Verwaltungsgericht Arnsberg Urteil, 15. Nov. 2018 - 7 K 3665/17
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d:
2Die Klägerin ist Halterin eines LKWs mit dem amtlichen Kennzeichen I. -N1. 0000. Mit diesem Fahrzeug wurde am 18. August 2016 um 9:23 Uhr auf der W.----straße , Einmündung Stadthalle in N2. das Rotlicht einer Lichtzeichenanlage nicht beachtet. Dies wurde von Einsatzkräften der Kreispolizeibehörde N3. L. beobachtet und als Ordnungswidrigkeitenanzeige mit der Bemerkung „deutlich sichtbares Rotlicht der LZA An der Stadthalle mißachtet“ aufgenommen.
3Mit Zeugenfragebogen vom 23. August 2016 wurde die Klägerin über die mit ihrem LKW begangene Ordnungswidrigkeit in Kenntnis gesetzt und gebeten, den Namen und die Anschrift des Fahrers des Tatfahrzeugs anzugeben. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Akteneinsicht in die Ermittlungsakte, um Angaben zum Fahrzeugführer machen zu können. Die Akteneinsicht wurde ihm gewährt. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 beantragte der Prozessbevollmächtigte die Verlängerung der von der Bußgeldbehörde gesetzten Stellungnahmefrist bis zum 4. November 2016. Die Fristverlängerung wurde gewährt. Eine weitere Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten der Klägerin oder der Klägerin selbst erfolgte nicht. Am 22. November 2016 wurde das Verfahren aufgrund der eingetretenen Verfolgungsverjährung eingestellt.
4Unter dem 12. Januar 2017 hörte der Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Anordnung einer Fahrtenbuchauflage an. Die Klägerin wandte sich hiergegen unter Angabe der Personalien und der Anschrift des über die Fahrerkarte des Tatfahrzeugs ermittelten Fahrzeugführers. Der Beklagte teilte der Klägerin mit, dass die Benennung des Fahrers mehr als zwei Monate nach Eintritt der Verfolgungsverjährung unbeachtlich sei. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärte hierauf, dass ihm die Geschäftsführerin der Klägerin rechtzeitig die Personalien des Fahrzeugführers des Tatfahrzeugs mitgeteilt habe, diese aber aus unerfindlichen Gründen nicht zur Akte gelangt seien. Er habe es daher versäumt, die Bußgeldstelle über den Namen und die Anschrift des Fahrers zu informieren. Der Name des Fahrers sei aber auch für die Bußgeldbehörde jederzeit über die LKW-Fahrerkarte ausfindig zu machen gewesen.
5Mit Ordnungsverfügung vom 7. März 2017, zugestellt am 9. März 2017, ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin für das Tatfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen I. -N1. 0000 bzw. für ein Ersatz-/Nachfolgefahrzeug oder anderes bereits auf die Klägerin zugelassenes Fahrzeug für die Dauer von 24 Monaten beginnend mit der Bestandskraft der Entscheidung die Führung eines Fahrtenbuches an. Ferner setzte der Beklagte Verwaltungsgebühren i.H.v. 153,50 € fest. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die Behörde habe nicht ermitteln können, wer zur Tatzeit des mit dem Fahrzeug der Klägerin begangenen Rotlichtverstoßes das Fahrzeug geführt habe, obwohl sie hierzu pflichtgemäß alles versucht habe. Die Klägerin habe weder über den zugesandten Zeugenfragebogen noch im Folgenden Angaben zum verantwortlichen Fahrer gemacht. Ihr Rechtsanwalt habe auch nach Akteneinsicht und trotz Fristverlängerung den Fahrer nicht benannt. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren habe daher mit Eintritt der Verfolgungsverjährung eingestellt werden müssen. Erst nachdem die Klägerin zur beabsichtigten Fahrtenbuchauflage angehört worden sei, habe sie den Führer des Tatfahrzeugs benannt, obwohl ihr der Name des Fahrers bereits im Bußgeldverfahren bekannt gewesen sei. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung sei der Eintritt der Verfolgungsverjährung. Eine danach erfolgte Fahrerbenennung sei unbeachtlich. Der Rotlichtverstoß, der mit einer Geldbuße von 90 € sowie der Eintragung von einem Punkt im Fahreignungsregister geahndet worden wäre, sei schwerwiegend. Die Auferlegung eines Fahrtenbuches sei daher gerechtfertigt. Dies gelte umso mehr, als gegen die Klägerin bereits mit Ordnungsverfügungen vom 8. Januar 2012 (zehn Monate), vom 24. Februar 2015 (zehn Monate) und vom 21. Juni 2016 (24 Monate) Fahrtenbuchauflagen angeordnet worden seien. Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage sei daher insgesamt verhältnismäßig.
6Am 10. April 2017 – einem Montag – hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten, insbesondere in Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Sämtliche ihrer Fahrzeuge seien mit Fahrerkarten ausgestattet, welche bei jeder Fahrt im Fahrzeug eingelegt sein müssten. Aus diesem Grunde sei das Führen eines Fahrtenbuches als schikanös anzusehen, zumal der Fahrerkarte jeweils zu entnehmen sei, wer zu welchem Zeitpunkt Fahrer des Transportfahrzeugs gewesen sei. Die ordnungsgemäße Handhabung einer Fahrerkarte, zu der sie ohnehin gesetzlich verpflichtet sei, entspreche dem ordnungsgemäßen Führen eines Fahrtenbuches. Daneben mache das Führen eines Fahrtenbuches keinen Sinn.
7Die Klägerin beantragt,
8die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 7. März 2017, Aktenzeichen: 00/Fbuch 00/0000 aufzuheben.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung bezieht er sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids sowie des von ihm übersandten Verwaltungsvorganges und trägt ergänzend vor: Am 9. März 2017, nach Zustellung der Verfügung, habe die Geschäftsführerin der Klägerin fernmündlich mitgeteilt, dass ihre Fahrzeuge mit digitalen Kontrollgeräten ausgestattet seien. Auf Vorhalt, dass es für sie als Fahrzeughalterin daher problemlos möglich gewesen sei, die Fahrerdaten auszulesen und zu übermitteln, habe sie entgegnet, die ermittelnden Behörden sollten sich die Fahrerangaben gefälligst bei ihr abholen. Die Einlassung der Klägerin lasse auf eine fehlende Mitwirkungsbereitschaft und eine entsprechende „Blockadehaltung“ schließen.
12Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 3. Mai und 24. Oktober 2017 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von dem Beklagten übersandten Verwaltungsvorganges verwiesen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
15Die Kammer entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
16Die gegen die Fahrtenbuchauflage erhobene statthafte Anfechtungsklage, die sich gemäß § 22 Abs. 1 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) auch gegen die mit der Sachentscheidung verbundene Kostenentscheidung richtet,
17vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 8 B 1626/10 –, juris, Rn. 6.
18ist zulässig, aber unbegründet.
19Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage findet ihre Rechtsgrundlage in § 31 a Abs. 1 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO). Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
20Hiervon ausgehend liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO vor. Mit dem Fahrzeug der Klägerin wurde am Tattag der in dem angefochtenen Bescheid beschriebene Rotlichtverstoß begangen. Dieser wurde von den im Einsatz befindlichen Polizeibeamten beobachtet und in der Ordnungswidrigkeitenanzeige dokumentiert. Die Klägerin hat diesen Verkehrsverstoß nicht bestritten.
21Die Feststellung des Fahrzeugführers, der die Verkehrsordnungswidrigkeit begangen hatte, war nicht möglich. Die Feststellung des Fahrzeugführers ist im Sinne von § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Die Angemessenheit der Aufklärung beurteilt sich danach, ob die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen unter sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel diejenigen Maßnahmen getroffen hat, die in gleichgelagerten Fällen erfahrungsgemäß Erfolg haben.
22Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17. Dezember 1982 – 7 C 3.80 –, juris, Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 – 8 A 280/05 –, juris, Rn. 21 m.w.N.
23Zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört grundsätzlich, dass der Halter – wie hier – möglichst umgehend, im Regelfall innerhalb von zwei Wochen, von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 1978 – VII C 77.74 –, juris, Rn. 18, sowie Beschluss vom 25. Juni 1987 – 7 B 139.87 –, juris, Rn. 2; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005, a.a.O, juris, Rn. 23.
25Ungeachtet der Ermittlungspflicht der Behörde bleibt es aber Sache des Fahrzeughalters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dabei obliegt es dem Halter insbesondere, dass er den ihm bekannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im L. der Nutzungsberechtigten fördert. Lehnt der Halter die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1982, a.a.O., juris, Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005, a.a.O., juris, Rn 27; Urteil vom 21. April 2008 – 8 B 482/08 –, juris, Rn. 27; Beschluss vom 14. November 2013 – 8 A 1668/13 –, juris, Rn. 8 jeweils m. w. N.
27Bei Firmenfahrzeugen fällt es zudem in die Sphäre der Geschäftsleitung, organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle einer Verkehrszuwiderhandlung ohne Rücksicht auf die Erinnerung Einzelner festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Die Geschäftsleitung kann deshalb ihrer Verpflichtung, bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Ordnungswidrigkeiten- bzw. Verwaltungsverfahren mitzuwirken, regelmäßig nicht mit der Behauptung genügen, es sei nicht möglich, den Fahrzeugführer ausfindig zu machen.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. November 2013 – 8 A 632/13 –, juris, Rn. 9 m.w.N.
29Hiervon ausgehend ist die Ermittlung des für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Fahrzeugführers innerhalb der Verjährungsfrist nicht gelungen. Es liegt kein Ermittlungsdefizit vor, das für dieses negative Ermittlungsergebnis ursächlich geworden wäre.
30Im vorliegenden Fall war die zuständige Behörde schon deshalb zu keinen weiteren Ermittlungen verpflichtet, weil die Klägerin als Halterin des Fahrzeugs den Zeugenfragebogen vom 23. August 2016 nicht an die Bußgeldbehörde zurückgesandt hat. Auch nach Akteneinsicht durch ihren Prozessbevollmächtigten und nach Gewährung einer Fristverlängerung für eine angekündigte Stellungnahme machte sie keinerlei Angaben. Aufgrund dieses Verhaltens der Klägerin verfügte die Bußgeldbehörde über keine konkreten Ermittlungsansätze. Zu weiteren Ermittlungen „ins Blaue hinein“ war sie ebenso wenig verpflichtet wie zu Nachforschungen, warum die Klägerin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter innerhalb der zur Stellungnahme eingeräumten Frist nicht reagiert haben.
31Es liegt auch kein Ermittlungsdefizit darin, dass sich die Bußgeldbehörde nicht erkundigt hat, ob das Tatfahrzeug mit einem digitalen Kontrollgerät ausgestattet war, und dass sie sich die hiermit aufgezeichneten Daten nicht hat vorlegen lassen. Hierzu war die Bußgeldbehörde nicht gehalten. Der Beklagte wurde erst nach Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens von der Klägerin darüber in Kenntnis gesetzt, dass ihre Fahrzeuge, d.h. auch das Tatfahrzeug, mit digitalen Kontrollgeräten ausgestattet sind und der Fahrer über eine Fahrerkarte verfügt. Unabhängig davon war es Sache der Klägerin, Unterlagen, die aus der Verwendung von digitalen Kontrollgeräten mit Fahrerkarte herrühren und originär aus ihrer betrieblichen Sphäre stammen, im Rahmen ihrer Mitwirkungsobliegenheit als Fahrzeughalterin von sich aus zur Fahrerermittlung vorzulegen. Dies ist der Klägerin als Unternehmerin aufgrund ihrer ohnehin bestehenden Aufbewahrungs- und Vorlagepflichten in Bezug auf die Aufzeichnungen des digitalen Kontrollgerätes auch ohne Weiteres möglich. Insoweit begründen die Aufbewahrungs- und Vorlagepflichten des Unternehmers nicht zugleich auch die Angelegenheit der Bußgeldbehörde, diese im Rahmen der Ermittlung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften heranzuziehen.
32Vgl. auch Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg, Beschluss vom 13. Juni 2016 – 7 L 806/16 –, n.v., bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 31. August 2016 – 8 B 761/16 –.
33Keine andere Beurteilung rechtfertigt sich daraus, dass die Klägerin dem Beklagten die Personalien des Fahrzeugführers nach Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens nach Eintritt der Verfolgungsverjährung mitgeteilt hat. Es kommt für die Anordnung der Fahrtenbuchauflage darauf an, ob der Fahrer bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung festgestellt werden konnte. Eine Fahrerbenennung danach schützt den Fahrzeughalter nicht vor der Anordnung der Fahrtenbuchauflage.
34Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 31. Oktober 2006 – 12 LA 463/05 –, juris, Rn. 6; Bayrischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 6. Oktober 1997 – 11 B 96.4036 –, MDR 1998, 153; OVG Berlin, Beschluss vom 30. Juni 1976 – I S 87.76 –, juris.
35Vor Eintritt der Verfolgungsverjährung hat die Klägerin der Bußgeldbehörde gegenüber den verantwortlichen Fahrzeugführer nicht benannt. Allerdings hatte sie nach ihrem Vortrag schon im Bußgeldverfahren die Aufzeichnungen des digitalen Kontrollgerätes des Tatfahrzeugs ausgewertet und Kenntnis von der Person des Fahrzeugführers zum Tatzeitpunkt erlangt und die entsprechenden Personalien auch an ihren Prozessbevollmächtigten weitergegeben, der diese aber nicht an die Bußgeldbehörde weitergegeben hatte. Dies ist unerheblich. Es ist ohne Bedeutung, aus welchen Gründen der Halter keine Angaben zur Sache gemacht hat. Insbesondere setzt die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nicht voraus, dass der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers sonst zu vertreten hat. Sendet der Halter – wie hier – den ihm übersandten Anhörungsbogen nicht an die Bußgeldbehörde zurück und macht er auch im Übrigen keine Angaben zur Sache, rechtfertigt dies bereits regelmäßig, auf seine fehlende Bereitschaft zur Mitwirkung zu schließen.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. März 2016, a.a.O, juris, Rn. 13, 15.
37Die vom Gericht nur nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO zu überprüfende Ermessensentscheidung des Beklagten, der Klägerin die Führung eines Fahrtenbuchs für die Dauer von 24 Monaten aufzuerlegen, ist auch ermessenfehlerfrei ergangen. Die Entscheidung ist insbesondere nicht unverhältnismäßig. Es liegt ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht vor. Die Bemessung des Gewichts einer Verkehrszuwiderhandlung ist dabei an dem in Anlage 13 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) niedergelegten Punktesystem zu orientieren.
38Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. März 2016, a.a.O., juris, Rn 31; Beschluss vom 30. Juni 2015 – 8 B 1465/14 –, juris, Rn. 32; Urteil vom 29. April 1999 – 8 A 699/97 –, juris, Rn. 21ff. bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 – 3 B 94.99 –, juris, Rn. 2; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005, a.a.O., juris, Rn. 32.
39Danach ist die Auferlegung eines Fahrtenbuches schon bei erstmaliger Begehung eines mit einem Punkt zu bewertenden Verkehrsverstoßes gerechtfertigt.
40Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. März 2018 – 8 B 233/18 –, juris, Rn. 9 und vom 13. Januar 2016 – 8 A 1030/15 –, juris, Rn. 15ff.
41Bei Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall die Auferlegung eines Fahrtenbuchs auch für die Dauer von 24 Monaten mit Blick auf den Schweregrad der Ordnungswidrigkeit sowie der Tatsache, dass gegenüber der Klägerin in zeitlich engem Zusammenhang bereits mehrfach (8. Januar 2012 für zehn Monate, 24. Februar 2015 für zehn Monate und 21. Juni 2016 für 24 Monate) Fahrtenbuchauflagen angeordnet wurden, verhältnismäßig.
42Die mit der Führung des Fahrtenbuchs verbundene geringfügige Belastung der Klägerin, die an der erforderlichen Aufklärung des Verstoßes nicht mitgewirkt hat, steht in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit der Anordnung verfolgten Zweck, die Sicherheit und Ordnung im Straßenverkehr zu gewährleisten und sicherzustellen, dass zukünftige Verkehrsverstöße nicht ungeahndet bleiben.
43Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage ist auch nicht dann von vornherein unverhältnismäßig, wenn das betroffene Fahrzeug – wie dies die Klägerin für ihre LKWs vorträgt – ohnehin mit einem digitalen Kontrollgerät mit Fahrerkarte für den jeweiligen Fahrer ausgerüstet ist. Die Verpflichtung zur Ausrüstung eines Fahrzeugs mit einem Fahrtschreiber bzw. digitalen Kontrollgerät und zur Führung bestimmter Schaublätter bzw. Speicherung bestimmter Aufzeichnungen für jede Fahrt spricht nicht schon für sich dafür, dass das Führen eines Fahrtenbuches in so gelagerten Fällen nicht erforderlich und zur Erhöhung der Aufklärungsquote von Verkehrszuwiderhandlungen auch nicht geeignet wäre.
44Vgl. a.A. VG Aachen, Beschluss vom 27. Mai 2015 – 2 L 333/15 –, juris, Rn. 14; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2016 – 6 K 3287/16 –, juris, Rn. 60.
45Dies ergibt sich schon aus § 57 a Abs. 4 StVZO, wonach weitergehende Anforderungen in Sondervorschriften auch im Falle von Fahrtschreibern und Kontrollgeräten unberührt bleiben. Aus dieser Regelung lässt sich schließen, dass bei mit Fahrtschreibern ausgerüsteten Fahrzeugen die Anordnung der Fahrtenbuchauflage nach § 31 a StVZO jedenfalls nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist.
46Vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 57 a StVZO Rn. 19; Sächsisches OVG, Urteil vom 28. August 2010 – 3 A 176/10 –, juris, Rn. 24.
47Ob die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage neben einer bereits bestehenden Verpflichtung, das in Rede stehende Fahrzeug mit einem Fahrtschreiber oder einem digitalen Kontrollgerät mit Fahrerkarte auszurüsten und einer damit verbundenen Vorlagepflicht der diesbezüglichen Aufzeichnungen, verhältnismäßig, d.h. insbesondere erforderlich ist, muss vielmehr für jeden Einzelfall geprüft werden.
48Bei der im Rahmen der Verhältnismäßigkeit durchzuführenden Einzelfallprüfung ist vom Zweck der Anordnung der Fahrtenbuchauflage auszugehen. Dieser besteht darin, sicherzustellen, dass bei künftigen Verkehrsverstößen mit einem Kraftfahrzeug die Feststellung des Fahrzeugführers ohne Schwierigkeiten möglich ist. Sie soll gewährleisten, dass in Zukunft der Täter einer Verkehrsordnungswidrigkeit im Hinblick auf die kurze Verjährung rechtzeitig ermittelt werden kann.
49Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 1989 – 7 B 90.89 –, NJW 1989, 2704; Sächsisches OVG, a.a.O., juris, Rn. 19; VG Aachen, a.a.O., juris, Rn. 15.
50Unter Beachtung dieses Gesetzeszwecks ist die Anordnung der Fahrtenbuchauflage neben der bereits nach § 57 a StVZO bestehenden Vorlagepflicht in Bezug auf die ebenfalls anzufertigenden Aufzeichnungen eines digitalen Kontrollgeräts mit Fahrerkarte im vorliegenden Fall verhältnismäßig.
51Dahinstehen kann dabei, ob ein mit Hilfe eines Fahrtschreibers oder eines digitalen Kontrollgerätes erstelltes Schaublatt bzw. entsprechende Aufzeichnungen grundsätzlich in gleicher Weise wie ein Fahrtenbuch zur Identifizierung des für die Verkehrsordnungswidrigkeit verantwortlichen Fahrzeugführers geeignet sind.
52Vgl. so Sächsisches OVG, a.a.O., juris, Rn. 22-24.
53Denn auch bei unterstellter Eignung des Schaublattes eines Fahrtschreibers bzw. der Aufzeichnungen eines digitalen Kontrollgeräts mit Fahrerkarte, den Zweck einer Fahrtenbuchauflage gleichermaßen zu erfüllen, kann die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage im konkreten Einzelfall erforderlich sein, um den verantwortlichen Fahrer einer Verkehrsordnungswidrigkeit zu ermitteln.
54Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen die Durchsetzung der Vorlagepflicht in Bezug auf die Fahrtenbuchauflage mit Blick auf die kurze Verfolgungsverjährungsfrist von drei Monaten bei Ordnungswidrigkeiten – wie hier – erfolgsversprechender erscheint, als die Durchsetzung der Vorlagepflicht der Schaublätter eines Fahrtschreibers bzw. der Aufzeichnungen eines digitalen Kontrollgeräts mit Fahrerkarte.
55Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass ein Fahrtenbuch nach § 31 a Abs. 3 StVZO jederzeit und – anders als bei der Vorlagepflicht in Zusammenhang mit den Aufzeichnungen eines Fahrtschreibers bzw. digitalen Kontrollgeräts – an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen ist. Demnach kann bei der Vorlagepflicht des Fahrtenbuches die das Fahrtenbuch anordnende Stelle nicht nur die Zeit, sondern auch den Ort der Vorlage bestimmen. Für den Fall, dass der Fahrzeughalter die Schaublätter bzw. digitalen Aufzeichnungen nicht freiwillig zur Verfügung stellt, wäre dagegen ein gerichtlicher Beschluss, der das Betreten des Betriebsgeländes des Fahrzeughalters gestattet, erforderlich. Dieses ggf. erforderliche Verfahren zur Durchsetzung der Vorlagepflicht im Falle eines Fahrtschreibers bzw. digitalen Kontrollgeräts kann Verzögerungen der Ermittlungen nach sich ziehen und dazu führen, dass der verantwortliche Fahrzeugführer nicht mehr innerhalb der dreimonatigen Verjährungsfrist ermittelt werden kann. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Fahrzeughalter – wie hier – in der Vergangenheit nicht an der Feststellung des Fahrzeugführers mitgewirkt hat.
56Zudem konnte die Bußgeldbehörde hier davon ausgehen, dass der Prozessbevollmächtige der Klägerin sich im laufenden Bußgeldverfahren – wie von ihm angekündigt – zum Namen und zur Anschrift des Fahrers verhalten würde. Daher hatte die Bußgeldbehörde weder Anlass noch entsprechende Ermittlungsansätze, um zwischenzeitlich tätig zu werden. Entgegen dem von der Klägerin erzeugten Eindruck, sie wolle bei der Fahrerermittlung mitwirken, erfolgte aber auch nach Ablauf der Frist zur Stellungnahme – die zuvor auf Antrag verlängert worden war – keine Reaktion. Diese Verhaltensweise der Klägerin führte dazu, dass aufgrund der inzwischen verstrichenen Zeit die Handlungsmöglichkeiten der Bußgeldbehörde bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung eingeschränkt waren. In diesen Fällen stellt sich die Durchsetzung der Vorlagepflicht eines Fahrtenbuches – unterstellt dieses sei angeordnet worden – an einem von der Behörde festgelegten Ort beispielsweise durch Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern erfolgsversprechender dar als die zeitintensivere Durchsetzung der Vorlagepflicht der Aufzeichnungen des digitalen Kontrollgeräts der Klägerin, die ggf. nur nach Einholung eines richterlichen Beschlusses, der das Betreten des (Firmen-)Geländes erlaubt, möglich wäre.
57Schließlich spricht für die Verhältnismäßigkeit der Fahrtenbuchauflage in diesen Fällen der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft des Fahrzeughalters auch, dass die Anordnung der Fahrtenbuchauflage den zuständigen Behörden ein weiteres Instrument an die Hand gibt, welches zusätzlich positiv auf die Motivation des Fahrzeughalters einwirken kann, an der Aufklärung des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes mitzuwirken. Sowohl das nicht ordnungsgemäße Führen der Aufzeichnungen eines Fahrtschreibers bzw. digitalen Kontrollgeräts als auch des Fahrtenbuches sowie die Verletzung der in diesem Rahmen bestehenden Aufbewahrungs- und Vorlagepflichten stellen bei entsprechendem Verschuldensnachweis eigenständige Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG i.V.m. § 69a Abs. 5 Nr. 4 und 4a) bzw. Abs. 5 Nr. 6a) bis Nr. 6c) StVZO dar. Verweigert der Fahrzeughalter die Vorlage der entsprechenden Schaublätter bzw. Aufzeichnungen, begeht er damit eine Ordnungswidrigkeit. Ist aber zusätzlich eine Fahrtenbuchauflage angeordnet, besteht die insoweit gesteigerte Chance, dass der Fahrzeughalter an der Ermittlung des Fahrzeugführers mitwirkt. Denn in diesem Fall könnte der Fahrzeughalter unter der Last und der Aussicht, durch Verweigerung der Vorlage der Aufzeichnungen des digitalen Kontrollgeräts und auch des Fahrtenbuches zwei Ordnungswidrigkeiten zu begehen, von der Verweigerung der Vorlage Abstand nehmen.
58Schließlich ist auch die Gebührenfestsetzung des Beklagten in Höhe von 153,50 € rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Rechtsfehler bei der Erhebung der Gebühr sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
59Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
60Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung.
61Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO sind nicht gegeben.
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 1. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.432,36 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
3Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene gerichtliche Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass keine rechtlichen Bedenken gegen die im Hauptsacheverfahren angefochtene Fahrtenbuchauflage bestehen, nicht in Frage. Die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtmäßig.
4Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO kann die zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Mit dem Fahrzeug der Antragstellerin ist gegen Verkehrsvorschriften verstoßen worden (dazu 1.). Die Feststellung des Fahrzeugführers war der zuständigen Behörde nicht möglich (dazu 2.). Die Antragsgegnerin hat das ihr zukommende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (dazu 3.).
51. Mit dem Fahrzeug der Antragstellerin ist eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften - Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften nach § 24 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO und § 41 Abs. 1 StVO i. V. m. Anlage 2 Abschnitt 7 Nr. 49 (Zeichen 274) - begangen worden. In diesem Abschnitt der Bundesautobahn BAB 2, Fahrtrichtung Hannover, ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 130 km/h beschränkt.
6Die Überschreitung (um 48 km/h) steht auch in tatsächlicher Hinsicht fest. Die Behörde, die die Auferlegung eines Fahrtenbuchs prüft, muss dabei ebenso wie das Verwaltungsgericht in einem sich anschließenden Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage alle Tatbestandsmerkmale der Bußgeld- bzw. Strafvorschrift selbstständig prüfen. Dabei können solche Messergebnisse, die mit amtlich zugelassenen Geräten in standardisierten Verfahren gewonnen werden, nach Abzug der Messtoleranz von Behörden und Gerichten im Regelfall ohne Weiteres zu Grunde gelegt werden; mögliche Fehlerquellen brauchen in einem solchen Fall nur erörtert zu werden, soweit der Einzelfall dazu konkrete Veranlassung gibt.
7Vgl. OVG NRW, Urteil vom 31. März 1995 - 25 A 2798/93 -, NWVBl. 1995, 388 = juris Rn. 2, im Anschluss an BGH, Beschluss vom 19. August 1993 ‑ 4 StR 627/92 -, BGHSt 39, 291 = juris Rn. 20 und 25; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Dezember 2012 - 8 A 1673/12 -, Seite 2 f. des Beschlussabdrucks, vom 19. Februar 2014 - 8 A 2754/13 -, Seite 2 f. des Beschlussabdrucks, vom 17. Juni 2014 - 8 B 183/14 -, Seite 4 des Beschlussabdrucks, jeweils nicht veröffentlicht, und vom 5. März 2015 - 8 B 1213/14 -, juris Rn. 5; vgl. allgemein zu standardisierten Messverfahren etwa Krumm, DAR-Extra 2011, 738 ff., Fromm, NZV 2013, 16 ff., und Rebler, SVR 2013, 208 ff.
8Gemessen hieran stellen die von der Antragstellerin geäußerten allgemeinen Bedenken die Richtigkeit der Messung nicht in Zweifel.
9Die Feststellung des Verkehrsverstoßes erfolgte in einem standardisierten Messverfahren. Das verwendete Geschwindigkeitsüberwachungsgerät TRAFFIPAX TraffiStar S 330 verfügt über eine PTB-Bauartzulassung und war im Messzeitpunkt geeicht.
10Die Rüge der Antragstellerin, das Messprotokoll sei nicht unterzeichnet, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Die Geschwindigkeitsüberwachungsanlage wird stationär betrieben. Für die Bedienung bedarf es keiner (täglichen) Einstellungen an dem Gerät selbst, so dass es insoweit zu keinen Fehlbedienungen kommen kann. Die Geschwindigkeitsbeschränkung besteht an dieser Stelle dauerhaft. Dies ergibt sich aus der (unterzeichneten) Messstellendokumentation vom 1. Februar 2013 und dem Schreiben der Herstellerfirma vom 17. Juli 2012. Bei dieser Sachlage reicht es aus, dass die das Datenmaterial sichtende Mitarbeiterin des Landkreises Q. das Messprotokoll vom 16. Juni 2014 mit ihrer Paraphe und ihrem Namensstempel gezeichnet hat.
112. Die Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO war vorliegend unmöglich. Dies ist der Fall, wenn die Bußgeldbehörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat.
12Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Ermittlungsmaßnahmen gar keinen Hinweis auf die Identität des Fahrers ergeben haben. Die Feststellung des Fahrers ist auch dann unmöglich, wenn die Ermittlungen zwar auf einen bestimmten Täter hindeuten, die Behörde jedoch keine ausreichende Überzeugung von der Täterschaft des Verdächtigen gewinnen konnte. Abzustellen ist dabei auf das im Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafverfahren erforderliche Maß der Überzeugung.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. März 2008 - 8 A 586/08 -, NZV 2008, 536 = juris Rn. 4, 13 ff.; Sächs. OVG, Beschluss vom 4. August 2014 - 3 B 90/14 -, LKV 2015, 39 = juris Rn. 4; Bay. VGH, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 11 CS 15.6 -, juris Rn. 16.
14Ob die Aufklärung angemessen war, richtet sich danach, ob die Bußgeldbehörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können.
15Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Oktober 1978 - 7 C 77.74 -, DÖV 1979, 408 = juris Rn. 16 und vom 17. Dezember 1982 - 7 C 3.80 -, BayVBl. 1983, 310 = juris Rn. 7, sowie Beschlüsse vom 21. Oktober 1987 - 7 B 162.87 -, NJW 1988, 1104 = juris Rn. 4, und vom 9. Dezember 1993 - 11 B 113.93 -, juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 ‑ 8 A 280/05 -, NWVBl. 2006, 193 = juris Rn. 21.
16Zu den danach angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört in erster Linie, dass der Fahrzeughalter möglichst umgehend - im Regelfall innerhalb von zwei Wochen ‑ von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann.
17Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 1978 - VII C 77.74 -, DÖV 1979, 408 = juris Rn. 18, sowie Beschluss vom 25. Juni 1987 - 7 B 139.87 -, DAR 1987, 393 = juris Rn. 2.
18Eine solche Benachrichtigung begründet für den Halter eine Obliegenheit, zur Aufklärung des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört es insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Lichtbild der Verkehrsüberwachungsanlage erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert.
19Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 - 8 A 280/05 -, NWVBl. 2006, 193 = juris Rn. 25.
20Bei Firmenfahrzeugen fällt es in die Sphäre der Geschäftsleitung, organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle einer Verkehrszuwiderhandlung ohne Rücksicht auf die Erinnerung Einzelner festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Es entspricht - unabhängig von der Reichweite gesetzlicher Buchführungspflichten - sachgerechtem kaufmännischen Verhalten, die mit einem Firmenwagen vorgenommenen Fahrten längerfristig zu dokumentieren. Die Geschäftsleitung kann deshalb ihrer Verpflichtung als Fahrzeughalterin, bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Ordnungswidrigkeiten- bzw. Verwaltungsverfahren mitzuwirken, regelmäßig nicht mit der Behauptung genügen, es sei nicht möglich, den Fahrzeugführer ausfindig zu machen.
21Vgl. OVG NRW, Urteile vom 31. März 1995 - 25 A 2798/93 -, NJW 1995, 3335 = juris Rn. 17, und vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, NJW 1999, 3279 = juris Rn. 16, sowie Beschlüsse vom 29. Juni 2006 ‑ 8 B 910/06 -, juris Rn. 16 ff., vom 15. März 2007 ‑ 8 B 2746/06 -, juris Rn. 16, vom 13. November 2013 - 8 A 632/13 -, juris Rn. 9, m.w.N.
22Selbst die verzögerte Anhörung des Halters eines Firmenfahrzeugs begründet daher für diesen eine Obliegenheit, zur Aufklärung eines mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dabei besteht diese Mitwirkungsobliegenheit vor dem Hintergrund, dass ein Foto für die Verfolgung einer Verkehrsordnungswidrigkeit nicht erforderlich ist und oftmals auch gar nicht gefertigt werden kann, grundsätzlich unabhängig davon, ob dem Halter ein Foto vorgelegt wird. Nichts anderes kann gelten, wenn zwar ein Lichtbild vorgelegt wird, dieses aber - gleich aus welchen Gründen - keine Identifikation ermöglicht. Erst recht ist dies vor dem Hintergrund der aufgezeigten erhöhten Mitwirkungspflicht für den Halter eines Firmenfahrzeuges anzunehmen.
23Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Dezember 2013 ‑ 8 A 2166/13 -, Seite 3 des Beschlussabdrucks, und vom 12. März 2015 - 8 B 1163/14 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, beide nicht veröffentlicht.
24Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Bußgeldbehörde können sich im Weiteren an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person ab und liegen der Bußgeldbehörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vor, ist es dieser regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Aufklärungsmaßnahmen zu betreiben.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1982 - 7 C 3.80 -, VRS 64, 466 = juris Rn. 7, sowie Beschlüsse vom 21. Oktober 1987 - 7 B 162.87 -, NJW 1988, 1104 = juris Rn. 4 f., und vom 9. Dezember 1993 ‑ 11 B 113.93 -, juris Rn. 4; Dauer, in: Hentschel/König/ders., Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31a StVZO Rn. 5; Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 6. Aufl. 2012, Rn. 325.
26Aus welchen Gründen der Halter keine Angaben zur Sache macht, ist dabei unerheblich. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO setzt vor allem nicht voraus, dass der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers sonst zu vertreten hat.
27Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Oktober 2007 ‑ 8 B 1042/07 -, NZV 2008, 52 = juris Rn. 6, vom 28. Oktober 2013 - 8 A 562/13 -, juris Rn. 14., vom 11. November 2013 - 8 B 1129/13 -, juris Rn. 12 ff., und vom 14. November 2013 - 8 A 1668/13 -, juris Rn. 14.
28Dabei kann der Halter eines Fahrzeugs nicht verlangen, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht geltend gemacht hat. Ein „doppeltes Recht“, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren das Zeugnis bzw. die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Ein solches „Recht“ widerspräche dem Zweck des § 31a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen. Die Ausübung des Schweigerechts steht der Anwendbarkeit des § 31a StVZO auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht entgegen.
29Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 1981 ‑ 2 BvR 1172/81 -, NJW 1982, 568 = juris Rn. 7; BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 1995 - 11 B 7.95 -, BayVBl. 1996, 156 = juris Rn. 2 ff., und vom 11. August 1999 - 3 B 96.99 -, NZV 2000, 385 = juris Rn. 3; Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 6. Aufl. 2012, Rn. 334.
30Die Bußgeldbehörde hat vorliegend die erforderlichen und angemessenen Ermittlungsmaßnahmen ergriffen, ohne dass eine eindeutige Identifizierung des Fahrers möglich war. Sie hat die Antragstellerin zu dem Verstoß vom 15. Juni 2014 mit Schreiben vom 19. Juni 2015 angehört. Nach Gewährung von Akteneinsicht erfolgte keine weitere Äußerung. Das um weitere Aufklärungsmaßnahmen ersuchte Ordnungsamt der Antragsgegnerin teilte mit Schreiben vom 1. August 2014 mit, der Fahrzeugführer habe nicht zweifelsfrei ermittelt werden können, da das Gesicht des Fahrers durch die Hand überwiegend bedeckt sei. Aufgrund des weiteren Hinweises des Ordnungsamtes, bei dem Fahrer handele es sich offensichtlich um den Geschäftsführer der Antragstellerin, hörte die Bußgeldbehörde diesen am 8. August 2014 als Beschuldigten an. Nach Gewährung von Akteneinsicht ließ auch er sich nicht zur Sache ein. Die Verfahrenseinstellung durch die Bußgeldbehörde ist vor diesem Hintergrund objektiv nicht zu beanstanden. Anhand des allein möglichen Vergleichs zwischen dem Radarfoto und dem Ausweisfoto des Geschäftsführers der Antragstellerin konnte die Bußgeldbehörde keine ausreichende Überzeugung von dessen Täterschaft erlangen. Zwar sind sowohl der Fahrer als auch der Geschäftsführer der Antragstellerin (nahezu) glatzköpfig. Das Gesicht des Fahrers ist auf dem Radarfoto jedoch im Übrigen in allen für eine hinreichend sichere Identifizierung maßgeblichen Teilen (Augen, Nase und Mund) verdeckt.
31Vgl. hierzu Bay. VGH, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 11 CS 15.6 -, juris Rn. 15; OLG Hamm, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 Ss OWi 771/03 -, juris Rn. 6.
32Der Einwand der Antragstellerin, die Bußgeldbehörde habe sehr wohl Kenntnis von der Person des Fahrers gehabt, greift nicht durch. Der oben angeführte, das negative Ermittlungsergebnis ergänzende Hinweis des Ordnungsamts der Antragsgegnerin auf den Geschäftsführer der Antragstellerin kann im Kontext des Schreibens vom 1. August 2014 nur so verstanden werden, dass dieser aufgrund der Ähnlichkeiten zwischen dem Lichtbild der Verkehrsüberwachungsanlage und dem beigefügten Ausweisfoto als Fahrer in Betracht komme. Der Vermerk vom 17. September 2014, wonach die „vorliegenden Beweismittel zur Ermittlung des Fahrers geeignet“ seien, meint erkennbar lediglich deren generelle Eignung. Im Übrigen kommt es auf den ‑ nach Eintritt der Verfolgungsverjährung gefertigten - Vermerk auch schon deshalb nicht an, weil er von der Antragsgegnerin und nicht von der Bußgeldbehörde gefertigt worden ist.
333. Die Antragsgegnerin hat das ihr zukommende Ermessen in rechtsfehlerfreier Weise ausgeübt, vgl. § 114 Satz 1 VwGO. Der Erlass einer Fahrtenbuchauflage für einen Zeitraum von 12 Monaten wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser verlangt das Vorliegen eines Verkehrsverstoßes von einigem Gewicht. Ein nur einmaliger unwesentlicher Verstoß, der sich weder verkehrsgefährdend auswirken kann noch Rückschlüsse auf die charakterliche Ungeeignetheit des Kraftfahrers zulässt, genügt zum Erlass einer Fahrtenbuchauflage nicht. Die Bemessung des Gewichts einer Verkehrszuwiderhandlung ist dabei an dem in Anlage 13 zur Fahrerlaubnisverordnung niedergelegten Punktesystem zu orientieren. Dabei ist bereits ab einem Punkt von einem erheblichen Verstoß auszugehen.
34Vgl. zur bisherigen Rechtslage nur BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12/94 -, BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 9, OVG NRW, Urteil vom 29. April 1999 ‑ 8 A 699/97 -, NJW 1999, 3279= juris Rn. 21, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 - 3 B 94/99 -, NZV 2000, 386 = juris Rn. 2.
35Mit der Umstellung des 18-Punkte-Systems des Verkehrszentralregisters auf die Entziehung der Fahrerlaubnis bei acht in das Fahreignungsregister eingetragenen („neuen“) Punkten gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG und der damit einhergehenden Änderung der Anlage 13 zur FeV ist die Bedeutung der (weiterhin) mit einem oder mehreren Punkten bewehrten Zuwiderhandlungen jedenfalls gleichgeblieben.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. April 2015 - 8 B 198/15 -, Seite 9 f. des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht.
37Nach Nr. 2.2.3 der Anlage 13 zur FeV i.V.m. den Nrn. 11.3, 11.1.7 der Anlage zur BKatV war die Tat mit 2 Punkten im Fahreignungsregister einzutragen. Die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang vertretene Ansicht, erhebliche Geschwindigkeitsverstöße seien auf der Autobahn weniger gefährlich, erschließt sich dem Senat - ungeachtet des Umstands, dass der Tatort in dem Messprotokoll ausdrücklich als „Gefahrenstelle“ bezeichnet wird - nicht.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dabei legt der Senat für jeden Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage einen Betrag von 400,- Euro zu Grunde (Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013) und setzt im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Verfahrens den Streitwert auf die Hälfte des sich ergebenden Gesamtbetrags fest; die angefochtenen Gebühren werden in Höhe eines Viertels berücksichtigt (Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs).
40Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 27. März 2015 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 4.952,32 € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
4Es kann dahinstehen, ob für die Anfechtungsklage gegen die mit Ordnungsverfügung vom 2. Dezember 2014 verhängte Fahrtenbuchauflage noch ein Rechtsschutzinteresse besteht oder ob sich diese durch Zeitablauf erledigt hat.
5Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 11. August 2015 - 8 A 1892/14 -.
6Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die sich auf die Sachabweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht beziehen, liegen jedenfalls nicht vor.
71. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten bei dem hier in Rede stehenden erstmaligen Verkehrsverstoß (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 24 km/h) weder unverhältnismäßig noch sonst ermessensfehlerhaft ist.
8Der Erlass einer Fahrtenbuchauflage setzt einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht voraus. Ein nur einmaliger unwesentlicher Verstoß, der sich weder verkehrsgefährdend auswirken kann noch Rückschlüsse auf die charakterliche Ungeeignet-heit des Kraftfahrers zulässt, genügt zum Erlass einer Fahrtenbuchauflage nicht. Auch für die im Einzelfall noch angemessene Dauer der Fahrtenbuchauflage kommt es wesentlich auf das Gewicht des Verkehrsverstoßes an. Sachgerecht ist auch ein zusätzliches Abstellen auf die Frage, ob es sich um einen erstmaligen oder einen wiederholten - unaufgeklärt gebliebenen - Verkehrsverstoß handelt.
9Die Bemessung des Gewichts einer Verkehrszuwiderhandlung ist dabei an dem in Anlage 13 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) niedergelegten Punktesystem zu orientieren. Dabei ist bereits ab einem Punkt und auch schon bei der ersten derartigen Zuwiderhandlung von einem erheblichen Verstoß auszugehen.
10Vgl. zur früheren Rechtslage nur BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 9, OVG NRW, Urteil vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, NJW 1999, 3279 = juris Rn. 21, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 ‑ 3 B 94.99 -, NZV 2000, 386 = juris Rn. 2.
11Dies gilt umso mehr nach der Reform des Punktesystems zum 1. Mai 2014, wonach Punkte nur noch für Verstöße vergeben werden, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen.
12Vgl. BT-Drs. 17/12636, S. 1, 17.
13Mit der Umstellung des vormaligen 18-Punkte-Systems des Verkehrszentralregisters auf die Entziehung der Fahrerlaubnis bei acht in das Fahreignungsregister eingetragenen („neuen“) Punkten gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG und der damit einhergehenden Änderung der Anlage 13 zur FeV ist die Bedeutung der (weiterhin) mit einem oder mehreren Punkten bewehrten Zuwiderhandlungen zumindest gleichgeblieben.
14Die Straßenverkehrsbehörde handelt nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie - wie der Beklagte - die Dauer der Fahrtenbuchauflage grundsätzlich an der vom Verordnungsgeber in der Anlage 13 zur FeV erfolgten Bewertung orientiert und auf eine weitere Binnendifferenzierung verzichtet.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2015 ‑ 8 B 868/15 -.
16Nach dem aktuell gültigen, vereinfachten Punktesystem deckt ein Punkt nunmehr eine größere Spanne von Geschwindigkeitsüberschreitungen (und anderen Verkehrsverstößen) ab als zuvor. Hinzu kommt, dass Punkte nur noch für Verkehrsverstöße vorgesehen sind, die die Verkehrssicherheit tatsächlich beeinträchtigen (s. o.). Um dieser Spannbreite insgesamt typisierend Rechnung zu tragen, bemisst der Beklagte die Dauer der Fahrtenbuchauflage für alle mit einem Punkt bewerteten Zuwiderhandlungen einheitlich mit 12 Monaten, sofern es sich um einen Erstverstoß handelt. Soweit dies dazu führt, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen „am unteren Rand“ einer punktebewerteten Zuwiderhandlung nunmehr eine längere Fahrtenbuchauflage zur Folge haben als vor der Systemumstellung, bewegt sich die vom Beklagten mitgeteilte neue Verwaltungspraxis im Bereich zulässiger Typisierung. Bei derart häufig auftretenden Vorgängen darf sich die Verwaltungspraxis an einfach handhabbaren Kriterien ausrichten. Die mit einer Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten verbundene Belastung ist nicht erheblich und der hier in Rede stehenden, mit einem Punkt bewerteten Ordnungswidrigkeit (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 24 km/h) noch angemessen.
17Einen ermessensleitenden Grundsatz, wonach die Untergrenze einer Fahrtenbuchauflage zwingend bei sechs Monaten angesetzt werden müsste, gibt es demgegenüber nicht. § 31a StVZO enthält keine Vorgaben für die Dauer der Fahrtenbuchauflage, sondern überlässt diese dem pflichtgemäß auszuübenden Ermessen der Verkehrsbehörde. Eine zwingende „Einstiegsdauer“ von sechs Monaten kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass das Bundesverwaltungsgericht eine solche Fahrtenbuchauflage mit der Begründung als verhältnismäßig angesehen hat, diese Zeitdauer liege „noch im unteren Bereich einer effektiven Kontrolle“ und stelle daher keine übermäßige Belastung dar.
18Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 11.
19Das Fehlen einer weiteren Differenzierung bei den mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstößen verstößt auch nicht deshalb gegen das vom Beklagten selbst gewählte System, weil dieser bei den mit zwei Punkten bewerteten Geschwindigkeitsüberschreitungen danach unterscheidet, ob diese ein Fahrverbot von einem, zwei oder drei Monaten zur Folge haben. Denn für die mit nur einem Punkt bewerteten Geschwindigkeitsüberschreitungen sind Fahrverbote bei erstmaliger Begehung in der Regel nicht vorgesehen (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 Satz 2 Bußgeldkatalog-Verordnung ‑ BKat - i. V. m. Tabelle 1 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKat).
20Ausgehend davon hat der Beklagte die Dauer der Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten auch hinreichend begründet und seine Ermessenserwägungen bekannt gegeben. Soweit die der Ordnungsverfügung beigefügte Begründung in diesem Punkt unzureichend war, hat er diesen Mangel jedenfalls mit der Offenlegung seines Bewertungssystems im gerichtlichen Verfahren behoben und seine Ermessenserwägungen in zulässiger Weise ergänzt (vgl. §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG NRW sowie § 114 Satz 2 VwGO). Einer weitergehenden Begründung dafür, warum die Dauer der Fahrtenbuchauflage nach dieser Praxis nunmehr mindestens ‑ im hier vorliegenden Fall eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes - auf 12 Monate bemessen wird, bedurfte es angesichts der obigen Annahmen und der vom Beklagten dargelegten, in sich schlüssigen Verwaltungspraxis nicht. Soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einer noch zum alten Punktesystem ergangenen Entscheidung eine solche Begründung verlangt hat,
21vgl. Nds. OVG, Urteil vom 10. Februar 2011 - 12 LB 318/08 -, DAR 2011, 339 = juris Rn. 20 ff., wohl auch Bay. VGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 11 CS 10.357 -, NJW 2011, 326 = juris Rn. 25,
22sieht der Senat hierzu im vorliegenden Fall keinen Anlass.
23Dass im Zuständigkeitsbereich anderer Straßenverkehrsbehörden andere Maßstäbe angewandt werden mögen, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Der Anspruch auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG besteht nur gegenüber dem konkret zuständigen Verwaltungsträger.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1987 - 1 C 19.85 -, BVerwGE 78, 192 = juris Rn. 35, m. w. N.
25Im Übrigen waren gewisse Unterschiede bei der Bemessung der Dauer von Fahrtenbuchauflagen in verschiedenen behördlichen Zuständigkeitsbereichen entgegen der Auffassung der Klägerin auch unter der Geltung des alten Punktesystems zu verzeichnen.
26Hat die Klägerin nach alledem die Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage nicht ernstlich in Zweifel gezogen, ist auch die Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung nicht in Frage gestellt. Gesonderte Rügen wurden insoweit nicht erhoben.
272. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
28Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn für die Entscheidung der Vorinstanz eine grundsätzliche, bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren von Bedeutung wäre und deren Klärung im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint.
29Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 127.
30Diese Voraussetzungen sind vom Rechtsmittelführer darzulegen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Daran fehlt es hier. Die Klägerin hat in ihrer Antragsbegründung bereits keine Frage bezeichnet, der sie grundsätzliche Bedeutung beimisst. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist mit den - vorstehend näher behandelten - Ausführungen der Zulassungsbegründung auch nicht sinngemäß dargelegt.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
32Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei legt der Senat in Anlehnung an Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013,
33vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013; abrufbar auch unter http://www.bverwg.de/medien/pdf/streitwertkatalog.pdf,
34für jeden Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage einen Betrag von 400,- € zu Grunde. Hinzu kommt der Betrag der ebenfalls angefochtenen Kostenfestsetzung.
35Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage (Verwaltungsgericht Aachen 2 K 340/15) gegen die Anordnung des Antragsgegners vom 23.01.2015, für den auf den Antragsteller zugelassenen Kraftomnibus mit dem Kennzeichen E. -Y für die Dauer von 6 Monaten ein Fahrtenbuch zu führen, wird wiederhergestellt und hinsichtlich der mit der Fahrtenbuchauflage verbundenen Gebührenfestsetzung angeordnet.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
2. Der Streitwert wird auf 1.200,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der am 16. April 2015 gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage von 20.02.2015 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23.01.2015, Az.: 36/1 - 36 42 03 Dr., in Bezug auf die erteilte Fahrtenbuchauflage wiederherzustellen und in Bezug auf die dort ergangene Gebührenentscheidung anzuordnen,
4hat Erfolg.
5Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Fahrtenbuchauflage) ganz oder teilweise wiederherstellen und in den Fällen der sofortigen Vollziehbarkeit der Regelung nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (Gebührenfestsetzung) anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, vorerst von der Vollziehung des angegriffenen Verwaltungsakts verschont zu bleiben, das öffentliche Vollziehungsinteresse überwiegt. Von einem überwiegenden Aufschubinteresse ist regelmäßig auszugehen, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung als rechtswidrig erweist. So liegt der Fall hier.
6Gemäß § 31a Abs. 1 StVZO kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein auf ihn zugelassenes Fahrzeug die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
7Am 24.11.2011 wurde mit dem auf den Antragsteller zugelassenen Kraftomnibus mit dem amtlichen Kennzeichen E1. -Y auf der B 265 in Zülpich, Abzweig Römerallee die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 24 km/h überschritten. Allerdings hat das erkennende Gericht Zweifel daran, dass die Feststellung des Fahrzeugführers, der am 24.11.2013 mit dem auf den Antragsteller zugelassenen Kraftomnibus die Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat, unmöglich war. Jedenfalls erweist sich aber die Anordnung eines Fahrtenbuchs für den Kraftomnibus als unverhältnismäßig.
8Die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Verkehrszuwiderhandlung ist im Sinne von § 31a StVZO unmöglich, wenn die zur Aufklärung der Zuwiderhandlung tätig werdende Behörde nicht in der Lage war, den Fahrer zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Dass dies hier der Fall war, vermag das erkennende Gericht jedenfalls aufgrund der ihm bisher vorliegenden Informationen nicht zu erkennen.
9Zwar weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass der Antragsteller als Halter des Kraftomnibusses in seiner schriftlichen Anhörung sowie gegenüber den Mitarbeitern des Ermittlungsdienstes des Antragsgegners keine förderlichen Angaben zur Person des Fahrers gemacht hat. Damit ist der Antragsteller seiner Obliegenheit als Halter, konkrete Angaben zum Fahrer seines Fahrzeugs zu machen oder zumindest den Kreis der als Fahrer in Betracht kommenden Personen einzugrenzen, nicht nachgekommen.
10Dennoch kann zweifelhaft sein, ob der das Ordnungswidrigkeitenverfahren bearbeitende Kreis Euskirchen alle sich ihm bietenden und zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft hat. Denn die hier vorliegende Fallkonstellation ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass das Fahrzeug, mit dem die Verkehrsordnungswidrigkeit begangen wurde, mit einem Kontrollgerät im Sinne des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 ausgerüstet war, dessen Daten der Antragsteller dem Ordnungsamt des Kreises Euskirchen nach § 57a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 StVZO zugänglich machen musste. Dieses Kontrollgerät zeichnet die Fahrt- und Haltezeiten des jeweiligen Fahrzeugs auf, zu Beginn jeder Fahrt ist der Name des Fahrzeugführers einzugeben bzw. einzutragen (vgl. Art. 15 Abs. 2, 3 VO (EWG) Nr. 3921/85, § 57a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 StVZO). Gemäß § 57a Abs. 2 Satz 4 StVZO sind die Schaublätter zuständigen Personen auf Verlangen jederzeit vorzulegen. Zuständige Personen in diesem Sinne sind insbesondere die Mitarbeiter der Kreisordnungsbehörden als die für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden (vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Bestimmung der für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden).
11Vgl. für den ähnlich gelagerten Fall der Erforschung von Verkehrsordnungswidrigkeiten durch die Polizei: OLG Hamm, Beschluss vom 25.09.1991 - 2 Ss OWi 456/91 -, VRS 82, 235, juris.
12Danach ist davon auszugehen, dass Aufzeichnungen über die Fahrzeugführer des Fahrzeugs, mit dem die hier maßgebliche Verkehrsordnungswidrigkeit begangen wurde, vorlagen, und der Antragsteller auch zu deren Herausgabe verpflichtet war. Trotzdem ist dem Verwaltungsvorgang des Antragsgegners, der wiederum Kopien des Vorgangs über das vom Kreis Euskirchen geführte Ordnungswidrigkeitenverfahren enthält, nicht zu entnehmen, dass die Mitarbeiter des Ordnungsamts des Kreises Euskirchens auch nur versucht haben, Einblick in die Aufzeichnungen des Kontrollgeräts des hier betroffenen Kraftomnibusses zu erhalten.
13Zwar hat der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, er habe bei Erhalt des Anhörungsbogens zum Geschwindigkeitsverstoß keinen Zugriff auf das Kontrollgerät gehabt, weil der Kraftomnibus längerfristig unterwegs gewesen sei. Wollte man daraus schließen, dass sich die Ermittlungen des Kreises Euskirchen auf die Daten des Kontrollgeräts erstreckt haben, so ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum das Ordnungsamt des Kreises Euskirchen nicht etwa die Rückkehr des Busses abgewartet hat.
14Ungeachtet dessen erweist sich die Anordnung, für sechs Monate ein Fahrtenbuch zu führen, als unverhältnismäßig.
15Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage hat im Anschluss an eine erhebliche, aber nicht abschließend aufklärbare Verkehrsordnungswidrigkeit den Zweck, sicherzustellen, dass bei künftigen Verkehrsverstößen mit dem jeweiligen Fahrzeug die Feststellung des Fahrzeugführers einfacher möglich ist. Dabei knüpft die Anordnung an den Umstand an, dass der Fahrzeugführer in einem Fall etwa wegen fehlender Erinnerung des Halters oder dessen Inanspruchnahme eines Zeugnisverweigerungsrechts nicht möglich war. Dennoch stellt die Fahrtenbuchauflage keine Sanktion für das Verhalten des Halters dar, sondern dient ausschließlich dem Ziel, zukünftige Verstöße aufklären und den verantwortlichen Fahrzeugführer zur Verantwortung ziehen zu können. Zur Förderung dieses Ziels ist aber das Führen eines Fahrtenbuchs nicht erforderlich und zur Erhöhung der Aufklärungsquote von Verkehrszuwiderhandlungen auch nicht geeignet, wenn die im Fahrtenbuch festzuhaltenden Daten bereits in anderer Weise erfasst werden und einer Vorlagepflicht unterliegen. Dies ist der Fall bei Fahrzeugen wie in dem vorliegenden Fall, die mit einem Fahrtschreiber oder einem Kontrollgerät zu versehen sind. Dieser Wertung steht nicht entgegen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Fahrzeughalter oder auch der Fahrzeugführer pflichtwidrig die Herausgabe der erstellten Schaublätter verweigert. Denn ebenso ist denkbar, dass der Fahrzeughalter trotz entsprechender Aufforderung das geführte Fahrtenbuch nicht vorlegt.
16Vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 26.08.2010 - 3 A 176/10 -, NJW 2011, 471, juris.
17Erweist sich demnach die Fahrtenbuchauflage als rechtswidrig, gilt dies auch für die Gebührenfestsetzung, da für rechtswidriges Verwaltungshandeln keine Gebühren erhoben werden können.
18Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
19Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Dabei geht das Gericht in Anlehnung an Nr. 46.11. des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von einem Betrag von 400,00 Euro je Monat der Dauer der Fahrtenbuchverpflichtung aus und hat den sich so ergebenden Gesamtbetrag von 2.400,00 Euro im Hinblick auf die Vorläufigkeit des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auf die Hälfte reduziert.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 4. März 2016, mit der die Auflage zur Führung eines Fahrtenbuches angeordnet wurde.
3Die Klägerin ist Halterin eines Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen E. -B. 167. Mit diesem Fahrzeug wurde am 26. Oktober 2015 um 21:17 Uhr auf der C. Straße in E. die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 29 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten. Mit Schreiben vom 6. November 2015 hörte die Stadt E. als zuständige Ordnungswidrigkeitenbehörde (im Folgenden: OWi-Behörde) die Klägerin zu dem Verkehrsverstoß an (Bl. 8 des Verwaltungsvorgangs). Die Klägerin benannte unter dem 10. November 2015 Herrn B1. Z. als den zum Tatzeitpunkt verantwortlichen Fahrer.
4Das daraufhin ergangene Anhörungsschreiben vom 12. November 2015 ließ Herr Z. unbeantwortet.
5Der Ermittlungsdienst der Beklagten traf Herrn Z. bei sich zu Hause an drei verschiedenen Tagen nicht an. In den Notizen des Ermittlungsdienstes heißt es, ein Nachbar habe bestätigt, dass Herr Z. nicht der verantwortliche Fahrzeugführer sei.
6Nachdem die OWi-Behörde ein Personalausweisfoto des Herrn Z. eingeholt hat, welches einen Mann mit einer Halbglatze, während das Bild aus der Verkehrsüberwachungsanlage einen Mann mit vollem Haar zeigt, stellte sie das Ordnungswidrigkeitenverfahren ein.
7Mit Ordnungsverfügung vom 4. März 2016 verpflichtete die Beklagte die Klägerin – nach vorheriger Anhörung – zur Führung eines Fahrtenbuches für das oben genannte Kraftfahrzeug für die Dauer von sechs Monaten ab Unanfechtbarkeit der Verfügung. Die Anordnung erstrecke sich auch auf Ersatzfahrzeuge für das vorstehend genannte Fahrzeug. Zudem setzte sie Verfahrenskosten in Höhe von 21,50 Euro fest.
8Die Klägerin hat am 14. März 2016 Klage erhoben.
9Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass der von ihr benannte Fahrer, Herr Z. , tatsächlich der Fahrer des Fahrzeugs im Tatzeitpunkt gewesen sei. Dies habe Herr Z. ihr gegenüber auch eingeräumt. Mehr und besser habe sie nicht mitwirken können. Dass die Beklagte die Ermittlungen nicht habe zu einem erfolgreichen Ende führen können, liege nicht in ihrem Verantwortungsbereich. Auch werde bestritten, dass ein Nachbar gesagt habe, Herr Z. sei nicht der verantwortliche Fahrer. Insoweit habe die Beklagte es unterlassen, sie vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und es ihr damit nicht ermöglicht, weiter an der Aufklärung mitzuwirken. Schließlich habe die Beklagte es versäumt im Rahmen ihrer Ermessensausübung zu berücksichtigen, dass ein Taxiunternehmer bereits aus personenbeförderungsrechtlichen und abgaberechtlichen Vorschriften verpflichtet sei Aufzeichnungen darüber zu führen, wer wann das Fahrzeug geführt habe.
10Die Klägerin beantragt,
11die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 4. März 2016 aufzuheben.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Die Beklagte trägt vor, dass an der Glaubhaftigkeit des Ermittlungsberichts keine Zweifel bestünden. Es sei unerfindlich, warum ein städtischer Mitarbeiter wahrheitswidrige Angaben zu durchgeführten Ermittlungen machen sollte. Ungeachtet dessen sei es der Klägerin zuzurechnen, dass sie denjenigen, dem sie das Fahrzeug überlassen habe, nicht erfolgreich dazu angehalten habe, von sich aus auf die erste Anhörung im Bußgeldverfahren zu antworten. Insoweit habe sich das Risiko realisiert, das damit einhergehe, dass ein Halter sein Fahrzeug aus der Hand gebe und deswegen seinen fortbestehenden Halterpflichten nicht aus eigener Kraft genügen könne.
15Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, da der Rechtstreit durch Beschluss der Kammer vom 4. Juli 2016 gemäß § 6 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden ist.
18Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffene Ordnungsverfügung vom 4. März 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO).
19Rechtsgrundlage der Fahrtenbuchauflage ist § 31a Absatz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Nach dieser Vorschrift kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war (Satz 1). Dabei kann die Verwaltungsbehörde ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen (Satz 2).
20Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage ist formell rechtmäßig. Die Beklagte war gemäß § 68 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 StVZO für ihren Erlass zuständig, da die Klägerin ihren Sitz in ihrem Gebiet hat. Die gemäß § 28 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) erforderliche Anhörung ist erfolgt.
21Die Fahrtenbuchauflage ist auch materiell rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31a Absatz 1 Satz 1 StVZO sind erfüllt (I.). Die Beklagte hat das ihr bei Erlass der Fahrtenbuchauflage zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (II.).
22I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31a Absatz 1 Satz 1 StVZO sind erfüllt.
23Die Klägerin ist Halterin des im Tatbestand näher bezeichneten Fahrzeugs. Mit diesem Fahrzeug ist die im Tatbestand näher bezeichnete Geschwindigkeitsüberschreitung begangen worden. Weder hat die Klägerin den Geschwindigkeitsverstoß angezweifelt, noch besteht angesichts des im Verwaltungsvorgang enthaltenen Ausdrucks aus der Verkehrsüberwachungsanlage, des Messprotokolls und Eichscheins aus Sicht des Gerichts Veranlassung, an dem Geschwindigkeitsverstoß zu zweifeln.
24Die weitere Voraussetzung zur Anordnung einer Fahrtenbuchauflage, dass der Fahrzeugführer, der die Zuwiderhandlung begangen hat, nicht ermittelt werden konnte, ist ebenfalls erfüllt.
25Die Feststellung des Fahrzeugführers war im Sinne des § 31a Absatz 1 Satz 1 StVZO dann nicht möglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen Maßnahmen ergriffen hat. Die Angemessenheit der Aufklärung beurteilt sich danach, ob die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen ergriffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört in erster Linie, dass der Halter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann.
26Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 13. Oktober 1978 – VII C 77.74 –, juris, Rn. 18 (= NJW 1979, 1054) und Beschluss vom 25. Juni 1987 – 7 B 139.87 – (= DAR 1987, 393); Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 9. Dezember 2013– 8 A 2113/13 –, vom 4. April 2013 – 8 B 173/13 –, juris, Rn. 3 f. und vom 7. April 2011– 8 B 306/11 –, juris, Rn. 6 f. (= NZV 2011, 470).
27Ungeachtet der Ermittlungspflicht der Behörde bleibt es aber Sache des Fahrzeughalters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dabei obliegt es dem Halter insbesondere, dass er den ihm bekannten Fahrer benennt oder den Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert.
28Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Juli 2011 – 8 A 927/10 –, juris, Rn. 22 f. und vom 15. Oktober 2009 – 8 A 817/09 –; Urteil vom 30. November 2005 – 8 A 280/05 –, juris, Rn. 25 ff. (= NZV 2006, 223).
29Bei Firmenfahrzeugen trifft die Geschäftsleitung eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Es fällt in ihre Sphäre, organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle einer Verkehrszuwiderhandlung ohne Rücksicht auf die Erinnerung Einzelner festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Die Geschäftsleitung muss zumindest in der Lage sein, der Behörde die Firmenangehörigen zu nennen, denen das betreffende Fahrzeug zugerechnet werden kann. Denn es kann nicht Aufgabe der Behörde sein, innerbetriebliche Vorgänge aufzuklären, denen die Geschäftsleitung weitaus näher steht. Ihrer Verpflichtung als Fahrzeughalterin, bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Ordnungswidrigkeiten- bzw. Verwaltungsverfahren mitzuwirken, kann die Geschäftsleitung deshalb regelmäßig nicht mit der Behauptung genügen, es sei nicht möglich, den Fahrzeugführer ausfindig zu machen.
30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2012 – 8 A 1673/12 –, S. 5 des Beschlussabdrucks m.w.N.
31Dies gilt unabhängig davon, ob die von der Klägerin gehaltenen Fahrzeuge von ihren Mitarbeitern auch privat genutzt werden und ob die Klägerin (die gemäß § 13 Absatz 3 GmbHG i.V.m. § 6 Absatz 1 HGB als Kaufmann zu behandeln ist) handels- oder steuerrechtlich gehalten ist, Aufzeichnungen über die Fahrten ihrer Mitarbeiter zu führen.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2012 – 8 A 1673/12 – S. 5 des Beschlussabdrucks m.w.N.
33Der Fahrtenbuchauflage kommt eine präventive und keine strafende Funktion zu. Sie stellt eine der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dienende Maßnahme der Gefahrenabwehr dar, mit der zum einen dafür Sorge getragen werden soll, dass künftige Feststellungen eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich sind. Daher kommt es nicht darauf an, ob der Fahrzeughalter seine Mitwirkungspflicht erfüllt hat, indem er alle ihm möglichen Angaben gemacht hat, oder ob ihn ein Verschulden an der Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers trifft. Die Fahrtenbuchauflage kann auch angeordnet werden, wenn der Fahrzeughalter an der Feststellung mitgewirkt hat, die gebotenen Ermittlungsbemühungen der Behörde jedoch gleichwohl erfolglos geblieben sind.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 11 C 12.94 –, juris Rn. 9 (= BVerwGE 98, 227); OVG NRW, Urteil vom 29. April 1999 – 8 A 699/97 –, juris, Rn. 19 (= DAR 1999, 375); und Beschluss vom 11. November 2013 – 8 B 1129/13 –, juris, Rn. 12 (= VRS 125, 243-245); VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2012 – 6 K 6286/11 –, juris, Rn. 14.
35Zum anderen soll künftigen Führern der von der Fahrtenbuchauflage erfassten Fahrzeuge zum Bewusstsein gebracht werden, dass sie für den Fall der Begehung von Verkehrsdelikten auf Grund der Fahrtenbucheintragungen als Täter ermittelt und mit Sanktionen belegt werden können; bereits hierdurch lassen sich gegebenenfalls weitere Verkehrsverstöße unterbinden.
36Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 – 11 CS 10.357 –, juris, Rn. 12 (= NJW 2011, 326-239).
37Es entspricht dem Gesetzeswortlaut und -zweck des § 31a Absatz 1 Satz 1 StVZO, die Auferlegung eines Fahrtenbuches nicht davon abhängig zu machen, ob der Fahrzeughalter die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu vertreten hat. Die Führung eines Fahrtenbuchs kann daher auch dann angeordnet werden, wenn der Fahrzeughalter an der Feststellung mitgewirkt hat, die gebotenen Ermittlungsbemühungen der Behörde jedoch gleichwohl erfolglos geblieben sind.
38Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Mai 2014 – 8 B 156/14 – S. 2 f. des amtl. Abdrucks, vom 11. November 2013 – 8 B 1129/13 –, juris, Rn. 12 ff. und vom 28. Oktober 2013 – 8 A 562/13 –, juris, Rn. 12 ff. (= DAR 2014, 282); VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 9. Mai 2016 – 6 K 1923/15 –, S. 6 des amtlichen Abdrucks.
39Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe war die Feststellung des Fahrers vorliegend nicht möglich im Sinne des § 31a Absatz 1 Satz 1 StVZO. Es liegt kein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit der Behörde vor.
40Die zuständige Ordnungswidrigkeitenbehörde hat die Klägerin innerhalb der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Zwei-Wochen-Frist zu dem Verkehrsverstoß vom 26. Oktober 2015 angehört.
41Die Tatsache, dass die Klägerin unter dem 10. November 2015 Herrn B1. Z. als den zur Tatzeit verantwortlichen Fahrer benannt hat, steht der Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage nach den dargelegten Grundsätzen nicht entgegen. Die Ordnungswidrigkeitenbehörde ist auf der Grundlage der Angaben der Klägerin einer möglichen Täterschaft des Herrn Z. nachgegangen. Herr Z. hat den Verkehrsverstoß im Rahmen seiner schriftlichen Anhörung jedoch nicht zugegeben. Auch die weiteren Ermittlungsbemühungen der Ordnungswidrigkeitenbehörde (Lichtbildabgleich; Ersuchen der Beklagten um Amtshilfe und vergebliches Aufsuchen des Wohnsitzes von Herrn Z. durch deren Vollzugs- und Ermittlungsdienst an drei verschiedenen Tagen) haben keine weiteren Erkenntnisse erbracht. Vor diesem Hintergrund war die OWi-Behörde nicht gehalten, weitere wenig erfolgversprechende Ermittlungsmaßnahmen vorzunehmen. Insbesondere war die Beklagte nicht verpflichtet, die Klägerin vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen, um es ihr zu ermöglichen, weiter an der Aufklärung mitzuwirken.
42Ein Ermittlungsdefizit ist auch nicht darin zu sehen, dass die Ordnungswidrigkeitenbehörde davon abgesehen hat, einen Bußgeldbescheid gegen Herrn Z. zu erlassen. Im Hinblick darauf, dass der Zweck der Fahrtenbuchauflage unter anderem darin besteht, im Interesse der Allgemeinheit zu gewährleisten, dass Personen, die Verkehrsverstöße begehen, alsbald und ohne Schwierigkeiten ermittelt und geeignete Maßnahmen gegen sie ergriffen werden können,
43vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 1980 – 7 B 82.79 –, juris, Rn. 8; Urteil vom 17. Dezember 1982 – 7 C 3.80 –, juris, Rn. 7; BayVGH, Beschluss vom 20. September 2010 – 11 ZB 09.2307 –, juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 8 A 2235/13 –,Seite 5 des Beschlussabdrucks; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 31a StVZO, Rn. 2,
44steht der Fahrzeugführer im Sinne des § 31a StVZO erst dann fest, wenn die Zuwiderhandlung gegen eine Verkehrsvorschrift von der Ordnungswidrigkeitenbehörde geahndet, also ein Bußgeldbescheid erlassen werden kann. Der Erlass eines Bußgeldbescheides setzt stets voraus, dass die Ordnungswidrigkeitenbehörde die Tatsachen für erwiesen erachtet. Ein hinreichender Tatverdacht genügt dazu nicht. Ob der Nachweis des Fahrzeugführers möglich gewesen ist, beurteilt sich nicht nach der subjektiven Einschätzung einer Ermittlungsperson. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Foto der Überwachungsanlage objektiv von solcher Qualität ist, dass die Bußgeldbehörde auf dieser Grundlage den Fahrzeugführer mit der für den Erlass eines Bußgeldbescheides im Ordnungswidrigkeitenverfahren erforderlichen Sicherheit bestimmen konnte. Dies setzt voraus, dass es keine vernünftigen Zweifel an der Täterschaft geben durfte; im Bußgeldverfahren gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten) entsprechend.
45Vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 17. Juli 2007 – 6 A 433/06 –, juris, Rn. 24; VG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 20. Januar 2012 – 7 B 81/12 –, juris, Rn. 22.
46Denn es ist dem Betroffenen nicht zuzumuten, dass er sich gegen einen an ihn gerichteten Bußgeldbescheid zur Wehr setzen muss, obwohl nicht einmal die Behörde seine Täterschaft für erwiesen hält. Überdies besteht bei verbleibenden Zweifeln an der Täterschaft des Betroffenen das Risiko, dass der Bußgeldbescheid im gerichtlichen Verfahren aufgehoben und die Kosten des Verfahrens gemäß § 46 Absatz 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) i.V.m. § 467 Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO) der Staatskasse auferlegt werden. Denn entsprechend dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" ist der Adressat des Bußgeldbescheides freizusprechen, wenn im gerichtlichen Verfahren letztlich Zweifel an seiner Täterschaft verbleiben.
47Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Juni 2011 – 8 B 520/11 –, juris, Rn. 16 f. und vom 25. März 2008– 8 A 586/08 –, juris, Rn. 13 ff.
48Maßgeblich ist dabei die im jeweiligen Verfahrensstadium notwendige Überzeugung der zur abschließenden Beurteilung der Täterschaft berufenen Stelle. Verzichtet die Bußgeldbehörde mangels Überzeugung von der Täterschaft auf den Erlass eines Bußgeldbescheids, kommt es auf ihre Überzeugung im Zeitpunkt der Einstellung des Verfahrens nach § 46 Absatz 1 OWiG i.V.m. § 170 Absatz 2 Satz 1 der StPO an.
49OVG NRW, Beschluss vom 11. November 2015 – 8 A 1846/15 –, juris, Rn. 7.
50Dies zugrunde gelegt, war die OWi-Behörde jedenfalls im Zeitpunkt der Einstellung des Verfahrens nicht hinreichend von der Täterschaft des Herrn Z. überzeugt. Insoweit ist es rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass die Ordnungswidrigkeitenbehörde das Ermittlungsverfahren unter dem 4. Februar 2016 eingestellt hat. Diese Entscheidung beruhte auf der nachvollziehbaren Einschätzung, dass die vorliegenden Erkenntnisse nicht für den Erlass eines Bußgeldbescheides gegen Herrn Z. ausreichten. Zwar hat die Klägerin Herrn Z. als verantwortlichen Fahrzeugführer benannt und dadurch einen Anfangsverdacht begründet. Dieser Anfangsverdacht konnte im Folgenden aber nicht weiter erhärtet werden, da Herr Z. selbst im Rahmen der Anhörung zu der Geschwindigkeitsüberschreitung keine Angaben zur Sache gemacht hat und auch nicht vom Ermittlungsdienst angetroffen werden konnte. Darüber hinaus teilt das Gericht die Auffassung der Beklagten, dass der Abgleich des Radarfotos mit dem Ausweisfoto von Herrn Z. gegen dessen Täterschaft spricht bzw. jedenfalls die Täterschaft nicht hinreichend sicher erscheinen lässt. Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob ein Nachbar des Klägers gegenüber dem Ermittlungsdienst angegeben hat, Herr Z. sei nicht der verantwortliche Fahrzeugführer.
51II. Die Beklagte hat auch das ihr bei Erlass der Fahrtenbuchauflage zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Steht eine Entscheidung im Ermessen der Behörde, überprüft das Gericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten worden sind und ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.
52Vor diesem Hintergrund sind keine Ermessensfehler erkennbar. Es liegt insbesondere keine Ermessensüberschreitung in Form eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor.
531. Zum einen erweist sich die Fahrtenbuchauflage nicht hinsichtlich ihrer Dauer von einem halben Jahr als unverhältnismäßig. Die mit der Führung des Fahrtenbuchs verbundene, geringfügige Belastung der Klägerin, die nicht über eine mit etwas – eher geringem – Zeitaufwand verbundene Lästigkeit hinausgeht, steht in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit der Anordnung verfolgten Zweck, die Sicherheit und Ordnung im Straßenverkehr zu gewährleisten und sicherzustellen, dass zukünftige Verkehrsverstöße nicht ungeahndet bleiben.
54Vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Mai 2014 – 8 B 396/14 –, vom 7. April 2011– 8 B 306/11 –, juris, Rn. 26, vom 5. November 2009 – 8 B 1456/09 – und vom 14. März 1995– 25 B 98/95 –, juris, Rn. 17.
55Ob die Dauer einer Fahrtenbuchauflage mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang steht, ist mit Blick auf den Anlass der Anordnung und den mit ihr verfolgten Zweck unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Durch die Fahrtenbuchauflage soll der Fahrzeughalter zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung im Fall eines erneuten Verkehrsverstoßes angehalten werden. Um dies effektiv zu erreichen, ist eine gewisse Mindestdauer der Führung des Fahrtenbuchs erforderlich. Kriterium für die Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage ist vor allem das Gewicht des Verkehrsverstoßes, der den Anlass für diese bildet. Nur ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht rechtfertigt die Anordnung eines Fahrtenbuchs. Für die Beurteilung der Schwere eines Verkehrsverstoßes kann sich die Behörde in ermessensfehlerfreier Weise an dem zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung jeweils geltenden Punktesystem in der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) orientieren. Dabei rechtfertigt nach der Rechtsprechung im Rahmen des bis zum 30. April 2014 geltenden 18-Punkte-Systems nach der FeV a.F. bereits die erstmalige Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit, die mit einem Punkt zu bewerten ist, eine Fahrtenbuchauflage, ohne dass es auf besondere Umstände des Einzelfalls, namentlich die Gefährlichkeit des Verkehrsverstoßes, ankommt.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 11 C 12.94 –, juris, Rn. 9 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 8 A 2113/13 – und Urteil vom 30. November 2005 – 8 A 280/05 –, juris.
57Mit der Umstellung des 18-Punkte-Systems des Verkehrszentralregisters auf die Entziehung der Fahrerlaubnis bei acht in das Fahreignungsregister eingetragenen („neuen“) Punkten gemäß § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 3 StVG und der damit einhergehenden Änderung der Anlage 13 zur FeV ist die Bedeutung der (weiterhin) mit einem oder mehreren Punkten bewehrten Zuwiderhandlungen jedenfalls gleichgeblieben.
58OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 2015 – 8 B 597/15 –, m.w.N.
59Vor diesem Hintergrund stellt die mit dem Fahrzeug der Klägerin begangene Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 29 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht dar. Nach Nr. 2.2.3 der Anlage 13 zur FeV i.V.m. Nr. 11.3 der Anlage zu § 1 Absatz 1 der Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbotes wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (Bußgeldkatalog-Verordnung – BKatV) i.V.m. Nr. 11.3.5 der Tabelle 1c) des Anhangs (zu Nummer 11 der Anlage) BKatV zieht die vom Verordnungsgeber als verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeit eingeordnete Tat auch nach der neuen Rechtslage ein Bußgeld von 80,00 Euro nach sich und ist mit einem Punkten im Fahreignungsregister einzutragen. Es handelt sich damit um einen erheblichen Verkehrsverstoß, an dessen (zukünftiger) Aufklärung auch ein erhebliches öffentliches Interesse besteht.
602. Eine Unverhältnismäßigkeit der Fahrtenbuchauflage ergibt sich zum anderen auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, sie sei bereits aus personenbeförderungsrechtlichen und abgaberechtlichen Vorschriften verpflichtet, Aufzeichnungen darüber zu führen, wer wann das Fahrzeug geführt habe.
61Zwar ist die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nicht erforderlich, wenn die Ermittlung des Führers eines entsprechenden Kraftfahrzeugs zur Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit auch ohne die Vorlage eines entsprechenden Fahrtenbuchs, wie z.B. bei der nach § 57a Absatz 1 StVZO vorgeschriebenen Ausrüstung eines Lkw mit einem Fahrtschreiber,
62vgl. hierzu Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 26. August 2010 – 3 A 176/10 –, juris, Rn. 22 ff.,
63möglich wäre. Denn insoweit wird bereits auf andere Weise der Zweck einer Fahrtenbuchauflage, sicherzustellen, dass bei künftigen Verkehrsverstößen mit einem Kraftfahrzeug die Feststellung von dessen Führer anders als im Anlassfall ohne weiteres möglich sein wird, erreicht.
64Indes ist das Fahrzeug, mit dem der Verkehrsverstoß begangen worden ist, nicht nach § 57a Absatz 1 Satz 1 StVZO mit einem Fahrtschreiber auszurüsten. Insbesondere handelt es sich nicht um ein zur Beförderung von Personen bestimmtes Kraftfahrzeug mit mehr als acht Fahrgastplätzen (vgl. § 57a Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 StVZO). Auch sonst ist nicht sichergestellt, dass die Feststellung des Fahrzeugführers bei künftigen Verkehrsverstößen jederzeit problemlos möglich sein wird.
65Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass Taxiunternehmer nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung verpflichtet sind, Aufzeichnungen zu führen, aus denen sich die jeweiligen Fahrer, die Daten einer Schicht, Schichtbeginn und -ende, „Total- und Besetztkilometer“, die gefahrenen Touren, die Fahrpreise, die Tachostände, die Fahrten ohne Uhr, die Gesamteinnahmen, die Lohnabzüge und sonstigen Abzüge, die verbleibenden Resteinnahme und die an den Unternehmer abgelieferten Beträge ergeben.
66Vgl. st. Rspr., vgl. BFH, Urteil vom 26. Februar 2004 – XI R 25/02 –, juris (= BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599); BFH, Beschlüsse vom 7. Februar 2007 – V B 161/05, V B 162/05, V B 161/05, V B 162/05 –, juris, und vom 28.11.2012 - X B 74/11-, juris (= BFH/NV 2013); OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juni 2012 – 1 S 35.12 –, juris; VG Neustadt, Beschluss vom 16. Dezember 2014– 3 L 1063/14.NW –, juris,
67Diese Angaben stimmen im Wesentlichen mit den bei einer Fahrtenbuchauflage nach § 31a Absatz 2 StVZO erforderlichen Eintragungen überein und ermöglichen die Zuordnung des verantwortlichen Fahrzeugführers zu einer bestimmten Fahrt. Die auf den Schichtzetteln fehlende, im Fahrtenbuch aber enthaltene Anschrift des Fahrzeugführers (vgl. § 31a Absatz 2 Nr. 1a StVZO) ist regelmäßig dann unschädlich, wenn – wie hier – davon ausgegangen werden kann, dass es dem Fahrzeughalter über die betriebsinternen Unterlagen auf Grund des auf dem Schichtzettel verzeichneten Namens des Fahrzeugführers möglich ist, die weiteren für die Verfolgung der Verkehrsordnungswidrigkeit erforderlichen Daten, insbesondere die Anschrift des verantwortlichen Fahrzeugführers, zu ermitteln.
68Vgl. insoweit zum Schaublatt Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 26. August 2010– 3 A 176/10 –, juris, Rn. 24.
69Indes vermag die abgabenrechtliche Pflicht zur Führung von Schichtzetteln jedenfalls nicht sicherzustellen, dass die Identifizierung des für die Ordnungswidrigkeit verantwortlichen Fahrzeugführers in gleicher Weise wie beim Fahrtenbuch zu jederzeit für die Ordnungswidrigkeitenbehörde möglich ist. Zum einen kann außerhalb der Schicht, E. .h. wenn das Taxi nach Schichtende – beispielsweise durch Dritte wie Familienangehörige oder Freunde – zu privaten Zwecken genutzt wird, der verantwortliche Fahrer eines Verkehrsverstoßes nicht mehr festgestellt werden, da Schichtzettel nur während der dienstlichen Fahrten zu führen sind. Zum anderen fehlt es aber auch an einer Verpflichtung der Taxiunternehmen, Schichtzettel den für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden jederzeit zugänglich zu machen. Die Buchführungsvorschriften der §§ 146, 147 Abgabenordnung (AO) treffen den Steuerpflichtigen – ebenso wie etwa die Pflicht, Steuererklärungen abzugeben – allein im Besteuerungsverfahren.
70Vgl. Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 24. Juni 2009 – 3 Bs 57/09 –, juris, Rn. 49; VG Hamburg, Beschluss vom 07. Januar 2010 – 5 E 3286/09 –, juris, Rn. 27.
71Eine gesetzliche Verpflichtung zur Herausgabe von Schichtzetteln an die für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden, wie sie bei Fahrtenbüchern (vgl. § 31a Absatz 3 StVZO) oder bei Fahrtschreibern (vgl. § 57a Absatz 2 Satz 4 StVZO) besteht, ist nicht ersichtlich.
72Hinzu kommt, dass nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung die Aufbewahrung der Schichtzettel als Einnahmeursprungsaufzeichnungen ausnahmsweise dann nicht erforderlich ist, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird.
73Vgl. BFH, Urteil vom 26. Februar 2004 – XI R 25/02 –, BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 = juris, Rn. 34; FG Hamburg, Urteil vom 11. November 2014 – 6 K 206/11 –, juris, Rn. 69.
74Entscheidet sich ein Taxiunternehmer den Inhalt der Schichtzettel täglich unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in ein Kassenbuch zu übertragen, fehlt es danach von vornherein an Schichtzetteln, die die Funktion eines Fahrtenbuchs, die Zuordnung des verantwortlichen Fahrzeugführers zu einer bestimmten Fahrt zu gewährleisten, ersetzen könnten.
75Auf der Grundlage von § 31a Absatz 1 Satz 2 StVZO konnte die Beklagte die Fahrtenbuchauflage auch auf ein etwaiges Nachfolge- oder Ersatzfahrzeug des Fahrzeugs E. -B. 167 erstrecken.
76Auch die gemäß § 6a Absatz 3 Satz 1 StVG i.V.m. § 22 Absatz 1 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) in der bis zum 14. August 2013 geltenden Fassung mit angefochtene Kostenfestsetzung ist rechtmäßig. Grundlage der Gebührenfestsetzung ist § 6a Absatz 2 und 3 StVG i.V.m. § 1 Absatz 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Der Gebührenrahmen für die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs (Gebührenziffer 252 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr, Anlage zu § 1 Absatz 1 Satz 2 GebOSt) beträgt 21,50 Euro bis 200,00 Euro. Die lediglich erhobene Mindestgebühr begegnet keinen Rechtmäßigkeitszweifeln.
77Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO.
78Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
79Beschluss:
80Der Streitwert wird auf 2.421,50 Euro festgesetzt.
81Gründe:
82Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) erfolgt. In Übereinstimmung mit Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013) legt das Gericht für jeden Monat der Fahrtenbuchauflage einen Betrag von 400,00 Euro zugrunde. Hinzu kommt der Betrag der ebenfalls angefochtenen Kostenfestsetzung in Höhe von 21,50 Euro.
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung nach § 1j Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 5 oder 6, § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis c oder d, Nummer 2, 3, 5, 6 Buchstabe a, Nummer 8 bis 16 oder 17, jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 3 Nummer 1 bis 5 oder 7, nach § 6e Absatz 1 Nummer 1 bis 5 oder 7 oder nach § 6g Absatz 4 Satz 1 Nummer 3, 5, 7 oder 9 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- 1.
einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2 - a)
Nummer 1 Buchstabe a bis e oder g, - b)
Nummer 1 Buchstabe f, Nummer 2 oder 3 Buchstabe b, - c)
Nummer 3 Buchstabe a oder c oder - d)
Nummer 4,
- 2.
einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, die inhaltlich einer Regelung entspricht, zu der die in Nummer 1 - a)
Buchstabe a, - b)
Buchstabe b, - c)
Buchstabe c oder - d)
Buchstabe d
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen
- 1.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d und Nummer 2 Buchstabe d mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, - 2.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und Nummer 2 Buchstabe c mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro, - 3.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 Buchstabe a mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro, - 4.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 Buchstabe b mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro, - 5.
des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro
(4) In den Fällen des Absatzes 3 Nummer 1 und 2 ist § 30 Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten anzuwenden.
(5) Fahrzeuge, Fahrzeugteile und Ausrüstungen, auf die sich eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 10 oder eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 Satz 1 bezieht, können eingezogen werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.