem des Rotmilans und des Steinadlers, im direkten Umfeld des geplanten Baufeldes hin. Daher werde das Vorhaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht genehmigungsfähig gehalten. Es bestehe die Möglichkeit, die Genehmigungsbehörde mit einem ergänzenden Gutachten davon zu überzeugen, dass keine artenschutzrechtlichen Versagungsgründe vorlägen.

Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. April 2014, die artenschutzrechtlichen Fragen seien durch die von ihr vorgelegten Gutachten abschließend geklärt. Der Beklagte nehme nunmehr ungeprüfte Behauptungen einer Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen zum Anlass, weitere Unterlagen zur artenschutzrechtlichen Situation zu verlangen, obwohl die Datengrundlage und die Schlussfolgerungen der Bürgerinitiative fachlich als fragwürdig einzuschätzen seien. Gleichwohl habe sich die Klägerin entschieden, ein ergänzendes artenschutzrechtliches Gutachten in Auftrag zu geben, um das Verfahren nicht weiter zu verzögern.

Im Einverständnis aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2014 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2014 bat die Klägerin darum, das Verfahren wieder aufzunehmen und legte folgende Unterlagen vor: Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, Nachtrag 2014; Landschaftspflegerischer Begleitplan - Nachtrag; Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten; Ergebnisprotokoll Horstkontrolle.

Das Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) - Nachtrag 2014 führte in Bezug auf den Rotmilan Folgendes aus: Die Behauptung Ortsansässiger, aufgrund ihrer Beobachtungen seien im weiteren Umgriff der Anlagen zwei sichere und zwei mögliche Revierzentren vorhanden, sei angesichts des engen Beieinanderliegens der vermeintlichen Horststandorte (einmal rund 2 km, ansonsten höchstens ca. 1 km) mehr als fraglich. Zudem hätten die Ortsansässigen bei ihren Beobachtungen in dem relativ kleinen Landschaftsausschnitt im Falle mehrerer Paare wiederholt drei bis vier Milane sichten müssen. Es sei aus Sicht der Gutachter derzeit völlig unklar, wo sich ein Rotmilanhorst befinden solle. Das Untersuchungsgebiet werde offenbar lediglich von nahrungssuchenden Individuen beflogen, wobei die Landschaft aufgrund der intensiven Ackernutzung für den Rotmilan kein Optimalhabitat darstelle. Die betreffende Fortpflanzungsstätte könne durchaus weiter entfernt sein. Im Nahbereich der drei geplanten Windkraftanlagen seien 2014 bei insgesamt fast 60 Kontrollstunden nur sechs Flüge erfasst worden, wobei sich sogar nur zwei auf die eigentliche Risikozone bezögen. Die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich habe bei maximal rund 10 Minuten gelegen und damit deutlich unter 0,5% im Verhältnis zur gesamten Beobachtungszeit. Insofern sei ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko zu verneinen. Im Übrigen sei nach Studien eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr für den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde in dem Nachtrag zur saP ausgeführt: Hinweise auf einen Horststandort innerhalb des Prüfbereichs gebe es nicht. Ähnlich wie beim Rotmilan werde das Untersuchungsgebiet vom Schwarzmilan zwar auf Nahrungsflügen von Brutvögeln aus dem Umfeld durchflogen. Das Areal sei jedoch angesichts der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung nicht als günstiges oder gar optimales Habitat zu bewerten. Bevorzugte Gebiete seien offenbar das Tal der ... im Westen sowie die das ...- bzw. ... im Nordosten mit einem vergleichsweise hohen Grünlandanteil. Bei den Raumnutzungskontrollen 2014 seien insgesamt 30 Flugbewegungen registriert worden (an 12 der 21 Beobachtungstage), davon 13 in der Höhenstufe 80 bis 200 m. Nur vier dieser Aktivitäten erfolgten innerhalb eines Korridors von 250 m um die drei beantragten Anlagen. Damit liege - ähnlich wie beim Rotmilan - eine sehr geringe Aktivitätsdichte im Planungsbereich vor.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt, 2013 sei von Ortsansässigen ein besetzter Horst im Rodungsbereich für das Fundament bzw. die Kranstellfläche einer der Windenergieanlagen entdeckt worden. Auch 2014 sei dieses Nest wieder von einem Baumfalkenpaar genutzt worden. Die weitere Verfügbarkeit sei aber ungewiss, weil sich der Horst in einem Wirtschaftswald mit einem Bestand im hiebreifen Alter befinde. Außerdem sei die betreffende Fichtengruppe windwurfgefährdet. Generell unterliege die Lage von Revierzentren bei Baumfalken einer höheren Dynamik.

Überdies zeige sich, dass der Baumfalke im näheren Umgriff der drei Windenergieanlagen nicht regelmäßig jage. Dazu sei das Gebiet zu stark ausgeräumt. Hingegen könnten als nächst gelegene wichtige Nahrungshabitate der gesamte wiesenreiche Talraum der ..., das südlich gelegene Tal des ... sowie die Siedlungen ... und ... mit nahem Umfeld hervorgehoben werden. Bei den Untersuchungen 2014 sei der Baumfalke ab dem 17. April an jedem Beobachtungstag zu sehen gewesen. Für das gesamte untersuchte Gebiet hätten sich 35 Flugbewegungen ergeben. Lediglich drei von ihnen seien in der potenziell kritischen Höhe von 80 bis 200 m erfolgt. In Anbetracht der sehr geringen Flugbewegungen in kollisionsrelevanter Höhe, der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des jetzigen Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld erscheine die Realisierung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar. Überdies müsse beim Baumfalken generell mit einem vergleichsweise geringen Kollisionsrisiko ausgegangen werden, weil die von Windenergieanlagen ausgehenden Verwirbelungen eine erfolgreiche Beutejagd schwierig machten.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Ein aktueller Brutplatz habe nicht gefunden werden können. Lediglich beim südlich gelegenen ... in einer Entfernung von mindestens 1,6 km zu dem Vorhaben sei ein offenbar unbenutzter Horst entdeckt worden, jedoch sei unter anderem wegen fehlender Flugnachweise im nahen Umfeld nicht davon auszugehen, dass der Horst 2014 genutzt worden sei. Im gesamten Beobachtungsgebiet seien ab Mai 2014 insgesamt 31 Flugbewegungen an elf der 21 Termine festzustellen gewesen. Im potenziellen Gefahrenbereich von 250 m um die Windenergieanlagen sowie in einer Höhe von 80 bis 200 m seien an fünf dieser elf Tage Feststellungen zu verzeichnen gewesen. Die Aufenthaltsdauer habe - bereits deutlich nach oben gerundet - zusammen höchstens 30 Minuten betragen. Dies entspreche im Verhältnis zur gesamten Kontrollzeit einem Anteil von 0,8%. Nach einer Entscheidung des VG Würzburg werde die Signifikanzschwelle erst bei einem Anteil der Beobachtungszeit im Gefahrenbereich von 10% der Gesamtkontrolldauer erreicht.

In der Unterlage „Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten“ vom 13. Oktober 2014 wurde ausgeführt: Die Analyse sei von vier Beobachtungspunkten sowie zusätzlich durch „mobile Beobachtungen“ durchgeführt worden. Die Beobachtungspunkte 1 bis 3 seien mit der Unteren und der Höheren Naturschutzbehörde abgestimmt gewesen. Von diesen Beobachtungspunkten seien die Anlagenstandorte komplett oder jedenfalls im Risikobereich (Höhe ab 80 m) erfassbar gewesen. Zwischen dem 20. März und dem 20. August 2014 seien insgesamt 21 Beobachtungsgänge durchgeführt worden. Insgesamt seien 178,5 Stunden Beobachtungszeiten geleistet worden. Die nach dem Windkrafterlass geforderten Erfassungszeiten von mindestens 54 Stunden je Anlagenstandort seien bei weitem übererfüllt worden. Beobachtungen in einem Durchmesser von ca. 250 m um einen geplanten Anlagenstandort seien als relevante Flugbewegungen über dem Anlagenstandort gewertet worden.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt: Zwar sei unmittelbar am Standort der Windenergieanlagen ein besetzter Horst mit Jungvögeln vorhanden. Jedoch sei in Anbetracht der geringen Flugbewegungen im Risikobereich der geplanten Anlagenstandorte (nur drei Flüge über 80 m Höhe), der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld die Durchführung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar.

In Bezug auf den Rotmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (drei Standorte ohne Überflüge, drei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit zwei Überflügen) beobachtet worden seien, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Hinweise auf einen Horststandort im 1 km-Radius vorhanden seien, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (vier Standorte ohne Überflüge, zwei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit drei bzw. vier Überflügen) beobachtet wurden, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Horststandort im 1 km-Radius vorhanden sei, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Zwar gehöre er nach dem Windkrafterlass zu den kollisionsgefährdeten Arten. Die allgemeine Kollisionsgefährdung des Wespenbussards durch Windenergieanlagen sei aber nicht abschließend geklärt. Die Mehrzahl der Flugbeobachtungen sei außerhalb des Risikobereichs (zwischen 80 und 200 m) gelegen. Innerhalb des Risikobereichs seien die einzelnen Standorte zwischen null und sechsmal überflogen worden. Die summierten Überflugzeiten im Risikobereich je Anlagenstandort lägen zwischen 5 und 12 Minuten, dies entspreche einer Überflugrate von 0,3 bis 0,5% bezogen auf die Gesamtbeobachtungszeit. Die Gesamtüberflugszeit aller Standorte liege bei 53 Minuten bzw. 2,1% der gesamten Beobachtungszeit. Die Flüge über 80 m seien hauptsächlich bei Windstille bzw. schwachem Wind (Thermik) stattgefunden. Der Hauptteil der Balz-/Reviermarkungsflüge des Wespenbussards finde zwischen Mitte Juli und Mitte August statt. Ob sich die Art bereits dauerhaft im Untersuchungsgebiet als Brutvogel etabliert habe, sei nicht bekannt, da es beim Wespenbussard zu jährlich wechselnden Brutplätzen kommen könne. Daher sei nicht grundsätzlich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Ein Brutnachweis aus dem Untersuchungsgebiet liege nicht vor.

Die Unterlage „Ergebnisprotokoll Horstkontrolle vom 9. September 2014“ wies aus, dass eine Begehung gemeinsam mit einem Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde und einem Vertreter der von der Klägerin beauftragten Gutachter stattgefunden hatte. Bei ..., ca. 1 km südlich der Planungskulisse, sei ein Horst gefunden worden, in dem nach Angaben von ... Bürgern eine Brut des Wespenbussards 2014 stattgefunden haben solle. Jedoch habe der Horst einen, zumindest 2014, nicht besetzten Eindruck gemacht. Unter anderem sei er bei der Überprüfung völlig durchnässt gewesen. Es lasse sich nicht abschließend beurteilen, ob es sich dabei tatsächlich um einen Brutplatz des Wespenbussards handle. Jedoch erscheine es eher plausibel, dass der Nistplatz nur sporadisch als Wechselhorst vom Wespenbussard genutzt worden sei.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2015 legte der Beklagte eine naturschutzfachliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 vor. Daraus ergebe sich, dass sämtliche Windenergieanlagen nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter und kollisionsgefährdeter Arten geplant seien, so dass das Tötungsrisiko für besonders geschützte Arten signifikant erhöht sei. Daher sei die Klägerin mit Schreiben vom 7. Januar 2015 zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört worden.

Aus der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 ergab sich im Wesentlichen Folgendes: Sämtliche von der Klägerin - insbesondere also auch die nachgereichten - Unterlagen seien berücksichtigt worden. Hinsichtlich der von der Klägerin veranlassten Beobachtungen sei festzustellen, dass dies zwar zeitmäßig den Anforderungen des Windkrafterlasses genüge, jedoch seien die Beobachtungstage nach regelmäßigem Muster verteilt (einmal je Woche) und nicht je Aktivitätsphase gruppiert worden. Ferner seien die filmisch und kartografisch dokumentierten Beobachtungen von ... Bürgern aus den Jahren 2013 und 2014 berücksichtigt worden (für das Jahr 2014: insgesamt 1.018 Videofilme mit einer Gesamtdauer von 25 Stunden und 44 Minuten). Deren Hauptaugenmerk sei auf den Rotmilan gerichtet gewesen. Die Daten der ... Bürgern seien so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar gewesen, dass sie als ergänzende Daten hätten einbezogen werden können. Ferner hätten Beobachtungen und fachliche Einschätzungen durch Herrn ... vorgelegen.

Die Annahme in der von der Klägerin vorgelegten Raumnutzungsanalyse, dass der Rotmilan dauerhaft häufiger hätte zu beobachten sein müssen, wenn er hier ein Brutrevier hätte, erscheine plausibel, sei aber nicht zwingend. Wenn es sich hier - was nachvollziehbar sei - um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten. Nach den Filmen der Bürger aus dem Jahr 2014 sei eindeutig ein besetzter Wespenbussard-Horst mit Jungen belegbar.

Die Annahme, die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich müsse bei 10% der Beobachtungszeit liegen, sei zurückzuweisen. Dieser Wert könne unter normalen Umständen kaum erreicht werden (denkbar allenfalls im Nahbereich einer künstlichen Futterquelle, z. B. Deponie), ansonsten nur in Ausnahmefällen (frisch gemähte Wiese), dann jedoch nicht als Durchschnittswert. Es sei auch falsch, bei diffus über den Raum verteilten Nahrungsgebieten stets eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos zu verneinen. Bezüglich des Rotmilans sei nicht entscheidungsrelevant, ob ein oder vier Reviere vorlägen. Unzweifelhaft liege aufgrund eindeutiger Indizien wenigstens ein Brutplatz vor. Falsch sei auch die Annahme, dass wegen der Raumansprüche keine zwei Brutplätze gleichzeitig existieren könnten. Dies sei im fraglichen Raum ohne weiteres möglich. Die Aussage, ein Rotmilan-Brutplatz habe nicht übersehen werden können, sei sehr gewagt. Selbst erfahrene Vogelkundler würden immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht. Bezüglich des Baumfalken sei den Aussagen zum Gutachter der Klägerin zu widersprechen, dass es zu keiner Schädigung der Brutstätte komme. Der engere bisherige Nestraum werde dadurch geschädigt, dass das Bestandsensemble der Bäume völlig verändert werde. Die Gutachter führten selbst aus, dass Baumfalken bei Baumaßnahmen oft abwanderten und später zurückkehrten. Außerdem sei es fragwürdig, dass die Gutachter offenbar nicht einmal die unmittelbare Nestumgebung als kollisionsgefährdet einstuften.

Insgesamt habe die Untere und die Höhere Naturschutzbehörde eine deutlich abweichende Beurteilung. Daher habe eigene, auf Daten und Fakten basierende Beurteilung und Bewertung vorgenommen werden müssen, die Folgendes ergebe:

Das Gelände sei für Greifvögel, speziell Thermikgleiter, aufgrund der Topographie hoch attraktiv. Es sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung, des vorhandenen Restgrünlandes und anderer Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlenden Grünlandes, täusche.

Je ein besetzter Horst mit Bruterfolg habe für den Baumfalken und den Wespenbussard nachgewiesen werden können. Speziell die kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke kämen im Gebiet als stabile Brutvögel vor. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus der Zusammenschau aller Daten. Die sicher gefundenen und die höchst wahrscheinlichen Brutplätze lägen im Nahbereich von Anlagen des Windparks. Trotz eindeutiger Revieranzeigen der Aktivitäten habe beim Rotmilan zwar kein Horst nachgewiesen werden können. Aufgrund der eindeutigen Indizien werde jedoch von einem Rotmilan-Traditionsrevier ausgegangen. Es bestehe auch der begründete Verdacht eines Schwarzmilanhorstes am östlichen Rand des Tales der ... in etwa östlich von ....

Die von den ... Bürgern gelieferten ergänzenden Hinweise und Daten seien hinreichend substantiiert und daher beachtlich. Sie entsprächen in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses. Hingegen hätten die Gutachter der Klägerin nicht, wie in einer Kartieranleitung des LfU empfohlen, vormittags und nachmittags mit in etwa gleicher Intensität kartiert. Die Beobachtungen hätten sich daher nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen richten können. Einige wichtige Beobachtungen vor Ort seien damit wohl durch das zeitliche Raster gefallen.

Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Daten der Bürger und der von der Klägerin beauftragten Gutachter zu erhalten, sei bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ein Korrekturfaktor von 3,0 anzusetzen. Da umgekehrt bei den Bürgern die nötige Erfahrung und Routine mit Flugbeobachtungen begrenzt vorausgesetzt werden könne, werde bei deren Daten ein Abschlag von 20% angenommen. So ergäben sich für den Rotmilan insgesamt ca. 250 Durchflüge pro Jahr bezogen auf alle im Untersuchungsraum geplanten Windenergieanlagen.

Bezüglich der vorhandenen Nahrungshabitate sei festzustellen, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern dass diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien. Dies lasse ein diffuses Muster von Flugbewegungen über das gesamte Gebiet erwarten. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine etc. würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt.

Aus den Daten der ... Bürger ergebe sich ferner, dass hinsichtlich des Rotmilans Territorialflüge, Revierflüge, Balzflüge und Nahrungseintragungsflüge im Nahbereich (1.000 m um die Anlagen) nachgewiesen seien. Nach fachlichen Erkenntnissen sei von einer Brut auszugehen. Für den Wespenbussard bestehe ein starker Verdacht, dass sich neben dem gefundenen Horst ein weiteres Revier im Nordbereich des Waldes befinde.

Lege man diese Erkenntnisse einer Bewertung nach dem Windkrafterlass zugrunde, ergebe sich, dass bei Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke ein Revierzentrum jeweils im 1 km-Umkreis vorliege. Aus dem Windkrafterlass ergebe sich die Regelvermutung, dass bei Unterschreitung dieses Abstands die Artenschutzanforderungen nicht gewahrt seien, es sei denn es werde nachgewiesen, dass die Flugaktivitäten in diesem Radius so seien, dass die Vögel mit den Windenergieanlagen nicht in Kontakt kämen. Da bei allen drei Arten davon auszugehen sei, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Bereiche der Windenergieanlagen gebe, sei diese Vermutung nicht widerlegt.

Gesichert sei, sowohl nach den Daten der Bürger als auch den Daten der Gutachter der Klägerin, dass alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden. Ferner bestünden mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei Wespenbussard-Reviere, nämlich der 2014 im Süden gefundene sowie eines im Nordwesten des Untersuchungsraumes. Sicher bestehe auch ein Rotmilanrevier. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Dieses Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen. Der Baumfalke habe seinen Nestplatz an einer markanten randlichen Waldstruktur, die seinen Nistplatzansprüchen in optimaler Weise entspreche. Der Bau der unmittelbar dort gelegenen Windenergieanlage bedeute den Verlust bzw. die Entwertung dieses Nisthabitates bzw. eine permanente Tötungsgefahr durch den Rotorkontakt. Für den Rot- und Schwarzmilan stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimalen Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum dar.

Betrachte man überdies das Kollisions- und Tötungsrisiko mittels eines konservativen Ansatzes, sei bei mehr als 15 Durchflügen pro Jahr bzw. einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer im Risikobereich von mehr als 30 Minuten pro Jahr eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos gegeben. Ziehe man die Daten der Gutachter der Klägerin und der ... Bürger, letztere mit einem Korrekturfaktor von 0,20, heran, ergebe sich, dass diese Schwelle des bezüglich des Wespenbussards bei allen drei Anlagen, bezüglich des Rotmilans und des Baumfalkens bei zwei Anlagen und bezüglich zusätzlich des Schwarzmilans bei einer Anlage erfüllt sei. Daher sei im Ergebnis keine Anlage genehmigungsfähig.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. April 2015 legte die Klägerin zwei weitere Unterlagen vor: Die „Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen Artenschutzfachlichen Prüfung (saP) für den geplanten Windpark ...“ vom 24. April 2015 sowie eine „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde, Landratsamt ...“ vom 7. April 2015. Hierin werde nachvollziehbar dargelegt, dass die seitens des Beklagten geltend gemachten Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht durchgreifen würden.

In der Unterlage zur Vollständigkeitsprüfung der saP wurde gegen das Argument des Beklagten, die Beobachtungstage seien nach regelmäßigem Muster und nicht nach Aktivitätsphase gruppiert worden, eingewendet, es seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan lokalisiert worden, an denen eine Aktivitätsphase hätte festgemacht werden können. Im Rahmen der dreijährigen Untersuchung seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan im Umkreis von 1 km um die Standorte der Windenergieanlagen nachgewiesen worden. Nur die Kenntnis eines Horststandort aber, der als Brutplatz dient oder gedient habe, könne als mögliche Grundlage für die Anwendung von Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass herangezogen werden.

Die Frage der Aufenthaltswahrscheinlichkeit einer Vogelart lasse sich nur mit einer zeitlichen Bezugsgröße ermitteln. Der Beklagte habe selbst festgestellt, dass eine solche Größe mit der Beobachtungsdauer von 54 Stunden pro Beobachtungspunkt vorliege. Bei den Daten der ... Bürger liege eine solche Gesamtbeobachtungsdauer nicht vor. Überdies sei die vom Beklagten vorgenommene Auflistung der durchschnittlichen Beobachtungen pro Kartiertag und der durchschnittlichen Zahl der Durchflüge pro Kartiertag, um daraus den Anteil der Durchflüge an den Beobachtungen in Prozent zu errechnen, weder aus mathematischer noch aus ökologischer Sicht der zu berücksichtigenden Arten geeignet, eine zeitliche und/oder räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu ermitteln. Vielmehr hätte der Beklagte prüfen müssen, welchen Zeitanteil der Dauerkartiertage der ... Bürger die Nutzung des möglichen Kollisionsbereichs im Verhältnis zur Nutzung der anderen nicht kollisionsgefährdeten Bereiche einnehme. Die Feststellung des Beklagten, dass eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos vorliege, entbehre somit jeglicher Grundlage.

Bezüglich des Baumfalken sei festzustellen, dass dieser im engeren Umfeld des geplanten Windenergiestandortes (Abstand geringer als 1.000 m) brüte. Für den Baumfalken sei jedoch aufgrund seiner hervorragenden sehphysiologischen Eigenschaften ein Kollisionsrisiko so gut wie auszuschließen, auch wenn hierzu sehr vereinzelt Nachweise vorlägen. Als Vermeidungsmaßnahme komme die Anlage von künstlichen Nisthilfen in Betracht, wenn gleichzeitig die Horste aus dem näheren Umfeld des Planungsraums entfernt würden. Hinzutreten könne eine Ausnahmeregelung nach § 45 BNatSchG.

Der Wespenbussard brüte innerhalb des 1.000 m-Radius um die Windenergieanlage. Die saP vermittle eventuell den Eindruck, dass der Wespenbussard fast ausschließlich den Planungsraum als Nahrungs- und Flughabitat nutze. Dieser Eindruck sei gegebenenfalls zu entkräften, andernfalls komme ein Ausnahmeantrag gemäß § 45 BNatSchG in Betracht.

Die Unterlage „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ setzte sich ausführlich mit deren Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 auseinander. Zusammengefasst ergebe sich folgendes: Die Einschätzung des Beklagten, das Gelände sei für Greifvögel hoch attraktiv bzw. ein günstiger Lebensraum, beruhe auf rein theoretischen Betrachtungen. Die vom Beklagten genannten Eigenschaften seien ganz typisch für das gesamte schwäbische und das angrenzende oberbayerische Hügelland. Es handle sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der ... im Westen sowie das ... im Nordosten würden vom Beklagten dagegen nicht betrachtet.

Bezüglich des Rotmilans erkenne der Beklagte an, dass im Juni und Juli 2013 und 2014 nur sehr wenige Exemplare im Planungsgebiet hätten beobachtet werden können. Dies sei ein deutliches Indiz, dass das Untersuchungsgebiet in dieser Zeit keine ausreichende Nahrung biete und dass sich im Planungsgebiet kein Brutrevier befinde. Der Beklagte habe entgegen einer Gesamtwürdigung der saP ein eigenes Gutachten erstellt, mit einer sehr zweifelhaften, nicht wissenschaftlich belegten Methode Jahresdurchflugszahlen berechnet und habe einen eigenen Schwellenwert für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko festgelegt, der nicht begründet sei. Ohne Rechtfertigung verwerfe der Beklagte eine nachvollziehbare und gerichtlich überprüfte Methode zur Bewertung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos (Urteil des VG Würzburg). Stattdessen berechne der Beklagte mit einer eigenen, nicht nachvollziehbaren Methode das Tötungsrisiko, so dass bereits ein beobachteter Überflug eines einzelnen Rotmilans über einer Windenergieanlage ausreiche, um ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszulösen.

Entgegen der Kritik des Beklagten sei die Raumnutzungsanalyse entsprechend dem Bayerischen Windkrafterlass vollumfänglich durchgeführt worden. Die Beobachtungszeiten, die geforderten Aktivitätsphasen und die entsprechenden Tageszeiten und Witterungsbedingungen seien uneingeschränkt beachtet worden. Die vom Beklagten zitierte Kartieranleitung des Landesamts für Umwelt beziehe sich auf die Methoden für Revierkartierungen und Populationserfassungen und unterscheide sich damit grundsätzlich von den Raumnutzungsanalysen nach dem Windkrafterlass.

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten die Daten der ... Bürger selbst ausgewertet. Danach ergebe sich, dass nicht nachweisbar sei, wann die Videodateien tatsächlich erstellt worden seien. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verortung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Eine exakte Auswertung in Bezug auf Durchflüge, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, sei deshalb nicht möglich.

Die Aussage des Beklagten, im Gebiet sollten speziell Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke als stabile Brutvögel vorkommen, sei durch Daten keinesfalls untermauert. Belegbar seien nur ein Brutplatz des Baumfalken in den Jahren 2013 und 2014 sowie der Brutplatz eines Wespenbussards im Jahr 2014, dessen Raumnutzung allerding im Wesentlichen außerhalb des Planungsgebiets liege. Trotz intensiver Nachsuche sei weder 2013 noch 2014 der Nachweis einer Rotmilanbrut bzw. eines Horstes gelungen.

Unzutreffend sei auch die Abgrenzung der Brut- und Nahrungsreviere. Die Raumnutzungsanalyse und die Beobachtungen der Bürger ließen nur bedingt Schlüsse zu abgrenzbaren Revieren zu. Beim Wespenbussard und Rotmilan sei das Nahrungsrevier nur näherungsweise in Kreisform mit einem willkürlich gewählten Revier im Mittelpunkt abgegrenzt worden. Es werde nicht erläutert, auf welcher Grundlage die Nahrungs- und Brutreviere abgegrenzt worden seien. Wesentliche weitere potentiell geeignete Nahrungshabitate fehlten in der Darstellung des Beklagten. Es werde der Eindruck erweckt, dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Dem gefundenen Wespenbussardhorst habe der Beklagte schon selbst kein Nahrungsrevier im Planungsgebiet zugeordnet. Zu Unrecht seien dem Baumfalkenhorst nur weit entfernte Nahrungshabitate zugeordnet worden, um Überflüge der Standorte zwischen Horst und Nahrungshabitaten zu belegen.

Bezüglich der Berechnung des Kollisionsrisikos sei die Annahme des Beklagten nicht belegt, dass bei 15 Jahresdurchflügen von einer definitiven Richtschnur für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszugehen sei. Der Beklagte habe nicht anhand der Beobachtungstage auf das ganze Jahr hochrechnen dürfen. So seien die Beobachtungen bei günstigen Witterung- und Tageszeiten durchgeführt worden. Bei schlechtem Wetter sowie in den frühen Morgen- und Abendstunden fänden deutlich weniger Flugbewegungen statt. Es seien nicht die tatsächlichen Beobachtungszeiten einbezogen worden, sondern es seien, unabhängig davon wie lange und mit wieviel Personen die ... Bürger beobachtet hätten, ganze Tage hochgerechnet worden.

Der Beklagte habe die durchschnittlichen Jahres-Anwesenheitszeiten der einzelnen Arten für die Berechnung der Jahresdurchflugwerte deutlich zu hoch angesetzt. Die vom Beklagten verwendeten Korrekturfaktoren seien nicht nachvollziehbar und würden von ihm selbst nicht einheitlich verwendet.

Der Beklagte habe die Daten der ... Bürger unkritisch verwendet, ohne deren fachliche Eignung zu hinterfragen. Die Flugbewegungen seien nicht exakt den Anlagenstandorten zuzuordnen, die Karteneintragungen seien häufig falsch oder sehr ungenau vorgenommen worden. Schließlich habe der Beklagte im Widerspruch zum Windkrafterlass den Baumfalken und den Wespenbussard als störungsempfindliche Arten eingestuft.

Bezüglich des Baumfalkenhorsts sei überdies zu bemerken, dass der betreffende Waldbereich aus forstwirtschaftlichen Gründen zwischenzeitlich geerntet worden sei. Der Horstbaum sei nicht mehr vorhanden.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 lehnte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin ab. Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Der Tatbestand des Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei bei Verwirklichung des Vorhabens erfüllt. Das Tötungsrisiko sei für Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht. Dies ergebe sich aus den Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 und deren aktueller Stellungnahme vom 17. Juni 2015.

Diese aktuelle Stellungnahme führte im Wesentlichen aus: Die Unterlagen der ... Bürger seien als Tatsachennachweis in die Wertung der Unteren Naturschutzbehörde mit eingeflossen und stünden berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen. Ihre Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) von der Naturschutzbehörde einer angemessenen, sorgfältigen Stichprobenprüfung unterzogen worden. Dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können.

Die Gutachter der Klägerin hätten die Prüfbereiche außerhalb des 1-km-Bereichs nicht bearbeitet. Es handele sich jedenfalls um deutlich mehr als nur vereinzelte Durchflüge kollisionsgefährdeter Arten durch den Gefahrenbereich der Anlagenstandorte. In Ermangelung einer anerkannten Methode zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos habe sich die Untere Naturschutzbehörde diese im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative selbst erarbeitet. Da die ... Bürger häufiger nachmittags, die von der Klägerin beauftragten Gutachter jedoch überwiegend vormittags beobachtet hätten, habe sich durch die Daten der Bürger ein etwas anderes Bild ergeben. Die Beobachtungen der ... Bürger seien daher wesentlich ergänzende Fachdaten.

Auch wenn die landschaftliche Ausstattung und die Geländemorphologie einschließlich der vorhandenen Strukturen für große Teile der gesamten Aindlinger Terrassentreppe zuträfen, sei festzuhalten, dass für den Rotmilan relevante Strukturelemente jedenfalls vorhanden seien. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten hauptsächlich am Vormittag beobachtet, daher fehlten Ganztagsbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase. Bezüglich der Daten der ... Bürger sei sich die Untere Naturschutzbehörde bewusst, dass Unsicherheiten unvermeidlich seien. Daher sei ein Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt gehalten worden. Dass der Rotmilan bevorzugt das Tal der ..., das ... und das ... nutzen würde, sei eine nicht belegte Vermutung. Jedenfalls besiedelten Rotmilane nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen. Bezüglich des Wespenbussards sei der Horst mit Jungenaufzucht eindeutig belegt. Es sei erstaunlich, dass die Gutachter der Klägerin diesen nicht gefunden hätten bzw. versuchten, diesen als unbenutzt darzustellen. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass weiter nördlich von diesem Horst ein zweites Revier liege. Der von der Naturschutzbehörde bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter vorgenommene Zuschlag spiegle einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung wider. Dies sei für die notwendige vergleichende Betrachtung angezeigt gewesen. Der Behauptung, da kein für den Rotmilan typischer Horst gefunden worden sei, liege kein Rotmilanrevier vor, müsse widersprochen werden. Wie der nicht entdeckte Wespenbussardhorst beweise, sei die Horstsuche ganz offensichtlich mangelhaft gewesen. Auch sei die Horstsuche nur über ausgesuchte Teilbereiche des Untersuchungsgebiets erstreckt worden, eine flächendeckende Horstsuche sei aber nicht erfolgt.

Wenn die Naturschutzbehörde das vermutete Revierbereich dargestellt worden, sei dies nicht so zu verstehen, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Es sei lediglich ein Bereich abgegrenzt worden, in dem sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte. Bezüglich der Beseitigung des Baumes, in dem sich der Horst des Baumfalken befunden habe, sei davon auszugehen, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage, z. B. ein altes Krähennest, nutzen werde. Damit sei weiterhin ein bestehender Baumfalkenbrutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen.

Die Hochrechnung auf ganze Tage sei sowohl bei den Gutachtern der Klägerin als auch bei den Bürgern erfolgt. Diese seien also gleichbehandelt worden.

Die Zahl von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage ergebe sich daraus, dass dann jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gemäß dem Windenergieerlass gesprochen werden könne. Dieser Wert sei jedenfalls nicht willkürlich, da der Windkrafterlass keine Konkretisierung enthalte. Wenn von Durchflug gesprochen werde, sei dies mit der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich gleichzusetzen.

Es sei unzutreffend, dass die Untere Naturschutzbehörde die Daten der ... Bürger unkritisch und ohne Überprüfung übernommen habe. Der umfangreiche Datenpool der ... Bürger sei als ergänzende Unterlage, nicht jedoch anstelle der Kartierdaten der von der Klägerin beauftragten Gutachter verwendet worden.

Auch wenn Horststandorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne, sei es fachlich vertretbar, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden.

Im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom 18. Juni 2015 beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2015,

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin eine Genehmigung gem. § 4 BImSchG zur Errichtung und Betrieb von 3 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern auf den Grundstücken Fl.Nrn. ..., ... der Gemarkung ... (Windpark ...) gemäß ihrem Antrag vom 5. April 2012 zu erteilen.

In der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 beantragte die Klägerin hilfsweise,

unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 18. Juni 2015 erneut den Antrag der Klägerin vom 5. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden.

Beklagter und Beigeladene beantragten in der mündlichen Verhandlung,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung noch einen Anspruch darauf, dass ihr Genehmigungsantrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschieden wird. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, weil ein Versagungsgrund i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorliegt. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsgebot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Artenschutzrechtliche Verbote i. S. d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 3 und 6).

Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es u. a. verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dieser Tatbestand erfüllt, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 - juris Rn. 219). Umgekehrt wird gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht verstoßen, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung jedenfalls aufgrund von Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich verbleibt, der mit einem Vorhaben in Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, das einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Genehmigungsbehörde bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch insoweit seine Rechtsprechung für Planfeststellungsverfahren auf die Genehmigung von Windenergieanlagen übertragen (grundlegend BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 14). Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative - worauf im vorliegenden Verfahren besonders hinzuweisen ist - sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Hiervon geht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 43 [bestätigt durch BVerwG, B.v. 16.9.2014 - 4 B 48/14 - juris]; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - juris Rn. 22 ff.; BayVGH, B.v. 27.5.2015 - 22 CS 15.485 - juris Rn. 21).

Die behördliche Einschätzungsprärogative hat zur Folge, dass die Annahmen der Genehmigungsbehörde einer nur eingeschränkten Kontrolle zugänglich sind. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 65). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 16). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich allerdings nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz vorschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 19).

Für die Genehmigung von Windkraftanlagen in Bayern ist zudem - auch für das gerichtliche Verfahren - der sog. „Windkrafterlass“ (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen; Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) vom 20. Dezember 2011 zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei dem Windkrafterlass um ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, von dem auch angesichts der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden darf (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 18.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 44).

Nach diesen Maßstäben erweisen sich die beantragten Windenergieanlagen wegen Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots als nicht genehmigungsfähig.

Der Beklagte hat die Ablehnung des Genehmigungsantrags (Bescheid vom 18.6.2015) damit begründet, dass das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht würde. Er hat auf die entsprechenden Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 sowie auf deren - auf die Einwendungen der Klägerin abgegebene - Stellungnahme vom 17.Juni 2015 Bezug genommen. Die Untere Naturschutzbehörde ist zu dem Ergebnis gelangt (Stellungnahme vom 23.12.2014, S. 27), dass in Bezug auf die Windenergieanlage 1 (d. h. die am weitesten westlich gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Wespenbussard, in Bezug auf die Windenergieanlage 2 (d. h. die „mittlere“ der drei Anlagen) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Baumfalken und den Wespenbussard und in Bezug auf die Windenergieanlage 3 (d. h. die am östlichsten gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Schwarzmilan, den Wespenbussard und den Baumfalken jeweils signifikant erhöht ist. Diese Beurteilung des Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Bei sämtlichen vier vom Beklagten aufgeführten Vogelarten kommt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsrisiko nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Betracht, weil es sich um besonders kollisionsgefährdete Arten handelt. Diese Annahme ist von der Einschätzungsprärogative des Beklagten gedeckt und deshalb für die Prüfung zugrunde zu legen. Die Klägerin zieht dies zwar in mehrfacher Hinsicht in Zweifel. So soll eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr in Bezug auf den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen sein (Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung - Nachtrag 2014, S. 31). Bezüglich des Baumfalken sei ein „vergleichsweise geringes Kollisionsrisiko plausibel“ (a. a. O., S. 42). Der Baumfalke werde nach einem Leitfaden der Europäischen Kommission nicht als kollisionsgefährdet eingestuft (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 4). Ein Kollisionsrisiko mit Windenergieanlagen sei für Baumfalken wegen dessen hervorragender sehphysiologischer Eigenschaften so gut wie auszuschließen (Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark St. vom 24.4.2015, S. 4). Auch der Wespenbussard werde von der Europäischen Kommission sowie der Länderarbeitsgemeinschaft der Deutschen Vogelschutzwarten nicht als kollisionsgefährdet gelistet (a. a. O., S. 10).

Dass hingegen die Einstufung der genannten Vogelarten als kollisionsgefährdet naturschutzfachlich nicht vertretbar ist, wird von der Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Der Beklagte konnte und musste sich vielmehr entscheidend auf die fachlichen Aussagen des Windkrafterlasses (S. 41 i. V. m. dessen Anlage 2) stützen (so in Bezug auf eine unterschiedliche Beurteilung der besonderen Kollisionsgefährdung des Schwarzstorches BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Die Beurteilung des Beklagten in Bezug auf die Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots ist auch nicht deshalb rechtlich fehlerhaft, weil er neben den (nicht: an Stelle der) von der Klägerin vorgelegten naturschutzfachlichen Unterlagen auch die ihm von Seiten der ... Bürger übermittelten Unterlagen, insbesondere deren Beobachtungen, einbezogen hat.

Die Pflicht des Antragstellers, die notwendigen Unterlagen für die Genehmigung beizubringen, berührt nicht die Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG). Im Rahmen dieser Pflicht steht die Auswahl der Beweismittel im Ermessen der Behörde (Art. 26 Abs. 1 BayVwVfG), das durch Verwaltungsvorschriften ausgefüllt werden kann (Jarras, BImSchG, § 10 Rn. 44). Nach dem Windkrafterlass (S. 41) sind ergänzende Hinweise auf Vorkommen u. a. der in Anlage 2 Spalte 1 als kollisionsgefährdet aufgeführten Vogelarten im Verfahren, z. B. durch fachkundige Dritte, nur, aber eben dann beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Zwar betrifft diese Aussage nur das „generelle“ bzw. das „ob“ des Vorkommens der Arten. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bei der konkreten Prüfung der Verbotstatbestände gemäß dem Windkrafterlass (d. h. bei der Frage des „wo“ und des „wie häufig“ der Vorkommen) Hinweise und Beobachtungen Dritter außer Acht bleiben müssten. Substantiierte Einwendungen betreffend die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen oder Einwendungen, die über diese Unterlagen hinaus gehen, können bzw. - je nach Maß der Substantiierung müssen - in Erfüllung der Amtsermittlungspflicht von der Behörde mitberücksichtigt werden. Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote eingreifen, setzt nämlich eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im fraglichen Bereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2008 - 9 VR 9/07 - juris Rn. 31). Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Behörde dabei nicht auf Unterlagen Dritter zurückgreifen dürfte. Vielmehr kann die Außerachtlassung solchen Materials rechtlich fehlerhaft sein, denn die Behörde überschreitet den Rahmen der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative unter anderem dann, wenn ihre Ermittlungstiefe nicht ausreichend ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 20).

Angesichts dessen sind die Vorgaben in Anlage 6 zum Windkrafterlass („Hinweise zur Erfassungsmethode Vögel“) nicht in dem Sinne abschließend, dass, selbst wenn diese eingehalten wurden, Unterlagen und Materialien Dritter von der Behörde nicht mit in die Beurteilung einbezogen dürften. Jedenfalls ist bei Vorliegen substantiierten Materials Dritter der Anwendungsbereich für eine fachlich begründete Abweichung vom Windkrafterlass eröffnet.

Davon abgesehen ist der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass auch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen über das Vorkommen geschützter Vogelarten und deren Flugbewegungen nicht vollständig mit dem Windkrafterlass in Einklang stehen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass bei der Klägerin offenkundig einige wichtige Beobachtungen durch das zeitliche Raster gefallen seien, weil sich die Beobachtungen nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen gerichtet hätten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Der Beklagte hat diese Aussage dahingehend präzisiert, dass Ganztagesbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase fehlten, so dass fachlich kaum beurteilt werden könne, wie repräsentativ die hauptsächlich aus den Vormittagsstunden stammenden Daten tatsächlich seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat den Ausgangspunkt dieser Überlegungen in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage gestellt. Die von ihr beauftragten Gutachter haben vielmehr selbst angegeben, dass der Großteil ihrer Beobachtungen vormittags ab 9.00 Uhr, in geringeren Maße nachmittags ab 12.00 Uhr stattgefunden hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18).

Zwar enthält Anlage 6 zum Windkrafterlass über die Verteilung der Beobachtungsdauer - neben der allgemeinen Vorgabe von „etwa drei Stunden pro Tag“ - keine näheren Angaben. Allerdings müssen sich die Beobachtungszeiten - wie vom Beklagten gefordert - nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der entsprechenden Arten richten (warmes Wetter, gute Thermik-/Flugbedingungen; Windkrafterlass, S. 46). Lagen die Beobachtungszeiten nach eigenen Angaben der von der Klägerin beauftragten Gutachter schwerpunktmäßig am Vormittag ab 9.00 Uhr, konnte der Beklagte davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen das vom Windkrafterlass vorausgesetzte repräsentative Bild an Flugbewegungen nicht vollständig zeichnen konnten.

Im vorliegenden Fall spricht für die Verwendung des von den Bürgern vorgelegten Materials zudem maßgeblich, dass die Unterlagen der Bürger jedenfalls begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlagsensibler Arten lieferten, so dass nach den ausdrücklichen Vorgaben des Windkrafterlasses weitergehende Kartierungen vor Ort, wie sie im Auftrag der Klägerin im Laufe des Jahres 2014 durchgeführt wurden, erforderlich waren (S. 41 des Windkrafterlasses). Diese Untersuchungen haben deutlich andere Ergebnisse gezeigt als die ursprünglich von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (deutlich mehr Beobachtungen beim Rotmilan; Beobachtungen bezüglich der drei anderen vom Beklagten genannten Vogelarten; Horste eines Baumfalken sowie - mittlerweile unstreitig - eines Wespenbussards). Hat aber erst das von den Bürgern übermittelte Material dazu geführt, dass überhaupt die erforderlichen (weiteren) Untersuchungen durchgeführt wurden, so wäre es kaum nachvollziehbar gewesen, wenn der Beklagte dieses Material bei seiner Entscheidung über den Genehmigungsantrag ausgeblendet hätte.

Die Art und Weise, wie der Beklagte mit dem Material der Bürger umgegangen ist, ist vertretbar und bewegt sich damit im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative.

Der Beklagte hat erkannt, dass er die Unterlagen der Bürger nicht ohne weiteres zugrunde legen konnte. Er hat die Daten „auf Stichhaltigkeit und Aussagekraft geprüft“, „mit dem Ergebnis, dass sie so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar“ waren, „dass sie in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden konnten“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Die Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) einer Stichprobenprüfung unterzogen worden, dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können. Die Echtheit und Nachweisbarkeit der Daten sei dem Beklagten versichert worden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). „Von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen“ sei auszugehen „aufgrund der sehr hohen Qualität der Dokumentationen“. „Die ergänzenden Hinweise und Daten“ seien „hinreichend substantiiert und daher beachtlich“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Die Unterlagen der ... Bürger stünden „berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen“. Die Naturschutzbehörden seien einvernehmlich zum Ergebnis gelangt, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, um sie für die fachliche Beurteilung mitzuverwenden. Da die Beobachter mit der Umgebung vertraut gewesen seien und v.a. aufgrund der bereits 2013 durchgeführten Erfassung geübt gewesen seien, sei die Eintragung der Flugbewegung in die Karte parallel zur unterstützenden Videoaufzeichnung als glaubhaft zu werten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). Soweit der Beklagte auch ausgeführt hat, dass das Material der Bürger „in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses“ entspricht (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11), ist dies offensichtlich nicht so zu verstehen, als habe mit den Unterlagen der Bürger ein der Anlage 6 zum Windkrafterlass gleichwertiges Erfassungssystem zugrunde gelegen. Denn der Beklagte spricht unmittelbar zuvor ausdrücklich von einer „abweichenden Vorgehensweise“.

Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Darlegungen des Beklagten zu zweifeln. Zwar hat die Klägerin wiederholt, auch in der mündlichen Verhandlung, geltend gemacht, bei einer Prüfung des gesamten Materials der Bürger hätten sich zahlreiche Videoaufzeichnungen als fragwürdig herausgestellt. Der Beklagte habe sich daher nicht auf eine stichprobenartige Überprüfung beschränken dürfen. Es sei nicht nachweisbar, wann die (Video-) Dateien tatsächlich erstellt wurden. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verordnung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Insgesamt sei daher eine exakte Auswertung in Bezug auf „Durchflüge“, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, nicht möglich („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 2).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es zunächst Sache des Beklagten war, im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative festzulegen, wie er mit derartigem Material Dritter umgeht, um anschließend Schlussfolgerungen für seine naturschutzfachliche Beurteilung zu ziehen. Denn die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich, wie ausgeführt, bereits auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten. Der Beklagte hat substantiiert dargelegt, wie er mit den Daten der Bürger umgegangen ist und warum er sie für plausibel hält. Dass er die Grenze des Vertretbaren überschritten hätte, ist dabei nicht erkennbar.

Entscheidend ist allerdings, dass der Beklagte bei seiner naturschutzfachlichen Beurteilung nicht ausschließlich auf das Material der Bürger zurückgegriffen hat. Der Beklagte hat vielmehr kontinuierlich deutlich gemacht, dass er die Daten der Bürger neben insbesondere den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen herangezogen hat. Dies ergibt sich bereits aus der Auflistung „Sachverhaltsermittlungen - vorliegende Unterlagen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Zum Material der Bürger hat der Beklagte dementsprechend in der Folge ausgeführt, dass es „in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden“ konnte (a. a. O.), dass bestehende „Erkenntnislücken (…) durch die nachstehenden Beobachtungen ergänzt“ werden könnten (a. a. O., S. 11), dass durch die Daten der Bürger „Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der Gutachter der Klägerin ergeben würde“ (a. a. O., S. 26), sowie dass die „Videoaufzeichnungen mit räumlichen Bezug“ „ein geeignetes Mittel zur Dokumentation“ seien und „wertvolle ergänzende Beurteilungsunterlagen liefern“ könnten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Der Beklagte hat insbesondere auch ausgeführt, sich „bewusst“ zu sein, „dass die ... Bürger keine geschulten Freilandkartierer sind, somit Unsicherheiten unvermeidlich sind (insbesondere bei der schwierigen Abschätzung der Flughöhen)“. Daher habe er „einen Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt“ gehalten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3 und Sitzungsprotokoll, S. 9).

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter räumen selbst ein, dass die Daten der ... Bürger wichtige Ergänzungen böten und nichts gegen eine ergänzende Verwendung spreche („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, Seite 18). Sie gestehen jedenfalls zu, dass die ... Bürger die Art des Rotmilans zu 95%, die Art des Schwarzmilans zu 96% und die Art des Westenbussards zu 74% richtig bestimmt hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 9).

Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der Vortrag der Klägerin letztlich auf den Einwand, der Beklagte habe den Unterlagen der ... Bürger keine allzu hohe Bedeutung zumessen dürfen, weil der Substantiierungsgrad niedriger als vom Beklagten angenommen liege. Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprävokative des Beklagten jedoch nicht dargetan. Zwar mag es sein, dass eine vollständige Auswertung des Materials der Bürger noch verlässlichere Auskünfte gegeben hätte. Dass die vom Beklagten vorgenommene stichprobenartige Auswertung und die darauf beruhende Einschätzung, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, jedoch ein unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel darstellen würde oder auch die Ermittlungstiefe nicht ausgereicht hätte, ist nicht ersichtlich, jedenfalls dann nicht, wenn sich der Beklagte - wie hier - der Unsicherheiten des Materials bewusst ist und mit einem gewissen Sicherheitsabschlag arbeitet.

Der Beklagte konnte demnach in nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass weder die Unterlagen der Bürger noch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen für sich allein genommen eine ausreichende Prüfung der artenschutzrechtliche Verbotstatbestände ermöglichten. Normative Vorgaben oder Standards, wie in einem solchen Fall die Prognose zu erfolgen hat, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, sind nicht erkennbar und wurden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere der Windkrafterlass enthält für eine solche Situation keine Vorgaben. Es galt daher der Grundsatz, dass sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten im Planungsraum mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben lassen und maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls abhängen (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 59). Damit konnte der Beklagte im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative sowohl die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen als auch die Beobachtungen der Bürger heranziehen und seine Schlüsse aus den jeweils nicht vollständig aussagekräftigen Daten ziehen. Der Beklagte hat sich dafür entschieden, im Wesentlichen auf die von der Klägerin vorgelegte Raumnutzungsanalyse abzustellen, diese jedoch im Hinblick auf die Unterlagen der Bürger im Zuge einer vergleichenden Betrachtung zu korrigieren (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Dass damit der Rahmen des Vertretbaren verlassen worden wäre, ist nicht erkennbar.

Auch die konkrete Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch den Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative.

Im Rahmen der Beurteilung hat der Beklagte eine Bewertung nach dem Windkrafterlass vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15 ff.). Schon das Ergebnis dieser Bewertung stellt eine tragfähige Grundlage für die Ablehnung der Genehmigungsanträge dar.

Im Windkrafterlass sind Bereiche angegeben, die innerhalb derer zu prüfen sind, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind (vgl. Windkrafterlass, S. 42 und Anlage 2, S. 58). Dabei besteht ein „engerer“ Prüfbereich, der die empfohlenen Abstände von Windenergieanlagen zu Brutplätzen beschreibt, sowie ein „weiterer“ Prüfbereich, in dem zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.

Nur für den Fall, dass beide Abstände für die jeweilige Art überschritten werden, ist - gleichsam von vornherein - davon auszugehen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungs-/Verletzungsrisiko besteht (Windkrafterlass, S. 42). Dies ist hier nicht der Fall.

Vielmehr ist der Beklagte davon ausgegangen, dass alle streitgegenständlichen Windenergieanlagen innerhalb des 1 km-Bereichs um das Zentrum eines Rotmilan-Reviers liegen. Ferner lägen sämtliche drei Windenergieanlagen im 1 km-Umgriff um einen Baumfalken-Horst. Die östlichste sowie die „mittlere“ der drei Windenergieanlagen lägen ferner im 1 km-Bereich um das vermutete Zentrum eines Wespenbussard-Reviers (vgl. Übersicht in der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dieser Ausgangspunkt ist fachlich jedenfalls vertretbar und damit rechtlich nicht zu beanstanden.

Bezüglich des Rotmilans ist der Beklagte sicher, dass ein Revier bestehe. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Zu schließen sei dies aus den Feststellungen der Bürger 2013 und des Herrn ... 2013. Das Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16 und 17). Demgegenüber geht die Klägerin davon aus, dass im Jahr 2014 im streitgegenständlichen Bereich kein Horst bzw. keine Brut eines Rotmilans vorgelegen habe (vgl. u. a. Sitzungsprotokoll, S. 7). Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten nicht aufgezeigt. Insbesondere bedurfte es nicht des zwingenden Nachweises, dass und wo ein Rotmilanhorst vorhanden ist. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es, wenn allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Arten zuließen, nicht zu beanstanden ist, wenn die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und dem Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen, ebenso wie sonstige Analogieschlüsse, der plausiblen naturschutzfachlichen begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - juris Rn. 63). Demnach unterfällt die Frage, ob innerhalb des nach dem Windkrafterlass maßgeblichen Prüfbereichs ein (besetzter) Horst vorhanden ist, der behördlichen Einschätzungsprärogative, weil es sich um eine Frage der Erfassung des Bestands der geschützten Arten handelt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 26 ff zu einem Schwarzstorchhorst).

Mit diesen Maßstäben steht die Einschätzung des Beklagten im Einklang. Der Beklagte hat sich unter anderem darauf gestützt, dass sich im Betrachtungsraum zahlreiche Mäusebussard-Horste befänden, die vom Rotmilan häufig benutzt würden. Bei der Sichtung des Materials der Bürger hätten sich in zwei Fällen eindeutige Hinweise für Territorialverhalten bzw. Revierverhalten von gefilmten Rotmilanen identifizieren lassen. Ein nicht gefundener Horst belege daher nicht, dass es auch kein Rotmilan-Revier gebe (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Wichtiger sei, das mutmaßliche Revierzentrum zu eruieren als den Horst verbindlich zu suchen (Sitzungsprotokoll, S. 6). Der Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass selbst erfahrene Vogelkundler immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 6). Dem hält zwar die Klägerin entgegen, dass es kein Rotmilan-Revier gebe und die beobachteten Flüge gelegentliche Nahrungsflüge von weiter entfernt brütenden Vögeln seien. Sie begründet dies unter anderem damit, dass zwischen dem 22. Mai und dem 31. Juli 2014 kaum Rotmilane hätten beobachtet werden können. Trotz eines verdächtigen Verhaltens Mitte Mai (zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am 15. und 18. Mai 2014) sei es nicht zu einer festen Reviergründung und einem Brutversuch gekommen, da ansonsten häufigere Beobachtungen gelungen wären (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4 und „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Der Beklagte ist dem jedoch mit dem Argument entgegengetreten, wenn es sich um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, was aufgrund der Geländesituation, der Topografie und des Wald-Offenland-Mosaik-Charakters nachvollziehbar sei, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüteten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4). In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde ausgeführt, dass ein bettelnder Jungvogel bzw. eine Beuteübergabe festgestellt worden seien. Eine Beuteübergabe komme nur vor, wenn in der Nähe ein Horst existiere (Sitzungsprotokoll S. 6). Dass am 15. und 18. Mai 2014 jeweils zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am westlichen Rand des Planungsgebietes über dem ‚ beobachtet worden seien, räumt auch die Klägerin ein. U. a. seien die Tiere im Wald gelandet bzw. sei am Waldrand auf einem Baum sitzend gefilmt worden. Dies deute auf ein Brutrevier hin („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Aus diesen Beobachtungen und Feststellungen ziehen zwar der Beklagte und die Klägerin unterschiedliche Schlüsse. Eine derartige unterschiedliche Bewertung stellt jedoch keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative dar, sondern ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Der Beklagte hat auch klargestellt, dass seine kartographische Darstellung des vermuteten Revierbereichs nicht so zu verstehen sei, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Aufgrund der verschiedenen vorliegenden Indizien sei vielmehr ein Bereich abgegrenzt worden, innerhalb dessen sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). Der Beklagte hat es als fachlich vertretbar bezeichnet, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden, wenn zwar Standorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne (a. a. O., S. 8). Liegt eine - ohnehin schwer erreichbare - Gewissheit über das „ob“ und das „wo“ eines Horstes nicht vor, lassen aber im Rahmen der Einschätzungsprärogative zu würdigende Indizien Rückschlüsse auf das Vorhandensein eines Horstes zu, ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden.

In Bezug auf das vom Beklagten angenommene Wespenbussard-Revier, dessen Zentrum sich nordwestlich der drei streitgegenständlichen Windenergieanlagen befinden soll, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Der Beklagte konnte also auch insoweit aufgrund der herangezogenen Unterlagen und weiterer Indizien davon ausgehen, dass sich - neben dem südlich gelegenen, zwischenzeitlich unstreitigen Wespenbussardhorst bei ... - ein zweiter Horst in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen befindet. Diese Annahme erscheint umso plausibler, als bei den Flugbewegungen eine „Lücke“ zwischen dem unstreitig vorhandenen Horst im Süden und den - ebenso unstreitigen - Flugaktivitäten in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen besteht. Eine andere schlüssige Erklärung als das Vorhandensein eines weiteren Horstes für diese Flugbewegungen ist auch von der Klägerin nicht geliefert worden (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 5).

In Bezug auf den Baumfalken gilt Folgendes: Unstreitig wurde ein Horst in unmittelbarer Nähe zur östlichsten Windenergieanlage festgestellt. Aus dem Umstand, dass dieser Horst aufgrund der Beseitigung des entsprechenden Baumes bzw. weiterer Bäume im Nahbereich nicht mehr vorhanden ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Insbesondere ist ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nunmehr nicht definitiv ausgeschlossen. Der Beklagte hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er gehe aufgrund der relativ hohen Reviertreue der Art davon aus, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage (altes Krähennest etc.) nützen werde, somit ein weiterhin bestehender Baumfalken-Brutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen sei (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). In ähnlicher Weise hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der Baumfalke alte Nester von Krähen oder Elstern nutze, aber reviertreu bleibe. Zwar hat er auch angegeben, dass die bisherige Situation mit der Fällung des Nistbaumes und weiterer Bäume in der Umgebung zerstört worden sei (Sitzungsprotokoll, S. 4). Gleichwohl ist - gerade nach der mehrfach vom Beklagten betonten Reviertreue des Baumfalken - nicht ausgeschlossen, dass der Baumfalke einen Horst im maßgeblichen 1 km-Bereich der streitgegenständlichen Windenergieanlagen besetzen wird. Hiergegen spricht bereits die Mitteilung der Klägerin, dass in nicht allzu weiter Entfernung des bisherigen Standorts ein - wenn auch einzelner - männlicher Baumfalke gesichtet wurde (Sitzungsprotokoll, S. 4). Damit aber ist nicht widerlegt, dass der Baumfalke im Sinne des Windkrafterlasses „am geplanten Standort vorkommt“. Daher wären nunmehr nach den Vorgaben des Windkrafterlasses in Bezug auf den Baumfalken (erneut) weitergehende Kartierungen vor Ort erforderlich (Windkrafterlass, S. 41). Derartige Nachkartierungen im Hinblick auf die neue Situation hat die Klägerin nicht durchgeführt. Da die Klägerin demzufolge die nach dem Windkrafterlass notwendigen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat, kann nicht angenommen werden, dass nunmehr der Abstand zu einem Baumfalkenhorst über den in Anlage 2, Spalten 2 und 3 des Windkrafterlasses genannten Entfernungen liegen würde, so dass das Tötungsrisiko nicht signifikant erhöht wäre (Windkrafterlass, S. 42).

Überdies hat der Beklagte eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bei den insoweit in Rede stehenden beiden östlichen Windenergieanlagen nicht ausschließlich auf eine Betroffenheit des Baumfalkens gestützt, sondern dies auch für weitere Arten angenommen. Selbst wenn also nunmehr in Bezug auf den Baumfalken nicht mehr von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen wäre, wären diese Windenergieanlagen wegen einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos bezüglich weiterer Vogelgarten nicht genehmigungsfähig.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos abzustellen ist.

Die Unterschreitung des „engeren“ 1 km-Prüfabstands in Bezug auf Rotmilan und Wespenbussard (letztere für die beiden westlich gelegenen Windenergieanlagen) führt zwar noch nicht gleichsam im Sinne einer Automatik dazu, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Dies stellt auch der Windkrafterlass (S. 42) klar. Der Windkrafterlass führt allerdings weiter aus, dass, wenn die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezüglich der Individuen der genannten Arten in dem in Anlage 2, Spalte 2 angegebenen („engeren“) Prüfbereich nicht ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder selten überflogen wird, in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist (Windkrafterlass, S. 42). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Aussage aufgegriffen und daraus geschlossen, dass es bei der Unterschreitung des Mindestabstands der Windenergieanlage zum Brutvorkommen darauf ankommt, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014. 879 - juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - juris Rn. 50). Ob damit in rechtlicher Hinsicht - wie wohl vom Beklagten angenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15) - eine „Vermutung“ besteht, dass bei Unterschreitung dieses Mindestabstands grundsätzlich von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist, wenn nicht ausnahmsweise eine Meidung oder ein seltenes Überliegen der Windenergieanlage festzustellen ist, kann offenbleiben. In Richtung einer solchen Vermutung gehen Aussagen in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach es „naturschutzfachlich vertretbar“ sei, für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1.000 m betrage, es sei denn, es lägen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 26.10.2011 - 2 L 6/09 - NuR 2012, 196 - juris Rn. 77; bestätigt durch BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 23).

Jedenfalls im vorliegenden Fall hat die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit nicht ergeben, dass die geplanten Windenergieanlagen im Sinne der zitierten Aussage der Rechtsprechung und des Windkrafterlasses gemieden oder selten überflogen werden. Der Beklagte hat seine Feststellungen dahingehend zusammengefasst, dass sich bei der Raumnutzung nach den Daten der Bürger und den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ein sehr ähnliches Bild ergebe, wonach alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dies ergibt sich anschaulich auch aus den vom Beklagten in seine Stellungnahme aufgenommenen Kartierungen von Flugbewegungen des Rotmilans, des Baumfalken und des Wespenbussards (a. a. O., S. 24 f.).

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin vermögen keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten aufzuzeigen. Die Klägerin stellt insbesondere maßgeblich darauf ab, dass sowohl absolut als auch relativ zur von ihren Gutachtern abgeleisteten Gesamtbeobachtungsdauer zu wenig Flugbewegungen im „Risikobereich“ über den geplanten Anlagenstandorten stattgefunden hätten. Als „Risikobereich“ wird dabei ein Durchmesser von ca. 250 m um den geplanten Anlagenstandort sowie eine Flughöhe zwischen 80 m und 200 m angenommen (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 3 ff.). Eine derart scharfe Abgrenzung eines „Risikobereichs“ kann allerdings dem Windkrafterlass nicht entnommen werden. Die maßgeblichen „Prüfbereiche“ umfassen, wie ausgeführt, einen „engeren“ (Abstand zu Horsten) und einen „weiteren“ (Nahrungshabitate) Bereich und beziehen sich damit auf deutlich „gröbere“ Bereiche. Dies ergibt sich auch aus den im Windkrafterlass (Seite 43 f.) genannten „Beispielen für Prüfbereiche“. So geht der Windkrafterlasses etwa davon aus, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auch dann vorliegt, wenn das Brutvorkommen außerhalb des „engeren“ Prüfbereichs liegt, der Flugkorridor zu Nahrungshabitaten aber durch diesen engeren Prüfbereich führt.

Die Klägerin beruft sich offenbar bei der Definition des „Risikobereichs“ auf Aussagen in Anlage 6 des Windkrafterlasses, wonach die Erfassung der Flugbewegungen u. a. Aufschluss über die Dauer von Flugbewegungen „im Umkreis der Anlagen“ und den Anteil der Flugdauer „in Rotorhöhe“ geben sollen. Es sei die Zeitdauer zu stoppen, die sich ein Vogel in den Höhenstufen „über den Rotorblättern“ oder „unter bzw. im Bereich der Rotoren“ aufhalte. Als Ergebnis der Untersuchungen erhalte man Karten mit den Flugbewegungen der verschiedenen Arten „je Höhenstufe“. Je weniger die geplanten Anlagen „in der relevanten Höhe“ überflogen würden, umso geringer sei das Kollisionsrisiko (Anlage 6 zum Windkrafterlass, S. 65).

Der Windkrafterlass mag vergleichsweise detailliert regeln, wie Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten zu erfassen sind. Hinsichtlich der Bewertung dieser Beobachtungen enthält der Windkrafterlass, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, kaum bzw. nur sehr vage Angaben. Im Kern verlangt der Windkrafterlasses eine Prognose, wenn er insbesondere von einer „Abschätzung“ der „Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlage“, bzw. von „höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten“ spricht (Windkrafterlass, S. 41 f.; Anlage 6, S. 64). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine Prognose erforderlich ist, die naturschutzfachlich vertretbar ist und von der der Behörde insofern zustehenden Einschätzungsprärogative gedeckt ist. Hingegen lässt sich nicht abstrakt oder prozentual angeben, wann eine Erhöhung des Tötungsrisikos als „signifikant“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezeichnet werden kann (BayVGH, U.v. 20.11.2012 - 22 A 10. 40041 - juris Rn. 77 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274.; den Begriff Prognose verwendend auch BayVGH, B.v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 47).

Dass die Prognose des Beklagten vorliegend unvertretbar ist, ist nicht erkennbar. Insbesondere dem Windkrafterlass lässt sich nicht entnehmen, dass es ausschließlich auf die von der Klägerin maßgeblich zugrunde gelegten absoluten Flüge in einem „Risikobereich“ sowie das Verhältnis zur Gesamtbeobachtungsdauer ankommen soll. Vielmehr halten die Klägerin bzw. die von ihr beauftragten Gutachter ihre „Herangehensweise, ein erhöhtes Tötungsrisiko über die prozentuale Beobachtungszeitraum im Risikobereich abzuleiten“ für „durchaus nachvollziehbar und praktikabel“ („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Ob diese von der Klägerin bzw. ihren Gutachtern entwickelte Bewertungsmethode vertretbar ist, braucht nicht entschieden zu werden, denn schon nach dem Vortrag der Klägerin selbst ist nicht erkennbar, dass dies die einzige Möglichkeit zur Bewertung des Tötungsrisikos wäre und andere Methoden nicht vertretbar sind. Der von der Klägerin befürworteten Herangehensweise lässt sich allerdings entgegenhalten, dass sich die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nach der genannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht in Prozentanteilen ausdrücken lässt. Daher kann sich die Klägerin auch nicht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 29.3.2011 - W 4 K 10.371) berufen, der die von der ihr beauftragten Gutachter „grundsätzliche Bedeutung“ zumessen („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Abgesehen davon, dass es - wie ausgeführt - gerade nicht möglich ist, für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos einen Prozentwert anzugeben, hat das Verwaltungsgericht Würzburg in dieser Entscheidung nicht rechtssatzartig bzw. grundsätzlich entschieden, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos erst auszugehen ist, wenn die Aufenthaltsdauer der betreffenden Art im Gefahrenbereich einen Anteil von 10% der Beobachtungszeit übersteigt. Vielmehr hat sich auch das Verwaltungsgericht Würzburg auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gestützt, wonach es auf das konkrete Gefährdungspotenzial im Einzelfall ankommt. Überdies liegt der Entscheidung ein mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Dort hatte die Behörde einen Vorbescheid zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage aus Sicht des Gerichts zu Unrecht aufgehoben, weil die Behörde lediglich „pauschale Bedenken aus naturschutzfachlicher Sicht“ geltend gemacht hatte. Um eine solche Konstellation handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch ersichtlich nicht, wie die vom Beklagten vorgenommene ausführliche Bewertung des im Verfahren seitens der Klägerin und der Bürger vorgebrachten Materials zeigt.

Dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch sonst nicht entnehmen, dass die Annahme des Beklagten, alle drei geplanten Windenergieanlagen würden regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen, unvertretbar wäre. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter haben bei eigener Auswertung des Materials der Bürger beim Rotmilan ca. 120 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe, beim Schwarzmilan ca. 49 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe und beim Wespenbussard 17 Aufnahmen in Gefahrenhöhe ermittelt („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde vom 7.4.2015, S. 9). Zwar betonen die Gutachter der Klägerin auch insoweit, es sei nur der ungefähre Flugbereich zu erkennen; damit sei nicht eindeutig erkennbar, ob Anlagenstandorte überflogen worden sind. Dem ist jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass die Frage der Bewertung der Gefahren, die die geschützten Arten ausgesetzt sein werden, der Einschätzungsprärogative des Beklagten unterfällt. Zudem erlaubt der Windkrafterlass, wie die bereits zitierten Aussagen und Beispiele zeigen (Windkrafterlass, S. 42 ff.), grundsätzlich auch eine Beurteilung an Hand eines deutlich „gröberen“ Rasters. Selbst wenn nur auf die ermittelten Flugbewegungen im Gefahrenbereich abgestellt wird, unterfällt die Prognose, ob sich aus diesen Werten eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos ableiten lässt, der Einschätzungsprärogative des Beklagten. Dessen Annahmen erscheinen gerade auch bei den von der Klägerin ermittelten Zahlen zum Rotmilan vertretbar, selbst wenn berücksichtigt wird, dass sich diese Werte nicht allein auf die hier streitgegenständlichen Anlagen, sondern auch auf die drei geplanten Anlagen des Verfahrens Au 4 K 14.795 beziehen.

Nach allem konnte der Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass angesichts erhöhter Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im „engeren“ Prüfbereich in Bezug auf den Rotmilan und den Wespenbussard von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Bereits diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und würde daher zur Abweisung der Klage führen.

Auch in Bezug auf den Prüfbereich für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate (Anlage 2, Spalte 3 zum Windkrafterlass) hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht.

Der Beklagte hat die Geeignetheit des näheren Umfelds um die streitgegenständlichen Windenergieanlagen als Nahrungshabitat wiederholt begründet. So seien an „manchen, großenteils südexponierten Randzonen“ Übergangsbereiche (Saumzonen) vorhanden. Diese begründeten eine erhöhte Artenvielfalt. Insbesondere sei hier das Futterangebot an Insekten, Mäusen etc. lukrativ, wodurch bevorzugte Nahrungsflüge am Waldrandbereich, z. B. durch den Rotmilan, erklärbar würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 2). Das Gelände sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung und des v.a. in Ost-West-Richtung an den Waldrandzonen vorhandenen Restgrünlandes und anderer für Nahrungssuche relevanter Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlendes Grünlandes, täusche (a. a. O., S. 8). Die Verteilung der Einzelhabitate (Wiesen, Grasbereiche) sei relativ homogen innerhalb des Gesamtgebiets. Das Muster zeige eine hohe Zahl meist kleiner Habitatstrukturen bzw. Flächen. Es gebe also keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen, sondern diese seien kleinräumig über das Gebiet verteilt. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine, würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt. Dies werde insgesamt durch die Flugdarstellungen der Beobachter/Gutachter bestätigt (a. a. O., S. 12 f.). Aufgrund der kleinteiligen Wald-Offenland-Verteilung, mit einer Vielzahl meist kleinflächiger Strukturen mit Nahrungshabitatfunktion für Arten wie Rot- und Schwarzmilan (Saumzonen an Ranken und Waldrändern, Wiesen, Futtergrasflächen, Abbaustellen) und der bewegten Geländemorphologie stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimaler Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum für die beiden Milanarten dar. V.a. der Rotmilan fliege Waldränder bevorzugt ab, zumindest teilweise sei das anhand der gefundenen Raumnutzung nachvollziehbar (a. a. O., S. 17).

Die Klägerin hält dem im Wesentlichen entgegen, der Beklagte „überhöhe“ die Geeignetheit der Nahrungshabitate; sie würden vom Beklagten als viel besser dargestellt als sie tatsächlichen seien. Zudem werde der Eindruck erweckt, als handle es sich gerade beim Planungsgebiet der Windenergieanlagen um ein besonders großes, geschlossenes Nahrungshabitat, und dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Richtig sei demgegenüber, dass es sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse handele, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Der Beklagte habe die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ... im Westen sowie das ...-/... im Nordosten nicht betrachtet und Schlussfolgerungen verfälscht.

Diese Einwendungen lassen keine Überschreitung der behördlichen Einschätzungsprärogative erkennen.

Der Beklagte ist selbst davon ausgegangen, dass es sich, gerade in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan, nicht um einen optimalen Lebensraum handelt (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 17). Allerdings hat er den Einwendungen der Klägerin entgegengehalten, dass nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume vom Rotmilan besiedelt würden. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Dass dies naturschutzfachlich nicht jedenfalls vertretbar sein sollte, ist nicht ersichtlich. In Bezug auf die von der Klägerin wiederholt angeführten potenziellen (besseren) Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ..., im ...- und im ... hat der Beklagte sich derart eingelassen, dass es sich insoweit nur um eine nicht belegte Vermutung handele. Fachlich vertretbar sei es, dass auch größere Grünlandgebiete nur an wenigen Tagen der Mahd bevorzugt genutzt würden. Ansonsten unterscheide sich die Nutzung nicht von der sonstiger Offenlandbereiche wie beispielsweise von Feldern, weil - ebenso wie höher aufgewachsene Feldfrüchte - auch höher aufgewachsene Gräser den Blick auf die dort lebenden Kleinsäuger versperrten. Die Nahrungssuche konzentriere sich daher außerhalb der Mahd auf die Nutzung von Saum- bzw. Grenzstrukturen, die Kleinsäugern wenig Schutz böten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat nichts dargelegt, weshalb es sich bei dem Areal um die geplanten Windenergieanlagen nicht jedenfalls, wie vom Beklagten selbst zugrunde gelegt, um ein zumindest geeignetes Nahrungshabitat handeln sollte.

Es liegt auch keine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb der in Anlage 2, Spalte 2 des Windkrafterlasses („engerer“ Prüfbereich) genannten Abstände vor, so dass in der Regel nicht von erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windenergieanlagen auszugehen wäre (vgl. Windkrafterlass, S. 42). Zum einen liegen etliche vom Beklagten aufgeführte Einzelflächen, die als Nahrungshabitat für Rotmilan, Wespenbussard und Schwarzmilan relevant seien, nicht außerhalb, sondern innerhalb des „engeren“ Prüfbereichs. Ansonsten führt der Beklagte zwar aus, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 12). Jedoch folgert der Beklagte gerade aus der Wald-Offenland-Verteilung und der „diffusen“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebiets, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Windenergieanlagen-Bereiche gebe, und dass es in erhöhtem Maße zu Waldrandflügen und Gebietsquerungen kommen werde (a. a. O., S. 15). Nach diesen Feststellungen und Einschätzungen liegt gerade keine „großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate“ vor, die im Sinne des Windkrafterlasses nur „zufällige“ bzw. „gelegentliche“ Aufenthalte im Bereich der Windenergieanlagen erwarten ließe. Vielmehr hat der Beklagte mit diesen Darlegungen im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative hinreichend plausibel dargetan, dass die von ihm zugrunde gelegten Nahrungshabitate durchaus eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses darstellten, die auch regelmäßig (insbesondere über die Windenergieanlagen) angeflogen würden. Den Einwendungen der Klägerin, es gebe deutlich besser geeignete Nahrungshabitate, ist der Beklagte, wie ausgeführt, in jedenfalls vertretbarer Weise entgegengetreten. Damit hat der Beklagte ausreichend dargetan, dass es sich bei dem von ihm betrachteten Nahrungshabitaten um einen „Hot Spot“ handelt (zu diesem Begriff BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 52)

Überdies belegen auch Angaben der Klägerin in nicht unerheblichem Umfang die Vertretbarkeit der Annahmen des Beklagten. So erkennt auch die Klägerin in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan an, dass das Untersuchungsgebiet von Brutvögeln aus dem Umfeld des Untersuchungsgebiets auf Nahrungsflügen durchflogen wird. Bezüglich des Rotmilans nennen die von der Klägerin beauftragten Gutachter ausdrücklich einen Horststandort, der sich ca. 4 km vom Untersuchungsgebiet entfernt befindet. Ein weiteres Rotmilanrevier sei ca. 2 km vom Untersuchungsgebiet entfernt festgestellt worden, jedoch ohne Horstnachweis (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 7). Beide Standorte liegen innerhalb des „weiteren“ und damit auch für die vorliegenden Anlagen noch maßgeblichen Prüfbereichs nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses. Selbst das ursprünglich von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung hatte zum Rotmilan ausgeführt (S. 22), dass dieser in einem Radius von 1.000 m um das Vorhaben als „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der nähere Umgebung“ vorkäme. In Bezug auf den Wespenbussard geht auch die Klägerin davon aus, dass im Untersuchungsgebiet grundsätzlich geeignete Wälder und Waldsäume mit Vorkommen von Wespenbussardnestern vorhanden sind (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 9).

Nach allem hat der Beklagte auch wegen regelmäßig durch kollisionsgefährdete Vogelarten aufgesuchter Nahrungshabitate in vertretbarer Weise eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos angenommen. Auch diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und führt daher zur Abweisung der Klage.

Auf die vom Beklagten vorgenommene „Betrachtung des Kollisions- und Tötungsrisikos“ (Abschnitt VI der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 19 ff.) und die Frage, ob die dort von ihm verwendeten Grundlagen, Methoden und Formeln durchweg von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt sind, kommt es demnach nicht mehr entscheidend an.

Der Beklagte hat sich angesichts des Fehlens einer „wissenschaftlich anerkannten und fachlich verbindlichen Erheblichkeitsschwelle zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos (…) ein eigenes Bewertungsschema entworfen“ und „verbale Betrachtungen des Winderlasses in konkrete Zahlen übersetzt“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5 f.). Er hat dazu die Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter und der ... Bürger bezüglich „Durchflügen“ - wobei „Durchflug“ die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich bedeutet (a. a. O., S. 6) - auf die laut Fachliteratur durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der einzelnen Vogelarten hochgerechnet. Dies geschah mittels eines Faktors, der sich aus der Division dieser durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der Arten durch die Zahl der jeweiligen Beobachtungstage ergab. Dabei wurden bei den Beobachtungen der Bürger ein Abschlag von 20% vorgenommen „um mögliche bzw. wahrscheinliche Fehleinschätzung in der Vertikaleinstufung zu berücksichtigen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11; Sitzungsprotokoll, S. 9). Bei den Beobachtungen des Rotmilans hat der Beklagte die Beobachtungszahlen der von der Klägerin beauftragten Gutachter mit 3,0 multipliziert, um „einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung“ auszugleichen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4).

Ab einem Wert von 15 Durchflügen je Anlage ist der Beklagte von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos ausgegangen.

Ob dieses Vorgehen des Beklagten vollständig von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt ist, wäre dann zweifelhaft, wenn es gleichsam als mathematische Formel zur Berechnung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos interpretiert würde. Zwar hat der Beklagte zu einigen von der Klägerin geltend gemachten Mängeln näheres ausgeführt bzw. Korrekturen vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6 f.). Ebenso mag es zwar vertretbar sein, bei der Beurteilung, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, auf Durchflüge durch den Gefahrenbereich einer Windenergieanlage abzustellen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 20 und Sitzungsprotokoll, S. 10). Fragen wirft allerdings die Annahme auf, dass bei 15 Durchflügen im Gefahrenbereich je Windkraftanlage die Grenze zur „signifikanten“ Erhöhung des Tötungsrisikos überschritten sein soll. Dass in der Genehmigungspraxis ein Bedürfnis nach einem „festen“ Grenzwert besteht, mag verständlich sein. Weder aus dem Windkrafterlass ergibt sich jedoch ein solcher fester Wert, noch sind vom Beklagten diesbezüglich andere Unterlagen angeführt worden. Ähnliches gilt für die vom Beklagten vorgenommenen Korrekturabschläge von 20% bei den Beobachtungen der Bürger und den Korrekturfaktor von 3,0 bei den Rotmilan-Beobachtungen der von der Klägerin beauftragter Gutachter. Trotz zwischenzeitlich näherer Angaben des Beklagten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4) ist nicht hinreichend deutlich geworden, weshalb gerade ein Korrekturfaktor von 3,0 angesetzt worden ist. Gleiches gilt für den 20%-Abschlag, zumal die Klägerin geltend gemacht hat, dass die von ihren Gutachtern vorgenommene Auswertung des Videomaterials der Bürger eine deutlich geringere Anzahl an Risikoflügen als 80% ergeben hat, so dass ein größerer Abschlag als 20% anzusetzen gewesen wäre (vgl. „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17).

Bei einer Gesamtbetrachtung der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde wird jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Beklagten weder um eine derartige mathematische Berechnung des „signifikant“ erhöhten Tötungsrisikos gegangen ist, noch, dass er ausschließlich auf eine solche Berechnung zurückgegriffen hat.

Der Beklagte stand vor der Aufgabe, auf Grundlage der für ihn, wie ausgeführt, maßgeblichen, aber mit unterschiedlicher Methodik erstellten Erkenntnisquellen eine Prognose hinsichtlich der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu treffen. Der Beklagte hat sich in dieser weder im Windkrafterlass noch sonst geregelten Situation dafür entschieden, keine für jede Erkenntnisquelle getrennte Prognose anzustellen, sondern dafür, diese beiden Quellen in Beziehung zueinander zu setzen, ferner näherungsweise eine vergleichbare Datengrundlage zu entwickeln und darauf seine Prognose zu stützen. Dieses Vorgehen erscheint nachvollziehbar, jedenfalls aber ist es vertretbar. Überdies hat dieses Vorgehen nicht zu einer Ersetzung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch eigene Zahlen des Beklagten geführt. Der Beklagte hat vielmehr mehrfach deutlich gemacht, dass die Daten der Bürger ergänzende Beurteilungsunterlagen geliefert haben (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3), so dass im Ergebnis Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ergeben würde (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 26).

Wie ausgeführt, spricht auch aus Sicht der Klägerin nichts gegen eine ergänzende Verwendung der Daten der Bürger („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18). In welcher Form der Beklagte diese Daten hätte verwenden sollen, wird allerdings auch von der Klägerin nicht aufgezeigt. Insbesondere lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, auf welche andere Art und Weise der Beklagte in zumindest einigermaßen belastbarer oder vertretbarer Art und Weise die Daten der Bürger und die von ihr vorgelegten Unterlagen derart zueinander in Beziehung setzen hätte sollen, dass er darauf eine Beurteilung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos hätte stützen können.

Zwar mag ein Wert von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage, wie ausgeführt, als Grenze für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos in seiner Absolutheit fragwürdig sein. Die Kammer stellt daher insoweit ausdrücklich klar, dass aus der Abweisung der vorliegenden Klage nicht geschlossen werden kann, sie habe diesen Wert als rechtlich verbindlich für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos akzeptiert. Gleichwohl hat der Beklagte insoweit mit noch ausreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben, dass es ihm dabei vor allem um die Feststellung ging, in einem solchen Fall könne jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gesprochen werden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6), bzw. „dass insgesamt mehr als nur vereinzelte Durchflüge stattgefunden haben bzw. zu erwarten sind“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Dass die Annahme des Beklagten jedenfalls im Ergebnis nicht unvertretbar ist, zeigen etwa die Hochrechnungen, die die von der Klägerin beauftragten Gutachter in Bezug auf die Gesamt-Anwesenheitsdauer des Rotmilans vorgenommen haben („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17). Zwar sind diese Zahlen nicht dem jeweiligen Standort bei Windenergieanlage konkret zugerechnet und erfassen auch die Windenergieanlagen aus dem Verfahren Au 4 K 14.795. Gleichwohl erscheint - nicht zuletzt aufgrund der Anordnung der Anlagen - die Annahme des Beklagten vertretbar, dass prognostisch von mehr als nur vereinzelten Durchflügen auszugehen ist.

Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass es dem Beklagten auch darum ging, die bisherige Einschätzung der von der Klägerin beauftragten Gutachter (dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliege) zu widerlegen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27). Dass diese Widerlegung dem Beklagten nicht gelungen ist, lässt sich trotz der Beanstandungen durch die Klägerin nicht annehmen.

Nach allem ist die zusammenfassende Beurteilung des Beklagten vertretbar und damit nicht zu beanstanden, dass „aufgrund der Lebensraumeignung - als Nahrungsraum und/oder Nisthabitat - und des vorgefundenen Brutbestandes, in Verbindung mit der festgestellten Raumnutzung der vier kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke und Wespenbussard (…) durch die drei geplanten Anlagen jeweils für mindestens eine kollisionsgefährdete Art das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und damit von einem Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist daher auszugehen.

2. Die Klage hat auch im Hilfsantrag (Neuverbescheidung) keinen Erfolg.

Da es sich bei der Genehmigungsentscheidung nach § 6 Abs. 1 BImSchG um eine gebundene Entscheidung handelt und die Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (bzw. das Entgegenstehen naturschutzfachlicher Belange gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) einen Versagungsgrund darstellt, ist die Ablehnung des Genehmigungsantrags durch den Beklagten zu Recht erfolgt, so dass ein Anspruch auf Neuverbescheidung gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht in Betracht kommt.

Ein Anspruch auf Neuverbescheidung ergibt sich auch nicht aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, dass bei der Prüfung des Tötungstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Maßnahmen, mittels derer Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zu mindest minimiert werden soll, in die Betrachtung einzubeziehen sind (vgl. nur BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Derartige Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahmen wurden weder von der Klägerin in konkreter Weise aufgezeigt, noch sind sie sonst ersichtlich.

Es ist nicht Sache der Genehmigungsbehörde, ohne nähere, konkrete Angaben des Antragstellers zu entscheiden, ob mittels Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verletzung des Tötungsverbots abgewendet werden kann. Die Entwicklung eines entsprechenden Vermeidungs- und Ausgleichskonzepts ist vielmehr Sache des Antragstellers (vgl. OVG NRW, U.v. 20.11.2012 - 8 A 252/10 - NuR 2013, 146 - juris Rn. 121), wobei in diesem Zusammenhang etwa auch die Verfügungsbefugnis über hierfür benötigte Grundstücke nachzuweisen wäre. Diese Obliegenheit des Antragstellers gilt im vorliegenden Verfahren umso mehr, als sich die Klägerin im Prozess durchweg darauf berufen hat, das Vorhaben sei bereits aufgrund der von ihr ursprünglich vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig.

Zwar zeigt das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (Nachtrag 2014, S. 11) abstrakt Meidungs- und Minimierungsmaßnahmen auf. Eine derartige, ohne erkennbaren Bezug zu den konkret beantragten Anlagen erstellte Auflistung ist jedoch nicht ausreichend. Im Übrigen nennt das Gutachten bei den einzelnen untersuchten Vogelarten von dieser Auflistung in Bezug auf Wespenbussard, Rotmilan und Schwarzmilan lediglich als „unterstützende konfliktvermeidende Maßnahme“ die „Markierung der Rotorblätter in rot-weiß“. Hierzu führt jedoch eine von der Klägerin selbst vorgelegte Unterlage („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark ...“ vom 24.4.2015, S. 8) aus, dass der Nachweis der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme noch ausstehe. Ob dies zu einer Attraktionswirkung oder Scheuchwirkung führe sei bisher offen. Aufgrund der vorliegenden Kollisionsopfer sei davon auszugehen, dass insbesondere Greifvögel sich nicht durch drehende Rotoren abhalten ließen, einen Luftraum zu nutzen. Damit stellt diese Maßnahme schon nach dem Vorbringen der Klägerin selbst keine geeignete Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahme dar.

In Bezug auf den Baumfalken wird in dem Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (S. 38) als Vermeidungs-/Minderungsmaßnahme die Etablierung von drei Ersatzhorsten im Bereich des ...- bzw. ... vorgeschlagen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahme im Sinne der zitierten Rechtsprechung. Eine Vermeidungs-/bzw. Minimierungsmaßnahme kann nicht darin bestehen, schlicht die Ursache für die Verletzung des Tötungsverbots, d. h. den fraglichen Horst, zu entfernen. Zudem ist es nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören. Es liegt auf der Hand, dass der Verstoß gegen ein Zugriffsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) nicht durch den Verstoß gegen einen anderen Verbotstatbestand aufgewogen werden kann. Dementsprechend geht die Klägerin offenbar selbst davon aus („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung“ vom 24.4.2015, S. 5), dass für diese Maßnahme eine Ausnahmeregelung nach § 45 (offenbar Abs. 7) BNatSchG erforderlich wäre. Dass Voraussetzungen für eine solche Ausnahme erfüllt wären, hat jedoch die Klägerin auch nicht ansatzweise dargetan, insbesondere auch nicht, ob die nach dem Windkrafterlass (S. 48) hierfür zugrunde liegenden Maßstäbe erfüllt wären.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Klägerin als unterliegender Partei aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, inwieweit zur Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Beobachtungen und Unterlagen Dritter zusätzlich zu Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass verwendet werden können, grundsätzliche Bedeutung hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 663.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Je Windenergieanlage war ein Streitwert von 221.000,00 EUR anzusetzen, da die Herstellungskosten jeweils bei 2.210.000,00 EUR liegen (Bl. 58 der Antragsunterlagen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden.

(2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an das Gericht zu übermitteln, an das der Antrag oder die Erklärung gerichtet ist. Die Wirkung einer Prozesshandlung tritt frühestens ein, wenn das Protokoll dort eingeht. Die Übermittlung des Protokolls kann demjenigen, der den Antrag oder die Erklärung zu Protokoll abgegeben hat, mit seiner Zustimmung überlassen werden.