Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 22. März 2018 - AN 3 K 17.00036

bei uns veröffentlicht am22.03.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.

3. Die Kostenschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung … Mit Antrag vom 16. Mai 2016 begehrte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung unter Befreiung von den Baugrenzenfestsetzungen für den Bau eines Zweifamilienhauses mit Garage und zwei Außenstellplätzen auf den Grundstücken …, … (Zufahrt) und … der Gemarkung … nördlich des klägerischen Grundstücks.

Die genannten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. … der Beklagten vom 4. Juli 1966. Das streitgegenständliche Bauvorhaben liegt vollständig außerhalb der festgesetzten Baugrenzen.

In der Begründung zur Änderung des Bebauungsplans Nr. … vom 1. September 1971 ist ausgeführt, dass die Art der baulichen Nutzung dem Charakter der bestehenden Gartenwohnsiedlung entsprechend als reines Wohngebiet festgesetzt worden sei.

Nachdem die Kläger ihre Unterschrift zum Baugenehmigungsantrag der Beigeladenen verweigerten, ließen sie durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 6. September 2016 vortragen, die beabsichtigte Baugenehmigung verletze sie in nachbarschützenden Rechten, da der Plangeber mit der Festsetzung der Baugrenzen in dem zur Straße ausgerichteten Grundstücksteil zu erkennen gegeben habe, dass der rückwärtige Grundstücksbereich von Bebauung und von Zufahrtsverkehr freizuhalten sei und den rückwärtigen Grundstücksbereichen damit Erholungsfunktion zukomme. Die in den betroffenen Straßengevierten (…, …, …; …, …, …, …, …, …) liegenden Grundstücke stünden in einem wechselseitigen Austauschverhältnis, welches zur Schaffung eines Ruhebereiches führe. Zur Begründung der Rechtsauffassung verwies er auf Entscheidungen des BayVGH, des VGH BadenWürttemberg, des VG Freiburg und auf eine Entscheidung des VG Ansbach vom 12. März 2008, AN 3 K 07.01845 zur Frage der Ablehnung eines Vorbescheidsantrages wegen des städtebaulichen Ziels der Schaffung rückwärtiger Ruhebereiche. Auf das Schreiben wird Bezug genommen.

In einer Stellungsnahem des Stadtplanungsamtes der Beklagten vom 16. September 2016 wird die Auffassung vertreten, da die Begründung zum Bebauungsplan keinen Hinweis auf eine nachbarschützende Funktion der Baugrenzen enthalte, bestehe keine nahbarschützende Wirkung.

Grundlage für den im Bebauungsplan freigehaltenen Bereich sei nicht die Schaffung einer Ruhezone gewesen, vielmehr habe dieser Bereich nach dem Prinzip der „Reichsheimstätten“ dem Anbau von Obst und Gemüse zur Selbstversorgung dienen sollen.

In jüngerer Zeit seien außerdem auf den Grundstücken FlNr. … und … freistehende Einzelhäuser im inneren Bereich des Bebauungsplans außerhalb der Baugrenzen genehmigt worden. Bei der damaligen städtebaulichen Zustimmung sei davon ausgegangen worden, da auch schon durch die Altbebauung die Baugrenzen häufig überschritten worden seien, dass den Baugrenzen keine nachbarschützende Funktion zukomme und dass die Nachverdichtung einem schonenden Umgang mit Grund und Bode diene.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2016, an die Kläger am selben Tag zur Post gegeben, erteilte die Beklagte der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung unter Erteilung einer Befreiung vom Bebauungsplan N. … Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Stellungnahme des Stadtplanungsamtes vom 16. September 2016 Bezug genommen.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 9. Januar 2016 ließen die Kläger Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung erheben und beantragten gleichzeitig die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klagen (AN 3 S 17.00035).

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 31. Januar 2017 wurden die Anträge abgelehnt (AN 3 S 17.00035). Auf die Gründe wird Bezug genommen. Die hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 2017 zurückgewiesen (9 CS 17.345). Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Zur Begründung der Klage wurde zunächst ergänzend zu dem Vorbringen im behördlichen Verfahren ausgeführt, weder aus dem Planteil noch aus dem Textteil des Bebauungsplans ergebe sich, dass die Festsetzung der Baugrenzen ausschließlich aus städtebaulichen Gründen erfolgt sei. Aus dem ursprünglichen Bebauungsplan ergebe sich vielmehr ein Ausschluss von Nebenanlagen nach § 14 BauNVO, welcher erst durch Stadtratsbeschluss vom 23. Dezember 1974 aufgehoben worden sei. Die Festsetzung der Baugrenzen hinsichtlich der hinteren und seitlichen Baugrenzen, insbesondere soweit sie rückwärtige Ruhezonen abgrenzten, seien nachbarschützend. Abzustellen sei für die Beurteilung des Nachbarschutzes im Rahmen der Festsetzungen zu § 23 BauNVO darauf, ob die Baugrenzen nach dem Gemeindewillen ausschließlich aus städtebaulichen Gründen festgesetzt worden seien oder zumindest auch einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen sollten. Anders als straßenseitige Baugrenzen hätten rückwärtige Baugrenzen an sich gegenüberliegenden Grundstücken sowie rückseitig angrenzende Grundstücke regelmäßig nachbarschützende Wirkung. Diese Regel greife nur dann nicht, wenn sich aus dem Bebauungsplan bzw. den dazugehörenden Unterlagen entnehmen lasse, dass über die verfolgten städtebaulichen Gesichtspunkte hinaus gerade keine Rechte der Nachbarn geschützt werden sollten.

Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe die Absicht einer gärtnerischen Nutzung zur Selbstversorgung der Annahme eines rückwärtigen Ruhebereiches nicht entgegen. Auch die auf den FlNrn. … und … erfolgte Bebauung führe nicht dazu, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans funktionslos geworden seien. Denn ohne die Realisierung des streitgegenständlichen Vorhabens sei eine erhebliche wechselseitig von Bebauung freie Fläche noch vorhanden. Es sei nicht zutreffend, dass bei der Erteilung der Zustimmung zu diesen Bauvorhaben davon habe ausgegangen werden können, dass die Baugrenzen häufig durch Bestandsbauten überschritten worden seien. Dies sei eine pauschale Behauptung der Beklagten. Vielmehr führe die Realisierung des Bauvorhabens zu einer Versiegelung freier Flächen und nicht zu einem sparsamen Umgang mit Grund und Boden. Lieber solle das Grundstück FlNr. … neu bebaut werden. Auf diesem stehe ein seit 20 Jahren unbewohnbares Haus.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Stadt … vom 9. Dezember 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Sie macht geltend, den Festsetzungen des Bebauungsplans und seiner Begründung sei nicht zu entnehmen, dass die Festsetzung der seitlichen und rückwärtigen Baugrenzen aus Gründen des Nachbarschutzes erfolgt sei. Die Grundlage für den im Plangebiet freigehaltenen Bereich sei nicht die Schaffung einer Ruhezone gewesen. Vielmehr sei beabsichtigt gewesen, nach dem Prinzip der „Reichsheimstätten“ Bereiche zu schaffen, die dem Anbau von Obst und Gemüse zur Selbstversorgung dienen sollten. Die Erteilung der Befreiung sei unter Würdigung nachbarlicher Interessen erfolgt. Das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben überschreite die seitliche Baugrenze (selbst bei gedachter Verlängerung) gegenüber den Klägern nicht. Auch seien die Kläger von der Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze nicht betroffen. Die Abstandsflächen seien eingehalten.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2018 wurde die Klage dahingehend begründet, weder aus dem Planteil noch aus dem Textteil des Bebauungsplanes ergebe sich, dass die hinter den jeweiligen Baugrenzen liegenden Flächen nur aus städtebaulichen Gründen von Bebauung frei zu halten seien. Aus dem ursprünglichen Bebauungsplan ergebe sich vielmehr ein Ausschluss von Nebenanlagen nach § 14 BauNVO, welcher erst durch den Beschluss des Stadtrates vom 23. Dezember 1974 aufgehoben worden sei. Anders als straßenseitige Baugrenzen hätten rückwärtige Baugrenzen an sich gegenüberliegenden Grundstücken sowie die seitlichen Baugrenzen an seitlich rückseitig angrenzenden Grundstücken regelmäßig nachbarschützende Wirkung. Diese Regel fuße auf der Annahme, dass mit derartigen Festsetzungen grundsätzlich ein nachbarschaftliches Austauschverhältnis begründet und nach dem Willen des Ortsgesetzgebers ein gegenseitiges Verhältnis der Rücksichtnahme geschaffen werden solle. Die Regel greife nur dann nicht, wenn sich aus dem Bebauungsplan und/oder den zu ihm gehörenden Unterlagen entnehmen lasse, dass mit der Festsetzung der überbaubaren Grundstücksflächen durch Baulinien oder Baugrenzen (§ 23 Abs. 1 BauNVO) über die damit verfolgten städtebaulichen Gesichtspunkte hinaus gerade keine Rechte der Nachbarn geschützt werden sollten. Ein Nachbarschutz vermittelndes Austauschverhältnis ergebe sich dann, wenn rückwärtige Baugrenzen in einem einheitlichen bebauten Straßengeviert so festgesetzt sein, dass im Inneren eine zusammenhängende, allen angrenzenden Grundstücken zu Gute kommende unbebaute („grüne“) Fläche entstehe. Drittschutz vermittelten entsprechende Festsetzungen eines Bebauungsplanes bereits dann, wenn nicht feststehe, dass ausschließlich städtebauliche Gründe für die Schaffung der rückwärtigen unbebauten Grundstücksflächen maßgeblich gewesen seien und seien. Hierzu verwies der Prozessbevollmächtigte auf Entscheidungen vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (B.v. 27.4.2009 – 14 ZB 08.1171 –; 29.7.2014 – 9 CS 14.1171 –), VGH Baden-Württemberg (B.v. 23.7.1991 – 8 S 1606/91 –; U.v. 12.6.1991 – 5 S 2433/09 –; U.v. 4.10.1993 – BauR 1984, 52), des VG Freiburg (B.v. 26.11.2014 – 5 K 2303/14 –) und des VG Ansbach (B.v. 12.3.2008 – AN 3 K 07.01845).

Diesen Entscheidungen sei zu entnehmen, dass das vorliegend vollständig außerhalb der Baugrenzen geplante Gebäude gegen den geschaffenen rückwärtigen Ruhebereich und somit gegen Grundsätze der Planung verstoße. Aus den Darlegungen ergebe sich auch, dass die Festsetzung der seitlichen und hinteren Baugrenzen, d.h. die Festsetzung des rückwärtigen Ruhebereichs zumindest auch drittschützend sei, da diese jeweils wechselseitig so ausgerichtet sein, dass sich erst aus allen Grundstücken in der Summe der rückwärtig bestehende von Bebauung und von Verkehr freie Bereich ergebe.

Die Befreiung erfülle nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB. Eine vollständige Befreiung von der Einhaltung der rückseitigen und seitlichen Baugrenzen beeinträchtige die Grundzüge der Planung. Weder forderten Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung, noch sei die Befreiung städtebaulich vertretbar, noch führe die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte. Die Errichtung des Gebäudes entsprechend den Vorstellungen der Grundstückseigentümer würde dazu führen, dass ein Gebäude in vollständigem Umfang in der durch die Baugrenzen festgelegten rückwärtigen Ruhezone errichtet werde. Hier werde dieser Ruhebereich entscheidend beeinträchtigt. Die Schaffung der rückwärtigen von Bebauung freien Bereiche gehöre zu den Grundzügen der konkreten Planung. Hierbei sei kein allzu strenger Maßstab anzulegen. Anderenfalls hätten die Festsetzungen eines Bebauungsplans praktisch keinerlei rechtliche Bedeutung.

Eine hinreichende Begründung sei auch der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht zu entnehmen. Die Beklagte behaupte lediglich das Fehlen einer nachbarschützenden Wirkung, ohne den Sachverhalt einer Gesamtbetrachtung zu unterziehen. Insbesondere sei der Hinweis darauf, dass die Begründung zum Bebauungsplan keinen Hinweis auf eine nachbarschützende Funktion enthalte, zu allgemein gehalten und nicht nachvollziehbar. Bei der Auffassung, Grundlage für den im Bebauungsplan freigehaltenen Bereich sei die gezielte Schaffung von Flächen zum Anbau von Obst und Gemüse zur Selbstversorgung gewesen, verkenne die Beklagte, dass es sich hierbei um eine ausdrückliche planerische Erwägung handele, welche die wechselseitige Freihaltung der Flächen von Bebauung in ein gegenseitiges Austauschverhältnis habe stellen sollen. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe die Absicht einer gärtnerischen Nutzung zur Selbstversorgung der Annahme von rückwärtigen Ruhebereichen nicht entgegen. Es müsse nicht die Absicht des Plangebers erkennbar sein, dass die rückwärtigen Flächen zur Anlegung von Ziergärten von Bebauung freigehalten werden sollten. Außerdem könne sich eine Rechtfertigung der Befreiung auch nicht aus dem Vorhandensein von Bebauung außerhalb der Baugrenzen auf den Grundstücken FlNrn. … und … ergeben. Die Festsetzungen des Bebauungsplans seien hierdurch nicht funktionslos geworden. Die wechselseitig von Bebauung freie rückwärtige Fläche sei derzeit noch intakt, wäre jedoch gerade durch Errichtung des beantragten Vorhabens vollständig außerhalb der Baugrenzen gefährdet. Es sei weder ersichtlich noch zutreffend, dass die städtebaulichen Zustimmungen zu den beiden genannten Bebauungen dadurch zu rechtfertigen sein, dass die Baugrenzen bereits häufig durch Bestandsbauten überschritten worden seien. Dies sei für die Beurteilung des vorliegenden Bauantrags nicht erheblich. Außerdem sei die pauschale unkonkrete Behauptung einer häufigen Überschreitung der Baugrenzen nicht zutreffend. Auch das Kriterium des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden sei nicht geeignet, ein Abweichen von den Grundzügen der Planung zu rechtfertigen. In gleichem Umfang müsse als negativer Gesichtspunkt eine weitere Versiegelung bislang von Bebauung freier Flächen seitens der Beklagten berücksichtigt werden. Im Übrigen dürften nachträglich eingetretene Umstände, die auf die planerischen Festsetzungen keinen Einfluss gehabt haben könnten, da sie in diesem Zeitpunkt noch nicht existent gewesen sein, bei der Gesamtbetrachtung zur Auslegung der Erwägungen des Plangebers nicht berücksichtigt werden. Hier sei maßgeblich auf die Umstände zum Zeitpunkt der planerischen Festsetzung abzustellen.

Der Beschluss im Beschwerdeverfahren verkenne, dass durch die ursprüngliche Aufstellung des Bebauungsplans das aufgrund der ursprünglich errichteten Reichsheimstätten bestehende wechselseitige Austauschverhältnis zwischen den einzelnen Grundstücken zur Beibehaltung des bestehenden rückwärtigen Ruhebereichs zu Grunde gelegt worden sei. Vor 1966 hätten auf den rückwärtigen Grundstücksbereichen jeweils den Wohnhäusern zugeordnete Gärten auch zum Zwecke von Selbstversorgergärten für Obst-und Gemüseanbau im Sinne der Reichsheimstätten existiert. 1966 sei dieser Grundgedanke der Planung in der zeichnerischen Festsetzung des Bebauungsplans Nummer … entsprechend dem vorhandenen und fortgeführten Bestand aufgegriffen worden. Mit der Aufstellung des Bebauungsplans sei ein förmliches Verbot zur Errichtung von untergeordneten Nebenanlagen festgesetzt worden. Aus diesem ergebe sich auch der gezielte Wille des Plangebers, die rückwärtigen Flächen auch im Interesse der angrenzenden Grundstücksnachbarn von jeder Bebauung freizuhalten und somit die gärtnerische Nutzung der Flächen sicherzustellen. 1971 habe sich der Grundgedanke der Reichsheimstätten in der Begründung zur Satzungsänderung vom 1. September 1971 fortgesetzt, in dem das Gebiet ausdrücklich durch den Plangeber als „Gartenwohnsiedlung“ bezeichnet worden sei. Weder aus der weiteren Änderungssatzung vom 2. Juni 1972 noch aus der Änderungssatzung vom 7. Januar 1975 ergebe sich eine Aufgabe der vor und seit der Planaufstellung fortgesetzt verfolgten Freihaltung der rückwärtigen Grundstücksbereiche von Wohnbebauung. Eine solche ergebe sich auch nicht aus der Aufhebung des Verbots, untergeordnete Nebenanlagen zu errichten, da diese gerade deshalb erfolgt sei, um den Grundstückseigentümern die Errichtung kleiner Funktionsgebäude für die gärtnerische Nutzung zu gestatten. Der Umstand, dass das Verbot untergeordneter Nebenanlagen später aufgehoben worden sei und dass untergeordnete Nebenanlagen tatsächlich errichtet worden seien, ändere nichts daran, dass der ursprüngliche Wille des Plangebers trotzdem fortbestehe. Die Beschlussfassung zur Aufhebung dieses Verbotes enthalte gerade keine ausdrücklichen oder erkennbaren Erwägungen darüber, dass sich an den grundlegenden planerischen Erwägungen etwas geändert habe und fortan kein wechselseitiges Austauschverhältnis mehr zwischen den aneinandergrenzenden Grundstücken zur Bildung eines rückwärtigen Ruhebereichs bestehen sollte. Im Übrigen sei im Eilverfahren der Begriff des „Gartens“ bzw. der Begriff der „gärtnerischen Nutzung“ fehlinterpretiert worden, insbesondere soweit diese in der Begründung zur Satzungsänderung vom 1. September 1971 durch die Bezeichnung als „Gartenwohnsiedlung“ ausdrückliche und unmittelbare Ausprägung im Bebauungsplan gefunden habe. Zur Definition eines Gartens oder gärtnerischen Nutzung könne § 1 des Bundeskleingartengesetzes herangezogen werden. Ein Kleingarten sei hierbei ein Garten, der dem Nutzer zu nicht gewerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf und zur Erholung diene. Aus dieser Definition ergebe sich, dass die gärtnerische Nutzung gleichzeitig die Nutzung zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen sowie zur Erholung vorsehe. Aus keiner Fassung des Bebauungsplans ergäben sich etwaige Einschränkungen oder Vorschriften, auf welche gärtnerische Art und Weise der rückwärtige Grundstücksbereich der Gartenwohnsiedlung zu nutzen sei. Insbesondere finde sich im Bebauungsplan seitens des Plangebers keine Festsetzung, dass ausschließlich eine Nutzung als Nutzgarten gestattet sei. Der planerische Wille zur Errichtung und Aufrechterhaltung einer Gartenwohnsiedlung sei daher derart zu verstehen, dass es den Nutzern freigestellt sei, den Garten als Nutz-oder als Ziergarten oder in gemischter Form als Nutz-und Ziergarten sowohl zum Zwecke der Versorgung wie auch zum Zwecke der Freizeitgestaltung und Erholung zu benutzen. Dieses gesamte Nutzungsspektrum habe durch die bildliche Festsetzung der Baugrenzen den Nachbarn gegenseitig gewährleistet werden sollen, was neben den zeichnerischen Festsetzungen auch in der Bezeichnung als Gartenwohnsiedlung Ausdruck gefunden habe.

Dies verkenne der Beschluss des Verwaltungsgerichts. Der Plangeber habe durch das Festsetzen der Baugrenzen zumindest auch einen zusammenhängenden Nutz-und Ziergartenbereich in städtischer Lage zum Zwecke der Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen sowie als Ruhe-und Erholungsbereich der Bewohner schaffen wollen. Andere städtebauliche Gründe, welche es erforderten, den Grundstückseigentümern durch Festsetzung von Baugrenzen zu verbieten, die rückwärtigen Bereiche ihrer Grundstücke ursprünglich mit Nebenanlagen, mit einem weiteren Wohnhaus zu bebauen oder ihr Bestandsgebäude in diese Bereiche zu vergrößern, seien nicht ersichtlich. Städtebauliche Gründe zur Festsetzung rückwärtiger Baugrenzen seien aus den beiden im Verfahren ergangenen Beschlüssen des Verwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht ersichtlich. Hier werde lediglich ein Ruhe-oder Erholungsbereich negiert.

Zur Erlangung von Nachbarschutz müsse die wertende Betrachtung lediglich ergeben, dass zumindest auch der Schutz nachbarlicher Interessen beabsichtigt gewesen sei. Der Umstand, dass mit der Aufstellung eines Bebauungsplans weitere Zwecke verfolgt werden sollten, könne in der wertenden Betrachtung nicht dahingehend berücksichtigt werden, dass er den anderweitig nachgewiesenen Schutz nachbarlicher Interessen ausschließe.

Insbesondere bestünden hinreichende Anhaltspunkte für planerische Erwägungen, die zumindest auch Drittschutz bezweckten:

– die zeichnerische Festsetzung im Bebauungsplan

– die ursprüngliche Anordnung eines Verbotes untergeordneter Nebenanlagen gemäß § 14 BauNVO

– die Erwähnung der tatsächlichen Nutzung als Gartenwohnsiedlung in der Begründung zur Änderung des Bebauungsplans

– die Aufhebung des Verbotes der Errichtung untergeordneter Nebenanlagen zur Unterstützung der gärtnerischen Nutzung der Grundstücksflächen

– das Fehlen anderweitiger Anhaltspunkte, welcher städtebaulichen oder sonstigen Gründen eine Gestaltung des Plangebers durch Festsetzung seitlicher und rückwärtiger Baugrenzen im konkreten Fall erforderten.

Mit Schreiben vom 21. März 2018 zeigte sich der Bevollmächtigte der Beigeladenen an und beantragte

Klageabweisung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten insbesondere auf den Bebauungsplan Nr. … der Antragsgegnerin vom 9. September 1966 mit Änderungen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Der streitgegenständliche Baugenehmigungsbescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung einer Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch sie zugleich in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führende Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (BVerwG U.v. 6.10.1989 – 4 C 40.87 – juris). Eine Verletzung derartiger Normen liegt vorliegend nicht vor.

Die Kläger werden durch das streitgegenständliche Vorhaben nicht in dem drittschützenden Gebot der Rücksichtnahme verletzt, welches hinsichtlich der erteilten Befreiung in § 31 Abs. 2 BauGB im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ seinen Niederschlag gefunden hat, im übrigen § 15 Abs. 1 BauNVO zu entnehmen ist.

1. Dabei kann zugunsten der Kläger unterstellt werden, dass der Bebauungsplan Nr. … und die in ihm enthaltene Baugrenzenfestsetzung selbst noch Wirkung entfaltet – wovon auch die Beklagte ausgeht – und nicht durch die, wie auf aktuellen allgemein zugänglichen Luftaufnahmen ersichtlich, Bebauung der rückwärtigen Grundstücksbereiche mit Nebenanlagen und Wohnhäusern auf den FlNrn. … und …, deren Baugenehmigungen jeweils im Wege einer Befreiung erteilt wurden, funktionslos geworden geworden ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1977 – IV C 39.75 – BVerwGE 54,5; BayVGH, B.v. 14.7.2016 – 1 ZB 15.443 – juris Rn. 4).

2. Die Festsetzung zu den überbaubaren Grundstücksflächen gewährt den Klägern kein Abwehrrecht gegen das streitgegenständliche Bauvorhaben, da ihr keine drittschützende Funktion zukommt.

Bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans hängt der Umfang des Rechtsschutzes des Nachbarn davon ab, ob die Festsetzungen, von welchen die Befreiung erteilt wird, Nachbarschutz vermitteln oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 25; BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – juris Rn. 3).

Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz hingegen lediglich nach dem im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebot. Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung aus irgendeinem Grund rechtswidrig ist, sondern nur dann, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 a.a.O., Rn. 25 m.w.N.).

Nach der hier maßgeblichen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichthofes haben dabei Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen (§ 23 BauNVO) ebenso wie Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung – anders als Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung – grundsätzlich keine drittschützende Funktion im Rahmen eines nachbarlichen Gegenseitigkeits- und Austauschverhältnisses (BayVGH, B.v. 8.11.2016 – 1 CS 16.1864 – juris Rn. 4). Günstige Auswirkungen einer Festsetzung auf die Nachbargrundstücke reichen zur Annahme eines Nachbarschutzes nicht aus.

Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche können dann ausnahmsweise drittschützende Wirkung entfalten, wenn sich aus dem im Einzelfall zu ermittelnden Willen der Gemeinde als Planungsträger ergibt, dass diese Festsetzungen auch dem Schutz der Nachbarn dienen (BayVGH, B.v. 8.11.2016, a.a.O.; Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Oktober 2017, § 23 BauNVO Rn. 56; BVerwG, B.v. 19.10.1995 – 4 B 215/95 – juris).

Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln. Ein entsprechender Wille muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergeben. Maßgebend ist, ob die Festsetzung auf Basis einer wertenden Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll (BayVGH, B.v.28.3.2017 – 15 ZB 16.1306 – juris Rn. 7, zum Ganzen z.B. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 34 m.w.N.).

Ein solchermaßen erkennbarer Wille der Beklagten (vgl. BayVGH v. 19.3.2013 – 2 B 13.99 – juris), dass die hier inmitten stehenden Festsetzungen dem Nachbarschutz dienen sollen, ist vorliegend nicht ersichtlich.

Zwar kann den zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … entnommen werden, dass die Wohngebäude entlang des Straßenverlaufs als Blockrandbebauung vorgesehen sind, wodurch im Innenbereich des Gevierts ein grundsätzlich von Bebauung freizuhaltender Bereich entsteht. Jedoch ergeben sich weder aus den textlichen Festsetzungen noch aus der Begründung des Bebauungsplans vom 9. September 1966 Anhaltspunkte dafür, dass über die Aufstellung von Planungsgrundsätzen im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung hinaus mit den Baugrenzenfestsetzungen gerade den jeweiligen Grundstücksnachbarn im Sinne eines wechselseitigen Austauschverhältnisses schützenswerte Rechtspositionen eingeräumt werden sollten, etwa in der Art eines rückwärtigen Ruhebereiches oder einer Erholungszone.

Die textlichen Festsetzungen enthalten Regelungen zur Art und zum Maß der Nutzung sowie zur Bauweise. Aus dem Fehlen von Anhaltspunkten für einen entsprechenden Planungswillen der Gemeinde ist gerade nicht – wie der Prozessbevollmächtigte unter Berufung auf Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg ausführt – zu folgern, dass die Festsetzungen zu seitlichen und rückwärtigen Baugrenzen vorliegend an sich Nachbarschutz entfalten.

In der Begründung zur Satzungsänderung vom 1. September 1971 findet sich lediglich der Hinweis darauf, dass das Gebiet entsprechend der tatsächlichen Nutzung als „Gartenwohnsiedlung“ als reines Wohngebiet festgesetzt worden sei. Im Zuge der „Umwandlung“ zum allgemeinen Wohngebiet durch Änderungsatzung vom 2. Juni 1972 wurde mit weiterer Änderung vom 7. Januar 1975 die Errichtung von Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO zugelassen. Wie die Lagepläne des Gebiets zeigen, wurde von dieser Möglichkeit seitens der Grundstückseigentümer umfassend Gebrauch gemacht, der von Bebauung freizuhaltende Bereich verkleinerte sich durch die Errichtung von Schuppen und Gartenhäusern, die wohl hauptsächlich zur Bewirtschaftung der Nutzgärten gedient haben dürften, erheblich. Die Kläger haben nicht vortragen lassen, dass die – auch von der Beklagten angenommene Nutzung der rückwärtigen Grundstücksbereiche als Selbstversorgergärten für Obst – und Gemüseanbau im Sinne der „Reichsheimstätten“ – nicht vorgelegen habe.

Dass die rückwärtigen Grundstücksbereiche (auch) zu Erholungszwecken nutzbar sind – wie der Klägerbevollmächtigte aus dem Begriff des „Kleingartens“ folgert – lässt ohne das Hinzutreten der o.g. Kriterien für die Feststellung eines entsprechenden Planungswillens der Gemeinde nicht den Schluss zu, dass es sich bei der Festsetzung der rückwärtigen Baugrenzen um nachbarschützende Regelungen handelt. Denn die jeweiligen Gartenbereiche sind zweifellos durch die jeweiligen Eigentümer zu Erholungszwecken nutzbar. Ein Anspruch auf das Fernbleiben jeglicher Bebauung in den Bereichen außerhalb der festgesetzten Baugrenzen auf den Nachbargrundstücken lässt sich aber auch daraus nicht herleiten.

Der Einschätzung des Prozessbevollmächtigten, für die Frage des entsprechenden Planungswillens der Gemeinde sei ausschließlich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bebauungsplans 1966 abzustellen, kann die Kammer nicht folgen. Zunächst ergeben sich aus der ursprünglichen Fassung – wie oben dargelegt – keine Anhaltspunkte für den Nachbarschutz der Festsetzungen. Darüber hinaus sind aber auch nachträgliche Änderungen des Bebauungsplans Äußerungen des Planungswillens der Plangeberin, die bei der Ermittlung der Frage, ob sie mit den Festsetzungen im Bebauungsplan jedenfalls auch nachbarschützende Belange verfolgte, zu berücksichtigen sind. Mit der Zulassung von Nebenanlagen nach § 14 BauNVO hat die Plangeberin den Charakter der rückwärtigen Grundstücksbereiche als Nutzfläche unterstrichen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Baugrenzenfestsetzung jedenfalls nicht einen Erholungsraum für das gesamte Geviert im Sinne einer schützenswerten Rechtsposition des einzelnen Grundstückseigentümer schaffen sollte.

Nach alldem ist aus den vorliegenden Unterlagen kein Planungswille der Gemeinde erkennbar – auch nicht durch wertende Betrachtung des Festsetzungszusammenhangs – mit den Baugrenzenfestsetzungen zu Gunsten der jeweiligen Grundstückseigentümer einen Ruhe- oder Erholungsbereich zu schaffen, der eine schützenswerte Rechtsposition aufgrund eines wechselseitigen Austauschverhältnisses und damit einen Abwehranspruch gegen Bauvorhaben außerhalb dieser Baugrenzen vermitteln könnte.

Sonstige Belange, aus welchen sich eine Unzumutbarkeit des Vorhabens für die Kläger aufgrund der erteilten Befreiung ergeben könnte, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere können sich die Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass vorrangig die straßenseitig gelegene FlNr. … mit einem neuen Wohnhaus zu bebauen sei. Dieses Interesse ist rechtlich nicht geschützt.

3. Auch eine Verletzung des drittschützenden Rücksichtnahmegebots ist vorliegend nicht gegeben.

Gegen eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens spricht zum einen bereits, dass - unbestritten - die bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstandsflächen eingehalten sind und damit eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung, wie von Art. 6 BayBO gefordert, gewährleistet ist (vgl. z.B. BVerwG v. 11.1.1999, 4 B 128.98, BayVBl. 1999, 568).

Eine Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Grundstück der Kläger ergibt sich auch nicht aus den durch das streitgegenständliche Bauvorhaben verwirklichten Größen- und Lageverhältnissen.

Eine derartige Wirkung des Bauvorhabens kann nur dann vorliegen, wenn ein durch seine Ausmaße und Gestaltung als außerordentlich zu qualifizierender Baukörper den Bewohnern des Nachbargrundstücks den Eindruck des „Eingemauertseins“ vermittelt (vgl. z.B. BVerwG v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – juris; BayVGH v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – juris). Dies kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benach-barten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BayVGH v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris, m.w.N.). Dabei stellt, wie oben bereits ausgeführt, die – vorliegend gegebene – Einhaltung der landes-rechtlichen Abstandsflächen ein Indiz dafür dar, dass keine erdrückende Wirkung vorliegt (vgl. BayVGH v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris). Aus den sich bei den Akten befindlichen Planunterlagen ergeben sich für eine derartige Wirkung aufgrund Ausmaß und Höhenentwicklung des Bauvorhabens keinerlei Anhaltspunkte.

Demnach waren die Klagen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten den Klägern aufzuerlegen, § 162 Abs. 3 VwGO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 22. März 2018 - AN 3 K 17.00036

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 22. März 2018 - AN 3 K 17.00036

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 22. März 2018 - AN 3 K 17.00036 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 23 Überbaubare Grundstücksfläche


(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut wer

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 14 Nebenanlagen; Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen


(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht wide

Bundeskleingartengesetz - BKleingG | § 1 Begriffsbestimmungen


(1) Ein Kleingarten ist ein Garten, der 1. dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung) und2. in

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 22. März 2018 - AN 3 K 17.00036 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 22. März 2018 - AN 3 K 17.00036 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 31. Jan. 2017 - AN 3 S 17.00035

bei uns veröffentlicht am 31.01.2017

Tenor 1. Die Anträge werden abgelehnt. 2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Die Antragsteller sind Eigentümer des

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. Juli 2014 - 9 CS 14.1171

bei uns veröffentlicht am 29.07.2014

Tenor I. In Abänderung der Nummern 1 und 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. April 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Erlangen-Höchstadt vo

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2016 - 1 CS 16.1864

bei uns veröffentlicht am 08.11.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Stre

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2014 - 9 CS 14.222

bei uns veröffentlicht am 23.04.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das Beschwerdev

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Sept. 2016 - 15 CS 16.1536

bei uns veröffentlicht am 05.09.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfa

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Sept. 2015 - 9 CS 15.1115

bei uns veröffentlicht am 30.09.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das Beschwerdever

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. März 2017 - 15 ZB 16.1306

bei uns veröffentlicht am 28.03.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert f

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Juli 2016 - 1 ZB 15.443

bei uns veröffentlicht am 14.07.2016

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. Die Beigeladenen tragen ihre außer-gerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das Zulassun

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2017 - 9 CS 17.345

bei uns veröffentlicht am 18.12.2017

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner. III. Der Streitwert für das Bes

Referenzen

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung …

Mit Antrag vom 16. Mai 2016 begehrte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung unter Befreiung von den Baugrenzenfestsetzungen für den Bau eines Zweifamilienhauses mit Garage und zwei Außenstellplätzen auf den Grundstücken …, … (Zufahrt) und … der Gemarkung … nördlich des Grundstücks der Antragsteller.

Die genannten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. … der Beklagten vom 4. Juli 1966. Das streitgegenständliche Bauvorhaben liegt vollständig außerhalb der festgesetzten Baugrenzen.

In der Begründung zur Änderung des Bebauungsplans Nr. … vom 1. September 1971 ist ausgeführt, dass die Art der baulichen Nutzung dem Charakter der bestehenden Gartenwohnsiedlung entsprechend als reines Wohngebiet festgesetzt worden sei.

Nachdem die Antragssteller ihre Unterschrift zum Baugenehmigungsantrag der Beigeladenen verweigerten, ließen sie durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 6. September 2016 vortragen, die beabsichtigte Baugenehmigung verletze die Antragsteller in nachbarschützenden Rechten, da der Plangeber mit der Festsetzung der Baugrenzen in dem zur Straße ausgerichteten Grundstücksteil zu erkennen gegeben habe, dass der rückwärtige Grundstücksbereich von Bebauung und von Zufahrtsverkehr freizuhalten sei und den rückwärtigen Grundstücksbereichen damit Erholungsfunktion zukomme. Die in den betroffenen Straßengevierten (* … Straße, … Straße, …straße; … Straße, … Straße, …straße,; … Straße, … Straße, … Straße) liegenden Grundstücke stünden in einem wechselseitigen Austauschverhältnis, welches zur Schaffung eines Ruhebereiches führe. Zur Begründung der Rechtsauffassung verwies er auf Entscheidungen des BayVGH, des VGH Baden- Württemberg, des VG Freiburg und auf eine Entscheidung des VG Ansbach vom 12. März 2008, AN 3 K 07.01845 zur Frage der Ablehnung eines Vorbescheidsantrages wegen des städtebaulichen Ziels der Schaffung rückwärtiger Ruhebereiche. Auf das Schreiben wird Bezug genommen.

In einer Stellungsnahem des Stadtplanungsamtes der Antragsgegnerin vom 16. September 2016 wird die Auffassung vertreten, da die Begründung zum Bebauungsplan keinen Hinweis auf eine nachbarschützende Funktion der Baugrenzen enthalte, bestehe keine nahbarschützende Wirkung.

Grundlage für den im Bebauungsplan freigehaltenen Bereich sei nicht die Schaffung einer Ruhezone gewesen, vielmehr habe dieser Bereich nach dem Prinzip der „Reichsheimstätten“ dem Anbau von Obst und Gemüse zur Selbstversorgung dienen sollen.

In jüngerer Zeit seien außerdem auf den Grundstücken Fl.Nr. … und … freistehende Einzelhäuser im inneren Bereich des Bebauungsplans außerhalb der Baugrenzen genehmigt worden. Bei der damaligen städtebaulichen Zustimmung sei davon ausgegangen worden, dass den Baugrenzen keine nachbarschützende Funktion zukomme, da auch schon durch die Altbebauung die Baugrenzen häufig überschritten worden seien, und dass die Nachverdichtung einem schonenden Umgang mit Grund und Bode diene.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2016, an die Antragsteller am selben Tag zur Post gegeben, erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung unter Erteilung einer Befreiung vom Bebauungsplan Nr. … Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Stellungnahme des Stadtplanungsamtes vom 16. September 2016 Bezug genommen.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 9. Januar 2016 ließen die Antragsteller Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung erheben (AN 3 K 17.00036). Gleichzeitig beantragten sie gemäß § 80 a Abs. 3 VwGO, die aufschiebende Wirkung dieser Klage anzuordnen.

Zur Begründung wird ergänzend zu dem Vorbringen im behördlichen Verfahren ausgeführt, weder aus dem Planteil noch aus dem Textteil des Bebauungsplans ergebe sich, dass die Festsetzung der Baugrenzen ausschließlich aus städtebaulichen Gründen erfolgt sei. Aus dem ursprünglichen Bebauungsplan ergebe sich vielmehr ein Ausschluss von Nebenanlagen nach § 14 BauNVO, welcher erst durch Stadtratsbeschluss vom 23. Dezember 1974 aufgehoben worden sei. Die Festsetzung der Baugrenzen hinsichtlich der hinteren und seitlichen Baugrenzen, insbesondere soweit sie rückwärtige Ruhezonen abgrenzten, sei nachbarschützend. Abzustellen sei für die Beurteilung des Nachbarschutzes im Rahmen der Festsetzungen zu § 23 BauNVO, ob die Baugrenzen nach dem Gemeindewillen ausschließlich aus städtebaulichen Gründen festgesetzt worden seien oder zumindest auch einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen sollten. Anders als straßenseitige Baugrenzen hätten rückwärtige Baugrenzen an sich gegenüberliegenden Grundstücken sowie an rückseitig angrenzenden Grundstücken regelmäßig nachbarschützende Wirkung. Diese Regel greife nur dann nicht, wenn sich aus dem Bebauungsplan bzw. den dazugehörenden Unterlagen entnehmen lasse, dass über die verfolgten städtebaulichen Gesichtspunkte hinaus gerade keine Rechte der Nachbarn geschützt werden sollten.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin stehe die Absicht einer gärtnerischen Nutzung zur Selbstversorgung der Annahme eines rückwärtigen Ruhebereiches nicht entgegen. Auch die auf den Fl.Nrn. … und … erfolgte Bebauung führe nicht dazu, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans funktionslos geworden seien. Denn ohne die Realisierung des streitgegenständlichen Vorhabens sei eine erhebliche wechselseitig von Bebauung freie Fläche noch vorhanden. Es sei nicht zutreffend, dass bei der Erteilung der Zustimmung zu diesen Bauvorhaben davon habe ausgegangen werden können, dass die Baugrenzen häufig durch Bestandsbauten überschritten worden seien. Dies sei eine pauschale Behauptung der Antragsgegnerin. Vielmehr führe die Realisierung des Bauvorhabens zu einer Versiegelung freier Flächen und nicht zu einem sparsamen Umgang mit Grund und Boden. Lieber solle das Grundstück Fl.Nr. … neu bebaut werden. Auf diesem stehe ein seit 20 Jahren unbewohnbares Haus.

Die Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 9. Dezember 2016 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie macht geltend, den Festsetzungen des Bebauungsplans und seiner Begründung sei nicht zu entnehmen, dass die Festsetzung der seitlichen und rückwärtigen Baugrenzen aus Gründen des Nachbarschutzes erfolgt sei. Die Grundlage für den im Plangebiet freigehaltenen Bereich sei nicht die Schaffung einer Ruhezone gewesen. Vielmehr sei beabsichtigt gewesen, nach dem Prinzip der „Reichsheimstätten“ Bereiche zu schaffen, die dem Anbau von Obst und Gemüse zur Selbstversorgung dienen sollten. Die Erteilung der Befreiung sei unter Würdigung nachbarlicher Interessen erfolgt. Das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben überschreite die seitliche Baugrenze (selbst bei gedachter Verlängerung) gegenüber den Antragstellern nicht. Auch seien die Antragsteller von der Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze nicht betroffen. Die Abstandsflächen würden eingehalten.

Die Beigeladene hat bislang keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten insbesondere auf den Bebauungsplan Nr. … der Antragsgegnerin vom 9. September 1966 mit Änderungen Bezug genommen.

II.

Streitgegenstand der vorliegenden Anträge ist die Beseitigung der sofortigen Vollziehbarkeit der der Beigeladenen mit Bescheid vom 9. Dezember 2016 erteilten Baugenehmigung.

In Fällen, in denen die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Grundsatz nach gegebene auf-schiebende Wirkung der Anfechtungsklage wie vorliegend durch ein Bundesgesetz ausge-schlossen ist (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB), kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wir-kung der innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtzeitig erhobenen Klage anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht in einer dem Charakter des summarischen Verfah-rens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechenden Weise die Interessen der Antragstellerseite und der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 80 Rn. 152), wobei vorrangig die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen sind.

Die zulässigen Anträge sind unbegründet. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstößt aller Voraussicht nach nicht gegen im Genehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften, die nicht nur dem Schutz der Interessen der Allgemeinheit, sondern auch dem Schutz der Interessen der Antragsteller als Grundstücksnachbarn dienen. Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch sie zugleich in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führende Norm zumindest auch dem Schutze der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (vgl. z.B. BVerwG v. 6.10.1989 - 4 C 40.87 - juris).

Nach Überzeugung der Kammer haben die Klagen gegen die der Beigeladenen erteilte Bauge-nehmigung keine so hinreichende Aussicht auf Erfolg, dass das kraft Gesetzes nach § 212a Abs. 1 BauGB bereits bestehende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Baugenehmigung ausnahmsweise zurücktreten müsste.

Die Antragsteller werden durch das streitgegenständliche Vorhaben nach summarischer Prüfung nicht in dem drittschützenden Gebot der Rücksichtnahme verletzt, welches hinsichtlich der erteilten Befreiung in § 31 Abs. 2 BauGB im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ seinen Niederschlag gefunden hat, im übrigen § 15 Abs. 1 BauNVO zu entnehmen ist.

1. Dabei kann zugunsten der Antragsteller unterstellt werden, dass der Bebauungsplan Nr. … und die in ihm enthaltene Baugrenzenfestsetzung selbst noch Wirkung entfaltet - wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht - und nicht durch die auf den Fl.Nrn. … und … jeweils im Wege einer Befreiung erteilten Baugenehmigungen funktionslos geworden geworden ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1977 - IV C 39.75 - BVerwGE 54,5; BayVGH, B.v. 14.7.2016 - 1 ZB 15.443 -, juris Rn. 4).

Die Festsetzung zu den überbaubaren Grundstücksflächen gewährt den Antragstellern jeoch kein Abwehrrecht gegen das streitgegenständliche Bauvorhaben, da ihr keine drittschützende Funktion zukommt.

Bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans hängt der Umfang des Rechtsschutzes des Nachbarn davon ab, ob die Festsetzungen, von welchen die Befreiung erteilt wird, Nachbarschutz vermitteln oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 - 15 CS 16.1536 -, juris Rn. 25; BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 -, juris Rn. 3).

Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz hingegen lediglich nach dem im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebot. Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung aus irgendeinem Grund rechtswidrig ist, sondern nur dann, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 a.a.O., Rn. 25 m.w.N.).

Nach der hier maßgeblichen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichthofes haben Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen (§ 23 BauNVO) ebenso wie Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung- anders als Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung - grundsätzlich keine drittschützende Funktion im Rahmen eines nachbarlichen Gegenseitigkeits- und Austauschverhältnisses (BayVGH, B. v. 8.11.2016 - 1 CS 16.1864 -, juris Rn. 4). Günstige Auswirkungen einer Festsetzung auf die Nachbargrundstücke reichen zur Annahme eines Nachbarschutzes nicht aus.

Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche können dann ausnahmsweise drittschützende Wirkung entfalten, wenn sich aus dem im Einzelfall zu ermittelnden Willen der Gemeinde als Planungsträger ergibt, dass diese Festsetzungen auch dem Schutz der Nachbarn dienen (BayVGH, B. v. 8.11.2016, a.a.O.; Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand August 2016, § 23 BauNVO Rn. 56; BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris). Ein entsprechender Planungswille kann sich aus den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans, aus seiner Begründung oder aus sonstigen Unterlagen aus dem Planaufstellungsverfahren ergeben (vgl. auch BayVGH, B.v. 10.3.2004 - 26 B 99.3582 -, juris Rn. 22; BayVGH, B. v. 19.11.2015 - 1 CS 15.2108 - juris, m.w.N.; BayVGH, B. v. 1.12.2016 - 1 ZB 15.1841 -, juris Rn. 4).

Ein solchermaßen eindeutig erkennbarer Wille der Antragsgegnerin (vgl. BayVGH v. 19.3.2013 - 2 B 13.99 - juris), dass die hier inmitten stehenden Festsetzungen dem Nachbarschutz dienen sollen, ist vorliegend nicht ersichtlich.

Zwar kann den zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … entnommen werden, dass die Wohngebäude entlang des Straßenverlaufs als Blockrandbebauung vorgesehen sind, woraus im Innenbereich des Gevierts ein grundsätzlich von Bebauung freizuhaltender Bereich entsteht. Jedoch ergeben sich weder aus den textlichen Festsetzungen noch aus der Begründung des Bebauungsplans vom 9. September 1966 Anhaltspunkte dafür, dass über die Aufstellung von Planungsgrundsätzen im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung mit den Baugrenzenfestsetzungen gerade den jeweiligen Grundstücksnachbarn im Sinne eines wechselseitigen Austauschverhältnisses schützenswerte Rechtspositionen eingeräumt werden sollten, etwa in der Art eines rückwärtigen Ruhebereiches oder einer Erholungszone. Die textlichen Festsetzungen enthalten Regelungen zur Art und zum Maß der Nutzung sowie zur Bauweise. In der Begründung zur Satzungsänderung vom 1. September 1971 findet sich lediglich der Hinweis darauf, dass das Gebiet entsprechend der tatsächlichen Nutzung als „Gartenwohnsiedlung“ als reines Wohngebiet festgesetzt worden sei. Im Zuge der „Umwandlung“ zum allgemeinen Wohngebiet durch Änderungsatzung vom 2. Juni 1972 wurde mit weiterer Änderung vom 7. Januar 1975 die Errichtung von Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO zugelassen. Wie die Lagepläne des Gebiets zeigen, wurde von dieser Möglichkeit seitens der Grundstückseigentümer umfassend Gebrauch gemacht, der von Bebauung freizuhaltende Bereich verkleinerte sich durch die Errichtung von Schuppen und Gartenhäusern, die wohl hauptsächlich zur Bewirtschaftung der Nutzgärten gedient haben dürften, erheblich. Die Antragsteller haben nicht vortragen lassen, dass die - auch von der Antragsgegnerin angenommene Nutzung der rückwärtigen Grundstücksbereiche als Selbstversorgergärten für Obst - und Gemüseanbau im Sinne der „Reichsheimstätten“ - nicht vorgelegen habe. Nach alldem ist aus den vorliegenden Unterlagen kein Planungswille der Gemeinde erkennbar, mit den Baugrenzenfestsetzungen zu Gunsten der jeweiligen Grundstückseigentümer einen Ruhe- oder Erholungsbereich zu schaffen, der eine schützenswerte Rechtsposition und damit einen Abwehranspruch gegen Bauvorhaben außerhalb dieser Baugrenzen vermitteln könnte.

Aus dem Fehlen von Anhaltspunkten für einen entsprechenden Planungswillen der Gemeinde ist gerade nicht - wie der Prozessbevollmächtigte unter Berufung auf Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg ausführt - zu folgern, dass die Festsetzungen zu seitlichen und rückwärtigen Baugrenzen an sich Nachbarschutz entfalten.

Sonstige Belange, aus welchen sich eine Unzumutbarkeit des Vorhabens für die Antragsteller aufgrund der erteilten Befreiung ergeben könnte, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere können sich die Antragsteller nicht mit Erfolg darauf berufen, dass vorrangig die straßenseitig gelegene Fl.Nr. … mit einem neuen Wohnhaus zu bebauen sei. Dieses Interesse ist rechtlich nicht geschützt.

2. Auch eine Verletzung des drittschützenden Rücksichtnahmegebots ist vorliegend aller Voraussicht nach nicht gegeben.

Gegen eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens spricht zum einen bereits, dass - unbestritten - die bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstandsflächen eingehalten sind und damit eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung, wie von Art. 6 BayBO gefordert, gewährleistet ist (vgl. z.B. BVerwG v. 11.1.1999, 4 B 128.98, BayVBl. 1999, 568).

Den durch das streitgegenständliche Bauvorhaben verwirklichten Größen- und Lageverhältnis-sen ist nach Auffassung der Kammer auf Grund der vorgenommenen summarischen Prüfung nichts für die Annahme einer Rücksichtslosigkeit des Beigeladenenvorhabens gegenüber dem Antragstellergrundstück zu entnehmen.

Eine solche wäre gegebenenfalls dann zu bejahen, wenn vom Beigeladenenbauvorhaben für die Antragsteller eine unzumutbare Beeinträchtigung ausginge, welche insbesondere dann an-zunehmen wäre, wenn nach den Umständen des konkreten Einzelfalles das geplante Bauvor-haben das Grundstück der Antragsteller „einmauern“ würde, wenn dem streitgegenständlichen Vorhaben „abriegelnde“ oder „erdrückende“ Wirkung zukäme, was vorliegend jedoch, so die Auffassung der Kammer nach Durchführung der im vorliegenden Eilverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung unter Zugrundelegung der genehmigten Pläne, nicht der Fall ist.

Eine derartige Wirkung eines Bauvorhabens kann nur dann vorliegen, wenn ein durch seine Ausmaße und Gestaltung als außerordentlich zu qualifizierender Baukörper den Bewohnern des Nachbargrundstücks den Eindruck des „Eingemauertseins“ vermittelt (vgl. z.B. BVerwG v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - juris; BayVGH v. 17.7.2013 - 14 ZB 12.1153 - juris). Dies kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benach-barten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BayVGH v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris m.w.N.). Dabei stellt, wie oben bereits ausgeführt, die - vorliegend gegebene - Einhaltung der landes-rechtlichen Abstandsflächen ein Indiz dafür dar, dass keine erdrückende Wirkung vorliegt (vgl. BayVGH v. 30.9.2015 - 9 CS 15.1115 - juris). Aus den sich bei den Akten befindlichen Planunterlagen ergeben sich für eine derartige Wirkung aufgrund Ausmaß und Höhenentwicklung des Bauvorhabens keinerlei Anhaltspunkte.

Demnach waren die Anträge abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziffern 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller, (Mit-)Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemarkung …, wenden sich gegen die der Beigeladenen mit Bescheid der Stadt … vom 9. Dezember 2016 erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Zweifamilienhauses mit Garage und zwei Außenstellplätzen auf den aneinandergrenzenden Grundstücken FlNr. …, FlNr. … und FlNr. … der Gemarkung …

Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 284b der Antragsgegnerin. Das Bauvorhaben ist auf FlNr. … vollständig außerhalb der festgesetzten Baugrenzen vorgesehen und grenzt an das südlich davon gelegene Grundstück FlNr. … an, das zwischen dem Bauvorhaben und dem Grundstück der Antragsteller liegt. Die Baugenehmigung enthält eine Befreiung von den festgesetzten Baugrenzen. In der Begründung des Bescheids ist ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass von den festgesetzten Baugrenzen keine nachbarschützende Wirkung ausgehe. Zum einen enthalte die Begründung zum Bebauungsplan keinen Hinweis auf eine nachbarschützende Funktion; zum anderen folge dies auch aus dem Zweck des Bebauungsplans, nämlich der Schaffung von Bereichen, die im Zusammenhang mit dem Prinzip der ursprünglichen „Reichsheimstätten“ dem Anbau von Obst und Gemüse zur Selbstversorgung dienten. Aus Gründen der Nachverdichtung seien im Übrigen bereits auf FlNr. … und … freistehende Einzelhäuser außerhalb der Baugrenzen im inneren Bereich des Bebauungsplans genehmigt worden.

Die Antragsteller haben gegen die Baugenehmigung Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Ihre Anträge, die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 31. Januar 2017 abgelehnt. Die Anfechtungsklage habe bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage keine Erfolgsaussichten. Die Antragsteller würden voraussichtlich nicht durch die nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilte Befreiung in ihren Rechten verletzt. Weder aus den textlichen Festsetzungen, noch aus der Begründung des Bebauungsplans ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung der Baugrenzen von der Antragsgegnerin nicht nur im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung erfolgt sei, sondern (auch) den Zweck habe, gerade den jeweiligen Grundstücksnachbarn im Sinne eines wechselseitigen Austauschverhältnisses schützenswerte Rechtspositionen einzuräumen. Die Befreiung sei gegenüber den Antragstellern auch nicht rücksichtslos. Dagegen spreche bereits die Einhaltung der bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstandsflächen, die eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung gewährleiste. Von einer abriegelnden, einmauernden, erdrückenden Wirkung des Bauvorhabens könne nicht die Rede sein.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Sie sind der Auffassung, es lägen ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Festsetzung der seitlichen und hinteren Baugrenzen nach der Rechtsprechung „zumindest auch“ ein nachbarschutzrechtlicher Charakter zukomme. Bei Erlass des Bebauungsplans habe ein Planungswille zur Schaffung sog. rückwärtiger Ruhebereiche vorgelegen, der sich im heute vorliegenden Bebauungsplan noch immer verkörpere.

Die Antragsteller beantragen,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts … vom 31. Januar 20176 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung der Beklagten vom 9. Dezember 2016 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Festsetzungen der überbaubaren Grundstücksflächen im Bebauungsplan Nr. 284b hätten weder kraft Bundesrechts noch ausnahmsweise eine nachbarschützende Wirkung, da ein derartiger Wille der Antragsgegnerin als Planungsträgerin weder aus der Begründung des Bebauungsplans noch aus den Begründungen der Änderungssatzungen ableitbar sei.

Die Beigeladene beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Festsetzung der Baugrenzen diene im Sinne einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nur dem Interesse der Allgemeinheit. Sie sei zu keinem Zeitpunkt dazu bestimmt gewesen, dem einzelnen Nachbarn Rechte zu verleihen und daher nicht drittschützend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Zweifamilienhauses mit Garage und zwei Außenstellplätzen unter Befreiung von den Baugrenzen des Bebauungsplans Nr. 284b verletzt die Antragsteller voraussichtlich nicht in ihren Rechten.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans der Umfang des Rechtsschutzes eines Nachbarn davon abhängt, ob die Festsetzungen, von der der Beigeladenen eine Befreiung erteilt wurde, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – juris Rn. 3). Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz hingegen lediglich nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots. Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung aus irgendeinem Grund rechtswidrig ist, sondern nur dann, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64.98 – juris Rn. 5 f; BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 –juris Rn. 25 m.w.N.).

Festsetzungen über die überbaubaren Grundstücksflächen (§ 23 BauNVO) haben – anders als die Festsetzung von Baugebieten – grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.5.2014 – 9 CS 14.84 – juris Rn. 17; B.v. 29.7.2014 – 9 CS 14.1171 – juris Rn. 15; B.v. 8.11.2016 – 1 CS 16.1864 – juris Rn. 4; B.v. 12.7.2016 – 15 ZB 14.1108 – juris Rn. 11). Ob eine solche Festsetzung auch darauf gerichtet ist, dem Schutz eines Nachbarn zu dienen, hängt vom Willen der Gemeinde als Planungsträger ab (vgl. BVerwG, B.v. 13.12.2016 – 4 B 29/16 – juris Rn. 5). Maßgebend ist, ob die Festsetzung nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen worden ist oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2014 – 9 CS 14.84 – juris Rn. 17; B.v. 29.7.2014 – 9 CS 14.1171 – juris Rn. 15; B.v. 12.7.2016 – 15 ZB 14.1108 – juris Rn. 11; OVG RhPf, B.v. 1.8.2016 – 8 A 10264/16 – juris Rn. 6). Anhaltspunkte für eine Nachbarschutz vermittelnde Festsetzung können sich aus dem Bebauungsplan, seiner Begründung oder aus sonstigen Unterlagen der planenden Gemeinde ergeben. Günstige Auswirkungen einer Festsetzung auf die Nachbargrundstücke reichen zur Annahme eines Nachbarschutzes aber nicht aus (vgl. BayVGH, B.v. 19.11.2015 – 1 CS 15.2108 – juris Rn. 8). Letztlich ausschlaggebend ist jedoch eine wertende Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2014 – 9 CS 14.84 – juris Rn. 17; B.v. 29.7.2014 – 9 CS 14.1171 – juris Rn. 15).

Nach diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht bei seiner wertenden Betrachtung zutreffend angenommen, dass die im Bebauungsplan Nr. 284b festgesetzten Baugrenzen keine nachbarschützende Wirkung entfalten. Es hat dabei insbesondere darauf verwiesen, dass sich weder aus den textlichen Festsetzungen noch aus der Begründung des Bebauungsplans und den späteren Änderungen Anhaltspunkte dafür ergäben, dass mit der zeichnerischen Baugrenzenfestsetzung über die Aufstellung von Planungsgrundsätzen im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung hinaus, gerade den jeweiligen Grundstücksnachbarn im Sinne eines wechselseitigen Austauschverhältnisses schützenswerte Rechtspositionen eingeräumt werden sollten. Aus dem Fehlen von Anhaltspunkten für einen entsprechenden Planungswillen der Antragsgegnerin sei gerade nicht zu folgern, dass die Festsetzungen zu seitlichen und rückwärtigen Baugrenzen an sich Nachbarschutz entfalten würden. Das Beschwerdevorbringen vermag diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht in Zweifel zu ziehen.

a) Ob das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung den Prüfungsmaßstab für die Erkennbarkeit eines derartigen Willens „überspannt“ hat, wie im Beschwerdevorberingen geltend gemacht wird, kann dahinstehen. Zwar hat es seiner diesbezüglichen Prüfung den Einleitungssatz vorangestellt, „ein eindeutig erkennbarer Wille der Antragsgegnerin, dass die hier inmitten stehenden Festsetzungen dem Nachbarschutz dienen sollen, ist vorliegend nicht ersichtlich“. Wie sich dem weiteren Kontext der Entscheidung aber entnehmen lässt und bereits oben ausgeführt wurde, hat das Verwaltungsgericht eine drittschützende Wirkung der im Bebauungsplan Nr. 284b der Antragsgegnerin festgesetzten Baugrenzen mangels Anhaltspunkten für überhaupt einen dementsprechenden Planungswillen der Antragsgegnerin verneint. Dies spricht dafür, dass das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines eindeutig erkennbaren solchen Willens nicht als Voraussetzung für die drittschützende Wirkung der festgesetzten Baugrenzen angesehen haben dürfte. Denn dem Beschwerdevorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass sich ein solcher Planungswille jedenfalls mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan selbst, seiner Begründung oder aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergibt (vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2017 – 15 ZB 16.1306 – juris Rn. 10).

b) Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann aus den dort zitierten Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juli 2014 (Az. 9 CS 14.1171) und vom 27. April 2009 (Az. 14 ZB 08.1172) nicht abgeleitet werden, ein Nachbarschutz vermittelndes Austauschverhältnis sei regelmäßig dann gegeben, wenn rückwärtige Baugrenzen in einem einheitlich bebauten Straßengeviert so festgesetzt sind, dass im Innern ein „rückwärtiger Ruhebereich“ entsteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.3.2017 – 9 ZB 15.85 – juris Rn. 8).

Soweit das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf das Vorbringen der Antragsgegnerin davon ausgegangen ist, dass mit den festgesetzten Baugrenzen Bereiche geschaffen werden sollten, die im Sinne der „Reichsheimstätten“ als Selbstversorgungsgärten für Obst- und Gemüseanbau dienen sollten, wird dem im Beschwerdevorbringen nicht entgegengetreten. Das ursprüngliche Verbot der Errichtung von untergeordneten Nebenanlagen nach § 14 Abs. 1 BauNVO wurde durch die Änderungssatzung der Antragsgegnerin vom 7. Januar 1975 aufgehoben. Durch die Zulassung solcher Nebenanlagen wurde eine – wenn auch begrenzte – Bebauung des „Innenbereichs“ des jeweiligen Gevierts gestattet, wovon die Grundstückseigentümer nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, denen im Beschwerdevorbringen nicht entgegengetreten wird, umfassend Gebrauch gemacht haben. Auch der in der Begründung der Satzungsänderung vom 1. September 1971 verwendete planungsrechtlich nicht aussagekräftige Begriff „Gartenwohnsiedlung“ für das Plangebiet erlaubt nicht den hinreichend zuverlässigen Schluss, dass hierfür nicht (nur) städtebauliche Erwägungen, sondern Vorstellungen über die Gewährung von bauplanungsrechtlichem Nachbarrechtsschutz maßgebend waren (vgl. BayVGH, B.v. 7.3.2017 a.a.O. – juris Rn. 10).

Im Rahmen einer wertenden Betrachtung des Festsetzungszusammenhangs kann zudem nicht außer Betracht bleiben, dass der Bebauungsplan Nr. 284b der Antragsgegnerin das Instrument der Baugrenze nicht nur dort einsetzt, wo nachbarliche Interessengegensätze zumindest ansatzweise erkennbar sind; vielmehr werden die Baufenster flächendeckend und unabhängig vom Vorhandensein potenziell schutzbedürftiger Nachbarbebauung festgesetzt. Dies lässt eher auf das Ziel schließen, ein bestimmtes Ortsbild zu gestalten, als auf die Absicht, Nachbarinteressen zu wahren (vgl. BayVGH, B.v. 7.3.2017 a.a.O. – juris Rn. 10 m.w.N.).

Schließlich dürften auch die von der Antragsgegnerin erteilten Baugenehmigungen für freistehende Einzelhäuser auf den Grundstücken Fl.Nrn. … und … außerhalb der Baugrenzen im Innenbereich des Gevierts, in dem sich das Grundstück der Antragsteller befindet, gegen einen Planungswillen der Antragsgegnerin sprechen, dass diese Baugrenzen zumindest dort auch dem Schutz der Nachbarn dienen sollen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht der Billigkeit, weil diese im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Tenor

I.

In Abänderung der Nummern 1 und 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. April 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Erlangen-Höchstadt vom 24. Februar 2014 angeordnet.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 519/3 Gemarkung W., wendet sich gegen die der Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamts Erlangen-Höchstadt vom 24. Februar 2014 erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Einfamilienwohnhauses mit Carport und Garage auf dem Grundstück FlNr. 519/18 Gemarkung W. (im Folgenden: Baugrundstück). Dieses Grundstück wurde aus dem nördlichen Teil des Grundstücks FlNr. 519/2 Gemarkung W. herausgemessen und grenzt im Nordosten auf eine Länge von ca. 5 m an das Grundstück der Antragstellerin an.

Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Auracher Berg“. Die Baugenehmigung enthält eine Befreiung von den Festsetzungen dieses Bebauungsplans gemäß § 31 Abs. 2 BauGB hinsichtlich der Baugrenze im nördlichen Teil des Grundstücks FlNr. 519/2 Gemarkung W. und der Dachneigung. In der Begründung des Bescheids ist ausgeführt, die Befreiungen hätten erteilt werden können, da die Abweichungen städtebaulich vertretbar seien, die Grundzüge der Planung nicht berührt würden und die Abweichungen unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Interessen vereinbar seien.

Die Antragstellerin hat gegen die Baugenehmigung Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Ferner hat sie beantragt, die Vollziehung der Baugenehmigung auszusetzen. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 25. April 2014 abgelehnt. Die erteilten Befreiungen verletzten die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Anhaltspunkte dafür, dass den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Baugrenze und der Dachneigung nachbarschützende Ziele zugrunde lägen, seien weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Befreiungen seien gegenüber der Antragstellerin nicht rücksichtslos. Ein Anspruch eines Nachbarn auf den Fortbestand einer „faktischen Ruhezone“ bestehe nicht. Auf naturschutzrechtliche Belange könne sich ein Nachbar ebenso wenig berufen wie auf ein etwaiges Fehlen einer gesicherten Erschließung. Abgesehen davon, dass das Bebauungsplangebiet nicht innerhalb der vom Markt W. aufgestellten Gestaltungsrichtlinien liege, seien diese ausschließlich zur örtlichen Baugestaltungspflege erlassen worden. Zivilrechtliche Gesichtspunkte blieben im Baugenehmigungsverfahren außer Betracht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Durch die Befreiung hinsichtlich der Baugrenze werde ihr Grundstück erheblich beeinträchtigt. Es sei aus dem angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich, welche Gründe hierfür sprächen. Seitliche und hintere Baugrenzen hätten nach der Rechtsprechung einen nachbarschutzrechtlichen Charakter. Eine Hinterlandbebauung, wie sie durch den angefochtenen Bescheid genehmigt worden sei, liege im weiteren Baugebiet nicht vor. Sie stehe auch im Widerspruch zu den Gestaltungsrichtlinien des Marktes W..

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 25. April 2014 aufzuheben und die Vollziehung der Baugenehmigung vom 24. Februar 2014 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragstellerin habe keine konkreten Anhaltspunkte für eine drittschützende Wirkung der Festsetzungen im Bebauungsplan über die Baugrenzen und die Dachneigung dargelegt. Das Gebiet sei bereits in anderen Bereichen nachverdichtet. Das Gebot der Rücksichtnahme werde durch das Vorhaben nicht verletzt. Das Grundstück der Antragstellerin und das Baugrundstück lägen außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der Gestaltungsrichtlinien des Marktes W..

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichts (AN 3 K 14.00018, AN 3 S 14.00460 und AN 3 K 14.00461) und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Im Hinblick auf die dargelegten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) sind die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts derzeit als (zumindest) offen anzusehen. Angesichts dessen überwiegen hier die Interessen der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage die gegenläufigen Interessen der Beigeladenen, das genehmigte Vorhaben schon vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Nachbarklage verwirklichen zu können.

Dabei geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass das Vorhaben der Beigeladenen der Antragstellerin gegenüber nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt und auch die Einwendungen der Antragstellerin hinsichtlich der Abstandsflächen, der Zuwegung, der Beeinträchtigung und der Beseitigung des auf dem Grundstück der Antragstellerin vorhandenen Baum- und Vegetationsbestands und der Gestaltungsrichtlinien des Marktes W. der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Indes lässt das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin, die mit der Baugenehmigung erteilte Befreiung von der festgesetzten Baugrenze verletze sie in ihren Nachbarrechten, bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage derzeit noch keine hinreichend sichere Prognose zu den Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage zu.

Die Frage, ob die im Bebauungsplan „Auracher Berg“ für das Baugrundstück festgesetzte (seitliche und rückwärtige) Baugrenze für das Baugrundstück FlNr. 519/2 Gemarkung W. nachbarschützende Wirkung entfaltet, lässt sich nach summarischer Prüfung nicht ohne weiteres beantworten. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, haben Festsetzungen über die überbaubaren Grundstücksflächen (§ 23 BauNVO) - anders als die Festsetzung von Baugebieten - zwar nicht schon kraft Bundesrechts nachbarschützende Wirkung. Ob sie (auch) darauf gerichtet sind, dem Schutz des Nachbarn zu dienen, hängt vielmehr vom Willen der Gemeinde als Planungsträger ab (vgl. BVerwG, B. v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - NVwZ 1996, 888). Es ist daher durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln, ob die Festsetzung nach dem Willen der Gemeinde ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen worden ist oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll (vgl. BayVGH, B. v. 28.5.2014 - 9 CS 14.84 - juris Rn. 17 m. w. N.). Anhaltspunkte für eine Nachbarschutz vermittelnde Festsetzung können sich hierbei aus der Bebauungsplanbegründung (§ 9 Abs. 8 BauGB) und den Akten über die Aufstellung des Bebauungsplans, vor allem den Protokollen über die Gemeinderatssitzungen ergeben. Letztlich ausschlaggebend ist jedoch eine wertende Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs. Ein Nachbarschutz vermittelndes „Austauschverhältnis“ kann etwa dann gegeben sein, wenn rückwärtige Baugrenzen in einem einheitlich bebauten Straßengeviert so festgesetzt sind, dass im Innern eine zusammenhängende, allen angrenzenden Grundstücken zugutekommende unbebaute („grüne“) Fläche entsteht (vgl. BayVGH, B. v. 27.4.2009 - 14 ZB 08.1172 - juris [„rückwärtiger Ruhebereich“]).

Im vorliegenden Fall liegen dem Senat weder die Bebauungsplanbegründung noch die Verfahrensakten zum Bebauungsplan „Auracher Berg“ vor. Nach Aktenlage ist davon auszugehen, dass derartige Unterlagen auch dem Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung nicht vorgelegen haben. Dem Verwaltungsgericht wurden nämlich ausweislich der Vorlageschreiben des Landratsamts nur die den Vorbescheid vom 5. Dezember 2013 und die verfahrensgegenständliche Baugenehmigung betreffenden Bauakten vorgelegt. Diese enthalten aber lediglich eine Kopie eines Ausschnitts aus der Bebauungsplanzeichnung mit einem Blatt „VERBINDLICHE FESTSETZUNG DES BEBAUUNGSPLANES“ (vgl. Bl. 26 und 27 Bauakt H2014-0057). Letzterem lässt sich aus dem Verweis auf die Geltung der BauNVO vom 26. Juni 1962 entnehmen, dass es sich beim Bebauungsplan „Auracher Berg“ offensichtlich um einen „relativ alten“ Bebauungsplan (so die Bezeichnung in der Niederschrift über die Sitzung des Bau- und Umweltausschusses des Marktes W. vom 15.7.2013, Bl. 46 des Bauakts H2013-0472) handelt. Nähere Angaben etwa zum Inkrafttreten dieses Bebauungsplans, zu seinem Geltungsbereich, zu den mit ihm allgemein verfolgten Zielen und konkret zu den Gründen für die im maßgeblichen Teilbereich festgesetzten Baufenster lassen sich aber auch dem verwaltungsgerichtlichen Beschluss nicht entnehmen. Das Verwaltungsgericht hat sich insoweit nämlich auf den bloßen Hinweis beschränkt, Anhaltspunkte dafür, dass die planende Gemeinde ihre Festsetzung einer Baugrenze zum Schutze benachbarter Grundstückseigentümer geschaffen hat, seien weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine nähere Prüfung, z. B. anhand der Begründung des Bebauungsplans oder den Akten über die Aufstellung des Bebauungsplans, hat das Verwaltungsgericht offensichtlich nicht vorgenommen.

Dieser Einschätzung des Verwaltungsgerichts ist die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren in ausreichender Weise entgegengetreten. Sie hat insbesondere darauf verwiesen, dass es sich hier um eine seitliche Baugrenze zu ihrem Grundstück handle und seitlichen (und hinteren) Baugrenzen nach der Rechtsprechung eine nachbarschützende Wirkung zukommen könne. Das Beschwerdevorbringen beschränkt sich damit nicht auf pauschale oder formelhafte Rügen. Vielmehr werden in Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung substantiiert im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO die Gründe dafür dargelegt, weshalb die Entscheidung für unrichtig gehalten wird. Ein Eingehen auf die Aufstellungsunterlagen oder die Begründung des Bebauungsplans war entgegen dem Vorbringen des Antragsgegners nicht erforderlich, weil sich auch das Verwaltungsgericht nicht damit auseinandergesetzt hat. Art und Umfang der Beschwerdebegründung hängen nämlich von der Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses ab. Je eingehender die dortige Argumentation ist, desto tiefer muss sich der Beschwerdeführer mit ihr befassen (vgl. Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 76; Jeromin in Gärditz, VwGO, § 146 Rn. 32).

Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung der (seitlichen und rückwärtigen) Baugrenzen nicht auch zumindest zum Schutze der benachbarten Grundstückseigentümer erfolgt sei, seien nicht ersichtlich, ist auch in der Sache entgegenzutreten. Den in den Akten befindlichen Bebauungsplanfragmenten lässt sich nämlich jedenfalls das städtebauliche Ziel entnehmen, in dem von der Siedler- und Flurstraße sowie dem Finken- und Meisenweg gebildeten Geviert lediglich entlang dieser Straßen eine lockere 1- bis 1 1/2-geschossige Bebauung in Form einer „Bungalowsiedlung“ zu verwirklichen und den „Innenbereich“ dieses Gevierts von jeglicher Wohnbebauung freizuhalten. Darüber hinaus spricht unter Zugrundelegung der dem Senat bisher vorliegenden spärlichen Bebauungsplanunterlagen manches dafür, dass diese städtebauliche Konzeption auch den Belangen des Nachbarschutzes dienen sollte. Die Situierung der festgesetzten „Baufenster“ führt nämlich dazu, dass im Geviertsinnern eine zusammenhängende, unbebaute („grüne“) Fläche von ca. 40 - 60 m entsteht, deren Zweck es durchaus (auch) sein könnte, der umliegenden lockeren Bungalowbebauung als gemeinsamer „rückwärtiger Ruhebereich“ zu dienen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, bedarf aber unter Zugrundelegung der eingangs dargestellten Grundsätze erst einer Würdigung der Bebauungsplanbegründung und der Akten des Aufstellungsverfahrens (insbesondere der entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse) und einer wertenden Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs.

Soweit das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss unter Bezugnahme auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Februar 2010 - 2 AS 09.2907 und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. September 2003 - 4 CN 3.02 darauf verwiesen hat, Nachbarn hätten keinen Anspruch auf den Fortbestand einer faktischen Ruhezone, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn der angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs lag ein Nachbarrechtsbehelf gegen eine nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Hinterlandbebauung zugrunde, wobei den Entscheidungsgründen zu entnehmen ist, dass die in der maßgeblichen näheren Umgebung des Baugrundstücks vorhandene Bebauung sich nicht nur auf den straßenseitigen Bereich beschränkte, sondern auch den rückwärtigen Grundstücksraum einbezog (a. a. O. - juris Rn. 20). Auch soweit der Verwaltungsgerichtshof in dem von ihm entschiedenen Fall eine Nachbarrechtsverletzung durch die erteilte Befreiung von der rückwärtigen Baugrenze des übergeleiteten Bebauungsplans verneint hat, hat er lediglich eine auch vom erkennenden Senat nicht in Frage gestellte Regel („in der Regel“) aufgestellt (a. a. O. Rn. 21). Seine Ausführungen zum „Wegfall der rückwärtigen Ruhezone“ stehen ersichtlich im Zusammenhang mit der Verneinung eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtname (a. a. O. Rn. 23). Darum geht es hier aber nicht. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 18. September 2003 (a. a. O. juris Rn. 19) feststellt, dass ein Nachbar keinen Anspruch auf Fortbestand einer faktischen Ruhezone hat, ist diese Aussage im Rahmen einer Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan getroffen worden, der für eine bisher im Wesentlichen unbebaute Freifläche mit Streuobstwiesennutzung, die von vorhandener Wohnbebauung umgeben war, Baurecht in Form der Festsetzung eines (eingeschränkten) allgemeinen Wohngebiets geschaffen hat. Es versteht sich von selbst, dass ein Nachbar eine derartige Festsetzung nicht abwehren kann, wenn sie den Anforderungen des Abwägungsgebots entspricht. Auch um diese Frage geht es im vorliegenden Fall aber nicht.

Bei dieser Sach- und Rechtslage fällt die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorzunehmende Interessenabwägung daher zu Ungunsten der Beigeladenen aus.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Ein Kleingarten ist ein Garten, der

1.
dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung) und
2.
in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen, zum Beispiel Wegen, Spielflächen und Vereinshäusern, zusammengefaßt sind (Kleingartenanlage).

(2) Kein Kleingarten ist

1.
ein Garten, der zwar die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, aber vom Eigentümer oder einem seiner Haushaltsangehörigen im Sinne des § 18 des Wohnraumförderungsgesetzes genutzt wird (Eigentümergarten);
2.
ein Garten, der einem zur Nutzung einer Wohnung Berechtigten im Zusammenhang mit der Wohnung überlassen ist (Wohnungsgarten);
3.
ein Garten, der einem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag überlassen ist (Arbeitnehmergarten);
4.
ein Grundstück, auf dem vertraglich nur bestimmte Gartenbauerzeugnisse angebaut werden dürfen;
5.
ein Grundstück, das vertraglich nur mit einjährigen Pflanzen bestellt werden darf (Grabeland).

(3) Ein Dauerkleingarten ist ein Kleingarten auf einer Fläche, die im Bebauungsplan für Dauerkleingärten festgesetzt ist.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. Die Beigeladenen tragen ihre außer-gerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Weder haben die Kläger ihre Rechtsverletzung durch die angegriffene Befreiung ausreichend dargelegt noch bestehen an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils im Ergebnis ernstliche Zweifel.

Die Kläger wenden sich als Grundstücksnachbarn gegen die den Beigeladenen von der Beklagten erteilte isolierte Befreiung von der textlichen Festsetzung A 4. a) des Bebauungsplans Nr. .../Gebiet M. Feld für ein Gartenhaus. Nach dieser Festsetzung sind untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinn des § 14 Abs. 1 BauNVO - ausgenommen Einfriedungen und bauliche Anlagen zur Aufnahme von beweglichen Abfallbehältern - unzulässig. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, die darauf gerichtet war, die Befreiung aufzuheben, im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der Bebauungsplan von Anfang an bezogen auf die Festsetzung A 4. a) des Bebauungsplans unwirksam gewesen bzw. aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Funktionslosigkeit unwirksam geworden sei, jedenfalls aber die erteilte Befreiung nicht zu beanstanden sei.

Zu der hier maßgeblichen Frage der Rechtmäßigkeit der erteilten Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB führen die Kläger lediglich aus, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit offensichtlich auf Wunschvorstellungen und nicht auf eine sachliche und damit rechtliche Grundlage gestützt sei. Diese Darlegung genügt nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus den ergänzenden Ausführungen zu einer möglichen späteren anderweitigen Nutzung des Gartenhauses der Beigeladenen als Aufenthaltsraum oder als Garage, da das streitgegenständliche Vorhaben mit der Nutzung zur gerichtlichen Prüfung steht, die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt.

Im Übrigen ist die den Beigeladenen erteilte isolierte Befreiung nicht zu beanstanden. Dabei kann zugunsten der Kläger unterstellt werden, dass die Festsetzung A 4. a) des Bebauungsplans wirksam und der Bebauungsplan nicht funktionslos geworden ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1977 - IV C 39.75 - BVerwGE 54, 5). Im Hinblick auf die für das Vorhaben der Beigeladenen somit erforderliche Befreiung kann gleichermaßen auch die nachbarschützende Wirkung des § 14 BauNVO unterstellt werden (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - BauR 2004, 1567).

Ungeachtet dessen haben die Kläger jedoch keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids, da ein Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erkennbar ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.1986 - 4 C 8.84 - BauR 1987, 70). Die Grundzüge der Planung im Sinn von § 31 Abs. 2 BauGB werden im vorliegenden Fall nicht berührt. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2004 - 4 B 35.04 - BRS 67 Nr. 83 m. w. N.).

Ausweislich der vorgelegten Unterlagen sind im Bebauungsplangebiet bereits zahlreiche Nebengebäude vorhanden, für die von der Beklagten jeweils entsprechend der bisherigen Befreiungspraxis die erforderlichen Befreiungen erteilt wurden. Die Beklagte selbst hat damit zu erkennen gegeben, dass der Ausschluss von untergeordneten Nebengebäuden nicht zu den tragenden Erwägungen der Planung gehört und damit eventuelle Abweichungen dem planerischen Grundkonzept nicht entgegenstehen. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass es sich bei dem Gartenhaus um eine untergeordnete Nebenanlage, nicht aber um ein Hauptgebäude, handelt und die Beklagte auch nicht sämtliche Nebengebäude im Bebauungsplangebiet ausgeschlossen hat, da u. a. bauliche Anlagen zur Aufnahme von beweglichen Abfallbehältern zugelassen sind. Die Befreiung ist auch städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauBG). Angesichts der Maße des Gartenhauses der Beigeladenen (Länge von 4,80 m bei einer Länge der gemeinsamen Grundstücksgrenze von ca. 19 m, Höhe von 2,30 m) sowie einem Abstand von ca. 14 m zwischen der südwestlichen Wand des Wohnhauses der Kläger und der nordöstlichen Wand des Gartenhauses der Beigeladenen werden nachbarliche Belange offensichtlich nicht berührt. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich ferner, dass die Erteilung der Befreiung für das Vorhaben der Beigeladenen, das im Übrigen auch im Abstand von 1 m zur Grundstücksgrenze errichtet worden ist, auch in Einklang mit dem Rücksichtnahmegebot steht (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO).

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, weil sie sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert haben (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen ein Bauvorhaben der Beigeladenen auf einem benachbarten Grundstück.

Mit Bescheid vom 15. März 2016 erteilte das Landratsamt Augsburg der Beigeladenen eine Baugenehmigung für den Neubau von drei Mehrfamilienhäusern mit je 11 Wohneinheiten und einer Tiergarage auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung Königsbrunn (Baugrundstück), wobei unter Nr. 2 des Bescheids von den Festsetzungen des Bebauungsplans der Stadt Königsbrunn Nr. … folgende Befreiungen erteilt wurden:

„2.1 Die Wandhöhen der Gebäude dürfen 8,70 m statt der zulässigen 6,50 m betragen.

2.2 Es dürfen Flachdächer mit 3˚ Neigung statt Sattel-, Pult- oder Walmdächern mit 20˚ - 45˚ Neigung ausgeführt werden.

2.3 Bei den Häusern 1 und 3 dürfen die ‚inneren‘ Baugrenzen um bis zu 2 m Tiefe (Fläche insgesamt 104 m²) überschritten werden.“

Unter dem 15. Juni 2016 korrigierte das Landratsamt mit Tekturbescheid vom 15. Juni 2016 die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans über die Wandhöhen wie folgt:

„2. Von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 110 (1. Änderung) der Stadt Königsbrunn wird folgende Befreiung erteilt:

Die Wandhöhen der Gebäude dürfen 8,88 m statt der zulässigen 6,50 m betragen.“

Das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück des Antragstellers (FlNr. ...) situiert nördlich des Baugrundstücks und ist von diesem durch die D...-Straße getrennt. Haus 2 des Vorhabens der Beigeladenen auf dem Baugrundstück hält nach den genehmigten Bauvorlagen (Lageplan) mit seiner (32 m langen) Nordwand zur südlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers einen Abstand von 17 m und zur Südwand des Wohnhauses des Antragstellers einen Abstand von etwa 30 m ein. Am 12. Mai 2016 erhob der Antragsteller zunächst gegen die Baugenehmigung vom 15. März 2016, die ihm nicht zugestellt wurde, Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Augsburg (Az. Au 5 K 16.736). Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016 hat der Antragsteller seine Klage ergänzt; er beantragt nunmehr, den Bescheid des Landratsamts Augsburg vom 15. März 2016 in Gestalt des Bescheids vom 15. Juni 2016 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich - noch nicht entschieden.

Mit Beschluss vom 7. Juli 2016 lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg den vom Antragsteller im Verfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom 15. März 2016 in der Gestalt des Bescheids vom 15. Juni 2016 anzuordnen, ab. Die Anfechtungsklage habe bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage keine Erfolgsaussichten. U. a. werde der Antragsteller voraussichtlich nicht durch die nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilten Befreiungen in seinen Rechten verletzt. Weder aus dem einschlägigen Bebauungsplan selbst noch aus dessen Begründung ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass den Festsetzungen, von denen das Landratsamt befreit habe, über eine städtebauliche Ordnungsfunktion hinaus auch eine drittschützende Wirkung für das Grundstück des Antragstellers zukomme. Zudem gehe von dem unmittelbar dem Grundstück des Antragstellers gegenüberliegenden Haus 2 keine sog. abriegelnde oder erdrückende Wirkung aus, so dass auch das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot nicht zulasten des Antragstellers verletzt sei.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er macht geltend, das Verwaltungsgericht habe einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht auf Basis einer hinreichenden wechselseitigen Abwägung der Interessen geprüft. Allein die Feststellung, dass die Abstandsflächenvorgaben der Bayerischen Bauordnung eingehalten seien, genüge dem Abwägungsgebot nicht. Auf ihn sei besondere Rücksicht zu nehmen, weil er sein bereits errichtetes Gebäude sowie seinen Garten nach Süden in Richtung des Baugrundstücks ausgerichtet habe. Im Falle der Errichtung eines bebauungsplankonformen Gebäudes auf dem Baugrundstück würde er deutlich geringer beeinträchtigt, weil er sich dann parallel zur Südgrenze seines Grundstücks keiner 30 m langen „geschlossenen senkrechten Wandscheibe“ sondern nur einer zweigeschossigen Wand mit Satteldach gegenüber sähe. Hinzukomme, dass sein Grundstück nach Norden hin ebenfalls durch eine höhere Bebauung eingefasst werde, so dass er künftig von deutlich höheren Gebäuden umzingelt sein werde. Richtigerweise hätte das Verwaltungsgericht darauf abstellen müssen, dass die Schutzwürdigkeit des Antragstellers sowie die Intensität seiner Beeinträchtigung hoch seien, während keine Interessen des Bauherrn erkennbar seien, die für die Erteilung der gewährten Befreiungen sprächen. Die im Rahmen des Rücksichtnahmegebots anzustellende Interessenabwägung hätte folglich zugunsten des Antragstellers entschieden werden müssen. Das genehmigte Bauvorhaben der Beigeladenen verstoße zudem - ohne dass eine Befreiung erteilt worden sei - gegen Ziffer 4.4.1 des Bebauungsplans. Nach dieser Festsetzung müsse das dritte Vollgeschoss im Dachraum liege. Bei einer Bauausführung mit Flachdach liege aber kein Dachraum im Sinne der Satzung vor. Das Fehlen der Befreiung impliziere die Verletzung nachbarlicher Belange. In der Gesamtschau der erteilten bzw. erforderlichen Befreiungen verlasse das Vorhaben den Rahmen desjenigen, was ohne Bebauungsplanänderung zugelassen werden könne, da im Ergebnis ein bislang nicht vorgesehener Geschosstypus (Penthausgeschoss) ermöglicht werde.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. Juli 2016 aufzuheben und dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts vom 15. März 2016 in Gestalt des Bescheids vom 15. Juni 2016 stattzugeben.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei eine Befreiung von der Festsetzung Nr. 4.4.1 des Bebauungsplans nicht erforderlich gewesen, weil das dritte Vollgeschoss unabhängig von der Dachgestaltung im Dachraum liege. Im Übrigen wäre Nachbarschutz im Falle einer erforderlichen, aber unterlassenen Befreiung nur in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO unter Berücksichtigung der Interessenbewertung nach § 31 Abs. 2 BauGB gegeben. Hinsichtlich der erteilten Befreiungen habe das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die betroffenen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht drittschützend seien. Dem sei der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot als verbleibende Möglichkeit einer Nachbarrechtsverletzung liege nicht vor. Es sei schon nicht erkennbar, dass schutzwürdige Interessen des Antragstellers nachteilig berührt würden. Die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen indiziere regelmäßig, dass auch keine „erdrückende Wirkung“ anzunehmen sei. In der konkreten Grundstückssituation gebe es keine Anhaltspunkte, dass das Vorhaben, auch wenn es 30 m lang sei, das Grundstück des Antragstellers abriegeln, einmauern oder unzumutbar „erdrücken“ könne. Auf die Bebauung nördlich des Antragstellergrundstücks komme es nicht an. Ein vom Antragsteller behaupteter Canyon-Effekt sei unter Berücksichtigung der vorhandenen Bebauung nicht erkennbar. Der Antragsteller sei weder im Süden noch im Norden mit steil aufragenden hohen Gebäuden konfrontiert.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, dass die hier eingehaltenen bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen eine Konkretisierung des Rücksichtnahmegebots darstellten. Der Antragsteller habe eine darüber hinausgehende besondere Betroffenheit nicht dargelegt. Die Ausrichtung seines Gartens nach Süden sei unbeachtlich. Der freie Blick sei in der Regel nicht schutzwürdig. Seien auf Seiten des Antragstellers keine gesteigerte Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit gegeben, sprächen auf Seiten der Beigeladenen neben der Baufreiheit auch ihre gemeinnützige Zwecksetzung und das Ziel, erschwinglichen Wohnraum zu schaffen, für die Realisierung des Vorhabens. Für die Nutzbarkeit mache es einen Unterschied, ob eine Wohnung im Dachgeschoss mit Schrägen versehen sei oder ob ein Vollgeschoss unter einem flachen Pultdach errichtet werde. Da das dritte Vollgeschoss im Dachraum liege, sei schon kein Widerspruch zur Festsetzung Nr. 4.4.1 des Bebauungsplans gegeben. Jedenfalls sei eine ggf. dennoch erforderliche Befreiung konkludent mit den Befreiungen zur Wandhöhe und zur Dachform miterteilt worden. Im Übrigen führe eine unterlassene Befreiung nicht zwangsläufig zu einem Nachbarrechtsverstoß. Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung seien grundsätzlich nicht drittschützend, wenn sich kein anderslautender Wille des Planungsgebers im Wege der Auslegung ermitteln lasse. Soweit eine Baugenehmigung unter Verstoß gegen eine nichtdrittschützende Festsetzung ohne eine erforderliche Befreiung erteilt werde, könne ein nachbarlicher Abwehranspruch nur über das - hier nicht verletzte - Rücksichtnahmegebot geltend gemacht werden.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die Beschwerde hat in der Sache hat keinen Erfolg.

1. Die Zulässigkeit der Beschwerde scheitert nicht an der mangelnden Einhaltung der Beschwerdebegründungsfrist. Mit der dem Verwaltungsgerichtshof am 16. August 2016 vorgelegten Begründung der Beschwerde gegen den dem Antragsteller bereits am 14. Juli 2016 zugestellten erstinstanzlichen Beschluss ist die Monatsfrist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO i.V. mit § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 2 ZPO eingehalten worden, weil der 14. August 2016 ein Sonntag und der 15. August 2016 ein gesetzlicher Feiertag (Mariä Himmelfahrt) war.

2. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag des Antragstellers im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Dem gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein maßgebenden Beschwerdevorbringen ist nach der im Verfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu entnehmen, dass die Baugenehmigung vom 15. März 2016 in der Fassung des Tekturbescheids vom 15. Juni 2016 gegen im Genehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften verstößt, die nicht nur dem Schutz der Interessen der Allgemeinheit, sondern auch dem Schutz der Interessen des Antragstellers als Grundstücksnachbarn dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; zur sog. Schutznormtheorie vgl. z. B. BayVGH, B.v. 1.6.2016 - 15 CS 16.789 - juris Rn. 14; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m. w. N.).

a) Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller aufgrund der gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ausdrücklich erteilten Befreiungen in subjektiven Rechten verletzt wird.

Das Verwaltungsgericht hat die Reichweite des Nachbarschutzes aus § 31 Abs. 2 BauGB richtig erfasst. Bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans hängt der Umfang des Rechtsschutzes des Nachbarn davon ab, ob die Festsetzungen, von deren Einhaltung dispensiert wird, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011 = juris Rn. 3). Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz hingegen nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots. Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung aus irgendeinem Grund rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (zum Ganzen: BVerwG, B.v. 8.7.1998 - 4 B 64.98 - NVwZ-RR 1999, 8 = juris Rn. 5 f.; BayVGH, B.v. 3.2.2012 - 14 CS 11.2284 - juris Rn. 37 f.; B.v. 17.3.2014 - 2 ZB 12.2238 - juris Rn. 3; B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 22; OVG NW, B.v. 18.12.2015 - 7 B 1085/15 - juris Rn. 10; Seidel, Öffentlichrechtlicher und privatrechtlicher Nachbarschutz, NJW-Schriftenreihe Bd. 13, 2000, Rn. 430 f. m. w. N.). Auch soweit der Antragsteller mit der Beschwerde vorbringt, die Abweichungen vom einschlägigen Bebauungsplan seien so erheblich, dass das Vorhaben der Beigeladenen den Rahmen desjenigen verlasse, was ohne Bauleitplanung zugelassen werden könne, vermag dies keine subjektive Rechtsverletzung zu begründen.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verletzt die Befreiung mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Rechte des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans, von denen hier ausdrücklich befreit wurde, nicht nachbarschützend sind. Abgesehen davon, dass diese Subsumtion schlüssig erscheint - vgl. im Einzelnen unten b) -, hat der Antragsteller in der Beschwerdebegründung hiergegen nichts Substanziiertes eingewandt, so dass dem wegen § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren nicht weiter nachzugehen war (vgl. z. B. BayVGH, B.v. 17.7.2013 - 15 CS 13.800 - juris Rn. 10; B.v. 1.8.2016 - 15 CS 16.1106 - juris Rn. 21). Es ist auch nicht ersichtlich, dass aufgrund der erteilten Befreiungen das Rücksichtnahmegebot zulasten des Antragstellers verletzt wurde.

Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z. B. BVerwG v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m. w. N.). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl. 1981, 928 ff. = juris Rn. 33; U.v. 18.11.2004 - 4 C 1.04 - NVwZ 2005, 328 ff. = juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 4 m.w.N). Das Erstgericht hat diese Maßstäbe zutreffend angewandt. Es ist - ohne dass es auf eine weitergehende Interessenabwägung ankommt - schon nicht ersichtlich, dass der Antragsteller hinsichtlich der von ihm vorgetragenen Gesichtspunkten einer „erdrückenden“ oder „abriegelnden Wirkung“ bzw. eines „Eimauerungs-“ oder „Canyon-Effekts“ handfest betroffen ist.

Eine Rücksichtslosigkeit aufgrund einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung kommt bei nach Höhe, Breite und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl. 1981, 928 ff. = juris Rn. 32 ff.: zwölfgeschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 - DVBl. 1986, 1271 f. = juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; vgl. auch BayVGH, B.v. 3.5.2011 - 15 ZB 11.286 - juris Rn. 13; B.v. 17.7.2013 - 14 ZB 12.1153 - BauR 2014, 810 f. = juris Rn. 14; B.v. 30.9.2015 - 9 CS 15.1115 - juris Rn. 13; B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 16.2.2016 - 3 S 2167/15 - juris Rn. 38; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 - 1 B 56/14 - juris Rn. 16 ff.; B.v. 16.6.2015 - 1 A 556/14 - juris Rn. 16; B.v. 25.7.2016 - 1 B 91/16 - juris Rn. 13 ff.; ein Rechtsprechungsüberblick findet sich bei Troidl, BauR 2008, 1829 ff.).

Dem landesrechtlichen Abstandsflächenrecht (Art. 6 BayBO) kommt für die Beurteilung des bauplanungsrechtlichen (und daher bundesrechtlichen) Rücksichtnahmegebots unter dem Gesichtspunkt vorgetragener Belastungswirkungen aufgrund eines (vermeintlich) zu geringen Abstands eines großen Baukörpers zwar keine rechtliche Bindungswirkung zu. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots scheidet unter diesem Gesichtspunkt im Sinne einer Indizwirkung aber in aller Regel aus, wenn - wie hier - die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten werden. Denn in diesem Fall ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Landesgesetzgeber die diesbezüglichen nachbarlichen Belange und damit das diesbezügliche Konfliktpotenzial in einen vernünftigen und verträglichen Ausgleich gebracht hat (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.1984 - 4 B 244.84 - NVwZ 1985, 653 = juris Rn. 4; B.v. 6.12.1996 - 4 B 215.96 - NVwZ-RR 1997, 516 f. = juris Rn. 9; B.v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879 f. = juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 6.9.2011 - 1 ZB 09.3121 - juris Rn. 4; B.v. 13.3.2014 - 15 ZB 13.1017 - juris Rn. 11; B.v. 30.9.2015 - 9 CS 15.1115 - juris Rn. 13; B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 28; B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 7; B.v. 4.7.2016 - 15 ZB 14.891 - juris Rn. 9; OVG Berlin-Bbg, B.v. 27.2.2012 - OVG 10 S 39.11 - juris Rn. 4; demgegenüber ist der Umkehrschluss, wonach eine Missachtung der Abstandsflächenvorschriften regelmäßig auch zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots führe, nicht gerechtfertigt: BayVGH, B.v. 13.3.2014 a. a. O. m. w. N.).

Im vorliegenden Fall erscheint eine erdrückende, abriegelnde oder einmauernde Wirkung zulasten des Antragstellers nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage auch bei Berücksichtigung der in der Beschwerdebegründung vorgebrachten tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2014 - 15 ZB 13.1017 - juris Rn. 11; B.v. 24.8.2016 - 15 ZB 14.2654 - noch nicht veröffentlicht) unwahrscheinlich. Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes besteht grundsätzlich schon dann kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2013 - 14 ZB 12.1153 - BauR 2014, 810 f. = juris Rn. 14; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 - 1 B 56/14 - juris Rn. 17; B.v. 16.6.2015 - 1 A 556/14 - juris Rn. 16; B.v. 25.7.2016 - 1 B 91/16 - juris Rn. 14). Insofern fehlt es an einer substanziierten Auseinandersetzung in der Beschwerdebegründung. Im Übrigen kann angesichts des Umstands, dass die auf dem Baugrundstück zu errichtenden Häuser nach den Bauvorlagen eine Wandhöhe von 8,88 m und eine Gesamthöhe von 9,40 m aufweisen, jedenfalls von einer für Innenstadtlagen extremen Gebäudehöhe nicht gesprochen werden. Im Übrigen beträgt der Abstand zwischen der Nordwand des nächstgelegenen (geplanten) Baukörpers auf dem Baugrundstück zur südlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers 17 m sowie zur Südwand des Wohnhauses des Antragsteller 30 m (Vergleichsfälle: BayVGH, B.v. 5.2.2015 - 2 CS 14.2456 - juris Rn. 33: keine erdrückende Wirkung eines ca. 160 m langen Baukörpers mit einer Höhe von 6,36 m bis 10,50 m und einem Abstand von 13 - 16 m zum Gebäude des Nachbarn; BayVGH, B.v. 4.7.2016 - 15 ZB 14.891 - juris Rn. 9: keine erdrückende Wirkung eines 33,3 m langen Baukörpers mit einer maximalen Höhe von 11 m und einem Abstand von mindestens 15 m zur Baugrenze auf dem Nachbargrundstück; vgl. auch BayVGH, B.v. 3.5.2011 - 15 ZB 11.286 - juris Rn. 13). Bei derartigen Abständen kann auch unter Berücksichtigung der Breite des geplanten Gebäudes auf dem Baugrundstück weder von einer erdrückenden bzw. abriegelnden Wirkung noch von einem „Einmauerungs-“ oder „Canyon-Effekt“ zulasten des Antragstellers gesprochen werden. Es ist bei diesen Vorgaben nicht ersichtlich, dass die bauliche Anlage der Beigeladenen dem benachbarten Wohnhaus des Antragstellers förmlich „die Luft nimmt“, weil es derartig übermächtig wäre, dass das Nachbargebäude des Antragstellers nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen würde (vgl. OVG NW, U.v. 19.7.2010 - 7 A 3199/08 - BauR 2011, 248 ff. = juris Rn. 58; B.v. 14.6.2016 - 7 A 1251/15 - juris Rn. 7; OVG RhPf, B.v. 27.4.2015 - 8 B 10304/15 - juris Rn. 6; VG Cottbus, B.v. 16.2.2016 - 3 L 193/15 - juris Rn. 19). Mit Blick auf die genannten Gebäudeabstände und die dazwischenliegende D...-Straße ist ebenfalls nicht ersichtlich, wie durch das Hinzukommen der Bebauung der Beigeladenen auf dem Antragstellergrundstück ein objektiv begründetes Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Hinterhof-“ bzw. „Gefängnishofsituation“ hervorgerufen werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 28; OVG NW, B.v. 14.6.2016 - 7 A 1251/15 - juris Rn. 7; OVG RhPf, B.v. 27.4.2015 - 8 B 10304/15 - juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg, B.v. 27.2.2012 - OVG 10 S 39.11 - juris Rn. 4), zumal die Ausmaße der Bebauung westlich, östlich und nördlich des Antragstellergrundstücks laut dem genehmigten Lageplan von den Flächenmaßen her gesehen nicht aus dem Rahmen fallen und das in der Beschwerdebegründung genannte Gebäude auf FlNr. ... nördlich des Wohnhauses des Antragstellers zu diesem immerhin einen Abstand von ca. 9 bis 10 m einhält. In der Gesamtschau sind bauliche Situationen, wie sie hier für den Antragsteller bei Umsetzung der angegriffenen Baugenehmigung entstehen, in innergemeindlichen bzw. innerstädtischen Lagen nicht ungewöhnlich.

Der Antragsteller hat im Übrigen außer einem visuellen Belastungseffekt aufgrund einer vermeintlichen erdrückenden, abriegelnden oder einmauernden Wirkung keine weiteren Belastungen - etwa in Bezug auf die Auswirkungen des Vorhabens der Beigeladenen auf die Belichtung und Besonnung seines Grundstücks - vorgebracht. Solche potenziellen Belastungen sind im Beschwerdeverfahren wegen § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO nicht weiter zu prüfen. Der Senat weist aber darauf hin, dass Verringerungen des Lichteinfalls bzw. ein Verschattungseffekt als typische Folgen der Bebauung insbesondere in innergemeindlichen bzw. innerstädtischen Lagen bis zu einer im Einzelfall zu bestimmenden Unzumutbarkeitsgrenze hinzunehmen sind (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris Rn. 24; B.v. 16.10.2012 - 1 CS 12.2036 - juris Rn. 5; U.v. 18.7.2014 - 1 N 13.2501 - BayVBl. 2015, 166 ff. = juris Rn. 34; B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 7 f.; OVG Bremen, B.v. 19.3.2015 - 1 B 19/15 - BauR 2015, 1802 ff. juris Rn. 19; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 - 1 B 56/14 - juris Rn. 19).

Auch wenn der Antragsteller nach seinem Vortrag sein bereits errichtetes Wohngebäude sowie seinen Garten nach Süden in Richtung des Baugrundstücks ausgerichtet hat, ist allein eine Einschränkung der Blickbeziehung nach Süden hin durch das entstehende Bauvorhaben bauplanungsrechtlich nicht geschützt. Die Aufrechterhaltung einer ungeschmälerten Aussicht stellt lediglich eine Chance dar, die nicht dem Schutz durch das Gebot der Rücksichtnahme unterliegt. Anderes kann nur in Ausnahmefällen gelten, wenn das Grundstück durch eine besondere Aussichtslage in einer Weise geprägt ist, dass es hierdurch als „situationsberechtigt“ anzusehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 14.6.2013 - 15 ZB 13.612 - NVwZ 2013, 1238 ff. = juris Rn. 11 m. w. N.). Dafür wird in der Beschwerdebegründung nichts dargelegt und ist auch nach Aktenlage nichts ersichtlich.

b)Der Senat lässt es dahinstehen, ob das Bauvorhaben der Beigeladenen gegen Nr. 4.4.1 des Bebauungsplans verstößt bzw. ob auch insofern eine Befreiung hätte erteilt werden müssen. Selbst wenn Letzteres der Fall sein sollte, implizierte dies entgegen der Ansicht des Antragstellers keine Nachbarrechtsverletzung. Fehlt es an einer an sich erforderlichen Befreiung (auch sog. „versteckter Dispens“), so können Rechte des Nachbarn nur durch die Baugenehmigung selbst, nicht jedoch durch die - nicht existierende - Befreiung verletzt sein. Unterbleibt eine erforderliche Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung, so ergibt sich hieraus ohne weiteres wegen subjektiver Rechtsverletzung ein Abwehranspruch des in den persönlichen Schutzbereich der verletzten Festsetzung einbezogenen Nachbarn. Im Falle eines objektivrechtlichen Verstoßes gegen eine nicht nachbarschützende Festsetzung eines Bebauungsplans verbleibt dem Nachbarn Drittschutz in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO unter Berücksichtigung der Interessenbewertung nach § 31 Abs. 2 BauGB nur nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.1989 - 4 C 14/87 - BVerwGE 82, 343 ff. = juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B.v. 23.3.2015 - 15 CS 14.2871 - juris Rn. 19; Seidel a. a. O. Rn. 433 f. m. w. N.).

Es ist nicht ersichtlich, dass die Festsetzung Nr. 4.4.1 des einschlägigen Bebauungsplans („II + D“, d. h. Zulässigkeit von maximal drei Vollgeschossen, „wobei ein sich ergebendes drittes Vollgeschoss im Dachraum liegen muss“) nachbarschützend ist. Eine nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist zugunsten von Eigentümerinnen und Eigentümern von Grundstücken in demselben Plangebiet regelmäßig nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung anzunehmen (vgl. z. B. BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3 m. w. N.). Denn nur durch diese Festsetzungen wird ein auf jeweils wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen beruhendes Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zwischen den Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet begründet. Die Festsetzung Nr. 4.4.1 betrifft hingegen nicht die Art, sondern das Maß der baulichen Nutzung (vgl. § 16 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 20 BauNVO), daneben speziell zur Ausführung des obersten Geschosses gerade als Dachgeschoss die Gestaltung baulicher Anlagen (als örtliche Bauvorschrift i. S. von § 9 Abs. 4 BauGB i.V. mit Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO = Art. 91 Abs. 1 Nr. 1 BayBO 1998, vgl. BayVGH, U.v. 9.3.2005 - 1 N 03.1765 - juris Rn. 14; U.v. 26.5.2006 - 1 N 03.504 - juris Rn. 33). Festsetzungen im Bebauungsplan über das Maß der baulichen Nutzung haben grundsätzlich keine automatische nachbarschützende Funktion. Solche Festsetzungen vermitteln ausnahmsweise Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin diese Funktion haben sollen (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215.95 - NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 29.8.2006 - 15 CS 06.1943 - juris Rn. 12; B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 24 ff.; B.v. 1.8.2016 - 15 CS 16.1106 - juris Rn. 17). Dasselbe gilt für Gestaltungsfestsetzungen (BayVGH, B.v. 12.7.2016 - 15 ZB 14.1108 - juris Rn. 11 m. w. N.). Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln. Ein entsprechender Wille muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergeben. Maßgebend ist, ob die Festsetzung auf Basis einer wertenden Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll (zum Ganzen z. B. BayVGH, B.v. 29.7.2014 - 9 CS 14.1171 - juris Rn. 15; B.v. 12.7.2016 - 15 ZB 14.1108 - juris Rn. 11; VGH BW, B.v. 30.6.2015 - 3 S 901/15 - juris Rn. 10).

Aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ergibt sich nicht, dass die Festsetzung 4.4.1 vom Satzungsgeber als nachbarschützend gewollt war. Insbesondere ist der in den Akten enthaltenen Begründung des Bebauungsplans diesbezüglich nichts zu entnehmen. Entsprechendes wurde vom Antragsteller auch nicht substanziiert vorgetragen, so dass der Senat auch insofern im Beschwerdeverfahren wegen § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO keine weiteren Überlegungen anzustellen hatte.

Aufgrund der vorherigen Ausführungen oben zu a) ergibt sich auch, dass der vom Antragsteller gerügte „versteckte Dispens“ im Zusammenspiel mit den tatsächlich gem. § 31 Abs. 1 BauGB erteilten Befreiungen nicht zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen einer „erdrückenden Wirkung“, einer „Riegelwirkung“ oder eines „Einmauerungs-“ oder „Canyon-Effekts“ zulasten des Antragstellers führt.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht der Billigkeit, weil diese im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von den Antragstellern innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Beschwerdegründe‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klage der Antragsteller im Hauptsacheverfahren sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird und das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug demnach das gegenläufige Interesse der Antragsteller überwiegt. Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage unter Befreiung von der textlichen Festsetzung 2. „Bauweise, überbaubare Flächen und Stellungen der Bauanlagen“ des Bebauungsplans „Nr. 33“ verletzt die Antragsteller nicht in ihren Rechten.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsteller aufgrund der den Beigeladenen erteilten Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) von der festgesetzten westlichen Baugrenze in subjektiven Rechten verletzt werden. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, B. v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011). Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots (§ 31 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung objektiv rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, B. v. 8.7.1998 - 4 B 64.98 - NVwZ-RR 1999, 8). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verletzt die Befreiung mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Rechte der Antragsteller.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Festsetzung, von der den Beigeladenen eine Befreiung erteilt wurde, nicht nachbarschützend ist. Eine nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung anzunehmen (vgl. BVerwG, B. v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 a. a. O.). Denn nur durch diese Festsetzungen wird ein auf jeweils wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen beruhendes Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zwischen den Eigentümerinnen und Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet begründet. Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen (§ 23 BauNVO) haben dagegen ebenso wie Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung grundsätzlich keine entsprechende Funktion. Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend angenommen, dass die Festsetzung auch nicht ausnahmsweise nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin Drittschutz vermittelt, da ein entsprechender Planungswille sich weder aus dem Bebauungsplan noch aus dessen Begründung ergibt. Darüber hinaus ist für die Beurteilung einer möglichen nachbarschützenden Wirkung auch in den Blick zu nehmen, dass die auf dem Baugrundstück der Beigeladenen festgesetzte westliche Baugrenze nicht dem südlich angrenzenden Grundstück der Antragsteller gegenüber liegt.

Eine Rücksichtslosigkeit aufgrund der Überschreitung der westlichen Baugrenze auf dem Grundstück der Beigeladenen ist hier entgegen dem Vorbringen der Antragsteller nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass im Bebauungsplan, insbesondere auch in der westlichen Ausrichtung, weitere umfangreiche Bauräume ausgewiesen wurden, kann insoweit nicht von unzumutbaren Auswirkungen auf das Grundstück der Antragsteller gesprochen werden. Daran gemessen werden die Belange der Antragsteller jedenfalls auch nicht im Hinblick auf den Hochwasserschutz unzumutbar beeinträchtigt. Nach den eingeholten fachlichen Stellungnahmen wird der Einfluss durch die geplante hochwasserangepasste Bebauung im Bereich außerhalb der Baugrenze auf die Bebauung in der Nachbarschaft bei einem Hochwasser als unwesentlich angesehen. Das pauschale Vorbringen der Antragsteller, die vor kurzem eingetretenen Starkregenereignisse hätten enorme Auswirkungen im streitgegenständlichen Gebiet gezeigt, ist demgegenüber nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der fachlichen Stellungnahmen zu begründen. Dies gilt auch für das vorgelegte Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 30. August 2016, in dem u. a. ausgeführt wird, dass der bestehende Hochwasserschutz in H. nicht ausreiche, um große Hochwasserabflüsse der Alz schadlos abzuführen. Denn dieses Schreiben, das im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage der Auswirkungen einer geplanten Hochwasserfreilegungsmaßnahme auf das Grundwasser steht, verhält sich zu der hier maßgeblichen Frage der Zulässigkeit der Überschreitung einer Baugrenze nicht.

Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, weil sie sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert haben (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Nummer 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich als Eigentümer eines benachbarten Grundstücks (FlNr. …, Gemarkung G …) gegen einen Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2014, mit der der Beigeladenen unter Abweichungen von den Abstandsflächen, einer Befreiung von der im einschlägigen Bebauungsplan festgesetzten Grundflächenzahl sowie unter Zulassung einer Nebenanlage (Garage) außerhalb der Baugrenzen eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Umbau und energetische Sanierung Wohnhaus“ auf FlNr. … (Baugrundstück) genehmigt wurde.

Das Wohnhaus der Kläger grenzt ohne Abstand an das Gebäude auf dem Baugrundstück. Ursprünglich wurden beide Gebäude im 19. Jahrhundert als Zweifamilienhaus errichtet, erst Mitte des 20. Jahrhunderts erfolgte im Zuge einer Grundstücksteilung die Aufspaltung in zwei rechtlich getrennte Doppelhaushälften. U.a. befürchten die Kläger im Falle der Umsetzung der Baugenehmigung aufgrund statischer Aspekte sowie aufgrund verbundener Leitungen und einer Gastherme im Bereich der gemeinsamen trennenden Wand Schäden an der Bausubstanz ihres Gebäudeteils. Ihre Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 19. Mai 2016 ab; der Genehmigungsbescheid vom 2. Dezember 2014 verletze sie nicht in subjektiven Rechten.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die Rechtssache weist hinsichtlich des von den Klägern allein geltend gemachten Zulassungsgrunds des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, auf den sich die Prüfung des Senats beschränkt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO), keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt. (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 u.a. - juris Rn. 63 m.w.N.; Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 124 Rn. 28 m.w.N.). Es bedarf hinsichtlich der Darlegung am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO einer substanziellen Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil und einer konkreten Bezeichnung der Tatsachen- und Rechtsfragen, hinsichtlich derer sich solche Schwierigkeiten stellen, sowie des Aufzeigens, worin diese Schwierigkeiten bestehen (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 a.a.O. Rn. 63 m.w.N.).

1. Hinreichend dargelegte Schwierigkeiten solcher Art weist der Rechtsstreit nicht auf, soweit es um die Beurteilung der vom Verwaltungsgericht verneinten nachbarschützenden Wirkung der im Bebauungsplan Nr. … „W … Straße, …“ festgesetzten Grundflächenzahl geht, von der in dem angefochtenen Genehmigungsbescheid befreit wurde. Die entscheidenden Fragen zur Reichweite des Nachbarschutzes aus solchen Festsetzungen sind in der Rechtsprechung geklärt. Es sind zudem weder tatsächliche Umstände noch Rechtsfragen vorgetragen worden, die speziell im vorliegenden Fall die Rechtsanwendung außergewöhnlich schwierig machen könnten.

Eine auf das Plangebiet bezogene nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist regelmäßig nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung anzunehmen (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 12 ff.; B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3 m.w.N.). Denn nur durch diese Festsetzungen wird ein auf jeweils wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen beruhendes Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zwischen den Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet begründet. Die von den Klägern thematisierte Festsetzung über die Grundflächenzahl betrifft hingegen nicht die Art, sondern das Maß der baulichen Nutzung (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 1, § 19 BauNVO). Festsetzungen im Bebauungsplan über das Maß der baulichen Nutzung haben grundsätzlich keine automatische nachbarschützende Funktion. Solche Festsetzungen vermitteln ausnahmsweise Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin diese Funktion haben sollen (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215.95 - NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 24; B.v. 1.8.2016 - 15 CS 16.1106 - juris Rn. 17). Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln. Ein entsprechender Wille muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergeben. Maßgebend ist, ob die Festsetzung auf Basis einer wertenden Beurteilung des Fest-setzungszusammenhangs nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll (zum Ganzen z.B. BayVGH, B.v. 5.9.2016 - 15 CS 16.1536 - juris Rn. 34 m.w.N.).

Eine entscheidungserhebliche, konkrete ungewöhnliche Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art des vorliegenden Falls und insbesondere die Möglichkeit einer insofern rechtlichen Falschbeurteilung durch das Verwaltungsgericht wurde mit der Zulassungsbegründung nicht aufgezeigt. Soweit die Kläger vorbringen, dass der den Bestand überplanende Bebauungsplan den Zweck habe, die künftige städtebauliche Entwicklung und Gestaltung zu ordnen, und sich ein Bauvorhaben hieran messen lassen müsse, spricht dies eher für eine rein städtebauliche Zielsetzung im ausschließlich öffentlichen Interesse. Sofern die Kläger darauf abstellen, dass das mit dem streitgegenständlichen Bescheid genehmigte Vorhaben zu einer Verdichtung führe, die einer Umstrukturierung des gesamten Wohngebietes gleichkomme, vermag dies allein nach den oben dargestellten Grundsätzen keine subjektive Rechtsverletzung zu begründen. Denn die Kläger argumentieren - unabhängig davon, dass es sich bei einer solchen Verdichtung um eine typische Folge einer Befreiung von einer festgesetzten Grundflächenzahl handelt - insofern ausschließlich anhand faktischer Auswirkungen, ohne den (auszulegenden) Inhalt und die Reichweite der Festsetzung selbst in den Blick zu nehmen. Inwiefern es - ggf. unter Heranziehung der Planungsakten, der Abwägungsgrundlagen o.ä. - tatsächlich oder rechtlich schwierig sein könnte, die Festsetzung hinsichtlich der Frage einer (ausnahmsweisen) drittschützenden oder einer (im Regelfall anzunehmenden) nicht-drittschützenden Funktion auszulegen, wird von den Klägern in der Zulassungsbegründung nicht substanziiert erörtert. Die von ihnen in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 13.7.1999 - 4 TG 1322/99) kommt im Übrigen gerade nicht zu der Annahme eines nachbarschützenden Charakters der dortigen planerischen Festsetzungen, sondern findet die Lösung über das Gebot der Rücksichtnahme (vgl. juris Rn. 10 ff.). Die Kläger tragen aber weder vor noch begründen sie substanziiert, warum die Beurteilung der Sach- und Rechtslage speziell in Bezug auf eine verdichtete Bebauung am Maßstab des über § 31 Abs. 2 BauGB anzuwendenden Rücksichtnahmegebots besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht bereiten könnte.

2. Auch soweit die Kläger die Frage der nachbarschützenden Wirkung der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze thematisieren und die diesbezüglich ablehnende Haltung des Verwaltungsgerichts in Frage stellen, sind besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache, die unter Berücksichtigung der Rechtsprechung gerade im vorliegenden Fall konkret bestehen könnten, nicht aufgezeigt worden.

Hinsichtlich des „Ob“ des Nachbarschutzes aus Festsetzungen über die überbaubare Grundstücksfläche - wie hier hinsichtlich der festgesetzten Baugrenze (§ 23 Abs. 1, Abs. 3 BauNVO), von der im Genehmigungsbescheid hinsichtlich der Garage eine Ausnahme gem. § 23 Abs. 5 BauNVO zugelassen wurde - gilt dasselbe wie bei Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung (s.o.). Drittschutz kommt auch diesbezüglich nur dann in Betracht, wenn die Festsetzung nach dem Willen der Gemeinde als Plangeberin eine drittresp. nachbarschützende Funktion haben soll und wenn sich ein entsprechender Wille nach Maßgabe einer vorzunehmenden Auslegung mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergibt (vgl. BVerwG, B.v. 13.12.2016 - 4 B 29.16 - juris Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 24; B.v. 22.2.2017 - 15 CS 16.1883 - juris Rn. 13). Ein auf den nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses gerichteter, nachbarschützender Zweck kann etwa angenommen werden, wenn der Plangeber auf faktisch einzuhaltende Grenzabstände abzielt und dabei denselben nachbarschützenden Zweck verfolgt wie die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen des Art. 6 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 25; B.v. 22.2.2017 a.a.O.). Die Kläger werden insofern schon nicht im Ansatz den Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung eines Zulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO gerecht. Weder findet in der Zulassungsbegründung eine substanzielle Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil in rechtlicher Hinsicht statt noch wird in tatsächlicher Hinsicht erläutert, weshalb der Sachverhalt besonders unübersichtlich ist bzw. schwierig zu ermitteln ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 68, 71).

3. Hinsichtlich des Vortrags, die bauordnungsrechtliche Abweichung von den Abstandsflächen verletze die Kläger in eigenen Rechten, weil ihre Belange hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung beeinträchtigt würden, bleibt es in der Zulassungsbegründung bei einer bloßen Behauptung. Worin gerade fallbezogen die besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Rechtsanwendung der (hier gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO zum Prüfprogramm des Genehmigungsverfahrens gehörenden) Regelungen gem. Art. 6, Art. 63 Abs. 1 BayBO liegen könnten, wird jedenfalls hinsichtlich der genannten (grundsätzlich nachbarschützenden) Belange „Belichtung, Belüftung und Besonnung“ nicht konkret ausgeführt. Auch insofern genügen die Kläger den formalen Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung eines Zulassungsgrundes nicht.

4. Dasselbe gilt, soweit die Kläger die rechtliche Subsumtion des Verwaltungsgerichtsgerichts zu Art. 68 Abs. 4 BayBO in Bezug auf beeinträchtigte (privatrechtlich geregelte) Leitungsrechte auf dem Baugrundstück anzweifeln. In der Zulassungsbegründung findet sich hierzu nur der Satz: „Auch hinsichtlich der privatrechtlich geregelten Leitungsrechte dürfen die Kläger nicht auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden, weil die angegriffene Baugenehmigung die Durchbrechung der beurkundeten Leitungsrechte unbeschadet der Regelung des Artikel 68 Absatz 4 BayBO legalisiert.“ Unabhängig von der fraglichen Richtigkeit dieser Aussage (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 19 m.w.N.; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn. 50; Molodovsky in Molodovski/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand: November 2016, Art. 68 Rn. 63) unterlassen die Kläger in der Zulassungsbegründung auch diesbezüglich eine substanziierte Auseinandersetzung mit den Fragen, worin der konkrete Fehler in der Argumentationslinie des Verwaltungsgericht liegen soll und worin genau die rechtliche bzw. tatsächliche Schwierigkeit der diesbezüglichen Rechtsanwendung zu sehen ist.

5. Keine entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache sind ferner ersichtlich, soweit die Kläger eine Gefährdung des Bestands ihres Gebäudeeigentums geltend machen.

Die Kläger tragen insofern vor, dass statische Bedenken hinsichtlich der Bauausführung zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führten, weil die Bauaufsichtsbehörde sehenden Auges eine statisch unmögliche Ausführung eines Bauvorhabens gestatte. Sie dürften nicht darauf verwiesen werden, eine Rissbildung in ihrem Bestandsgebäude abzuwarten, bevor die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen der Überwachung durch eine Baueinstellung tätig werde. Jedenfalls sei das Rücksichtnahmegebot hinsichtlich dieser statischen Bedenken verletzt, zumal auch der Statiker der Bauaufsichtsbehörde in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausdrücklich eine Einsturzgefahr am Gebäudeteil der Kläger konstatiert habe, der nur durch aufwändige technische Maßnahmen im Verantwortungsbereich der Beigeladenen zu begegnen sei. Eine „Havariegefahr“ gehe ferner von den beide Grundstücke durchlaufenden Abwasser- und Gasversorgungsleitungen sowie von der Gastherme aus.

a) Soweit die Kläger eine Gefährdung ihres Anwesens unter statischen Gesichtspunkten sowie unter den Gesichtspunkten einer Explosionsgefahr aufgrund von Bauarbeiten (also während der Phase von Abriss- und Wiedererrichtung) geltend machen, ist dies - auch wenn sich das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen unter Verwertung der Ausführungen des Baustatikers in der mündlichen Verhandlung mit der Substanzgefährdung in der Sache beschäftigt hat - schon mangels Entscheidungserheblichkeit offensichtlich irrelevant: Unabhängig von der Einschlägigkeit des umfassenden oder vereinfachten Genehmigungsverfahrens (Art. 59, Art. 60 BayBO) und unabhängig von den Unterschieden in der Prüfdichte in diesen Verfahren ist Gegenstand der Prüfung in einem Genehmigungsverfahren laut Art. 55 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO ausschließlich die zur Genehmigung gestellte „Errichtung“ bzw. (Nutzungs-) „Änderung“ des „Bauvorhabens“, nicht aber der Errichtungsvorgang als solcher (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2582 - juris Rn. 3; B.v. 23.3.2011 - 2 CS 11.1218 - juris Rn. 9; B.v. 8.7.2013 - 2 CS 13.807 - juris Rn. 14; B.v. 21.4.2016 - 15 ZB 14.2572 - juris Rn. 23; B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 20; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Oktober 2016, Art. 9 Rn. 9; zur vergleichbaren Rechtslage im Saarland: OVG Saarl., B.v. 5.12.2016 - 2 B 298/16 - juris Rn. 10). Wie die Ausführung des Vorhabens technisch im Einzelnen vor sich gehen soll und ob dies mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist, ist nicht Prüfgegenstand der Baugenehmigung (speziell zur Standsicherheit vgl. Nolte in Simon/Busse, BayBO, Stand: August 2016, Art. 10 Rn. 20).

Da mithin Standsicherheitsfragen hinsichtlich des Nachbargebäudes im Zusammenhang mit dem Errichtungsvorgang des Bauvorhabens im Baugenehmigungsverfahren nicht geprüft werden, trifft die Unbedenklichkeitsfeststellung einer Baugenehmigung diesbezüglich keine Aussage und kann folglich keine subjektiven Nachbarrechte der Kläger verletzen.

b) Soweit die Zulassungsbegründung dahin gehend zu verstehen sein sollte, dass die Kläger die Standsicherheit ihres eigenen Gebäudes auch durch das genehmigte Bauvorhaben als solches - also durch den nach Vollendung der Bauarbeiten und nach Umsetzung der streitgegenständlichen Baugenehmigung bestehenden Zustand - gefährdet sehen, ist weder eine Verletzung des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots denkbar noch kann eine Nachbarrechtsverletzung wegen eines Verstoßes gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften vorliegen. Auch insofern bestehen weder tatsächlich noch rechtliche Schwierigkeiten i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

Die von den Klägern befürchtete mögliche Beeinträchtigung der Standsicherheit ihres Gebäudes ist schon kein im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu prüfender Belang (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2582 - juris Rn. 2; B.v. 24.11.2016 - 1 CS 16.2009 - juris Rn. 5). Das Rücksichtnahmegebot stellt keine allgemeine Härteklausel dar, die über den Vorschriften des öffentlichen Baurechts steht, sondern ist Bestandteil einzelner bauplanungsrechtlicher Vorschriften des Baurechts (vgl. auch BVerwG, U.v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879 = juris Rn. 6). Ein städtebaulicher resp. bauplanungsrechtlicher Bezug, der insofern über das hier gem. § 30 BauGB, § 15 BauNVO bzw. § 31 Abs. 2 BauGB geltende Gebot der Rücksichtnahmegebot zum Tragen kommen könnte, ist weder ersichtlich noch von den Klägern substanziiert geltend gemacht worden.

Werden Explosionsgefahren und hieraus resultierende Beeinträchtigungen für das Nachbargrundstück, die von einer genehmigten errichteten oder geänderten Anlage ausgehen, als Bestandteil des Rücksichtnahmegebots angesehen (vgl. insoweit OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 1.8.2011 - 2 M 84/11 - NVwZ 2012, 119 = juris Rn. 24 ff.; VG Gelsenkirchen, U.v. 29.4.2016 - 9 K 4716/14 - juris Rn. 69), ergeben sich hieraus für den vorliegenden Fall ebenfalls keine (entscheidungserheblichen) besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache i.S. von § 124 Abs. 2 Nr., 2 VwGO. Nach dem vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt, der von den Klägern im Zulassungsverfahren insofern nicht in Zweifel gezogen wurde, befinden sich die Gasleitungen, die der Versorgung des Anwesens der Kläger dienen, ausschließlich in deren Gebäude. Hinsichtlich der Gastherme der Kläger, die laut ihren Ausführungen nach Maßgabe zivilrechtlicher Regelungen in das Gebäudeteil auf dem Baugrundstück hineinrage, sehen sie ein Problem darin, dass diese im Zuge des Abrisses „in der Luft hänge“ (vgl. im Detail Seite 4 der Klageschrift vom 12.3.2015). Insofern kann es sich vornherein nur um eine Gefährdung handeln, die nicht von dem genehmigten Vorhaben selbst, sondern allenfalls von den hierauf bezogenen Bauarbeiten ausgeht. Aufgrund der Erwägungen zu a) kann es daher hierbei nicht um eine für den vorliegenden Nachbarrechtsstreit entscheidungserhebliche Sach- und Rechtsfrage gehen. Auch soweit die Kläger Gefahren für ihr Gebäude in Bezug auf die Beschädigung von Abwasserleitungen gelten machen, ist nicht ersichtlich bzw. substanziiert dargelegt worden, inwiefern diese Gefahren nicht nur während der (für den Nachbarschutz irrelevanten) Bauphase, sondern auch nach Umsetzung des Bauvorhabens bestehen könnten.

c) Soweit der Zustand nach vollständiger Umsetzung des genehmigten Vorhabens aufgrund einer von den Klägern behaupteten Gefährdung ihres Gebäudes materiell gegen Art. 10 Satz 3 BayBO oder (als Auffangvorschrift) gegen Art. 3 Abs. 1 BayBO verstoßen sollte, ist der diesbezügliche Vortrag der Kläger ebenfalls nicht geeignet, die Berufung aufgrund § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Aus Art. 59 Satz 1 BayBO, dessen Einschlägigkeit von den Klägern nicht in Zweifel gezogen wird, ergibt sich - wie auch das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - eindeutig, dass im sog. vereinfachten Verfahren die Anforderungen des Bauordnungsrechts außerhalb beantragter Abweichungen (vgl. Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO) nicht vom Prüfumfang umfasst sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.11.2016 - 1 CS 16.2009 - juris Rn. 3). Die streitgegenständliche Baugenehmigung trifft daher keine Feststellung, dass die bauliche Anlage die in Art. 3, Art. 10 BayBO enthaltenen Anforderungen erfüllt; eine Rechtsverletzung der Kläger durch die Baugenehmigung scheidet daher unabhängig davon aus, ob die von ihnen geäußerten Bedenken gegen die Standsicherheit zutreffen oder nicht (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2012 - 1 ZB 10.1883 - juris Rn. 2).

Betroffene Nachbarn sind im Falle eines tatsächlichen, materiellen Verstoßes eines Vorhabens gegen entsprechende sicherheitsbezogene Anforderungen der BayBO nicht rechtsschutzlos, weil sie - ggf. neben Ansprüchen auf bauordnungsrechtliches Einschreiten oder ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber (vgl. Art. 54 Abs. 2, Art. 75 BayBO) - auch zivilrechtlichen Nachbarschutz geltend machen können (etwa unter Berufung auf eine Eigentumsverletzung, § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BauGB oder unter Berufung auf den sog. quasinegatorischen Abwehranspruch analog § 1004 i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB, vgl. Seidel, NVwZ 2004, 139 ff.).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 - 15 ZB 16.562 - juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts. Der Anregung der Kläger, den Streitwert zu verdoppeln, folgt der Senat nicht. Die streitgegenständliche Baugenehmigung betrifft lediglich eine bauliche Änderung eines Wohnhauses in herkömmlicher Größe. Eine Streitwertfestsetzung im unteren Bereich des Rahmens der Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs erscheint daher gerechtfertigt.

7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen ein Bauvorhaben der Beigeladenen auf einem benachbarten Grundstück.

Mit Bescheid vom 15. März 2016 erteilte das Landratsamt Augsburg der Beigeladenen eine Baugenehmigung für den Neubau von drei Mehrfamilienhäusern mit je 11 Wohneinheiten und einer Tiergarage auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung Königsbrunn (Baugrundstück), wobei unter Nr. 2 des Bescheids von den Festsetzungen des Bebauungsplans der Stadt Königsbrunn Nr. … folgende Befreiungen erteilt wurden:

„2.1 Die Wandhöhen der Gebäude dürfen 8,70 m statt der zulässigen 6,50 m betragen.

2.2 Es dürfen Flachdächer mit 3˚ Neigung statt Sattel-, Pult- oder Walmdächern mit 20˚ - 45˚ Neigung ausgeführt werden.

2.3 Bei den Häusern 1 und 3 dürfen die ‚inneren‘ Baugrenzen um bis zu 2 m Tiefe (Fläche insgesamt 104 m²) überschritten werden.“

Unter dem 15. Juni 2016 korrigierte das Landratsamt mit Tekturbescheid vom 15. Juni 2016 die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans über die Wandhöhen wie folgt:

„2. Von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 110 (1. Änderung) der Stadt Königsbrunn wird folgende Befreiung erteilt:

Die Wandhöhen der Gebäude dürfen 8,88 m statt der zulässigen 6,50 m betragen.“

Das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück des Antragstellers (FlNr. ...) situiert nördlich des Baugrundstücks und ist von diesem durch die D...-Straße getrennt. Haus 2 des Vorhabens der Beigeladenen auf dem Baugrundstück hält nach den genehmigten Bauvorlagen (Lageplan) mit seiner (32 m langen) Nordwand zur südlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers einen Abstand von 17 m und zur Südwand des Wohnhauses des Antragstellers einen Abstand von etwa 30 m ein. Am 12. Mai 2016 erhob der Antragsteller zunächst gegen die Baugenehmigung vom 15. März 2016, die ihm nicht zugestellt wurde, Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Augsburg (Az. Au 5 K 16.736). Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016 hat der Antragsteller seine Klage ergänzt; er beantragt nunmehr, den Bescheid des Landratsamts Augsburg vom 15. März 2016 in Gestalt des Bescheids vom 15. Juni 2016 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich - noch nicht entschieden.

Mit Beschluss vom 7. Juli 2016 lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg den vom Antragsteller im Verfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom 15. März 2016 in der Gestalt des Bescheids vom 15. Juni 2016 anzuordnen, ab. Die Anfechtungsklage habe bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage keine Erfolgsaussichten. U. a. werde der Antragsteller voraussichtlich nicht durch die nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilten Befreiungen in seinen Rechten verletzt. Weder aus dem einschlägigen Bebauungsplan selbst noch aus dessen Begründung ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass den Festsetzungen, von denen das Landratsamt befreit habe, über eine städtebauliche Ordnungsfunktion hinaus auch eine drittschützende Wirkung für das Grundstück des Antragstellers zukomme. Zudem gehe von dem unmittelbar dem Grundstück des Antragstellers gegenüberliegenden Haus 2 keine sog. abriegelnde oder erdrückende Wirkung aus, so dass auch das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot nicht zulasten des Antragstellers verletzt sei.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er macht geltend, das Verwaltungsgericht habe einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht auf Basis einer hinreichenden wechselseitigen Abwägung der Interessen geprüft. Allein die Feststellung, dass die Abstandsflächenvorgaben der Bayerischen Bauordnung eingehalten seien, genüge dem Abwägungsgebot nicht. Auf ihn sei besondere Rücksicht zu nehmen, weil er sein bereits errichtetes Gebäude sowie seinen Garten nach Süden in Richtung des Baugrundstücks ausgerichtet habe. Im Falle der Errichtung eines bebauungsplankonformen Gebäudes auf dem Baugrundstück würde er deutlich geringer beeinträchtigt, weil er sich dann parallel zur Südgrenze seines Grundstücks keiner 30 m langen „geschlossenen senkrechten Wandscheibe“ sondern nur einer zweigeschossigen Wand mit Satteldach gegenüber sähe. Hinzukomme, dass sein Grundstück nach Norden hin ebenfalls durch eine höhere Bebauung eingefasst werde, so dass er künftig von deutlich höheren Gebäuden umzingelt sein werde. Richtigerweise hätte das Verwaltungsgericht darauf abstellen müssen, dass die Schutzwürdigkeit des Antragstellers sowie die Intensität seiner Beeinträchtigung hoch seien, während keine Interessen des Bauherrn erkennbar seien, die für die Erteilung der gewährten Befreiungen sprächen. Die im Rahmen des Rücksichtnahmegebots anzustellende Interessenabwägung hätte folglich zugunsten des Antragstellers entschieden werden müssen. Das genehmigte Bauvorhaben der Beigeladenen verstoße zudem - ohne dass eine Befreiung erteilt worden sei - gegen Ziffer 4.4.1 des Bebauungsplans. Nach dieser Festsetzung müsse das dritte Vollgeschoss im Dachraum liege. Bei einer Bauausführung mit Flachdach liege aber kein Dachraum im Sinne der Satzung vor. Das Fehlen der Befreiung impliziere die Verletzung nachbarlicher Belange. In der Gesamtschau der erteilten bzw. erforderlichen Befreiungen verlasse das Vorhaben den Rahmen desjenigen, was ohne Bebauungsplanänderung zugelassen werden könne, da im Ergebnis ein bislang nicht vorgesehener Geschosstypus (Penthausgeschoss) ermöglicht werde.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. Juli 2016 aufzuheben und dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts vom 15. März 2016 in Gestalt des Bescheids vom 15. Juni 2016 stattzugeben.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei eine Befreiung von der Festsetzung Nr. 4.4.1 des Bebauungsplans nicht erforderlich gewesen, weil das dritte Vollgeschoss unabhängig von der Dachgestaltung im Dachraum liege. Im Übrigen wäre Nachbarschutz im Falle einer erforderlichen, aber unterlassenen Befreiung nur in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO unter Berücksichtigung der Interessenbewertung nach § 31 Abs. 2 BauGB gegeben. Hinsichtlich der erteilten Befreiungen habe das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die betroffenen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht drittschützend seien. Dem sei der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot als verbleibende Möglichkeit einer Nachbarrechtsverletzung liege nicht vor. Es sei schon nicht erkennbar, dass schutzwürdige Interessen des Antragstellers nachteilig berührt würden. Die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen indiziere regelmäßig, dass auch keine „erdrückende Wirkung“ anzunehmen sei. In der konkreten Grundstückssituation gebe es keine Anhaltspunkte, dass das Vorhaben, auch wenn es 30 m lang sei, das Grundstück des Antragstellers abriegeln, einmauern oder unzumutbar „erdrücken“ könne. Auf die Bebauung nördlich des Antragstellergrundstücks komme es nicht an. Ein vom Antragsteller behaupteter Canyon-Effekt sei unter Berücksichtigung der vorhandenen Bebauung nicht erkennbar. Der Antragsteller sei weder im Süden noch im Norden mit steil aufragenden hohen Gebäuden konfrontiert.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, dass die hier eingehaltenen bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen eine Konkretisierung des Rücksichtnahmegebots darstellten. Der Antragsteller habe eine darüber hinausgehende besondere Betroffenheit nicht dargelegt. Die Ausrichtung seines Gartens nach Süden sei unbeachtlich. Der freie Blick sei in der Regel nicht schutzwürdig. Seien auf Seiten des Antragstellers keine gesteigerte Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit gegeben, sprächen auf Seiten der Beigeladenen neben der Baufreiheit auch ihre gemeinnützige Zwecksetzung und das Ziel, erschwinglichen Wohnraum zu schaffen, für die Realisierung des Vorhabens. Für die Nutzbarkeit mache es einen Unterschied, ob eine Wohnung im Dachgeschoss mit Schrägen versehen sei oder ob ein Vollgeschoss unter einem flachen Pultdach errichtet werde. Da das dritte Vollgeschoss im Dachraum liege, sei schon kein Widerspruch zur Festsetzung Nr. 4.4.1 des Bebauungsplans gegeben. Jedenfalls sei eine ggf. dennoch erforderliche Befreiung konkludent mit den Befreiungen zur Wandhöhe und zur Dachform miterteilt worden. Im Übrigen führe eine unterlassene Befreiung nicht zwangsläufig zu einem Nachbarrechtsverstoß. Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung seien grundsätzlich nicht drittschützend, wenn sich kein anderslautender Wille des Planungsgebers im Wege der Auslegung ermitteln lasse. Soweit eine Baugenehmigung unter Verstoß gegen eine nichtdrittschützende Festsetzung ohne eine erforderliche Befreiung erteilt werde, könne ein nachbarlicher Abwehranspruch nur über das - hier nicht verletzte - Rücksichtnahmegebot geltend gemacht werden.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die Beschwerde hat in der Sache hat keinen Erfolg.

1. Die Zulässigkeit der Beschwerde scheitert nicht an der mangelnden Einhaltung der Beschwerdebegründungsfrist. Mit der dem Verwaltungsgerichtshof am 16. August 2016 vorgelegten Begründung der Beschwerde gegen den dem Antragsteller bereits am 14. Juli 2016 zugestellten erstinstanzlichen Beschluss ist die Monatsfrist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO i.V. mit § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 2 ZPO eingehalten worden, weil der 14. August 2016 ein Sonntag und der 15. August 2016 ein gesetzlicher Feiertag (Mariä Himmelfahrt) war.

2. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag des Antragstellers im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Dem gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein maßgebenden Beschwerdevorbringen ist nach der im Verfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu entnehmen, dass die Baugenehmigung vom 15. März 2016 in der Fassung des Tekturbescheids vom 15. Juni 2016 gegen im Genehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften verstößt, die nicht nur dem Schutz der Interessen der Allgemeinheit, sondern auch dem Schutz der Interessen des Antragstellers als Grundstücksnachbarn dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; zur sog. Schutznormtheorie vgl. z. B. BayVGH, B.v. 1.6.2016 - 15 CS 16.789 - juris Rn. 14; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m. w. N.).

a) Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller aufgrund der gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ausdrücklich erteilten Befreiungen in subjektiven Rechten verletzt wird.

Das Verwaltungsgericht hat die Reichweite des Nachbarschutzes aus § 31 Abs. 2 BauGB richtig erfasst. Bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans hängt der Umfang des Rechtsschutzes des Nachbarn davon ab, ob die Festsetzungen, von deren Einhaltung dispensiert wird, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011 = juris Rn. 3). Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz hingegen nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots. Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung aus irgendeinem Grund rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (zum Ganzen: BVerwG, B.v. 8.7.1998 - 4 B 64.98 - NVwZ-RR 1999, 8 = juris Rn. 5 f.; BayVGH, B.v. 3.2.2012 - 14 CS 11.2284 - juris Rn. 37 f.; B.v. 17.3.2014 - 2 ZB 12.2238 - juris Rn. 3; B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 22; OVG NW, B.v. 18.12.2015 - 7 B 1085/15 - juris Rn. 10; Seidel, Öffentlichrechtlicher und privatrechtlicher Nachbarschutz, NJW-Schriftenreihe Bd. 13, 2000, Rn. 430 f. m. w. N.). Auch soweit der Antragsteller mit der Beschwerde vorbringt, die Abweichungen vom einschlägigen Bebauungsplan seien so erheblich, dass das Vorhaben der Beigeladenen den Rahmen desjenigen verlasse, was ohne Bauleitplanung zugelassen werden könne, vermag dies keine subjektive Rechtsverletzung zu begründen.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verletzt die Befreiung mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Rechte des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans, von denen hier ausdrücklich befreit wurde, nicht nachbarschützend sind. Abgesehen davon, dass diese Subsumtion schlüssig erscheint - vgl. im Einzelnen unten b) -, hat der Antragsteller in der Beschwerdebegründung hiergegen nichts Substanziiertes eingewandt, so dass dem wegen § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren nicht weiter nachzugehen war (vgl. z. B. BayVGH, B.v. 17.7.2013 - 15 CS 13.800 - juris Rn. 10; B.v. 1.8.2016 - 15 CS 16.1106 - juris Rn. 21). Es ist auch nicht ersichtlich, dass aufgrund der erteilten Befreiungen das Rücksichtnahmegebot zulasten des Antragstellers verletzt wurde.

Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z. B. BVerwG v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m. w. N.). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl. 1981, 928 ff. = juris Rn. 33; U.v. 18.11.2004 - 4 C 1.04 - NVwZ 2005, 328 ff. = juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 4 m.w.N). Das Erstgericht hat diese Maßstäbe zutreffend angewandt. Es ist - ohne dass es auf eine weitergehende Interessenabwägung ankommt - schon nicht ersichtlich, dass der Antragsteller hinsichtlich der von ihm vorgetragenen Gesichtspunkten einer „erdrückenden“ oder „abriegelnden Wirkung“ bzw. eines „Eimauerungs-“ oder „Canyon-Effekts“ handfest betroffen ist.

Eine Rücksichtslosigkeit aufgrund einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung kommt bei nach Höhe, Breite und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl. 1981, 928 ff. = juris Rn. 32 ff.: zwölfgeschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 - DVBl. 1986, 1271 f. = juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; vgl. auch BayVGH, B.v. 3.5.2011 - 15 ZB 11.286 - juris Rn. 13; B.v. 17.7.2013 - 14 ZB 12.1153 - BauR 2014, 810 f. = juris Rn. 14; B.v. 30.9.2015 - 9 CS 15.1115 - juris Rn. 13; B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 16.2.2016 - 3 S 2167/15 - juris Rn. 38; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 - 1 B 56/14 - juris Rn. 16 ff.; B.v. 16.6.2015 - 1 A 556/14 - juris Rn. 16; B.v. 25.7.2016 - 1 B 91/16 - juris Rn. 13 ff.; ein Rechtsprechungsüberblick findet sich bei Troidl, BauR 2008, 1829 ff.).

Dem landesrechtlichen Abstandsflächenrecht (Art. 6 BayBO) kommt für die Beurteilung des bauplanungsrechtlichen (und daher bundesrechtlichen) Rücksichtnahmegebots unter dem Gesichtspunkt vorgetragener Belastungswirkungen aufgrund eines (vermeintlich) zu geringen Abstands eines großen Baukörpers zwar keine rechtliche Bindungswirkung zu. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots scheidet unter diesem Gesichtspunkt im Sinne einer Indizwirkung aber in aller Regel aus, wenn - wie hier - die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten werden. Denn in diesem Fall ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Landesgesetzgeber die diesbezüglichen nachbarlichen Belange und damit das diesbezügliche Konfliktpotenzial in einen vernünftigen und verträglichen Ausgleich gebracht hat (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.1984 - 4 B 244.84 - NVwZ 1985, 653 = juris Rn. 4; B.v. 6.12.1996 - 4 B 215.96 - NVwZ-RR 1997, 516 f. = juris Rn. 9; B.v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879 f. = juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 6.9.2011 - 1 ZB 09.3121 - juris Rn. 4; B.v. 13.3.2014 - 15 ZB 13.1017 - juris Rn. 11; B.v. 30.9.2015 - 9 CS 15.1115 - juris Rn. 13; B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 28; B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 7; B.v. 4.7.2016 - 15 ZB 14.891 - juris Rn. 9; OVG Berlin-Bbg, B.v. 27.2.2012 - OVG 10 S 39.11 - juris Rn. 4; demgegenüber ist der Umkehrschluss, wonach eine Missachtung der Abstandsflächenvorschriften regelmäßig auch zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots führe, nicht gerechtfertigt: BayVGH, B.v. 13.3.2014 a. a. O. m. w. N.).

Im vorliegenden Fall erscheint eine erdrückende, abriegelnde oder einmauernde Wirkung zulasten des Antragstellers nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage auch bei Berücksichtigung der in der Beschwerdebegründung vorgebrachten tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2014 - 15 ZB 13.1017 - juris Rn. 11; B.v. 24.8.2016 - 15 ZB 14.2654 - noch nicht veröffentlicht) unwahrscheinlich. Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes besteht grundsätzlich schon dann kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2013 - 14 ZB 12.1153 - BauR 2014, 810 f. = juris Rn. 14; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 - 1 B 56/14 - juris Rn. 17; B.v. 16.6.2015 - 1 A 556/14 - juris Rn. 16; B.v. 25.7.2016 - 1 B 91/16 - juris Rn. 14). Insofern fehlt es an einer substanziierten Auseinandersetzung in der Beschwerdebegründung. Im Übrigen kann angesichts des Umstands, dass die auf dem Baugrundstück zu errichtenden Häuser nach den Bauvorlagen eine Wandhöhe von 8,88 m und eine Gesamthöhe von 9,40 m aufweisen, jedenfalls von einer für Innenstadtlagen extremen Gebäudehöhe nicht gesprochen werden. Im Übrigen beträgt der Abstand zwischen der Nordwand des nächstgelegenen (geplanten) Baukörpers auf dem Baugrundstück zur südlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers 17 m sowie zur Südwand des Wohnhauses des Antragsteller 30 m (Vergleichsfälle: BayVGH, B.v. 5.2.2015 - 2 CS 14.2456 - juris Rn. 33: keine erdrückende Wirkung eines ca. 160 m langen Baukörpers mit einer Höhe von 6,36 m bis 10,50 m und einem Abstand von 13 - 16 m zum Gebäude des Nachbarn; BayVGH, B.v. 4.7.2016 - 15 ZB 14.891 - juris Rn. 9: keine erdrückende Wirkung eines 33,3 m langen Baukörpers mit einer maximalen Höhe von 11 m und einem Abstand von mindestens 15 m zur Baugrenze auf dem Nachbargrundstück; vgl. auch BayVGH, B.v. 3.5.2011 - 15 ZB 11.286 - juris Rn. 13). Bei derartigen Abständen kann auch unter Berücksichtigung der Breite des geplanten Gebäudes auf dem Baugrundstück weder von einer erdrückenden bzw. abriegelnden Wirkung noch von einem „Einmauerungs-“ oder „Canyon-Effekt“ zulasten des Antragstellers gesprochen werden. Es ist bei diesen Vorgaben nicht ersichtlich, dass die bauliche Anlage der Beigeladenen dem benachbarten Wohnhaus des Antragstellers förmlich „die Luft nimmt“, weil es derartig übermächtig wäre, dass das Nachbargebäude des Antragstellers nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen würde (vgl. OVG NW, U.v. 19.7.2010 - 7 A 3199/08 - BauR 2011, 248 ff. = juris Rn. 58; B.v. 14.6.2016 - 7 A 1251/15 - juris Rn. 7; OVG RhPf, B.v. 27.4.2015 - 8 B 10304/15 - juris Rn. 6; VG Cottbus, B.v. 16.2.2016 - 3 L 193/15 - juris Rn. 19). Mit Blick auf die genannten Gebäudeabstände und die dazwischenliegende D...-Straße ist ebenfalls nicht ersichtlich, wie durch das Hinzukommen der Bebauung der Beigeladenen auf dem Antragstellergrundstück ein objektiv begründetes Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Hinterhof-“ bzw. „Gefängnishofsituation“ hervorgerufen werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 28; OVG NW, B.v. 14.6.2016 - 7 A 1251/15 - juris Rn. 7; OVG RhPf, B.v. 27.4.2015 - 8 B 10304/15 - juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg, B.v. 27.2.2012 - OVG 10 S 39.11 - juris Rn. 4), zumal die Ausmaße der Bebauung westlich, östlich und nördlich des Antragstellergrundstücks laut dem genehmigten Lageplan von den Flächenmaßen her gesehen nicht aus dem Rahmen fallen und das in der Beschwerdebegründung genannte Gebäude auf FlNr. ... nördlich des Wohnhauses des Antragstellers zu diesem immerhin einen Abstand von ca. 9 bis 10 m einhält. In der Gesamtschau sind bauliche Situationen, wie sie hier für den Antragsteller bei Umsetzung der angegriffenen Baugenehmigung entstehen, in innergemeindlichen bzw. innerstädtischen Lagen nicht ungewöhnlich.

Der Antragsteller hat im Übrigen außer einem visuellen Belastungseffekt aufgrund einer vermeintlichen erdrückenden, abriegelnden oder einmauernden Wirkung keine weiteren Belastungen - etwa in Bezug auf die Auswirkungen des Vorhabens der Beigeladenen auf die Belichtung und Besonnung seines Grundstücks - vorgebracht. Solche potenziellen Belastungen sind im Beschwerdeverfahren wegen § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO nicht weiter zu prüfen. Der Senat weist aber darauf hin, dass Verringerungen des Lichteinfalls bzw. ein Verschattungseffekt als typische Folgen der Bebauung insbesondere in innergemeindlichen bzw. innerstädtischen Lagen bis zu einer im Einzelfall zu bestimmenden Unzumutbarkeitsgrenze hinzunehmen sind (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris Rn. 24; B.v. 16.10.2012 - 1 CS 12.2036 - juris Rn. 5; U.v. 18.7.2014 - 1 N 13.2501 - BayVBl. 2015, 166 ff. = juris Rn. 34; B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 7 f.; OVG Bremen, B.v. 19.3.2015 - 1 B 19/15 - BauR 2015, 1802 ff. juris Rn. 19; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 - 1 B 56/14 - juris Rn. 19).

Auch wenn der Antragsteller nach seinem Vortrag sein bereits errichtetes Wohngebäude sowie seinen Garten nach Süden in Richtung des Baugrundstücks ausgerichtet hat, ist allein eine Einschränkung der Blickbeziehung nach Süden hin durch das entstehende Bauvorhaben bauplanungsrechtlich nicht geschützt. Die Aufrechterhaltung einer ungeschmälerten Aussicht stellt lediglich eine Chance dar, die nicht dem Schutz durch das Gebot der Rücksichtnahme unterliegt. Anderes kann nur in Ausnahmefällen gelten, wenn das Grundstück durch eine besondere Aussichtslage in einer Weise geprägt ist, dass es hierdurch als „situationsberechtigt“ anzusehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 14.6.2013 - 15 ZB 13.612 - NVwZ 2013, 1238 ff. = juris Rn. 11 m. w. N.). Dafür wird in der Beschwerdebegründung nichts dargelegt und ist auch nach Aktenlage nichts ersichtlich.

b)Der Senat lässt es dahinstehen, ob das Bauvorhaben der Beigeladenen gegen Nr. 4.4.1 des Bebauungsplans verstößt bzw. ob auch insofern eine Befreiung hätte erteilt werden müssen. Selbst wenn Letzteres der Fall sein sollte, implizierte dies entgegen der Ansicht des Antragstellers keine Nachbarrechtsverletzung. Fehlt es an einer an sich erforderlichen Befreiung (auch sog. „versteckter Dispens“), so können Rechte des Nachbarn nur durch die Baugenehmigung selbst, nicht jedoch durch die - nicht existierende - Befreiung verletzt sein. Unterbleibt eine erforderliche Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung, so ergibt sich hieraus ohne weiteres wegen subjektiver Rechtsverletzung ein Abwehranspruch des in den persönlichen Schutzbereich der verletzten Festsetzung einbezogenen Nachbarn. Im Falle eines objektivrechtlichen Verstoßes gegen eine nicht nachbarschützende Festsetzung eines Bebauungsplans verbleibt dem Nachbarn Drittschutz in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO unter Berücksichtigung der Interessenbewertung nach § 31 Abs. 2 BauGB nur nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.1989 - 4 C 14/87 - BVerwGE 82, 343 ff. = juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B.v. 23.3.2015 - 15 CS 14.2871 - juris Rn. 19; Seidel a. a. O. Rn. 433 f. m. w. N.).

Es ist nicht ersichtlich, dass die Festsetzung Nr. 4.4.1 des einschlägigen Bebauungsplans („II + D“, d. h. Zulässigkeit von maximal drei Vollgeschossen, „wobei ein sich ergebendes drittes Vollgeschoss im Dachraum liegen muss“) nachbarschützend ist. Eine nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist zugunsten von Eigentümerinnen und Eigentümern von Grundstücken in demselben Plangebiet regelmäßig nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung anzunehmen (vgl. z. B. BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3 m. w. N.). Denn nur durch diese Festsetzungen wird ein auf jeweils wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen beruhendes Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zwischen den Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet begründet. Die Festsetzung Nr. 4.4.1 betrifft hingegen nicht die Art, sondern das Maß der baulichen Nutzung (vgl. § 16 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 20 BauNVO), daneben speziell zur Ausführung des obersten Geschosses gerade als Dachgeschoss die Gestaltung baulicher Anlagen (als örtliche Bauvorschrift i. S. von § 9 Abs. 4 BauGB i.V. mit Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO = Art. 91 Abs. 1 Nr. 1 BayBO 1998, vgl. BayVGH, U.v. 9.3.2005 - 1 N 03.1765 - juris Rn. 14; U.v. 26.5.2006 - 1 N 03.504 - juris Rn. 33). Festsetzungen im Bebauungsplan über das Maß der baulichen Nutzung haben grundsätzlich keine automatische nachbarschützende Funktion. Solche Festsetzungen vermitteln ausnahmsweise Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin diese Funktion haben sollen (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215.95 - NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 29.8.2006 - 15 CS 06.1943 - juris Rn. 12; B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 24 ff.; B.v. 1.8.2016 - 15 CS 16.1106 - juris Rn. 17). Dasselbe gilt für Gestaltungsfestsetzungen (BayVGH, B.v. 12.7.2016 - 15 ZB 14.1108 - juris Rn. 11 m. w. N.). Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln. Ein entsprechender Wille muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergeben. Maßgebend ist, ob die Festsetzung auf Basis einer wertenden Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll (zum Ganzen z. B. BayVGH, B.v. 29.7.2014 - 9 CS 14.1171 - juris Rn. 15; B.v. 12.7.2016 - 15 ZB 14.1108 - juris Rn. 11; VGH BW, B.v. 30.6.2015 - 3 S 901/15 - juris Rn. 10).

Aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ergibt sich nicht, dass die Festsetzung 4.4.1 vom Satzungsgeber als nachbarschützend gewollt war. Insbesondere ist der in den Akten enthaltenen Begründung des Bebauungsplans diesbezüglich nichts zu entnehmen. Entsprechendes wurde vom Antragsteller auch nicht substanziiert vorgetragen, so dass der Senat auch insofern im Beschwerdeverfahren wegen § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO keine weiteren Überlegungen anzustellen hatte.

Aufgrund der vorherigen Ausführungen oben zu a) ergibt sich auch, dass der vom Antragsteller gerügte „versteckte Dispens“ im Zusammenspiel mit den tatsächlich gem. § 31 Abs. 1 BauGB erteilten Befreiungen nicht zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen einer „erdrückenden Wirkung“, einer „Riegelwirkung“ oder eines „Einmauerungs-“ oder „Canyon-Effekts“ zulasten des Antragstellers führt.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht der Billigkeit, weil diese im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, (Mit-)Eigentümer des Grundstücks FlNr. 757/13 Gemarkung F., wendet sich gegen die der Beigeladenen mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. November 2013 erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit fünf Wohneinheiten und fünf Stellplätzen auf dem südlichen Nachbargrundstück FlNr. 757/48 Gemarkung F. Er hat gegen die Baugenehmigung Klage erhoben. Ferner hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. Januar 2014 abgelehnt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er macht geltend, das Vorhaben verletze wegen der Nichteinhaltung der Abstandsfläche gemäß Art. 6 BayBO das in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Das Vorhaben übe eine erdrückende Wirkung auf sein Anwesen aus, das 2,50 m tiefer liege als die Gehsteigoberfläche. Die Wohnräume und der Garten seines Anwesens würden nicht mehr sachgerecht belichtet. Der Antragsteller sei in seinem Garten immer den Blicken der Bewohner des Vorhabens ausgesetzt.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13. Januar 2014 abzuändern und die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Baugenehmigung vom 26. November 2013 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Gebot der Rücksichtnahme werde durch das Vorhaben nicht verletzt. Dieses füge sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Von ihm gehe auch keine erdrückende Wirkung auf das Wohngebäude des Antragstellers aus. Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren seien Abstandsflächen nicht zu prüfen gewesen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie verweist darauf, dass die Abstandsflächen nach der Bayerischen Bauordnung eingehalten seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.

Soweit sich der Antragsteller auf die Nichteinhaltung der Abstandsflächen des Art. 6 BayBO beruft, führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde. Hier wurde die angefochtene Baugenehmigung, worauf in H 001 der Auflagen (Nebenbestimmungen) und Hinweise ausdrücklich hingewiesen wurde, im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO erteilt. Die Feststellungswirkung der Genehmigung ist deshalb auf die in Art. 59 Satz 1 BayBO genannten Kriterien beschränkt. Die Prüfung der Abstandsflächenvorschriften ist darin nicht vorgesehen; eine Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften wurde weder beantragt noch erteilt. Den beschränkten Prüfungsmaßstab des Art. 59 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde außer im Fall der Versagung der Baugenehmigung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO nicht selbst erweitern. Eine Verletzung von Nachbarrechten des Antragstellers durch die angefochtene Baugenehmigung wegen Nichteinhaltung von Abstandsflächen kommt deshalb nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2013 - 2 ZB 12.1513 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 17.3.2014 - 15 CS 13.2648 - juris Rn. 14 jeweils m. w. N.). Dass der von der Beigeladenen eingereichte Abstandsflächenplan einen Genehmigungsstempel trägt, ist somit ohne Belang. Im Übrigen kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine - unterstellte - Verletzung der Abstandsflächenvorschriften auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots indizieren würde (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17).

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Maß der baulichen Nutzung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung entfaltet und es entscheidend für die Verletzung von nachbarlichen Rechten allein darauf ankommt, ob das Vorhaben die mit dem Gebot des Einfügens (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) geforderte Rücksichtnahme auf den Antragsteller einhält (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2013 - 15 ZB 13.68 - juris Rn. 4). Dieses Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbar nicht das Recht, vor jeglicher Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung seines Grundstücks verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht. Eine Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls ist maßgeblich dafür, ob einem Vorhaben „abriegelnde“ oder „erdrückende“ Wirkung zukommt. (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2013 - 15 ZB 13.68 - juris Rn. 5). Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2012 - 15 ZB 11.1016 - juris Rn. 6). Das Verwaltungsgericht hat hier eine solche Gesamtschau vorgenommen und dabei auch unterstellt, dass das im Miteigentum des Antragstellers stehende Grundstück an der gemeinsamen Grundstücksgrenze um ca. 2,50 m tiefer liegen sollte. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dabei von falschen tatsächlichen Annahmen ausgegangen ist.

Der Antragsteller muss auch die Möglichkeit der Einsichtnahme in sein Grundstück hinnehmen. Das öffentliche Baurecht vermittelt keinen generellen Schutz vor unerwünschten Einblicken. Das bauplanungsrechtliche Gebot des Einfügens bezieht sich nur auf die in § 34 Abs. 1 BauGB genannten städtebaulichen Merkmale der Nutzungsart, des Nutzungsmaßes, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche. Die Möglichkeit der Einsichtnahme ist - als nicht städtebaulich relevant - darin nicht angesprochen (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.1989 - 4 B 72/89 - juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 25.1.2013 - 15 ZB 13.68 - juris Rn. 6 m. w. N.). Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Soweit der Senat im Einzelfall die Möglichkeit der Einsichtnahme für erheblich gehalten hat (vgl. B.v. 2.7.2010 - 9 CS 10.894 - juris Rn. 5 ), lagen dem im Vergleich zur Lage des Antragstellers völlig andere tatsächliche Verhältnisse zugrunde (Durchbrechung einer profilgleichen Reihenhausbauweise durch einen massiven Queranbau an ein Reiheneckhaus in den Ruhe- und Gartenbereich der Reihenhauszeile hinein).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Fl.Nr. 311/66 Gemarkung A., wendet sich gegen die der Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamts Ansbach vom 8. Januar 2015 erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Pflegeheims mit Generationenwohnungen auf dem Grundstück Fl.Nr. 622 Gemarkung A. (im Folgenden: Baugrundstück). Vorgesehen sind 46 Pflegeplätze in 38 Einzelzimmern und vier Doppelzimmern sowie in räumlicher Verbindung ein Generationenhaus mit 15 Wohnungen. Das Baugrundstück grenzt südlich unmittelbar an das Grundstück des Antragstellers an. Das Bauvorhaben soll im nördlichen Teil des Baugrundstücks verwirklicht werden. Nach den Angaben des Antragsgegners wurden die zur Bebauung vorgesehenen Flächen inzwischen aus dem Baugrundstück herausgemessen und tragen nunmehr die Fl.Nrn. 622/2 und 622/3 Gemarkung A. Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Generationenpark am Weiherwiesenfeld“ der Gemeinde A., der für das Baugrundstück ein Sondergebiet „Wohn- und Pflegeheim“ festsetzt. Das Grundstück des Antragstellers befindet sich in einem als allgemeines Wohngebiet festgesetzten Teil des Bebauungsplans Nr. 2 „Hühneräcker“ der Gemeinde A.

Der Antragsteller hat gegen die Baugenehmigung Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Seinen Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 20. April 2015 abgelehnt. Der Antragsteller werde durch die Baugenehmigung voraussichtlich nicht in seinen Rechten verletzt. Ein Verstoß der Baugenehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht festzustellen. Dies gelte sowohl für den Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans „Generationenpark am Weiherwiesenweg“ als auch bei unterstellter Unwirksamkeit dieses Bebauungsplans. Vom Bauvorhaben seien weder hinsichtlich des zu erwartenden Verkehrsaufkommens noch der Nutzung der grenzständigen Garagen unzumutbare Lärmimmissionen für den Antragsteller zu erwarten. Eine bedrängende oder erdrückende Wirkung des Vorhabens sei nicht ersichtlich. Es halte die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO ein. Der Einwand der Wertminderung seines Grundstücks könne dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nicht zum Erfolg verhelfen. Die Errichtung von Grenzgaragen sei bis zu einer Gesamtlänge von 9 m ohne Einhaltung eigener Abstandsflächen zulässig.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft die Wirksamkeit des Bebauungsplans „Generationenpark am Weiherwiesenfeld“ unterstellt. Das Bauvorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die Lage seines Grundstücks am Rande des ausgewiesenen Wohngebiets sei vorrangig schützenswert. Dem Antragsteller sei im Zuge des Grundstückserwerbs von der Gemeinde mehrfach zugesichert worden, dass eine Bebauung der angrenzenden Grundstücke nicht erfolgen würde. Das Bauvorhaben sei nicht als soziale Einrichtung zu qualifizieren, da es von einem privaten Bauträger geplant worden sei. Der mit der Verwirklichung des Bauvorhabens entstehende Zu- und Abfahrtsverkehr durch Besucher, Lieferanten und Angestellte des Pflegeheims sei für den Antragsteller unzumutbar. Es fehle an einer Auflage in der Baugenehmigung, mit der verhindert werde, dass die zulässigen Lärmschutzwerte - jedenfalls nachts - überschritten würden. Vom Bauvorhaben gehe eine erdrückende Wirkung auf das eingeschossige Wohngebäude des Antragstellers aus, das nach Süden hin ausgerichtet sei.

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Baugenehmigung vom 8. Januar 2015 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans „Generationenpark am Weiherwiesenfeld“ komme es hier nicht an. Eine Zusicherung zur Frage der Bebaubarkeit des Baugrundstücks sei dem Antragsgegner nicht bekannt. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die gegebene erforderliche Schriftform gewahrt wäre. Die Beschwerde verkenne, dass das Bauvorhaben die Immissionswerte der TA Lärm einhalte. Die immissionsschutzrechtlichen Bedenken hätten nur ursprünglich geplante Stellplätze an der Grundstücksgrenze zum Antragsteller betroffen. Die nunmehr an der Ostseite des Bauvorhabens geplanten weiteren Stellplätze hielten den von der unteren Immissionsschutzbehörde geforderten Abstand von 28 m zum Wohnhaus des Antragstellers ein. Das regelmäßig zu erwartende Verkehrsaufkommen für das Bauvorhaben und mit Martinshorn anfahrende Rettungsfahrzeuge habe das Verwaltungsgericht zu Recht als sozialadäquat behandelt. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich Belichtung und Besonnung scheide in aller Regel aus, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen - wie hier - eingehalten würden. Eine einmauernde Wirkung des Bauvorhabens sei angesichts eines Mindestabstands von 10 m zur Grundstücksgrenze des Antragstellers und der nach Norden reduzierten Höhenentwicklung nicht zu erkennen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Im Hinblick auf die dargelegten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) lässt sich zwar derzeit nicht hinreichend verlässlich beurteilen, ob durch den Lieferverkehr auf dem Baugrundstück an der Nordseite des Bauvorhabens während der Nachtzeit für den Antragsteller unzumutbare Lärmimmissionen hervorgerufen werden. In der Abwägung der gegenläufigen Interessen überwiegt aber das Vollzugsinteresse der Beigeladenen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.

1. Entgegen dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung nicht entscheidungserheblich die Wirksamkeit des Bebauungsplans „Generationenpark am Weiherwiesenfeld“ unterstellt. Vielmehr hat es bei der Prüfung, ob dem Antragsteller ein Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben aufgrund eines Gebietsbewahrungsanspruchs zusteht, ausdrücklich ausgeführt, es könne mangels eines gebietsübergreifenden Gebietsbewahrungsanspruchs offen bleiben, ob dem Bauvorhaben ein rechtswirksamer Bebauungsplan zugrunde liege. Der zusätzliche Hinweis, dass im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutz angemessenen summarischen Prüfung regelmäßig von der Wirksamkeit eines Bebauungsplans auszugehen sei, wenn keine Anzeichen für dessen offensichtliche Unwirksamkeit gegeben seien, ist nur „darüber hinaus“ erfolgt. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch das Bauvorhaben hat es sowohl unter Zugrundelegung des Bebauungsplans als auch bei dessen unterstellter Unwirksamkeit verneint.

2. Die vom Antragsteller behauptete erdrückende Wirkung des Bauvorhabens hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Maßgeblich für die Frage, ob einem Vorhaben abriegelnde oder erdrückende Wirkung zukommt, ist eine Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12 m. w. N.). Die Einhaltung der landesrechtlichen Abstandsflächen ist hierbei ein Indiz dafür, dass keine erdrückende Wirkung vorliegt (vgl. BayVGH, B. v. 7.2.2012 -15 CE 11.2865 - juris Rn. 14 m. w. N.).

Das Verwaltungsgericht hat hier eine solche Gesamtschau vorgenommen und dabei nicht nur auf die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen durch das Bauvorhaben abgestellt. Es hat für seine Beurteilung vielmehr zusätzlich die maximale Höhe des geplanten Gebäudes auf der dem Grundstück des Antragstellers zugewandten Nordseite von maximal 7,22 m (einschließlich Dach), die nach Norden abgestufte Höhe des Gebäudes, den Abstand zum Wohnhaus des Antragstellers und die versetzte Anordnung der Gebäudeteile berücksichtigt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, denen im Beschwerdevorbringen nicht entgegen getreten wird, sind auch keine speziellen Geländeverhältnisse, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt es nicht nur auf den Abstand des Bauvorhabens zur Grundstücksgrenze an, der nach den genehmigten Bauvorlagen mindestens 10 m beträgt. Es ist vielmehr auch der Abstand des Wohnhauses des Antragstellers zur Grundstücksgrenze von ca. 8 m zu berücksichtigen. Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass das Bauvorhaben mit einer Gesamtbreite von ca. 47 m den Blick vom Wohnhaus und Wohnzimmer des Antragstellers in Richtung Süden beeinträchtigt. Wie sich den vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorgelegten Fotos aber entnehmen lässt, bleibt jedoch eine Sichtachse nach Südwesten und Südosten bestehen. Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn ebenso wenig das Recht, vor einer Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben wie vor jeglicher Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung seines Grundstücks (vgl. BayVGH, B. v. 11.9.2012 - 15 ZB 12.1456 - juris Rn. 4). Auch insoweit scheidet eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme in aller Regel aus, wenn - wie hier - die gesetzlichen Abstandsvorschriften eingehalten werden (vgl. BayVGH, B. v. 25.3.2013 -1 CE 13.332 - juris Rn. 5).

3. Den in den vorgelegten Behördenakten sich befindenden Stellungnahmen des Sachgebiets Technischer Umweltschutz des Landratsamts lässt sich aber nicht entnehmen, dass durch den Lieferverkehr auf dem Baugrundstück an der Nordseite des Vorhabens für den Antragsteller während der Nachtzeit keine unzumutbaren Lärmimmissionen hervorgerufen werden können. Dies gilt sowohl für den Fall, dass die Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Generationenpark am Weiherwiesenfeld“ unterstellt wird, als auch dann, wenn davon ausgegangen wird, dass dieser Bebauungsplan für eine Bewältigung dieses Konflikts auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots nach § 15 Abs. 1 BauNVO noch offen ist (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 4 C 8.12 - juris Rn. 20). Vielmehr wird in der Stellungnahme vom 4. Dezember 2014 (Zusatz zur Stellungnahme v. 2.12.2014) ausgeführt, dass aus fachtechnischer Sicht hinsichtlich des Lieferverkehrs dann keine Bedenken bestehen, wenn dieser Verkehr an der Nordseite des Vorhabens auf die Zeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr eingeschränkt bleibt. Nur hinsichtlich der Lärmbelastung durch Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen ergeben sich nach dieser Stellungnahme keine fachtechnischen Bedenken. Demgegenüber befasst sich die Stellungnahme vom 2. Dezember 2014 nur mit der Lärmbelastung durch die ursprünglich vorgesehenen Stellplätze. Soweit dort zusätzlich auf mehrere Stellungnahmen im Bauleitplanverfahren verwiesen wird, sind diese in den vorgelegten Behördenakten nicht vorhanden und dürften sich nicht auf das vorliegende Baugenehmigungsverfahren beziehen. Schließlich befasst sich die nach der Umplanung durch die Beigeladene durch Verlagerung der an der nördlichen Grundstücksgrenze ursprünglich vorgesehenen Stellplätze an die Ostseite des Bauvorhabens ergangene Stellungnahme vom 7. Januar 2015 nur mit der Überschreitung des Spitzenpegels von 60 dB(A) gemäß TA Lärm während der Nachtzeit bei der Nutzung der drei südlich des Wohnhauses des Antragstellers an der Grundstücksgrenze neu geplanten Garagen. Zwar lässt sich daraus ableiten, dass die frühere Empfehlung eines nächtlichen Nutzungsverbots für die Stellplätze nunmehr nicht mehr für erforderlich gehalten wird. Eine Aussage zum nächtlichen Lieferverkehr, die im Gegensatz zur fachtechnischen Einschätzung in der Stellungnahme vom 4. Dezember 2014 stehen würde, lässt sich der Stellungnahme vom 7. Januar 2015 aber nicht entnehmen.

Eine zeitliche Beschränkung des Lieferverkehrs, die den in der Stellungnahme vom 4. Dezember 2014 geäußerten fachtechnischen Bedenken Rechnung tragen würde, enthält die angefochtene Baugenehmigung nicht. Ebenso wenig ergibt sich eine solche Beschränkung aus den der Genehmigung zugrunde liegenden Bauvorlagen. Zu der Frage eines nächtlichen Lieferverkehrs enthalten diese vielmehr keine Aussage. Im Gegensatz zu Rettungswageneinsätzen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein solcher nächtlicher Lieferverkehr als sozialadäquate Lärmimmission anzusehen ist.

Demgegenüber vermag das Beschwerdevorbringen die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass auf der Grundlage der fachtechnischen Beurteilung des Sachgebiets Technischer Umweltschutz des Landratsamts vom 7. Januar 2015 von der Lage und der Nutzung der Stellplätze und Garagen keine unzumutbaren Lärmimmissionen für den Antragsteller zu erwarten sein dürften, nicht in Zweifel zu ziehen, auch wenn - bei unterstellter Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Generationenpark am Weiherwiesenfeld“ und Lage der Stellplätze und Garagen im Außenbereich - eine Anwendung des § 12 Abs. 2 BauNVO ausscheiden dürfte. Warum sich das Grundstück des Antragstellers - entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts - in einem reinen Wohngebiet und nicht in einem allgemeinen Wohngebiet des Bebauungsplans Nr. 2 „Hühneräcker“ befinden soll, wird im Beschwerdevorbringen nicht dargelegt. Soweit der Antragsteller eine Zusicherung der Nichtbebaubarkeit der angrenzenden Grundstücke durch die Gemeinde A. beim Grundstückserwerb behauptet, ist nicht ersichtlich, wie eine solche Zusicherung - abgesehen von der Frage der Einhaltung der erforderlichen schriftlichen Form (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) - auch die Bauaufsichtsbehörde binden könnte.

4. Selbst wenn nach den obigen Ausführungen bisher ungeklärt ist, ob durch einen nächtlichen Lieferverkehr auf dem Baugrundstück an der Nordseite des Bauvorhabens für den Antragsteller unzumutbare Lärmimmissionen hervorgerufen werden und damit die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage des Antragstellers als offen anzusehen sein mögen, fällt die Interessenabwägung hier aber zugunsten der Beigeladenen aus. Zum einen kann nicht ausgeschlossen werden, dass nach der Betriebskonzeption der Beigeladenen ein nächtlicher Lieferverkehr überhaupt nicht stattfinden soll. Zum anderen könnten für den Antragsteller unzumutbare Lärmimmissionen durch einen solchen Lieferverkehr durch ein angepasstes Betriebskonzept der Beigeladenen oder eine Beschränkung des Lieferverkehrs auf die Tagzeit im Wege einer Bescheidsergänzung ohne Eingriffe in die Bausubstanz leicht vermieden werden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.