Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

3. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger sind Miteigentümer der Wohnanwesen ... und ... in ...

Mit der Satzung der Stadt ... für das Kommunalunternehmen „Abwasserentsorgung ...“, Anstalt des öffentlichen Rechts (...), vom 28. Dezember 2004 übertrug die Stadt ... der Beklagten ab dem 1. Januar 2005 die Abwasserbeseitigung gemäß Art. 41 b Bayerisches Wassergesetz (BayWG) i. V. m. § 18 a Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG).

Gemäß § 2 Abs. 5 der Satzung übertrug die Stadt... der ... das Recht

a) zum Erlass von Satzungen über die Benutzung der Einrichtungen für die gemäß § 2 Abs. 1 übertragenen Aufgaben;

b) unter den Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 2 GO durch Satzung einen Anschluss- und Benutzungszwang für die öffentliche Abwasserbeseitigung anzuordnen;

c) Satzungen über Gebühren, Beiträge und Entgelte für die Benutzung der Einrichtungen für die gemäß § 2 Abs. 1 übertragenen Aufgaben zu erlassen.

Die ... betreibt auf der Grundlage der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage des Kommunalunternehmens „Abwasserentsorgung ...“ vom 29. November 2010 eine Entwässerungsanlage als öffentliche Einrichtung, an die die Anwesen der Kläger angeschlossen sind.

Seit dem 1. August 2012 ist die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Kommunalunternehmens „Abwasserentsorgung ... (BGS/EWS) vom 7. Juli 2012 in Kraft.

Unter dem 24. Januar 2014 versandten die Beklagte und die Stadtwerke ... unter einem gemeinsamen Briefkopf für die beiden Anwesen der Kläger zwei maschinell erstellte, an die Kläger adressierte Schreiben mit dem Betreff „Rechnung bzw. Gebührenbescheid“.

Beide Schreiben enthalten als Anlage jeweils einen Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2014 über die Festsetzung der Kanaleinleitungsgebühr (für das Objekt ... für den Zeitraum vom 22. November 2012 bis zum 20. November 2013; für das Objekt ... für den Zeitraum vom 21. November 2012 bis zum 3. Dezember 2013).

Zudem wird für beide Objekte jeweils eine Niederschlagswassergebühr für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013 festgesetzt.

Für das Anwesen ... wurde bei einer abgerechneten Schmutzwassermenge von 127 m³ eine Schmutzwassergebühr von 223,52 EUR sowie eine Niederschlagswassergebühr für eine Fläche von 136 m² in Höhe von 61,20 EUR festgesetzt.

Der monatliche Abschlag für die Kanaleinleitungsgebühr wurde auf 29,00 EUR festgelegt.

Für das Anwesen ... wurde für eine Schmutzwassermenge von 136 m³ eine Abwassergebühr von 239,36 EUR und für eine Fläche von 375,5 m² eine Niederschlagswassergebühr in Höhe von 168,98 EUR festgesetzt.

Der monatliche Abschlag auf die Kanaleinleitungsgebühr wurde auf 38,00 EUR festgelegt.

Die Kläger ließen mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 26. Februar 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tag, Klage erheben mit dem Antrag,

„die Bescheide“ der Beklagten vom 24. Januar 2014 betreffend Kanaleinleitungsgebühr (Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühren) aufzuheben.

Zur Begründung der Klage wurde mit Schriftsatz vom 23. Mai 2014 vorgetragen, seit Bestehen der Beklagten, aber auch zuvor, habe eine „enge Zusammenarbeit“ zwischen der öffentlich-rechtlich abgabenerhebenden Behörde im Entwässerungsbereich (nun die Beklagte, zuvor die Stadt ... selbst) und der wohl seit dem Jahr 2000 als private GmbH betriebenen Stadtwerke GmbH, die ihren Sitz in der ... in ... habe, bestanden.

Die Stadtwerke ... GmbH sei der privatrechtliche Versorger insbesondere für Strom, Gas, Wasser und Wärme. Im Hinblick auf die hier streitgegenständlichen Entwässerungsgebühren bestünden auf der Basis vertraglicher Beziehungen Vereinbarungen zwischen der Beklagten und den Stadtwerken ... GmbH. Grundlage dieser Zusammenarbeit der privatrechtlichen Stadtwerke ... GmbH und der Beklagten sei ein sogenannter Betriebsführungsvertrag vom 10. Januar 2005 und 14. Juli 2006.

In diesen Verträgen sei unter anderem geregelt, etwa in § 3 Abs. 2 Satz 2, dass die Beklagte die Stadtwerke... GmbH zur Durchführung aller im Rahmen dieser Vereinbarung erforderlichen Rechtsgeschäfte und Maßnahmen bevollmächtige; zu diesen Maßnahmen gehöre namentlich auch das Erstellen und Versenden von Rechnungen im Namen und für Rechnung der Beklagten für laufende und einmalige Gebühren bzw. Entgelte (Anlage 1, Ziffer 4, 3. Tiret des Vertrages vom 10.1.2005) bzw. das Erstellen und Versenden von Bescheiden im Namen und für Rechnung der Beklagten für laufende und einmalige Gebühren bzw. Entgelte. Diese Verträge seien vom Beklagten vorzulegen. In der Praxis würden dann auch durch Mitarbeiter der Stadtwerke ... GmbH, die selbst den entsprechenden Wasserverbrauch feststellten, die Grundlagen ermittelt, wie insbesondere der Wasserverbrauch, der wiederum Basis der Abwassergebühr nach dem modifizierten Frischwassermaßstab sei.

Ebenso würden die entsprechenden Gebühren durch einen Mitarbeiter der Stadtwerke letztlich durch „Bescheid“ festgesetzt und von diesem zusammen mit den weiteren Versorgungsabrechnungen und Forderungen versandt. Die Zahlung der entsprechenden Kosten erfolge einheitlich als Abschlag auf ein Konto der Stadtwerke ... GmbH. Sämtliche Forderungen (sowohl die privatrechtlichen Forderungen als auch die öffentlich-rechtlichen Forderungen) würden entsprechend über ein Vertragskonto von den Stadtwerken ... GmbH eingezogen bzw. in Rechnung gestellt. Im Vorgängerverfahren habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er jedenfalls die Praxis bis zum Jahr 2013 nicht nur als nichtig ansehe, dass es sich voraussichtlich, insbesondere unter Berufung auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 nicht um Verwaltungsakte handeln könne, da es am Handeln einer Behörde fehle, selbst wenn, seien die „Bescheide“ jedenfalls aber nichtig.

Soweit das Verwaltungsgericht ... hierzu ursprünglich eine andere Auffassung vertreten habe, insbesondere lediglich Rechtswidrigkeit angenommen habe (Urteil vom 7.3.2012 - AN 1 K 11.02610), so sei dies definitiv überholt.

Die sogenannten Bescheide der Beklagten, soweit sie überhaupt zurechenbar seien, seien zumindest rechtswidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten.

Ausweislich des Anschreibens vom 24. Januar 2014 erfolge ein einheitliches „Schreiben“ der Beklagten und Stadtwerke ... GmbH. Als Adresse würden die ... angegeben, was wohl der gemeinsame Geschäftssitz beider Gesellschaften darstelle, und als Kommunikationsformen das entsprechende Servicecenter der Stadtwerke und deren Internetadresse.

In der unteren Zeile würden der Sitz der Gesellschaft mit Handelsregisternummern, die Geschäftsführung, Umsatzsteueridentifikationsnummern und Vorsitzende des Aufsichtsrats angegeben. Dies dürfte erkennbar ausschließlich die Stadtwerke ... GmbH betreffen.

Weiter seien in diesem sogenannten einheitlichen Rechnungs- und Gebührenbescheid zwar einzeln aufgelistet die Wasserrechnung der Stadtwerke, Schmutzwassergebühren der Abwasserentsorgung ..., Niederschlagswassergebührenbescheid der Abwasserentsorgung Ansbach sowie ein Gesamtrechnungsbetrag. Zudem würden Abschlagszahlungen abgezogen, und ein Gesamtbetrag ermittelt. Gleichzeitig werde ein Gesamtabschlagsbetrag ermittelt, der zu entrichten sei. Letztlich solle sich also der Kunde/Gebührenpflichtige selbst „heraussuchen“, was eine öffentlich-rechtliche Forderung sein könne, wem diese zuzurechnen sei und was gegebenenfalls privatrechtlich sei. In dem dann weiter angegebenen sogenannten Bescheid der Beklagten, der wiederum keine eigene Unterschrift enthalte, finde sich die sogenannte Rechtsbehelfsbelehrung, die sage, dass gegen diesen Bescheid (welchen?) entweder Widerspruch oder Klage erhoben werden könne und ebenfalls nicht eindeutig sei. So werde insbesondere als Postanschrift das Postfach ... angegeben, das wiederum auch den Stadtwerken ... GmbH zugewiesen sei, wie sich aus dem Briefkopf ergebe. Demgegenüber werde allerdings das Sepa-Lastschriftmandat ausschließlich der Stadtwerke ... GmbH erteilt, obwohl diese gleichzeitig sämtliche Kosten, mithin auch die öffentlich-rechtlichen, als einheitlichen Abschlag einziehe.

Tatsächlich würden auch die „Bescheide“ auf der Basis der bisherigen Vereinbarung durch die Stadtwerke ... „produziert“. Die Beklagte zahle hierfür ein entsprechendes Entgelt an die Stadtwerke. Durch einen Wirtschaftsprüfer werde dann festgestellt, dass die finanzielle Abrechnung ordnungsgemäß sei.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass noch die entsprechende Vereinbarung zwischen den Stadtwerken ... GmbH und der Beklagten bestehe. Die Stadtwerke ... GmbH nähmen letztlich öffentlich-rechtliche Tätigkeitsformen wahr. Es bestehe hier eine zulässige (gemeint wohl: unzulässige) Vermischung und es fehle, wie durch eine Vielzahl von Gerichten bereits entschieden, an einer Rechtsgrundlage für die Einschaltung Privater in Form einer entsprechenden Beleihung. Bereits im Ausgangsverfahren sei unter anderem auf die Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs sowie die inzwischen herrschende Meinung, bestätigt insbesondere auch durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, verwiesen worden.

Hinzu komme, dass aufgrund fehlender Unterschriften, einheitlicher Einziehung und Abrechnung etc. noch nicht einmal klar sei, wem was genau zuzurechnen sei und wer im Zweifel tatsächlich handle.

Weiter dürfte die hier vorliegende Vermischung auch gegen den sogenannten beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt nach Art. 33 Abs. 4 GG verstoßen.

Nach dieser Bestimmung sei die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stünden. Dazu gehöre insbesondere die Erhebung öffentlicher Abgaben, ebenso wie ihre rechtliche Durchsetzung.

Soweit ersichtlich sei allerdings keiner der entsprechenden Mitarbeiter der Beklagten in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, geschweige denn, dass er in der Verantwortung stehen würde, die entsprechenden Abgaben zu erheben und gegebenenfalls durchzusetzen. Dies scheine aufgrund der Satzung der Stadt Ansbach für das Kommunalunternehmen Abwasserentsorgung Ansbach vom 28. Dezember 2014 auch ausgeschlossen zu sein. Hier sei nicht erkennbar, wer Dienstherr sein könne. Auch sei unklar, ob die Abwasserentsorgung ... überhaupt als solche dienstherrenfähig sei. Es sei auch in § 11 der entsprechenden Satzung geregelt, dass das Personal übernommen werde, das bei der Stadt... beschäftigt sei unter Wahrung ihrer erworbenen tariflichen und arbeitsvertraglichen Rechte. Von einer „Übernahme von Beamten“, insbesondere auch aufgrund eines Wechsels des Dienstherren, sei nichts erkennbar. Von daher dürfte die Abgabenerhebung durch die Beklagte wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 4 GG unzulässig sein.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 5. Juni 2014,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 26. August 2014 vorgetragen, aufgrund der Hinweise des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss über die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 7. März 2012 - AN 1 K 11.02610 habe die Beklagte ihre Praxis zur Festsetzung und Zustellung der Gebührenbescheide geändert. Die Änderungen seien aus den mit der Klage vorgelegten Bescheiden ersichtlich.

Anders als in dem vorangegangenen Verfahren seien die von den Klägern angegriffenen Gebührenbescheide vom 24. Januar 2014 nicht von der Stadtwerke ... GmbH, sondern von der Beklagten, einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts und damit einer Einrichtung mittelbarer Staatsverwaltung, erlassen worden. Als Entscheider sei nach außen nicht die Stadtwerke ... GmbH, sondern die Beklagte in Erscheinung getreten.

Die von den Klägern angegriffenen Gebührenbescheide seien von den privatrechtlichen Rechnungen für die Wasserentgelte deutlich abgegrenzt. Es seien jeweils für Schmutzwasser und Niederschlagswasser gesonderte Bescheide von der Beklagten erlassen worden. Davon getrennt abgerechnet würden die privatrechtlichen Entgelte für Wasser, Strom, Gas und Fernwärme, für welche die Stadtwerke ... GmbH eine private Rechnung erstelle.

Zwar würden die privaten Rechnungen der Stadtwerke ... GmbH und die Gebührenbescheide der Beklagten weiterhin mit einem gemeinsamen Übersendungsschreiben den Adressaten übermittelt. Dieses Übersendungsschreiben firmiere unter dem gemeinsamen Briefkopf der Beklagten und der Stadtwerke ... GmbH. Wem welcher Teil der mit dem Übersendungsschreiben übermittelten Vorgänge zugerechnet werden solle, ergebe sich aus der Aufschlüsselung auf Seite 1 des Übersendungsschreibens.

In dem Übersendungsschreiben werde aus den aufgeschlüsselten Positionen ein Gesamtrechnungsbetrag ermittelt, von dem geleistete Abschlagszahlungen abgezogen seien. Zwar sei in dem Übersendungsschreiben die Position „Abschlagszahlungen“ nicht weiter aufgeschlüsselt. aus der Rechnung für Wasser sowie den Gebührenbescheiden für Schmutzwasser und Niederschlagswasser ergebe sich indessen die Höhe der jeweils hierauf geleisteten Abschläge.

Festzuhalten sei schließlich, dass die den Gebührenbescheiden zugrunde liegende materielle Entscheidung über Grund und Höhe der Gebührenerhebung nicht von der Stadtwerke ... GmbH getroffen werde, sondern von Mitarbeitern der Beklagten.

Soweit die Gebührenbescheide - im Regelfall - automatisiert erstellt würden (auf Computern, welche die insoweit als Verwaltungshelfer fungierende Stadtwerke ... GmbH bereitstelle), werde vor Zustellung der Bescheide ein Vorabdruck erzeugt und zwei Bediensteten der Beklagten, Herrn ... und Frau ..., zum Zwecke der Überprüfung auf inhaltliche Richtigkeit vorgelegt. Diese beiden Bediensteten hätten zwar ihren Arbeitsplatz in den Räumen der Stadtwerke ... GmbH, seien aber Angestellte der Beklagten und stünden unter der Aufsicht eines verbeamteten Abteilungsleiters, des Herrn ...

Bei den Schmutzwassergebühren, die auf der Basis der vom Verbraucher entnommenen Frischwassermengen mit den Gebührensätzen abgerechnet würden, prüften die beiden Mitarbeiter der Beklagten, ob die Angaben zum Wasserverbrauch richtig übernommen worden seien, ob ein Antrag auf Schmutzwasserabzug bestehe und ob vom elektronischen System der richtige Gebührensatz verwendet worden sei. Die Angaben über die jeweils maßgeblichen Frischwassermengen würden hierbei notwendigerweise von der Stadtwerke ... GmbH zur Verfügung gestellt, da diese für die Versorgung der Bevölkerung mit Frischwasser zuständig sei, nicht die Beklagte. Beim Niederschlagswasser würden die Daten, die den im Bescheidsentwurf ausgewiesenen Gebührenbeträgen zugrunde lägen (namentlich die korrekte Größe der befestigten Flächen) von den beiden Mitarbeitern der Beklagten unmittelbar selbst erhoben. Diese Daten würden von ihnen elektronisch in einem separaten System geführt und ausschließlich von ihnen gepflegt.

In speziellen Sonderfällen wie z. B. Starkverschmutzerzulagen, Personenpauschalen, Wasserverdunstung oder Wasserverbrauch in der Produktion, erfolge die Gebührenermittlung nicht automatisiert durch das System; sie würden von den beiden ...-Mitarbeitern ausschließlich „händisch“ geprüft und entschieden.

Die Klage sei unbegründet. Insbesondere seien die Gebührenbescheide nicht wegen Einschaltung der Stadtwerke ... GmbH als Verwaltungshelfer nichtig.

Die Kläger versuchten offenbar zunächst, ihren im Vorgängerverfahren (AN 1 K 11.02160) erhobenen Vorwurf, die dort streitgegenständlichen Gebührenbescheide seien wegen der Einschaltung der Stadtwerke ... GmbH als Verwaltungshelfer „nichtig“ (gemeint dürfte freilich sein, es handele sich um Nicht- oder Scheinverwaltungsakte), im vorliegenden Verfahren zu erneuern. Damit trügen sie indessen nicht hinreichend dem Umstand Rechnung, dass die hier streitgegenständlichen Bescheide vom 24. Januar 2014 im Briefkopf die Beklagte als erlassende Behörde auswiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht habe nämlich in dem bereits im Sachverhalt erwähnten Urteil vom 23. August 2011 klar entschieden, dass ein Wasser- und Abwassergebührenbescheid, der mit Hilfe einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage erstellt worden ist, keine Unterschrift trägt und im Briefkopf den beklagten Zweckverband als erlassende Behörde ausweist, als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG einzuordnen sei. Maßgeblich hierfür sei die Erwägung:

„Anders als in dem von der Revision zitierten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 2005 - BVerwG 10 B 38.06 - (juris Rn. 6) ist hier die Mitwirkung des Privaten nach außen nicht erkennbar geworden, sondern allein im internen Bereich geblieben. Als Entscheidungsträger ist nach außen nicht der Geschäftsbesorger, sondern ausschließlich der Beklagte aufgetreten. Der angefochtene Bescheid hat daher nicht den Charakter einer allein von einer Privatperson getroffenen Maßnahme. […] Erforderlich aber auch genügend für die Annahme eines Verwaltungsaktes in Abgrenzung von einem Nicht-Akt (Scheinverwaltungsakt) ist dann, wenn die betreffende Maßnahme eine Behörde als Entscheidungsträger ausweist, intern jedoch ein Privater sie getroffen hat, dass die nach außen in Erscheinung tretende Behörde das Tätigwerden des Privaten als Geschäftsbesorger veranlasst hat, der Geschäftsbesorger also mit ihrem Wissen und Wollen tätig geworden ist.“ (BVerwGE 140, 245, Rn.9).

Ebenso lägen die Dinge hier. Die streitgegenständlichen Gebührenbescheide vom 24. Januar 2014 wiesen im Briefkopf die Beklagte aus, d. h. die funktionell zuständige Behörde, die unter anderem mit dem Erlass von Gebührenbescheiden für die Nutzung der Entwässerungseinrichtungen der Beklagten betraut sei. Damit sei auch hier - wie in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall - für die betreffende Maßnahme eine Behörde als Entscheidungsträger ausgewiesen.

Ob und inwieweit die Vorwürfe der Kläger zuträfen, dass die Entscheidung tatsächlich intern nicht die Behörde, sondern ein Privater getroffen habe, betreffe allenfalls den sogleich zu behandelnden Vorwurf der Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 24. Januar 2014; für die Abgrenzung von Verwaltungsakt und Scheinverwaltungsakt spiele er hingegen keine Rolle (vgl. BVerwGE 140, 245, Rn. 10).

Die angegriffenen Bescheide seien wegen der Einschaltung der Stadtwerke ... GmbH als Verwaltungshelfer auch nicht rechtswidrig.

Anders als die Kläger meinten - und anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 23. August 2011 entschiedenen Fall - seien die vorliegend streitgegenständlichen Gebührenbescheide auch nicht rechtswidrig, weil sie inhaltlich von den Stadtwerken ... GmbH als einem privaten Geschäftsbesorger erlassen worden wären. Vielmehr habe sich die Beklagte lediglich der Stadtwerke ... GmbH als einem Verwaltungshelfer bedient, die inhaltliche Entscheidung über den Erlass der Gebührenbescheide vom 24. Januar 2014 aber selbst getroffen. Damit habe sie ihre rechtlichen Befugnisse nicht überschritten.

Die dienstbezüglichen Maßstäbe habe die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts ... in dem schon erwähnten Urteil vom 7. März 2012 wie folgt wiedergegeben:

„Allerdings kann sich ein Hoheitsträger unter bestimmten Voraussetzungen externer Hilfe bedienen und Dritte mit der Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben betrauen. So wird die Auffassung vertreten, dass die Einschaltung eines privaten, unselbstständigen Verwaltungshelfers zulässig sei (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Rn. 768 zu § 6 m. w. N.). Eine Verwaltungshilfe muss sich jedoch auf einzelne vorbereitende und unterstützende Hilfstätigkeiten beschränken. In Betracht kommen etwa technische Maßnahmen, die der Aufgabenträger selbst nicht durchführen kann (Messungen, Anfertigung von Luftbildern), oder Arbeitsprozesse, die mechanisch oder automatisiert ablaufen (beispielsweise der Druck und die Versendung von Schriftstücken). Beispiele für Verwaltungshelfer sind Schülerlotsen, die Fluggast- und Gepäckkontrolle auf Flughäfen, Seelotsen, Hilfspolizisten, Abfallbeseitigungsunternehmen im Rahmen des § 16 Abs. 1 KRW/AbfG von der Polizei beauftragte private Abschleppunternehmen sowie die Träger der Freien Jugendhilfe im Rahmen des § 76 SGB VIII (Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, Rn. 37 zu § 1 VwVfG).

Die Grenze der Verwaltungs- oder Erfüllungshilfe ist überschritten, wenn der Helfer eigenständig die vollständige Einzelveranlagung übernimmt, d. h. Daten ermittelt, Satzungsnormen anwendet, rechtliche Tatbestände prüft und Bescheide - wenn auch in fremdem Namen - erlässt (OVG Weimar, U. v. 14.12.2009 - 4 KO 482/09). Von einer Hilfstätigkeit kann erst Recht keine Rede sein, wenn darüber hinaus praktisch die gesamte öffentliche Aufgabe von einem privaten Dritten erfüllt wird.“

Die von der erkennenden Kammer aufgezeigten Grenzen für die Einschaltung von Verwaltungshelfern seien im vorliegenden Fall durch die Beklagte nicht überschritten worden. Hervorzuheben sei zunächst an dieser Stelle nochmals, dass die streitgegenständlichen Gebührenbescheide von Bediensteten der Beklagten erlassen worden seien, die lediglich in den Räumen der Stadtwerke ... GmbH arbeiteten, organisatorisch aber weiterhin der Beklagten zugeordnet seien und für diese tätig würden. Diese Bediensteten hätten die von der Stadtwerke ... GmbH technisch ermittelten Abrechnungswerte für das Schmutz- und Niederschlagswasser auf inhaltliche Richtigkeit überprüft und sodann unter Anwendung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) die Entscheidung getroffen, die Kläger mit den streitgegenständlichen Gebührenbescheiden zu veranlagen.

Die von den Klägern hiergegen vorgebrachten Gesichtspunkte könnten dies nicht in Frage stellen.

Unerheblich sei zunächst, dass die streitgegenständlichen Gebührenbescheide zusammen mit privaten Wasserrechnungen der Stadtwerke ... GmbH in einem einheitlichen, sowohl von der Beklagten, als auch von der Stadtwerke ... GmbH ausgestellten Übersendungsschreiben, dem sie als Anlagen beigefügt gewesen seien, an die Adressaten versandt würden.

Selbst wenn das Versendungsschreiben allein den Briefkopf der Stadtwerke ... GmbH getragen hätte, wäre dies unproblematisch. Dies sei vielmehr Ausdruck der Tatsache, dass die Beklagte die Stadtwerke ... GmbH als Verwaltungshelfer unter anderem für die versandtechnischen Arbeiten eingeschaltet habe (was die erkennende Kammer in ihrem Urteil vom 7.3.2012 selbst als Beispiel für eine zulässige Verwaltungshilfe nenne). Allein die Durchführung der versandtechnischen Arbeiten lasse deshalb keinen Rückschluss darauf zu, wer die materielle Entscheidung über den Inhalt des so versendeten Bescheides getroffen habe. Weise der Briefkopf des Bescheides - wie hier - die Beklagte als erlassende Behörde aus, so müsse dieser durch den Briefkopf ausgewiesene Anschein durch konkrete Anhaltspunkte als unzutreffend widerlegt werden.

Der Umstand, dass in dem Übersendungsschreiben - aus Gründen der Vereinfachung für den Rechnungsadressaten - die Einzelpositionen aus Wasser- und Entwässerungsnutzung zusammengefasst würden, sei kein solcher konkreter Anhaltspunkt. Es werde in dem Übersendungsschreiben nämlich hinreichend deutlich, wie sich der Gesamtbetrag aus Einzelpositionen zusammensetze, die Positionen auf Entscheidungen unterschiedlicher juristischer Personen beruhten, nämlich (1.) aus den Rechnungen für die privatrechtlichen Entgelte für Frischwasser, Strom und Gas, die von der Stadtwerke ... GmbH erstellt worden seien, und (2.) den Abwassergebührenbescheiden, die auf hoheitlichen Entscheidungen der Beklagten beruhten.

Allein die Zusammenfassung in einem einheitlichen Übersendungsschreiben belege die Behauptung nicht, dass auch die Gebührenbescheide inhaltlich auf Entscheidungen der Stadtwerke ... GmbH beruhten.

Auch die Fußzeile im Übersendungsschreiben, die sich in der Tat allein auf die Stadtwerke ... GmbH beziehe, erlaube keine Rückschlüsse darauf, dass die Stadtwerke ... GmbH die Gebührenbescheide inhaltlich erlassen und zu verantworten hätte. Sie belegten allein, dass allenfalls das Übersendungsschreiben drucktechnisch von der Stadtwerke ... GmbH abgefasst worden sei, ohne indes deutlich zu machen, welche materiellen Entscheidungsbeiträge welcher Einheit zuzuordnen seien.

Ohne Bedeutung sei auch, dass im Übersendungsschreiben ein einheitlicher Gesamtabschlag auf den errechneten Gesamtbetrag ausgewiesen worden sei. Wie bereits im Rahmen des Sachverhalts deutlich gemacht worden sei, sei dieser Gesamtabschlag eine bloße Zusammenfassung von Einzelabschlägen, die im Einzelnen den Gebührenbescheiden auf der einen sowie der privaten Wasserrechnung auf der anderen Seite entnommen werden könnten. Insbesondere treffe die Behauptung der Kläger nicht zu, hier solle sich letztlich der Kunde selbst „heraussuchen“, welche Abschlagspositionen der öffentlich-rechtlichen Gebührenforderung und welche der privaten Wasserentgeltforderung zuzurechnen seien.

Schließlich stütze auch der Betriebsführungsvertrag zwischen der Beklagten und der Stadtwerke ... GmbH die Behauptung der Kläger nicht, die Stadtwerke ... GmbH allein habe inhaltlich die materielle Entscheidung getroffen, die den Gebührenbescheiden vom 24. Januar 2014 zugrunde liege.

Die Kläger beriefen sich auf den Betriebsführungsvertrag zwischen der Beklagten und der Stadtwerke ... GmbH in der Fassung vom 14. Juli 2006, der den streitgegenständlichen Bescheiden des Vorgängerverfahrens zugrunde gelegen habe. Dieser Betriebsführungsvertrag habe in § 3 Abs. 2 Satz 2 vorgesehen, dass die Beklagte die Stadtwerke... GmbH zur Durchführung aller im Rahmen dieser Vereinbarung erforderlichen Rechtsgeschäfte und Maßnahmen bevollmächtige; zu diesen Maßnahmen habe ausweislich der Anlage 1 Ziffer 4, 3. Tiret des Vertrags auch das Erstellen und Versenden von Bescheiden im Namen und für Rechnung der Beklagten für laufende und einmalige Gebühren bzw. Entgelte gehört.

Diese Anlage zum Betriebsführungsvertrag sei mit der Umstellung der Verwaltungspraxis der Beklagten, wie im Sachverhalt beschrieben, entsprechend angepasst worden und laute nun: „Die ... wird bei der Abrechnung der Einleitungsgebühren von der Stadtwerke ... GmbH als Verwaltungshelfer unterstützt“. Auf den aktuellen Betriebsführungsvertrag vom 24. August 2012 zwischen der Beklagten und der Stadtwerke ... GmbH werde verwiesen. Die Funktion der Stadtwerke ... GmbH als Verwaltungshelfer beschränke sich im Wesentlichen darauf, dass diese der Beklagten die für die Abrechnung der Gebühren erforderlichen elektronischen Systeme zur Verfügung stelle, dieser die Angaben über den Frischwasserverbrauch (als Grundlage für die Ermittlung der Schmutzwassergebühren) übermittle und den drucktechnischen Versand der Bescheide übernehme.

Zu Unrecht rügten die Kläger schließlich einen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG. Zwar treffe es zu, dass auf Seiten der Beklagten in den Jahren 2005 bis 2012 nur zwei Beamte, seit Januar 2013 nur noch ein Beamter eingesetzt sei. Dieser Beamte sei - wie bereits erwähnt - der direkte Vorgesetzte der beiden Mitarbeiter der Beklagten, die mit der Bescheiderstellung betraut seien. Die Kläger berücksichtigten indes nicht hinreichend, dass der sogenannte Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG nur „in der Regel“ gelte.

Diese Regel-Vorgabe habe eine quantitative und qualitative Komponente. Die quantitative Dimension bedeute, dass von der Ausnahmemöglichkeit kein Gebrauch gemacht werden dürfe, der dazu führe, dass der vorgesehene Regelfall faktisch zum zahlenmäßigen Ausnahmefall werde (BVerfGE 130, 76, juris Rn. 144).

Sie sei für den hier relevanten Kommunalbereich nicht einschlägig. Dies habe das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich betont. Maßgeblich sei, dass sich unterhalb der Ebene der staatlichen Einheit (Bund oder Land) - um den es hier gehe - für den erforderlichen zahlenmäßigen Vergleich ein Bezugsrahmen willkürfrei nicht identifizieren lasse (BVerfGE 130, 76, juris Rn. 144 unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des OLG Schleswig-Holstein, B. v. 19.10.2005 - 2 W 120/05, juris Rn. 21 und des OVG Münster, U. v. 4.11.1970 - III A 434/68, ZBR 1971, 207, 210).

Darüber hinaus enthalte Art. 33 Abs. 4 nach seinem Sinn und Zweck auch eine qualitative Anforderung an die zugelassenen Ausnahmen. Die Möglichkeit von Ausnahmen sei demnach nur für Fälle zulässig, in denen der Sicherungszweck des Funktionsvorbehalts die Wahrnehmung der betreffenden hoheitlichen Aufgaben durch Berufsbeamte ausweislich bewährter Erfahrung nicht erfordere oder im Hinblick auf funktionelle Besonderheiten nicht in gleicher Weise wie im Regelfall angezeigt erscheinen ließen (BVerfGE 130, 76, juris Rn. 145).

Dies sei schon nach der Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG insbesondere für wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand der Fall; das Bundesverfassungsgericht erwähne in diesem Zusammenhang ausdrücklich staatliche und kommunale Einrichtungen der Daseinsvorsorge, zu denen vorliegend auch die Beklagte gehöre.

Zu Unrecht beanstandeten die Kläger ferner, dass die streitgegenständlichen Gebührenbescheide der Beklagten keine Unterschrift enthielten.

In den Gebührenbescheiden sei ausdrücklich am Ende der Hinweis aufgedruckt:

„Dieser Bescheid wurde mittels einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage erstellt und bedarf daher keiner Unterschrift.“

Damit habe die Beklagte von der Möglichkeit des Art. 37 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG Gebrauch gemacht. Danach könnten bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen werde, abweichend von Art. 37 Abs. 3 BayVwVfG Unterschrift und Namenswidergabe fehlen (vgl. BVerwGE 45, 189, 1995; BVerwG, NJW 1993, 1667).

Sofern die Kläger schließlich die den streitgegenständlichen Gebührenbescheiden beigefügten Rechtsbehelfsbelehrungen beanstandeten, könne dahinstehen, ob und inwieweit diese Einwände berechtigt seien. Denn sie führten allenfalls dazu, dass die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO zum Tragen komme. Für die Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheides selbst sei die Gestaltung der Rechtsbehelfsbelehrung hingegen nicht von Bedeutung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig.

Entgegen der Auffassung der Kläger wurden die Kanaleinleitungsgebühren und Niederschlagswassergebühren für die Anwesen ... und ... in ... zweifelsfrei durch Bescheide der Beklagten, mithin durch Verwaltungsakte im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i. V. m. § 118 AO festgesetzt.

Beide Schreiben vom 24. Januar 2014 tragen den Briefkopf der Beklagten, werden ausdrücklich als „Bescheid“ bezeichnet und sind mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Auf das den Bescheiden beigefügte erläuternde Begleitschreiben vom 24. Januar 2014 mit dem gemeinsamen Briefkopf der Beklagten und der Stadtwerke ... GmbH kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

Dass die Bescheide vom 24. Januar 2014 maschinell erstellt, deshalb nicht mit einer Unterschrift versehen sind (hierzu: Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i. V. m. § 119 Abs. 3 Satz 1 AO) und die Stadtwerke... GmbH in das Verwaltungsverfahren eingebunden wurden, ändert nichts am Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen des § 118 AO für einen Verwaltungsakt.

Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 23.8.2011 - 9 C 2/11, juris Rn. 9, ausführt, ist für das Vorliegen eines Verwaltungsakts in Abgrenzung von einem Nichtakt (Scheinverwaltungsakt) selbst dann, wenn die betreffende Maßnahme intern von einem Privaten getroffen worden sein sollte, die Maßnahme - wie vorliegend - jedoch eine Behörde als Entscheidungsträger ausweist, erforderlich, aber auch ausreichend, dass die nach außen in Erscheinung tretende Behörde (hier die Beklagte) das Tätigwerden des Privaten als Geschäftsbesorger veranlasst hat.

Letzteres ist unzweifelhaft der Fall, da die Beklagte und die Stadtwerke ... GmbH im Vertrag zur Betriebsführung des Kommunalunternehmens „Abwasserentsorgung ...“ durch die Stadtwerke ... GmbH vom 24. August 2012 vereinbart haben, dass die Beklagte bei der Abrechnung der Einleitungsgebühren von der Stadtwerke ... GmbH als Verwaltungshelfer unterstützt wird.

Die Klage ist nicht begründet.

Die Bescheide der Beklagten vom 24. Januar 2014 über die Festsetzung von Kanaleinleitungsgebühren und Niederschlagswassergebühren für die Anwesen ... und ... in ... sind nicht rechtswidrig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Die genannten Bescheide finden in Art. 8 Abs. 1 KAG in Verbindung mit den §§ 9 ff. der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Beklagten vom 7. Juli 2012, in Kraft getreten am 1. August 2012, ihre Rechtsgrundlage.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 KAG können Gemeinden, Landkreise und Bezirke für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen und ihres Eigentums Benutzungsgebühren erheben. Benutzungsgebühren sollen erhoben werden, wenn und soweit eine Einrichtung überwiegend dem Vorteil einzelner Personen oder Personengruppen dient, sofern nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungseinrichtungen.

Die Beklagte, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, betreibt auf der Grundlage des Art. 89 Abs. 2 Satz 1 GO i. V. m. § 2 Abs. 1 der Satzung der Stadt... für das Kommunalunternehmen „Abwasserentsorgung ...“ vom 28. Dezember 2004 seit dem 1. Januar 2005 eine derartige Einrichtung, an die die Grundstücke der Kläger angeschlossen sind (vgl. § 1 Abs. 1 der Entwässerungssatzung der Beklagten vom 29.11.2010).

Die Beklagte hat von der ihr durch § 2 Abs. 5 c) der Satzung der Stadt... für das Kommunalunternehmen „Abwasserentsorgung ...“ i. V. m. Art. 89 Abs. 2 Satz 3 GO eingeräumten Ermächtigung durch den Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzungen vom 7. Juli 2012 (BGS/EWS) Gebrauch gemacht.

Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzung und die materiellrechtliche Gültigkeit des Gebührenteils der Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Es kann rechtlich auch nicht beanstandet werden, dass in die Beklagte die Stadtwerke ... GmbH als Verwaltungshelfer in die Festsetzung der Abwassergebühren einbindet.

Ein Hoheitsträger kann sich unter bestimmten Voraussetzungen auch externer Hilfe bedienen und Dritte mit der Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben betrauen. So ist die Einschaltung eines privaten, unselbstständigen Verwaltungshelfers, zulässig. Eine Verwaltungshilfe muss sich auf einzelne vorbereitende oder unterstützende Hilfstätigkeiten beschränken. In Betracht kommen etwa technische Maßnahmen, die der Aufgabenträger selbst nicht durchführen kann (Messungen, Anfertigen von Luftbildern), oder Arbeitsprozesse, die mechanisch oder automatisiert ablaufen (beispielsweise der Druck und die Versendung von Schriftstücken; vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, RdNr. 768 zu § 6 m. w. N.; Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, Rn. 37 zu § 1 VwVfG; HessVGH, Urteil vom 17.3.2010 - 5 A 3242/09.Z; OVG Weimar, a. a. O.; OVG SH, Urteil vom 15.3.2006 - 2 LB 9/05, NordÖR 2006, 263 ff.; SächsOVG, Beschluss vom 22.11.2002 - 4 BS 341/02, SächsVBl. 2003, 65; VG Dresden, Urteil vom 16.2.2010 - 2 K 2069/07; VG Ansbach, Urteile vom 7.3.2012 - AN 1 K 11.02160 und vom 21.11.2006 - AN 1 K 06.00581; VG Leipzig, Urteil vom 12.1.1998 - 6 K 1284/96, LKV 1999, 241).

Die Beklagte hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und auf der Grundlage des Betriebsführungsvertrags vom 24. August 2012 vereinbart, dass die Stadtwerke ... die Beklagte bei der Abrechnung der Einleitungsgebühren als Verwaltungshelfer unterstützt.

Die oben genannten zulässigen Grenzen der Verwaltungshilfe werden nicht überschritten.

Der Stadtwerke ... GmbH obliegt die öffentliche Wasserversorgung im Hoheitsbereich der Beklagten, womit ihr auch die Daten des Frischwasserverbrauchs für die Gebührenpflichtigen vorliegen, welche wiederum Grundlage für Ermittlung der Abwassergebühr sind (§ 10 Abs. 2 a) BGS/EWS). Um eine einfache und kostengünstige Festsetzung der Abwassergebühren zu ermöglichen, ist es deshalb sinnvoll und rechtlich auch nicht zu beanstanden, auf die bereits bei den Stadtwerken vorhandenen Daten zurückzugreifen und die Stadtwerke ... GmbH als Verwaltungshelfer in das Verwaltungsverfahren zur Erstellung der Gebührenbescheide für die Benutzung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung der Beklagten einzubinden.

Nach den Darlegungen der Beklagten im Schriftsatz vom 26. August 2014, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, beschränkt sich die Tätigkeit der Stadtwerke ... GmbH als Verwaltungshelfer im Wesentlichen darauf, dass diese der Beklagten die für die Abrechnung der Gebühren erforderlichen elektronischen Systeme zur Verfügung stellt, dieser die Angaben über den Frischwasserverbrauch (als Grundlage für die Ermittlung der Schmutzwassergebühren) übermittelt und den drucktechnischen Versand der Bescheide übernimmt. Die Verantwortung für den Erlass und die inhaltliche Richtigkeit der Gebührenbescheide, insbesondere auch hinsichtlich der Ermittlung und Festsetzung der Niederschlagswassergebühren, verbleibt bei den Bediensteten der Beklagten, die in Räumen der Stadtwerke ... GmbH untergebracht sind und deshalb Zugriff auf die relevanten Daten für die Gebührenfestsetzung haben. Damit werden die zulässigen Grenzen der Einbindung der Stadtwerke ... GmbH in die hoheitliche Aufgabe der Beklagten zur Festsetzung der Abwassergebühren ersichtlich nicht überschritten.

Die Kläger können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, bei Erlass der streitgegenständlichen Gebührenbescheide sei gegen Art. 33 Abs. 4 GG verstoßen worden.

Nach dieser Bestimmung ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG begründet jedoch keine Individualrechte. Er enthält lediglich eine objektiv-rechtliche Verfassungsregelung. Diese dient nicht dem Schutz oder den Interessen des Einzelnen. Sie garantiert lediglich institutionell das Strukturprinzip, dass hoheitsrechtliche Befugnisse in der Regel durch Beamte wahrgenommen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.2.1988 - 2 BvR 1324/87 - NVwZ 1988, 523). Auch ein Anspruch des Einzelnen auf fehlerfreie Ausübung des Organisationsermessens lässt sich darauf nicht stützen (BVerwG, Urteil vom 26.10.2000 - 2 C 31/99, NVwZ-RR 2001, 253).

Unabhängig hiervon ermöglicht die in Art. 33 Abs. 4 GG enthaltene Einschränkung („in der Regel“) Ausnahmen und verbietet es nicht generell, auch Arbeitnehmer einzusetzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2.3.1993 - 1 BvR 1213/85, BVerfGE 88, 103).

Das damit vorgegebene Regel-Ausnahme-Verhältnis hat zunächst eine quantitative Dimension. Von der Ausnahmemöglichkeit darf kein Gebrauch gemacht werden, der dazu führt, dass der vorgesehene Regelfall faktisch zum zahlenmäßigen Ausnahmefall wird. Eine gegenteilige Auslegung ginge am Zweck des Art. 33 Abs. 4 GG vorbei, dem Berufsbeamtentum einen Mindesteinsatzbereich institutionell zu sichern. Die Bestimmungskraft der Regelvorgabe in ihrer rein quantitativen Dimension ist allerdings begrenzt, denn für den erforderlichen zahlenmäßigen Vergleich lässt sich ein Bezugsrahmen unterhalb der Ebene der staatlichen Einheit (Bund oder Land), deren Aufgabenwahrnehmung hier in den Blick genommen wird, kaum willkürfrei identifizieren (BVerfG, Urteil vom 18.1.2012 - 2 BvR 133/10, BVerfGE 130, 76).

Die „Regel“-Vorgabe erschöpft sich denn auch nicht in ihrer quantitativen Bedeutung. Vielmehr beinhaltet sie ausweislich der Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG und nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift darüber hinaus eine qualitative Anforderung an die zugelassenen Ausnahmen. In den Diskussionen des Parlamentarischen Rates wurden als Beispiele, für die die Ausnahmemöglichkeit Spielraum eröffnen sollte, vor allem Bereiche genannt, die, sofern überhaupt als hoheitlich eingeordnet, jedenfalls als nicht primär hoheitlich geprägt erachtet wurden, wie wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand, einschließlich staatlicher und kommunaler Einrichtungen der Daseinsvorsorge, und das Gebiet der Fürsorge; auch der weithin übliche Einsatz von Ehrenbeamten anstelle von Berufsbeamten sollte möglich bleiben (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.1.2012 - 2 BvR 133/10, a. a. O.; Masing, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 33 Rn. 13, 14; Remmert, Private Dienstleistungen in staatlichen Verwaltungsverfahren, 2003, S. 405 ff.). Die Möglichkeit von Ausnahmen ist demnach nicht zu einem innerhalb gewisser quantitativer Grenzen beliebigen Gebrauch eingeräumt worden, sondern für Fälle, in denen der Sicherungszweck des Funktionsvorbehalts die Wahrnehmung der betreffenden hoheitlichen Aufgaben durch Berufsbeamte ausweislich bewährter Erfahrung nicht erfordert oder im Hinblick auf funktionelle Besonderheiten nicht in gleicher Weise wie im Regelfall angezeigt erscheinen lässt.

Bei der Festsetzung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen handelt es sich um typische Massenvorgänge, die weitgehend automatisiert abgewickelt werden können - selbst soweit es die Erstellung der Bescheide betrifft (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i. V. m. § 119 Abs. 3 Satz 1 AO) - und im Hinblick auf die damit verbundenen funktionellen Besonderheiten nicht zwingend (ausschließlich) Beamten zur Erledigung zugewiesen werden müssen.

Es ist deshalb auch nicht entscheidungserheblich, ob die Beklagte Dienstherr eines Beamten ist und dieser bei der Festsetzung der Abwassergebühren verantwortlich eingebunden wurde.

Rügen, die die inhaltliche Richtigkeit, insbesondere die Berechnungsgrundlagen der angefochtenen Gebührenbescheide betreffen, wurden nicht erhoben. Solche sind auch nicht ersichtlich.

Die Klage war deshalb abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

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(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden 1. des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,2. der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sons

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(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein

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Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 76 Beteiligung anerkannter Träger der freien Jugendhilfe an der Wahrnehmung anderer Aufgaben


(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe können anerkannte Träger der freien Jugendhilfe an der Durchführung ihrer Aufgaben nach den §§ 42, 42a, 43, 50 bis 52a und 53a beteiligen oder ihnen diese Aufgaben zur Ausführung übertragen. (2) Die Trä

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 23. Aug. 2011 - 9 C 2/11

bei uns veröffentlicht am 23.08.2011

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen einen Wasser- und Abwassergebührenbescheid. 2

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(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe können anerkannte Träger der freien Jugendhilfe an der Durchführung ihrer Aufgaben nach den §§ 42, 42a, 43, 50 bis 52a und 53a beteiligen oder ihnen diese Aufgaben zur Ausführung übertragen.

(2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe bleiben für die Erfüllung der Aufgaben verantwortlich.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Wasser- und Abwassergebührenbescheid.

2

Er wurde mit Bescheid vom 28. Februar 2006, der mit Hilfe einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage erstellt wurde, keine Unterschrift trägt und im Briefkopf und der Grußformel den beklagten Zweckverband als erlassende Behörde ausweist, für sein Grundstück in T. zu Wasser- und Abwassergebühren in Höhe von 607,12 € herangezogen. Auf seinen Widerspruch hin teilte der Beklagte unter dem 23. Juni 2006 mit, dass nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage dem Widerspruch nicht abgeholfen werden könne und dieser zuständigkeitshalber an das Landratsamt G. als Widerspruchsbehörde abzugeben sei. Das Landratsamt G. wies den Widerspruch zurück. Das Verwaltungsgericht hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

4

Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil er zwar formal den Zweckverband als erlassende Behörde ausweise, aber inhaltlich von dem privatrechtlich organisierten Geschäftsbesorger des Beklagten, der S. GmbH, erlassen worden sei. Die S. GmbH habe nahezu lückenlos alle Aufgabenbereiche des Beklagten, der über kein eigenes Personal verfüge, übernommen und eigenständig bearbeitet. Da sie im Außenverhältnis nicht als selbständig handelnder Hoheitsträger in Erscheinung getreten sei, sei sie jedoch nicht als Beliehene tätig geworden. Eine Beleihung wäre zudem unzulässig gewesen, weil die Aufgabe der Abwasserbeseitigung nach dem Thüringer Wassergesetz nur auf Körperschaften des öffentlichen Rechts übertragen werden könne. Auch für ein Mandat fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Eine Verwaltungshilfe scheide ebenfalls aus, da der Geschäftsbesorger nicht nur einzelne Hilfstätigkeiten, sondern die gesamte öffentliche Aufgabe übernommen habe. In der Mitteilung des Beklagten über die Abgabe des Widerspruchs an die Widerspruchsbehörde liege keine eigenständige Einzelfallregelung des Abgabenschuldverhältnisses. Der Erlass des Widerspruchsbescheids führe zu keiner anderen Beurteilung. Dieser könne zwar grundsätzlich gestaltbildend auf den Ausgangsbescheid einwirken. Es fehle aber schon an einer von der Ausgangsbehörde selbst getroffenen Regelung, die hätte bestätigt oder umgestaltet werden können. Im Widerspruchsbescheid erstmals einen Verwaltungsakt zu sehen, scheide auch deshalb aus, weil es sich bei der Erhebung von Wasser- und Abwassergebühren um eine Selbstverwaltungsangelegenheit handele, bei der die Aufsichtsbehörde auf die bloße Rechtsaufsicht beschränkt sei. Der Rechtsfehler, dass der Bescheid nicht durch den Beklagten erlassen worden sei, könne nicht durch Umdeutung ausgeräumt werden.

5

Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte im Wesentlichen, die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Bescheid sei entgegen dem äußeren Anschein inhaltlich nicht von dem Beklagten erlassen worden, verkenne die bundesrechtlichen Voraussetzungen des Vorliegens und der Wirksamkeit eines (Abgaben-)Verwaltungsakts. Durch die Nichtabhilfeentscheidung des Beklagten, jedenfalls aber durch die Zurückweisung des Widerspruchs durch die Widerspruchsbehörde sei eine etwa fehlende Regelung der Ausgangsbehörde ersetzt worden.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2009 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 8. Mai 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

9

1. Das Oberverwaltungsgericht hat, indem es davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem angefochtenen Gebührenbescheid um einen Verwaltungsakt handelt, den Verwaltungsaktsbegriff, der als Begriff des Prozessrechts der Verwaltungsgerichtsordnung (§§ 42, 68, 70, 75, 79 VwGO) auch dem Bundesrecht angehört (Urteil vom 12. Januar 1973 - BVerwG 7 C 3.71 - BVerwGE 41, 305 <306>), nicht verkannt. Bei dem Gebührenbescheid handelt es sich um eine auf unmittelbare Außenwirkung gerichtete Entscheidung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts im Sinne des bundesrechtlichen Verwaltungsaktsbegriffs, wie er in § 35 Satz 1 VwVfG definiert ist. Sein Erlass ist auch dem Beklagten und damit einer Behörde im Sinne des Verwaltungsaktsbegriffs (vgl. § 1 Abs. 4 VwVfG) zuzurechnen. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Beklagte den für ihn tätig gewordenen privatrechtlich organisierten Geschäftsbesorger vertraglich ausdrücklich ermächtigt, Veranlagungen zu Gebühren und Beiträgen durchzuführen und Gebühren- und Beitragsbescheide zu erstellen und zu versenden. Anders als in dem von der Revision zitierten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 2006 - BVerwG 10 B 38.06 - (juris Rn. 6) ist hier die Mitwirkung des Privaten nach außen nicht erkennbar geworden, sondern allein im internen Bereich geblieben. Als Entscheidungsträger ist nach außen nicht der Geschäftsbesorger, sondern ausschließlich der Beklagte aufgetreten. Der angefochtene Bescheid hat daher nicht den Charakter einer allein von einer Privatperson getroffenen Maßnahme. Dass der Beklagte den Inhalt des Gebührenbescheids nicht kannte und ihn vor seinem Erlass nicht auf seine Richtigkeit hin überprüfen konnte, führt zu keiner anderen Beurteilung der Verwaltungsaktsqualität. Erforderlich, aber auch genügend für die Annahme eines Verwaltungsakts in Abgrenzung von einem Nichtakt (Scheinverwaltungsakt) ist dann, wenn die betreffende Maßnahme eine Behörde als Entscheidungsträger ausweist, intern jedoch ein Privater sie getroffen hat, dass die nach außen in Erscheinung tretende Behörde das Tätigwerden des Privaten als Geschäftsbesorger veranlasst hat, der Geschäftsbesorger also mit ihrem Wissen und Wollen tätig geworden ist. Hiervon kann nur gesprochen werden, wenn die von dem Geschäftsbesorger durchzuführende Tätigkeit ihrer Art und ihrem Umfang nach so hinreichend genau bestimmt ist, dass ohne Weiteres feststellbar ist, ob er sich im Rahmen der ihm übertragenen Tätigkeit gehalten hat. Dies war hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts der Fall. Durch den Geschäftsbesorgungsvertrag und die von ihm erlassenen satzungsrechtlichen Regelungen hat der Beklagte die Grundlagen für das Tätigwerden des Geschäftsbesorgers geschaffen und gleichzeitig den Umfang der Aufgabenwahrnehmung im Einzelnen festgelegt. Innerhalb dieses Rahmens hat sich der Geschäftsbesorger bewegt, so dass sein Tätigwerden dem beklagten Zweckverband als eigenes Handeln zuzurechnen ist.

10

Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Bescheid sei inhaltlich von dem privaten Geschäftsbesorger erlassen worden, steht nicht im Widerspruch zur Qualifizierung des Gebührenbescheids als Verwaltungsakt und ist nicht willkürlich. Widersprüchlich und willkürlich wäre das Berufungsurteil nur dann, wenn die Formulierung, der Bescheid sei formal dem Beklagten zuzurechnen, inhaltlich aber nicht von ihm, sondern dem Geschäftsbesorger erlassen worden, so verstanden werden müsste, dass es nach Auffassung des Berufungsgerichts schon an einer dem Beklagten zurechenbaren Entscheidung, die die Begriffsmerkmale eines Verwaltungsakts erfüllt, fehlt. Das ist indes nicht der Fall.

11

Das Oberverwaltungsgericht prüft und bejaht in dem angegriffenen Urteil zunächst die Zuständigkeit des Beklagten zum Erlass von Wasser- und Abwassergebührenbescheiden und stellt dann fest, dass der Beklagte nach der auch im öffentlichen Recht anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB dem objektiven Erklärungswert des angegriffenen Bescheids nach formal als diejenige Körperschaft anzusehen sei, die den Bescheid erlassen habe. Damit geht es der Sache nach davon aus, dass es sich bei dem Gebührenbescheid um eine dem Beklagten zurechenbare Einzelfallregelung im Sinne des bundesrechtlichen Verwaltungsaktsbegriffs handelt. Mit der dann folgenden Gegenüberstellung von formaler Zurechnung und inhaltlichem Erlass des Bescheids stellt das Oberverwaltungsgericht entgegen der Auffassung der Revision nicht das Vorliegen eines Verwaltungsakts wieder in Frage. Mit dieser Gegenüberstellung will das Oberverwaltungsgericht vielmehr deutlich machen, dass mit der Feststellung der Verwaltungsaktsqualität des Bescheids aufgrund der Zurechenbarkeit zum Beklagten nicht schon über dessen Rechtmäßigkeit entschieden ist. Dies lässt einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen. Von der Prüfung der Handlungsform, also vorliegend der Frage, ob überhaupt ein im Wege der Anfechtungsklage angreifbarer Verwaltungsakt vorliegt, ist die Prüfung der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns zu unterscheiden. Die Rechtmäßigkeitskontrolle behördlichen Handelns setzt voraus, dass die gewählte Handlungsform bestimmt ist. Aus der Unterscheidung zwischen der Bestimmung der Handlungsform und der Rechtmäßigkeitsprüfung der Handlung folgt, dass dann, wenn eine behördliche Handlung die Begriffsmerkmale des Verwaltungsaktsbegriffs erfüllt, Verstöße gegen Vorschriften des Verfahrens- und des sachlichen Rechts und selbst besonders schwere Fehler, die den Verwaltungsakt nichtig machen und zu seiner Unwirksamkeit führen (vgl. §§ 44, 43 Abs. 3 VwVfG), nichts daran ändern, dass begrifflich ein - wenn auch rechtswidriger oder nichtiger - Verwaltungsakt vorliegt.

12

2. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht gegen Bundesrecht verstoßen, indem es in Auslegung und Anwendung von Thüringer Landesrecht zu dem Ergebnis gekommen ist, eine gesetzliche Ermächtigung für die Aufgabenwahrnehmung durch den privaten Geschäftsbesorger habe nicht existiert und der Beklagte habe gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft und die sich daraus ergebende Pflicht verstoßen, das zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Ganges der Geschäfte erforderliche Personal einzustellen.

13

Der vom Beklagten hierin gesehene Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG scheidet schon deswegen aus, weil der Beklagte keine Gemeinde ist. Er ist aber auch kein Gemeindeverband im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG. Gemeindeverbände sind kommunale Zusammenschlüsse, die entweder zur Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben gebildete Gebietskörperschaften sind oder denen Selbstverwaltungsaufgaben obliegen, die nach Gewicht und Umfang denen der Gemeinden vergleichbar sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Juli 1979 - 2 BvK 1/78 - BVerfGE 52, 95 <112>). Der Beklagte ist dagegen als Zweckverband auf den Zweck der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung beschränkt (ebenso ThürVerfGH, Urteil vom 23. April 2009 - VerfGH 32.05 - ThürVBl 2009, 197 <198>).

14

Selbst wenn mit dem Beklagten eine mittelbare Schutzwirkung des Art. 28 Abs. 2 GG zugunsten gemeindlicher Zweckverbände anzunehmen wäre, würde es nicht zu dem in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden gewährleisteten Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln, und dem nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG den Gemeindeverbänden im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs zustehenden Recht auf Selbstverwaltung gehören, die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung einer privatrechtlichen Gesellschaft zu überlassen. Zu der in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG enthaltenen Befugnis der eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte gehört auch die Organisationshoheit (Urteil vom 6. April 2005 - BVerwG 8 CN 1.04 - BVerwGE 123, 159 <162> m.w.N.). In eingeschränktem Umfang gilt dies auch für die Gemeindeverbände nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 2 BvR 2433, 2434/04 - BVerfGE 119, 331 <352 f.>). Die Organisationshoheit umfasst die Befugnis der Gemeinde, sich dafür zu entscheiden, eine bestimmte Aufgabe eigenständig oder gemeinsam mit anderen Verwaltungsträgern wahrzunehmen. Hieraus folgt jedoch kein Recht der Gemeinde, Verwaltungstätigkeiten ohne gesetzliche Ermächtigung auf Private zu übertragen. Der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit, der die Gemeinde verpflichtet, ihre Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen (BVerfG, Urteil vom 20. Dezember 2007 a.a.O. S. 367, 372 f.), steht einem so weitgehenden Verständnis der Organisationsfreiheit entgegen. Im Übrigen würde, selbst wenn die Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage für eine Privatisierung von Verwaltungstätigkeiten den Garantiegehalt der kommunalen Selbstverwaltung berührte, nichts für einen Eingriff in den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie für Gemeinden und Gemeindeverbände durch eine Beschränkung der Einschaltung privater Dritter bei der Erledigung von Selbstverwaltungsangelegenheiten sprechen (hierzu BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 1994 - 2 BvR 445/91 - BVerfGE 91, 228 <238> m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 6. April 2005 a.a.O.).

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3. Ein Bundesrechtsverstoß liegt auch nicht darin begründet, dass das Berufungsgericht der Nichtabhilfeentscheidung und der Abgabenachricht des Beklagten vom 23. Juni 2006 nicht die Bedeutung einer eigenständigen Einzelfallregelung beigemessen hat.

16

Bundesrecht ist insoweit berührt, als das Abhilfeverfahren in §§ 72, 73 Abs. 1 Satz 1 VwGO geregelt ist. Insoweit wird das Verfahren bundesrechtlich bestimmt. Ausdrücklich geregelt ist in § 72 VwGO nur die Abhilfeentscheidung. Mit ihr ändert die Ausgangsbehörde den angefochtenen Verwaltungsakt ganz oder teilweise ab und gestaltet damit das Verwaltungsrechtsverhältnis. Der Abhilfebescheid ist selbst Verwaltungsakt (vgl. statt vieler Geis, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 72 Rn. 14). Hält die Ausgangsbehörde den Widerspruch dagegen für nicht zulässig oder nicht begründet, so ist sie zur Vorlage des Widerspruchs an die Widerspruchsbehörde verpflichtet. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 4. Februar 2011 - BVerwG 9 B 55.10 - (juris Rn. 10), mit dem er die Nichtzulassungsbeschwerde in einem weiteren Klageverfahren gegen den Beklagten zurückgewiesen hat, ausgeführt, dass die in § 72 VwGO nicht vorgeschriebene Abgabenachricht eine unselbständige Verfahrenshandlung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens und keine Regelung im Sinne des Verwaltungsaktsbegriffs (des Bundesrechts) darstellt. Daran hält er fest. Dafür, ob ein Verwaltungsakt vorliegt, ist ausschlaggebend, ob die Behörde nach dem objektiven Sinngehalt ihrer Entscheidung, d.h. wie sie der Empfänger bei objektiver Würdigung aller Umstände verstehen konnte, Rechte des Betroffenen im Sinne des Verwaltungsaktsbegriffs "regelt", d.h. begründet, ändert, aufhebt oder verbindlich feststellt oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte verbindlich ablehnt (Urteil vom 3. November 1988 - BVerwG 7 C 115.86 - BVerwGE 80, 355 <364>). Die Abgabenachricht enthält keine solche verbindliche Ablehnung. Sie erschöpft sich vielmehr in der Mitteilung der Ausgangsbehörde, auch unter Berücksichtigung des Widerspruchsvorbringens an ihrer Beurteilung der Recht- und Zweckmäßigkeit des Ausgangsbescheids festzuhalten und den Widerspruch deshalb der Widerspruchsbehörde zur abschließenden Entscheidung weiterleiten zu wollen.

17

Die an den Kläger gerichtete Nichtabhilfemitteilung vom 23. Juni 2006 hat keinen darüber hinausreichenden rechtlichen Gehalt. Der äußere Aufbau des Schreibens weist zwar mit seiner Unterscheidung in einen "Tenor" und eine Begründung Ähnlichkeiten mit einem Verwaltungsakt auf. Es fehlt aber an einer Einzelfallregelung. Der "Tenor" zu I beschränkt sich im Gegensatz zu dem "Tenor" zu II, mit dem der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO ausdrücklich abgelehnt wird, auf die ausdrücklich als solche bezeichnete Mitteilung, dass dem Widerspruch nach eingehender Prüfung nicht abgeholfen werden könne. Der fehlende Regelungscharakter des Schreibens wird durch den Hinweis in der Begründung unterstrichen, der Widerspruch sei "zuständigkeitshalber" an das Landratsamt G. abzugeben, wegen der Kostenpflichtigkeit des Widerspruchsverfahrens werde mit der Abgabe aber noch einen Monat gewartet.

18

4. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Erlass des Widerspruchsbescheids führe zu keiner anderen Beurteilung der Rechtswidrigkeit des angegriffenen Gebührenbescheids, verletzt Bundesrecht im Ergebnis ebenfalls nicht.

19

Die Begründung des Berufungsurteils, dass es an einer von der Ausgangsbehörde selbst getroffenen Regelung fehle, die bestätigt oder umgestaltet werden könnte, steht allerdings mit § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht in Einklang (a). Dagegen ist die weitere Begründung, der Erlass des Widerspruchsbescheids führe auch deshalb zu keiner anderen Beurteilung, weil es sich bei der Erhebung von Wasser- und Abwassergebühren um eine Selbstverwaltungsangelegenheit handele, bei der die Aufsichtsbehörde auf die bloße Rechtsaufsicht beschränkt sei, bundesrechtlich nicht zu beanstanden (b).

20

a) Das in §§ 68 ff. VwGO normierte Widerspruchsverfahren ist unbeschadet seiner Eigenschaft als Sachurteilsvoraussetzung für die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage (§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO) Verwaltungsverfahren im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts. Das Ausgangsverfahren bildet mit dem Widerspruchsverfahren eine Einheit und wird erst mit einem etwaigen Widerspruchsbescheid abgeschlossen (Urteile vom 18. April 1986 - BVerwG 8 C 81.83 - Buchholz 316 § 3 VwVfG Nr. 2 S. 3 und vom 1. Dezember 1989 - BVerwG 8 C 14.88 - BVerwGE 84, 178 <181>). Auch im gerichtlichen Verfahren setzt sich die Einheit fort, wie § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zeigt. Der Widerspruchsbehörde kommt im Überprüfungsverfahren eine umfassende Kontrollbefugnis zu. Sie besitzt grundsätzlich die gleiche Entscheidungsbefugnis wie die Erstbehörde. Sie ist zur Änderung, Aufhebung und Ersetzung des Ausgangsbescheids einschließlich seiner Begründung und Ermessenserwägungen befugt (vgl. Urteile vom 1. Dezember 1978 - BVerwG 7 C 68.77 - BVerwGE 57, 130 <145> und vom 11. Februar 1999 - BVerwG 2 C 28.98 - BVerwGE 108, 274 <280>). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt eine Gestaltänderung im Sinne des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auch dann vor, wenn ursprünglich kein Verwaltungsakt existierte und der Widerspruchsbescheid aus einer (schlichten) Willenserklärung einen Verwaltungsakt macht (Urteile vom 12. Januar 1973 - BVerwG 7 C 3.71 - BVerwGE 41, 305 <307 f.>, vom 6. Dezember 1978 - BVerwG 8 C 24.78 - BVerwGE 57, 158 <161>, vom 21. November 1980 - BVerwG 7 C 18.79 - BVerwGE 61, 164 <168> und vom 26. Juni 1987 - BVerwG 8 C 21.86 - BVerwGE 78, 3 <5>; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 79 Rn. 1; Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 79 Rn. 2; kritisch dagegen Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 79 Rn. 24; Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2010, § 79 Rn. 3; Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 79 Rn. 11 - jeweils m.w.N.). Hieran gemessen steht der Umstand, dass der Beklagte die Prüfung der Gebührenforderung und die Erstellung der Bescheide dem privaten Geschäftsbesorger übertragen hat, einer Gestaltung des Ausgangsbescheids nicht entgegen. Wenn selbst eine Willenserklärung ohne Verwaltungsaktsqualität durch einen Widerspruchsbescheid in einen Verwaltungsakt umgestaltet werden kann, muss es erst recht möglich sein, einen bloß formal der Behörde zurechenbaren Verwaltungsakt durch Nachholen einer materiellen, behördlich verantworteten Regelung zu gestalten. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts verletzt mithin Bundesrecht.

21

b) Die grundsätzliche Zulässigkeit einer Gestaltänderung des bloß formalen Verwaltungsakts durch die Widerspruchsbehörde schließt allerdings Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit der Widerspruchsbehörde durch Bundes- oder Landesrecht nicht aus. § 68 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 VwGO ermächtigt den Landesgesetzgeber, die in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgeschriebene Nachprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts in einem Vorverfahren auszuschließen. Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO ist der Landesgesetzgeber zudem befugt, von der dort normierten Zuständigkeit der Selbstverwaltungsbehörde für den Erlass des Widerspruchsbescheids in Selbstverwaltungsangelegenheiten durch eine andere Zuständigkeitsbestimmung abzuweichen. Von diesen Ermächtigungen hat der Thüringer Landesgesetzgeber durch die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen landesrechtlichen Vorschriften (§ 2 Abs. 2, § 117 Abs. 1 ThürKO, § 43 Abs. 1 Satz 2, § 46 Nr. 1 ThürKGG) Gebrauch gemacht, indem er bei Widersprüchen gegen den Verwaltungsakt eines Zweckverbandes in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises grundsätzlich der staatlichen Aufsichtsbehörde die Zuständigkeit zum Erlass von Widerspruchsbescheiden übertragen, sie aber dabei auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit beschränkt hat. In für das Revisionsgericht verbindlicher Auslegung dieser landesrechtlichen Vorschriften hat das Berufungsgericht angenommen, dass das Überprüfungsrecht und die Entscheidungskompetenz der durch § 46 Nr. 1 ThürKGG zum Erlass des Widerspruchsbescheids berufenen Aufsichtsbehörde auf die ihr als solche zukommenden Befugnisse beschränkt ist. Dazu gehöre nicht die Befugnis zu einer eigenen Sachentscheidung (vgl. auch zur reformatio in peius OVG Weimar, Urteil vom 21. Juli 2010 - 4 KO 173/08 - LKV 2011, 92 <95>). Diese Auffassung des Berufungsgerichts steht nicht im Widerspruch zu Bundesrecht.

22

§ 68 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 VwGO ermöglicht dem Landesgesetzgeber nicht nur den gänzlichen Ausschluss des Widerspruchsverfahrens, sondern auch eine Beschränkung der Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Widerspruchsbehörde (BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 - BVerfGE 84, 34 <48>; BVerwG, Urteil vom 20. Juli 1984 - BVerwG 7 C 28.83 - BVerwGE 70, 4 <9 f.>; Beschluss vom 5. Mai 1988 - BVerwG 7 B 76.88 - NJW 1988, 2632; ebenso Geis, in: Sodan/Ziekow a.a.O. § 68 Rn. 185; Dolde/Porsch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner a.a.O. § 68 Rn. 11; Rennert, in: Eyermann a.a.O. § 68 Rn. 15; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 18; Kopp/Schenke a.a.O. § 68 Rn. 18). Ob der Widerspruchsbehörde eine erstmalige materielle Regelung des Rechtsverhältnisses zu Lasten des Widerspruchsführers aufgrund einer Einschränkung ihrer grundsätzlich umfassenden Kontroll- und Ersetzungsbefugnis verwehrt ist, richtet sich nach dem jeweils einschlägigen Landesrecht einschließlich seiner Zuständigkeitsvorschriften (vgl. Urteil vom 29. August 1986 - BVerwG 7 C 51.84 - Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 83 S. 55 zur reformatio in peius).

23

Die Annahme einer Einschränkung der Entscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde steht auch nicht im Widerspruch zur Aussage des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 26. Juni 1987 - BVerwG 8 C 21.86 - (BVerwGE 78, 3 <5 f.>), dass die sich aus § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ergebende Möglichkeit zu einer Gestaltänderung durch die Widerspruchsbehörde keine Rücksicht darauf nehme, ob die Widerspruchsbehörde rechtmäßig gehandelt habe. Diese Aussage ist im Zusammenhang mit der prozessualen Ausgangssituation des damaligen Falles zu sehen, die dadurch gekennzeichnet war, dass die Klägerin eine ihrem objektiven Erklärungsinhalt nach missverständliche Willensäußerung der Verwaltung erhalten hatte und ihre hiergegen gerichtete Anfechtungsklage daher nicht zuletzt im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) als zulässig angesehen werden musste. Nur vor dem Hintergrund, dass es nicht zu Lasten des Bescheidempfängers gehen dürfe, wenn er Anfechtungsklage erhebe und sich damit so verhalte, "wie sich zu verhalten ihm der Widerspruchsbescheid - bei objektiver Würdigung - nahegelegt hat" (Urteil vom 26. Juni 1987 a.a.O. S. 5), ist die Formulierung zu verstehen, dass die Frage, ob die Widerspruchsbehörde so handeln durfte, wie sie gehandelt hat, keine Rolle spiele. Eine vergleichbare Konstellation, bei der die Schutzwürdigkeit der Erstbehörde vor Eingriffen in ihre Rechte durch die Widerspruchsbehörde abzuwägen wäre mit der prozessualen Schutzwürdigkeit des Betroffenen, liegt im Fall des Klägers nicht vor. Hinzu kommt ein weiterer Unterschied, der eine Übertragung der Aussagen des Urteils vom 26. Juni 1987 auf den vorliegenden Fall ausschließt. Im damaligen Fall lag mit der in einen Bescheid umgestalteten Rechnung materiell eine Sachentscheidung über die Wasseranschlusskosten durch die für den Bescheiderlass sachlich zuständige Ausgangsbehörde vor; hieran fehlt es im vorliegenden Fall aufgrund der umfassenden Aufgabenübertragung auf den privaten Geschäftsbesorger. Die Widerspruchsbehörde hätte mithin mit einer Umgestaltung des Ausgangsverwaltungsakts erstmals eine materiell behördlich verantwortete Entscheidung getroffen, wozu sie nach der irrevisiblen Auslegung des Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht nicht zuständig gewesen wäre.

24

5. Ein Bundesrechtsverstoß liegt auch nicht in der Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der angegriffene Gebührenbescheid sei einer Umdeutung nicht zugänglich. Das Oberverwaltungsgericht ist zu diesem Ergebnis in Auslegung der Vorschriften des Thüringer Landesrechts (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ThürKAG i.V.m. §§ 125, 128 AO) und damit irrevisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) gekommen. Das Revisionsgericht ist daher auf eine Überprüfung darauf beschränkt, ob der durch die Auslegung ermittelte Inhalt der nicht revisiblen Normen mit Bundesrecht, insbesondere mit den Grundrechten und den bundesverfassungsrechtlichen Grundsätzen vereinbar ist (vgl. Urteil vom 12. Februar 1998 - BVerwG 3 C 55.96 - BVerwGE 106, 177 <180>). Das ist hier der Fall. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Grundsätze der Umdeutung nach § 47 VwVfG verkannt, erschöpft sich in der Kritik der Auslegung des Thüringer Landesrechts durch das Berufungsgericht, ohne darzutun, inwiefern Bundesrecht einer solchen Auslegung entgegensteht. Gleiches gilt für die Kritik an der Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Erklärung des Beklagten, er mache sich "den Bescheid seinem Inhalt nach vollumfänglich zu eigen", sei nicht ausreichend, um den Mangel des Ausgangsbescheids zu heilen. Das Berufungsurteil verweist insoweit zutreffend auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1970 - BVerwG 7 C 10.70 - (BVerwGE 35, 334 <343>), wonach die Zustimmung der zuständigen Behörde zu einer von einem Privaten getroffenen Maßnahme nicht ausreicht, um die fehlende hoheitliche Anordnung zu ersetzen.

25

6. Die Verfahrensrügen haben ebenfalls keinen Erfolg.

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Weder hat das Berufungsgericht gegen den Überzeugungsgrundsatz verstoßen noch hat es seine Aufklärungspflicht verletzt. Als aktenwidrig rügt die Revision die Feststellung des Berufungsgerichts, eine eigenständige Einzelfallregelung sei dem Schreiben des Beklagten vom 23. Juni 2006 nicht zu entnehmen. Diese Rüge greift nicht durch. Ihr Erfolg setzt voraus, dass ein zweifelsfreier, also offensichtlicher Widerspruch zwischen den Feststellungen der Vorinstanz und dem Akteninhalt besteht (stRspr; Beschluss vom 19. November 1997 - BVerwG 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 m.w.N.). Ein solcher Widerspruch liegt, wie sich aus den Ausführungen oben unter 3. ergibt, nicht vor. Die Rüge einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) kann schon deswegen nicht durchgreifen, weil es darauf, ob die im Schreiben vom 23. Juni 2006 behauptete eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage durch die dort angegebene Bearbeiterin stattgefunden hat, nach der maßgeblichen und revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Schreibens durch das Oberverwaltungsgericht nicht ankam.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.