I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit ihrer Abschiebung nach Italien.
Die Antragsteller zu 1 und 2, nigerianische Staatsangehörige, sind die Eltern der Antragstellerin zu 3 (geboren am 16.8.2011 in Italien).
Die Antragsteller reisten nach eigenen Angaben am 24. Mai 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 13. Juni 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag.
Am 13. Juni 2014 wurde mit den Antragstellern zu 1 und 2 das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats durchgeführt.
Der Antragsteller zu 1 gab u. a. an, die Eheschließung mit der Antragstellerin zu 2 habe im Jahr 2012 in Nigeria stattgefunden. Am 18. Juli 2011 habe er Nigeria verlassen. Ein Jahr und drei Monate habe er sich in Libyen und ein Jahr und acht Monate in Italien aufgehalten. Im Jahr 2013 habe er in Italien einen Asylantrag gestellt.
Die Antragstellerin zu 2 gab u. a. an, die Eheschließung habe im Jahr 2012 in Nigeria stattgefunden. Sie habe ihr Herkunftsland im Juni 2008 verlassen. Sie sei drei Monate in Libyen und fünf Jahre in Italien gewesen. Im Jahr 2008 habe sie in Italien einen Asylantrag gestellt.
Ein Abgleich der Fingerabdrücke des Antragstellers zu 1 mit der EURODAC-Datei ergab am 25. Juli 2014 einen Treffer der Kategorie 1 für Italien (...) und einen Treffer der Kategorie 1 für die Schweiz (*). Für die Antragstellerin zu 2 ergab sich kein Treffer.
Unter dem 9. September 2014 richtete das Bundesamt sowohl für den Antragsteller zu 1 als auch für die Antragstellerin zu 2 einschließlich ihrer Tochter ein Übernahmeersuchen an Italien, das die italienischen Behörden innerhalb von zwei Monaten nicht beantworteten.
Mit Bescheid vom 29. September 2014 lehnte das Bundesamt die Asylanträge als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung der Antragsteller zu 1 bis 3 nach Italien an (Nr. 2).
Dieser Bescheid wurde den Antragstellern zu 1 und 2 laut Postzustellungsurkunde am 2. Oktober 2014 zugestellt.
Am 7. Oktober 2014 erhoben die Antragsteller, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom 29. September 2014 aufzuheben.
Gleichzeitig wurde beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung von Klage- und Eilantrag wurde u. a. ausgeführt, dass die Antragsteller in einem asylbewerberheim in der Nähe von ... gelebt hätten. Dieses sei geschlossen worden und den Antragstellern zu 1 und 2 sei jeweils ein Betrag von 500 EUR mit der Aufforderung gegeben worden, nach Deutschland zu reisen. Sie hätten sich zunächst noch in Italien aufgehalten, hätten dort aber ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können, da es weder Arbeit noch staatliche oder nicht-staatliche Unterstützung gegeben habe. In Italien verfüge die Familie über kein soziales oder familiäres Netzwerk. Der Sohn der Antragsteller sei erst drei Jahre alt. Hinzu komme, dass der Antragsteller zu 1 wohl unter einer psychiatrischen Erkrankung leide. Insoweit werde ein ärztliches Attest noch nachgereicht werden. Das Bundesamt habe keinerlei Vorkehrungen getroffen, die sicherstellen würden, dass die Familie im italienischen Asylsystem korrekt aufgenommen würde. Aus den Berichten internationaler Organisationen ergebe sich, dass die Antragsteller in Italien eine Verletzung des Art. 4 der Grundrechtscharta der Europäischen Union erleiden hätten. Das Asylsystem in Italien funktioniere nicht so weit, dass sichergestellt sei, dass eine Familie mit einem kleinen Kind sicher aufgenommen werde.
Das Bundesamt legte dem Verwaltungsgericht München am 21. Oktober 2014 die Akten vor, äußerte sich aber nicht zur Sache.
Mit Beschlüssen vom 27. Oktober 2014 (Az. M 1 K 14.50573 und M 1 S 14.50574) wurden das Klage- und Eilverfahren nach Anhörung der Beteiligten an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen. Am 14. November 2014 gingen die Verfahren beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg ein und werden unter den Aktenzeichen Au 7 K 14.50318 und Au 7 S 14.50319 geführt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 34a Abs. 2 Satz1 AsylVfG) gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Au 7 K 14.50318) ist mit der im Tenor ausgesprochenen Maßgabe unbegründet.
1. Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. September 2014 hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 75 AsylVfG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 80 Rn. 146) sind vor allem die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache zu berücksichtigen. Stellt sich bei summarischer Betrachtung heraus, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, so hat das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse zurückzustehen.
Da § 34a AsylVfG den Erlass der Abschiebungsanordnung davon abhängig macht, dass die Abschiebung tatsächlich möglich und rechtlich zulässig ist, ist das Gericht im vorliegenden Fall der Auffassung, dass ein überwiegendes öffentliches Vollzugsinteresse jedenfalls dann angenommen werden kann, wenn sichergestellt ist, dass die Antragsteller zu 1 bis 3 zusammen, also unter Wahrung der Familieneinheit, nach Italien überstellt werden und das Bundesamt im Rahmen der Abschiebung in Abstimmung mit den italienischen Behörden sicherstellt - d. h. ausdrückliche Zusicherung der italienischen Behörden -, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält.
Ansonsten bestehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine rechtlichen Bedenken, an der Durchführung der Abschiebung nach Italien im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
2. Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
Hintergrund dieser Bestimmungen ist, dass Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft kraft Verfassungsrechts (Art. 16a Abs. 2 Grundgesetz/GG) als sichere Drittstaaten gelten, während sonstige sichere Drittstaaten durch Gesetz bestimmt werden. Wer sich in einem sicheren Drittstaat aufgehalten hat, bedarf grundsätzlich nicht des Schutzes eines anderen Staates. Bei Italien handelt es sich um einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union und damit um einen sicheren Drittstaat (§ 26a Abs. 2 AsylVfG).
Die Zuständigkeit von Italien ergibt sich aus Art. 20 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO), da Italien für die Behandlung des Asylantrags der Mutter der Antragstellerinnen zuständig ist (Art. 18 Abs. 1a, Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO)
3. Eine sogenannte verfassungskonforme Reduktion des § 34a AsylVfG ist jedoch für den Fall vorzunehmen, dass sich aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme aufdrängt, dass ein Asylbewerber von einem Sonderfall betroffen ist, der von dem im Grundsatz verfassungskonformen Konzept der „normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“, das den Bestimmungen der Art. 16a Abs. 2 GG und §§ 26a, 27a, 34a AsylVfG zugrunde liegt, abweicht (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49)). Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes kann danach ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ausnahmsweise begründet sein, wenn in dem zuständigen Drittstaat, in welchen der Asylbewerber zurückgeführt werden soll, die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt werden bzw., wenn es ernst zu nehmende, durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in diesem Mitgliedsstaat in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit beispielhaft Sonderfälle gebildet, wie etwa den Fall einer im Drittstaat drohenden Todesstrafe und andere Ausnahmesituationen; ein solcher Sonderfall läge auch dann vor, wenn die Gefahr bestünde, dass der Drittstaat sich des Flüchtlings ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen könnte.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss grundsätzlich die Vermutung gelten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Richtlinie sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht (EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411 und C-493/10 -NVwZ 2012, 417). Das bedeutet, dass erst dann, wenn sich der betreffende Mitgliedsstaat von der nach dem erwähnten Konzept als generell eingehalten zu vermutenden Verpflichtung gelöst hat, also die allgemein europaweit vereinbarten Mindeststandards aufgrund von innerstaatlichen systemischen Mängeln des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen nicht mehr gewährleistet bzw. gewährleisten kann, für den Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat, in den er zurückgeführt werden soll, kein hinreichender Schutz (mehr) besteht.
Eine solche verfassungskonforme Reduktion von § 34a AsylVfG ist vorliegend nicht angezeigt. Systemische Mängel sind zu dem gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse in Italien nicht erkennbar. Das Gericht schließt sich der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung an (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 30 ff.; OVG NW, U.v. 7.3.2014 - 1 A 21/12A. - DVBl 2014, 790 ff..; OVG RhPf, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris Rn. 42 bis 53; VG Augsburg, B.v. 26.8.2014 - Au 7 S 14.50207 - juris Rn. 23).
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem o.g. Urteil vom 28. Februar 2014 zur Frage des Vorliegens systemischer Mängel im italienischen Asylverfahren wie folgt ausgeführt:
„Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts für Menschenrechte (EGMR) ist in Italien nicht von systemischen Mängeln auszugehen. Dieser hat bei seinen aktuellen Entscheidungen unter Heranziehung der UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien (Juli 2012), des Berichts des Kommissars für Menschenrechte des Europarates (September 2012) sowie der Berichte von Nichtregierungsorganisationen und unter Würdigung des gesamten Asylsystems in Italien (Verfahrensmodalitäten, Organisation der Unterbringung, Anzahl der Einrichtungen und Unterkunftsplätze, medizinische Versorgung, Bereitstellung von Mahlzeiten, Kleidung etc.) folgende Erkenntnisse zugrunde gelegt: Es gebe in Italien ein System von Aufnahmeeinrichtungen: Neun staatliche CARA-Zentren für die Erstaufnahme während fünf Wochen, ca. 150 SPRAR-Einrichtungen von Gemeinden, Provinzen und wohltätigen Organisationen für die Zeit des Asylverfahrens während sechs Monaten; außerdem die in Großstädten angesiedelten Metropolitan-Aufnahmezentren und eine große Anzahl von Notunterkünften auf regional-lokaler Basis. Landesweit könnten je nach Bedarf bis zu 50.000 Plätze bereitgestellt werden, tatsächlich sei die gegenwärtige Anzahl aber erheblich niedriger. Schwierigkeiten bereiteten speziell die prompte Erkennung von Personen mit besonderem Schutzbedürfnis und die Wahrung der Familieneinheit im Rahmen der Verteilung. In einigen Einrichtungen, namentlich in Kalabrien und in der Lombardei, gebe es ganz gravierende Probleme. In den letzten Jahren seien mit Unterstützung des Europäischen Flüchtlingsfonds Aufnahmeeinrichtungen für Dublin-Rückkehrer geschaffen worden. Diese würden im Allgemeinen wieder in den früheren Stand ihres Asylverfahrens eingesetzt werden. Hierfür würde die Grenzpolizei das jeweils zuständige Amt für Einwanderung ausfindig machen und den Rückkehrer auffordern, sich dorthin zu begeben. Wenngleich die allgemeine Lage und die Lebensbedingungen der Asylbewerber in Italien einige Unzulänglichkeiten aufzeigten, seien aber keine systemischen Mängel bei der Bereitstellung von Hilfe und Einrichtungen für Asylbewerber zutage getreten. Vor diesem Hintergrund sei nicht anzunehmen, dass ein nach Italien zurückkehrender Asylbewerber, sei es in materieller, physischer oder psychischer Hinsicht, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr einer menschenunwürdigen Notlage ausgesetzt wäre - „ ... has not shown that ... future prospects if returned to Italy whether taken from a material, physical or psychological perspective, disclose a sufficiently real and imminent risk of hardship severe enough to fall within the scope of Article 3“ - (EGMR, E.v. 2.4.2013 - Nr. 27725/10 - ZAR 2013, 336 Rn.43ff., 78; B.v. 18.6.2013- Nr. 53852/11 -ZAR 2013, 338; E.v. 10.9.2013 - Nr. 2314/10 - www.hudoc. echr.coe.int Rn. 139; s. auch BVerwG, U.v. 1.6.2011 -10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22 Rn. 22, wonach der Begriff „real risk“ dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht).
Dieser Einschätzung entspricht die Auskunftslage gemäß den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts. Nach der Auskunft vom 11. Juli 2012 an das Verwaltungsgericht Freiburg könnten „derzeit“ alle Asylbewerber in öffentlichen Zentren untergebracht werden. Es gebe lokale/regionale Überbelegungen (z. B. Rom/Latium). Landesweit seien aber genügend Plätze vorhanden. Insbesondere in Norditalien seien die Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Zusätzlich zu den staatlichen und öffentlichen Einrichtungen gebe es kommunale und karitative Einrichtungen. Sofern sich Dublin-Rückkehrer noch im Asylverfahren befänden, werde ihnen eine Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung zugeteilt (ebenso: Auskunft vom 11.9.2013 an das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen). Auch die UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien vom Juli 2013 (S. 10 ff.) stellen die Erkenntnis, dass das Asylsystem keine systemischen Mängel aufweist, nicht in Frage. Die italienische Regierung habe ab 2011 erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der teilweise unzulänglichen Aufnahmeverhältnisse unternommen. Die als Asylbewerber registrierten Dublin-Rückkehrer hätten im Allgemeinen Zugang zu den Transitaufnahmezentren. Da deren Kapazitäten aber sehr begrenzt seien, könne es vorkommen, dass diese Personen u.U. einige Tage am Flughafen ausharren müssten, bis ein Platz in einem solchen Zentrum frei wird. Nach den Erkenntnissen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe erhalten Personen, deren Asylverfahren in Italien noch nicht abgeschlossen war, am Flughafen ein Bahnticket zur Weiterreise in die zuständige Region (Italien: Aufnahmebedingungen - aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, Oktober 2013, S. 13).
Demgegenüber berichten die Schweizerische Flüchtlingshilfe (a. a. O.) und borderline-europe e.V. (Judith Gleitze, Gutachten vom Dezember 2012 für das Verwaltungsgericht Braunschweig) von vielfältigen Unzulänglichkeiten bei der Unterbringung von Asylsuchenden in Italien. Aus den geschilderten zahlreichen Einzelfällen lässt sich nach Auffassung des Senats aber nicht der Schluss ziehen, dass hier systemische Schwächen vorliegen, welche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefährdung von Dublin-Rückkehrern zur Folge hätten. Aus den Berichten von UNHCR (a. a. O. S. 14 f.), der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (a. a. O. S. 69) und borderline-europe (a. a. O. S. 50 f.) geht zudem auch übereinstimmend hervor, dass die größten Probleme nicht während des Asylverfahrens auftreten, sondern bei denjenigen Personen, deren Asylverfahren mit oder ohne Zuerkennung eines Schutzstatus geschlossen worden sind. Für diese Personen endet der Anspruch auf Gewährleistung der Grundbedürfnisse im Allgemeinen mit dem Abschluss des Asylverfahrens. Nur unter bestimmten Umständen dürfen Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, danach noch bis zu sechs Monaten in der SPRAR-Einrichtung bleiben (EGMR, E.v. 2.4.2013, a. a. O. Rn. 43). Da es in Italien kein staatliches Sozialhilfesystem gibt (Auswärtiges Amt vom 11.7.2012, a. a. O. Nr. I 1 b), seien diese Personen - ebenso wie italienische Staatsangehörige - im Fall der Mittellosigkeit auf sich allein gestellt, wodurch in italienischen Großstädten vielfach Armutsviertel mit arbeits- und mittellosen Flüchtlingen entstanden seien. Berichte über diese allgemeine soziale Problematik sind somit kein hinreichendes Indiz für systemische Mängel im Asylverfahren.
Die genaue Zahl der Unterkunftsplätze lässt sich aus verschiedenen Gründen nur schwer bestimmen. UNHCR (24.4.2012, S. 3) ist für das Jahr 2012 davon ausgegangen, dass in zentralen Einrichtungen wie CARA und SPRAR insgesamt 8.000 Plätze vorhanden seien. Im Jahr 2011 sei zwischen den regionalen Regierungen und den örtlich zuständigen Behörden eine Vereinbarung getroffen worden, dergemäß Kriterien für die landesweite Verteilung von bis zu 50.000 Personen festgelegt wurden. Bis Anfang 2012 seien im Rahmen dieses Verteilungsplans tatsächlich 20.000 Personen untergebracht worden. Die Verantwortung hierfür obliege dem Leiter des Zivilschutzes. Bezüglich der Kapazität allein der SPRAR-Einrichtungen sei mittlerweile aber eine Aufstockung auf 8.000 Plätze vorgesehen (UNHCR, Juli 2013, S. 12). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe hat für das Jahr 2013 die Zahl der CARA-Plätze und die Zahl der SPRAR-Plätze mit jeweils ca. 5.000 beziffert und darüber hinaus auf ein Dekret des italienischen Innenministeriums vom September 2013 hingewiesen, demgemäß die SPRAR-Kapazität von 2014 bis 2016 auf 16.000 Plätze erhöht werden soll (a. a. O. S. 18, 22). Unter Berücksichtigung der Fluktuation (Wechsel in der Belegung) dürfte die tatsächliche Kapazität höher als die Zahl der Unterkunftsplätze sein. Im Hinblick auf die Zahl der in Italien im Jahr 2013 registrierten Asylanträge (28.000 - s. eurostat-pressemitteilung Nr. 46/2014) und die für das Jahr 2012 verfügbare Zahl der Dublin-Überstellungen nach Italien (3.551 - s. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O. S. 8) besteht zwischen dem Bedarf und der Kapazität an Unterkunftsplätzen jedenfalls keine solche Diskrepanz, dass die Möglichkeit der Unterbringung von Dublin-Rückkehren als unrealistisch zu erachten wäre.
Die Annahme von borderline-europe (a. a. O. S. 23 ff., S. 59), dass die Unterbringungsquote für Dublin-Rückkehrer von 2010 bis 2012 maximal nur 12% pro Jahr betragen habe, begegnet erheblichen Bedenken. Das Auswärtige Amt hat darauf hingewiesen, dass diesbezüglich belastbares statistisches Zahlenmaterial nicht vorhanden sei. Die (von borderline-europe zitierte) Aussage einer Mitarbeiterin der am Flughafen roma Fiumicino tätigen Arciconfraternita sei eine auf Erfahrungswerten basierende subjektive Feststellung (11.9.2013, S. 3). Der angegebene Prozentsatz bezieht sich auf die besondere Situation in Rom, welche nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts wegen der lokalen und regionalen Überbelegung in rom und Latium (11.7.2012, S. 6) allerdings nicht repräsentativ erscheint. Hinzu kommt, dass die von borderline-europe beschriebene Gruppe etwa zur Hälfte aus Personen besteht, die sich nicht im Asyl- bzw. Klageverfahren befinden, also keinen Anspruch auf Versorgung haben. Im Übrigen wäre noch zu berücksichtigen, dass nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts viele Dublin-Rückkehrer keinen Asyl- oder Schutzantrag stellen, da sie häufig nicht in Italien bleiben wollen. Somit stünden ihnen die Aufnahmeeinrichtungen nicht mehr offen (11.7.2012, S. 5). Diese Personen können folglich ebenfalls nicht zum Kreis der nicht untergebrachten Anspruchsberechtigten gezählt werden.“
4. Im Hinblick auf den Wortlaut des § 34 a AsylVfG, nach dem das Bundesamt die Abschiebung anordnet, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann, hat das Bundesamt - abweichend von der übrigen Aufgabenverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörde - neben zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten auch Duldungsgründe zu prüfen (BayVGH, B.v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - Rn. 4). Besondere Umstände, die zu einem Abschiebungsverbot führen könnten, liegen bei den Antragstellern nicht vor. Zwar hat der Bevollmächtigte der Antragsteller in seinem Klage- und Antragsschriftsatz vom 7. Oktober 2014 vorgetragen, dass der Antragsteller zu 1 wohl unter einer psychiatrischen Erkrankung leide und insoweit eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt würde. Ein ärztliches Attest, ob oder unter welcher Erkrankung der Antragsteller zu 1 leidet oder ob Reiseunfähigkeit vorliegt, wurde bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung dem erkennenden Gericht aber nicht übermittelt.
Damit liegen keinerlei Anhaltspunkte für eine Reiseunfähigkeit des Antragstellers zu 1 vor.
5. Die im Tenor ausgesprochene Verpflichtung des Bundesamts, im Rahmen der Abschiebung in Abstimmung mit den italienischen Behörden sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, berücksichtigt die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das in seinem Beschluss vom 17. September 2014 (Az.: 2 BvR 732/14, juris Rn. 14 bis 16) wie folgt ausführt:
„Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 2 M 38/11 -, InfAuslR 2011, S. 390 <392>).
c) So liegt es auch im vorliegenden Fall. Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen - wie gegenwärtig im Falle Italiens - aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen.
Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen nach dem Dublin-System vorrangig zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der uneingeschränkten Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls (vgl. nunmehr Erwägungsgrund 16 der neugefassten Verordnung Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin III-Verordnung) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit neugeborenen (vgl. Art. 15 Abs. 1 und 2 der Dublin II-Verordnung und Art. 16 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung) und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.“
Nach allem war der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit der Maßgabe abzulehnen, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der Abschiebung sicherstellt, dass die Antragsteller in Italien eine gesicherte Unterkunft erhalten.
7. Entsprechend der Tenorierung ist das Bundesamt im Zeitpunkt dieser Entscheidung seiner Aufgabe, in Abstimmung mit den italienischen Behörden sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, noch nicht nachgekommen, so dass die angeordnete Abschiebung (Ziffer 2 des Bescheids vom 29.9.2014) also erst - und nur dann - vollzogen werden kann, wenn das Bundesamt eine entsprechende Erklärung der italienischen Behörden beigebracht hat. Dementsprechend erscheint es angemessen, die Kosten des Verfahrens hälftig zu teilen (§ 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 2 VwGO).
Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).