Verwaltungsgericht Aachen Anerkenntnisurteil, 03. Dez. 2013 - 2 K 2258/12
Tenor
Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 23. August 2012 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet
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T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin ist Trägerin der Pflegeeinrichtung C. C1. in O. und wendet sich gegen die Ablehnung der beantragten Abstimmungsbescheinigung nach § 1 Abs.1 Satz 3 der Verordnung über die allgemeinen Grundsätze der Förderung von Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (AllgFörderPflegeVO) für ihre Pflegeinrichtung.
3Die Klägerin stellte am 30. Juni 2008 einen Antrag auf Abstimmung des Raumprogramms gemäß § 1 Abs. 1 AllgFörderPflegeVO und Ausstellung einer Abstimmungsbescheinigung zum Nachweis über die vor dem 1. Juli 2008 beantragte Abstimmung. Es bestehe die Absicht, die 152 Plätze umfassende Pflegeeinrichtung C. C1. den baulichen Erfordernissen des § 9 Abs. 2 des Landespflegegesetzes (PfG NRW) anzupassen. Zugleich bat die Klägerin um Mitteilung der erforderlichen Unterlagen.
4Hintergrund für diesen Antrag war eine zum 30. April 2008 in Kraft getretene Änderung der Verordnung über die gesonderte Berechnung nicht geförderter Investitionsaufwendungen für Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (- GesBerVO ‑ , Änderungsverordnung vom 21. April 2008, GV NRW S. 369), die u.a. die Berechnungsgrundlagen für die den Pflegebedürftigen nach § 13 PfG NRW gesondert berechnungsfähigen Investitionsaufwendungen änderte und mit der zugleich in § 6 folgender Satz 3 eingefügt wurde:
5„ Die Verordnung .....(GesBerVO) in der Fassung von 16. Dezember 2004 findet für die Einrichtungen weiter Anwendung, die vor dem 1. Juli 2008 einen Antrag auf Abstimmung des Raumprogramms bei der zuständigen Behörde nach § 1 AllgFörderPflegeVO gestellt haben.“
6Der Beklagte informierte im Juni 2008 mit einem Rundschreiben die Träger bzw. Betreiber der Pflegeeinrichtungen in seinem Zuständigkeitsbereich über die Änderungsverordnung und die genannte Antragsfrist.
7Ausweislich des Verwaltungsvorgangs sandte das Sozialamt des Beklagten unter dem 3. Juli 2008 eine Bestätigung an die Klägerin über den fristgerechten Eingang des Antrags ab und bat vor Eintritt in die Realisierung der Maßnahme um Kontaktaufnahme zur Absprache der weiteren Vorgehensweise. Der Beklagte wies zugleich darauf hin, dass die Maßnahmen zielgerichtet bis 2018 die baulichen Voraussetzungen des Landespflegegesetzes nebst Verordnung erfüllen müssen, und gab an, als Anlage Hinweise für das Verfahren und einzureichende Unterlagen bei Umbau-, Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen sowie bei Neubaumaßnahmen beizufügen.
8In der Folgezeit informierte das Bauordnungsamt des Beklagten die Klägerin im Mai 2010 und im März 2012 über die Fördervoraussetzungen für den Umbau von bestehenden vollstationären Pflegeeinrichtungen i.S. des Landespflegegesetzes bzw. über das Wohnraumförderungsprogramm 2012.
9Im Mai 2012 erstellte der Beklagte (Amt für Chancengleichheit, Familie und Senioren) intern eine Übersicht über den Stand der noch offenen bzw. laufenden und bereits abgeschlossenen Anträge bzw. Verfahren auf Erteilung einer Abstimmungsbescheinigung. Danach lagen noch zehn formlose Anträge von Pflegeeinrichtungen – darunter auch derjenige der Klägerin - vor, die vor dem 1. Juli 2008 gestellt, aber noch nicht durch Pläne konkretisiert waren. Mit Schreiben vom 9. Mai 2012 teilte der Beklagte der Klägerin seine Absicht mit, den formlosen Antrag vom 27. Juni 2008 abzulehnen, da keine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Erteilung einer Abstimmungsbescheinigung vorliege. Die Bescheinigung könne erst nach Vorlage konkreter Pläne für das Bauvorhaben erteilt werden. Mangels Vorlage konkreter Pläne für das Bauvorhaben sei der Antrag unvollständig und unbestimmt. Seit der Antragstellung liege kein bescheidungsreifer Antrag vor. Es komme insoweit nicht lediglich auf eine fristgerechte Antragstellung, sondern auch darauf an, dass ein hinreichend qualifizierter und bestimmter Antrag vorliege. Der Beklagte gab unter Hinweis auf § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 23. Mai 2012.
10Die Klägerin bat daraufhin zur Einreichung konkreter Unterlagen um eine Fristverlängerung bis zum 31. März 2013, da die Planungsarbeiten voraussichtlich umfangreich seien. Sie verwies darauf, dass der Beklagte sie bisher zu keinem Zeitpunkt zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert habe. Sie beabsichtigte weiterhin den Umbau der Pflegeeinrichtung und nehme den Antrag nicht zurück. Zugleich bat sie um Benennung der konkret vorzulegenden Unterlagen.
11Mit Bescheid vom 23. August 2012 lehnte der Beklagte den Antrag vom 27. Juni 2008 ab. Der formlose Antrag biete keine ausreichende Beurteilungsgrundlage. Eine Abstimmungsbescheinigung könne grundsätzlich erst bei Vorlage der das Bauvorhaben dokumentierenden Pläne erteilt werden. Der Antrag sei nicht hinreichend qualifiziert und bestimmt. Zwar sei auch ein unvollständiger Antrag zur Fristwahrung statthaft, allerdings seien unbestimmte (Vorhalte-)Anträge nicht dauerhaft ausreichend, da ein Konzept und konkrete Pläne des Bauvorhabens erforderlich seien. Dies folge aus dem Umstand, dass es sich bei der Abstimmungsbescheinigung um einen feststellenden Verwaltungsakt zur Regelung eines Einzelfalls handele. Der formlose Antrag habe lediglich die Funktion eines Platzhalterantrags zur Sicherung der Refinanzierung mit einem 4%-gen Abschreibewert gehabt. Eine Fristverlängerung komme nicht in Betracht, da bereits mit der Eingangsbestätigung eine Kontaktaufnahme erbeten worden sei und konkrete Baupläne offensichtlich noch nicht vorhanden seien. Soweit sich das Bauvorhaben weiter konkretisiere, könne ein Neuantrag gestellt werden. Der künftige Abschreibewert richte sich in diesem Fall aber nach den dann geltenden Bestimmungen.
12Die Klägerin hat am 24. September 2012 Klage erhoben und ausgeführt, dass sie weiterhin einen Umbau beabsichtige, da die Pflegeeinrichtung nicht den baulichen Anforderungen des § 9 Abs. 2 PfG NRW i.V.m. den Vorschriften der AllgFörderVO entspreche und gemäß § 17 Abs. 3 PfG NRW derartige bestehende Pflegeeinrichtungen Leistungen nach §§ 11, 12 PfG NRW nur bis Ende Juli 2018 erhalten könnten. Die Bedingungen für die Refinanzierung von Investitionskosten über die gesondert berechnungsfähigen Investitionsaufwendungen hätten sich jedoch durch die Änderung der §§ 3, 4 GesBerVO im Jahr 2008 – etwa durch Erhöhung der Laufzeiten und der damit verbundenen Abschreibungshöhe von 4% auf 2% - für die Pflegeeinrichtungen verschlechtert. Wie viele andere Pflegeeinrichtungen habe daher auch die Klägerin auf Grund der Übergangsvorschrift in § 6 GesBerVO einen entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Abstimmungsbescheinigung gestellt, um sich eine Berechnung nach der alten – günstigeren – Fassung der Berechnungsverordnung zu erhalten. Dabei habe sei es ihrer Kenntnis nach 2008 im ganzen Bundesland NRW gängige Praxis gewesen, lediglich formlose Anträge zu stellen, um die gesetzliche Frist zu wahren, da gar keine Formulare oder Regelungen zur Handhabung der Übergangsvorschrift bestanden hätten. Vielfach hätten gerade bestehende Einrichtungen, die noch nicht konkret mit der Planung von Modernisierungsmaßnahmen begonnen hatten, den Antrag zur Fristwahrung gestellt. Die konkreten Baupläne seien dann mehrheitlich erst viel später entwickelt worden und die Verfahren hätten mehrere Jahre gedauert. Diese Erfahrungen habe auch eine Pflegeinrichtung ihrer Unternehmensgruppe in E. gemacht, die ebenfalls einen formlosen Antrag bei dem P. gestellt habe und deren letzte Abstimmungen des Umbaus – vor allem mit dem Landschaftsverband Rheinland – erst im Mai 2012 stattgefunden hätten. Auf Grund der Komplexität des dortigen Abstimmungsverfahrens habe sich die Klägerin entschlossen, zunächst das Verfahren für die Pflegeeinrichtung in E. zur durchlaufen und anschließend die konkrete Pläne für Pflegeeinrichtung „C. C1. “ zu erstellen.
13Das Anhörungsschreiben des Beklagten vom 9. Mai 2012 sei für sie völlig unerwartet gewesen. Aus ihrer Sicht habe der Beklagte erstmals mit Schreiben vom 31. Mai 2010 auf ihren Antrag reagiert und Hinweise auf Fördermöglichkeiten für verschiedene Konzeptionen gegeben. Für sie hätten diese Schreiben in Zusammenhang mit ihrem Antrag von 2008 gestanden. Der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt die Vorlage konkrete Pläne gefordert, obwohl sie – die Klägerin – in ihrem Antrag ausdrücklich um eine Mitteilung gebeten habe. Das Schreiben des Beklagten vom 3. Juli 2008 nebst Anlagen sei bei ihr nicht eingegangen. Der Beklagte habe sie vielmehr in dem Glauben gelassen, dass durch den formlosen Antrag die Frist gewahrt sei und hinsichtlich der Planungsphase keine zeitliche Begrenzung bestehe. Das ihr nunmehr auf Grund der Akteneinsicht bekannt gewordene Schreiben vom 3. Juli 2008 bestätige im Übrigen diesen Eindruck, da dort ausdrücklich das Erreichen der baulichen Voraussetzungen bis 2018 angesprochen werde. Das jetzige Vorgehen des Beklagten stehe nicht im Einklang mit dem Untersuchungsgrundsatz aus § 20 des Sozialgesetzbuches 10. Buch (SGB X). Es erwecke vielmehr den Eindruck, dass der Beklagte allein eine Verfahrensbeendigung und die Verhinderung der noch günstigen Abschreibung verfolge. Der Beklagte könne sich zudem nicht auf § 33 SGB X berufen, da der Bestimmtheitsgrundsatz nur die Behörde binde. Im Übrigen hätten nunmehr bereits Gespräche zwischen den Beteiligten unter Einbeziehung des Landschaftsverbandes stattgefunden, in deren Folge auch Baupläne entstanden seien. Diese bedürften aber wegen der vorgesehenen Reduzierung der Bewohnerplätze einer Überarbeitung und weiterer Absprachen.
14Die Klägerin beantragt,
15den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 23. August 2012 aufzuheben.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er verweist darauf, dass die Klage allein die Erhaltung eines für die Klägerin günstigen Abschreibungswerts von 4% zum Ziel habe. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) habe bereits in seinem Schreiben vom 3. Juli 2008 an den Landkreistag NRW auf entsprechende Anfrage mitgeteilt, dass zwar unvollständige Anträge zunächst zur Fristwahrung statthaft seien, unbestimmte (Vorhalte-)Anträge insgesamt jedoch nicht ausreichend seien, da nicht ersichtlich sei, welches Heim in welchem Zeitraum mit welchem Baukonzept errichtet oder umgebaut werden solle. Lediglich Bauherren bzw. Einrichtungsträger mit einem konkreten Vorhaben könnten sich auf den damals gültigen Abschreibungswert berufen und formlose Anträge hätten in einem bestimmten Zeitraum konkretisiert werden müssen. Das MAGS habe eine Versagung der Abstimmungsbescheinigung in diesen Fällen für zulässig gehalten. Nach Ablauf von vier Jahren sei es nicht mehr statthaft, sich auf Bestimmungen einer bis Ende April 2008 gültigen Berechnungsverordnung zu berufen. Es sei im Übrigen Sache des Bauherrn, Planungsunterlagen vorzulegen.
19Bei den angesprochenen Schreiben aus Mai 2010 und März 2012 habe es sich lediglich um Informationsschreiben anderer Ämter, die in keinem Zusammenhang mit dem Abstimmungsverfahren nach dem Landespflegerecht gestanden hätten, gehandelt. Er habe bereits mit der Eingangsbestätigung vom 3. Juli 2008 Hinweise zu den einzureichenden Unterlagen gegeben. Sofern ein formloser Antrag gestellt worden sei, müsse auf die gesetzlichen Bestimmungen abgestellt werden, die zum Zeitpunkt der Einreichung der vollständigen Antragsunterlagen Gültigkeit hätten. Das in dem Landespflegegesetz genannte Datum von 2018 gebe lediglich vor, bis wann die Maßnahmen abgeschlossen sein müssen, führe aber nicht dazu, dass sich die Klägerin auch auf die Vorschriften der Berechnungsverordnung a.F. bis zu diesem Datum berufen könne. Ferner sei er als örtlicher Sozialhilfeträger für die Erteilung der Abstimmungsbescheinigung zuständig und nehme lediglich ein Serviceangebot der Landschaftsverbands Rheinland zur Prüfung der Baupläne in Anspruch. Bei den seiner Eingangsbestätigung vom 3. Juli 2008 beigefügten Hinweisen habe es sich um Standardunterlagen gehandelt, die nur dem Originalschreiben und nicht mehr in Durchschrift dem Verwaltungsvorgang beigefügt worden seien. Im Übrigen werde bezweifelt, dass dieses Schreiben nicht zugegangen sein soll. Ferner sei vorliegend allein entscheidend seine Praxis bei der Handhabung der noch anhängigen Anträge auf Abstimmungsbescheinigungen und nicht die sonst gängige Praxis in NRW. Grundsätzlich werde nicht bestritten, dass insoweit die Stellung formloser Anträge gängige Praxis gewesen sei; Uneinigkeit bestehe jedoch hinsichtlich der Konkretisierung der Anträge. Die Klägerin habe offenbar noch Ende Mai 2012 über keine konkreten Pläne verfügt. Auch derzeit lägen noch keine Abschlusspläne vor.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs.
21Entscheidungsgründe:
22Die Klage ist zulässig.
23Es fehlt insbesondere nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine sog. isolierte Anfechtungsklage. Die Klägerin wendet sich insoweit mit ihrer Klage gegen einen Bescheid, der die Erteilung der von ihr eigentlich begehrten Abstimmungsbescheinigung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 AllgFörderPflegeVO ablehnt. Bei dieser Abstimmungsbescheinigung handelt es sich um einen sog. feststellenden Verwaltungsakt i.S. von § 31 SGB X, der gemäß § 16 PfG NRW entsprechend anwendbar ist. Feststellende Verwaltungsakte sind Maßnahmen, die eine materielle Rechtslage in Bezug auf einen Einzelfall verbindlich feststellen, ohne dass ihre Änderung beabsichtigt ist; sie beschränken sich mithin auf die Festschreibung des Ergebnisses eines behördlichen Prüfungsvorgangs, ohne daran Rechtsfolgen (wie etwa Ge- oder Verbote, Bewilligungen, Genehmigungen, .etc. .. ) zu knüpfen. Die Abstimmungsbescheinigung enthält zunächst einmal die Bestätigung, dass der jeweilige Einrichtungsträger entsprechend der in § 1 Abs. 1 Satz 2 AllgFörderPflegeVO enthaltenen Vorgabe seine geplanten Baumaßnahmen bereits in der Planungsphase mit dem örtlichen Sozialhilfeträger abgestimmt hat. Sie beinhaltet jedoch darüber hinaus hinsichtlich der zu erfüllenden Anforderungen nach § 9 Abs. 2 PfG NRW bereits gewisse Vorabfeststellungen im Hinblick auf die gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AllgFörderPflegeVO auf Antrag der Pflegeeinrichtung zu erteilenden Feststellung, dass die Einrichtung den Anforderungen des § 9 Abs. 2 PfG NRW entspricht. Zweck der Abstimmungsbescheinigung ist es daher u.a., derartige Baumaßnahmen bereits frühzeitig in der Planungsphase an den Vorgaben des Landespflegerechts auszurichten. Daher wird bereits im Abstimmungsverfahren geprüft, ob die geplante Maßnahme die Vorgaben des § 9 Abs. 2 PfG NRW i.V.m §§ 2 ff AllgFörderPflegeVO einhält. So holt etwa der Beklagte – nach eigenem Bekunden - dazu eine baufachliche Stellungnahme des Landschaftsverbandes ein, die sich u.a. dazu verhält, ob die vorgelegten Pläne den Forderungen des Landespflegegesetzes entsprechen.
24Der von Klägerin somit eigentlich begehrte Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts ist grundsätzlich mit einer Verpflichtungsklage zu verfolgen ist, § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beschränkung des Begehrens allein auf die Aufhebung eines Ablehnungs- bzw. Versagungsbescheides ist nur – ausnahmsweise - zulässig, wenn dafür ein berechtigtes Rechtsschutzinteresse besteht,
25vgl. zur in Rspr. und Lit. umstrittenen Frage der Zulässigkeit einer isolierten Anfechtungsklage: etwa Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: August 2012, § 42 Rz. 107 ff; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 42 Rz. 337, 342 ff; v. Albedyll in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 5. Aufl.2011, § 42 Rz. 33 ff; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 42 Rz. 30; Wysk, VwGO, 2011, § 42 Rz. 82 ff.; ferner etwa: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 30. April 1971 – 6 C 35/68 -, vom 7. September 1987 – 6 C 30/86 –, 7. März 1995 – 9 C 264/94 - und vom 13. Januar 1999 – 8 B 266/98 -, jeweils juris.
26Dies ist etwa anzunehmen, wenn ein Antrag aus verfahrensrechtlichen Gründen abgelehnt wird, der Kläger jedoch ein berechtigtes Interesse an einer behördlichen Sachprüfung hat, ohne dass jedoch schon Spruchreife hergestellt werden könnte.
27So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat den von der Klägerin im Jahr 2008 gestellten Antrag auf Erteilung einer Abstimmungsbescheinigung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 AllgFörderPflegeVO mangels hinreichender Bestimmtheit bzw. Konkretisierung aus formalen Gründen abgelehnt. Die Klägerin hat ein weiterhin bestehendes berechtigtes Interesse an der Erteilung einer Abstimmungsbescheinigung auf Grund ihres damaligen Antrags im Hinblick auf die daran anknüpfende Übergangsvorschrift des § 6 GesBerVO und die Folgen für die Refinanzierung (so noch einmal ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf eine Vergleichsberechnung) dargelegt. Darüber hinaus sind ferner die Besonderheiten, die sich aus der materiellen Rechtslage im Hinblick auf eine im Rahmen einer Verpflichtungsklage herzustellende Spruchreife – vgl. § 113 Abs. 5 VwGO – ergeben, zu berücksichtigen. Insoweit ist zu beachten, dass – wie bereits oben ausgeführt - die begehrte Bescheinigung voraussetzt, dass zwischen den Beteiligten eine Abstimmung stattgefunden hat, die allerdings nur zwischen den Beteiligten erfolgen und deren Durchführung von dem Gericht letztlich nicht herbeigeführt kann. Es handelt sich nämlich insoweit nicht um eine von der Pflegeeinrichtung einzuholende Zustimmung des örtlichen Sozialhilfeträgers, sondern um ein Verfahren, in dem auf Grund gemeinsamer Beratung und Erörterung des geplanten Projekts eine frühzeitige Anpassung an die Vorgaben des Landespflegegesetzes unter Berücksichtigung der gegenseitigen Interessenlagen erfolgen soll. Dies ist ein Prozess, der ausschließlich zwischen den Beteiligten stattzufinden hat.
28Die Klage ist ferner begründet.
29Der angefochtene Ablehnungsbescheid vom 23. August 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin zu Unrecht wegen Unbestimmtheit und Unvollständigkeit - hier: wegen fehlender konkreter Baupläne – als unzulässig abgelehnt.
30Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit des von der Klägerin gestellten Antrags sind § 6 Satz 3 GesBerVO i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 3 AllgFörderPflegeVO und die Vorschriften des hier gemäß § 16 PfG NRW geltenden Verfahrensrechts nach dem SGB X. Danach konnte die Klägerin den Antrag auf Erteilung einer Abstimmungsbescheinigung formlos stellen, da weder das genannte Fachrecht noch - entsprechend dem Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens - das allgemeine Verfahrensrecht irgendein einzuhaltendes Formerfordernis ausweisen, vgl. §§ 9, 18 SGB X. Der unterschriebene Antrag war darüber hinaus auch nicht unbestimmt, da ihm der Antragsteller, das Begehren bezogen auf eine konkrete Pflegeinrichtung und die Absicht zur baulichen Anpassung an die Anforderungen des Landespflegegesetzes zu entnehmen waren.
31Allerdings war der Antrag der Klägerin unvollständig, da ihm die erforderlichen Unterlagen, die zur Durchführung eines Abstimmungsverfahrens erforderlich sind, nicht beigefügt waren und diese auch nicht bis zum Zeitpunkt der Antragsablehnung eingereicht worden sind. Ungeachtet der zwischen den Beteiligten streitigen Frage, ob die Eingangsbestätigung des Beklagten vom 3. Juli 2008 mit beigefügten Hinweisen zu den einzureichenden Unterlagen (wobei allerdings diese Hinweise in dem vorgelegten Verwaltungsvorgang nicht enthalten sind) der Klägerin zugegangen ist, ergibt sich bereits aus dem Gesamtzusammenhang der genannten Vorschriften und deren Sinn und Zweck, dass ein Abstimmungsverfahren nur auf Grund bzw. im Rahmen konkreter Planungen erfolgen kann. Zwar ist weder in § 6 Satz 3 GesBerVO noch in § 1 Abs. 1 Satz 3 AllgFörderPflegeVO konkret vorgeschrieben, welche Unterlagen von dem Antragsteller bzw. der Pflegeeinrichtung im Einzelnen vorzulegen sind. Sinn und Zweck des Abstimmungsverfahrens ist jedoch – wie bereits oben angesprochen –, bereits während der Planungsphase die Einhaltung der baulichen Vorgaben und Standards des Landespflegegesetzes sicherzustellen. Dies setzt voraus, dass bereits ein konkretes Bau- bzw. Umbauprojekt der jeweiligen Pflegeeinrichtung vorliegt. Ferner ergibt sich aus dem Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 Satz 2 AllgFörderPflegeVO, dass das Abstimmungsverfahren während der „Planungsphase“ stattfindet und bereits „geplante Maßnahmen“ der Pflegeeinrichtung und damit das Vorhandensein von Bauplänen bzw. Planungsunterlagen für eine konkrete Bau- oder Umbaumaßnahme voraussetzt. Zur Durchführung des Abstimmungsverfahrens sind mithin jedenfalls diese Planungsunterlagen bzw. Baupläne dem örtlichen Sozialhilfeträger vorzulegen.
32Der Beklagte konnte jedoch nach Auffassung der Kammer der Klägerin die Unvollständigkeit ihres Antrags nicht als Ablehnungsgrund entgegenhalten, ohne zuvor die Klägerin auf die Unvollständigkeit des Antrags hinzuweisen und ihr – ggf. unter Setzung einer angemessenen Frist – Gelegenheit zur Vervollständigung des Antrags zu geben. Dies ergibt sich aus der auch für das vorliegende Verfahren geltenden Beratungspflicht der Behörde, dem bisherigen Verfahrensgang und dem Grundsatz eines fairen Verwaltungsverfahrens. Danach ist vorliegend zu berücksichtigen, dass infolge des durch den am 30. April 2008 in Kraft getretenen § 6 Satz 3 GesBerVO, der für die Anwendung der Berechnungsverordnung a.F. an eine Antragstellung nach § 1 Abs. 2 Satz 3 AllgFörderPflegeVO noch vor dem 1. Juli 2008, d.h. bis zum 30. Juni 2008, anknüpfte, zahlreiche Anträge von Pflegeeinrichtungen bzw. deren Trägern auf Erteilung einer Abstimmungsbescheinigung gestellt worden sind, denen angesichts des noch verbleibenden zweimonatigen Zeitraums vielfach noch keine Baupläne für ein konkretes Bau-/Umbauprojekt beigefügt waren. Dies ergibt sich bereits aus der von dem Beklagten im Mai 2012 erstellten Aufstellung von noch unvollständigen Anträgen verschiedener Pflegeeinrichtungen und aus dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin, welches sich im Übrigen mit den Erkenntnissen der Kammer aus gleichgelagerten Klageverfahren deckt.
33Zwar spricht einiges dafür, dass der Verordnungsgeber bei der Einfügung der Übergangsvorschrift des § 6 Satz 3 GesBerVO vor allem Pflegeeinrichtungen im Blick hatte, deren Baumaßnahmen sich bereits in der konkreten Planungsphase befanden und die in absehbarer Zeit zum Abschluss kommen würden, und nicht diejenigen Pflegeeinrichtungen, die lediglich erst die Absicht hatten, zukünftig Baumaßnahmen zu planen und durchzuführen. Dies lässt sich zum einen der Stellungnahme des (damals) zuständigen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS r dem Landkreistag NRW vom 3. Juli 2008 entnehmen, wonach der Verordnungsgeber mit der Übergangsvorschrift auf die in der Entwurfsphase von den Kommunen vorgetragenen Hinweise auf bereits bestehende konkrete Planungen von Einrichtungsträgern, die nicht mehr bis zum Inkrafttreten der Änderungsverordnung abgeschlossen werden könnten und bereits bei der Planung eine Refinanzierung nach der alten Berechnungsverordnung eingestellt hätten, reagiert habe. Zum anderen setzt – wie bereits oben ausgeführt – auch die Durchführung eines Abstimmungsverfahrens bereits die konkrete Planung einer Bau- bzw. Umbaumaßnahme voraus.
34Demgegenüber lässt sich allerdings dem Wortlaut der Übergangsvorschrift keine Frist entnehmen, binnen derer das Abstimmungsverfahren zum Abschluss kommen muss bzw. die Anwendung der Berechnungsverordnung a.F. endgültig ausgeschlossen ist. Ferner stimmt das Verhalten des Beklagten nicht mit den in der Stellungnahme des MAGS zum Ausdruck kommenden Beweggründen überein. Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegenüber der Klägerin nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Zulässigkeit des Antrags im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 6 Satz 3 GesBerVO von dem Vorhandensein einer bereits konkreten Planung und der Vorlage konkreter Planunterlagen in naher Zukunft abhängt. Insbesondere ist die Klägerin nach der Antragstellung nicht auf den Inhalt des Schreibens des MAGS hingewiesen oder etwa zur Vorlage von Planunterlagen unter Setzung einer angemessenen Frist aufgefordert worden. Ein derartiges Vorgehen des Beklagten hätte angesichts der erkennbar bestehenden Unsicherheiten im Umgang mit der Übergangsvorschrift sowohl der einzelnen Kommunen – wie sich dem Schreiben des MAGS vom 3. Juli 2008 entnehmen lässt – als auch der antragstellenden Pflegeeinrichtungen bzw. -träger nahe gelegen. Insoweit bestand für den Beklagten – auch angesichts der Zahl der noch bei ihm vorliegenden unvollständigen Anträge und der für ihn erkennbaren Bedeutung der Anträge für die Refinanzierung von Baumaßnahmen der Pflegeeinrichtungen – eine Beratungspflicht dahingehend, die Pflegeeinrichtungen auf die seitens des MAGS geäußerte Rechtsauffassung und jedenfalls auf die Unvollständigkeit ihrer Anträge hinzuweisen. Auch wenn die §§ 18 ff SGB X eine dem § 25 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW vergleichbare Vorschrift zur Beratung und zu den Auskunftspflichten der Behörden nicht ausdrücklich enthalten - wobei allerdings für einen Sozialleistungsträger in den §§ 13-16 SGB I die Beratungs- und Auskunftspflichten über das VwVfG hinausgehend geregelt sind und dieser nach § 16 Abs. 3 SGB I ausdrücklich verpflichtet ist, auf die Ergänzung unvollständiger Anträge hinzuwirken - lässt sich eine derartige Pflicht als Nebenpflicht aus dem konkreten Verwaltungsverfahren und dem Grundsatz des fairen Verwaltungsverfahrens ableiten. Dieser aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) entnommene rechtstaatliche Grundsatz eines fairen Verwaltungsverfahrens gewährleistet aktive verfahrensrechtliche Befugnisse, die dem Beteiligten die Möglichkeit geben, auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen,
35vgl. dazu etwa Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 9 Rz. 46 ff, 60 m.w.Nw..
36Der Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass er die Klägerin mit der Eingangsbestätigung vom 3. Juli 2008 bereits auf die noch einzureichenden Planunterlagen hingewiesen habe, ferner für die Klägerin eine Mitwirkungspflicht bestanden habe und darüber hinaus die Entscheidung, ob und wann mit einer Planung begonnen werde, allein der Klägerin – als Bauherrin - zustehe.
37Die genannte Eingangsbestätigung war jedenfalls ‑ ungeachtet der Frage ihres Zugangs ‑ nicht geeignet, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abstimmungsbescheinigung unter Berücksichtigung der Übergangsvorschrift des § 6 Satz 3 GesBerVO zu verdeutlichen. Vielmehr erweckte die Eingangsbestätigung durch den Hinweis auf den Abschluss der Maßnahme bis zum Jahr 2018 den Eindruck, dass keine kurzfristige Abgabe von Planunterlagen erwartet wurde, etwaige Planungen noch später begonnen werden können und das Abstimmungsverfahren bis auf die genannte Frist nicht zeit- oder fristgebunden ist. Die Kammer geht angesichts des Umstands, dass der Beklagte offensichtlich zum Zeitpunkt der Abfassung des Eingangsbestätigung selbst noch keine Kenntnis von dem Erläuterungsschreiben des MAGS hatte, davon aus, dass für den Beklagten ebenfalls die Rechtslage noch unklar und die Handhabung der bei ihm infolge der Übergangsvorschrift eingegangenen Anträge noch nicht eindeutig geklärt waren. Für die Klägerin entstand jedenfalls auch auf Grund des Umstands, dass einerseits seitens des Beklagten in der Folgezeit weitere Aufforderungen, Hinweise, etc. unterblieben sind, und andererseits durch den Beklagten in großen Abständen Hinweise auf mögliche Förderprogramme erfolgten, der Eindruck, dass das Abstimmungsverfahren auf Grund ihres Antrags einvernehmlich bis zu einem Planungsbeginn ihrerseits „ruhe“. Das Gericht geht zudem davon aus, dass auch der Beklagte diese Verfahren jedenfalls zunächst als „ruhend“ angesehen hat; denn dem Verwaltungsvorgang lassen sich zwischen der Eingangsbestätigung von 2008 und dem Aktenvermerk von 2012 keine weiteren Vorgänge entnehmen. Auch lässt sich nicht erkennen, wann der Beklagte Kenntnis von dem Schreiben des MAGS erhalten hat. Vor diesem Hintergrund erscheint auch für die Kammer das Anhörungsschreiben des Beklagten im Mai 2012 zur beabsichtigten Ablehnungsentscheidung „überraschend“; es widerspricht dem bereits genannten Grundsatz eines fairen Verwaltungsverfahrens. Wird ein Verfahren, das bisher – jedenfalls stillschweigend - einvernehmlich nicht betrieben wurde, ohne weitere – ggfs. fristgebundene – Gelegenheit zur Vervollständigung des Antrags einer ablehnenden Bescheidung wegen fehlender Vollständigkeit eines Antrags zugeführt und ist erkennbar, dass der Antragsteller den Antrag weiter verfolgt, so steht ein derartiges Vorgehen nicht in Einklang mit diesem Grundsatz.
38Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
39Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Anerkenntnisurteil, 03. Dez. 2013 - 2 K 2258/12
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Referenzen - Gesetze
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Das Verwaltungsverfahren ist an bestimmte Formen nicht gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Es ist einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen.
Die Behörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wann sie ein Verwaltungsverfahren durchführt. Dies gilt nicht, wenn die Behörde auf Grund von Rechtsvorschriften
- 1.
von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden muss, - 2.
nur auf Antrag tätig werden darf und ein Antrag nicht vorliegt.
(1) Die Behörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.
(2) Die Behörde erörtert, soweit erforderlich, bereits vor Stellung eines Antrags mit dem zukünftigen Antragsteller, welche Nachweise und Unterlagen von ihm zu erbringen sind und in welcher Weise das Verfahren beschleunigt werden kann. Soweit es der Verfahrensbeschleunigung dient, soll sie dem Antragsteller nach Eingang des Antrags unverzüglich Auskunft über die voraussichtliche Verfahrensdauer und die Vollständigkeit der Antragsunterlagen geben.
(3) Die Behörde wirkt darauf hin, dass der Träger bei der Planung von Vorhaben, die nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet (frühe Öffentlichkeitsbeteiligung). Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung soll möglichst bereits vor Stellung eines Antrags stattfinden. Der betroffenen Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung gegeben werden. Das Ergebnis der vor Antragstellung durchgeführten frühen Öffentlichkeitsbeteiligung soll der betroffenen Öffentlichkeit und der Behörde spätestens mit der Antragstellung, im Übrigen unverzüglich mitgeteilt werden. Satz 1 gilt nicht, soweit die betroffene Öffentlichkeit bereits nach anderen Rechtsvorschriften vor der Antragstellung zu beteiligen ist. Beteiligungsrechte nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen.
(2) Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.
(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.