Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens (Au 3 X 10.27, Au 3 X 12.730) hat der Kläger zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Durchführung bestimmter Sicherungsmaßnahmen am Ufer eines Gewässers.

1. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung A. und betreibt darauf eine Obstplantage (Apfelanbau). An das Grundstück grenzt im Westen das katastertechnisch erfasste aber grundbuchmäßig nicht gebuchte Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung A. an, bei dem es sich um ein oberirdischer Gewässer zweiter Ordnung (... Ach) handelt. Entlang des Gewässers findet sich ein wenige Meter breiter Auwaldrest u. a. mit altem Schwarzerlen- und Eschenbestand. Bei dem Gewässerabschnitt einschließlich Uferrandstreifen handelt es sich um einen nach § 32 des Bundesnaturschutzgesetzes i. V. m. der EU-Richtlinie Flora-Fauna-Habitat geschützten Bereich. Im südwestlichen Bereich des Grundstücks des Klägers wurde das gegenüber liegende Ufer der ... Ach vom Beklagten teilweise befestigt.

In der Vergangenheit stürzten bei starkem Wind bereits einzelne Bäume aus dem gewässerbegleitenden Gehölzsaum auf das Grundstück des Klägers und richteten dort Schäden an den vorhandenen Apfelbäumen an.

Im Jahre 2009 wandte sich der Kläger an das Landratsamt L. als untere Naturschutzbehörde und an das Wasserwirtschaftsamt K. als die für die Gewässerunterhaltung zuständige Behörde und bat um Abhilfe. Anlässlich eines Ortstermins am 6. Juli 2009, an dem neben dem Kläger auch Vertreter der unteren Naturschutzbehörde und des Wasserwirtschaftsamtes teilnahmen, wurde dem Kläger zugestanden, sieben umsturzgefährdete Bäume zu entfernen. Mit Schreiben vom 25. September 2009 teilte das Wasserwirtschaftsamt den Bevollmächtigten des Klägers u. a. mit, dass eine wasserwirtschaftliche Notwendigkeit zur Entfernung der Bäume nicht bestehe. Soweit ersichtlich, hat der Kläger keine Bäume entfernt.

Am 29. Mai 2010 beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht „zur Sicherung des Beweises gemäß § 485 Abs. 2 ZPO“ die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens mit dem Ziel, durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens Beweis darüber zu erheben, dass Erosionsschäden und Auswaschungen auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung A. entlang des Flussverlaufs der ... Ach vorhanden sind, und folgende Fragen zu klären:

1. Besteht für sämtliche auf dem Grundstück des Klägers entlang des Ufers der ... Ach befindlichen Bäume Einsturzgefahr?

2. Ist dies darauf zurückzuführen, dass durch die Wasserkraft der ... Ach das Wurzelwerk der in Ziff. 1 genannten Bäume durch Auswaschungen freigelegt wird mit der Folge, dass die Bäume ihren natürlichen Halt im Erdreich verlieren?

3. Trifft dies insbesondere auf der Westseite des Flurstücks Nr. ... zu?

4. Wird die Erosion sowie die Auswaschungen in dem genannten Bereich dadurch begünstigt, dass der Antragsgegner das gegenüber liegende Ufer der ... Ach durch Einbringung von Steinen und Mauerwerk befestigt hat? Wird durch diese Befestigungsmaßnahme die Erosion und die Auswaschung des Erdreichs am Ufer des Flurstücks Nr. ... beschleunigt?

5. Welche Maßnahmen, insbesondere Uferbefestigungsmaßnahmen sind erforderlich, um die Standfestigkeit des oben geschilderten Baumbestandes zu sichern?

6. Welche Kosten müssen für die in vorangegangener Ziffer genannten Maßnahmen aufgewandt werden?

Mit Beschluss vom 23. Juli 2010 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab.

Auf die Beschwerde des Klägers hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 15. März 2012 den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. Juli 2010 auf und ordnete die klägerseits beantragte Beweiserhebung an; die weiteren erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen wurden dem Verwaltungsgericht übertragen.

Mit Beschluss vom 8. Oktober 2012 ordnete das Verwaltungsgericht die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu den klägerseits aufgeworfenen Fragen an. Mit der Erstellung wurde die von der Industrie- und Handelskammer Schwaben für die Sachgebiete Baumpflege, Verkehrssicherheit von Bäumen und Baumwertermittlung öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige Dipl.-Ing. agr. ... ..., ..., beauftragt. Die Sachverständige wurde ermächtigt, bei Bedarf Gutachten weiterer Sachverständiger nach Ermessen einzuholen.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 6. Februar 2012 ließ der Kläger „zur Weiterleitung an die Sachverständige“ unter Vorlage eines Lageplans noch mitteilen, dass sich das Gewässerbett der Ach an einer Stelle um 2 m in Richtung seines Grundstücks verbreitert habe. Dies sei nach klägerischer Auffassung auf die durchgeführte Uferbefestigung auf der gegenüber liegenden Bachseite zurückzuführen.

Unter dem Datum 31. Januar 2013 erstattete die gerichtlich beauftragte Sachverständige ein Gutachten zu den vom Kläger aufgeworfenen Fragen unter Nrn.1., 2. und 3. Zur Beantwortung der übrigen Fragen hatte die Sachverständige ein Gutachten eines weiteren Sachverständigen (BGU Büro für Geotechnik und Umweltfragen ..., ...) vom 25. April 2013 eingeholt.

Die gerichtlich bestellte Sachverständige kommt zum Ergebnis, dass nicht bei sämtlichen uferbegleitenden 46 Bäumen auf dem klägerischen Grundstück Einsturzgefahr bestehe. 25 Bäume seien standsicher. Vier Bäume seien aufgrund weitreichender Zersetzung des Holzkörpers bzw. schlechter Vitalität nicht mehr verkehrssicher zu erhalten und müssten gefällt werden. Insgesamt 17 Bäume seien durch Auswaschungen im Wurzelbereich nicht mehr stand- und verkehrssicher; diese sind in dem Gutachten mit blauen Pfeilen gekennzeichnet.

Der weitere Gutachter beantwortet die vom Kläger gestellte vierte Frage dahingehend, dass die Erosion bzw. Auswaschungen am klägerischen Grundstück durch die Ufersicherung auf der anderen Bachseite nicht begünstigt werde. Die Ufersicherung auf der dem Klägergrundstück gegenüberliegenden Seite der Ach beträfen das Prallufer; das klägerische Ufer sei dort das Gleitufer, an dem es „definitionsgemäß“ zu Ablagerungen komme. Die Verbaumaßnahmen am gegenüberliegenden Ufer wirkten sich für das klägerische Ufer eher „wasserentziehend“ aus.

Die übrigen Fragen wurden dahingehend beantwortet, dass die Erstellung eines Betonfundaments oder der Einbau von Wasserbausteinen auf der klägerischen Uferseite nicht in Frage kommen könne. Eine Alternative seien ingenieurbiologische Verbaumaßnahmen durch sog. Schotterwalzen oder Faschinen. Die Kosten dafür seien je nach Ausführung auf zwischen 70,00 € bis 150,00 € netto je Laufmeter zu veranschlagen.

2. Am 6. September 2013 ließ der Kläger zum Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben. Er beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die im oder unmittelbar am Gewässerbett der ...Ach stehenden, in der Fotodokumentation zum Gutachten ... vom 31. Januar 2013 mit blauem Pfeil gekennzeichneten nicht mehr standsicheren Bäume zu fällen und entlang dem Gewässerbett zur Sicherung der Böschung Schotterwalzen oder Faschinen einzubauen und

dem Beklagten für den Fall der Nichtvornahme ein Zwangsgeld in einer vom Gericht zu bestimmenden Höhe anzudrohen.

Der Beklagte sei für den im Flussbereich befindlichen Auwald unterhaltungs- und verkehrssicherungspflichtig. Obwohl im selbstständigen Beweisverfahren die durch Auswaschungen bedingte Einsturzgefährdung einer Vielzahl von Bäumen sowie die Notwendigkeit einer dauerhaften Ufersicherung festgestellt worden sei, weigere sich der Beklagte, die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen durchzuführen.

Der Kläger habe einen Folgenbeseitigungsanspruch gegen den Beklagten, dessen Unterhaltungsverpflichtung sich auch auf die Erhaltung der Ufer und der standortgerechten Ufervegetation im FFH-Gebiet beziehe. Der Kläger selbst sei nicht befugt Baumfällungen oder Verbauungen vorzunehmen.

Die Verpflichtung des Beklagten zur Durchführung von Sicherungsmaßnahmen folge auch aus dem Gebot der Rücksichtnahme. Die dem Beklagten entstehenden Kosten seien verhältnismäßig.

Soweit das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Verkehrssicherungspflicht den Verwaltungsrechtsweg nicht für einschlägig erachte, möge der Rechtsstreit an das zuständige Zivilgericht verwiesen werden.

3. Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei unbegründet.

Soweit der Kläger vom Beklagten eine Beseitigung von Bäumen aufgrund der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht verlange, seien die Zivilgerichte zuständig. Im Übrigen sei der Kläger als Eigentümer selbst verkehrssicherungspflichtig. Die notwendigen Maßnahmen dürfe er auch durchführen.

Auf einen Folgenbeseitigungsanspruch könne sich der Kläger nicht berufen. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Kläger nicht die Wiederherstellung eines früheren, sondern die Herstellung eines neuen Zustands des Ufers begehre. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte durch rechtswidriges hoheitliches Handeln oder Unterlassen einen fortdauernden rechtswidrigen Zustand geschaffen habe. Der Beklagte habe die Unterhaltung des Gewässers gesetzeskonform und fachgerecht durchgeführt. Der Kläger könne aus der Unterhaltungspflicht auch keine Rechte herleiten, da diese nicht drittschützend sei. Gleiches gelte auch insoweit, als der Kläger den Einbau von Schotterwalzen oder Faschinen verlange.

4. In der mündlichen Verhandlung am 25. Februar 2014 stellte der Kläger u. a. klar, dass sich das Klagebegehren in Bezug auf die Ufersicherung (Einbau von Schotterwalzen oder Faschinen) nicht auf die gesamte Uferstrecke, sondern lediglich auf den erosionsgefährdeten Abschnitt mit einer Länge von ca. 100 m beziehe.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand der Klage ist die begehrte Verurteilung des Beklagten als Gewässerunterhaltungs- und - nach Meinung des Klägers - Verkehrssicherungspflichtiger zur Entfernung bestimmter Bäume und zur Befestigung einer linksseitigen Uferstrecke der ... Ach mit Schotterwalzen oder Faschinen. Dagegen verfolgt der Kläger nach dem eindeutigen Wortlaut seines Klageantrags nicht (mehr) die Sicherung unterspülter Bäume durch Einbringung von Wasserbausteinen zwischen den ausgewaschenen Baumwurzeln und deren Hinterfüllung, was noch Hintergrund des von ihm beantragten selbstständigen Beweisverfahrens war.

Nicht streitgegenständlich ist, ob der Kläger selbst einsturzgefährdete Bäume fällen oder eine Ufersicherung ausführen darf oder ob dies aufgrund öffentlich-rechtlicher, insbesondere naturschutzrechtlicher oder wasserrechtlicher Vorschriften zwingend ausgeschlossen ist.

Die Klage ist zulässig (1.), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg (2.)

1. Für die Streitsache insgesamt ist der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO) gegeben. Soweit für die geltend gemachten Ansprüche Bestimmungen der Wassergesetze oder das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungs- bzw. Abwehranspruchs als Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen, können ernsthafte Zweifel am Verwaltungsrechtsweg von vorneherein nicht bestehen. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auch zu prüfen, ob das Klagebegehren eine rechtliche Grundlage in einer Verletzung der (privatrechtlichen) Verkehrssicherungspflicht finden kann, wie der Kläger meint. Denn nach § 17 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) hat das Verwaltungsgericht die geltend gemachten Ansprüche unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Insoweit kann eine Verweisung an das Zivilgericht nicht erfolgen.

Auch im Übrigen bestehen gegen die Zulässigkeit der statthaften allgemeinen Leistungsklage keine Bedenken.

2. Der Kläger hat weder einen Anspruch darauf, dass der Beklagte die betreffenden Bäume, die in dem eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. agr. ... blau gekennzeichnet sind, entfernt, noch kann er die Sicherung eines Uferabschnitts durch den Einbau von Schotterwalzen oder Faschinen verlangen.

2.1 Entsprechende Ansprüche ergeben sich nicht unmittelbar aus Bestimmungen der (aktuellen, d. h. seit dem 1.3.2010 gültigen) Wassergesetze.

2.1.1 Der beklagte Freistaat Bayern ist zwar bezüglich der ... Ach, die im streitgegenständlichen Gewässerabschnitt als Gewässer zweiter Ordnung klassifiziert ist (Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 des Bayerischen Wassergesetzes [BayWG], § 1 Nr. 7.2.1 Verordnung über die Gewässer zweiter Ordnung [GewZweiV] vom 27. Oktober 2002, GVBl 2002, 592), Träger der Unterhaltungslast (Art. 22 Abs. 1 Nr. 2 BayWG), doch stellt die Gewässerunterhaltungspflicht, deren Inhalt nunmehr ausschließlich bundesrechtlich in § 39 Abs. 1 und 2 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) geregelt ist, nur eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung dar, auf deren Erfüllung (private) Dritte keinen im Klageweg durchsetzbaren Rechtsanspruch haben (vgl. Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 10. Aufl. 2010, § 39 Rn. 21 m. w. N.). Selbst wenn die klägerseits begehrten Maßnahmen als (notwendige) Unterhaltungsmaßnahmen i. S. d. § 39 Abs. 1 WHG zu qualifizieren wären (woran allerdings durchgreifende Zweifel bestehen), bestünde somit für den Kläger kein Anspruch unmittelbar nach dieser Vorschrift.

2.1.2 Der Kläger kann einen Anspruch auch nicht auf Art. 25 Abs. 4 Satz 3 BayWG stützen. Nach dieser Regelung, die eine normative Ausprägung des Gebots der Rücksichtnahme enthält (vgl. Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand Juli 2010, Art. 25 BayWG Rn. 17; Schwendner in Sieder/Zeitler, BayWG, Stand: September 2012, Rn. 35 zu Art. 25), hat der Unterhaltungspflichtige bei der Gewässerunterhaltung auf die Interessen der Duldungspflichtigen i. S. d. Art. 25 Abs. 1 BayWG (Gewässereigentümer, Anlieger) Rücksicht zu nehmen. Diese Bestimmung konkretisiert und begrenzt jedoch lediglich die Duldungsflicht und kann daher nur ein Abwehrrecht der Gewässereigentümer oder Anlieger gegen die Durchführung von ihr Eigentum oder sonstige Interessen übermäßig belastenden Maßnahmen im Zusammenhang mit der Gewässerunterhaltung begründen; für Ansprüche, wie sie der Kläger vorliegend verfolgt, bildet sie jedenfalls keine Grundlage.

2.2 Auch das Rechtsinstituts des öffentlich-rechtlichen Abwehr- oder (Folgen-) Beseitigungsanspruchs kann das Klagebegehren nicht tragen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Obergerichte (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 14. 12.1973 - IV C 50.71 - BVerwGE 44, 235; BayVGH, U.v. 2.2.2004, - 22 B 02.3084 - BayVBl 2005, 411 und U.v. 26.6.2007 - 22 ZB 07.214 - juris; VGH BW, U.v. 29.4.1993 - 8 S 2834/92 - NVwZ 1994, 1035; HessVGH, U.v. 26.2.1997 - 7 UE 2907/94 - NVwZ-RR 1997, 612) kann ein solcher Anspruch, der in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise unmittelbar aus Verfassungsrecht (Art. 20 Abs. 3, Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz - GG), teilweise aus der analogen Anwendung des § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) hergeleitet wird, einem Gewässernachbarn dann erwachsen, wenn aufgrund der Verletzung wasserrechtlicher Unterhaltspflichten konkrete Eingriffe in das durch Art. 14 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Eigentum drohen oder bereits eingetreten sind. Die Voraussetzungen dafür sind vorliegend jedoch schon deshalb nicht erfüllt, weil eine Verletzung der Gewässerunterhaltungspflicht durch den Beklagten nicht erkennbar ist.

Nach § 39 Abs. 1 WHG umfasst die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers seine Pflege und Entwicklung; dazu gehören insbesondere

1. die Erhaltung des Gewässerbettes, auch zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses,

2. die Erhaltung der Ufer, insbesondere durch Erhaltung und Neuanpflanzung einer standortgerechten Ufervegetation, sowie die Freihaltung der Ufer für den Wasserabfluss,

3. die Erhaltung der Schiffbarkeit von schiffbaren Gewässern mit Ausnahme der besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen,

4. die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers insbesondere als Lebensraum von wild lebenden Tieren und Pflanzen,

5. die Erhaltung des Gewässers in einem Zustand, der hinsichtlich der Abführung oder Rückhaltung von Wasser, Geschiebe, Schwebstoffen und Eis den wasserwirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht.

Die Gewässerunterhaltung muss sich an den Bewirtschaftungszielen nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 WHG ausrichten und darf die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden. Sie muss den Anforderungen entsprechen, die im Maßnahmenprogramm nach § 82 WHG an die Gewässerunterhaltung gestellt sind. Bei der Unterhaltung ist der Erhaltung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts Rechnung zu tragen; Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft sind zu berücksichtigen (Abs. 2). Die bei der Bewirtschaftung allgemein zu beachtenden Ziele (§ 6 Abs. 1 WHG) sind gerichtet auf die Verfolgung wasserwirtschaftlicher Belange und die Erfüllung wasserwirtschaftlicher Anforderungen (vgl. OVG NRW, B.v. 9.6.2011 - 20 B 151/11 - ZfW 2012, 46). Gewässer, die sich in einem natürlichen oder naturnahen Zustand befinden, sollen in diesem Zustand erhalten bleiben und nicht naturnah ausgebaute natürliche Gewässer sollen so weit wie möglich wieder in einen naturnahen Zustand zurückgeführt werden, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 WHG).

Von diesen Vorgaben des Gesetzes ausgehend ist nicht ersichtlich, dass das Wasserwirtschaftsamt in der Vergangenheit durch aktives Handeln oder Unterlassen in dem betreffenden Gewässerabschnitt die Unterhaltungspflicht verletzt hätte. Der Kläger hat auch nicht dargetan, inwieweit im wasserwirtschaftlichen oder auch nur sonstigen öffentlichen Interesse gebotene Maßnahmen der Gewässerunterhaltung in der Vergangenheit unterlassen worden sein sollen. Wenn er meint, dass zur ordnungsgemäßen Unterhaltung der ... Ach jedenfalls auch die Befestigung des (linksseitigen) Ufers und die Sicherung des Wurzelstandraums der Uferbäume gehört hätte, so kann ihm nicht beigepflichtet werden. Diese Maßnahmen hätten vielmehr ausschließlich seinem privaten Interesse gedient; aus wasserwirtschaftlicher Sicht - etwa um den Wasserabfluss zu gewährleisten - waren diese jedoch nicht geboten, sondern stellten sich im Hinblick auf die ökologische Funktion des Gewässers, deren Berücksichtigung bei der Durchführung der Gewässerunterhaltung eine gewichtige Bedeutung zukommt (zumal es sich um ein FFH-Gebiet handelt), eher als kontraproduktiv dar.

2.3 Der Kläger kann die von ihm verfolgten Ansprüche auch nicht auf das (nachbarschützende) Gebot der Rücksichtnahme stützen. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BVerwG, U.v. 15.7.1987 - 4 C 56.83 - BVerwGE 78, 40/41 f. m. w. N.; BayVGH, B.v. 11.6.2013 - 8 ZB 12.784 - BayVBl 2013, 690), der das erkennende Gericht folgt, der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz für den Bereich des Wasserrechts sich - nicht anders als für andere Gebiete des öffentlichen Rechts - grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften herleiten lässt, die das individuell geschützte private Interesse Dritter und die Art der Verletzung dieser Interessen deutlich erkennen lassen. Eine solche Rechtsvorschrift ist den oben darlegten Regelungen des Wasserhaushaltsgesetz für den Bereich der Gewässerunterhaltung nicht zu entnehmen. Soweit Art. 25 Abs. 4 Satz 3 BayWG eine Ausprägung des Rücksichtnahmegebots enthält, betrifft dies nicht den hier einschlägigen Sachverhalt, sondern lediglich die Duldungspflicht des Gewässeranliegers und vermittelt diesem ein Abwehrrecht (siehe dazu oben 2.1.2).

2.4 Auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht, die von der zivilrechtlichen Rechtsprechung und Lehre aus der deliktischen Haftungsnorm des § 823 Abs. 1 BGB entwickelt wurde, kann der Kläger vom Beklagten die Durchführung der begehrten Maßnahmen nicht verlangen, denn dem Beklagten obliegt insoweit keine Verantwortlichkeit bzw. Garantenstellung.

Wer in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, ist verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung Anderer möglichst zu verhindern (vgl. BGH, U.v. 16.2.2006 - III ZR 68/05 - DVBl. 2006, 767; U.v. 25.2.1993 - III ZR 9/92 - ZfW 1993, 214; Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 823 Rn. 48).

Der Beklagte hat weder durch aktives Tun noch durch pflichtwidriges Unterlassen eine ihm zurechenbare Gefahrenlage im Hinblick auf den Verlust der Standsicherheit von uferbegleitenden Bäumen oder der Unterspülung des Wurzelbereichs geschaffen.

Ein aktives gefahrbegründendes Handeln des Beklagten ist nicht erkennbar. Soweit der Kläger meint, dass durch die in der Vergangenheit durchgeführten Befestigungs- bzw. Verbauungsmaßnahmen am rechtsseitigen Ufer der ... Ach die Erosion an seinem gegenüberliegenden Grundstück begünstigt worden und es dadurch auch zu (verstärkten) Auswaschungen im Wurzelstandraum der dortigen Bäume gekommen sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Wie das auf seinen Antrag hin im selbstständigen Beweisverfahren eingeholte Gutachten des Büros für Geotechnik und Umweltfragen ... überzeugend darlegt, wird das Grundstück des Klägers bzw. das dortige linksseitige Ufer des Gewässers durch die Verbauungen in keiner Weise beeinträchtigt, sondern vielmehr „begünstigt“, nachdem sich im dortigen linksseitigen Uferbereich der sog. Gleithang befindet.

Dem Beklagten ist auch nicht aufgrund pflichtwidrigen Unterlassens eine Gefahrensituation in Bezug auf das klägerische Eigentum zuzurechnen. Für die ... Ach, deren Wasserfluss bzw. Wellenschlag die Auswaschungen der Wurzelbereiche und des Ufers verursacht hat, ist der Beklagte zwar Träger der Unterhaltungslast, doch hat er insoweit nicht pflichtwidrig Maßnahmen zum Schutz der Bäume und des klägerischen Grundstücks im Übrigen unterlassen. Wie oben dargelegt, umfasst die Unterhaltungsverpflichtung lediglich Maßnahmen, die im wasserwirtschaftlichen Interesse oder im Interesse des Wohls der Allgemeinheit geboten sind, nicht jedoch solche, die ausschließlich dem Interesse einzelner privater Dritter dienen.

Den Beklagten trifft auch nicht aufgrund Eigentümer- und/oder Besitzerstellung eine Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf die vom Kläger monierten Schäden oder Gefahren.

Das Eigentum „an einem Gewässer“ kann sich nur auf das Grundstück als solches beziehen; allein an der „fließenden Welle“ kann kein Eigentum bestehen (§ 4 Abs. 3 WHG). Der Freistaat Bayern ist nicht Eigentümer des Gewässergrundstücks; das Gewässergrundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung A., das lediglich katastertechnisch erfasst, d. h. vermessen, und dem eine eigenen Flurstücksnummer zugeordnet ist, wird nicht im Grundbuch mit einem eigenen Grundbuchblatt geführt. Der Beklagte kann deshalb auch nicht als Eigentümer eingetragen sein. Nachdem der Beklagte auch nicht Eigentümer eines Ufergrundstücks ist, kann sich eine Eigentümerstellung zu seinen Gunsten auch nicht aus § 4 Abs. 5 WHG, Art. 6 Abs. 1 BayWG ergeben (vgl. dazu OVG NRW, B.v. 9.6.2011 - 20 B 151/11 - ZfW 2012, 46). Der Beklagte ist auch nicht Besitzer des Gewässergrundstücks. Ihm steht vielmehr lediglich die Befugnis (und die Pflicht) zur Durchführung von Unterhaltungsmaßnahmen zu. Diese beinhalten jedoch - wie dargelegt - nicht Maßnahmen, die allein dem Schutz privater Interessen, wie hier, dem Interesse des Klägers dienen. Es kann somit auch keine Rede davon sein, dass der Beklagte in seinem Verantwortungsbereich einen gefährlichen Zustand andauern lässt.

Vorliegend dürfte vielmehr kein Zweifel daran bestehen, dass der Kläger selbst Eigentümer und Besitzer des Ufer- und damit auch eines Teils des Gewässergrundstücks bis zur Mittellinie der ... Ach ist (§ 4 Abs. 5 WHG, Art. 6 BayWG). Damit stehen auch die gewässerbegleitenden Bäume, die nach § 94 Abs. 1 BGB Grundstücksbestandteil sind, in seinem Eigentum und Besitz, so dass ihn hinsichtlich dieser Bäume die Verkehrssicherungspflicht trifft.

3. Nachdem der Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Entfernung umsturzgefährdeter Uferbäume und auf Einbau von Schotterwalzen oder Faschinen hat, kann auch die begehrte Androhung von Zwangsgeld nicht in Betracht kommen.

4. Nach allem ist die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Kostentragungspflicht umfasst auch die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


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(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht w

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Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 27 Bewirtschaftungsziele für oberirdische Gewässer


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Bundesgerichtshof Urteil, 16. Feb. 2006 - III ZR 68/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 68/05 Verkündet am: 16. Februar 2006 Böhringer-Mangold Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 8

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(2) Die in die Liste nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG aufgenommenen Gebiete sind nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 4 dieser Richtlinie und die nach Artikel 4 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG benannten Gebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 zu erklären.

(3) Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzzweck entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen und die erforderlichen Gebietsbegrenzungen. Es soll dargestellt werden, ob prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten zu schützen sind. Durch geeignete Gebote und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen ist sicherzustellen, dass den Anforderungen des Artikels 6 der Richtlinie 92/43/EWG entsprochen wird. Weiter gehende Schutzvorschriften bleiben unberührt.

(4) Die Unterschutzstellung nach den Absätzen 2 und 3 kann unterbleiben, soweit nach anderen Rechtsvorschriften einschließlich dieses Gesetzes und gebietsbezogener Bestimmungen des Landesrechts, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist.

(5) Für Natura 2000-Gebiete können Bewirtschaftungspläne selbständig oder als Bestandteil anderer Pläne aufgestellt werden.

(6) Die Auswahl und die Erklärung von Gebieten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 2 im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 richten sich nach § 57.

(7) Für Schutzerklärungen im Sinne der Absätze 2 und 3, für den Schutz nach anderen Rechtsvorschriften im Sinne von Absatz 4 sowie für Pläne im Sinne von Absatz 5 gilt § 22 Absatz 2a und 2b entsprechend. Dies gilt auch für Schutzerklärungen nach § 33 Absatz 2 bis 4 des Bundesnaturschutzgesetzes in der bis zum 28. Februar 2010 geltenden Fassung.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(1) Die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers umfasst seine Pflege und Entwicklung als öffentlich-rechtliche Verpflichtung (Unterhaltungslast). Zur Gewässerunterhaltung gehören insbesondere:

1.
die Erhaltung des Gewässerbettes, auch zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses,
2.
die Erhaltung der Ufer, insbesondere durch Erhaltung und Neuanpflanzung einer standortgerechten Ufervegetation, sowie die Freihaltung der Ufer für den Wasserabfluss,
3.
die Erhaltung der Schiffbarkeit von schiffbaren Gewässern mit Ausnahme der besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen,
4.
die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers insbesondere als Lebensraum von wild lebenden Tieren und Pflanzen,
5.
die Erhaltung des Gewässers in einem Zustand, der hinsichtlich der Abführung oder Rückhaltung von Wasser, Geschiebe, Schwebstoffen und Eis den wasserwirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht.

(2) Die Gewässerunterhaltung muss sich an den Bewirtschaftungszielen nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 ausrichten und darf die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden. Sie muss den Anforderungen entsprechen, die im Maßnahmenprogramm nach § 82 an die Gewässerunterhaltung gestellt sind. Bei der Unterhaltung ist der Erhaltung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts Rechnung zu tragen; Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft sind zu berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Unterhaltung ausgebauter Gewässer, soweit nicht in einem Planfeststellungsbeschluss oder einer Plangenehmigung nach § 68 etwas anderes bestimmt ist.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers umfasst seine Pflege und Entwicklung als öffentlich-rechtliche Verpflichtung (Unterhaltungslast). Zur Gewässerunterhaltung gehören insbesondere:

1.
die Erhaltung des Gewässerbettes, auch zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses,
2.
die Erhaltung der Ufer, insbesondere durch Erhaltung und Neuanpflanzung einer standortgerechten Ufervegetation, sowie die Freihaltung der Ufer für den Wasserabfluss,
3.
die Erhaltung der Schiffbarkeit von schiffbaren Gewässern mit Ausnahme der besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen,
4.
die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers insbesondere als Lebensraum von wild lebenden Tieren und Pflanzen,
5.
die Erhaltung des Gewässers in einem Zustand, der hinsichtlich der Abführung oder Rückhaltung von Wasser, Geschiebe, Schwebstoffen und Eis den wasserwirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht.

(2) Die Gewässerunterhaltung muss sich an den Bewirtschaftungszielen nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 ausrichten und darf die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden. Sie muss den Anforderungen entsprechen, die im Maßnahmenprogramm nach § 82 an die Gewässerunterhaltung gestellt sind. Bei der Unterhaltung ist der Erhaltung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts Rechnung zu tragen; Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft sind zu berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Unterhaltung ausgebauter Gewässer, soweit nicht in einem Planfeststellungsbeschluss oder einer Plangenehmigung nach § 68 etwas anderes bestimmt ist.

(1) Für jede Flussgebietseinheit ist nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 ein Maßnahmenprogramm aufzustellen, um die Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31, 44 und 47 zu erreichen. Die Ziele der Raumordnung sind zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(2) In das Maßnahmenprogramm sind grundlegende und, soweit erforderlich, ergänzende Maßnahmen aufzunehmen; dabei ist eine in Bezug auf die Wassernutzung kosteneffiziente Kombination der Maßnahmen vorzusehen. Das Maßnahmenprogramm enthält auch Maßnahmen nach Artikel 4 bis 10 der Richtlinie (EU) 2019/904.

(3) Grundlegende Maßnahmen sind alle in Artikel 11 Absatz 3 der Richtlinie 2000/60/EG bezeichneten Maßnahmen, die der Erreichung der Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31, 44 und 47 dienen oder zur Erreichung dieser Ziele beitragen.

(4) Ergänzende Maßnahmen, insbesondere im Sinne von Artikel 11 Absatz 4 in Verbindung mit Anhang VI Teil B der Richtlinie 2000/60/EG, werden zusätzlich zu den grundlegenden Maßnahmen in das Maßnahmenprogramm aufgenommen, soweit dies erforderlich ist, um die Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31, 44 und 47 zu erreichen. Ergänzende Maßnahmen können auch getroffen werden, um einen weitergehenden Schutz der Gewässer zu erreichen.

(5) Ergibt sich aus der Überwachung oder aus sonstigen Erkenntnissen, dass die Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31, 44 und 47 nicht erreicht werden können, so sind die Ursachen hierfür zu untersuchen, die Zulassungen für Gewässerbenutzungen und die Überwachungsprogramme zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen sowie nachträglich erforderliche Zusatzmaßnahmen in das Maßnahmenprogramm aufzunehmen.

(6) Grundlegende Maßnahmen nach Absatz 3 dürfen nicht zu einer zusätzlichen Verschmutzung der oberirdischen Gewässer, der Küstengewässer oder des Meeres führen, es sei denn, ihre Durchführung würde sich insgesamt günstiger auf die Umwelt auswirken. Die zuständige Behörde kann im Rahmen der §§ 47 und 48 auch die in Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe j der Richtlinie 2000/60/EG genannten Einleitungen in das Grundwasser zulassen.

(1) Die Gewässer sind nachhaltig zu bewirtschaften, insbesondere mit dem Ziel,

1.
ihre Funktions- und Leistungsfähigkeit als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten und zu verbessern, insbesondere durch Schutz vor nachteiligen Veränderungen von Gewässereigenschaften,
2.
Beeinträchtigungen auch im Hinblick auf den Wasserhaushalt der direkt von den Gewässern abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete zu vermeiden und unvermeidbare, nicht nur geringfügige Beeinträchtigungen so weit wie möglich auszugleichen,
3.
sie zum Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch im Interesse Einzelner zu nutzen,
4.
bestehende oder künftige Nutzungsmöglichkeiten insbesondere für die öffentliche Wasserversorgung zu erhalten oder zu schaffen,
5.
möglichen Folgen des Klimawandels vorzubeugen,
6.
an oberirdischen Gewässern so weit wie möglich natürliche und schadlose Abflussverhältnisse zu gewährleisten und insbesondere durch Rückhaltung des Wassers in der Fläche der Entstehung von nachteiligen Hochwasserfolgen vorzubeugen,
7.
zum Schutz der Meeresumwelt beizutragen.
Die nachhaltige Gewässerbewirtschaftung hat ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu gewährleisten; dabei sind mögliche Verlagerungen nachteiliger Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes sowie die Erfordernisse des Klimaschutzes zu berücksichtigen.

(2) Gewässer, die sich in einem natürlichen oder naturnahen Zustand befinden, sollen in diesem Zustand erhalten bleiben und nicht naturnah ausgebaute natürliche Gewässer sollen so weit wie möglich wieder in einen naturnahen Zustand zurückgeführt werden, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 68/05
Verkündet am:
16. Februar 2006
Böhringer-Mangold
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 823 Dc; Nieders. WasserG § 84
Zu den Sorgfaltspflichten des Betreibers einer Stauanlage bei Hochwasser.
BGH, Urteil vom 16. Februar 2006 - III ZR 68/05 - OLG Celle
LG Verden
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 16. März 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin betreibt in R. in der M. Straße einen Einzelhandel für Büroartikel und eine Druckerei. Ca. 50 m nördlich unterquert der sogenannte M. , ein Arm der Wiedau, die M. Straße. Unmittelbar an dem Brückenbauwerk befindet sich ein zu einer Wassermühle des Beklagten gehörendes bewegliches Stauwehr. Das Sommerstauziel hierfür ist seit einer Entscheidung des Kreisausschusses des Kreises R. vom 29. September 1921 auf 19,35 m über NN festgesetzt.
2
In den Tagen vor dem 17. Juli 2002 kam es Norddeutschland zu ergiebigen Regenfällen. Weitere Niederschläge vom 18. und 19. Juli 2002 bewirkten unter im Einzelnen streitigen Umständen eine Überschwemmung großer Teile der M. Straße, durch die auch das Hausgrundstück der Klägerin überflutet wurde. Für ihren auf 361.237,60 € bezifferten Schaden macht die Klägerin den Beklagten verantwortlich. Sie hat vorgetragen, er habe das Stauwehr nicht, wie erforderlich, bereits am 17. Juli 2002, als das Sommerstauziel überschritten worden sei, oder zumindest in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli 2002 vollständig geöffnet, sondern erst am 19. Juli 2002 gegen 12.30 Uhr. Hierdurch bedingt habe sich das Wasser oberhalb des Wehrs und in der M. Straße bis zu einem Wasserstand von 20,48 m über NN aufgestaut. Hätte der Beklagte demgegenüber sein Stauwehr rechtzeitig geöffnet, wäre die festgesetzte Stauhöhe nicht überschritten und die Überschwemmung vermieden worden.
3
Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte seine Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt hat. Eine Haftung lasse sich nur begründen, wenn der Beklagte als Staurechtsinhaber seiner Verpflichtung, die Wehrklappen rechtzeitig im Falle einer Überschwemmungsgefahr zu öffnen, nicht nachgekommen sei. Es lasse sich jedoch unabhängig von einer etwaigen objektiven Pflichtwidrigkeit jedenfalls nicht feststellen, zu welchem Zeitpunkt der Beklagte bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt eine Hochwassergefahr für das Stadtgebiet habe erkennen können und ob er dann noch eine Überschwemmung durch vollständiges Niederlegen des Wehrs hätte vermeiden können. Eine Beobachtungspflicht hinsichtlich der Hochwassergefahr habe jedenfalls nicht ihm, sondern dem Landkreis obgelegen. Der Beklagte sei nur verpflichtet gewesen, Gefahren abzuwenden, die er selbst an Ort und Stelle habe erkennen können. Alles andere sei in den administrativen Bereich gefallen, so dass eine prophylaktische Öffnung des Wehrs von ihm nicht habe erwartet werden können.
6
Das Sommerstauziel spiele bezüglich der Hochwassergefahr keine Rolle. Die Staumarke habe nicht die Funktion eines Hochwasserschutzes, sondern solle einen Ausgleich zwischen den Interessen des Beklagten als des Betreibers der Wassermühle (der einen möglichst großen Wasservorrat, also eine möglichst hohe Staumarke, besitzen wolle) und denen der Oberlieger (deren Wiesen nicht zu feucht werden sollten) sowie der Unterlieger (die auf einen ausreichenden Wasserzufluss angewiesen seien) herbeiführen. Aus einer Überschreitung der Stauhöhe könne die Klägerin deshalb als nicht zu dem durch das Stauziel geschützten Personenkreis gehörende Geschädigte nichts herleiten. Es komme daher auch nicht darauf an, wann der Beklagte oder sonst jemand die Haltung des Stauziels letztmals kontrolliert habe.
7
Der Beklagte sei außerdem nicht etwa verpflichtet gewesen, sich Kenntnis über die Pegelstände zu verschaffen, um eine Hochwassergefahr zu klären. Denn die Gefahrenabwehr und damit auch der Hochwasserschutz habe dem Landkreis oblegen. Im Übrigen hätte die bloße Kenntnis der Pegelstände auch nicht ausgereicht. Der Beklagte hätte sich vielmehr zusätzlich über die Situation in den Überschwemmungsgebieten der Rodau und der Wiedau informieren und die Frage der Wassersättigung beurteilen müssen. Die Klärung dieser Fragen sei aber in den administrativen Bereich des Landkreises gefallen, der gerade keine Veranlassung gesehen habe, dem Beklagten nach § 84 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) aufzugeben, die beweglichen Teile der Stauanlage zu öffnen, um das aufgestaute Wasser unter die Höhe der Staumarke zu senken.

II.


8
Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
1. Im Ansatz zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten - nur - unter dem Gesichtspunkt einer Verkehrssicherungspflichtverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) geprüft, auch soweit es um die Einhaltung der festgesetzten Stauhöhe geht.
10
a) Die dem jetzigen Niedersächsischen Wassergesetz vorausgegangenen gesetzlichen Regelungen in § 101 des Preußischen Wassergesetzes (PrWG) hatten zwar noch ausdrückliche Vorschriften über das Stauziel enthalten. Danach durfte das Wasser bei Stauanlagen nicht über die durch die Staumarke festgesetzte Höhe aufgestaut werden (Absatz 1). Sobald das Wasser über diese Höhe wuchs, hatte der Unternehmer durch Öffnen der beweglichen Teile der Stauanlage und durch Wegräumen aller Hindernisse (Treibzeug, Eis, Geschiebe und dergleichen) den Abfluss des Wassers ohne Anspruch auf Entschädigung sogleich und unausgesetzt so lange zu befördern, bis das Wasser wieder auf die Höhe der Staumarke gesunken war (Absatz 2 Satz 1). Diese Vorschriften wurden allgemein als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verstanden (Bergdolt, Preußisches Wasserrecht, 1957, Anm. zu § 101; Holtz/Kreutz/Schlegelberger, Das Preußische Wassergesetz, 3./4. Aufl. unveränderter Nachdruck 1955, § 101 Anm. 5; Wulff, Wassergesetz, 2. Aufl. 1928, § 101 Anm. 1; entsprechend zu der ähnlichen Bestimmung des Art. 31 BayWG: BayObLGZ 1980, 65, 70; Knopp in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, BayWG, Stand Juni 1995, Art. 31 Rn. 35; zu § 41 Abs. 1 HessWG a.F.: Becker, HessWG, 3. Aufl. 1997, § 41 Rn. 1; s. auch Senatsurteil vom 11. November 2004 - III ZR 200/03 - NVwZ-RR 2005, 149, 151). Sie sind mit diesem Inhalt aber nicht in das niedersächsische Wasserrecht übernommen worden; lediglich das in § 101 Abs. 2 Satz 2 PrWG normierte, hier nicht unmittelbar einschlägige Eingriffsrecht der Wasserpolizeibehörde bei Hochwasser entspricht dem heutigen § 84 NWG.
11
b) Eine gesetzliche Verpflichtung zum Hochwasserschutz bei Einwirkungen auf ein Gewässer enthält seit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vom 11. November 1996 (BGBl. I S. 1690) allerdings § 1a Abs. 2 WHG. Danach ist jedermann verpflichtet, bei Maßnahmen , mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um (unter anderem) eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden. Wegen ihrer gemeinwohlbezogenen Zielrichtung und ihres pauschalen Charakters ist diese Regelung jedoch nicht als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen (Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 165; Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl. 2003, § 1a Rn. 24; Knopp in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Stand September 2002, § 1a Rn. 22).
12
c) Ob § 313 StGB als Schutzgesetz gilt, wie die Revision meint, kann offen bleiben. Aus dem dort normierten, ebenfalls allgemein gefassten Verbot, Überschwemmungen herbeizuführen, ergäben sich jedenfalls keine über die zivilrechtliche Verkehrssicherungspflicht hinausgehenden Handlungspflichten.
13
2. Wer in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft oder andauern lässt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (Senatsurteil BGHZ 121, 367, 375; BGH, Urteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - NJW-RR 2003, 1459; Urteil vom 3. Februar 2004 - VI ZR 95/03 - NJW 2004, 1449, 1450; Urteil vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 33/05 - Rn. 11; Senatsurteil vom 2. Februar 2006 - III ZR 159/05 - zur Veröffentlichung vorgesehen; jeweils m.w.N.). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen , die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend halten darf, um andere vor Schäden zu bewahren. Voraussetzung ist daher, dass sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (BGH, Urteile vom 15. Juli 2003 aaO S. 1459 f.; vom 3. Februar 2004 aaO und vom 20. Dezember 2005 aaO).

14
3. a) Diese Grundsätze gelten - auch mit Rücksicht auf das erwähnte, für jedermann geltende Gebot des Hochwasserschutzes bei Einwirkungen auf Gewässer nach § 1a Abs. 2 WHG (dazu näher Breuer, aaO, Rn. 164 f.; Czychowski /Reinhardt, aaO, § 1a Rn. 16 ff.) - ebenso für den den Wasserabfluss behindernden und dadurch insbesondere bei Hochwasser Dritte gefährdenden Betrieb einer Stauanlage. Dabei besteht ein Gebot, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen, zumindest dann, wenn die Grenzen des bestehenden Staurechts überschritten sind und der Betreiber sich deshalb auf keine geschützten Eigeninteressen mehr stützen kann. Das ist spätestens mit dem Zeitpunkt der Fall, in dem der Wasserstand die zulässige Stauhöhe übersteigt. Der Stauberechtigte hat daher auch ohne behördliche Weisung von sich aus einzugreifen und das Wehr in dem notwendigen Umfang zu öffnen oder sonstige Abflusshindernisse zu beseitigen, sobald das Hochwasser die obere Staumarke erreicht und weiter zu steigen droht. Dass das Niedersächsische Wassergesetz auf eine entsprechende ausdrückliche Regelung wie in § 101 Abs. 2 Satz 1 PrWG verzichtet, ist ohne Bedeutung. Eine dahingehende Handlungspflicht des Betreibers ist auch beim Fehlen einer besonderen gesetzlichen Vorschrift Inhalt des Staurechts selbst. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beschränkt sich der Schutzbereich dieser Verpflichtung auch nicht auf die Oberund Unterlieger des Gewässers, sondern schließt wie allgemein die Verkehrssicherungspflichten grundsätzlich jeden durch den gefährlichen Zustand beeinträchtigten Dritten ein. Dazu gehört hier die Klägerin mit ihrem im Hochwasserbereich gelegenen Gewerbebetrieb.
15
Darüber b) hinaus kann es entgegen dem Berufungsgericht für den Betreiber eines Stauwehrs aber auch geboten sein, bereits vorsorglich bei drohendem Hochwasser Schutzvorkehrungen zu treffen und die beweglichen Teile seiner Stauanlage zu öffnen. Die Ausübung des Staurechts ist aus Gründen des Gemeinwohls von vornherein mit der Pflicht zu schadensverhütenden oder -vorbeugenden Maßnahmen belastet (Reffken in Haupt/Reffken/Rhode, NWG, Stand Juni 1999, § 84 Rn. 3). § 84 NWG enthält insoweit zwar nur eine Ermächtigung für wasserbehördliche Anordnungen gegenüber dem Unternehmer. Das ist im Kern jedoch gleichzeitig ein privatrechtliches Gebot der Verkehrssicherung zum Schutze Dritter. Eine eigene Handlungspflicht des Inhabers setzt allerdings voraus, dass er nach seinen eigenen, regelmäßig beschränkten Erkenntnismöglichkeiten mit dem alsbaldigen Eintritt von Hochwasser rechnen muss. Hierzu braucht er, wie dem Berufungsgericht zuzugeben ist, nicht selbst die Pegelstände im Einzugsbereich des Gewässers abzufragen und darauf gestützt eine eigene Hochwasserprognose zu treffen. Er darf sich jedoch andererseits allgemein oder ihm selbst zugänglichen Informationsquellen nicht verschließen und wird deshalb vor allem Hochwassermeldungen in den Medien sowie Geschwindigkeit und Maß des Wasseranstiegs an dem Stauwehr beobachten müssen. Drängt sich unter solchen Umständen die Gefahr eines Hochwassers und einer Überschwemmung im Bereich der Wehranlage auf, ist unabhängig von einem behördlichen Einschreiten ein Öffnen der Schütze oder Klappen in dem erforderlichen Umfang veranlasst, noch bevor der Wasserspiegel die zulässige Stauhöhe erreicht.
16
4. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht den Streitfall nicht geprüft. Sein Urteil kann darum nicht bestehen bleiben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die fehlenden Feststellungen nachzuholen.
Schlick Streck Kapsa
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 06.07.2004 - 5 O 564/02 -
OLG Celle, Entscheidung vom 16.03.2005 - 9 U 140/04 -

(1) Das Eigentum an den Bundeswasserstraßen steht dem Bund nach Maßgabe der wasserstraßenrechtlichen Vorschriften zu. Soweit sich aus diesem Gesetz, auf Grund dieses Gesetzes erlassener oder sonstiger wasserrechtlicher Vorschriften Verpflichtungen aus dem Gewässereigentum ergeben, treffen diese auch den Bund als Eigentümer der Bundeswasserstraßen.

(2) Wasser eines fließenden oberirdischen Gewässers und Grundwasser sind nicht eigentumsfähig.

(3) Das Grundeigentum berechtigt nicht

1.
zu einer Gewässerbenutzung, die einer behördlichen Zulassung bedarf,
2.
zum Ausbau eines Gewässers.

(4) Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Gewässern haben die Benutzung durch Dritte zu dulden, soweit für die Benutzung eine behördliche Zulassung erteilt worden oder eine behördliche Zulassung nicht erforderlich ist. Dies gilt nicht im Fall des § 9 Absatz 1 Nummer 3.

(5) Im Übrigen gelten für das Eigentum an Gewässern die landesrechtlichen Vorschriften.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.